Dunkle Legenden von Kylie (Band 1) ================================================================================ Kapitel 4: Schiefgelaufen ------------------------- Wenn Sirius Black Peter dabei zusah, wie er an den einfachsten Schutzzaubern zu scheitern schien, bezweifelte er, dass es eine gute Idee gewesen war seine Freunde mit einzubinden. James und Remus waren dagegen wirklich begabt! Jeden Schutzzauber und Fluch schienen sie in Rekordzeiten zu lernen, ebenso wie Sirius selbst. Dabei amüsierten sie sich sogar köstlich, indem sie einen Wettstreit daraus machten. Es war einer dieser Tage, an denen er sich mal wieder fragte, wieso sie sich eigentlich mit Wurmschwanz eingelassen hatten. Klar, er war ein lieber Junge! Aber so gar kein Draufgänger und auch überhaupt nicht talentiert. Eher ein Feigling... Zumindest konnte er sich willentlich in eine Ratte verwandeln, was den Black-Erben zumindest etwas darauf hoffen ließ, dass es noch Hoffnung für den Gleichaltrigen gab. Dass er vielleicht doch noch die Kurve bekam. „Und ihr wollt das echt durchziehen?“, hakte Moony nicht unbedingt begeistert nach. „Sollten wir uns nicht noch ein paar Tage Übung gönnen?“ „Ich glaube nicht, dass wir viel besser werden...“, murmelte Sirius, der immer noch Peter fixierte. „Ja, außerdem sind bald Winterferien.“, erinnerte James sie. „Wenn wir Pech haben, dann wird er dann schon zum Anhänger von ihm gemacht.“ „Stimmt...“ „Wurmschwanz, du solltest dich morgen ein bisschen im Hintergrund halten.“, schlug Sirius nüchtern vor. „O-Okay!“, quiekte der kleinere, rundliche Junge ängstlich und gleichzeitig erleichtert. Oh, du Stolz der Männerwelt..., dachte Sirius zynisch. Wie konntest du bloß so feige werden? Und wie um alles in der Welt hast du es nach Gryffindor geschafft? Er ist genauso wenig ein mutiger Löwe wie ich ein Prinzesschen... Doch er wusste auch, dass es ihm nicht zustand die Entscheidung des sprechenden Huts infrage zu stellen. Irgendwas musste er in dem Jungen gesehen haben, was wirklich sehr, sehr gut und tief unter der nicht unbedingt ansehnlichen Verpackung steckte. Nur bezweifelte der Black allmählich, dass es jemals ein anderer zu Gesicht bekommen würde, was der Hut gesehen hatte. Denn gerade kämpfte sein Kumpel mit seinem Zauberstab, damit er ihm gehorchte. „Lasst uns zurückgehen und uns für morgen gut ausruhen.“, schlug Sirius seufzend vor. „Ist besser, wenn wir gut ausgeschlafen sind, wenn wir uns mit meiner irren Cousine anlegen.“ „Gute Idee.“, stimmte Krone ihm sofort zu. „Kommt unter meinen Umhang.“ Es war bereits dunkel und eigentlich durften sich keine Schüler mehr außerhalb ihrer Betten aufhalten. Da war es großes Glück, dass James über ein Familienerbstück verfügte, welches ihnen recht gefahrlose nächtliche Wanderungen erlaubte. Es war ein Tarnumhang. Jeder, der darunter war, wurde für Andere unsichtbar. Der Umhang passte sich stets perfekt der Umgebung an, was aber nicht für Geräusche galt. Man konnte sie immer noch atmen, sprechen oder gehen hören, wenn sie nicht aufpassten. Außerdem konnte man sie natürlich immer noch anrempeln! Sie passten zu Viert aber eigentlich mehr schlecht als recht darunter. Oftmals gingen sie deshalb auch nur in kleineren Grüppchen und holten sich gegenseitig ab. Nur war es inzwischen so spät, dass nicht mehr so viele Lehrkräfte patrouillieren würden. Inzwischen hatten die Rumtreiber zudem ihre magische Karte genug ausgetestet. Sie hatten sie feierlich die »Karte des Rumtreibers« getauft und waren wirklich stolz auf ihr Werk! So wussten sie, wo sich eventuelle Wachposten aufhielten und brauchten theoretisch den Umhang gar nicht. Jedoch waren sie mit ihren Erforschungen von Hogwarts noch nicht wirklich fertig und würden sie noch weiter ausarbeiten müssen. Für ihre nächtlichen Ausflüge reichte das aber vorerst, weil sie ihrer Funktion ja bereits nachging. „Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin.“, sagte Tatze deutlich und berührte das Pergament mit seinem Zauberstab. Das eben noch blanke Papier malte mit schwarzer Tinte die Umrisse des ganzen Schlosses. Auch die Geheimgänge, die sie in ihren zahlreichen Erkundungen gefunden hatten, tauchten dabei auf. Für Unwissende konnte die Karte sogar zeigen, wie einige von ihnen zu öffnen waren. Nur, falls sie die Karte mal weitergeben wollten... „Im Eingang ist gerade keiner.“, sagte Krone durchaus zufrieden. „Lasst uns also schnell rein.“   Irgendjemand musste sie wirklich lieben. Wie so oft schafften sie den Rückweg ohne Zwischenfall und sie konnten heimlich weiter planen. Jedoch war ihnen aufgefallen, dass Severus sie neuerdings wirklich im Auge behielt. „Er geht bestimmt davon aus, dass wir irgendwas gegen ihn planen.“, meinte James, während sie sich gemeinsam auf dem Weg zur Große Halle machten. Das Wochenende war da, also die perfekte Gelegenheit Bellatrix aus der Reserve zu locken. „Wenn der wüsste, dass er uns zurzeit kaum egaler sein könnte.“, spottete Sirius amüsiert. „Er ist echt ein bisschen paranoid.“ „Könnt ihr ihm das wirklich verübeln?“, warf Moony ein. „Normalerweise ist er euer Hauptziel!“ „Da ist er doch selbst schuld dran. Wenn er nicht so auf schwarze Magie stehen würde...“ „Würdest du ihn trotzdem schikanieren, Tatze!“ „Quaaatsch!“, warf Sirius sofort verteidigend ein. „Ich hätte nie angefangen ihn zu quälen, wenn er nicht so auf schwarze Magie stehen würde!“ „Bist du dir da echt sicher?“ Das konnte der Black-Erbe nicht beantworten. Er wusste es nicht! Vielleicht wäre es wirklich so gewesen, dass sie niemals aneinandergeraten wären, wenn Severus Snape sich keinen so fragwürdigen Praktiken ergeben würde. Doch vermutlich hatte Remus recht und sie wären dann aus einem anderen Grund aneinandergeraten. Spätestens an den Tag, wo sich James in Lily verguckt hatte, wäre die Situation wohl eskaliert. Zwei Jungen, die um dasselbe Mädchen buhlten... Eine wirklich gefährliche und unangenehme Sache. Und dann war da noch seine gruselige Ausstrahlung! Als wollte er mit seinen opalschwarzen Augen jeden Menschen töten, der nur daran dachte, in seine Nähe zu kommen. Wenn er es nicht besser wüsste, würde Sirius ihn für den dunklen Lord persönlich halten! Schwarze Magie verändert Zauberer und Hexen..., sinnierte Sirius für sich. Nicht nur ihr Inneres kann von ihr korrumpiert werden, sondern auch ihr Äußeres. Sie verunstaltet auf so viele Arten und Weisen... Wie kann er sich nur freiwillig dem aussetzen? Doch seine Familie war da ja nicht anders. Und wohl fast jeder Anhänger des dunklen Lords... Sie alle riskierten ein Leben in ewiger Verdammnis und in innerlicher Hässlichkeit. Sirius würde sich eher umbringen, als sich diesem Risiko jemals auszusetzen! „Hattest du mit der Kleinen was?“, hörte er Krone fragen, der ihn damit aus seiner Nachdenklichkeit riss. Er folgte der Deutung seines besten Freundes und entdeckte ein kicherndes Gryffindor-Mädchen, welches ihn beobachtete. Sie war nicht hässlich, aber auch nicht außergewöhnlich. Gegen die Slytherin aber eine wahre Schönheit! Sirius musterte sie ein bisschen ausgiebiger. Braunes, schulterlanges Haar, ein paar Sommersprossen im Gesicht und soweit er ausmachen konnte, keine nennenswerten Kurven am Leibchen. Aber auch kein Gramm Fett! Gewiss wäre sie sein Typ, wenn er sie nicht als so unendlich langweilig und gewöhnlich empfinden würde. Doch er verstand, warum James davon ausging, weil ihre grauen Augen sich kaum von den Rumtreibern abwandten. „Nichts, das ich wüsste.“, seufzte Tatze also aufrichtig. „Aber ich würde nicht die Hand ins Feuer tun...“ „Ernsthaft?“, hinterfragte Remus verzweifelt. „Inzwischen sind es so viele Mädchen, dass du nicht mehr sicher sagen kannst, welchen du schon die Herzen gebrochen hast?“ „Hey, hey, hey!“, warf Sirius sofort empört ein. „Ich breche keine Mädchenherzen.“ Moony zog die Augenbraue hoch und musterte ihn irritiert: „Ach? Tust du nicht? Also reißt du sie nicht auf, schläfst mit ihnen und lässt sie anschließend für das nächste Mädchen fallen?“ „Doch... Schon...“ „Und du ignorierst sie im Anschluss nicht vollkommen, als würden sie nicht existieren?“ „Vielleicht, aber-...“ „Selbstverständlich prahlst du dann auch nicht mit deinen Errungenschaften?“, beendete Moony seinen Vortrag, der durchaus Hand und Fuß hatte. Anders als Sirius‘ Einwände. „Gut, dann breche ich eben Mädchenherzen!“ „Danke.“ Sirius Black rollte genervt mit den Augen und blickte über die Schulter, um das Mädchen nochmals zu betrachten. Ihr Blick folgte ihnen immer noch, doch es kam ihm nicht so vor, als würde sie wirklich ihn beobachten. „He, Moony...“, grinste er schließlich breit. „Die steht nicht auf mich, sondern auf dich.“ Sofort peitschte dem angesprochenen Freund die Schamesröte ins Gesicht. Er schien sogar eine Weile den Atem anzuhalten! Es stieg sogar blanke Panik in das hübsche, etwas bleiche Gesicht seines Kumpels. Obwohl sich Remus sichtlich dagegen wehrte, drehte er sich trotzdem kurz um, um einen Blick zu riskieren. Die Mädchen fingen sofort zu kichern an. Das bestätigte die Vermutung des Black-Erbens, der sehr zufrieden grinste. „Wieso...? Seit wann...?“, haspelte Moony sichtlich verwirrt, während sie die große Halle betraten. „Na ja, du wirst langsam zu einem richtigen Mann, Moony.“, kicherte Sirius heiter. „Bist ein hübscher Bursche. Nicht, dass ich auf so etwas stehe! Aber die Mädels schon.