SANTA kills (Adventskalendergeschichte) von ellenchain ================================================================================ Kapitel 4: Schokolade --------------------- Als ich den Laden erneut betrat, kam Cindy sofort auf mich zu und schüttelte mit geöffnetem Mund den Kopf. Mit furiosen Handbewegungen unterstrich sie ihre Empörung. »Du hast gerade Mittag mit ihm gemacht?!« Ich stellte meine Wasserflasche unter die Theke der Kasse und tat so, als wüsste ich von nichts. »Hm?« »Hm mich nicht! Was hat er gesagt? Er hat sich zu dir gesetzt, oder? Oder hast du ihn zu dir geholt?« Cindys Worte flossen wie ein Wasserfall voller Eifersucht auf meine sonst so tauben Ohren. Aber heute gefiel mir der kleine Sieg über unsere gemeinsame Entdeckung. »Er hat sich zu mir gesetzt. Wir haben über nicht viel gesprochen. Kinder und Arbeit.« Da verschränkte sie die Arme. »Du redest also mit ihm über Kinder? Wow, wann heiratet ihr?« Ich verdrehte mit einer langsamen Bewegung meine Augen. »Halt den Ball flach, Cindy. Es war ein nettes Gespräch, mehr nicht. Ich weiß nicht mal seinen Namen.« »Echt nicht? Oh man, Kyle, du bist echt schlecht im Flirten. Das habe ich damals schon gemerkt.« »Das mag vielleicht daran liegen, dass ich weder damals noch jetzt flirten wollte«, stellte ich mit hochgezogenen Augenbrauen klar und blinzelte ein paar Mal, um meine Aussage zu verdeutlichen. Cindy zuckte nur mit den Schultern. »Wir wissen ja sowieso nicht, ob er überhaupt zu haben ist.« »Ist er«, antwortete ich trocken und wartete genüsslich die Reaktion von meiner Kollegin ab. Wie erwartet riss sie die Augen auf und klatschte ihre Handflächen auf die Theke. »Was, echt?! Du hast ihn gefragt?« Ich zog eine Schulter hoch und tat so, als wäre es das einfachste der Welt gewesen, herauszufinden, dass er Single war. »Wir haben über Kinder gesprochen. Habe ihn gefragt, ob er selber welche hat. Daraufhin sagte er, dass er keine hätte und auch sonst keine Familie.« »Ach, das sagt gar nichts!«, plärrte sie und pustete Luft in ihre Wangen. »Er erzählte von sich aus, dass es keine Beziehung lange mit dem Umstand ausgehalten hat, dass er beruflich viel unterwegs ist. Daraus schließe ich sehr eindeutig, dass er derzeit Single ist.« »Uff«, pustete Cindy Luft aus ihrem Mund. »Das hat er dir einfach so freiwillig erzählt? Oh man, ich glaube, der hat Interesse an dir.« Am liebsten hätte ich ihr widersprochen, so wie immer, wenn sie vermutete, dass Kundinnen Interesse an mir hatten. Doch dieses Mal wusste ich nicht ganz, wieso ich widersprechen sollte. Die Indizien waren nicht eindeutig, aber sie ließen sich auch nicht völlig ausblenden. Vielleicht stand Mr. Santa auf mich. Vielleicht war er auch einfach nur nett. Auf jeden Fall stieg in mir eine Neugierde auf, die mich freudig auf weitere Treffen warten ließ. Ich wollte wissen, was passierte. Ob es tatsächlich mehr werden würde. Dabei kannte ich den Mann noch gar nicht. Aber die Chemie, so musste ich zugeben, stimmte schon mal. Das klang in meinem Kopf zwar wie eine schlechte Liebeskomödie, doch es brachte mich auch zum Schmunzeln. Cindy hingegen schmollte vor sich hin, während sie zurück zu einer Kundin ging. Den Tag verbrachte ich damit, weiter aus dem Fenster zu schauen. Mr. Santa kümmerte sich liebevoll um die Kinder, bis er dann schließlich um 18 Uhr sein Schildchen auf den Stuhl setzte und sich in den Feierabend aufmachte. Und zu meiner persönlichen Freude, drehte er sich tatsächlich einmal kurz um und lächelte sein warmes Lächeln. Es war nur kurz und ich hatte kaum Zeit, das Lächeln zu erwidern, bis er schließlich aus meinem Sichtfeld verschwand, aber ich wusste, dass es mir galt. Mir allein. Am Abend schlurfte ich noch einmal zurück ins Büro. Ethan saß mir wie immer gegenüber und blätterte durch Comics, anstatt zu arbeiten. »Gibt’s was Neues in Hinblick auf Mrs. Iwanowna?