Ein unerwartetes Wiedersehen von Kerstin-san ================================================================================ Kapitel 1: Ein unerwartetes Wiedersehen --------------------------------------- Es ist ein warmer Frühlingstag als Amy, mit einer gut gefüllten Einkaufstüte bepackt, den Supermarkt verlässt. Im Laden selbst war es eiskalt, sodass sie für ihre wärmende Lederjacke dankbar war, aber jetzt, wo die Sonne ihre geballte Kraft entfaltet, erscheint sie ihr fast überflüssig. Genießerisch schließt die junge Frau die Augen und atmet tief ein. Sie liebt den Frühling. Nichts gegen den Sommer und die Shorts und kurzen Kleider, die sie dann tragen kann, aber gegen die ersten Sonnenstrahlen nach so vielen trüben und kalten Tagen, kommt auch der Sommer einfach nicht an. Amys rote Haare fliegen in einer lauen Brise leicht durch die Luft und ungeduldig wischt sie sich eine störende Strähne bei Seite, als sie auf der Straße gegenüber einen Mann mit einem langen braunen Mantel und wild durcheinander stehenden Haaren erspäht. Der vertraute Anblick versetzt sie kurzfristig in eine Schockstarre.   „Doctor!“, ruft sie dann aber fast schon reflexartig und der Mann dreht sich bei ihrem Ausruf tatsächlich zu ihr herum. Mit einem kurzen Blick nach links und dann nach rechts hastet Amy über die Straße und eilt mit wehenden Haaren die letzten Meter auf ihn zu. „Doctor! Sie sind es wirklich“, ruft sie begeistert, während der Mann vor ihr sie nur verwirrt anstarrt und sich unschlüssig am Kopf kratzt. „Entschuldigen Sie, ich glaube nicht, dass wir uns kennen“, sagt er zögernd und Amys Herz scheint bei der vertrauten Stimme kurz auszusetzen. Ihr Blick wandert über den Nadelstreifenanzug, der zugegebenermaßen in einem wesentlich besseren Zustand ist, als sie ihn in Erinnerung hatte, den langen Mantel, den der Doctor das letzte Mal definitiv noch nicht an hatte, und schließlich weiter zu einem seltsam anmutenden metallisches Gerät, aus dem mehrere Antennen herausragen und die gerade auf sie gerichtet sind, ehe sie dem Mann vor ihr zögernd ins Gesicht blickt. Dort trifft sie auf ein Paar brauner Augen, das sie mit ähnlich großem Interesse in Augenschein nimmt. „Aber Sie…“, setzt Amy verwirrt an. „Natürlich kennen Sie mich. Die Bruchlandung in meinem Garten? Vor zwölf Jahren?“, fragt sie hoffnungsvoll, aber der Mann vor ihr sieht nicht aus, als würde ihm das etwas sagen. „Ich fürchte nicht“, bestätigt er ihre Befürchtung und lächelt entschuldigend. Mit einem Mal verärgert, verschränkt Amy ihre Arme vor der Brust und starrt ihm herausfordernd in die Augen. Sie weiß ja wohl noch, wen sie damals gesehen hat. Sie war zwar noch ein kleines Mädchen, aber so etwas vergisst man nicht einfach. „Haben Sie vielleicht noch einen Zwillingsbruder?“, erkundigt sie sich daher spitz, denn es ist unmöglich, dass es sich hier nicht um denselben Mann handelt, der ihr vor so vielen Jahren in ihrem Garten begegnet ist, aber wieder schüttelt ihr Gegenüber verneinend den Kopf. „Ich bedaure, aber nein. Keine Familie. Es gibt nur noch mich.