“ James führte sie zu ihren Stammplätzen am großen Tisch und sie setzten sich hin. Wobei es bei Remus mehr ein Plumpsen und bei Peter ein Verkriechen war! Niemand beachtete Wurmschwanz. Kein Mädchen zeigte Interesse. Die Jungs spotteten... Sie waren seine einzigen Freunde, die ihm immer wieder halfen und vor Ärger beschützten. Dafür opferte er sich bei manchen Streichen, damit sie keine Strafarbeiten bekamen. Dennoch konnte man ihm anmerken, dass auch er gerne mal die Aufmerksamkeit der holden Weiblichkeit hätte. Und wenn es bloß ein einziges Mädchen wäre, welches seine innere Schönheit erspähte. Sirius bezweifelte stark, dass dieser Tag jemals kommen würde. Wenn Peter ernsthaft mal ein Mädchen daten wollte, dann musste er den ersten Schritt wagen! Und es musste ein perfekt durchplanter Schritt sein, denn er würde nur eine Chance haben. Die Gryffindor-Mädchen kamen kichernd an ihnen vorbei und warfen noch ein paar Blicke auf den schüchternen Remus J. Lupin, der sich hinter einem dicken Wälzer zu verstecken versuchte. Nur anhand seiner glühenden Ohren konnte man feststellen, dass er immer noch errötet war. „Ach, komm‘ schon, Moony!“, wollte James ihn ermuntern. „Geh‘ doch hin und begrüße sie!“ „Wa-... Warum...?“, hinterfragte Remus verlegen. Er vermutete gewiss einen fiesen Streich hinter der Ermunterung. Oder den Wunsch, sich über ihn zu amüsieren. Sirius befüllte sich innerlich lachend seinen Teller mit einem Brötchen, Rührei, Speck und einem Würstchen. Ihm war durchaus bewusst, dass Krone ihn niemals aus Schikane ermuntern würde. Das war eher der Black-Style! „Was soll denn schon passieren?“, erwiderte James begeisterungsfähig. „Sie sehen doch ganz nett aus. Nicht so hübsch wie Lily, aber durchaus ansehnlich!“ Moony riskierte einen weiteren Blick auf die kleine Mädchengruppe. Sie sahen herüber, weshalb das natürlich wieder in Gegacker endete, als sich die Blicke trafen. Sofort schüttelte der Werwolf seinen Kopf. Er wirkte fast etwas angewidert! Als habe er gerade in die hässliche Fratze einer Slytherin gestarrt oder in den Schlund der Hölle selbst. Unsicher blickte er zu seinen drei Freunden und schüttelte schließlich den Kopf: „Nein, kein Interesse.“ „Wieso denn das nicht?“, hakte Peter verwirrt nach. Seinem pummeligen Gesicht war anzusehen, dass er darüber empört war. Er würde sich diese Chance niemals entgehen lassen, wenn sie sich bieten würde. „Ich weiß nicht...“, gestand Remus mit trockenem Mund. „Sie interessieren mich einfach nicht.“ Sirius klopfte Moony stolz auf die Schulter: „Sehr gut, mein Freund! Du hast also Geschmack und bist wählerisch.“ „Bei dir klingt das wie eine Beleidigung...“, murmelte der Werwolf irritiert. „Oh, nein, nein! Ich finde das wirklich gut.“ James sah nochmals zu den Mädchen und winkte dann ab: „Wie wollen wir es schaffen, dass Bellatrix und auch Regulus nah genug zusammen sind?“ „Ich würde ja sagen, wir versuchen es im Slytherin-Gemeinschaftsraum, aber da kommen wir nicht rein.“, seufzte Tatze deprimiert. „Wir müssen sie irgendwie auf das Gelände locken.“ „Es dürfte für mich kein Problem sein, Reg hinauszubekommen, aber bei Bella sieht es anders aus...“ „Eigentlich müsste ein Slytherin sie irgendwie nach draußen schicken.“, meinte Moony nachdenklich. „Sie vertraut weder uns noch den Mitgliedern anderer Häuser.“ James nickte bleiern: „Nur kommen wir alle nicht mit den Slytherins klar.“ „Ich kann höchstens... Also...“, stammelte Sirius, bekam die Worte vor lauter Ekel nicht heraus! Er meinte sogar zu spüren, wie er Grün anlief vor lauter Übelkeit. „Was? Was kannst du?“ „Ein... Ein Slytherin-Mädchen... verführen...“, spuckte er dann heraus, als sei es eine furchtbare Beleidigung. Die drei Freunde schraken auf und starrten ihn fassungslos an. Der Black-Erbe war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass er freiwillig anbot, sich einer dieser nicht unbedingt ansehnlichen Mädchen hinzugeben oder weil sie überrascht waren, dass er bisher keine von ihnen verführt hatte. Es gibt da kaum ein Mädchen, das zumindest einigermaßen aussieht!, dachte er innerlich fluchend. Aber er sah keinen wirklichen Ausweg. Mädchen machten verrückte Dinge, wenn sie sich in einen Jungen verliebten. Darunter fiel auch der Verrat an Freunden oder sogar Verwandten. Es war ihre einzige Möglichkeit, damit jemand Bellatrix Black nach draußen schickte und sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnten. „Du hast es echt noch nie mit einer Slytherin gemacht?“, hinterfragte James ehrlich überrascht. „Nicht mal ein bisschen gefummelt?“ „Nein, Mann! Hast du dir die Weiber mal angeguckt?“ Nun musste sich der Jäger doch mal umdrehen, um einen Blick auf den Slytherin-Tisch zu erhaschen. Sirius konnte beobachten, wie das Gesicht seines Freundes sich zunehmend mehr verzog. Offenbar empfand er es ähnlich wie er. „Ja... Okay, ich verstehe schon, was du meinst...“ „Es zählen auch innere Werte.“, erinnerte Moony sie tadelnd. Offenbar hielt er seine Kumpel allmählich für sexistisch und oberflächlich. „Da hast du vollkommen recht!“, pflichtete James ihm sofort bei. „Aber deren inneren Werte vergessen die ja auch noch im Kleiderschrank...“ „Und sie betreiben größtenteils auch noch schwarze Magie!“ „Ja, klar, ich weiß...“, lenkte Remus seufzend ein. „Aber ihr könnt sie doch nicht alle über einen Kamm scheren.“ „Und wie wir das können.“, warf Tatze ein. „Machen die doch auch mit uns.“ Der Werwolf gab es auf und winkte ab. Stattdessen füllte er sich nun auch endlich was zum Frühstücken auf. Sein Teller war bei weitem am wenigsten befüllt. Krone aß immer viel. Als Kapitän seiner Mannschaft war er im Dauerstress und verbrannte ungemein viele Kalorien. Dazu kamen das anstrengende Training und die zahlreichen Matches gegen die anderen Häuser. Peter aß einfach viel, obwohl er die Kalorien über den Tag nicht abarbeitete. Das führte zu seiner rundlichen Körperform und Sirius vermutete, dass er deshalb auch immer noch recht viele Pickel im Gesicht hatte. Nicht unbedingt förderlich, wenn er bei den Ladys landen wollte! Eigentlich wäre es verlockend für ihn, die Teller von Remus und Peter auszutauschen. Streng genommen müsste der Werwolf nämlich dringend mal ein bisschen was zunehmen, während Peter dringend abnehmen müsste. Doch da hielt sich Tatze heraus. Am Ende würde es nur heißen, dass er sie nur schikanieren wollte und Krone würde sich gezwungen fühlen, die Wogen zwischen ihnen wieder zu glätten. Langsam drehte Sirius sich um und sah zu den Slytherins herüber. Er suchte hauptsächlich nach den Gesichtern der Mädchen, um sie zu mustern. Wenn er sich schon opferte, musste es ja nicht gleich zu seinem schlimmsten Albtraum werden! Es musste doch irgendein Mädchen geben, das zumindest ansatzweise erträglich aussah. Traurigerweise blieb er bei seinen Cousinen hängen. Wenn er sie auch beide nicht leiden konnte, konnte Sirius auch nicht abstreiten, dass sowohl Bellatrix als auch ihre jüngere Schwester Narzissa nicht schlecht aussahen. Er selbst galt als Schönling und auch Regulus sah wirklich gut aus. Es musste irgendwas mit den Black-Genen zu tun haben, obwohl sie fast alle Slytherins waren. Seufzend riss er sich von dem Anblick der beiden Mädchen los. Er konnte keine von ihnen verführen! Nicht nur, weil sie verwandt waren, sondern auch, weil sie sofort merken würden, dass irgendwas nicht stimmte. Wenn sie mal miteinander sprachen, dann um sich gegenseitig zu beleidigen oder zu beschuldigen. Tatze meinte sich zwar an gewisse Familienfeste erinnern zu können, wo sie gezwungenermaßen nett zueinander gewesen waren, aber das war ewig her. Schnaubend suchte er den Tisch weiter nach einem passenden Opfer ab, doch es kam ihm so vor, als würden sie allesamt immer hässlicher werden! Das ist nur in meinem Kopf., tadelte sich Sirius selbst und atmete tief durch. Ich muss mir vorstellen, dass sie keine Slytherins sind. Jaah~... Einfach aus einem anderen Hause! Mehrmals atmete er tief durch, wobei er seine grauen Augen geschlossen hielt. Innerlich redete er sich ein, dass er nicht zum Slytherin-Tisch sah, sondern zu den Hufflepuffs. Als er die Augen öffnete... hatte sich absolut nichts verändert! Er fand sie immer noch alle hässlich. „Ich kann dir praktisch dabei zusehen, wie du innerlich tausend Tode stirbst.“, kicherte Krone, der ihn offenbar beobachtet hatte. „Nicht hilfreich...“ „Es war nie meine Absicht, etwas Hilfreiches dazu zu sagen.“ „Na, vielen Dank auch.“, schnaubte Sirius verärgert. „Willst du es nicht vielleicht mit denen treiben?“ „Hey, es ist dein Bruder und damit auch dein Problem, Bro.“, warf James mit hochgezogener Augenbraue ein. „Moony...“, richtete Sirius also an den Werwolf und blickte ihn an. Remus wirkte nicht so, als wollte er wirklich hören, was er ihm zu sagen hatte. „Was denn...?“ „Du bist doch so für... Toleranz.“ „Ja...“, murmelte Moony verunsichert. „Also bist du nicht so verblendet von deinem Hass gegen Slytherin?“ „Ich vermute es mal...“ Nun wirkte Sirius zufrieden und deutete auf den Tisch der Slytherins: „Welches Mädchen sieht in deinen Augen denn einigermaßen ansehnlich aus?“ Remus verschluckte sich bei dieser Frage. Es war so schlimm, dass Peter ihm sogar auf den Rücken klopfen musste! Natürlich zu schwächlich, damit es wirklich etwas brachte, doch zumindest versuchte er es. Der Werwolf war vollkommen erbleicht, als er sich endlich wieder erholte und sah Sirius ungläubig an: „Wie meinen?“ „Na, wen kann ich deiner Meinung nach überleben, wenn ich sie ein bisschen anmache?