Wenn das Schicksal zum Verräter wird von ManamiSaitou ================================================================================ Kapitel 24: Ankunft in der Ungewissheit --------------------------------------- Nach einer dreistündigen Zugfahrt mit dem Shinkansen hatten Manami und Takehito dann endlich ihren Zielbahnhof erreicht. Ein mulmiges Gefühl lag dem jungen Mädchen im Bauch. Sie hatte immer noch berechtigte Zweifel an dieser ganzen Angelegenheit. Aber jetzt gab es ohnehin kein Zurück mehr. Dennoch machte ihr ihre ungewisse Zukunft sehr zu schaffen. Nicht zu wissen wie es weiter gehen würde, raubte ihr fast den Verstand. Noch immer konnte sie nicht verstehen, dass dieser Krimifreak die ganze Situation so gelassen sehen konnte. Es war noch früher Nachmittag an einem sonnigen Sonntag, als die beiden in Kyoto ankamen. Noch immer hatte Manami nichts wieder gesagt. Seit der Diskussion über den Schulbesuch in Kyoto schwieg sie wie ein Grab. Das junge Mädchen wirkte traurig und niedergeschlagen. Man musste kein Detektiv sein um das zu erkennen. Natürlich blieb dies von ihrem Freund nicht unbemerkt und er hatte durchaus Mitleid mit seiner Begleiterin. Ihm schien erst jetzt völlig bewusst zu werden, was er da eigentlich von den beiden Teenagern abverlangte. Auch wenn er nach außen völlig ruhig und entspannt wirkte, sah es in ihm ganz anders aus. Bei der Entwicklung seines Planes war ihm wohl bewusst, dass es nicht einfach sein würde diesen in die Tat umzusetzen. Dass er allerdings schon jetzt, ganz zu Beginn des Unterfangens ins Grübeln geriet, hatte er nicht geahnt. Aber er musste jetzt stark sein. Nicht nur für sich, sondern auch für Manami. Er musste ihr in der jetzigen Situation den Halt und die Sicherheit bieten, die sie so dringend benötigte. Dennoch... Völlig auf sich allein gestellt, während eine kriminelle Vereinigung nach ihnen suchte, in einer Stadt, die den beiden völlig fremd war, sollten sie nun unter falschem Namen in den nächsten Wochen oder Monaten Schutz finden. Selbst er schien nach und nach zu begreifen, dass das eigentlich der absolute Irrsinn war. Die Geschichte klang, als würde sie einem ganz schlechten Kriminalroman entsprungen sein. Allerdings war es Realität und Manami und Takehito waren die Hauptprotagonisten dieses schlechten Krimis. Doch nun war es einfach so. Er hatte sich diesen Plan überlegt, jetzt musste er auch dahinter stehen und es ohne jeden Zweifel durch ziehen. Solange er und seine Freundin zusammen waren, war es an sich auch nur halb so schlimm. Ein Zurück gab es jetzt ohnehin nicht mehr. Wohl oder übel mussten die beiden Teenager nun mit der Situation leben. Wobei Takehito sich noch immer nicht ganz sicher war, ob Manami dem Druck standhalten könne, der zwangsläufig auf ihr lastete. Aber es brachte auch nichts sich jetzt Gedanken darüber zu machen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Auch wenn er wusste, dass er ein begnadeter Detektiv war... in die Zukunft sehen, konnte er nicht. Ob sein Plan wirklich so gut durchdacht war wie er dachte und Manami die Kraft hatte den Plan bis zum bitteren Ende durch zu ziehen, würde einzig und allein die Zukunft zeigen. Und erst, wenn es dann tatsächlich so war, dass sie unter dem enormen Druck zusammen brach... dann konnte er sich immer noch überlegen wie es weiter gehen sollte. Ihm würde dann sicher auch etwas einfallen. Wie angewurzelt stand Manami auf dem Bahnsteig und blickte ins Leere. „Ich halte es für das Beste, wenn wir jetzt erst einmal zu unserem Appartement aufbrechen. Mein Großvater hat sich wirklich Mühe gegeben uns ein schönes Appartement auszusuchen. Es wird dir sicher gefallen, Manami.", stieß er zaghaft hervor. Er versuchte so überzeugend wie nur möglich zu klingen, in der Hoffnung ihre Stimmung ein Müh zu heben. Vergebens... Ihre Stimmung schien sich mit nichts verbessern zu lassen. Sie schien am Boden zerstört zu sein. Und dafür gab es auch einen Grund. Ihr ganzes Leben war bisher von Schatten und Enttäuschungen überhäuft... Ihre Eltern schienen sie abgrundtief zu hassen, ihre Mitschüler mieden ihre bloße Anwesenheit und jetzt... Jetzt musste sie auch noch vorgeben jemand zu sein, der sie in Wirklichkeit gar nicht war. Würde ihr in ihrem Leben auch jemals etwas Gutes wiederfahren? Immer wieder