“ Kritisch unterzieht sie ihn einer weiteren Musterung. Er sieht dem Mann aus jener Nacht zum Verwechseln ähnlich und doch scheint er sie wirklich nicht zu erkennen. Amys eben noch felsenfeste Zuversicht gerät etwas ins Wanken. „Aber das mit der Bruchlandung klingt spannend“, wird sie in ihren Gedanken unterbrochen und der Mann vor ihr streckt seine Hand aus. „John Smith“, stellt er sich vor und unschlüssig ergreift Amy die dargebotenen Finger. „Ich bin Amy“, murmelt sie in der Hoffnung, dass ihm wenigstens ihr Name etwas sagt. „Amy Pond.“ Sie zögert kurz. „Eigentlich Amelia“, fügt sie dann aber doch noch widerstrebend hinzu, obwohl sie ihren Spitznamen viel lieber mag. „Amy, eigentlich Amelia Pond“, meint der Fremde nachdenklich und mustert sie so intensiv, als wäre sie ein besonders interessantes Rätsel, das es zu lösen gelte. Ganz offensichtlich löst auch ihr Name keinerlei Erinnerung in ihm aus. „Wollen Sie mir von dieser Bruchlandung erzählen?“, fragt er ehrlich interessiert und wippt auf seinen Fußballen vor und zurück. Amy holt unentschlossen tief Luft, aber bevor sie ihm eine ablehnende Antwort geben kann, ertönt vor ihr ein warnender Piepton und hinter ihr ein tiefes Knurren. Der Blick von Mister Smith wird leicht panisch, während er über ihre Schulter starrt. „Vielleicht doch lieber später“, ruft er hektisch, ehe er ihre Hand packt und sie mit sich zieht. „Hey!“, protestiert Amy, während sie ihm überrascht hinterherstolpert und die Einkaufstüte in ihrer Hand gefährlich hin- und her schwankt. „Was fällt Ihnen ein?“, fragt sie wütend und stemmt sich mit aller Macht gegen seinen Griff. Ein weiteres bedrohliches Knurren veranlasst sie dazu, über ihre Schulter zu sehen. Ihr Blick fällt dabei auf einen Mann auf der anderen Straßenseite, der gerade mit einem großen angeleinten Hund und ohne nach rechts oder links zu blicken, die Straße überquert. Nur, dass es nicht der schwarze Hund ist, der das animalische Knurren von sich gibt. Es ist der Mann. Amy schluckt kurz, als sie die gefletschten und seltsam nadelartig anmutenden Zähne des Mannes anstarrt. Das ist surreal. Nur ein Traum oder wieder einmal ihre lebhafte Fantasie.   „Amy, laufen Sie. Sofort!“, brüllt Mister Smith und zerrt sie mit sich. Diesmal beschließen Amys Beine ihm zu folgen und als John Smith bemerkt, dass sie keine Anstalten macht, stehen zu bleiben oder sich weiter gegen seinen Griff zu wehren, beschleunigt er sein Tempo und lässt ihren Arm los, um aufgeregt nach links zu zeigen. „Da lang!“, brüllt er und biegt mit wehendem Mantel ab. Amy hat Mühe ihm zu folgen und das, obwohl sie heute ausnahmsweise einmal flache Schuhe trägt. Mein Gott, sie wollte doch nur noch kurz einkaufen und jetzt sprintet sie gemeinsam mit irgendeinem fremden Kerl durch Leadworth. „Was ist das?“, ruft sie panisch, während sie um die nächste Kurve schlittert und sich beeilt, John Smith weiter hinterher zu rennen. Sie wirft erneut einen Blick zurück und stellt fest, dass sich nun auch der fremde Mann und sein Hund bedeutend schneller bewegen. Die Augen des Mannes sind fest auf Mister Smith gerichtet, wie ein Jäger, der gerade konzentriert die Spur seiner Beute aufgenommen hat. „Erkläre ich Ihnen später, erstmal müssen wir ihn unschädlich machen“, entgegnet John Smith und blickt hochkonzentriert auf sein metallisches Gerät. Das Ding gibt auf einmal einen besonders schrillen Ton von sich und abrupt wendet sich John Smith einer kleinen, unscheinbare Seitengasse zu und stürmt weiter über Kopfsteinpflaster, das schon deutlich bessere Tage gesehen hat. Aber auch das schüttelt ihren Verfolger nicht ab. Er scheint eher noch näher zu kommen. „Wen unschädlich machen?