“ „Such‘ dir doch selbst dein Opfer aus!“, schnaubte Remus sichtlich sauer. „Ruhig, Brauner, gaaanz ruhig.“, warf Tatze verwirrt ein. „Was soll so schlimm daran sein? Offenbar finde ich sie alle hässlich, weil ich voreingenommen bin. Du sollst mir doch bloß helfen, klarer zu sehen.“ Schnaubend wandte Remus den Blick ab und schien innerlich mit sich selbst zu kämpfen. Offenbar überlegte er, ob er ihm wirklich eine ernsthafte Antwort darauf geben sollte oder ob er es lieber sein ließ. Im nächsten Moment hellte sich sein Gesicht jedoch auf. Er erinnerte sich wohl daran, warum sie das überhaupt alles tun wollten. Es ging um Regulus und nicht um den Kampf zwischen den Häusern, der immerhin von den Lehrern noch verstärkt wurde. „Du meinst abgesehen von deinen Cousinen, vermute ich mal“, nuschelte er endlich. „Du findest Zissy und Bella also attraktiv? Sehr interessant.“ Krone kicherte etwas und blickte zu den beiden Schwestern: „Unrecht hat er nicht. Von all den Slytherins sind sie beide wohl am ansehnlichsten.“ „Danke, Krone, für einen weiteren Kommentar, der absolut nicht hilfreich war.“ „Immer gerne, Tatze. Ich lebe, um dir zu dienen, mein Freund.“ Sirius verzog sein Gesicht zu einer Fratze, ehe er wieder zum Werwolf blickte, dessen Blick gerade über den Slytherin-Tisch wanderte. Seinen Augen konnte er entnehmen, dass ihm eine Entscheidung auch nicht besonders leichtfiel. Dann endlich fiel er eine Entscheidung. Er deutete auf ein Grüppchen Slytherins, die gerade die Große Halle betraten. Die Gruppierung bestand bisher nur aus Mädchen und sie alle tuschelten und kicherten miteinander. „Wie wäre es mit einer davon?“, fragte Moony behutsam. „Die sehen doch ganz normal aus.“ „Das sagst du nun aber nicht, weil sie gerade durch eine glückliche Fügung hereingekommen sind?“ „Neeeiiiin.“, widersprach er errötet. „Sie sehen tatsächlich ganz gewöhnlich aus. Und soweit ich es beurteilen kann, sehen sie auch nicht wie bösartige, dunkle Zauberer aus.“ Vorsichtig drehte sich Sirius erneut um und beobachtete die Gruppe aus jungen Mädchen. Sie waren vermutlich im zweiten oder dritten Jahr und sahen tatsächlich recht normal aus. Keine außergewöhnlichen Merkmale, die sie hässlich oder wunderschön machten. Keine Warzen... Keine verbogenen Nasen oder unnötige Hüftgold. Sie waren durch und durch absolut gewöhnlich. Fast schon langweilig..., gestand sich Tatze selbst ein. Er tadelte sich jedoch sofort selbst. Wollte er nun wirklich wählerisch werden, wenn es nur um eine Finte ging? Seufzend schüttelte er seinen Kopf und beantwortete sich damit seine eigene Frage. Er würde das erstbeste Opfer wählen und sich glücklich schätzen, wenn er die Sache hinter sich gebracht hatte. Und niemand würde es jemals erfahren! Abgesehen von seinen besten Freunden.   Tatze kam sich etwas albern vor, weil er sich selbst dafür hasste, dass er vor einer halben Stunde tatsächlich mit einem Slytherin-Mädchen herumgemacht hatte. Sie hatte gekichert und sich sehr geschmeichelt gefühlt. Wie jedes andere Mädchen auch, hatte sie seine Aufmerksamkeit sehr genossen und sich über Komplimente gefreut. Dass er keines davon ehrlich gemeint hatte, war ihr entweder entgangen oder egal gewesen. Sie war wirklich aus der Gruppe gewesen, die Remus vorgeschlagen hatte. Ob es nun daran lag, dass der Werwolf gemeint hatte, dass sie in Ordnung aussahen oder es tatsächlich stimmte, spielte für ihn keine Rolle mehr. Er hatte es hinbekommen sich zu überwinden. Tatsächlich hatte Sirius das Mädchen soweit gebracht, dass sie Bellatrix nach draußen schicken wollte. Eigentlich wusste er nicht so genau, wie er das wirklich geschafft hatte. Sonst waren die Slytherins untereinander relativ loyal und verrieten einander nur selten. Es diente dann meistens einem höheren Ziel, welches natürlich frei definierbar war. Nun hockten sie in einigen Büschen und es fühlte sich für ihn so an, als wären sie in einem Kindergarten für Muggel und spielten Verstecken. Regulus war bei ihnen und löcherte sie ständig mit der Frage, was sie eigentlich hier taten. Doch sie herrschten ihn immer wieder an, dass er ruhig sein sollte und er es früh genug erfuhr. „Wann wollte sie sie noch rausschicken?“, fragte nun Krone unruhig. Sie warteten schon mehrere Minuten, die sich inzwischen wie Stunden anfühlten. „Müsste gleich soweit sein.“, hörte Sirius sich murmeln. Er war selbst nicht mehr allzu überzeugt. „Auf wen warten wir denn?“, warf Regulus ebenso beunruhigt ein. „Können wir nicht einfach reingehen?“ „Von wem hast du nur gelernt, so ungeduldig zu sein?“ „Kann ich ja nur von dir gelernt haben. Wir haben mehr Zeit miteinander verbracht als unsere Eltern.“, erinnerte Regulus ihn. „Ach.“, winkte Sirius ab. „Ich bin die Geduld in Person.“ „Tatsächlich? Warum wackelst du dann die ganze Zeit mit deinen Händen herum und wippst auf deinen Füßen herum?“ James fing an zu lachen, während er ihn beobachtete. Offenbar war es ihm vorher nicht aufgefallen, dass Tatze das machte. Das wird Krone mir noch Wochen lang vorhalten... Danke, Bro., dachte er augenrollend. „Weißt du, Reg, mir ist einfach nur kalt.“ Gerade als Regulus etwas erwidern wollte, herrschte Remus sie an: „Scht! Da kommt jemand!“ Durch die Blätter sahen sie schwarzes Haar, das sich wellte und es war immerhin Zeit. Es musste also endlich Bellatrix sein! „Krone, los.“, drängte Tatze ungeduldig. „Dein Part.“ James ließ es sich nicht zwei Mal sagen und zückte seinen Zauberstab. Er wartete aber noch ab, damit die Position auch stimmte, die Bellatrix einnehmen musste. „Gleich wirst du sehen, dass die Todesser gar nicht cool sind.“, sagte Sirius sehr zufrieden. Regulus wirkte verwirrt, als er die Rumtreiber anstierte. Er hatte wohl nicht geglaubt, dass sein älterer Bruder sie wirklich einweihen würde. Nach ihrem letzten Gespräch hatte er wohl auch nicht geglaubt, dass sie das Thema nochmals ansprechen würden. Alles war so, wie sie es geplant hatten, also sprang James Potter endlich aus ihrem Versteck heraus. Ohne wirklich zu gucken oder nachzudenken riss er seinen Stab hoch und rief: „Friss‘ Schnecken!“ Ein Lichtblitz schoss aus der Spitze des Stabes, als der Rest von ihnen heraussprang. Es war zu spät, als ihnen bewusst wurde, dass es nicht Bellatrix Black war, die sich hierher verirrt hatte. Das Licht traf stattdessen Severus Snape, der sofort aschfahl wurde und sie voller Entsetzen anstierte. Kurz darauf krümmte er sich zusammen und schloss die Arme fest um seinen Bauch. Kurz darauf würgte er und zahlreiche schleimige Schnecken kamen aus seinem Mund heraus. Mit jedem Mal des Erbrechens schien der Zaubertrankfreak immer bleicher zu werden und seine Augenringe wurden immer dunkler. Er sah todkrank aus... Um fair zu sein, ist er nun auch sozusagen krank..., gestand sich Sirius bei dem schrecklichen Anblick ein. Er hat eine sehr starke Form einer Magenverstimmung. Regulus schrie auf und eilte dann an die Seite seines Slytherin-Kollegen. Behutsam stützte er ihn ab und half ihn, sich umzudrehen. Er wollte ihn Richtung Schloss bringen. „Seid ihr nun endgültig übergeschnappt?!“, schimpfte er dabei und sah sie alle tadelnd an. „Einen Scheiß habt ihr bewiesen! So etwas geht echt nicht. Komm‘, Severus, ich bringe dich zu Madam Pomfrey. Sie kann dir bestimmt helfen.“ Obwohl Sirius ihm erklären wollte, dass nicht Snape das eigentliche Ziel gewesen war, sondern die gemeinsame Cousine, brachte er es nicht heraus. Innerlich wusste er, dass das kein hilfreicher Kommentar wäre. Er würde sich eher bei den Anmerkungen von James einordnen, die er heute Morgen noch zum Thema der Mädchen beigesteuert hatte. Stattdessen standen sie nun alle hier und starrten ihnen mit offenen Mündern nach. Keiner von ihnen schien so recht verarbeiten zu können, was genau eigentlich schiefgelaufen war. Ihnen war aber bewusst, dass Severus sich definitiv bei ihnen rächen würde.   „Na toll...“, murrte Sirius und hatte sein Gesicht auf seinen Armen gebettet, die wiederum lagen auf einem Tisch im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Sie waren kurz nach Regulus und Snape zurück ins Schloss gegangen und waren direkt von Professor Ashworth abgefangen worden. Sie hatte ihnen allen zwanzig Punkte abgezogen und James noch zusätzliche zehn weitere Punkte, weil er den Fluch gegen Severus ausgesprochen hatte. Für irgendwelche Erklärungen hatte ihre Hauslehrerin kein Gehör gehabt, sondern ihnen stattdessen für das Wochenende zahlreiche Aufsätze aufgegeben, die sie ihr am Montag bringen sollten. Ihre Münder hatten sie alle noch – vorerst. So wollte sie die Rumtreiber aber erstmal beschäftigt halten, damit sie nicht nochmals etwas anstellen konnten. Zumindest nicht an diesem Wochenende. Doch das war es nicht, was Tatze wirklich ärgerte, sondern die Tatsache, dass ihr Streich so schiefgelaufen war. Nun würde sich Regulus noch mehr von ihm distanzieren und sich erst recht nicht überzeugen lassen, dass die Todesser kein Umgang für ihn waren. Letztendlich hatten sie nun selbst wie einer von denen gewirkt. Das war gewiss nicht hilfreich! Am schlimmsten war jedoch, dass er sich eingestehen musste, dass er Regulus nicht aufhalten konnte. Er würde selbst erkennen müssen, dass er die falsche Entscheidung traf und dann wäre es vermutlich zu spät. Sirius konnte es einfach nicht verhindern. Er musste ihn loslassen... Mein kleiner Bruder wird jung sterben..., dachte Tatze melancholisch. Und er wird alleine dabei sein. Es ist doch zum Kotzen! „Du solltest lieber weiterschreiben.