Zum Inhalt der Seite

Unverhoffte Verantwortung

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Flatterndes Unheil

Yoichi, welcher noch immer auf Neemon wartete, hörte plötzlich fremde Stimmen.

„Du denkst also, wir wären in dieses Spiel geraten und sind jetzt in dieser virtuellen Welt?“
 

Am Rand des Parks waren jetzt zwei Menschen zu sehen. Voller Freude darüber, hier endlich jemand Normalen zu finden, schritt der zierliche Junge auf die diskutierenden Schüler zu. Der Kleinere von diesen, schien ein Problem mit der Theorie zu haben.
 

„Du versuchst das hier mit einem Anime zu vergleichen!", konfrontierte der Hemdträger die ungegründete Schlussfolgerung seines Gegenübers, "Überhaupt benimmst du dich den ganzen Tag schon so seltsam, versuchst du mich mit einer versteckten Kamera dran zu kriegen?"

Diese Unterstellung schien den Schwarzhaarigen zu verletzen, denn er wurde plötzlich zurückhaltender und antwortete fast unhörbar, dass er hier schon öfter im Traum war und das wohl eine Art Vorahnung gewesen sein könnte.
 

Unschlüssig beobachtete Yoichi die Diskussion weiter und wog innerlich ab, ob er wirklich träumen könnte.

„Das sprechende Spielzeug vorhin meinte, dass wir hier in der Digiwelt wären. Es stellte sich selbst als Neemon vor und erzählte von irgendeiner Legende, dass wir Digiritter wären und ihm helfen sollen.“, meldete er sich schließlich zu Wort.

Die anfängliche Verwunderung plötzlich einen anderen Menschen in dieser verlassenen Umgebung zu sehen, wurde am Ende nur größer, als der viel jüngere Mensch von einem sprechenden Spielzeug berichtete.
 

„Ein imaginärer Freund?“

Nachdenklich legte Yoichi seinen Zeigefinger ans Kinn. Wie konnte er diese älteren Schüler davon überzeugen, dass er sich das nicht eingebildet hatte? Normalerweise wurde er doch immer als viel zu erwachsen beschrieben, kam er jetzt plötzlich als kindisch rüber?

„Unsinn, denk nach was uns im Tutorial erklärt wurde, bestimmt hat er ein Digimon gesehen.“, verteidigte ihn plötzlich der Größere.

„Ich bin übrigens Yoichi“, fing der Kleinste plötzlich an und verbeugte sich einmal förmlich, wie er es gegenüber älteren Schülern gewohnt war.

„Uh...“, etwas verunsichert vom plötzlichen Themenwechsel brauchte Rai einen Moment, eher er sich selbst und anschließend auch Ash vorstellte.

„Freut mich“, fügte letzterer noch so trocken hinzu, dass Yoichi nicht genau wusste, ob dieser es ehrlich meinte, oder ihn nur ärgern wollte.
 

„Schnell weg hier!“

Eine panische Stimme durchdrang die Stille und hinter der selben Ecke, hinter der Neemon verschwunden war, kam dieses nun – schneller rennend als zuvor - wieder hervor.

In seinem rechten, kurzen Arm hielt es etwas, das aussah wie ein grünes Buch und mit der anderen freien Hand hielt es seine Hose fest, damit diese nicht zu Boden rutschte.

Vor der Menschengruppe machte es schließlich Halt und blickte plötzlich überhaupt nicht mehr panisch drein.

„Und wer seid ihr?“ Mit der wieder freien Hand deutete es jetzt auf Ash und Rai, erntete aber wie üblich nur ratlose Blicke.
 

„Wieso bist du eben weggerannt?“, sprach Yoichi schließlich für alle aus.

„Wegen Demidevimon“, kam wie selbstverständlich die Antwort. Sofort realisierte das kleine Wesen was es eben sagte und sprang panisch hinter Rai und Ash, um sich zu verstecken.

„Ihr seid Digiritter, tut etwas!“, gab es dabei zitternd von sich.

„Digi-was?“, Rai verstand ebenso wenig wie Yoichi zuvor, was von ihm erwartet wurde.

„Nutzt euer Digivice!“, verlangte Neemon nun noch panischer.

Fragend tauschten Ash und Rai Blicke aus.

„Neemon meint dieses Ding.“ Stolz zeigte der kleinste der Gruppe sein verändertes Handy.

„So was hab ich nicht.“, verneinten Rai und Ash gleichzeitig.
 

Genervt kletterte Neemon also auf den Rücken des weißhaarigen Skeptikers und kramte ungefragt in dessen Hosentasche.