“, fragt Amy verdutzt und schnappt gleichzeitig keuchend nach Luft. Nicht zu glauben, dass ihr ihre schlechte Kondition ausgerechnet jetzt einen Strich durch die Rechnung machen muss! Wütend schleudert Amy ihre Einkaufstüte nach hinten. Die frisch gekauften Mandarinen und mehrere Äpfel purzeln munter über den Boden, aber zu ihrem Leidwesen verrät ihr ein weiterer hastiger Blick zurück, dass auch das den Mann und seinen Hund nicht ausbremst. Sie springen einfach über das Obst und geraten nicht einmal ins Straucheln. Mist, in Filmen funktioniert so etwas doch auch immer.   „Den Hund“, entgegnet John Smith nonchalant, als wäre das offensichtlich. Frustrierenderweise scheint er kein bisschen außer Atem zu sein. Er schafft es auch zu laufen und dabei immer wieder konzentrierte Blicke auf den fremdartigen Apparat in seinen Händen zu richten, ohne dabei über seine eigenen Füße zu fallen. Ziemlich unfair. „Den Hund?!“, erkundigt Amy sich verdutzt. Ohne das störende Gewicht an ihrem Handgelenk lässt es sich gleich viel besser laufen und es fällt ihr etwas leichter, das hohe Tempo zu halten. „Den Hund. Den Mann. Den Mann mit dem Hund, wobei es sich da genau genommen um ein und dasselbe Wesen handelt.“ „Was?“ Amy versteht gerade überhaupt nichts mehr. Wie können der Mann und der Hund ein Wesen sein? Sicher, es gibt sowohl bei Menschen als auch bei Tieren siamesische Zwillinge, aber doch nicht bei einem Mensch und einem Tier. Mister Smith wedelt mit dem hektisch vor sich hin piependen Gerät herum. Mehrere rote und gelbe Lampen blinken wild durcheinander. „Das ist ein Sensor. Zum Aufspüren nichthumanoider Lebensformen. Und nebenbei ein Navigationsgerät. Halt, hier rein!“ Mit diesen Worten packt er Amy am Arm und biegt wieder einmal ab. Wer hätte gedacht, dass es in Leadworth so viele verwinkelte Gässchen gibt? „Ich versuche seit Tagen die Lebensform zu finden, die sich hier versteckt hält“, erklärt er weiter. „Nichtmenschlich?“, bringt Amy nur schwach hervor und John Smith nickt zustimmend. „Es handelt sich hier um eine interdimensionale multiple Form.“ Nach einem kurzen Seitenblick auf Amy und ihren verdutzten Gesichtsausdruck verdreht er seine Augen. „Oder einfacher ausgedrückt: Eine außerirdische Lebensform und wenn sie nicht gefressen oder sonst wie getötet werden wollen, beeilen Sie sich bitte. Wir müssen noch ein ganzes Stück weiter.“   Amy schluckt etwaige Widerworte vorerst hinunter, sie muss zugeben, dass die Erklärung, so unglaubwürdig sie auch auf den erstem Blick klingen mag, nicht verrückter als das ist, was sich hier gerade abspielt. Diese Zähne... Amy läuft ein kalter Schauer über den Rücken, als sie sich die fremdartigen Zähne des Mannes wieder in Erinnerung ruft. Ausgeschlossen, dass die von einem Menschen sein können. „Was will es denn hier?“, fragt Amy betont gelassen, während sie es krampfhaft vermeidet, einen weiteren Blick nach hinten zu werfen und stattdessen lieber zu Mister Smith hinübersieht. „Und wie ist es überhaupt hierher gekommen?“ Zu ihrem eigenen Ärger verrät ihre zitternde Stimme, dass sie keineswegs so beherrscht ist, wie sie es gerade vorgibt zu sein. Der Mann neben ihr kratzt sich verlegen am Kopf und sieht etwas bedröppelt aus. „Nun ja“, meint er zögernd, „Es könnte meine Schuld sein, dass es überhaupt hier ist.