“, ermahnte Moony ihn streng. „Wozu...?“, schnaubte Sirius genervt. „Das ist so viel, dass wir das eh nicht fertigbekommen können.“ „Ich denke, dass das ihre Absicht war.“, erinnerte James sie. „So haben wir keine Zeit, um Schniefelus nochmals zu verfluchen.“ „Er war ja nicht das Ziel.“ „Das musst du uns nicht sagen. Wir wissen das.“ „Aber... Aber sie hatte uns gewarnt...“, stammelte Peter unsicher. „Da hat Wurmschwanz allerdings recht.“, stimmte Krone zu. „Sie wollte, dass wir Schniefelus in Ruhe lassen und das haben wir nicht getan. Wenn auch unbeabsichtigt...“ „Ich verstehe nicht, warum er überhaupt da war.“ „Das Mädchen hat Bella sicherlich einen Tipp gegeben und sie hat ihn als Köder geschickt.“, murmelte Moony in sein Pergament vertieft. „Klingt logisch.“ „Und was machen wir jetzt wegen Regulus?“ „Gar nichts.“, seufzte Sirius traurig. „Wir haben ihm nun gezeigt, dass wir eigentlich die Bösen sind. Er wird nicht mehr auf uns hören...“ „Leider hat Tatze da wohl recht.“, stimmte Remus zu und blickte endlich auf. „Selbst wenn wir Bella nun direkt vor seinen Augen zum Explodieren bringen könnten, würde er uns als die Bösen ansehen. Immerhin haben wir Schniefelus überfallen, als er vollkommen wehrlos war...“ „Sie könnte den Todesfluch einsetzen und wir wären immer noch die Idioten...“ „Leider ja.“ „Also sollen wir es einfach geschehen lassen?“, hakte James verwirrt nach. „Wir haben keine andere Wahl. Wir können es nur noch schlimmer machen.“ „Aber dann... dann bekommt er das... das Mal...“, nuschelte Peter verunsichert. Es kam Sirius so vor, als glaubte der Junge, dass er nur durch das Aussprechen dieses magische Tattoo bekommen konnte. Es war fast wie die Angst vor dem Namen des dunklen Lords selbst. „Er muss seine eigenen Fehler machen.“, erwiderte Sirius nach einer kurzen Pause. „Vielleicht wacht er dann auf und besinnt sich.“ Stille trat zwischen ihnen ein. Sie alle schrieben weiter an ihren Aufsätzen, hingen aber eigentlich eigenen Gedanken nach. Sie fragten sich sicherlich alle, was aus Regulus werden würde und ob er sich der dunklen Magie genauso innig verschreiben würde, wie fast alle Blacks. Ob das die ersten Schritte zu einer düsteren Zukunft voller Leichen war. Vor allem machte sich Tatze jedoch selbst verantwortlich. Es fühlte sich an, als habe er ihn selbst in die Arme von Lord Voldemort gestoßen. Denn selbst wenn er sich entschließen würde, dass er nicht mehr dienen wollte, würden die Todesser ihn nicht einfach so gehen lassen. Sie würden ihn umbringen! Und wenn sie das nicht tun konnten, dann würden sie dafür sorgen, dass Regulus in Askaban landete. Egal, wie er es auch drehte und wendete, um die Zukunft seines Bruders stand es wirklich sehr, sehr schlecht. Und egal, wie sehr er sich auch bemühte, er konnte keinen Lichtblick erkennen. Er hatte es möglich gemacht! Bald würde es für Regulus normal sein, die unverzeihlichen Flüche zu benutzen. Er würde vielleicht sogar Blut an den Fingern kleben haben, um seinem neuen Lord zu dienen... Würde vielleicht anfangen, Feinde seines Herren zu foltern, um an Antworten zu kommen. Ihm stellten sich die Nackenhaare auf, als Sirius ein noch schrecklicherer Gedanke ergriff... Es würde Regulus vielleicht gefallen, anderen Zauberern und Hexen wehzutun! Eventuell würde er irgendwann Spaß daran haben, Muggel zu töten oder öffentlich bloßzustellen. Dieser Gedanke pflanzte sich in ihm fest. Eigentlich wusste er schon gar nicht mehr, was er da eigentlich auf sein Pergament schrieb und es war ihm egal. Er dachte nur noch an Regulus, wie er seinen Zauberstab auf Wehrlose richtete und sie folterte. Wie ein Lächeln seine Lippen zierte und er seine Menschlichkeit endgültig verlor. Eben dieser Gedanke verfolgte ihn von nun an auch bis tief in seine Albträume. Immer wieder malte er sich neue Szenarien aus, in denen Regulus stets die Hauptrolle innehatte. All die Taten, die er dabei begann, waren unverzeihlich und seine Freude machte sie noch schlimmer. Manchmal tauchten Schlangen auf. Sie halfen ihm dabei, Menschen wehzutun. Verrückterweise konnte Regulus mit ihnen sprechen, wie es der Erbe von Salazar Slytherin tun konnte. Zumindest vermutete man das, weil der Gründer des Hauses eben ein Parselmund gewesen war. Natürlich konnte Regulus keiner sein, weil der Black-Stammbaum so weit zurückging, dass er das ganz sicher sagen konnte, aber seine Träume waren wohl äußerst lebendig. Er wusste nicht wie, aber er musste diese Gedanken endlich abschütteln! Sonst würde es ihn endgültig zugrunde richten...   Sirius wusste nicht genau, wie er eigentlich in den Raum für den Zauberkunst-Unterricht gekommen war, aber offenkundig musste er hergekommen sein. Neben ihm saß James, der irgendwas auf sein Pergament kritzelte und auf der anderen Seite hockte Remus, der sich auch irgendwas notierte. Peter folgte ihrem Beispiel. Also hatte Tatze offenbar nicht mitbekommen, dass sie irgendwas aufschreiben sollten. Etwas irritiert sah er sich um. Er wusste nicht genau, wie viel Schlaf er in dieser Nacht gefunden hatte, aber es war definitiv nicht genug gewesen. Wenn er nun schon Blackouts hatte, dann musste er vielleicht doch mal Madam Pomfrey aufsuchen. Sie konnte ihm sicherlich einen Schlaftrunk zur Verfügung stellen. Natürlich konnte er auch Professor Pride darum bitten, doch er hielt sich nach dem schiefgelaufenen Streich lieber weitgehend von ihm fern. Sonst machte er den Fluch der mangelnden Münder noch bei ihnen wahr! Sollte doch lieber die Krankenschwester zu ihm gehen und ihn um Hilfe bitten. Mit ihr hatte Professor Pride keinen Streit. Würde mich auch sehr wundern, wenn sich jemand freiwillig mit Madam Pomfrey anlegt..., gestand Tatze sich ein. Er selbst würde diese Frau gewiss nicht reizen! Seufzend blickte er herunter. Überrascht stellte er fest, dass er sein Zauberkunst-Buch tatsächlich aufgeschlagen hatte. Ein Seitenblick reichte, damit er sich vergewissern konnte, dass es die richtige Seite war. An sich war der Unterricht durchaus interessant, aber er konnte sich nicht begeistern. Dabei war Episkey wirklich ein nützlicher Zauber. Er konnte leichte Verletzungen heilen. Nicht nur an anderen Menschen, sondern auch bei einem selbst, wenn man geschickt genug war. Hilfreich in Duellen oder wenn man sich mal mit Todessern anlegen musste. Irgendwas sagte ihm, dass er in seinem Leben noch vielen Todessern begegnen würde und er in zahlreiche Situationen geraten würde, in denen er diesen Heilzauber brauchen würde. Und trotzdem konnte er sich einfach nicht konzentrieren. „Mister Black.“, hörte er plötzlich eine Frauenstimme sagen, die ihn aus seiner Trance riss. Überrascht stellte er fest, dass er seine Sachen zusammengepackt hatte und offenbar in Begriff gewesen war zu gehen. Ebenso wie seine drei Freunde und der Rest der Klasse. Es musste also geklingelt haben... Entweder das oder der Unterricht war vorzeitig beendet worden. „Bleiben Sie bitte noch. Ich möchte mit Ihnen sprechen.“ „Natürlich, Professor Ashworth.“, antwortete er automatisch. „Ich komme gleich nach. Wartet nicht auf mich.“ „Alles klar, Tatze.“, erwiderte James leise. „Vergiss nicht, dass wir nachher noch Quidditch-Training haben.“ „Wie sollte ich das jemals vergessen? Du redest über gar nichts anderes mehr.“ Tut er das?, fragte Sirius sich selbst. Er wusste es nicht. In letzter Zeit war er einfach so abwesend, dass er wie ein Schlafwandler den Alltag bewältigte. James wirkte zufrieden und nickte, ehe er sich mit Remus und Peter aus dem Saal zurückzog. Bald waren auch die restlichen Schüler fort und er war alleine mit seiner Hauslehrerin. Obwohl es schwer zu deuten war, wirkte sie besorgt. Langsam ging der Black-Erbe auf sie zu und stellte sich vor dem hohen Pult. Von dort aus beobachtete sie sonst die Schüler und überwachte so nicht nur ihre Aktivitäten, sondern konnte die Schüler auch vor Gefahren bewahren. Sie griff ein, bevor jemand einen wirklich fatalen Fehler begehen konnte, der ihn oder andere verletzte. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte Professor Ashworth ehrlich besorgt. „Ähm... Ich denke nicht...“, erwiderte Sirius unsicher. „Ich wollte wirklich besser aufpassen, aber ich war mit den Gedanken wohl woanders, Professor. Es tut mir leid.“ Nun war sie es, die offenbar überrascht war. Langsam zog sich ihre Augenbraue in die Höhe, während sie ihn taxierte: „Sie haben also in dieser Stunde nicht aufgepasst?“ „Ich... Äh... Darauf... wollten Sie nicht hinaus, oder...?“ „Offensichtlich nicht. Aber ich bedanke mich dennoch für Ihre Aufrichtigkeit.“ „Keine Ursache...“, murmelte Tatze verlegen. Er hatte sich selbst verraten! Er musste definitiv mehr schlafen und sich losreißen von seinen Albträumen. „Nun weiß ich zumindest, weshalb sich Professor Dumbledore immer so verworren ausdrückt. So verraten sich die Schüler selbst.“ „Sehr lustig, Professor Ashworth.“, erwiderte er witzlos. „Ich beziehe mich auf Ihre schriftlichen Arbeiten, Mister Black.“, erklärte sie dann endlich. „Sie schreiben in letzter Zeit zwischendurch Sätze oder ganze Absätze, die rein gar nichts mit dem Thema zu tun haben.“ „Ach ja?“ „Oh ja... Vor allem verwenden Sie gerne den Satz...“, sie machte eine Pause und hob ein Stück Pergament hoch, das er offenbar beschriftet hatte. „»Nein, Regulus, nein. Tu‘ es nicht. Nein.