fragte sie sich, was sie getan haben musste, dass ihr nichts Gutes vergönnt war. Aber vielleicht hatte sie das alles auch wirklich verdient. Monoton erwiderte sie schließlich: „Vermutlich..." Mehr als dieses eine Wort brachte sie nicht über ihre Lippen. Takehito seufzte. Wie konnte er sie nur wieder etwas aufheitern? Mit was konnte er ihr nur eine Freude machen? Ihm tat es in der Seele weh seine beste Freundin so leiden zu sehen. So langsam aber sicher war er ratlos. Schweigsam begaben sich die beiden Teenager zu Fuß auf den Weg zu ihrem Appartement. Dieses war gar nicht so weit entfernt von dem Bahnhof, an dem sie aus dem Shinkansen ausgestiegen waren. Meter für Meter setzten die Teenager einen Fuß vor den anderen. Bis Manami urplötzlich stehen blieb. Takehito wandte sich zu ihr um und sah ihr fragend ins Gesicht. „Was ist?", fragte er sie besorgt. Sie starrte auf den Boden. Es schien als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen. „Takehito, kann... kann ich dich etwas fragen?", murmelte sie in einem kaum hörbaren Ton. „Nur zu. Du kannst mich fragen was immer du möchtest...", entgegnete er. Es dauerte auch nur einige Sekunden, ehe sie dann ihre Frage über ihre Lippen brachte: „Bist du zufrieden, Takehito? Bist du glücklich damit, wie es gerade ist?" Sofort erwiderte er: „Wie kommst du darauf? Meinst du wirklich, dass mich die momentane Situation in der wir uns befinden zufrieden stimmt? Wohl kaum. Ich würde jetzt auch viel lieber in Tokio in einem Café sitzen und unbeschwert einen Kaffee schlürfen. Glaub mir, Manami... Hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, hätte ich das alles hier niemals von dir verlangt." „Hättest du dich gern von ihr verabschiedet?", wurde er von ihr unterbrochen. Mit großen Augen sah er sie an. „Verabschiedet? Von wem?", hakte er neugierig nach. Mit brüchiger Stimme fuhr sie fort: „Von Sakura... Ich weiß wie wichtig sie dir ist. Auch wenn du es nie ihr gegenüber zugeben würdest... ich weiß dass du sie magst. Fühlst du dich gut damit, dass du dich nicht von ihr verabschiedet hast?" Urplötzlich wurde sein Gesichtsausdruck sehr traurig. Noch nie zuvor hatte sie den sonst so souveränen Krimifreak gesehen. Scheinbar hatte sie mit ihrer Aussage mitten ins Schwarze getroffen. Er richtete seinen Blick auf den Boden. Es dauerte eine Weile ehe er antworten konnte. Überzeugt sprach er: „Es ist schon ganz gut so wie es ist, Manami. Ich hatte meine Gründe mich nicht von Sakura zu verabschieden. Ich will einfach nicht, dass sie mich vermisst und traurig ist. Deshalb ist es wahrscheinlich ganz gut so, dass ich einfach so verschwunden bin. Hätte ich mich von ihr verabschiedet, wäre ich gezwungen gewesen in ihr trauriges Gesicht zu schauen. Außerdem hätte ich sie wahrscheinlich nicht anlügen können. Wenn sie von mir alles über die Umstände meines Verschwindens erfahren würde, dann würde sie nur noch mehr leiden, weil sie sich um mich sorgen würde. Und ich weiß, dass ich das niemals ertragen könnte. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen um mich macht. Was hätte ich ihr auch sagen sollen? Das einzige was ich ihr hätte sagen können ist, dass sie auf mich warten soll. Und selbst das wäre ziemlich egoistisch gewesen. Ich hätte ihr nämlich im gleichen Atemzug sagen müssen, dass ich sie nicht einmal besuchen kommen kann. Ich hab keine Ahnung wie lange wir als Yumi und Junichiro hier leben müssen. Was hätte ich ihr also sagen sollen? Ich kann sie doch nicht auf ewig vertrösten. Das hat sie nicht verdient. Das macht mich selbst total verrückt. Ich will nicht schuld daran sein, dass sie vor Sehnsucht zergeht und weint. Das könnte ich einfach nicht ertragen. Das einzige, was ich möchte ist, dass Sakura glücklich ist. Auch wenn das bedeutet, dass ich aus ihrem Leben verschwinden muss." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, wandte er sich um und wollte seinen Weg fortsetzen. „Takehito, warte...", stieß Manami hervor. Doch für Takehito schien die Unterhaltung beendet zu sein. Ohne sie anzusehen, stieß er hervor: „Lass es einfach, Manami. Ich möchte nicht weiter darüber reden." Sie akzeptierte seinen Wunsch und ging nicht weiter auf dieses Thema ein. Schweigsam folgte sie ihm. Hosted by Animexx e.V. 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