„Was machst du denn da?“, protestierte dieser und versuchte sich des Angreifers zu entledigen. Als Neemon etwas aus dessen Hosentasche zog, schrie es triumphierend auf:

„Das Digivice!“

„Mein Smartphone?“ Fix entriss Ash dem Digimon das Digivice, begutachtete es verdutzt und suchte gleichzeitig nach seinem verschwundenen Smartphone.

„Das ist doch...“, stellte Rai sprachlos fest als er in seiner Hosentasche ein ähnliches Gerät fand. Dieses ähnelte dem Ding, das er in seinen Träumen immer bei sich hatte.

„Fledermaus.“, unterbrach Yoichi das Geschehen plötzlich und zeigte auf die Ecke, hinter der Neemon hervorgekommen war.
 

„Demidevimon!“, wimmerte dieses wieder los und rannte ziellos im Kreis herum.

Das sogenannte Demidevimon glich einer Fledermaus wie Yoichi sie in Büchern gesehen hatte, allerdings waren die Flügel dunkelblau und es hatte eine Art Maske über der oberen Hälfte seines runden, hellblauen Körpers. Die wiederum blauen Füße waren fast so groß, wie sein kugeliger Körper und besaßen je drei riesige, rote Krallen. Es hatte auch keine richtigen Ohren, sondern eher langgezogene Fühler.
 

Als es die Gruppe von Menschen erspähte, zuckte es erschrocken zusammen.

„Menschen!", zischte es fing sich aber kurz darauf wieder. „Aber sie sind ja noch Kinder und völlig schutzlos!“
 

Wie aus dem Nichts ließ Demidevimon deswegen eine große Spritze in seinem rechten Flügel entstehen und warf diesen, mit einem Smiley versehenen, Behälter dann auf Yoichi und Neemon, welches sich sofort hinter Ash in Sicherheit brachte.

In letzter Sekunde schaffte es Rai, den zierlichen Jungen aus der Schusslinie zu zerren.

Enttäuscht verzog das feindliche Digimon sein Gesicht.

„Nächstes Mal werdet ihr meinem Giftpfeil nicht ausweichen."
 

„Was soll das denn werden?“, ergriff Ash nun das Wort – seine Augen auf der Fledermaus ruhend.

„Wonach sieht es denn aus?“

Eine weitere Spritze entstand und wurde von den Krallenartigen Füßen des Digimons ergriffen, dafür bereit geworfen zu werden.
 

„Hör zu Demidevimon, wir müssen nicht kämpfen.“, sprach Yoichi plötzlich, „Wir wollen niemandem etwas Böses und am aller wenigsten dir. Du hast also nichts zu befürchten. Wenn du willst, können wir alles friedlich klären. Vielleicht sogar Freunde werden."

Der zierliche Junge war nicht so naiv, dass er sich etwas daraus erhoffte. Aber genauso wenig konnte er seinen Gegner als böse ansehen, ohne dessen Beweggründe zu erfahren oder ihm eine Chance gegeben zu haben. Es gab immer einen Grund für ein aggressives Verhalten. Das hatte sich doch vorhin noch bei Bado bestätigt.
 

„Deine Freundschaft oder dein Charakter interessieren mich nicht. Ihr seid eine Gefahr für den Meister und deswegen werdet ihr vernichtet werden!"

Es gab also keine Möglichkeit einen Kampf zu umgehen. Schnell hob Rai ein herumliegendes Spielzeugschwert auf und positionierte sich vor Ash und Yoichi. Er war nicht dazu bereit, zurückzuweichen oder einfach die Flucht zu ergreifen.

„Was machst du denn da? Wir müssen hier weg!“, rief Ash laut. War sein Freund wirklich so dumm, sich für irgendein dahergelaufenes 'Neemon' in Gefahr zu bringen?

"Ich kann doch nicht einfach jemanden ignorieren, der unsere Hilfe braucht.", gab Rai zurück ohne seinen Blick vom Gegner abzuwenden.

„Neemon, du bist doch auch ein Digimon, tu etwas!“, verlangte Ash deswegen frustriert von dem hilfebedrüftigen Wesen. Dieses legte nur planlos seinen Kopf schief. Genervt schlug Ash seine Hand vors Gesicht:

„Lass mich raten, du kennst deine eigenen Attacken nicht?“

Ash blieb wohl nichts anderes übrig, als seinen Freund von hier aus anzufeuern.
 

„Giftpfeil!"
 

Wieder wurde eine Spritze - mit irgendeinem Gift gefüllt - geschossen. Rai konnte dieser Blitzattacke nur um Haaresbreite ausweichen, indem er sich zu Boden warf. Als die Nadel der Spritze neben ihm im Boden steckte, verließ ihn der eben gefasste Mut. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?
 

