Die Leiden des jungen Pizzaboten von Mondtaenzerin (Manchmal hat man Pech und manchmal einfach kein Glück) ================================================================================ Kapitel 5: Die Empfehlung des Hauses? ------------------------------------- Die Straßen wirkten leergefegt, nur vereinzelt begegneten mir in der Dunkelheit die Scheinwerfer anderer Fahrzeuge. Ekelhafter Schneeregen sorgte dafür, dass ich meine Geschwindigkeit den Wetterverhältnissen anpassen musste, aber aufgrund des kaum vorhandenen Verkehrs kam ich ganz gut voran. Die erste Adresse war ein Wohnhaus ein wenig außerhalb Portlands. Kurz checkte ich das Tablet, um auch bloß das richtige Klingelschild zu erwischen, als ich meinen Finger auch schon auf Hale drückte. „Ja?“ „Hallo, Luigi's hier. Ihre Pizza ist da!“, spulte ich meinen Standardtext ab. „Ich habe aber Wein bestellt?“ Der Typ an der Sprechanlage klang nicht mal verärgert, sondern eher verwirrt. „Äh... Ich meinte auch den Wein“, korrigierte ich, während ich auf die Flasche in meiner Hand starrte, schüttelte über meine eigene Dummheit den Kopf und begleitet von einem Summen öffnete sich die Tür, sodass ich direkt die Treppen hinaufeilen konnte. Der Kerl schien in meinem Alter zu sein, frisch rasiert und gekleidet in einem sauberen Hemd nahm er die Flasche entgegen. „Sie haben schon online bezahlt, sehe ich. Wünsche Ihnen einen schönen Weihnachtsabend.“ Ich wollte mich schon abwenden, als er mich an meiner Jacke – auf deren Rücken selbstverständlich das Logo meines Arbeitgebers prangte – festhielt. Schon vorher war mir seine Nervosität aufgefallen, aber als ich ihm nun direkt ins Gesicht blickte, schien er ein nervliches Wrack zu sein. „Ich möchte sie heute fragen.“ „Was?“ Was wollte er mich fragen? Irritiert starrte ich den Mann an, linste dann nochmal auf das Schild neben der Wohnungstür. „Mister Hale, ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor.“ Sicherheitshalber machte ich einen Schritt zurück und mein Kunde stellte die Flasche auf dem Boden ab, um beschwichtigend die Hände zu heben. „Sorry, ist mit mir durchgegangen. Normalerweise bin ich nicht so ein Nervenbündel. Und eigentlich erzähle ich auch nicht dem Pizzaboten, dass ich mich verloben möchte.“ Etwas beschämt lachend kratzte er sich am Hinterkopf, was mir durchaus bekannt vorkam aus einem unerklärlichen Grund sympathisch war. Die Zeit im Nacken wollte ich meinem ersten Impuls folgen und mich direkt verziehen, doch tat er mir irgendwie leid. „Was ist denn das Problem? Sie sehen nicht wie ein Penner aus, haben Wein und... einen Ring hoffentlich auch? Das sollte doch klappen. Also, wahrscheinlich... Glaube ich.“ Hilfreiche Ratschläge geben – konnte ich. „Ja, aber irgendwie... Ich weiß nicht. Ist heute der richtige Tag dafür? Monica und ich sind seit zweieinhalb Jahren zusammen und...“ „Ich bin ja eher jemand, der auf sein Bauchgefühl hört. Bin mir sicher, Sie merken, wenn der richtige Tag gekommen ist. Ich habe aber gehört, dass die Mädels es schätzen, wenn man die Verlobung auf einen besonderen Tag legt. Jahrestag oder so.“ Nicht, dass ich es jemals in einer Beziehung bis zu einem Jahrestag geschafft hätte. Oder besser gesagt: die Mädels hatten es nicht mit mir geschafft. „Echt? Das wäre erst im Sommer, aber... Hmmm...“ Nachdenklich rieb er sich das Kinn und ich lachte auf. „Sie machen schon das Richtige. Falls Sie das aber verschieben, würde ich nächstes Mal etwas weniger Aftershave auftragen. Und einen anderen Wein nehmen, das Zeug ist Mist.“ Ich nickte in Richtung der auf dem Boden stehenden Flasche, salutierte dem armen Tropf dann einmal zu. „Und äh... Viel Erfolg!“ Dann machte ich mich schleunigst daran, das Wohnhaus zu verlassen. Ich hatte sicherlich vier wertvolle Minuten verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)