“ Amy wirft ihm einen skeptischen Blick zu. „Was soll das heißen, könnte?“, will sie misstrauisch wissen, während sie an mehreren alten Häusern vorbei eilen und Amy eine hastige Entschuldigung ruft, als sie beinahe eine betagte Frau über den Haufen rennt. Nur Sekunden später ist ein tiefes Knurren und dann der empörte Aufschrei der Frau zu hören. Entsetzt sieht Amy zurück, aber es scheint, als sei die ältere Dame lediglich zu Boden gestoßen worden. Wütend rappelt sie sich gerade wieder auf und schwenkt drohend ihre Fäuste hinter dem Mann und dem Hund her, die durch den Zusammenprall scheinbar etwas aus dem Tritt gekommen sind. Erleichtert atmet Amy aus. Nicht nur, dass der Frau nichts passiert ist, es scheint, als wäre es Amy und ihrem Begleiter auch gelungen, den Abstand zwischen sich und ihren Verfolgern zu vergrößern.   Mister Smith verzieht nachdenklich das Gesicht, während er einen prüfenden Blick auf den Sensor wirft und anschließend nach rechts schwenkt. So langsam hat Amy das Gefühl, dass ihr die Straßen wieder vertraut vorkommen. „Es wäre möglich, dass ich die Lebensform versehentlich als blinden Passagier mit auf die Erde gebracht habe.“ Als er Amys entgeisterten und wütenden Blick sieht, hebt er entschuldigend die Hände, wobei er sich dabei fast mit einer der metallischen Antennen ins Gesicht pikst. „Keine Sorge, das bekomme ich schon wieder hin. Ich arbeite ja schon daran. Wenn Sie nicht gewesen wären, hätte niemand auch nur bemerkt, dass sich hier ein Lebewesen herumtreibt, das nicht von der Erde stammt.“ „Ach, jetzt bin ich also Schuld?“, faucht Amy wütend. „Greifen Sie sich mal an ihre eigene Nase. Wie kann man denn nicht bemerken, dass man so ein Ding im Gepäck hat?“ Sie gestikuliert hektisch nach hinten und wie um sie in ihrer Antwort zu bestätigen, ertönt ein aufgebrachtes Knurren. Das Ding mag es offensichtlich nicht, dass jemand über es redet. Vielleicht gefällt es ihm aber auch nur nicht als „Ding“ bezeichnet zu werden. Mister Smith bleibt Amy eine vernünftige Erklärung schuldig, da er ihr nur das Wort „Wahrnehmungsfilter“ hinwirft. Metaphorisch gesehen natürlich. Vielleicht geht auch ihm langsam die Puste aus, rätselt die junge Frau, während sie gleichzeitig überlegt, was zum Teufel ein Wahrnehmungsfilter sein soll. Ist das überhaupt ein Wort? Amy schluckt, als ihr auf einmal ein ganz anderer Gedanke kommt. „Moment“, murmelt sie hektisch, während ihr Seitenstechen immer schlimmer wird. „Wenn sie sagen, dass sie es auf die Erde mitgebracht haben, von wo kommen Sie dann?“ Mister Smith wirft ihr einen überraschten Blick zu und öffnet seinen Mund, nur um ihn einige Sekundenbruchteile später wieder zu schließen. „Nicht von der Erde“, sagt er schließlich nur knapp. Gerade als Amy vor sich die vertraute Straße in Richtung des Postamtes ausmacht, piepst der Sensor in seinen Händen auf einmal kläglich auf, ehe plötzlich auch noch mehrere bunte Funken aufsprühen. „Nein, nein, nein! Komm schon!