Sherry - Jenseits von Gut und Böse von Cognac ================================================================================ Kapitel 1: Tue was verlangt wird -------------------------------- Kapitel 1: Tue was verlangt wird Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 1: Tue was verlangt wird Die Nacht war bereits hereingebrochen, als eine Frau mit langem braunen Haar, Mitte zwanzig, an einen der vielen Anlegestellen für Schiffe am Frachthafen von Tokyo stand und auf das triste rabenschwarze Meer hinaussah. Ein Zigarettenstängel glühte auf, als die Frau ihre Lippen an den Filter legte und das Nikotin langsam aufsog. Sie hielt den Rauch dabei eine Weile, ehe sie diesen mit einem lauten Seufzer gen Himmel blies. Sie wirkte nachdenklich und hatte ihre Augen geschlossen. Es war schummrig. Die Sonne schon vor geraumer Zeit vom Antlitz des Horizontes getilgt worden, sodass ihr Körper fast gänzlich mit dem Schatten der mächtigen Frachtcontainern verschmolz, welche sich hinter ihr zu dutzenden Reihen, übereinander gestapelt, in den Himmel erhoben. Die Frau schaute auf ihre Armbanduhr. Sie wartete auf jemanden, auf jemand ganz bestimmten und er sollte lieber auftauchen, ehe sie zu ende geraucht hätte, dachte sich Akemi ein wenig ungeduldig. „Du sagtest doch, du wolltest mit dem Rauchen aufhören.“, ließ sie eine Stimme zusammenfahren. Rasch drehte sie sich um und da stand er auch schon vor ihr. Wie ein Geist, war er still und heimlich hinter ihr aufgetaucht. Er verstand es wirklich unauffällig zu sein, als wäre er eins mit der Nacht. „Dai, da bist du ja endlich.“, sprach die junge Miyano erfreut. Sie sah auf ihre Zigarette, ehe sie sie schnell wegschnipste. „Du hast recht, ich wollte damit aufhören, bevor meine Schwester zurückkehrt. Was wäre ich denn für ein Vorbild, wenn sie mich dabei erwischen würde. Sie würde mir womöglich sofort eine Predigt halten, wie viele schädliche Stoffe man seinem Körper damit tagtäglich zufügt.“ Sie sah dem Mann vor sich in die markanten grünen Augen, dann umarmte sie ihn und drückte sich fest an ihn. „Wieso hast du so lange gebraucht?“, flüsterte Akemi, während sie ihr Gesicht in seinen schweren schwarzen Mantel vergrub. Sein langes ebenso schwarzes Haar, wehte dabei um seine Schultern, getragen von der kühlen frühnächtlichen Meeresbrise. „Es tut mir leid, aber ich konnte nicht früher kommen. Ich hatte einen Auftrag zu erfüllen.“, antwortete Dai kühl, jedoch versöhnlich gestimmt. Akemi löste sich wieder von ihm. „Tue mir einen gefallen und lass uns heute Abend bitte nicht über die Organisation reden.“ Er nickte stumm und ging einige Schritte. „Du hast deine Schwester eben erwähnt. Ist es wahr, dass sie aus Amerika zurückbeordert wird, um Teil der Forschungsabteilung zu werden?“ Akemi bestätigte dies. „Ja es stimmt. Da ihr Studium nun abgeschlossen ist, soll sie hier in Japan künftig für sie arbeiten. Sie sagten mir, meine kleine Schwester sei unerlässlich für die künftigen Pläne der Organisation.“ In Akemi brodelte eine ungewöhnliche Mischung aus Vorfreude und Missbilligung auf. Sie wünschte sich nichts Sehnlicheres, als nach all den Jahren wieder mit Shiho vereint zu sein. Sie direkt vor sich zu haben, um sie in den Arm nehmen zu können. Normalerweise telefonierten sie ausschließlich miteinander und auch nur, wenn es ihnen erlaubt wurde. Allein anhand von Bildern, die sie sich hin und her schickten, wusste Akemi wie ihre kleine Schwester inzwischen zu einer bildschönen jungen Frau herangewachsen war. Wie glücklich reagierte sie daher, als Shiho erlaubt wurde, wieder nach Hause zu kommen. Sie war ganz aus dem Häuschen, in Erwartung ihrer Rückkehr. Als sie aber mehr und mehr in sich ging und ihr so langsam klar wurde, weswegen die Männer in Schwarz sie wieder in ihrer beider Heimat haben