«, fragte ich leicht gereizt. Ethan mag zwar mein Informant sein, aber ich mochte es gar nicht, dass er mich in ein Schlachtfeld schickte, das er selbst nicht kannte. »Äh, ja«, sagte er überrascht und klappte sein Heft zu. »Freya hat herausgefunden, wo sie sich in etwa aufhalten. Allerdings ist zu vermuten, dass sie die Position in ein paar Tagen wieder verlassen.« »Wo sind sie?« Ethan zeigte mir auf seinem Bildschirm eine Karte von London, wo sie sich in einem kleinen Vorort niedergelassen haben sollen. Eine schicke Gegend. Vermutlich hätte sie niemand dort erwartet. »Wie hat Freya das herausbekommen?« Da schmunzelte Ethan triumphierend. »Unser böser Wolf war so schlau mehrmals öffentlich durch die Straßen zu laufen. In diesem Gebiet hat man ihn des Öfteren gesehen.« »Und Mrs. Iwanowna? Ein Zeichen, dass sie noch lebt?«, murmelte ich, während ich mir die Karte genauer ansah. Die Vermutung, dass Wolkow uns in eine Falle locken wollte, stand natürlich im Raum, aber es war ein Anhaltspunkt, der besser war, als gar kein Anhaltspunkt. »Bisher nicht. Aber es kam auch noch nichts Gegenteiliges. Niemand verlangt Lösegeld oder hat sie als vermisst gemeldet.« »Ist ja auch erst einen Tag her«, sagte ich und seufzte leise, als ich mich wieder aufrichtete. Meine Rippe schmerzte dabei wieder etwas. »Wissen wir denn wenigstens, wieso man sie unbedingt schützen sollte? Oder was die Russen von ihr wollen?« Da kam Ethan mir ein Stück näher und flüsterte so leise, dass ich ihn kaum verstand. »Angeblich geht es hier um Geheimcodes für ein Waffenlager. Chemische Waffen oder so. Also etwas Gefährliches.« »Mrs. Iwanowna hat diese Codes?« Ethan nickte. »Ich weiß es nicht genau, das habe ich nur bei Freya aufgeschnappt, als sie mit der Regierung am Telefonieren war. Der Begriff Geheimcodes wurde dabei des Öfteren genannt.« Ich hielt für einen Moment inne. Sollte Mrs. Iwanowna wirklich an solche Codes gekommen sein, würden die Russen natürlich alles tun, um diese herauszubekommen. Ein Bild, wie sie die junge Frau auf das schlimmste folterten, fiel mir in den Kopf. »Wie ist sie an diese Codes gekommen? Hast du das mitbekommen?« Mein Kollege schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Vielleicht über Freunde? Bekannte? Vielleicht hatte sie eine Affäre mit einem hohen Staatstier?« »Ist zu vermuten. Würde jedenfalls die Geheimnistuerei hier erklären. Niemand soll ja erfahren, dass ein Mann in so hoher Position mit einer kleinen Fabrikarbeiterin etwas hatte«, grummelte ich vor mich hin und setzte mich an meinen Schreibtisch. »Sende mir bitte die Daten, dann schaue ich, dass ich die nächsten Tage mal vorbeischaue.« »Du willst da echt einfach so hinfahren? Das letzte Mal ist das ja nicht so gut gelaufen…« Ich kreiste meinen Kopf und massierte mit der linken Hand meinen verspannten Nacken. »Was bleibt uns sonst übrig? Die arme Mrs. Iwanowna wird vermutlich gerade gefoltert oder misshandelt, damit sie die Codes preisgibt. Wir sollten ihr so schnell es geht helfen.« Ethan wirkte nicht besonders überzeugt, sondern runzelte weiterhin seine Stirn, während er mir die Daten auf den Server legte. »Außerdem«, fügte ich dann leichtfertig hinzu, »weiß ich ja jetzt, dass Alexej Wolkow dort ist. Dieses Mal gehe ich besser bewaffnet dorthin.