Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [29.08.2011 – X14 – Angriff] ---------------------------- Es war kurz nach zehn, als sie das Okay von Bhuta bekamen. Der Einsatz am Hotel hatte begonnen, also würden auch sie sich auf den Weg machen. Trixie, die Möwe, hatte bereits die Lage ausgekundschaftet. Auch wenn Pakhet nicht sicher war, inwieweit sie sich auf die Möwe verlassen konnten, so war sie dankbar für die Informationen. Sie parkten den Transporter vier Blöcke vom Wasserwerk entfernt, stiegen aus. Pakhet und Heidenstein aktivierten die Armreife. Zwar war davon auszugehen, dass ihre Gegner damit rechneten, etwaig vorgesorgt hatten, doch es würde ihnen dennoch einen Vorteil geben. Sie hatten allesamt Walkie-Talkies, auch wenn Pakhet ihres bereits auf lautlos gestellt hatte. Es würde dennoch leicht vibrieren – etwas, das moderne Walkie-Talkies, die mittlerweile klein genug waren, um in eine geschlossene Faust zu passen – konnten. Sie konnte nicht riskieren, dass jemand eine Nachricht hörte, während sie sich anschlich. „Wir gehen vor“, sagte sie und sah zu Murphy, Jack und Siobhan, die allesamt nickten. Trixie, die eine mentale Verbindung mit Siobhan teilte, saß auf einer Straßenlaterne direkt vor dem verlassenen Gelände der Wasserwerke, um Ausschau zu halten. Pakhet lief los, wohl wissend, dass Heidenstein an ihrer Seite war, während Siobhan hinter ihnen ebenfalls die Gestalt einer Möwe annahm. Anders als Murphy hatte sie ihre Kleidung gebunden, so dass diese einfach verschwand. Magie war seltsam, also machte es auch keinen Sinn darüber nachzudenken. Pakhet hastete die Straße entlang, bemüht sich im Schatten der Gebäude zu halten. Der Vorteil der zentralen Lage, war die Höhe der Gebäude. Sie boten mehr Schatten, mehr tote Winkel um sich zu verstecken. Gleichzeitig war die Gegend jedoch übersichtlicher, als die Flats. Es war schwerer, einfach zu verschwinden. Das Walkie-Talkie vibrierte. Pakhet griff danach – es hing an ihrem Kragen – und betätigte den Knopf. „Ja?“ „Zwei Wachen direkt auf den Häusern vor dem Gelände“, kam die doppelt verzerrte Stimme Siobhans durch das Gerät. „Welche Gebäude?“ „Bläuliches Haus, helles Dach“, erwiderte Siobhan. „Das zweite normales Haus. Rote Ziegel.“ „Danke.“ Die Gegend war besser, wenngleich nicht ganz so gut, wie im Norden des Tafelbergs. Was sie umgab, waren relativ eng gestellte Mittelklassehäuser. Suburbia. Alle mit Garten, viele mit Pool. Nachteilig für einen Hinterhalt, stellte Pakhet fest. Immerhin achteten Leute hier eher darauf, wenn jemand auf einem Dach saß – davon abgesehen, dass es hier beinahe durchgängig nur Giebeldächer gab. „Pakhet?“ Heidensteins Stimme. „Ich kümmer mich drum“, erwiderte sie. Es lag nicht am Zweifel an seinen Fähigkeiten, nicht einmal daran, dass sie ihn nicht gefährden wollte. Vorrangig ging es ihr darum, dass sie problemlos auf die oftmals nur ein oder zwei Etagen hohen Häuser hinauf kam. Er nicht. Sie machte die Häuser am Ende der Straße aus und blickte sich um. Wenn sie ihre Energie konzentrierte sollte sie es hier schaffen von Haus zu Haus zu springen. Gut. Also nahm sie Anlauf, sprang auf das erste Haus zu ihrer Rechten. Auch ihre Angreifer schienen einen Zauber zu nutzen, um sich zumindest vor menschlichen Augen zu verbergen. Selbst als sie auf Höhe der Dächer war, konnte sie den ersten Umriss vier Häuser entfernt nur erahnen. Sie hielt sich auf der anderen Seite der Giebel. Sofern es keinen von Siobhan und Trixie ungesehenen Angreifer gab, sollte sie so den meisten Blicken entgehen. Sie hatte Glück: Offenbar wäre die Gestalt des Scharfschützen – es musste ein Scharfschütze sein – vor dem klaren Himmel aufgefallen. Deswegen war er tiefer auf das Dach gegangen, um im Schatten sich vor Blicken zu schützen. Und dabei auf der Seite der Straße geblieben. Sie stellte sicher, dass sie niemand von der Straße aus beobachtete, dann