wollten, schlug ihre Stimmung blitzschnell um. Auch wenn sie ihr wieder nah sein würde, wäre es nicht so wie früher, als sie noch klein waren und schon damals war es nicht immer leicht gewesen, vor allem nach dem Tod ihrer Eltern. Akemi war bewusst, wofür sie Shiho brauchten, man hatte sie schließlich jahrelang darauf vorbereitet und ausgebildet. Sie war immerhin die Tochter von Elena und Atsushi Miyano. Diese Namen waren jedem in der Organisation bekannt und diese Namen würden sicherlich schwer auf den Schultern ihrer jüngeren Schwester lasten. Sie würde unweigerlich immer tiefer in dem Morast dieses Verbrechersyndikats versinken und Akemi wusste nicht, wie sie sie davor bewahren sollte. Zwar befand sie sich in einer ähnlichen Situation, war aber freiwillig der Organisation beigetreten, um ihrer Schwester beistehen zu können. Für Shiho würde alles noch um einiges schlimmer werden. Sie war immerhin um einiges wertvoller, als Akemi. Die junge Frau wollte nicht länger über solche Dinge nachdenken, sich nicht länger damit quälen, was passieren könnte. Sie würden das schon gemeinsam durchstehen. Wenn sie erst einmal wieder vereint wären, würden sie alles überleben. Das haben sie schließlich damals auch, zusammen mit der Hilfe eines guten alten Freundes der Familie. Womöglich war dieser sogar der Grund, warum sie beide überhaupt noch lebten. Er würde sicherlich ebenso auf sie Acht geben, wie Akemi es tun würde. Zumindest wäre er häufiger in Shihos Nähe, als die Braunhaarige. Sie gesellte sich neben Dai und verfolgte seinen Blick erneut hinaus auf das Meer. „Ich kann es kaum erwarten euch endlich miteinander bekannt zu machen. Seit wir zusammen sind, erzähle ich Shiho ständig von dir, wenn wir miteinander telefonieren.“ Akemi schloss die Augen und spürte den Wind auf ihrer Haut. „Immer wenn ich ihre Stimme höre und ich meine Augen dabei schließe, fühlt es sich fast so an, als würde sie genau vor mir stehen. Kannst du dir das vorstellen?“ Dai hob eine Augenbraue und sah seine Geliebte fragend an. „Ihr redet über mich?“ Akemi sah ihn nun etwas beleidigt an. „Du hörst mir ja gar nicht richtig zu, kann das sein?“ Dai legte seinen Kopf schief, die Augen fest an seiner Freundin verankert. „Ich habe dir zugehört und du sagtest ihr redet über mich.“, erwiderte er monoton. Akemi musste grinsen und hakte sich bei ihm ein. „Ein wenig.“ „Was hast du ihr denn erzählt?“ „Die Wahrheit natürlich.“, entgegnete Akemi sofort. Dai runzelte die Stirn, was sie natürlich bemerkte und sogleich hinzufügte: „Ich gebe zu, sie ist zwar skeptisch was dich anbelangt, aber das ist nun einmal ihre Masche und wir sind nun einmal Schwestern, da solltest du nicht allzu viel Begeisterung erwarten, aber ich bin mir sicher, ich werdet euch schnell anfreunden.“ Sie lächelte mit einem Gesicht, dass einem Engel glich, wodurch Dai sie einfach nur anstarrten konnte. Sie war so herzensgut und unschuldig. Es hatte immer den Anschein, als könnte sie, allein mit ihrem Lächeln, alles Böse auf dieser Welt und die schrecklichsten Gedanken eines jeden Menschen vertreiben. Eine solche Frau gehörte einfach nicht in eine Verbrecherbande, wie die Schwarze Organisation, dachte er sich. Seine Ermittlungen trugen derweilen immer mehr Früchte und er stieg schneller in ihren Rängen auf, als seine Kollegen vom FBI es je für möglich gehalten hätten. Wenn er die Männer in Schwarz erst einmal tief genug unterwandert hätte, so erhoffte er sich, Akemi und wenn es ging auch ihre Schwester, heil aus ihrem Griff befreien zu können, bevor er all ihre Anführer der Justiz ausliefern und den Machenschaften der Organisation ein Ende bereiten würde. Niemals würde er sie einfach zurücklassen. Anfangs war das vielleicht der Plan gewesen, doch nun hatte sich bereits zu viel zwischen ihnen entwickelt. Aus