“, flucht Mister Smith frustriert und etwas verzweifelt, während er das metallische Gerät wild umherschüttelt und schließlich mit der freien Hand darauf einschlägt. Amy verkneift sich nur mühsam ein Schnauben. Wann hat so etwas jemals bei technischen Geräten funktioniert? Ihre Gedanken kreisen währenddessen noch immer um ihren seltsamen Begleiter. Nicht von der Erde. Also ist er auch ein Außerirdischer, ein Alien. Amy läuft ein Schauer über den Rücken. Wieso kann sie sich nur so schnell an den Gedanken gewöhnen, dass es Aliens gibt? Und dann auch noch ausgerechnet hier, im verschlafenen Leadworth? Vermutlich, weil du kurz davor stehst, zu Tode gehetzt oder gefressen zu werden, wirft ihr Verstand wenig hilfreich ein und Amy versucht, sich vorerst nur auf den Rhythmus ihrer trommelnden Füße zu kontrollieren. Einatmen. Ausatmen. Am Leben bleiben. „Hier lang!“, kommandiert Mister Smith schließlich, sieht aber zum ersten Mal etwas beunruhigt aus, während er noch immer erfolglos versucht, seinen Sensor wieder zum Funktionieren zu bringen und Amy nach links dirigiert. Kurz darauf finden Amy und ihr Begleiter sich vor einer hohen Backsteinmauer wieder. Mister Smith unterdrückt einen Fluch, ehe er einen hektischen Blick hinter sich wirft und Amy kurz entschlossen über einen Hinterhof zieht und mit ihr hinter einem Busch in Deckung geht. Den nutzlosen und jetzt verschmort riechenden Sensor stopft er in eine seiner Manteltaschen, während er sich suchend umblickt. Glücklicherweise ist von ihrem Verfolger noch nichts zu sehen, doch Amys Herz schlägt ihr bis zum Hals und ihr hektischer Atem kommt ihr unnatürlich laut vor. Was nun? Gleich wird der Außerirdische hier auftauchen und was dann? Ob er sie wohl wittern kann? Ihr Blick gleitet hektisch von rechts nach links, während das Adrenalin durch ihren Körper schießt. „Die Mülltonne!“, ruft sie schließlich und packt Mister Smith aufgeregt an seinem Mantelärmel, während sie zu einer Tonne zeigt, die an dem Ende der Backsteinmauer steht, das am weitesten von ihnen entfernt ist. Dessen Augen blitzen erleichtert auf, aber noch ehe er oder Amy sich in Bewegung setzen können, ist das Geräusch von trommelnden Schritten zu hören, das Amy erschrocken zusammenzucken lässt.   Sie muss Mister Smith nicht ansehen, um zu wissen, dass sie gerade das selbe denken: Zu spät! Sie können es nicht beide rechtzeitig über die Mauer schaffen, nicht, wenn sie erst noch etwas klettern müssen und ihr Verfolger ihnen schon so dicht auf den Fersen ist. Und selbst wenn nur einer von ihnen riskiert, jetzt loszurennen und einen Versuch zu starten, die Mauer zu überqueren, können sie nicht sicher sein, dass es hinter der Mauer keinen steilen Abhang hinunter geht oder sich ihnen ein anderes Hindernis in den Weg stellt. Es wäre zu riskant. Sie sitzen in der Falle.   Unwillkürlich kauert sich Amy noch mehr zusammen und späht vorsichtig an den dichten Zweigen vorbei, die sie und John Smith verbergen. Sie sieht, wie der Mann, samt Hund, zielstrebig auf die Mauer zurennt und sich suchend nach ihnen umsieht. Dann bleibt der Blick ihres bulligen Verfolgers an der Mülltonne hängen, die Amy so euphorisiert hatte und er läuft zielstrebig darauf zu, während der Hund ihm aufgeregt folgt. Die beiden werfen nicht mal einen Blick zu dem Versteck von Amy und Mister Smith, während sie an dem Busch vorbeihetzen und Amy beißt sich fest auf ihren Fingerknöchel, um ihrer Aufregung Herr zu werden. Nur noch ein kleines Stück und ja! Erleichtert sieht Amy, wie der Mann auf die Tonne springt und sich streckt, um das obere Ende der Mauer zu erreichen. Er