Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [29.08.2011 – X15 – Kollaps] ---------------------------- „Schaffst du den Zaun?“, fragte sie Heidenstein. Ein kurzes Zögern. Dann: „Ja.“ „Okay.“ Sie hätte nur genickt, erinnerte sich jedoch rechtzeitig daran, dass auch er sie nicht sah. Sie nahm Anlauf, sprang über den knapp zwei Meter hohen Zaun hinweg, ehe sie sich auf der anderen Seite umsah. Die Sonne stand aktuell im Südosten, hinter ihnen, ermöglichte einen guten Blick auf das Gelände. Knapp fünfzig Meter zu Pakhets Rechten, führte eine Straße auf das Gelände, die durch ein weißes, hohes Tor versperrt war. Die Farbe des Tors war an einigen Stellen abgeblättert, hatte Rost erlaubt das darunter liegende Metall zu zerfressen. Sie selbst standen auf einem Feld trocknen Grases. An einigen Stellen lugten Rohre von vielleicht dreißig Zentimeter Durchmesser aus dem Boden. Wahrscheinlich dazu gedacht, Wasser in darunter liegenden Tanks zu überprüfen. Nicht dass es sie im Moment interessierte. Von allem, was sie wusste, waren die Kinder entweder in der großen Halle von knapp achtzig Metern Länge, die sich vor ihnen ausbreitete, oder in einem der Gänge, die sich in den Berg vor ihnen fraßen. Die Halle war mit weißen Platten vertäfelt, die das Licht der Vormittagssonne blenden reflektierten. Pakhet blinzelte. Verdammt. Das war ein Nachteil für sie. Wenn jemand sie aus der Richtung angriff  … Ein Aufprall hinter ihr verriet ihr, dass Heidenstein den Zaun ebenfalls überwunden hatte. Dem Klang nach war er auf den Beinen gelandet – nicht, dass sie etwas anderes erwartet hatte. „Merkst du es auch?“, fragte er leise. „Was?“ Das war wohl Antwort genug. „Magische Überwachung“, erwiderte er. Großartig. Nicht, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Gerne hätte sie ihre Augen mit dem Arm vor der Sonnenreflektion geschützt, doch ihr durchsichtiger Arm bot keinerlei Schatten. Der Nachteil daran unsichtbar zu sein. Sie konnte froh sein, dass ihre Augenlider zumindest ihre Netzhaut schützten. Doch jedes Mal, wenn sie sie schloss, konnte sie Platten noch immer wie ein Negativ sehen. Das Krächzen einer Möwe erklang. Trixie. Es klang aufgeregt. Pakhets Instinkte erwachten zum Leben. Sie sah nicht, was auf sie zukam, schaffte es aber dennoch irgendwie zur Seite zur Springen, als eine Flammenfontaine dort das Gras versengte, wo sie eben noch gestanden hatte. „Heidenstein!“, rief sie aus. „Alles okay!“ Seine Stimme klang atemlos. Trixie segelte auf das Wesen, dass wie ein Schimmer heißer Luft vor ihnen schwebte. Es war sicher zwei Meter groß und wie sie halb durchsichtig. Ein Elementar. Flammenelementar, wenn sie nicht irrte. Das würde zumindest den Flammenangriff erklären. Das Wesen schien sie bestätigen zu wollen: Eine Flammensäule bildete sich in dem Körper des heißen Gases, erfüllte ihn und brach dann hervor, gerichtet in ihre Richtung. Großartig. Elementare waren keine Dämonen, keine Wesen aus Fae. Pakhet zweifelte, dass die Dinge, die Mutter Gans ihr gegeben hatte, dagegen halfen. Wesen dieser Welt, zu denen auch Elementare gehörten, folgten meist anderen Regeln als die Wesen der Anderswelt. Leider war nur auch ihre Pistole gegen einen Elementar wirkungslos. Sie wich aus, rannte. Sie konnte versuchen, das Gebäude zu erreichen. Doch was, wenn der Elementar ihr