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Unverhoffte Verantwortung

von

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Flucht

Wo einst die makellose Fabrik thronte, stand seit der Explosion nur noch eine Ruine. Zwar hatte die Gruppe es durch Strikedramons Warnung noch rechtzeitig nach draußen geschafft, doch war die Moral spürbar niedrig. Das unbekannte Digimon hatte sich mit dem anderen Spirit aus dem Staub gemacht und eine Verfolgung war wegen der allgemein vorherrschenden Erschöpfung kaum in Erwägung zu ziehen.

"Wir können entweder zurück zur Spielzeugstadt um Neemon zu suchen, oder wir folgen dem Spirit.", sprach Rai das Dilemma an als sie endlich einen Platz zum Ausruhen gefunden hatten. Vor Komfort strotzte dieser zwar nicht, doch waren sie in der Höhle wenigstens vor Wind und Wetter geschützt.

"Falls Neemon überhaupt dort ist. Was, wenn es noch in der Fabrik war?", äußerte sich der Jüngste der Gruppe zögerlich.

"Das war es nicht, sonst hätte es sicher im ersten Raum schon für Ärger gesorgt.", versuchte Rai Yoichi's Sorgen zu beschwichtigen.

"Andererseits wissen wir jetzt, dass der Spirit in den Händen unserer Feinde ist. Wenn wir sie überhaupt als solche bezeichnen können, immerhin wissen wir fast nichts über sie.", steuerte Ash nach langer Bedenkzeit endlich bei.

"Sie haben versucht uns umzubringen.", erinnerte Yoichi an die bisherigen Kämpfe.

"Vielleicht gehen sie davon aus, dass wir ihnen etwas wegnehmen wollen, was ihnen gehört.", begründete Ash deswegen trocken, "Versteh mich nicht falsch, ich will sie nicht verteidigen. Aber ich möchte auch nicht, dass wir dem Spirit blind folgen und genau in ihr Hauptquartier hereinspazieren."

"Ihr seid also Beide der Meinung, dass wir zuerst nach Neemon suchen sollten.", fasste Rai zusammen um die aufkommende Spannung zu unterbinden. Ash konnte diesem nur widerwillig zustimmen:

"Ich halte zwar nicht viel von dieser verpeilten Schnarchnase, aber es ist immer noch der einzige Guide den wir haben."
 

Mehr Zeit für Entscheidungen war ihnen nicht vergönnt. Außerhalb der Höhle waren schwere Schritte zu hören. Vorsichtig lugte Yoichi um die Ecke und verzog skeptisch sein Gesicht. Einen Ritter hätte er nie erwartet. Als das Digimon - vollkommen in eine silberfarbene Rüstung gehüllt - die Menschen erblickte und sich wieder in Bewegung setzte schwand Yoichis Optimismus, dass es gutmütig sein könnte.

'Knightmon, Level Champion', zeigte jedes Digivice zeitgleich an.
 

Während ihr Gegner ein überdimensionales Schwert zückte, welches so groß war wie Yoichi und mindestens das Zehnfache wog, griff Rai nach der Hand des starren Jungen und zerrte ihn tiefer in die Höhle hinein.

Auf Knightmons großem Schild, welches es in seinen von Panzerhandschuhen geschützten Händen hielt, glühte ein orangefarbenes Kolibrizeichen. Dieses orangene Licht erhellte die Höhle hinter der Gruppe und nahm ihnen den Vorteil, ungesehen zu sein. Ohne sich absprechen zu müssen, setzten die drei Menschen sich in Bewegung um sich ins Innere der Höhle zurück zu ziehen.

"Hat dieses Grab überhaupt einen zweiten Ausgang? Vielleicht sollten wir lieber kämpfen.", keuchte Rai angespannt.

"Bei unserem letzten Kampf ist eine ganze Fabrik drauf gegangen. Wenn wir hier die Decke zum Einsturz bringen ist es aus mit uns.", folgte sogleich die Antwort von Ash, welche Rai natürlich gar nicht passte:

"Wenn wir immer nur weglaufen, brauchen wir die restlichen Spirits auch nicht zu suchen."

"Hier teilt sich der Gang.", unterbrach Yoichi den Streit.

Spontan schlug Rai das vor, was ihm als erstes in den Sinn kam:

"Dann teilen wir uns auf um Knightmon zu verwirren."

Ash war wie immer sofort dagegen: "Wenn wir kämpfen, dann zusammen."

"Langsam glaube ich, du willst überhaupt nicht kämpfen.", warf ihm der Größere jetzt an den Kopf.

"Was ich will ist lebend zu Hause ankommen.", verteidigte Ash seinen Standpunkt ohne sich auf die Provokation einzulassen.

"Dann lass mich wenigstens Knightmon ablenken, damit du und Yoichi etwas Vorsprung bekommt. Ich war immer der Sportlichere von uns Beiden, ich hole euch also locker ein."