« Am nächsten Tag scrollte ich an der Kasse durch mein Handy, auf der Suche nach einer vermissten Frau. Doch niemand vermisste Irina Iwanowna. Zum Glück hatte man aber auch nicht ihre Leiche gefunden. Es war erneut ein Nullspiel. »Mr. Lewis«, ermahnte mich dann irgendwann mein Chef, sodass ich das Handy unter den Tresen packte. »Arbeiten Sie bitte gewissenhaft.« Mit diesen Worten ging er wieder. Cindy hatte heute frei, sodass ich alleine auf der Fläche war. Das bedeutete, dass ich öfter meinen heiligen Bereich der Kasse verlassen musste, um Kunden zu beraten. Doch Gott sei Dank war am Vormittag nicht viel los gewesen, sodass ich mich immer mal wieder meiner Recherche widmen konnte, anstatt zu arbeiten. Als mein Chef mich jedoch peinlicherweise zum dritten Mal erwischte, nahm er mir das Handy ab. Ich fühlte mich auf einmal wieder zurück in die Schule versetzt, wo man sofort einen Verweis bekam, wenn man zu viele Zettelchen geschrieben hatte. Nicht, dass es zu meiner Zeit bereits Handys in der Schule gegeben hatte. Das war alles nach mir. Noch bevor ich in Selbstmitleid versinken konnte, dass ich bereits in einem fortgeschrittenen Alter war, sah ich im Erdgeschoss, wie Santa und ein paar Engelchen Körbe in die Hand nahmen und kleine Süßigkeiten verteilten. Ah, richtig, vor kurzem war der erste Advent gewesen. Ich erwischte mich dabei, dass ich angefangen hatte zu lächeln, als mich ein Typ sehr irritiert durch die Fensterscheibe auf der anderen Seite ansah. Schnell drehte ich den Kopf wieder in den Laden und inspizierte meine Fingernägel. Als ich nach wenigen Minuten wieder aus der Scheibe sah, waren er und die Engel verschwunden. Das Center füllte sich zunehmend, sodass auch leider die Arbeit nicht ausblieb. Mein Chef hatte sich ausnahmsweise dazu bewegen können, den Tag nicht in seiner kleinen Abstellkammer zu verbringen, wo er – wie wir alle vermuteten – heimlich rauchte, sondern half mit auf der Fläche. Immer wieder spähte ich aus dem Schaufenster ins Erdgeschoss, doch Santa war nirgendwo zu sehen. Sowieso hatten wir heute noch keine Zeit gehabt auch nur einen Blick auszutauschen, geschweige denn miteinander zu reden. Meine Pause verschob sich in die Unendlichkeit, sollte der Ansturm weiterhin so hartnäckig bleiben. Heute also mal kein unangenehmes-angenehmes Pläuschchen am Tannenbaum. »Sehen Sie?«, plärrte eine Kundin mittleren Alters, während ich mit meinen Gedanken ganz woanders gewesen war. »Der Fleck hier, meinen Sie, der wird weggehen?« Ich beugte mich ein Stück nach vorne, zischte unangenehm auf, da meine Rippe sich meldete, und begutachtete den kleinen beigen Fleck am Kragen der weißen Bluse. »Das ist Make-Up. Das geht beim Waschen raus.« »Sind Sie sicher? Es ist die einzige Bluse in meiner Größe, sonst würde ich ja eine andere nehmen. Aber sie ist so schön, daher weiß ich nicht… der Fleck ist ja schon ärgerlich.« Meine liebe Dame, dachte ich, nimm deine scheiß Polyester Bluse für fast 200 Pfund und verschwinde aus dem Laden, damit ich weiter sinnlos aus der Scheibe glotzen kann, um den Weihnachtsmann zu erhaschen. »Wenn Sie den Fleck nach dem Wasche nicht rausbekommen, können Sie die Bluse innerhalb von 14 Tagen mit Vorlage des Kassenbons umtauschen«, ratterte ich den typischen Satz runter, den ich in den Jahren so viele Male sagen musste. Die Dame seufzte noch ein paar Mal unentschlossen auf, bis sie die Bluse schließlich nahm. Hinter ihr hatte sich eine Schlange gebildet, die fast in einen Ständer reichte, weil sonst kaum noch mehr Platz war. Etwas gereizt packte ich die Bluse in Seidenpapier und kassierte die Dame ab. Die nachfolgenden Kunden hatten zwar weniger Beschwerden, dafür umso mehr Teile, die ich natürlich alle feinsäuberlich falten und abscannen musste, sodass