« Ich mache mir etwas Sorgen um Ihren Wortschatz, Mister Black. So viele Wiederholungen...“ Sirius spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht peitschte. Ihm war nicht seine vermeidliche Wortwiederholung peinlich, sondern die Tatsache, dass er unbewusst diesen Satz immer wieder aufgeschrieben hatte. Da war es keine Überraschung, dass seine Hauslehrerin mit ihm das Gespräch suchte. Hilflos hob er die Schultern an und wollte ratlos damit zucken, doch er war wohl nicht besonders überzeugend, denn sie sah ihn skeptisch an. „Was soll ich dazu sagen, Professor?“, hakte Tatze unsicher nach. „Haben Sie irgendwelche Sorgen, Mister Black? Bedenken, über die Sie gerne sprechen wollen?“ „Nein, Professor, es ist alles in Ordnung.“ „Wenn alles in Ordnung wäre, würden Sie nicht ständig den gleichen Satz schreiben, Mister Black.“, ermahnte die junge Hauslehrerin ihn streng. Das konnte er nicht abstreiten. Seufzend wandte er den Blick ab, ehe er um eine Ausrede rang: „Sind nur ein paar blöde Träume.“ „Welcher Art?“ „Dass meinem Bruder etwas Furchtbares zustößt. Dieser Art sind die Träume...“ „Haben Sie schon mit Poppy-... Äh... Madam Pomfrey darüber gesprochen?“ „Bisher nicht.“, gestand Sirius kleinlaut. Er wusste, dass das kein weitsichtiges Handeln war. Immerhin könnte er krank sein oder in seinem Zustand Mitschüler gefährden. „Mister Black...“, seufzte Professor Ashworth angestrengt. „Ich muss Sie dringend bitten mit Madam Pomfrey darüber zu sprechen und sich untersuchen zu lassen. Vielleicht sind Sie krank. Vielleicht brauchen Sie aber auch nur eine Nacht ruhigen Schlaf, um wieder auf den Damm zu kommen.“ „Ja, Professor...“ „Sagen Sie das nicht nur, weil ich es hören will!“ „Nein, mache ich nicht, Professor. Sie haben ja vollkommen recht. Ich sollte das abklären lassen.“ „Gut...“, sagte sie sichtlich erleichtert. „Dann gehen Sie bitte direkt in den Krankenflügel. Sie sind für diesen Tag vom Unterricht befreit.“ „Tatsächlich?“, hinterfragte Sirius überrascht. Wenn er so schnell frei bekam, sollte er wohl öfters mal Albträume haben! „Ausnahmsweise ja. Aber das wird keine Gewohnheit, Mister Black.“ „Danke sehr, Professor Ashworth.“ „Ja, ja... Wie auch immer.“, winkte die Frau abschätzend ab und setzte sich wieder hinter ihrem Pult. „Machen Sie die Tür hinter sich zu, wenn Sie gehen.“ „Natürlich.“ Er hakte nicht weiter nach, sondern drehte sich um, damit er das Klassenzimmer als letzter verlassen konnte. Seine Tasche hatte er sich unter den Arm geklemmt. Ihr scheint das echt schwer zu fallen... Ist nicht so der mütterliche Typ., überlegte Sirius überrascht. Wie kommt es, dass sie dann Hauslehrerin wurde und nicht Professor McGonagall, die sich auch beworben hat? Sie ist zwar strenger, aber definitiv auch etwas sanfter besaitet. Doch die Wege von Professor Dumbledore schienen sowieso manchmal unbegreiflich zu sein. Es war nicht so, dass er irgendeinen seiner Professoren nicht mochte, sondern viel mehr war es immer so, dass er seine Entscheidungen sehr weitsichtig traf. Beinahe so, als konnte er die Zukunft erahnen... Nur glaubte er nicht an Wahrsagerei! Und so ging es auch fast jedem anderen Zauberer. Es gab nur eine Handvoll echter Seher, die sehr weit über der Welt verstreut lebten. Jedoch stammten von ihnen die Visionen, die im Ministerium verwahrt worden. Seufzend machte er sich auf den Weg zum Krankenflügel, wie es seine Hauslehrerin forderte. Obwohl der Weg nicht weit war, kam er ihm ewig lang vor. Sirius versuchte verzweifelt die Lücken in seinem Gedächtnis zu schließen und sich daran zu erinnern, wann er diesen Satz immer wieder eingebaut hatte. Wie er es geschafft hatte, Aufsätze zu schreiben, an die er sich nicht erinnerte. Doch egal, wie sehr er es auch versuchte, er fand partout keine Antworten. Er fand keine einzige Lücke. Das war nicht normal! Nicht mal in der Zauberer-Welt...   Madam Pomfrey untersuchte Tatze wirklich ausgiebig, doch sie konnte keine Hinweise auf eine magische oder nichtmagische Ursache finden. Sie vermutete, dass er an starkem Stress litt und er deshalb so schlecht schlief. Der Schlafmangel führte hingegen dann zu den Gedächtnislücken und zu seiner Erschöpfung. Also ein Teufelskreis. Zur Sicherheit hatte sie aber beschlossen, ihn erstmal da zu behalten. Sie wollte ihn beobachten. Herausfinden, ob es vielleicht doch mehr war. Professor Pride hatte sie mit einem Schlaftrunk beauftragt und soweit Sirius es verstanden hatte, auch mit einem Beruhigungsmittel. Ihr war es offenkundig wichtig, dass er den ganzen Schlaf irgendwie nachholte, damit er wieder in die Spur kam. Jedoch machte der Hauslehrer Slytherins auch klar, dass wenn sein Zustand sich nicht besserte, sie Professor Dumbledore in Kenntnis setzen müssten. Irgendwie graute ihm bei dieser Vorstellung. Nicht, dass er ihm nicht vertraute, doch was war denn, wenn er herausfand, dass mit Sirius wirklich etwas nicht stimmte? Wenn es so schlimm war, dass er ihn von Hogwarts werfen musste? Oder er erfuhr, dass Regulus ein Todesser werden wollte und er dann ihn bestrafte? Schnaubend drehte er sich in dem kleinen Bett herum und riss die Decke über sich. Ihm gefiel es gar nicht, was die Geschichte mit Regulus mit ihm anstellte. Er war sein kleiner Bruder und doch zermürbte er zurzeit seine ganze Psyche. Immer wieder schlichen sich Bilder vor seine geistigen Augen. Zeigten ihm Regulus mit dem dunklen Mal auf seinem Arm und einem stolzen Gesichtsausdruck. Fast so, als habe er gerade den goldenen Schnatz gefangen! Das war wohl auch das Stichwort für James Potter, der gemeinsam mit Peter und Remus den Krankenflügel betrat. Sie waren nicht die ersten Besucher hier. Natürlich hatte es sich wahnsinnig schnell herumgesprochen, dass Sirius Black im Krankenflügel irgendwas auskurierte. Viele hatten ihm Süßigkeiten gebracht – vor allem Mädchen – und ihm gute Besserung gewünscht. Noch mehr waren nur neugierig und wollten erfahren, was ihm genau fehlte. Um es zu verbreiten versteht sich... Andere labten sich an seinem Leid. Er war zwar nicht wach gewesen, doch Madam Pomfrey hatte ihm berichtet, dass Bellatrix hier gewesen war. Offenbar hatte sie gegrinst und wie irre gekichert, sodass Madam Pomfrey sie entfernen musste. Von all den Besuchern, die er heute empfangen hatte, wirkte Krone als einziger wirklich wütend. Beinahe, als habe er seinen Besen zerbrochen! Überrascht zog Sirius die Augenbrauen hoch und blickte seinem besten Kumpel entgegen: „Ist irgendwas passiert?“ „Das hättest du nicht fragen sollen...“, nuschelte Remus kopfschüttelnd. „Du schwänzt doch nicht etwa unser Training?!“, empörte sich James und plusterte sich auf. Oh, verdammt... Das hatte ich vollkommen vergessen!, fiel es Tatze wie Schuppen von den Augen. Ich habe ihm nicht mal Bescheid gegeben. Es ging alles so wahnsinnig schnell... Verzweifelt fuhr er sich durch sein schwarzes Haar, das ausnahmsweise nicht zusammengebunden war. Da er hier die ganze Zeit lag, wäre ein Zopf wirklich sehr unbequem. Viele der Mädchen hatten das sehr hinreißend gefunden und gekichert bei dem ungewohnten Anblick. James schien ihn selbst dafür mit seinen Augen zu tadeln! „Das war nicht meine Absicht...“, versuchte er sich zu erklären. Es überraschte Sirius nicht, dass der Quidditch-Kapitän ihm direkt über den Mund fuhr: „Ach nein? Es war also nicht deine Absicht, einfach blauzumachen und dich nicht mal abzumelden?“ „Beruhige dich, Krone...“, mischte sich Moony unsicher ein. „Gib ihm doch mal die Chance, sich zu erklären. Wir wissen doch gar nicht, was los ist...“ „Jaah~...“, stimmte Peter kleinlaut zu. Kaum einer schien ihn wahrzunehmen, doch Sirius war insgeheim dankbar, dass die beiden ihm halfen. Oder es zumindest versuchten. „Okay, okay... Erkläre dich.“ „Ich war... in letzter Zeit ein bisschen neben der Spur...“, gestand Tatze aufrichtig. „Professor Ashworth ist das aufgefallen und ich habe ihr dann erzählt, dass ich in letzter Zeit nicht gut schlafe. Dass ich Albträume habe... Und offenbar habe ich Blackouts.“ „Du hast Blackouts?“, hinterfragte Remus ehrlich überrascht. „Ja... Ich habe in meinen Aufsätzen ständig so etwas geschrieben, wie »Nein, Regulus, tu‘ es nicht. Nein«. Oder so ähnlich... Ich habe daran aber gar keine Erinnerung.“ „Krass.“, stöhnte James erstaunt und wirkte gar nicht mehr verärgert. Seine Freunde schienen ihm zu glauben. Das bedeutete ihm wahnsinnig viel! „Teils erinnere ich mich gar nicht, wie ich an gewisse Orte gekommen bin oder worüber wir kurz davor gesprochen haben, als wäre ich in Trance.“, gestand er schließlich erleichtert. „Ich weiß zum Beispiel nicht mal, wie ich heute in den Zauberkunde-Unterricht gekommen bin. Geschweige denn, was wir dort besprochen haben...“ „Konnte Madam Pomfrey denn eine Ursache finden?“, erkundigte sich Moony ehrlich besorgt. „Bisher nicht. Sie will mich aber wohl ein paar Tage hierbehalten und mich beobachten.“ „Also kann sie gar nichts für dich tun?“ „Doch, doch. Sie hat Professor Pride mit zwei Tränken beauftragt, die mir beim Schlafen helfen sollen.“, erklärte Sirius. „Sie vermutet, dass ich an starkem Stress leide, der mir den Schlaf raubt und es sich wieder einpendelt, wenn ich ein paar Nächte mal richtig durchschlafe.“ „Hast du ihnen von den Plänen deiner Familie erzählt?“, hinterfragte Krone leise. Man wusste in Hogwarts nie, wer gerade zuhörte. Hier hatten die Wände teilweise wirklich Ohren! „Nein.“ „Solltest... Solltest du das nicht... lieber tun...?