einem Mittel zum Zweck wurde eine große aufblühende Liebe, die Shuichi niemals aufgeben würde, um keinen Preis der Welt. Akemi bedeutete dem FBI-Agenten eine ganze Menge und das wusste sie auch. Ihr ging es dabei ja nicht anders, jedoch wusste sie nicht im Entferntesten, wer ihr Dai in Wirklichkeit war. Sein Pieper rüttelte ihn auf einmal aus seinen Gedanken. Er fischte das kleine schmale schwarze Gerät aus seiner Manteltasche und las die Botschaft. Sein Blick wandelte sich und Akemi ahnte bereits, was das zu bedeuten hatte. „Sag mir nicht du musst schon wieder los.“, sprach sie enttäuscht. „Ich habe keine Wahl, es ist etwas Dringendes. Einer unserer Informanten ist dahinter gekommen, dass ein NOC sich in die Organisation eingeschlichen hat. Ich soll mich persönlich darum kümmern.“ Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste ihr entschuldigend auf die Stirn. Ein schwarzes Auto kam kurz danach herangefahren und hielt zwischen einen der Reihen von Containern. „Diesmal haben sie mich ja ziemlich schnell gefunden.“, bemerkte er trocken, als er zu dem Wagen hinüber sah. Das Scheinwerferlicht erhellte die Passage, in der sie standen und Dai konnte deutlich die Bedrücktheit und Beunruhigung in Akemis Augen sehen. Sie war keineswegs zufrieden darüber, dass er schon wieder ging und auch nicht damit wohin er ging. „Wirst du ihn oder sie töten?“, fragte sie zögerlich. „Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn nicht sehr gut. Sein Name ist Scotch und es wird bereits nach ihm gesucht. Anscheinend weiß er bereits, dass er aufgeflogen ist und versucht zu fliehen. Ich kann nur hoffen, dass ich ihn als erstes finde, bevor es die anderen tun.“ Er ließ von ihr ab und schritt auf das Fahrzeug zu, welches hier war, um ihn abzuholen. „Rye?“ Er stoppte als Akemi mit seinem Codenamen nach ihm rief. Zu ihrer und auch seiner Sicherheit, durfte niemand von der Organisation wissen, was zwischen ihnen ablief. Sollte sich ungeplanter Weise vorzeitig herausstellen, dass er ein Undercoveragent ist und nur durch die Hilfe Akemis sich hocharbeiten und Informationen sammeln konnte, so würde gewiss sie als erstes für seine Unternehmungen den Preis zahlen müssen. Shuichi Akai drehte sich zu ihr um, wobei sein Schatten von den Lichtern des Wagens bis zu den Füßen Akemis getragen wurde. Er sah ihren Gesichtsausdruck, welcher längst nicht mehr weich und verletzlich war. Der FBI-Agent war immer wieder erstaunt, wie viel Kraft sie aufbringen und wie taff und mutig sie sein konnte und allem trotzte, was das Schicksal ihr abverlangte. „Was ist denn noch, Masami Hirota?“, brach er die Stille zwischen ihnen. Akemi zog eine Diskette aus ihrer Jacke und warf sie zu Rye rüber. „Vergiss nicht, wofür du mich herbestellt hast.“, antwortete sie gekonnt professionell. Sie lächelte wieder und auch Shuichi musste kurz schmunzeln. „Sei vorsichtig.“ Er nickte und ließ die leere und unbedeutende Diskette in seinen Mantel gleiten. Er öffnete die Beifahrertür und stieg in das Auto, was sofort mit ihm davon fuhr. Akemi sah dem Wagen noch eine Weile nach, während der Lärm des Motors durch die Containerreihen hallte und bevor sie von der Dunkelheit der Nacht erneut verschluckt wurde. Es war ihr erster Tag, als die großen schweren Türen sich elektronisch gesteuert öffneten. Der Mann ging zielgerichtet vorneweg, während Shiho ihm mit einem gewissen Abstand folgte. Sie wurde an mehreren Laboren vorbeigeführt, wo an vielen sterilen weißen Tischen, Leute in ebenso weißen Kitteln mit Chemikalien experimentierten, durch Mikroskope starrten und dabei ihre Erkenntnisse notierten oder ihre entwickelten Proben in Versuchsreihen testeten. „Das ist sie.