„Ihr sollt diese Welt retten? Erbärmlich!“, kicherte die grinsende Fledermaus und flatterte weiter um Rai herum, welcher sich die größte Mühe gab, den fliegenden Gegner irgendwie zu treffen.

Von seinem eigenen Ausweichmanöver erschöpft, flog die Fledermaus weiter nach oben, wo es für einen Moment inne hielt. Mit seinen gelben Augen erzeugte es violette Ringe und sendete diese Ultraschallwellen - die dazu gedacht waren, die Opfer einzuschläfern - auf Rai.

Desorientiert versuchte dieser auf den Beinen zu bleiben, reagierte aber nicht schnell genug, um dem nächsten Angriff zu entgehen.

Mit voller Geschwindigkeit stürzte sich Demidevimon auf den Menschen und warf diesen zu Boden.

„Jetzt habe ich dich!“, verkündete es voller Vorfreude und griff nach einem weiteren Giftpfeil.
 

Doch plötzlich wurde es von irgendetwas getroffen und verlor sein Gleichgewicht, weswegen es neben Rai im Gras landete. Ein zweiter Schuss folgte. Daraufhin ein dritter, dieses mal genau in dessen Auge, bis Demidevimon schließlich die Flucht nach oben ergriff. Von dort warf es dem Digiritter einen hasserfüllten Blick zu.

„Hast du genug? Ich kann dir auch noch ein paar Steine entgegen schleudern!", drohte Ash mit einer gespannten Plastikschleuder in der Hand.

„Das wirst du bereuen!“, drohte es, flatterte dann aber widerwillig davon.

Aus Yoichis Richtung kam ein erleichtertes Seufzen.

„Geht es dir gut?“ Neemon hatte sich neben Rai gesetzt und musterte diesen besorgt.

„Nichts passiert. Nur eine kleine Schramme als es mich zu Boden geworfen hat.“
 

„Ich verstehe das nicht. Wieso ist nichts passiert?“, fragte es anschließend mit schief gelegtem Kopf.

„Was sollte denn passieren?“, erkundigte sich Yoichi daraufhin und setzte sich ebenfalls zu Neemon und Rai.

„In meinem Buch steht, dass ihr Menschen mit Hilfe von Spirits zu legendären Kriegern werdet!“

Prompt wurde das Buch aufgeschlagen, das es noch immer unter dem Arm geklemmt hatte. Die Hälfte der Seiten waren in einer merkwürdigen Schrift beschrieben, die zweite Hälfte bestand aus selbstgezeichneten Bildern.
 

„Steht in dem Buch vielleicht auch, wie wir hier hergekommen sind, oder wie wir in unsere Welt zurück können?“ Auch Ash hatte sich zur Gruppe gesetzt und blickte dem Digimon über die Schultern.

„Weiß ich nicht.“

„Wie das weißt du nicht, aber es ist doch dein Buch, oder?“, fragte sich Yoichi jetzt. Langsam verwunderte es ihn, dass dieses Digimon überhaupt etwas wusste.

„Das Buch gehört meinem Freund. Er hat gesagt, dass ich darauf aufpassen soll, bevor er verschwunden ist.“

„Also ist das hier überhaupt nicht dein Buch. Aber wo ist dein Freund denn jetzt?“, hakte Yoichi vorsichtig nach.

„Ihm muss etwas passiert sein, deswegen wollte ich euch Menschen ja finden!“

Ratlos blickten sich die Schüler an.

„Das hast du vorhin schon gesagt. Dass wir die Digiwelt retten sollen, aber vor was?“

„Bokomon sagte, dass sich die Gebiete in Luft auflösen.“

„Bokomon ist also dein Freund, wie? Hm, Schwierig...“, grübelte Yoichi noch immer ins Gespräch vertieft.
 

„Also ich weiß ja nicht so recht, das klingt alles merkwürdig.“, seufzte Ash.

„Ich weiß, was du sagen willst. Es ginge uns nichts an. Aber ich ...“, fing Rai an zu argumentieren.

„Schon gut. Es spricht nichts dagegen, wenn Neemon mit uns kommt. Wir müssen uns sowieso umsehen, wenn wir einen Weg nach Hause finden wollen.“, gab sich Ash geschlagen und erntete davon unerwartete Umarmung von Neemon.

Angespannt stand Yoichi auf und holte sein Digivice hervor:

„Ob dieses Ding uns wirklich stark genug machen kann, damit wir vor Digimon wie Demidevimon sicher sind?“

Ein letztes Mal ließ er die Umgebung auf sich wirken. Irgendwie schien nach diesem Kampf alles anders. Viel realer und gefährlicher. War das der Grund dafür, wieso es hier keine Digimonkinder gab, die mit dem Spielzeug spielten?



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück