Nimm mein Herz und führe mich von DieLadi ================================================================================ Kapitel 27: In herbstlichen Stürmen: Freude und Angst ----------------------------------------------------- Ja, sagt die Mondfee, so einfach is dit nicht. Manchmal hat man den Ring ausm Becken jefischt. Und kaum haste ne trocken, und er glänzt, und du merkst, wie wertvoll er dir is, rutschste selber weg. Und zack. Und denn liegste nich im Brunnen, sondern inner Scheiße. Und denn stehste da. So sind se, die Götter. Oder det Schicksal. Volles Pfund aufs Maul. Bisde Zähne spuckst. Trotzdem: Wenn dir die Scheiße bis zum Hals steht... nich den Kopf hängen lassen. Echt. Marti langweilte sich furchtbar. Seit zwei Wochen saß er nun schon auf dem Sofa rum und konnte nichts tun. Er hatte, wie man sagt, Hummeln im Hintern, und keine Möglichkeit, seinen Bewegungsdrang auszuleben. Jako war unglaublich lieb und besorgt. Er wollte nicht, dass Marti alleine im Bad rumhumpelte und womöglich noch mal stürzte. Daher standen sie jeden Morgen beide recht früh auf, immerhin wollte er trotzdem rechtzeitig in der Uni sein. Er half Marti ins Bad, zog ihm diese Schutzfolie über den Gips, so dass Marti duschen konnte. Passte auf, das alles gut ging. Brachte ihn dann ins Wohnzimmer und bugsierte ihn aufs Sofa. Machte ihm Frühstück. Stellte im Getränke in Griffweite. Stellte ihm einen Teller mit belegten Broten im Kühlschrank zurecht. Legte ihm Lesestoff zurecht und DVDs, und natürlich hatte Marti auch sein Handy und sein Laptop griffbereit. Natürlich konnte er auf seinen Krücken durch die Wohnung humpeln, aber tragen konnte er so nichts. Deswegen sorgte Jako für alles. Jeden Morgen, wenn Jako ihn geküsst und die Wohnung verlassen hatte, machte sich Langeweile breit. Sicher, er bekam immer mal wieder Besuch, die Spacies, Niklas, Sina, LeFloid... aber trotzdem waren da viele öde Stunden, die ausgefüllt werden mussten. Ein paar Videos für die Community sprangen dabei raus, Vlogs, in denen er einfach nur ein paar Gedanken mitteilte und drauflos quatschte. Aber auch das füllte ihn nicht aus. Jede Woche musste er zur Nachuntersuchung. Jako fuhr ihn hin und war jedes mal dabei. Die Heilung schritt ganz gut voran. Vermutlich würde schon nächste Woche der Gips gegen eine leichtere Schiene getauscht werden. Dann würde er zur Physiotherapie müssen, aber auf jeden Fall wieder beweglicher sein. Inzwischen war es Mitte September. Draußen war immer noch herrlich spätsommerliches Wetter. Das machte es nicht besser. Er wollte so gerne raus, die Sonne genießen... Ach Mann. Heute mittag war Steve hier gewesen. Er hatte ne Stunde mit Marti gequatscht, und bevor er ging hatte er Marti seine Akustikgitarre aus seinem Arbeitszimmer geholt. Marti hatte das dringende Bedürfnis nach Musik. Er zog die Gitarre zu sich und begann, ein bisschen zu klimpern. Zupfte eine Melodie, die ihm durch den Kopf ging...und in die Finger glitt... Und in seinem Kopf formten sich Worte dazu... „Mag die Stunde ewig sein, Mag die Nacht aus Kälte sein, Mag der Tag aus Kummer sein.... ich habe Dich. Mag die Angst unendlich sein, Mag der Schmerz unfassbar sein, Mag die Sorge riesig sein... ich habe Dich. Hoffnung wird unendlich sein, Hoffnung wird für immer sein. Hoffnung wird die Rettung sein. Ich habe Dich.“ Okay, er hatte einfach vor sich hin gesungen. Ziemlich melancholisch das ganze. Kein Wunder, wenn man zur Untätigkeit verdammt war... Aber... es gefiel ihm. Er schnappte sein Laptop, schrieb den Text nieder. Fing dann an, die Akkorde zu verändern und auszubauen, bis er die Melodie und die Akkorde so hatte, wie es ihm gefiel. Übte es noch ein paar mal. Er würde es für Jako singen, wenn der nach Hause kam. Jako war zeitig dran heute. Er hatte noch eingekauft. Felix hatte versprochen, nachher runter zu kommen und in ihrer Küche was leckeres zu zaubern; Frodo, Vanessa, die Spacies, Dominik und Flo wollten auch kommen und es sollte mal wieder ein fröhlicher Abend mit Freunden werden. Jako hatte das organisiert, um Marti etwas aufzuheitern. Er gab Marti einen schnellen Kuss und verschwand dann in der Küche, um das ganze Zeug wegzuräumen. Dann kam er wieder ins Wohnzimmer, um seinen Schatz ausgiebig zu begrüßen. Sie nahmen sich in den Arm und küssten sich hingebungsvoll. Als sie sich lösten bemerkte Jako Martis erwartungsvolle Augen. „Was ist?