Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [23.09.2011 – D41 - Zweifel] ---------------------------- Es dauerte über eineinhalb Stunden, ehe sich die Tür zu ihrer Wohnung im obersten Stockwerk des Krankenhauses öffnete. Heidenstein kam hoch. Etwas blass, etwas müde und dennoch lächelte er, als er sie sah. „Wie war dein Tag?“ Eigentlich sollte sie fragen, wie sein Tag gewesen war. Doch sie konnte nicht. Sie hatte die letzten eineinhalb Stunden mehr schlecht als recht damit verbracht durch die Fernsehkanäle zu zappen. „Michael hat mich heute zu sich berufen lassen.“ Natürlich verstand Heidenstein sofort. Schrecken zeigte sich in seinem Gesicht. Er kam zu ihr hinüber, legte dabei den Arztkittel, den er über den Arm getragen hatte, auf den Sessel und setzte sich neben sie auf das Sofa. „Was ist passiert?“ „Ich glaube er beobachtet uns“, erwiderte sie. „Oder uns.“ Sie schüttelte den Kopf. „Jedenfalls weiß er offenbar von der Sache mit Joburg, wahrscheinlich auch von der Verbindung mit Chase.“ „Und?“ Zögerlich legte Heidenstein seine Hand auf ihre Schulter. Er war sich wie immer nicht sicher, wie er sie berühren durfte. „Er … Nun, er ist immer noch nicht davon begeistert, dass ich das hier mache.“ Dass sie ein Hobby hatte. „Er hat eine recht deutliche Meinung dazu. Er hat … Unterschwellig gedroht, Informationen zu leaken. Über dich, über das Krankenhaus, dass ich hier liege, über Murphy.“ Heidenstein schürzte die Lippen. „Pakhet.“ Er schien sich nicht ganz sicher zu sein, was er sagen sollte. „Hat er es deutlich gesagt?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du kennst Michael. Er kennt mich. Ich kenne ihn. Er weiß, was ich mache. Er hat es deutlich genug gesagt.“ „Warum interessiert es ihn überhaupt?“, fragte Heidenstein. Sie hatte mehr als genug Gelegenheit gehabt, in den letzten drei Stunden darüber nachzudenken. Sie seufzte, sah zum Fernseher, der noch immer auf lautlos lieb. „Weil er daran gewohnt ist, mich zu kontrollieren. Er hat mich die ganze Zeit kontrolliert. Und jetzt …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich war seine perfekte kleine Soldatin …“ Sie hielt inne. Wahrscheinlich sagte sie gerade zu viel. Noch einmal schüttelte sie den Kopf. „Er will, dass ich wieder bin wie vorher.“ „Vorher?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Er will Kontrolle. Er will, dass ich einfach meinen Job mache. Ohne mein Leben außerhalb zu riskieren.“ Und ohne ein Gewissen zu entwickeln. Wenigstens ohne mehr Gewissen zu entwickeln, als sie ursprünglich hatte. Genug, um bestimmte Jobs abzulehnen, aber nicht genug, um alle Jobs zu hinterfragen. Dabei war es doch seine Schuld gewesen. Es war seine Schuld. Seine Schuld und die von Smith. „Du bist deine eigene Person“, meinte Heidenstein und strich vorsichtig über ihre Schulter. Sie nickte. Natürlich war sie ihre eigene Person. „Aber was ist, wenn du …“ „Das ist egal. Ich bin freiwillig hier. Das weißt du.“ „Ja. Und was ist mit Murphy?“ Heidenstein schwieg. Seine Hand hielt in seiner Bewegung inne. Für einen Augenblick sah auch er in Richtung des Fernsehers. „Er hat auch eine Entscheidung getroffen.“ „Er ist ein Kind.“ „Er ist ein Straßenkind. Ein Teenager. Er ist alt genug …“ „Aber nicht weise“, murmelte sie. Das konnte sie auch von sich selbst nicht behaupten. Doch natürlich war Murphy nicht das einzige Kind. Da waren noch so viele andere. So viele andere Kinder, wahrscheinlich auch Erwachsene, die gefangenen waren, gehandelt, an Dämonen verfüttert wurden. Die einzige Frage, die blieb, war, ob sie es wirklich ändern konnten. Sie waren auch nur Menschen. Sie waren nicht viele. Sie hatten nicht das Geld, nicht dieselben Mittel. Wie konnten sie diese ganze Sache gewinnen? Konnten sie es überhaupt. „Wir tun das Richtige“, meinte Heidenstein vorsichtig. Sie sah ihn an. „Ich weiß.“ Und am Ende würden sie dennoch verlieren. Sie hatten keine Chance. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)