“, verkündigte der Mann stolz. Es war ein eher rundlicher Kerl mit einer Halbglatze, gekleidet wie ein Facharzt und vermutlich Anfang vierzig, so schätzte Shiho. Nur noch ein Kranz aus braunem Haar seitlich von seinem Kopf zeugte davon, dass er früher wahrscheinlich deutlich volleres Haar hatte, als es jetzt der Fall war. Solche Typen kannte sie zu Hauf aus ihrer Zeit in Amerika. Viele von ihnen hoch angesehene promovierte Professoren, welche auf der Gehaltsliste der Organisation standen und sie unterrichtet hatten. „Das ist die Forschungsabteilung, dein neues Zuhause und fortan wahrscheinlich auch dein einziges Zuhause.“, sprach er an die junge rotblonde Frau gewandt. Shiho antwortete ihm nicht, sondern sah sich ganz genau in den Laboren um, die sie passierten. Diese ganzen Forscher und Wissenschaftler, die dort unermüdlich für die Organisation arbeiteten, es waren alles ihre neuen Kollegen. Mit ihnen würde sie voraussichtlich demnächst viel Zeit verbringen. Es war ganz anders als in Amerika und erst recht anders, als sie es erwartet hätte. Anfangs war Shiho mehr als glücklich darüber gewesen, die Staaten endlich verlassen zu können, um wieder in Japan zu sein und nach all der langen Zeit auch ihre Schwester wiederzusehen. Als diese um die Erlaubnis bat Shiho allein vom Flughafen abzuholen und sie Akemi dann hinter der Gepäckausgabe auf sie warten sah, war die Rotblonde der festen Überzeugung gewesen, dass es jetzt nur besser werden konnte. Immerhin war sie nun nicht mehr allein. Die Einsamkeit hätte sie fernab der Heimat beinahe aufgefressen. Sie durfte sich mit niemanden treffen, mit niemanden ausgehen, nicht wie eine normale Jugendliche sein. Als Shiho aber heute zu ihrem ersten Arbeitstag erschien, fand sie sich erneut in einer völlig anderen Welt wieder. Eine dunkle und abgeschottete Sphäre, die Labore der Forschungsabteilung. Gut getarnt in einer, nach außen hin, harmlos wirkenden Arzneimittelfabrik mitten in Tokyo. Es war der perfekte Ort, um Erfindungen auf Geheiß der Organisation zu entwickeln, ohne dass dies auffallen würde. Chemische Substanzen, biologische Untersuchungen, Wissenschaftler und all ihre Forschungsarbeiten würden an einem solchen Ort genauso wenig Aufsehen erregen, wie Bienen in einem Bienenstock. Nur waren sie keineswegs Bienen. Sie waren viel mehr wie Wespen, ähnlich aussehend, doch ein ganz anderes Ziel verfolgend und ohne Skrupel zuzustechen, wenn es die Situation verlangte. Sie gingen weiter, bis ein etwas älterer Herr sie bemerkte und auf sie zu kam. Er musste mindestens Ende sechzig sein, mit grauem lichtem und etwas zerzaustem Haar, faltigem Gesicht und einer Hornbrille auf der Nase. Vom äußeren Erscheinungsbild unterschied er sich nicht im Entferntesten vom Rest der um sie herum Anwesenden, doch schienen die Leute ihn auf eine spezielle Weise zu achten. „Ah das ist sicherlich Frau Miyano. Willkommen in unserer bescheidenden Einrichtung. Danke das du sie vorbei gebracht hast Uchida, ich übernehme hier jetzt für dich. Du hast sicherlich noch eine Menge zu erledigen.“ Der Angesprochene schien aus irgendeinem, für Shiho unerfindlichen Grund, damit nicht vollends einverstanden zu sein. „Gibt es noch etwas?“, fragte ihn der alte Mann. Seine Augen waren zu Schlitzen geformt und funkelten listig, wie die eines Luchs. Uchida schüttelte wortlos den Kopf und entfernte sich von den Beiden. Er murmelte bei seinem Abgang etwas Unverständliches vor sich hin. Shiho sah ihm kurz desinteressiert nach, bevor sie sich an ihre neue Begleitung wandte. Er stellte sich bei ihr als Pernod vor, der derzeitige Leiter der Forschungsabteilung von der Schwarzen Organisation. Natürlich wusste Shiho, dass Pernod nicht sein richtiger Name war, sondern eine Spirituose, ein Anisée aus Frankreich, um genau zu sein. Es war sein Codename, den er von den Männer in Schwarz in seiner Position schon vor vielen Jahren verliehen bekam, wie