folgte? Gab es darin Wasser? Gab es hier irgendwo einen Wasserschlauch? Doch Wasser half wenig gegen Gasbrände. Was sie brauchten wäre Eis und eher einen Eiszauber. Nur war sie keine Magierin. Dankbarerweise war der Elementar für den Moment auf sie fixiert, folgte ihr und ignorierte Heidenstein. Gut. Oder auch nicht. Heidenstein war Magier. Selbst wenn seine Stärke im Heilen lag, konnte er wahrscheinlich mehr gegen den Elementar tun, als sie. Das Krächzen einer Möwe erklang. Nicht Trixie. Siobhan. Ein Zischen, dann ein Donnern. Sie schickte einen Blitz auf den Elementar hinab. Blaues Licht erstrahlte hinter Pakhet, ließ für einen Moment sogar das Licht der Sonne blass wirken. Ein Hitzeschwall fegte über sie hinweg. Ihre Haut schmerzte, selbst wenn es keine ernsthafte Verbrennung war. Intuitiv rannte Pakhet weiter, erlaubte es sich erst, als sie das Gebäude erreicht hatte, sich umzusehen. Drei Vögel kreisten um den nun bläulich lodernden Elementar herum. Siobhan, Trixie und Murphy. Die Krähe war es, die jetzt kleinere Spannungsbögen zu dem Geist hinüberzucken ließ, während die Vögel ihn immer weiter nach oben lockten. Hoffentlich hatten sie einen Plan. Hoffentlich hielten etwaige Menschen, die das Phänomen sahen, es für einen Kugelblitz. Der Boden schwelte und dampfte noch immer dort, wo das Feuer des Geistes gebrannt hatte. Eine Gestalt sprang über den Zaun, eine Waffe in der Hand. Automatisch zog auch Pakhet ihre Waffe, ehe sie Jack erkannte. „Cherie?“, rief er auf halben Weg zum Gebäude. Natürlich. Sie rannte in seine Richtung. „Nicht so laut, du Idiot.“ „Ich dachte schon, das Ungeheuer hätte dich erwischt“, erwiderte er. „Kein Grund, deinen Posten zu verlassen“, zischte sie. Was sie zu einem anderen Punkt brachte: „Heidenstein?“ Wahrscheinlich war alles in Ordnung. Der Hitzeschwall würde ihn kaum direkt getötet haben und wenn er verletzt war, würde er schreien. Verbrennungen schmerzten furchtbar. „Hier.“ Vielleicht war ihre Unsichtbarkeit mehr Nachteil als Vorteil. Ach, verdammt. Sie brauchten auf Dauer eine Möglichkeit, um zu wissen, wo der jeweils andere war. Aber was sollten sie für den Moment machen? „Wo gehen wir rein?“, fragte Jack. Sollte sie ihn wegschicken? Ach, wo er hier war, konnte er auch mit ihnen kommen. Selbst wenn es am Ende darauf hinaus lief, dass er Feuer auf sich ziehen würde, sichtbar wie er war. „Wie gehen wir rein?“, fragte Heidenstein. Gute Frage. Die Haupttür war fraglos gesichert. Dann wiederum: Vielleicht rechnete man eher damit, dass sie durch einen der Nebeneingänge kam. Verdammt, das Gebäude war riesig. Wie sollten sie darin die Jugendlichen finden? Sie konnte gesamt die Haupttür und drei Notausgänge sehen. Also, wo lang? Ein Bauchgefühl empfahl ihr den mittleren Notausgang. Sie hasste es, auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen. Meistens führte es sie in die Irre. Im Moment jedoch, war es genau so gut, wie die Alternativen. „Mittlere Tür.“ Sie blickte zu dem Elementar hinauf und den zuckenden Blitzen. Sie musste darauf vertrauen, dass Siobhan und die Möwe wussten, was sie taten. Schnellen Schrittes lief sie zur Tür, versuchte sie zu öffnen. Natürlich war sie verschlossen. „Wenn Sie mir die Ehre erweisen würden“, flötete Jack und trat vor. Er fischte etwas aus seiner Tasche. Nicht etwa ein Dietrichset, sondern eine Faust voll schwarzer Masse. Sprengstoff. Natürlich. „Bitte zur Seite treten.