Zum Inhalt der Seite

Schwarz-Weiße Weihnacht

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

14.Dezember

Omi sprühte gerade eine Extralage glitzernden Kunstschnee auf einen Weihnachtsstern, als sich die Tür hinter ihm öffnete und Yoji auf der Bildfläche erschien. Automatisch sah Omi auf die Uhr und wunderte sich. Normalerweise betrat der große Blonde den Laden nicht vor zehn oder gar halb elf. Heute jedoch war der große Zeiger noch nicht mal besonders weit von halb zehn abgerückt, als sie Yoji bereits mit seiner Anwesenheit beehrte. Als Omi sich zu ihm umdrehte, erkannte er auch sofort, woran das lag. Oh Himmel, nein! War es schon wieder so weit? Na das konnte ja lustig werden.

 

Er sah sich nach Ken um und gab ihm mit dem Kopf ein Zeichen. Der Fußballer blickte von Omi zu Yoji und bekam große Augen. Möglichst unauffällig stellte er seine Gießkanne ab und gab sich dann betont unbeteiligt, während er sich auf Omis Seite des Ladens zu bewegte. Wie angespannt er dabei war, merkte Omi erst, als Ken neben ihm schnaufend ausatmete.

„Ob wir den Laden abschließen sollten?“, fragte Omi vorsichtig. Aus den Augenwinkeln beobachtete er immer noch Yoji, der sich jetzt die kleine Leiter geholt hatte, die Omi immer benutzte, wenn er etwas oben aus den Regalen herunterholen musste. Normalerweise kam Yoji ohne aus, doch das, was er in Händen hielt, konnte auch der Größte aus ihrem Team nicht ohne Hilfestellung an der Decke anbringen.

 

Kaum hatte er einen Fuß auf die metallene Trittfläche gesetzt, öffnete sich die Tür zum Gewächshaus und Aya trat heraus. Sein Blick fiel auf den inzwischen oben auf der kleinen Leiter befindlichen Yoji und das Ding, das er in seinen Händen hielt. Der ohnehin nicht besonders freundliche Blick ihres Anführers wurde noch um drei Grad kälter, als er immerhin die Rosenschere beiseite legte, bevor er den Laden betrat und direkt auf Yoji zusteuerte.

 

„Uuuuund es geht los“, kommentierte Ken, der es sich inzwischen auf dem Ladentisch gemütlich gemacht hatte. „Ring frei zur ersten Runde. Aufschlag Fujimiya.“

 

„Yoji!“, bellte Aya so laut, dass Yoji zusammenzuckte. „Was machst du da?“

„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Aya“, grinste Yoji von oben herunter. „Und was ich mache, siehst du doch. Ich hänge einen Mistelzweig auf.“

„Und warum?“ Aya stemmte die Hände in die Hüften und sah mit funkensprühendem Blick zu Yoji hinauf.

Yoji rollte mit den Augen. „Warum wohl? Ich denke, du bist über diesen Brauch hinreichend informiert. Wenn sich zwei Leute unter dem Mistelzweig begegnen, müssen sie sich küssen.“

Aya schien das nicht zu interessieren. „Ich erlaube so einen Blödsinn hier im Laden nicht“, verkündete er und streckte verlangend die Hand nach dem Mistelzweig aus.

 

„Pass auf“, flüsterte Ken Omi ins Ohr. „Jetzt kommt gleich der Heuler.“

 

„Aber Aaaayyaaaa“, jaulte Yoji auch wie angekündigt auf und hielt den Zweig noch ein wenig höher. „Ich brauche diesen Zweig. Weißt du eigentlich, wie viele Dates ich in letzter Zeit absagen musste, weil wir ständig nachts unterwegs sind? Und dann dieser Schnee. Ich habe ein echtes Defizit an weiblicher Zuwendung, wenn man mal von der Befehle bellenden Manx absieht. Aber selbst die trägt bei dieser Kälte momentan lange Hosen. Das kannst du mir nicht antun.“

 

„Es folgt das Steingesicht“, erklärte Ken sachlich und reichte Omi einen Weihnachtskeks. Angesichts der Lage wollte er mal nicht so sein.

 

Aya Miene verdüsterte sich. „Ich kann und ich werde. Es reicht, dass die albernen Schulmädchen uns trotz des Wetters jeden Tag den Laden verstopfen und die zahlende Kundschaft verdrängen. Jetzt willst du sie auch noch ermuntern, indem du diesen Zweig aufhängst? Sie werden sich in Scharen darunter versammeln. Mit gespitzten, glänzenden Lippen darauf wartend, dass sie jemand küsst. Und dann werden sie...“

Aya sprach nicht weiter, aber er erschauerte sichtlich.

 

„Oha, das war eine Steilvorlage“, urteilte Ken zwischen zwei Keksbissen. „Mal sehen, ob Yoji verwandeln kann.“

 

„Du hast es also bemerkt?“, fragte Yoji mit einem breiten Grinsen nach. „Ich wusste, dass du gar nicht so ein eiskalter Hund bist, Aya. Gib zu, die eine oder andere der jungen Damen hätte dir schon zugesagt. Wenigstens eine von denen, die schon volljährig sind. Na los, gib es zu! Oder stehst du etwa auf Schulmädchen?“

Ayas Augen blitzten wütend auf. „Es würde mir nicht im Traum einfallen, eines der Mädchen zu küssen.“

Yoji beugte sich zu Aya herunter, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Und ich sage, du lügst.“ Er wedelte mit dem Mistelzweig vor Ayas Nase herum, den er inzwischen mit einem roten Band an der Decke befestigt hatte .