er ihr erzählte. Jeder Mann und jede Frau, der oder die eine wichtige Funktion in ihren Reihen innehatte, erhielt einen solchen Titel. Alle besitzen sie Namen von alkoholischen Getränken, ein Markenzeichen von ihnen, genau wie das tragen ihrer rabenschwarzen Gewänder. Er verleiht dem Träger eine gewisse Stellung und die nötige Autorität. Die unteren Schichten in der Organisation brauchten einen nicht zu kennen, der Name allein sollte ihnen genug Respekt einflößen. Nach ihrer gegenseitigen Bekanntmachung führte er sie weiter durch den Forschungsapparat und Shiho war erstaunt, dass sie nicht bei den anderen Wissenschaftlern blieben, sondern nun, nachdem sie einen großen Forschungssaal durchquert hatten, in einen Bereich mit sondierten einzelnen Laboren, unterschiedlicher Größe und Spezialausstattung geführt wurde. „Laut den Anweisungen, die ich von oben erhalten habe, wirst du dein eigenes Labor bekommen. Alles was du für deine Forschungen benötigst sollst du bekommen.“, sprach der alte Mann, welcher vorrausging. „Wieso bekomme ich schon mein eigenes Labor? Ich bin doch gerade erst eingetroffen. Arbeite ich nicht zuerst mit den anderen Wissenschaftlern zusammen?“, fragte die junge Frau, als sie vor einer der Labore Halt machten und Pernod die Tür öffnete. „Ich fürchte vorerst nicht. Sie sind nur Handlanger, kleine Fische wenn du so willst. Sie tun das, was man ihnen sagt. Beachte sie am besten nicht weiter und sehe dich auch nicht als eine von ihnen. Du bist nämlich zu sehr viel mehr auserkoren worden Shiho Miyano.“, erwiderte der Mann, ehe er verdeutlichte, dass sie doch bitte einzutreten solle. Die Rotblonde gehorchte nickend, obwohl man ihrem Gesicht ansehen konnte, dass sie noch nicht so recht verstand. Sie betrat das Labor, gefolgt von Pernod. Die Tür hinter ihnen, schloss sich sofort wieder. „Betrachte es, als dein eigenes kleines Reich.“, grinste der alte Mann, als er seinen Arm durch den Raum wandern ließ. Shiho war erstaunt, mit welcher Technik das Labor ausgestattet war. In den USA hatte sie, während ihres Studiums, nie ein solches Equipment für ihre Experimente und Recherchen zur Verfügung gehabt. Allein der Platz, den sie hier zur freien Entfaltung hätte. Ein unscheinbares Lächeln zuckte über ihre Lippen. „Das ist beeindruckend.“, begegnete sie ihrem neuen Arbeitsplatz mit Begeisterung und ging auf einen der Schränke mit den verschiedensten Chemikalien zu. „Wie viele unterschiedliche Versuche und Studien ich hier durchführen kann.“ Pernod räusperte sich. „Es tut mir leid dir das zu sagen, aber du wirst nichts dergleichen tun.“, riss er sie ziemlich schnell wieder aus ihren anfänglichen Schwärmereien. „I-Ich versteh nicht ganz.“ Die junge Frau drehte sich zu dem alten Forschungsleiter um. „Die Organisation wollte mich unbedingt wegen meiner Fähigkeiten hier in Japan haben.“ „Die Organisation wollte dich nur aus einem einzigen Grund und allein dafür hat man dich von klein auf geschult und von den Besten unterrichten lassen. Nur du allein wärst in der Lage diese große Aufgabe zu stemmen an dem ich und mein Team schon seit Jahren scheitern.“ Er stellte sich vor sie und schaute sie mit einem festen Blick an. „Du sollst das Erbe deiner verstorbenen Eltern fortführen, ihre Forschung, die sie selbst nicht beenden konnten.“ „M-Meine Eltern?“, stammelte Shiho. In ihr machte sich ein Gefühl von aufkommenden Tränen breit, doch das letzte was sie jetzt wollte, war es Schwäche zu zeigen. Das machte einen nur verwundbar und verwundbar zu sein, war gefährlich innerhalb der Organisation. Sie konnten es wittern, wenn du schwach warst, so wie ein Wolf ein verletztes Wild, innerhalb der Herde, problemlos aufspüren konnte. „Ja, die Forschung deiner Eltern. Dies ist auch der Grund wieso du abseits der anderen arbeiten wirst. Du bist mit einer der wichtigsten Aufgaben unserer Abteilung beauftragt worden.