“ Jack grinste ins Nichts. Sie taten ihm den gefallen. Fünf Meter von der Tür entfernt, pressten sie sich gegen die Wand, ehe Jack den Zünder betätigte. Damit machten sie den letzten darauf aufmerksam, dass sie hier waren, doch es war egal. Sie wussten es wahrscheinlich bereits. Die Tür sprang auf, von der eigenen Vibration aufgeschleudert. „Bitte sehr, die edle Dame“, meinte Jack und wartete neben der Tür, um sie vorgehen zu lassen. Ja ja, ganz der Gentleman. Die Frau schön vorgehen lassen, damit man auf sie schoss. Unwillkürlich tastete sie nach Heidensteins Arm, um sicher zu gehen, dass er bei ihr war. Sie waren in einem engen, dunklen Betongang. Unverziert. Vielleicht war er nur Notausgang gewesen, vielleicht hatte man das Gebäude nie soweit ausgebaut. Pakhet hielt inne, lauschte, suchte mit den Augen die Wände des Gangs auf, um etwaige Gefahren rechtzeitig zu sehen. Soweit sah sie nichts. Also schlich sie vorsichtig voran. Der Geruch von abgestandenen Wasser und schimmeligen Wänden lag in der Luft. Das einzige, was fehlte, was das Geräusch von in der Ferne tropfendem Wasser, dann wäre die Gruselatmosphäre perfekt gewesen. „Licht?“, fragte Jack. Gerne hätte sie abgelehnt, zog es doch mehr Aufmerksamkeit auf sie, aber ohne würden sie etwaige Fallen nicht sehen. „Okay.“ Eine Taschenlampe ging an, strahlte in den Flur vor ihnen, malte bleiche, sehr bleiche Schatten von ihr und Heidenstein auf den Boden. Schritt für Schritt arbeiteten sie sich voran. Irgendetwas musste geschehen. Jemand musste auf sie lauern. Jeden Moment würde ein Dämon auftauchen und sie angreifen. Doch nichts geschah. Sie folgten dem vielleicht zehn Meter langen Gang bis zum Ende, wo eine rostige Metalltür zu einem Treppenhaus führte. Keine Falle. Die Tür quietschte jedoch, als Pakhet sie öffnete. Egal. Sie sah sich um. Die Treppe führte zwei Etagen nach oben, eine nach unten. „Wo lang?“, fragte Heidenstein. Warum musste sie eigentlich alle Entscheidungen treffen? „Hoch“, antwortete sie nach kurzem Überlegen. Sie konnte genauso gut ihrem Gefühl folgen und ihr Gefühl sagte ihr, dass es keine gute Idee war, nach unten zu gehen. Dann wiederum  … Sie hielt inne. War es nicht genau dasselbe Gefühl gewesen, dass sie zuvor aufgehalten hatte? Am „Casino“? Dort hatte sie an der Tür inne gehalten, wollte nicht hindurchgehen. Der Tür zur Taschendimension. Sie überlegte. Schloss die Augen. Ja, es war eindeutig dasselbe Gefühl. Verdammt. Sie sollte sich von ihnen trennen. Wenn da unten eine Taschendimension war, wenn da unten der Schamane auf sie wartete  … Wenn sie die Situation richtig einschätzte, würde sie mit ihm auch die magische Verteidigung ausschalten. „Was ist?“, fragte Heidenstein. Offenbar hatte er ihr Zögern gemerkt. „Geht ihr nach oben vor.“ Sie sprach leise, aber mit fester Stimme. Fakt war, dass sie von ihnen die besten Voraussetzungen hatte, es mit dem Magier aufzunehmen. „Schaut, ob ihr jemanden findet.“ „Was ist los?“ Heidensteins Stimme klang hart, besorgt. Sie holte tief Luft. „Ich glaube, der Magier ist im Keller.“ Oder was auch immer unter ihnen lag. „Wenn es nur einer ist, kann ich mit ihm die magische Verteidigung ausschalten.“ „Dann sollten wir mitkommen“, erwiderte Heidenstein. „Nein.