“, quiekte Wurmschwanz kleinlaut. Das Gespräch schien ihm Unbehagen zu bereiten, doch das traf auf fast alles zu. „Solange ich nicht muss, würde ich das lieber nicht an die große Glocke hängen. Vielleicht schicken sie ihn sonst nach-...“, er brach ab. Schon alleine der Gedanke an das magische Gefängnis ließ ihn erschaudern! Erst recht, wenn er seinen kleinen Bruder hoffnungslos darin hocken sah. Seufzend sank Tatze etwas auf dem Bett zurück und fuhr sich über die feuchte Stirn. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er zu schwitzen begonnen hatte. Offenbar litt er wirklich an dem Stress. Nur hatte der Zauberer keine Ahnung gehabt, was das mit dem Körper und dem Geist anstellen konnte. Bisher hatte er nur Magie für gefährlich gehalten. Zumindest erklärte das, warum Muggel oft so kränklich waren. Sie konnten sich nicht mit Magie behelfen und mussten ihren Alltag so bewältigen. Dass das hier und da zu Stress führte, konnte sich Sirius nur vorstellen, denn er selbst half sich natürlich auch gerne mit Magie aus. Zuhause regelten wiederum seine Eltern alles auf eine magische Art und Weise. Zukünftig wollte er aber besser auf sich achten. Mehr Rücksicht auf sich und seine Gesundheit nehmen und die Probleme anderer nicht mehr so extrem zu seinen eigenen machen. Er konnte Regulus nicht helfen. Nicht, solange er seine Hilfe nicht wollte. Also musste er endlich loslassen! Obwohl dieser Gedanke grauenhaft düster war, erleichterte er sein Herz. Er durfte sich lösen und von all dem ablassen. Er musste sich nicht mehr für das Schicksal seines kleinen Bruders verantwortlich fühlen. Niemals hätte er ihn in die Arme des dunklen Lords getrieben und ihm schon gar kein magisches Tattoo verpasst. Er war nicht schuld. Und mit diesem Bewusstsein lebte es sich tatsächlich leichter. Man kann Menschen und ihre Entscheidungen nicht kontrollieren..., wurde es Sirius plötzlich klar, als habe er eine göttliche Erleuchtung. Nur er kann kontrollieren, was er mit seinem Leben anfängt. Darauf habe ich keinen Einfluss... Ich kann nur mein eigenes Leben kontrollieren. Und deshalb musste er dafür sorgen, dass er noch ein Leben besaß, das er kontrollieren konnte. Dafür musste er zukünftig mehr auf sich achten. Er musste zulassen, dass seine Freunde ihm halfen und ihn auf andere Gedanken brachten. Es wurde Zeit, dass er seine Zelte abriss und sich einen neuen Weg in die Zukunft bahnte. „Ich denke, wenn ich ein bisschen Schlaf finde, wird es mir tatsächlich schon wesentlich besser gehen.“, warf Sirius endlich ein. „Hoffen wir es mal...“, murmelte James nicht ganz überzeugt. „Du hast immerhin auch bald Geburtstag.“ „Und vergiss das Halloween-Fest nicht.“, erinnerte Moony mit einem tröstenden Lächeln. Er hatte offenbar wahrgenommen, dass Tatze für sich gerade eine Entscheidung gefällt hatte und andere Themen brauchte, um sich zu beruhigen. „Sind ja noch ein paar Tage bis dahin.“, sagte Sirius leichthin. „Bis dahin habe ich mich bestimmt wieder vollständig erholt.“ „Trotzdem muss ich dann erstmal mit unserem Ersatz-Hüter arbeiten.“, seufzte Krone sehr unglücklich. „Ach, der ist doch cool drauf.“ „Mag sein, aber er ist nicht so gut als Hüter. Jedenfalls nicht so gut wie du.“ „Awww~, du erwärmst mir mein kleines Herzchen!“ „Du kannst mich mal!“, fluchte James halb lachend und legte seinem besten Kumpel den Arm um. Viele sagten ihnen nach, dass sie nach außen wie Geschwister wirkten oder ein Pärchen. Ständig hingen sie aufeinander herum und suchten sogar Körperkontakt zueinander. Sirius konnte sich aber kaum etwas Besseres vorstellen, als einen Bruder wie James zu haben! Auch jetzt war er ihm ein Licht im Dunkeln. Spendete ihm Kraft. Also erwiderte er den Körperkontakt und zog seinen besten Freund in eine kurze Umarmung. Er war ihm dankbar für seine Hilfe und dafür, dass er ihm einfach glaubte.   Tatsächlich erholte sich der Black-Erbe recht zügig. Mithilfe der Tränke konnte er albtraumfrei schlafen und das sogar richtig tief! Nach etwa drei Nächten entließ Madam Pomfrey ihn wieder aus dem Krankenflügel, bat ihn aber mit Nachdruck darum, dass er sofort zurückkehren sollte, falls die Symptome erneut auftreten sollten. Fast mütterlich ermahnte sie ihn zur Vorsicht. Natürlich versprach er der Krankenschwester hoch und heilig, dass er sich melden würde, falls er wieder in diese Abwärtsspirale geriet. Aber er ging nicht wirklich davon aus. Er hatte für sich eine Entscheidung getroffen und der würde er von nun an treu bleiben. Eine Sache aber störte ihn gewaltig. Severus Snape schien ihnen neuerdings ständig folgen zu wollen und beobachtete die Rumtreiber arglistig. Die Sache mit den Schnecken hatte wohl zu einer Art Paranoia bei ihm geführt. Er schien zu glauben, dass sie nun ständig solche Hinterhalte gegen ihn planten. Ärgerlich daran war vor allem, dass er ihre nächtlichen Unternehmungen auf diese Weise störte. Sie mussten nun noch mehr aufpassen, dass sie nicht bei ihrer Verwandlung erwischt worden und beim Erkunden von Hogwarts selbst. Offenbar hatte Schniefelus außerdem gesehen, dass Madam Pomfrey bei Vollmondnächten Remus zur peitschenden Weide brachte und wollte nun wissen, warum sie dies tat. Bisher hatte er jedoch nicht herausgefunden, wie er diesen Baum bremsen konnte. Eins und Eins hatte er aber auch noch nicht zusammenzählen können, um selbst darauf zu kommen. Sirius überlegte wirklich angestrengt, wie er dem Slytherin seine Neugier austreiben konnte. Immerhin hatte man die peitschende Weide nur für Remus gepflanzt, damit er hier zur Schule gehen konnte. Er musste sein Geheimnis bewahren, aber auch die anderen Schüler vor sich schützen. Durch seine drei Freunde musste er das nun nicht mehr alleine ertragen, aber Schniefelus konnte ihnen alles zerstören. Wenn er herausfand, dass Moony ein Werwolf war und das in Hogwarts herumerzählte, dann musste er die Schule für immer verlassen. Er hätte keine Chance sich ein Leben als Zauberer aufzubauen, was durch seine Erkrankung eh schwierig war! Doch ohne Abschluss wäre es unmöglich... Heute aber ließ er seine Pläne erstmal ruhen. Er hatte endlich Geburtstag! Das Halloween-Fest war drei Tage davor gewesen und sie waren in Hogsmeade gewesen und auch wenn seine drei Freunde versucht hatten die Heimlichkeiten nicht so offensichtlich zu gestalten, war ihm bewusst, dass sie etwas dort besorgt hatten. Als er aufwachte, war das gemeinsame Zimmer leer. Die Betten waren ordentlich zurückgelassen, was an sich schon verdächtig war. Vor allem, wenn selbst ein James Potter sein Bett machte! Zusätzlich hatte ihn keiner geweckt. Langsam zog sich Tatze aus seinem Bett und machte es eher halbherzig zurecht, ehe er unter der Dusche verschwand. Seine morgendliche Routine brach er auch an seinem Geburtstag nicht. Stattdessen wusch er sich in aller Ruhe, kämmte sich das Haar und zog sich eine enge, lässige Biker-Jeans an, dazu ein einfaches T-Shirt und darüber eine ebenso coole Lederjacke. Sirius hatte wirklich Glück! Dieses Jahr hatte er an einem Wochenende Geburtstag, weshalb sie keinen Unterricht hatten. Außerdem musste er so nicht in seiner Uniform herumlaufen, sondern konnte sich seiner muggelartigen Kleidung zuwenden, die viele hier so hassten. Mit einem zufriedenen Grinsen betrachtete er sich im Spiegel, ehe er sich ein Zopfgummi nahm, damit er seine Mähne damit wie gewohnt bändigen konnte. Auch wenn es eitel erschien, hielt er sich wirklich für einen attraktiven Jugendlichen. Viele Mädchen bestätigten ihm das immerhin auch laufend, weshalb er nicht allzu daneben liegen konnte. Ohne sich zu hetzen machte er sich auf den Weg zur Großen Halle. Er traf einige Mitschüler, die ihm sehr herzlich gratulierten. Er kannte sie nicht alle und wusste bei einigen nicht mal ihre Namen, aber er bedankte sich trotzdem für jede Gratulation und lächelte. Selbst Mitglieder aus anderen Häusern gratulierten ihm begeistert. Natürlich keine Slytherins! Aber darauf legte Sirius Black auch wirklich keinen wert. Ihm war an sich sowieso egal, wer an seinen Geburtstag dachte, solange nur seine Freunde für ihn da waren. Während er so durch den Flur schlenderte, wurde ihm bewusst, dass es kaum Gryffindors waren, die ihm gratulierten. Generell waren nicht viele von ihnen überhaupt zu sehen! Und wenn, dann waren sie ungemein geschäftig und sagten, dass sie es furchtbar eilig hätten. Noch auffällig geht es kaum..., dachte Sirius amüsiert. Doch er respektierte die Mühe und auch den Versuch. Als er die Große Halle betrat, hoben die Gryffindors sofort Banner in die Luft, auf denen stand: „Alles Gute zum 16. Geburtstag, Sirius!“ Er war nicht wirklich überrascht. Trotzdem tat der Black-Erbe so, als hätte er damit niemals gerechnet. Mit einem gespielt überraschtem Blick schlenderte der Schürzenjäger auf den Gryffindor-Tisch zu und gab immer mal abwesend seinen Mitschülern die Hand. Automatisiert bedankte er sich für die Gratulationen und auch für die Bemühungen, doch er wollte einfach nur zu James, Remus und Peter durchdringen. Selbstverständlich befanden sie sich irgendwo in der Mitte des gigantischen Tisches. Als wollten sie es ihm besonders schwer machen, sie zu erreichen. „Guten Morgen, Geburtstagskind! Happy Birthday.“, rief Krone heiter aus und umarmte seinen besten Freund direkt zur Begrüßung. „Danke.“ „Alles Gute.“, schloss sich Moony an und umarmte Sirius direkt nach James. „Herzlichen Glückwunsch.