“ Pernod legte ihr fast schon väterlich eine Hand auf die Schulter, was Shiho ein wenig irritierte. Seine Haltung ihr gegenüber war anders als bei den Leuten, denen sie bisher begegnet ist. „Hör zu mein Kind. Du musst wissen, ich bin schon lange im Dienste der Organisation tätig und kannte auch deine Eltern sehr gut.“ Er sah sich kurz zu beiden Seiten um, als befürchte er, jemand könnte ihnen zuhören, doch waren sie vollkommen ungestört. „Ich habe mit deinem Vater, Atsushi Miyano, seit er bei uns angefangen hat, sehr lange eng zusammengearbeitet und auch seine Frau Elena, deine Mutter, kannte ich gut. Wir waren alle drei über ein Jahr lang die führenden Köpfe dieser Abteilung gewesen.“ Shiho war mehr als überrascht dies zu hören. „Sie… sie kannten meine Eltern?“ Pernod lächelte kurz. „Ja allerdings. Elena war eine wunderschöne Frau, du ähnelst ihr sehr mit deinem ebenso rotblondem Haar und Atsushi, ein echter Wissenschaftler mit Leib und Seele. Hin und wieder war er zwar ein echter Dickkopf, wenn es um seine Forschung ging, aber sie liebten sich sehr und auch ihre Arbeit. Was die beiden aber noch mehr liebten als alles andere auf dieser Welt, das waren ihre beiden Töchter.“ Shiho wischte sich schnell, mit ihrem weißen Ärmel, die Tränen aus den Augen. Auf keinen Fall wollte sie weinen, nicht hier, nicht jetzt. Sie musste sich zusammenreißen. „Wenn das wirklich so sei, dann wären sie für ihre Forschungen niemals einen solchen Deal mit der Organisation eingegangen. Sie haben ihrer Arbeit so viel geopfert, selbst ihre Leben durch diesen dummen Laborunfall.“, antwortete sie traurig und verletzt. Pernod sah bedrückt zu Boden und schien zu überlegen. „Tzz, ein Unfall haben sie es genannt.“ Seine Stimme klang auf einmal sehr wütend. Die rotblonde Frau sah den alten Mann fragend an. „Was meint ihr damit?“ Pernod bemerkte, was er so soeben gesagt hatte und versuchte schnellstmöglich seine Gedanken wieder zu ordnen und dieses Thema besser hier und jetzt abzuschließen. Er musste auf der Hut sein. Die Tochter seiner alten Freunde durfte es noch nicht erfahren, nicht bevor der richtige Zeitpunkt gekommen wäre. „Ach vergiss es, es ist schon so lange her, da war ich noch bedeutend jünger als ich es heute bin. Wer weiß wie lange die Organisation noch für mich Verwendung hat.“ Er wandte sich von ihr ab und ging wieder zurück zur Tür, blieb aber davor stehen. „Alle Informationen über deinen Auftrag und die Forschungsunterlagen deiner Eltern, findest du auf deinem Computer und falls du einmal Hilfe brauchen solltest, so zögere nicht zu mir zu kommen. Auch wenn du es vielleicht nicht glauben magst, aber du hast hier mehr Freunde, als nur deine Schwester Akemi.“ Shiho lächelte ihm dankend zu. Sie war wirklich froh, dass es jemanden in ihrer Abteilung gab, dem sie anscheinend vertrauen konnte und der sogar ihre Eltern gekannt hatte. Vielleicht könnte sie mit seiner Hilfe etwas mehr über ihre Mutter und ihren Vater erfahren und was für Menschen sie wirklich waren. Womöglich würde es ihr eventuell sogar gelingen zu verstehen, wieso ihre Eltern sich damals überhaupt mit der Organisation eingelassen und sie und ihre Schwester nun in eine solch aussichtslose Lage manövriert haben. Pernod war schon fast durch die Tür verschwunden, da fiel der jungen Frau etwas ein, dass sie noch unbedingt wissen wollte, ehe sie sich an die Arbeit machte. „Was ist das eigentlich voran meine Eltern, bis zu ihrem Tod, geforscht haben?“ Der Forschungsleiter hatte geahnt, dass diese Frage noch kommen würde. Er machte ein trauriges, aber auch müde wirkendes Gesicht. „Es ist ein Gift, geschaffen im Namen der Organisation, um Menschen zu töten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)