“ Sie sah ihn an, sich dessen bewusst, dass es keinen Sinn hatte. Ach, verdammt. Sie drehte den Armreif, deaktivierte den Zauber damit, wohl wissend, dass es schwerer sein würde, ihn ein zweites Mal zu aktivieren, weil Magie seltsam war und keinen Sinn ergab. „Wenn ich wieder verletzt werde, dann bist du möglichst weit weg, um am Ende noch in der Lage zu sein, mich rauszuholen.“ Auch er wurde sichtbar. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sagte deutlich, dass es ihm gar nicht gefiel. „Das hat alles keinen Sinn, wenn du schon lange ausgeblutet bist, wenn ich zurückkomme.“ „Doc“, sagte sie, „bitte.“ „Du weißt genau so gut wie ich, dass es dumm ist, sich aufzuteilen.“ Das stimmte nicht zwangsläufig. Aufteilen war eine valide Taktik, speziell wenn man das Gebiet auskundschaftete. Das einzige, was dumm war, war, alleine zu gehen. „Um etwas anzumerken“, mischte Jack sich ein, „es ist mindestens genau so dumm, hier herumzustehen und zu diskutieren.“ „Eben“, sagte sie. Sie wandte sich zum Gehen, sah noch einmal zu Heidenstein. „Bitte.“ Damit ging sie die Treppe hinab, wartete auf dem ersten Absatz und atmete erleichtert auf, als sie keine ihr folgenden Schritte hörte. Gut. Ja, wahrscheinlich hatte er Recht: Es war verdammt dumm von ihr, das hier allein machen zu wollen. Wahrscheinlich war es ihre eigene Dummheit, die sie innerhalb der nächsten zehn Minuten auch umbringen würde. Sie lief schnellen Schrittes den zweiten Absatz hinab und fand sich vor einer Tür. Ein Schild war einmal an der Tür gehangen, lag jetzt jedoch von Rost überzogen auf dem Boden. Seltsam, kam es ihr in den Sinn. So lange war das Werk auch nicht verlassen. Der Rost war ungewöhnlich. Vielleicht gab es hier natürliche Magie, die den Verfall voran trieb? Es war egal. In der Rechten hielt Pakhet ihre Pistole mit den hoffentlich verzauberten Kugeln. Sie streckte die linke Hand aus. Ihr ganzer Körper rebellierte. Ihr Instinkt schrie, sie solle von der Tür weggehen. Egal. Sie legte die Hand auf die Türklinke, presste sie hinab. Die Türklinke war schwergängig, wehrte sich förmlich dagegen herunter gedrückt zu werden. Doch am Ende gab sie nach. Pakhet öffnete die Tür und sprang gleichzeitig zur Seite. Eine weise Entscheidung denn nur den Bruchteil einer Sekunde, nachdem die Tür gänzlich geöffnet war, schoss der dunkle Schlangenkopf daraus hervor. Pakhet schoss. Ein Mal. Zwei Mal. Drei Mal. Vier Mal. Der erste Schuss traf die Schlange in den Nacken, der zweite in den Rücken, beim dritten schaffte es Pakhet, nachzuregulieren und traf die Schlange knapp unterhalb der Schädelplatte, beim vierten genau in den Kopf. Sie sprang vor, zog mit der Prothesenhand etwas ungeschickt ihr Messer und stach damit der momentan gelähmten Schlange zwischen die glühenden Augen, ließ das Messer stecken. Dann holte sie den Beutel mit dem Puder hervor. Was sollte sie eigentlich damit machen? Wahrscheinlich hätte sie fragen sollen, aver in der gedrückten Stille in Mhambis Scheune hatte sie daran nicht gedacht. Also tat sie, was ihr am sinnvollsten erschien und streute etwas über den Kopf der Schlange. Es funktionierte: Wie glühendes Metall fraß sich das Puder in die Haut der Schlange, bis ihr Körper zu glühen begann und nach und nach zu Asche zerfiel. Pakhet hatte jedoch keine Zeit, ihre Arbeit zu bewundern, da sich im nächsten Moment ein Schakal über ihr materialisierte. Von ihm hatte sie jedoch weit weniger Respekt, als vor der Schlange. In der linken noch immer den Beutel, hob sie mit der Rechten die Pistole und schoss. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Sie erwischte den überdimensionierten Schakal in der Luft. Zwei Schüsse trafen seine Brust, der dritte seinen Schädel. Wie schon der Schakal im Kasino zerfiel auch dieser zitternd. Pakhet wandte sich ab, lief durch die offene Tür und fand sich im nächsten Moment wieder in jenem runden Zimmer, dessen Boden mit menschlichen Überresten bedeckt war. Der Körper der Schlange war verschwunden, dafür jedoch kniete wieder der abgemagerte Mann in der Mitte. Bewegte er sich je von hier fort? Oder bewegte er einfach die Taschendimension um sich herum mit seiner bloßen Willenskraft? Zwei Sekunden lang zögerte Pakhet. Sie hatte noch drei Schuss im Magazin. Sollte sie es austauschen, bevor das nächste Monster sie angriff? Dann wiederum, wenn sie den Mann einfach erschoss  … Sie musste hoffen, dass die Taschendimension nicht automatisch in sich zusammenfiel! Sie machte einen Schritt nach vorne. Sie hasste es auf Leute zu schießen, die sich nicht wehrten. Wusste er überhaupt, dass sie da war? Es kam ihr feige vor. Nein! Natürlich wusste er, dass sie da war. Er hatte die Dämonen kontrolliert, dessen war sie sich beinahe sicher! Noch ein Schritt, dann schoss sie. Doch ihr Schuss traf nicht. Ein Wesen materialisierte sich vor dem Mann. Ein Wesen, das weder Schlange, noch Schakal war. Es war ein großgewachsener Katzenkörper, der sich vor Pakhet zeigte. Größer, als sogar Löwe oder Tiger. Das Fell war braun, doch das erschreckende war der Kopf. Es war der Kopf eines Menschen. Eine Sphinx. Das war ein ägyptisches Wesen, das sogar Pakhet erkannte. Der menschliche Kopf war weiblich, jedoch glatzköpfig, das Gesicht eingefallen, aber nicht alt. Es war von Wut verzerrt und wie beide Schlange und Schakal glühten die Augen. „Shem“, zischte sie. Pakhet zielte auf den Kopf der Sphinx, als ein Knallen sie zusammenzucken ließ. Die Tür war hinter ihr zugeschlagen. Etwas sagte sie, dass sie hier nur herauskam, wenn sie den Magier tötete. Sie feuerte ihre letzten zwei Schuss in Richtung des Magiers, doch die Sphinx stellte sich ihr in den Weg, fing die Kugeln ab, schrie zischten auf, wandte sich dann mit einem äußerst katzenhaften Fauchen Pakhet zu. Erneut sprach sie, dieses Mal jedoch gebrochenes und schwer verständliches Englisch. „Verschwinde von hier, Mensch.“ Oh, wie Klischee. Einen Menschen als „Mensch“ anzusprechen. Pakhet verzog das Gesicht zu einem herablassenden Lächeln. „Ihr habt gerade die Tür hinter mir zugeschlagen.“ Wieder fauchte die Sphinx und sprang auf sie zu. Sie streckte die Klauen vor sich aus, wie es auch eine Wildkatze tun würde. Beinahe wurde Pakhet getroffen. Der glitschige, unebene Boden machte es ihr schwer, sich zu bewegen. Verdammt, sie wollte nicht auf dem Boden landen, sie wollte ihn möglichst nicht beachten. Sie griff nach dem Magazin an ihrem Gürtel, ließ ihr altes Magazin einfach zu Boden fallen, als die Sphinx erneut angriff. Mit so wenig Bewegung wie möglich, trat Pakhet zur Seite, rechnete dabei jedoch nicht mit der Schnelligkeit des Katzenwesens, das zu ihr herumfuhr und nach ihr kratzte. Doch sie hatte Glück. Die