“ Marti lächelte, nahm die Gitarre zur Hand. Er spielte ein paar einleitende Akkorde und dann begann er zur Gitarre zu singen. Mit geschlossenen Augen und voller Versunkenheit in den Song. Als der letzte Ton verklungen war, sah er verlegen aus. „Na ja“, sagte er, „das hab ich einfach so vor mich hin...“ „Marti“, unterbrach ihn sein Freund. „Das war wunderschön! Oh Marti...“ Und er verschloss seine Lippen mit einem langen, zärtlichen Kuss. Schließlich lösten sie sich voneinander. „Ich räume noch ein bisschen auf, ja?“ Marti nickte. Er wollte unterdessen noch mal in seine Emails schauen. Gleich die erste Mail entlockte ihm ein erstauntes Stirnrunzeln. Eine Mail vom Studio. Dem Studio, bei dem er hatte absagen müssen. Er seufzte. Seit letzten Montag... also gestern, lief der Job nun ohne ihn... wer wohl an seiner Stelle...? Müßig, sich darüber Gedanken zu machen. Was wollten die wohl? Er öffnete die Mal. „Sehr geehrter Herr Fischer, blablabla, da wir sehr an Ihrer künstlerischen Mitarbeit interessiert sind, haben wir intern beschlossen, ein anderes Projekt vorzuziehen, und das mit Ihnen geplante um 4-6 Wochen zu verschieben. Wir hoffen auf Ihre baldige Genesung und bitten Sie, uns mitzuteilen, sobald Sie wieder einsatzfähig sind.. Blablabla .. Mit freundlichen Grüßen...“ „Jako!“ „Ja?“ „Komm her, schnell!“ Jako kam ganz erschrocken aus der Küche gerannt. Dann sah er Marti, der vor Freude strahlte. „Schau!“ Er las die Mail. Wortlos drückte er Marti. „Das ist Klasse, Jako, ich freu mich so sehr!“ „Na ja, die wissen eben Qualität zu würdigen!“ Marti lachte. Er war rundum glücklich. Er wäre jetzt gerne mit Jako durch die Bude gewirbelt. Na ja, das konnte man nachholen. Als hätten die sich verabredet, kamen die Freunde in etwa gleichzeitig. Marti konnte sich kaum bremsen, er sprudelte seine Freude heraus, sobald sie bei ihm Raum waren. Sie freuten sich alle mit ihm. „Mensch“, sagte Flo, „ich hab ne Flasche Sekt dabei, wollte mit Euch anstoßen wegen der neuen Wohnung. Nu ham wir noch n Grund mehr.“ Jako holte Gläser, der Korken knallte und sie stießen an. „Auf Martis Qualitäten!“, riefen sie alle, und wollten sich fast ausschütten vor Lachen, als Jako dabei rot wurde, weil er an andere Qualitäten dachte als seine Freunde... Mitten im Trubel klingelte Martis Handy. Er wollte eigentlich jetzt nicht dran gehen. Aber dann sah er, wer anrief. Das Krankenhaus. Er sah auf die Uhr. Gleich fünf. Um die Zeit noch? Ihm wurde mulmig. „Seid mal bitte ruhig!“ Die Freunde verstummten. „Fischer?“ „Herr Marti Fischer?“ „Ja...“ "Her Fischer, wir möchten Sie bitte, morgen Vormittag um 10 Uhr zu einer weiteren Untersuchung zu uns zu kommen.“ „Okay. Aber... was ist los? Ich müsste doch Freitag eh kommen... hat das nicht Zeit?“ „Nun es ist besser, wenn Sie so schnell wie möglich kommen. Ihre letzte Röntgenaufnahme zeigt eine Schatten am Knochen... wir wollen Sie nicht beunruhigen, aber es wäre besser, das so schnell wie möglich abzuklären.“ „Aber wieso? Was kann das sein?“ Sein Herz klopfte wie verrückt. Ihm wurde kalt, und seine Magen presste sich zusammen. „Na ja, wahrscheinlich ist es nicht. Aber es könnte.. es ist sehr unwahrscheinlich, aber es könnte... eine tumoröse Veränderung sein.“ „Okay, ich werde da sein.“ Jako sah ihn fragend an. Marti war bleich worden. Eine kalte Hand fasste nach Jakos Herz. „Was ist los?“ „Ich muss morgen in die Klinik... sie haben da was auf dem Röntgenbild...“ Marti schluckte. „Sie müssen das erst untersuchen, aber... es könnte .. Krebs sein...." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)