Unsicher ob Yoichi sich auch einmischen sollte blickte er an Ash nach oben. Nach wenigen Sekunden Gedenkpause stimmte dieser dem Vorschlag von Rai zu.
 

Als Yoichi und Ash endlich in der Dunkelheit verschwunden waren und auch ihre Schritte nicht mehr zu hören waren, zeigte Rai sich dem Knightmon, lockte es in den anderen Gang.

Als die Decke nach einigen Minuten höher und höher wurde und er einige Stalaktiten von der Decke hängen sah, stoppte er kurz. Die Höhle war um einiges größer, als zuerst angenommen. Ein ganzes Labyrinth schien in ihr verborgen zu sein.
 

"Wenn wir hier nicht kämpfen, finden wir vielleicht keinen besseren Ort."

Fest dazu entschlossen seinen Verfolger zu konfrontieren holte der Schwarzhaarige sein Digivice hervor. Statt auf die Daten zugreifen zu dürfen, zeigte dieses jedoch nur eine Karte mit einem Pfeil.

"Du willst mich auch nicht kämpfen lassen? Ein toller Verbündeter bist du. Na gut, wir spielen nach deinen Regeln."

Dem Pfeil folgend schlängelte der Digiritter sich durch das Labyrinth. Abzweigung auf Abzweigung folgte.

"Ich verstehe, du willst das Knightmon also verwirren."
 

Wie sich später herausstellte, war zwar das Ablenkungsmanöver erfolgreich, doch kein wirklicher Weg zurück ins Freie. Zu Rais Freude konnte er immerhin wieder etwas sehen. Vor ihm erstreckte sich ein riesiger, kreisförmiger Raum, fast wie eine Lichtung im Wald - nur eben für eine Höhle. Er war so hoch, dass er die Decke nicht sehen konnte und mindestens genauso tief. Überall waren Eingänge zu Tunneln verstreut, die scheinbar sinnlos über den zylinderförmigen Raum verteilt waren.

"Dann ist das hier der Mittelpunkt des Labyrinths?" Die Augen des Jungen wanderten zwischen den Eingängen umher. Wo kam überhaupt das Licht her? Wie sollte irgendwer diesen Raum durchqueren? Er konnte schlecht von Säule zu Säule zu springen, um auf gut Glück irgendeinen anderen Tunnel zu betreten und auf einen Ausgang zu hoffen.
 

Noch immer streiften Rais Augen umher, in der Hoffnung eine Lösung zu erspähen. Belohnt wurde er für seine Wachsamkeit aber mit einem weiteren Problem. Zeitgleich mit ihm war ein weiteres Digimon in dunkler Rüstung angekommen. Dieses hatte bis auf die menschliche Statur keine wirkliche Ähnlichkeit mit dem Knightmon, schien Rai aber trotzdem zu kennen:

"Endlich habe ich dich gefunden!"

Schultern und Knie des Digimon waren von Augen geziert und auch am Oberkörper des Fremden war ein Auge zu sehen. Die Hände bestanden aus dämonischen Köpfen, aus welchen wiederum rote Schwerter ragten. Die Schuhe ähnelten knochigen Überresten. Der Helm rundete das abscheuliche Aussehen ab, denn er war im Großen und Ganzen ein Schädel ohne Unterkiefer und mit drei Hörnern. Das einzig nicht Bedrohliche an diesem Digimon waren die langen, gelben Haare, die unter der Rüstung hervor schauten.
 

Rai hatte bereits sein Digivice in der Hand und inspizierte die Daten des Gegners. Duskmon, so hieß es, befand sich auf einem variablen Level. Was auch immer das zu bedeuten hatte. Entschlossen aktivierte Rai die Daten des Spirits um sich mit ihnen zu verbünden.

"Spiritevolution! Lobomon!"
 

Die altbekannte Rüstung des Kriegers umhüllte Rais Körper. Es war noch immer ein seltsames Gefühl, plötzlich den Instinkt und die Erfahrung eines Digimon zu besitzen. Als die Digitation abgeschlossen war, ruhten Lobomons Augen ruhig auf seinem Gegner. Es war bereit zu kämpfen, doch irgendetwas an Duskmon störte ihn enorm.

"Es ist fast so als könnte ich die Gefahr spüren, die von ihm ausgeht."
 

Duskmon schien von der passiven Haltung seines Gegenübers weniger begeistert.

"Was murmelst du da vor dich hin? Bist du zu einem Feigling geworden, Lobomon?"
 

Diese Provokation ließ der Krieger des Lichts sich nicht gefallen. Sein Lichtschwert in der Hand, überquerte Lobomon den Abgrund und sprang vom Tunnel auf die erste Säule. Jetzt erklärte sich auch, wieso der Raum hell erleuchtet war. Das Gestein der Säulen schien aus irgendeinem Grund Licht abzugeben.