das Leder ihrer Jacke schützte sie vor den Klauen. Sie steckte das Magazin in ihre Waffe, feuerte zwei Kugeln ab, denen die Sphinx mit einem Sprung nach hinten auswich. Verdammt, wenn Pakhet es doch nur schaffen würde, den Magier auszuschalten. Es wäre so viel einfacher, als sich mit diesem Ungeheuer zu bekämpfen. Konnte sie die Sphinx hereinlegen? Immerhin hieß es, dass die Katzenwesen intelligent waren. Was wäre, wenn sie  … Sie wechselte den Beutel in ihre rechte Hand, die Pistole in die Linke, wich einem weiteren Angriff aus, indem sie sich duckte. Sie war nun hinter dem Mann in der Mitte des Raumes, vielleicht  … Sie bemerkte, wie die Luft aus ihren Lungen wich. Es wurde schwer zu atmen. Nicht schon wieder! Ihr war klar, dass es derselbe Zauber war, der sie auch das letzte Mal der Schlange ausgeliefert hatte. Ihre Muskeln sträubten sich gegen sie, wollten keine weitere Bewegung vollführen. Nutzlos baumte das Säckchen an ihrer rechten Hand. Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht der Sphinx aus. Ihre Lippen spalteten sich ungewöhnlich weit. Dann öffnete sich ihr Mund. Ihr Unterkiefer klappte unmenschlich weit nach unten und zeigte zwei Reihen unmenschlich spitzer Zähne. Mit glühenden Augen und triumphierenden Jaulen sprang die Katze auf Pakhet zu. Der Magier hatte nicht gelernt. Er hatte vielleicht nicht verstanden, was das letzte Mal geschehen war. Ihre Prothese bewegte sich, hob sich. Der metallene Finger hob sich über den Abzug und feuerte. Ein Mal, zwei Mal  … Gesamt fünf Mal drückte sie ab, traf mit zwei Schuss die Sphinx in den Kopf, mit dem dritten in die Brust. Die Energie der Schüsse reichte, um die Sphinx zurückzuwerfen, auf den blutigen Boden fallen zu lassen. Noch immer konnte Pakhet ihren Körper nicht bewegen. Es fiel ihr schwer zu atmen, doch ihre Prothese bewegte sich. Sie musste nicht genau schießen, musste den Magier nur tödlich verletzten. Und so feuerte sie die letzten drei Kugeln ab. Eine verfehlte, doch die anderen beiden bohrten sich zwischen seine Schultern. Ein Zittern lief durch seinen Körper, dann entwich Atem seiner Kehle. Langsam, fast wie in Zeitlupe kippte sein Körper zur Seite und blieb auf dem Boden liegen. Ihre Lähmung verschwand zusammen mit der Sphinx, die zu goldenem Staub zerfiel. Ein Beben erschütterte den Raum. Also hatte er die Taschendimension erschaffen. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass die Tür sich öffnen ließ. Pakhet lief, rannte auf die Tür zu. Wie auch beim letzten Mal schien der Weg unnatürlich lang, schien sich zu verzerren. Egal. Sie würde sie erreichen. Jeden Moment. Weiter bebte der Boden, als sich Pakhets Hand auf die Türklinke legte. „Dened!“, rief eine Stimme hinter ihr. „Was?“ Unwillkürlich fuhr Pakhet herum. Der Raum schien zu zerbrechen. Wie Scherben verschwanden die Wände in einem dunklen Nebel. Doch da, am anderen Ende des Raumes oder viel eher da, wo das Ende des Raums gewesen war, stand eine dunkelhäutige Frau, die abgesehen von einem reinen, weißen Lendenschurz nackt war. Nun, Frau. War es eine Frau? Denn während ein Frauenkopf den Hals der Sphinx geziert hatte, so saß der Kopf einer Löwin auf dem Kopf dieser Frau, die einen Bogen spannte. Pakhet sah keinen Pfeil, sah jedoch die Sehne schnellen und dann … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)