die Schlange nicht sonderlich weniger wurde. Und genau in dem Moment, wo ich kurz davor war, einfach schreiend aus dem Laden zu laufen, weil die vierte Kundin am Tag wissen wollte, ob die Rabattaktion von letztem Monat noch galt, stand er hinter dem Schaufenster mit seinen Engeln. Er stand einfach da, lächelte und hielt seinen Korb auf Hüfthöhe. Die Engelchen neben ihm, drei an der Zahl, waren junge Damen mit wallenden blonden Haaren. Doch anstatt ihnen irgendwie den Hof zu machen oder überhaupt mal seinen Job zu machen – nämlich die Schokoladentäfelchen in seinem Korb an die Kunden zu verteilen – starrte er durch die Scheibe in unseren Laden. Auf mich. Ich hielt kurz inne, stopfte mental abwesend irgendetwas in eine Papiertragetasche, als ich mich dazu entschloss zurückzulächeln. Die Kundin vor mir beobachtete das Schauspiel und hatte Gott sei Dank den Anstand nichts zu sagen. Stattdessen ging ihr Blick zwischen uns hin und her, als würde sie ein spannendes Tennismatch sehen. Die Engelchen machten sich auf einmal wieder auf den Weg und gingen den Gang weiter, als er plötzlich in unseren Laden huschte. Schnell ging er an der Schlange vorbei und bat jeder Kundin ganz höflich ein Täfelchen an, bis er zu mir an die Kasse kam. Ich spürte mein Herz pochen und meine Wangen heiß werden. Er würde nicht wirklich… oder? »Für Sie, Mr. Lewis. Nervennahrung«, sagte er so charmant, als wäre es das einfachste der Welt und legte mir zwei Täfelchen auf die Kasse. Die Kundin, die ich gerade bediente, kicherte leise und sah sich zu der Kundin hinter ihr um, die ebenfalls wie ein Kleinkind kicherte. Mir blieb die Sprache im Hals hängen, also nickte ich einfach nur apathisch und nahm die Schokolade an mich. Mr. Santa lächelte noch einmal das Lächeln, das vermutlich jeden im Laden schmelzen ließ – Frauen, Männer, Schokolade – und verschwand dann wieder aus dem Laden, als wäre er nie da gewesen. Seine Engel waren bereits weit weg. »Das war ja nett«, bemerkte die Kundin, die immer noch auf ihre Tragetasche wartete. »Dass der Weihnachtsmann extra vorbeikommt.« Da kicherte sie noch einmal auf und griff dann einfach nach ihrer Ware, um sie an sich zu nehmen. Ich starrte auf den Ausgang des Geschäfts, wo Mr. Santa einfach so verschwunden ist. Meine Wangen pochten noch immer und ich hatte das Gefühl, so rot wie die hässlichen Styropor-Geschenke am Tannenbaum gewesen zu sein. Die restlichen Kunden vermieden es, mich auf die interessante Begegnung hin anzusprechen und ließen sich einfach abkassieren. Ich grübelte derweil, wieso er mir zwei gegeben hatte. Vielleicht, damit ich eins mit Cindy teilte? Mit meinem Chef? Oder waren beide für mich? Wieso dann nicht drei, ist doch eine schönere Zahl? Oder hat er einfach wahllos in den Korb gegriffen? Soll ich eins mit ihm teilen? Aber er hatte doch genug, nicht wahr? Die Zeit verging auf einmal sehr schnell, während ich weiter über die Schokolade nachdachte, die unter der Hitze der Kasse etwas zu leiden begann. Nachdem viele nun Essen waren, machte auch ich endlich meine verdiente Pause. Meine Augen suchten förmlich nach einem rot gekleideten, großen, bärtigen Mann. Und als hätte er meine innere Stimme gehört, die nach ihm rief, kam er kurz vor Ende meiner Pause mit seinen drei Engeln um die Ecke. Die Körbe waren fast leer, sodass ich davon ausging, dass die Runde durchs Center erfolgreich gewesen war. Er sah mich erst nicht, da ich wieder auf der Bank inmitten der Menschenmenge saß. Doch als er sich seine schwere Weihnachtsmannjacke auszog und die Mütze abnahm, erspähte er mich über einige Köpfe hinweg. Erneut lächelte er mich an, blieb