“, nuschelte Peter eingeschüchtert. Er wagte es kaum, die Hand von Sirius zu ergreifen, um diese zu schütteln. „Vielen lieben Dank.“ James deutete auf den länglichen Tisch. Es befanden sich zahlreiche Geschenke darauf, die nicht nur von den Rumtreibern waren. Sirius konnte sich denken, dass einige auch Liebesbekundungen von irgendwelchen Mädchen waren. Entweder von denen, die er schon abgelegt hatte oder die sich noch Chancen erhofften. Mehrmals atmete er tief durch, ehe er sich setzte und die ganzen Päckchen betrachtete. Einige waren nachlässig verpackt, andere wirkten fast wie Kunstwerke. Ein paar davon wirkten sehr groß, andere beinahe winzig. Natürlich lagen zwischen all den Geschenken auch einzelne Umschläge oder Karten, die teilweise bewegte Motive besaßen. Obwohl er aus gutem Hause kam, war sich der Black-Erbe sicher, dass er noch nie so viele Geschenke bekommen hatte wie heute! „Das wäre doch nicht nötig gewesen.“, säuselte er durchaus geschmeichelt. „Oh doch.“, warf Krone ein und ließ sich lässig neben ihm sinken. „Nach all dem Stress in letzter Zeit hast du dir das verdient. Und die meisten mussten wir nicht mal um Hilfe bitten. Sie haben es so machen wollen!“ „Ist das so?“ „Ja, er sagt die Wahrheit.“, warf Moony ein und setzte sich auf die andere Seite von Sirius. „Bald... Bald bist du beliebter als... Krone...“, nuschelte Peter Pettigrew unsicher wie immer. James warf ihm einen entsetzten Blick zu und schüttelte dann direkt den Kopf: „Niemals! Ich bin dafür viel zu charmant.“ „Charmant?“, warf eine Frauenstimme plötzlich ein. „Du hast eine eigenartige Selbstwahrnehmung.“ Sirius war nicht überrascht, dass der Ursprung dieses Satzes Lily Evans war. Ihr Blick sagte deutlich, dass sie es ernst meinte und an James‘ Charme starke Zweifel hegte. Bei dessen schlechten Baggerversuchen war das auch ihr gutes Recht. „Herzlichen Glückwunsch, Sirius.“, sagte sie dann herzlich und reichte dem Black ein kleines Geschenk. „Lass‘ dich schön feiern und beschenken.“ „Danke schön, Lily.“, erwiderte Sirius freundlich und nahm das Päckchen entgegen. Sie warf James einen vernichtenden Blick zu, ehe sie sich mit Schwung wegdrehte und mit ihren Freundinnen etwas abseits Platz nahm. Ihr rotes Haar wedelte dabei anmutig hin und her, ebenso wie ihr Hintern. Es wunderte ihn nicht, dass Krone genau auf diese beiden Backen starrte. „Etwas Anstand und Würde, Krone.“, ermahnte er seinen besten Freund kichernd. „Du fängst schon an zu sabbern.“ „Tu‘ ich nicht!“ Trotz dieses Einwandes betastete der Quidditch-Kapitän seine Mundwinkel und wischte sie sicherheitshalber ab. Er hatte sich so oft bei Evans blamiert, dass es auf ein weiteres Mal eigentlich nicht mehr ankam. Vorsichtig öffnete Tatze das Geschenk von Lily. Sie war die einzige, die es ihm direkt in die Hand gegeben hatte und das wollte er würdigen. Unter dem Geschenkpapier befand sich eine kleine Plastikschatulle, die nicht besonders teuer aussah. Als er es öffnete, befand sich darin ein Anhänger, der aus silbernen Buchstaben geformt war. Diese Buchstaben ergaben seinen Vornamen „Sirius“ und sahen selbst zusammengereiht aus. Zwischen dem R und dem letzten I befand sich ein Ring, an dem er entweder ein Kettchen oder einen Verschluss befestigen konnte. So konnte er es als Schmuckstück oder als Schlüsselanhänger verwenden. Tatze betrachtete es genauer. Es schien nicht magisch zu sein. Es veränderte weder die Form noch die Farbe. Auch sonst schien der Anhänger keine besonderen Merkmale aufzuweisen. Also hatte sie es wohl aus nichtmagischen Geschäften besorgt und dann verbunden. Das wiederum hieß, dass sie es noch vor dem Schuljahr gekauft hatte und nicht in Hogsmeade. Ich wusste gar nicht, dass sie mich so gut leiden kann., stellte er ehrlich überrascht fest. Weniger verblüffte ihn jedoch, dass es sich um ein absolut nichtmagisches Geschenk handelte. Lily stammte aus einer Muggel-Familie und war als Muggel aufgewachsen. Für sie war das normal. „Sieht teuer aus.“, warf Remus ein und nahm sich den Anhänger vorsichtig entgegen. Er selbst war ein Halbblut und kannte sich deshalb ebenfalls mit Muggeldingen aus. „Aaaaalteeeeer~...“, stöhnte Krone etwas entsetzt und riss Moony den Anhänger aus der Hand. „Hast du mir irgendwas zu beichten, he? Ihr habt doch wohl nichts am Laufen?“ „Um Himmelswillen!“, keuchte Sirius entsetzt. „Das würde ich dir doch niemals antun! Wir haben uns vielleicht ein paar Mal unterhalten in der Bibliothek, aber mehr ist da echt nicht.“ „Ihr habt euch in der Bibliothek unterhalten? Ein paar Mal?“, wiederholte James ungläubig. „Wann soll denn das bitte gewesen sein? Warum weiß ich nichts davon?“ „Du musstest ein paar Mal ohne mich nachsitzen und ich habe manchmal in der Bibliothek für die Prüfungen gelernt. Streng genommen habe ich dir erzählt, dass ich Lily getroffen habe.“ „Komisch, dass ich davon nichts weiß.“ „Na ja...“, begann Tatze etwas verlegen. „Vielleicht habe ich ein kleines Spielchen daraus gemacht und vergessen es aufzulösen.“ Ungläubig starrte Krone ihn an, als würde er an seinem gesunden Menschenverstand zweifeln: „Du hast vergessen es aufzulösen?“ „Ja, Mann. Nicht absichtlich!“ „Erklär‘ mir einfach, was genau hier los ist.“ „Wie gesagt: Ich war zum Lernen in der Bibliothek und irgendwann habe ich sie angesprochen. Wollte nur wissen, wie lange sie noch für ihr Buch braucht.“ „Okay, das klingt noch harmlos...“, gestand Krone nachdenklich. „Sag‘ ich doch!“, bestätigte er erleichtert. „Jedenfalls kamen wir dann ins Gespräch. Es ging nur um die Vorbereitungen für die Prüfungen und wo wir so unsere Schwierigkeiten haben. Wir konnten uns ergänzen, also haben wir ab und an zusammen gelernt.“ „Ihr habt sogar miteinander gelernt?!“, empörte sich James atemlos. „Nur, wenn keiner von euch konnte.“ „Und du meintest nicht, dass uns das interessieren könnte?“ „Ich habe dir gesagt, dass ich ein Mädchen kennengelernt habe, Krone.“ „Was? Wann?“ „Nach der zweiten oder dritten Unterhaltung.“, erklärte Sirius rasch. „Du warst auch wie immer interessiert. Ich habe sie dir beschrieben... Feuerrotes Haar, grüne Augen, Gryffindor, hübsch... Ich dachte eigentlich, dass das offensichtlich wäre und wartete, dass der Grosche fällt! Nur fiel er irgendwie nie...“ James lief rot an. Es war ihm wohl peinlich, dass er tatsächlich nicht eine Sekunde an Lily Evans gedacht hatte. Sirius hatte natürlich recht: Die Beschreibung war eindeutig. Doch er hatte niemals geglaubt, dass sein bester Freund was mit ihr anfangen würde und hatte sie deshalb einfach direkt ausgeschlossen. „Aber... ihr habt nichts laufen...?“ „Nein!“, stöhnte Sirius entsetzt. „Das würde ich dir wirklich niemals antun! Moony vielleicht oder Wurmschwanz, aber doch nicht dir.“ „Hey!“, keuchten Remus und Peter wie aus einem Munde. Sirius grinste, doch die beiden waren sich wohl nicht sicher, ob es wirklich ein Witz war. „Unterhaltet ihr euch denn immer noch?“ „Bisher nicht. Du musstest dieses Jahr aber auch verdammt selten nachsitzen. Jedenfalls nicht ohne mich.“ „Müssen ja gute Unterhaltungen gewesen sein.“, seufzte Krone und betrachtete den Anhänger. Er war wirklich hübsch. Sirius war sich nicht sicher, wie er das vergelten sollte, aber er würde schon ein passendes Geschenk für Lilys nächsten Geburtstag finden. „Ging hauptsächlich um Schulkram.“ „Habt ihr auch über mich gesprochen?“ „Ab und zu warst du auch unser Thema.“, bestätigte Tatze mit hochgezogener Augenbraue. Derweil nahm er sich irgendein Geschenk entgegen und begann es zu entpacken. „Was hat sie gesagt? Was hast du gesagt? Gibt es Chancen für mich?“ „Langsam, Tiger, langsam! Da weiß ich gar nicht, welche Frage ich zuerst beantworten soll.“ „Sag‘ es besser nicht...“, meinte James plötzlich. „Sie würde es merken. Ich muss es selbst herausfinden...“ „Du willst herausfinden, worüber wir uns letztes Jahr in der Bibliothek unterhalten haben?“ „Quatsch! Wie sollte das denn bitte gehen? Ich muss selbst herausfinden, was sie von mir hält.“ „Dazu musst du kein neuer Sherlock sein.“, warf Moony unverwandt ein. „Wirf ihr einen Blick zu und du weißt genau, was sie zurzeit von dir hält.