sprang sie zum nächsten Dach. Dann weiter. Mit dem dritten Sprung erreichte sie das richtige Dach. Auch wenn sie sich bemühte ruhig zu bleiben, klackten die Ziegel, als sie landeten. Der Schütze horchte auf. Sein Umriss bewegte sich. Mit einem Blick auf die Straße, die für den Moment leer war, lief sie auf die verschwommene Gestalt zu, einen der losen Betäubungsdarts in der Hand. Sie schaffte es den Mann zu greifen zu bekommen, drückte den Dart in seine Brust und nahm in dann in den Schwitzkasten, hielt ihn fest. Er rang mit ihr, versuchte sich, samt ihr, vom Dach zu werfen, doch dann, nach zwanzig oder dreißig Sekunden verlor er langsam die Kontrolle. Seine Bewegungen wurden unkoordinierter. Pakhet ließ sich vorsichtig mit ihm zusammen auf das Dach zurücksinken. Zum Glück war die Steigung nicht zu extrem. Er wurde nicht sichtbar, was hieß, dass der Zauber von jemand anderen aufrecht erhalten wurde. Einem Dämon? Vielleicht. Sie legte ihn vorsichtig ab, so dass er mit den Füßen in Richtung des Dachrandes zeigte. So würde er nicht runterrollen. Es war nicht ihr Problem, wenn jemand sich über ihn wunderte, sobald er sichtbar wurde. Sie sprang runter, als das scharfe Geräusch eines gedämpften Schusses erklang. Eine Sache, die Filme ständig falsch machten: Selbst mit einem Schalldämpfer klang der Schuss einer normalen Pistole laut, vor allem in der Stille des vormittaglichen Suburbias. Noch lauter klang allerdings das zerspringende Fenster, dass die Kugel offenbar getroffen hatte. Das musste der andere Scharfschütze sein. Entweder hatte er sie gesehen oder war vom Dämon vorgewarnt worden. Pakhet war nicht sicher. Sie sprintete zur Straße, versuchte den Angreifer zu erspähen, als ein dunkler Schatten über sie hinweg sauste. Im Nächsten Moment landete eine Dohle auf dem Dach und das Donnern eines elektrischen Schlags erklang. Eine Frauenstimme schrie auf und dann verriet ein dumpfer Aufprall, dass die Angreiferin im Gebüsch vor dem Gebäude gelandet war. Die Dohle segelte hinab und sah in die Richtung, in der sie offenbar Pakhet und Heidenstein vermutete, verbeugte sich, wie ein Schausteller im Theater nach einem komplizierten Kunststück. „Welcher Teil von 'Wir gehen vor' ist so schwer zu verstehen?“, fragte Pakhet leise. „Gern geschehen, Pakhet“, erwiderte der Rabe krächzend. Er legte den Kopf schief. „Komm“, meinte Heidenstein neben ihr. „Ich halte die Stellung.“ Der Rabe flatterte aufs nächste Dach. Vorsichtig nickte Pakhet. Sie spürte Heidensteins Hand, die nach ihrem rechten Arm tastete und ihn griff, wohl, um sie in der Nähe zu wissen. „Okay“, flüsterte sie. Es hatte keinen Sinn zu diskutieren. Sie wandte sich zum Gehen, spürte, wie Heidenstein dasselbe tat. Wieso begleitete der Idiot sie eigentlich? Warum ließ sie Idiot das eigentlich zu? Sie konnte den Zaun, der das recht weitläufige Gelände des Wasserwerks umgab, sehen. Er war nicht wirklich hoch und dankbarerweise befestigt, so dass auch Heidenstein hinüberkommen sollte, ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen. Laut der Satellitenbilder, die sie gesehen hatte, war das Wasserwerk von knapp zweihundert Metern freier Fläche umgeben, die ihres Wissens vorrangig dienten, um Grundwasserverunreinigungen zu verhindern. Das Wasserwerk war nie wirklich in Betrieb genommen worden. Es war ein städtisches Projekt gewesen, soweit Pakhet wusste, doch dann hatte einer der anliegenden Winzereien, von denen es am Tafelberg mehrere gab, die Rechte für den Grundwasserzugang gekauft. Jedenfalls war das, was sie hatte herausfinden können. Vielleicht war hinter den Kulissen noch anderes abgelaufen. Ein letztes Mal schaute sie sich um. Hier schien sonst niemand zu sein. Kein weiterer Hinterhalt. Wie viele Leute waren wohl da? Sie schätzte etwas zwischen acht und fünfzehn Angreifern. Vielleicht zwanzig. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)