jedoch bei seinen Engeln. Sie redeten noch ein wenig und schienen über die Arbeit zu sprechen. Die Damen wirkten sehr an ihm interessiert. Er weniger an ihnen. Etwas in mir war froh, dass er nicht herüber kam. Wieso auch? Ich hätte vielleicht eine Gelegenheit gehabt, ihm zu danken, aber mehr auch nicht. Ein anderer Teil von mir war enttäuscht, dass er nicht zu mir kam. Wollte er nicht die unausgesprochene Regel brechen, dass wir uns bisher immer nur einmal am Tag gesehen haben? Oder hatte er schon genug von mir? Da ich kein kleines Mädchen war, dass darauf wartete, vom Weihnachtsmann abgeholt zu werden, stand ich auf und ging einfach auf ihn zu. Die drei Mädels sahen mich schon mitleidig an, als wüssten sie ganz genau, dass ich zu denen gehöre, die den Weihnachtsmann nicht in Ruhe lassen können, auch wenn er offensichtlich nicht mehr ‚im Dienst‘ war. »Hey«, begann ich zaghaft, was eigentlich nicht meine Art war. Doch die Blicke der Damen verunsicherten mich etwas. War es doch kein guter Augenblick zu stören? Doch Mr. Santa drehte sich sofort zu mir um und lächelte zuckersüß. »Mr. Lewis«, begann er und blendete dabei die Engelchen völlig aus. »Möchten Sie noch etwas Schokolade?« Ich hob sofort beide Augenbrauen und erhaschte einen Blick in die Körbe der jungen Damen. »Oh, nein, nein. Vielen Dank. Ich wollte mich nur für vorhin bedanken. Dass Sie mir welche gebracht haben.« Da lachte er leise. Es war das Brummen eines Bären. »Ich wollte mich für die Schmerztablette bedanken. Und sie sahen aus, als hätten Sie etwas Nervennahrung gebrauchen können.« Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. »Da haben Sie nicht schlecht geraten.« »Es ist viel los heute. Die Menschen sind etwas aggressiv. Schokolade hilft ihnen wohl wieder etwas runter zu kommen.« Seine dunkle Stimme vibrierte förmlich in meinem Brustkorb. Mein Lächeln wurde breiter. »Dann kann ich nur hoffen, dass Sie bis Weihnachten noch sehr viel öfter Schokolade verteilen werden.« »Das werde ich. Und Ihnen bringe ich sehr gerne etwas davon vorbei.« Erneut blieben mir die Worte im Hals stecken. Das war Flirten, richtig? Er flirtete mit mir, ja? Meine Wangen wurden schlagartig wieder rot. Herrgott, wie ich mich nicht zusammenreißen konnte, wenn ich mal nicht am längeren Hebel stand. »Danke…«, war dann alles, was ich leise aus meinen Lippen quetschen konnte. Ich vermutete, dass er nicht ganz verstanden hatte, was ich gesagt hatte, da er einfach nur weiterlächelte. Schließlich unterbrach einer seiner Engel unser Gespräch, was ich als Gelegenheit vernahm, zu gehen. »Bis dann«, sagte ich noch höflich und drehte mich um. »Einen schönen Abend noch«, rief mir Mr. Santa hinterher. Ich lächelte einfach nur, als ich mich auf die Rolltreppe begab. Er wurde derweil von seinen Engeln vereinnahmt und musste sich wieder umdrehen. Als ich oben im Laden ankam, war seine Schicht wohl vorüber. Er kam dann nicht mehr in mein Blickfeld. Stattdessen nervten mich die Kunden noch einige Stunden, bis auch ich dann endlich gehen durfte. Der morgige Tag war frei, sodass ich ihn für weitere Recherche zwecks Mrs. Iwanownas Verschwinden nutzen wollte. Eventuell auch, um mal den Ort zu inspizieren, den mir Ethan genannt hatte. Am helllichten Tag würden ja wohl mehr Menschen durch die Straßen fahren, als ein Geheimdienstler, sodass ich unentdeckt bleiben sollte. Im Bett fiel mir dann auf, dass ich wieder nicht nach Santas Namen gefragt hatte. Vermutlich würde ich es auch niemals tun. Denn mal ehrlich: Er war der Weihnachtsmann. Mr. Santa war also kein so schlechter Name für ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)