“ Sirius konnte nicht widerstehen und blickte ebenfalls hinüber zu Lily Evans und ihren Freundinnen. Die Rothaarige taxierte James mit einem bitterbösen Blick, als sei er der dunkle Lord höchstselbst. Ihre Freundinnen sahen kaum freundlicher aus. Wenn er raten müsste, dann würde er davon ausgehen, dass sie sich über die letzte Anmache von James unterhielten. Bisher hatte er sich in diesem Bereich wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Vielleicht hatten sie sogar ansatzweise gehört, dass er Sirius wegen ihrer Unterhaltungen ausquetschte. Krone errötete wieder und wandte seinen Blick sofort wieder ab. Unsicher versuchte er sich auf das Entpacken der zahlreichen Geschenke zu konzentrieren. Viele der Schenker bewiesen, dass sie den Black-Erben wirklich gut kannten. Fast alles waren Artikel aus Zonkos, dem Scherzartikelladen in Hogsmeade. Aber es gab auch diverse Süßigkeiten aus dem Honigtopf und einige Flaschen mit Butterbier aus den Drei Besen. Er erkannte sofort, welche Geschenke von seinen engsten Freunden waren. Das war ein Politurset für Besen, der mit Sicherheit von James war. Immerhin spielten sie zusammen Quidditch, auch wenn Krone wesentlich leidenschaftlicher dabei war. Trotzdem war ihm wichtig, dass er seinen Besen vernünftig pflegte und sich Mühe gab. Moony hingegen schenkte ihm ein Buch über die Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Es war keine teure oder besondere Ausgabe, aber definitiv ein Werk für Fortgeschrittene. Er wusste, dass Sirius so etwas liebte und gerne auch für sich selbst seine Fähigkeiten ausbaute. Dazu brauchte er aber natürlich solche Lektüren. Von Wurmschwanz bekam er eine magische Feder. Sie schrieb wohl von selbst die Gedanken des Besitzers auf das Pergament. Das würde ihm viel Arbeit ersparen und seine Finger schonen, wenn er lernte oder Aufsätze schrieb. Nur leider waren solche Federn für Strafarbeiten nicht zulässig... Ausgiebig bedankte er sich bei allen und ließ sich weiterhin zahlreiche Gratulationen zuspielen. Auch Regulus gratulierte ihm und gab ihm steif ein Päckchen, hielt sich dann aber direkt fern. Vermutlich hatte er das Geschenk vor dem Zwischenfall mit Schniefelus besorgt. Obwohl ihn die Neugier packte, wollte er das Geschenk erst abends öffnen, wenn sie alleine waren. Deshalb verstaute er es in seiner Hosentasche. Sehr zu Sirius‘ Leidwesen kamen seine Mitschüler auf die Idee, dass sie auch Geburtstagslieder singen müssten. Sie waren größtenteils nicht gerade Sänger und ihr Chor alles andere als synchron. Es hatte ein bisschen was von Fingernägeln auf einer Schiefertafel... Doch sie alle amüsierten sich köstlich! Lachten über sich oder den schiefen Gesang ihrer Mitschüler. Stießen sich untereinander an. Warfen dem Black-Erben vielsagende Blicke zu, als sollte er mit einstimmen, doch er passte. Als Geburtstagskind war das immerhin sein Privileg! Er wurde durch die Lehrer gerettet, die endlich das Frühstück eröffneten. Die Tische füllten sich mit zahlreichen Lebensmitteln und Getränke, weshalb die Gryffindors ihm halfen, zumindest die größeren Geschenke zur Seite zu räumen. Sirius konnte sich lebhaft ausmalen, wie viel sie dieses Jahr für James Potter wegräumen mussten. Er war wesentlich beliebter als er! Mit diesem Gedanken stürzte er sich auf das Frühstück und belud sich großzügig seinen Teller. Er ließ es sich nicht mal nehmen, sich auch eine Flasche des Butterbiers zu nehmen. Seine Freunde bekamen natürlich auch eines. Sie stießen an und unterhielten sich dann ausgelassen über alle möglichen Dinge, während sie sich die Bäuche vollschlugen. Dieser Samstag würde eine einzige Party sein!   Wie Tatze schon vermutet hatte, war der ganze Tag eine einzige Feier. Sie hatten definitiv viel zu viel gegessen, aber die Bauchschmerzen nahm er gerne in Kauf. Trotzdem hatten sie noch jede Menge der Süßwaren aus dem Honigtopf über. Eigentlich wusste Sirius nicht mal, wie er die alle in diesem Leben aufessen sollte. Selbst wenn halb Hogwarts dabei helfen würde! Inzwischen hatten Moony, Wurmschwanz und Krone ihm geholfen, seine ganzen Geschenke in das gemeinsame Jungenzimmer zu transportieren. Das war gar nicht so einfach, weil sie ihre Schwebezauber kaum einsetzen konnten. Es waren viel zu viele Schüler im Gemeinschaftsraum und zwischen den Zimmern unterwegs. Es war eben Samstagabend... Irgendwie hatten sie es aber trotzdem geschafft. Nun stand das halbe Zimmer voll mit Süßigkeiten und Scherzartikeln. Ihr fünfter Mitbewohner war noch im Gemeinschaftsraum, würde aber gewiss auf den Rücken fallen vor Schreck, wenn er sah, dass das Zimmer so zugeballert war. Sehr zufrieden ließ sich der Black-Erbe auf das Bett fallen und hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen! Etwas drückte sich gegen seinen Oberschenkel. Hart und eckig... Da fiel ihm das Geschenk seines kleinen Bruders wieder ein, der sich heute Morgen überwunden hatte. Vorsichtig kramte er das Päckchen heraus. In diesem Augenblick setzte sich auch James zu ihm auf das Bett: „Ist es das Geschenk von Regulus?“ „Jupp...“ „Dann mach‘ mal auf.“ Das ließ sich Sirius nicht zwei Mal sagen. Trotzdem musste er einmal tief Luft holen, ehe er das Papier von der Schachtel abriss. Anders als bei Lily, wirkte die Schatulle bereits sehr hochwertig und edel. Durch die Aufschrift wusste Sirius, dass es ein Laden aus der Winkelgasse war. Ein teurer Laden. Unsicher warf er Krone einen Blick zu, der ihm bestätigend und auch ermutigend zunickte. Tatze atmete nochmals tief durch, dann öffnete er den schlanken Deckel der Schatulle. Der Inhalt überraschte ihn! Es war ein wirklich schöner Ring, der offenkundig extra für diesen Anlass geschmiedet worden war. Um den Ring herum stand „∙ Sirius ∙ Black“. Passend zu ihrem Familiennamen war der Hintergrund schwarz gehalten. Das Ganze wurde von einem dunkleren Gold aber noch gerahmt. Die geprägte Schrift war auch golden. Als Sirius seine Finger über die Oberfläche gleiten ließ, konnte er praktisch die Qualität erspüren. Vieles war geprägt worden und der Rest war eine sehr feine Gravur. Obwohl das Schmuckstück optisch eher matt erschien, fühlte es sich nicht wirklich rau an. Behutsam drehte er den Ring herum. Musterte jedes Detail, als würde er im nächsten Augenblick einfach verpuffen. Dadurch fiel ihm auf, dass auch die Innenseite eine Gravur enthielt. Es handelte sich um sein Geburtsdatum. Trotz der Zahlen fühlte sich die Innenseite absolut glatt an. Die winzigen Ziffern konnte er kaum fühlen, selbst wenn er etwas mehr Druck aufbaute. Noch konnte er keine Magie in diesem Ring feststellen, aber er war sicherlich durch Magie hergestellt worden. Nicht nur, weil er so perfekt aussah und sich so wunderbar anfühlte, sondern weil er aus der Winkelgasse stammte. Dort wurde praktisch nur gezaubert... Unwillkürlich musste Tatze doch lächeln. Sie hatten sich in den Ferien darüber unterhalten, dass er niemals irgendwas von den Blacks erben würde. Kein Medaillon, keinen Ring... Seine Eltern waren so enttäuscht darüber gewesen, dass Sirius ein Gryffindor geworden war, dass sie ihn sicherlich längst enterbt hatten. So jemand verdiente kein Familien-Erbstück. James hatte seinen Umhang. Seine Eltern liebten ihn und unterstützte ihn. Er hätte Slytherin werden können und es hätte gar nichts daran geändert! Für Sirius hatte das alles verändert. Und obwohl er es keineswegs bedauerte, dass er sich gegen seine Familie entschieden hatte, hatte er Trauer empfunden, dass er wohl niemals etwas erben würde. Keine Erinnerung an seine Familie. Kein Andenken an die Zeit, bevor seine Eltern ihn als absolute Enttäuschung abgestempelt hatten. Regulus hatte wohl erkannt, dass er das wirklich bedauerte und ihm ein ganz eigenes Erbstück herstellen lassen. Es hatte ihn sicherlich fast um sein ganzes Taschengeld gebracht, doch den Effekt hatte er nicht verfehlt. Ich werde ihm danken müssen... Egal, dass er sauer auf mich ist und ich enttäuscht von ihm., nahm sich der Black fest vor. Mit dieser Entscheidung im Kopf zog er sich den Ring über den linken Ringfinger und betrachtete ihn nochmals im Kerzenschein. Er sah maskulin aus. Wie ein echtes Erbstück! Ein richtiger Wappenring nur ohne Wappen. Wenn er mal Kinder haben würde, würde er diesen Ring an sie vererben. Er würde die Geschichte von Regulus verbreiten, der das Herz für einen Verstoßenen besessen hatte. Egal, wie das auch ausgehen mochte... „Der sieht mal echt krass aus.“, riss ihn Krone abrupt aus seinen Gedanken. Er hatte vollkommen vergessen, dass er direkt neben ihm saß! „Ja, finde ich auch...“, gestand Sirius, nachdem er den ersten Schock verkraftet hatte. „Da hat sich Regulus echt nicht lumpen lassen. Sieht aus, als wäre er für die Ewigkeit gemacht.“ „Ist er auch.“ „Wie meinst du das?“ „Er hat mir mein eigenes Familien-Erbstück herstellen lassen.“, erklärte Tatze mit einem Lächeln. „Ich soll es für die Ewigkeit an meine Nachfahren vererben.“ „Aber Regulus ist schon klar, dass du dich niemals binden wirst, oder?“, spottete James heiter. „Wenn da mal Kinder kommen, dann aber ungewollte!“ Lachend stieß er seinen besten Freund mit seiner Schulter an. Es war weniger ein Tadel als viel mehr Spaß. Er hatte ja recht... Er war nicht so der Typ für eine feste Bindung und würde sich vermutlich niemals verlieben. Geschweige denn heiraten und eine Familie gründen! Deshalb beschloss Sirius, dass er ein Testament aufsetzen lassen würde, welches sein Vermögen und auch diesen Ring an James Potter oder dessen Familie vererben sollte. Nur für den Fall, dass er keine eigenen Erben vor seinem Tod hervorgebracht haben sollte. Denn er wusste genau, dass Krone sich eine Quidditch-Mannschaft machen würde, wenn er die Chance dazu bekam! „Wirst du dich bei ihm bedanken?“, erkundigte sich James vorsichtig. Immerhin war Regulus immer noch sauer, wegen des misslungenen Streichs an Bellatrix. „Natürlich.“ „Wird bestimmt nicht einfach.“ „Auf keinen Fall, aber ich bin ja schon groß. Ich kriege das hin.“, sagte Sirius leichthin, auch wenn er noch nicht wusste, wie er es anfangen sollte. Geschweige denn wann! „He, Wurmschwanz! Moony!“, rief James plötzlich. „Guckt mal, was Tatze von Regulus geschenkt bekommen hat. Sie sind nun offiziell verlobt.“ „Alter!“, keuchte Sirius tadelnd und verpasste seinem besten Freund einen leichten Hieb an den Hinterkopf. Nicht wirklich kraftvoll, aber schon so, dass er den Tadel deutlich spüren würde. Derweil kamen ihre beiden anderen Freunde zu ihnen und bewunderten den wirklich schönen Ring. Sie schienen sogar ein bisschen neidisch zu sein. Das wiederum machte Sirius um so stolzer auf dieses wirklich wunderschöne Geschenk und er nahm sich vor, dass er den Ring nicht mehr abnehmen würde. Außer vielleicht beim Duschen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)