Zeitgleich sprangen die beiden Krieger auf die größte Säule, die in der Mitte des Raumes ein perfektes Kampffeld bot. Die ganze Höhle bebte, als die Schwerter aufeinander trafen. Lobomon konnte keinen einzigen Treffer landen, so sehr es sich auch anstrengte. Mit Leichtigkeit wehrte Duskmon die Schläge ab und verzog dabei keine Miene.

Je mehr Rai realisierte, dass seine Angriffe keine Wirkung zeigten, desto verkrampfter schien er.

»Dann eben mit dem Zwillingslaser!«

Durch die Energie der beiden Schwerter entstand eine Sichel aus Licht, die auf Duskmon zuflog.

Gespannt beobachtete Lobomon, wie sich nach dem Treffer die kleine Wolke aus Lichtpartikeln verzog, die sich beim Aufprall auf die Rüstung gebildet hatte.
 

"Das kann doch nicht möglich sein!"

Obwohl Duskmon keinen Muskel gerührt hatte, bekam es keinen Kratzer ab. Kopfschüttelnd umklammerte Lobomon den Griff seiner Lichtschwerter fester und wich einige Schritte zurück.

Energie sammelte sich währenddessen in den Augen der Rüstung. Sie waren nicht wie angenommen nur Dekoration, sondern Waffen. Jedes einzelne Auge. Rote Strahlen schossen auf Lobomon zu. Letzteres konnte nur knapp mit seinem Sprung entkommen. Die feuerrote Energie traf auf eine der leuchtenden Säulen und pulverisierte die getroffene Stelle förmlich, woraufhin der Rest des Gebildes in sich zusammen fiel. Einzelne Trümmer fielen ins Wasserbecken am Boden, das wahrscheinlich aus gesammeltem Regenwasser entstanden war.
 

Da Lobomon noch starr vor Anspannung war, setzte Duskmon mit einem zweiten Angriff nach. Die Schwerter von Duskmon begannen in einem unheimlichen Rot zu strahlen. Das Leuchten breitete sich aus und bildete einen leuchtenden Kreis, den Duskmon wie ein Wurfgeschoss in die Richtung seines Gegners warf.

"Strudel der Finsternis!"

Lobomon wollte wie zuvor ausweichen - immerhin war Duskmon nicht so schnell wie der Digiritter selbst - doch entfaltete sich die gesammelte Energie der Kugel bereits im Flug. Wie eine Explosion breitete sich die glühend rote Macht aus und traf sowohl Lobomon als auch die Säule in der Mitte des Raumes.

Der Krieger des Lichts wurde mit einer fast schon unvorstellbaren Wucht gegen die letzte noch stehende Säule im Raum geschleudert und riss diese allein durch den Rückstoß ein. Als Mensch stürzte er ins Kniehohe Wasser.

Der ganze Raum war nun mit Dunkelheit erfüllt. Keine Säule war mehr da, die hätte Licht spenden können. Unter Schmerzen setzte sich der Digikrieger auf.
 

"Sitz hier nicht so bedröppelt rum, komm schon!"
 

Der Schwarzhaarige zuckte zusammen, als er plötzlich vom Kampffeld gezerrt wurde. Offenbar wusste diese Person oder dieses Digimon wo der Ausgang war, denn Rai wurde in Richtung eines Tunnelausgangs geschleift. Wegen dem fehlenden Licht, stolperte er fast die jetzt erscheinende Treppe nach oben. Wer hätte auch schon in einem Tunnel Stufen erwartet?

Höher und immer höher hinaus rannten sie. Rai hatte keine Zeit nach Duskmon zu sehen da das Wesen noch immer sein Handgelenk fest umgriffen hatte und keine Anzeichen machte, stehen zu bleiben.
 

"Das war knapp..." Wenige Minuten später kam endlich Licht in Sicht.

Frische Luft, Sonne, Rettung.

Völlig außer Puste blickte Rai zu seinem Retter und erkannte dabei, dass es sich um ein Digimon handelte. Es glich verdächtig einer weißen Katze, lief aber auf zwei Beinen. Seine Vorderpfoten wurden durch gelbe Handschuhe mit orangenen Tiger-streifen geschützt. Der Schwanz wiederum war mit lila Streifen verziert und endete in einem lila Pinsel-ähnlichen Fellstück. Dieses war auch an den Katzenohren zu finden.
 

Das Katzendigimon legte seinen Kopf schief und musterte den Jungen sehr, fast schon zu genau.

"Ich bin übrigens Gatomon."

Verwirrt stellte sich Rai ebenfalls vor. Dann blickte er sich neugierig um. Er war umgeben von einem dichten Wald.

Gatomons Gesicht war ernst, teilweise sogar besorgt. Nach einer viel zu kurzen Pause griff es erneut nach Rais Hand und zerrte den viel größeren Menschen hinter sich her.

„Dein Freund ist in Gefahr.“, merkte es dabei beiläufig an.



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