„Gib das her!“, fauchte Aya und griff nach dem Zweig. Stattdessen erwischte er Yojis Arm und zerrte ihn fast von der Leiter.

„Hey, was soll das?“, kreischte Yoji und versuchte mühsam, das Gleichgewicht zu halten. „Ich falle hier noch runter. Lass sofort los!“

 

„Oh, ein grobes Foul“, lachte Ken und schob sich noch einen Keks in dem Mund. „Wenn Aya nicht aufpasst, wird das hier gleich zum Vollkontakt-Sport.“

 

„Gib mir den Zweig!“

„Nein!“

„DOCH!“

„Komm und hol ihn dir, wenn du dich traust.“

„Yoji!“

„Aya!“

 

Während Ken sich vor Lachen fast ausschütten wollte, legte Omi die Stirn in Falten.

„Weißt du, was ich mich frage, Ken?“, sagte er zu seinem Freund.

„Nein, was denn?“, wollte Ken wissen, während er Yoji und Aya dabei beobachtete, wie sie sich im Kampf um den Mistelzweig inzwischen eine handfeste Keilerei lieferten.

„Ich frage mich, ob Yoji das eigentlich mit Absicht macht, um Aya zu provozieren.“

Ken hörte auf zu lachen und sah Omi mit einem irritiertem Gesichtsausdruck an. „Warum sollte er das tun? Ich meine, manchmal tut Yoji nicht besonders schlaue Sachen, aber ich hatte bisher nicht das Gefühl, dass er lebensmüde ist.“

„Ach ich weiß nicht, war nur so ein Gedanke“, murmelte Omi und sah wieder hinüber zu den zwei älteren Mitgliedern von Weiß.

 

 

Yoji hatte Aya inzwischen niedergerungen und hielt ihn mithilfe seiner langen Beine am Boden fest. Dann setzte er sich auf Ayas Rücken, hob die Fäuste in Siegerpose und rief:

„Seht nur, ich habe einen Elch erlegt. Einen riesigen, stinkenden, schwitzenden Elch!“

Aya nutzte den Moment der Abgelenktheit, um Yoji von seinem Rücken zu werfen und ihn nun seinerseits an den Boden zu nageln. Keuchend hielt er den anderen unter sich fest.

„Nachlässigkeit ist ein großer Feind, Yoji. Vor allem deiner.“

Yoji sah zu Aya auf, dann wich die Spannung aus seinem Körper. Er grinste den anderen Weiß von unten herauf an. „Ein Dummkopf wird nur durch seinen Tod geheilt.“

Aya hob fragend eine Augenbraue. „War das ein Wunsch oder ein Versprechen?“

„Vielleicht ein bisschen von beidem“, gab Yoji zurück. Er schielte an Aya vorbei nach oben. „Aber weißt du was? Wir beide liegen gerade unter dem Mistelzweig. Also wie sieht es aus mit deinem Traditionsbewusstsein? Ein Küsschen in Ehren kann niemand verwehren.“

Yoji schloss die Augen und spitzte die Lippen. Im nächsten Augenblick war das Gewicht von seinem Brustkorb verschwunden und er hörte eine Tür klappen. Als er die Augen wieder öffnete, war er allein mit Omi und Ken, die ihn kopfschüttelnd betrachteten.

„Was denn?“, fragte der Playboy grinsend und kam auf die Füße. „Hat doch auch dieses Jahr wieder hervorragend geklappt. Mistelzweig hängt. Misson erfüllt.“

Pfeifend verschwand er im hinteren Teil des Ladens, um sich seine Schürze zu holen. Immerhin würde bald die erste, hoffentlich weibliche Kundschaft auftauchen und dann... ja dann sollten sie sich nur vor Yoji Kudo und seinem Mistelzweig in acht nehmen! Haha!

 

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Prompt: unweihnachtliche Weihnachtstradition
Musik: „What christmas means to me“ - Stevie Wonder https://www.youtube.com/watch?v=wtgGBgpNcIo

Und wer das versteckte Film-Zitat findet, bekommt einen Keks. ^_~ Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2018-12-14T06:45:16+00:00 14.12.2018 07:45
Ken und Omi als außenstehende kommebtatoren - genial! Du verflechtest das so schön :D Armer Aya ... erst der Pullover, nun auch noch der Mistelzweig - wo soll das nur hinführen? xD

Das Zitat habe ich nicht gefunden ^^‘ Mir ist nur der Dummkopf-Spruch aufgefallen xD
Antwort von:  Maginisha
14.12.2018 07:50
Jaha, soll ja auch nicht zu einfach sein. So ein Keks muss schon verdient werden. ^_~ (Psst, Weblog lesen könnte helfen, aber wahrscheinlich wird es auch dann schwer.)

Das mit dem Dummkopf und mit der Nachlässigkeit sind übrigens beides japanische Sprichwörter. :)
Antwort von:  Maginisha
16.12.2018 06:58
Ich löse hier nochmal auf: Der Spruch mit dem Elch ist aus dem ersten Turtles-Film. ;)


Zurück