hat ihnen nun vollständig den Rücken zugewandt. John Smith legt einen Finger auf seine Lippen und bedeutet Amy leise zu sein, ehe er sich vorsichtig aus der Deckung wagt und angespannt in die Richtung des Fußweges zurück schleicht, aus der sie ursprünglich gekommen sind. Amy ist zu nervös, um genervt ihre Augen zu verdrehen. Sie hat sicherlich nicht vorgehabt jetzt irgendwelche Aufmerksamkeit zu erregen. Während sie Mister Smith gebückt nacheilt und dabei immer wieder nervös zurück blickt, stellt sie erfreut fest, dass sowohl der Mann als auch der Hund zu abgelenkt sind, um ihre Flucht zu bemerken. Sie haben den Hinterhof schon fast komplett überquert, ehe ein warnendes Bellen in ihren Rücken ertönt, das Amy und ihren Begleiter sofort ihr Tempo beschleunigen lässt, um die Sackgasse eilig hinter sich zu lassen. Amy lacht befreit auf und selbst Mister Smith stößt einen erleichterten Seufzer aus, bevor er sie zuversichtlich angrinst. Kurz darauf erreichen Sie die Abzweigung, die sie in diese missliche Lage gebracht hat, und rennen kurz entschlossen gerade aus weiter. Nur nicht stehen bleiben. Wie ein Mantra geistern die Worte durch Amys Verstand, während sie sich unwillkürlich fragt, wohin sie überhaupt rennen. Ohne den Sensor scheint auch Mister Smith nicht recht zu wissen, wo er lang muss und ewig werden sie beide auch nicht weiterlaufen können. Nun ja, sie zumindest, wer kann schon sagen, was für einen Außerirdischen wie Mister Smith normal ist?   „Wo wollen wir überhaupt hin?“, erkundigt sich Amy daher und bemüht sich, den Gedanken daran abzuschütteln, ob es vielleicht Außerirdische gibt, die die geborenen Ausdauerläufer sind und ob ihr Verfolger wohl zu solch einer Spezies gehört. Immerhin hat die kurze, wenn auch unfreiwillige, Verschnaufpause dazu beigetragen, dass sich ihr Seitenstechen beruhigt hat. „Na los, sagen Sie’s schon“, fordert sie mit mehr Nachdruck, als Mister Smith nicht sofort reagiert. „Nun ja“, setzt er schließlich mit gesenkter Stimme an, „ich will die Lebensform aus der Stadt locken und nach Osten in die Nähe einer ehemaligen Fabrik führen. Ich habe dort eine Falle vorbereitet, um sie einzufangen.“ Den letzten Satz flüstert er ihr ganz leise zu und Amy nickt verstehend. „Sie meinen nicht zufällig die alte Ölraffinerie, oder?“, erkundigt sie sich zuckersüß, was natürlich eine Fangfrage ist, es ist ja nicht so, als würde es um Leadworth herum nur so von alten, verlassenen Fabriken wimmeln. Mister Smith nickt bestätigend und Amy grinst ihn freudig an, während sie gedanklich schon eine Route plant, die sie beide möglichst schnell aus der Stadt und über offenes Gelände führen wird. „Na dann, mir nach!“, ruft sie enthusiastisch und zur Abwechslung ist sie es nun, die die Richtung vorgibt. „Zufällig bin ich in dieser Stadt aufgewachsen und kenne so einige Schleichpfade, die sie nie im Leben finden würden“, verkündet sie großspurig. „Ihr Wort in Gottes Ohr“, brummt Mister Smith wenig begeistert, folgt ihr aber widerstandslos, als Amy sich für eine unscheinbare Abzweigung entscheidet, die wenig später in einen geschotterten Kiesweg über geht.   „Verraten Sie mir jetzt auch ihren richtigen Namen?“, erkundigt sich Amy, während ihre Schuhe nur so über die Kieselsteine zu fliegen scheinen. Der unebene Untergrund scheint ihrem Verfolger nicht allzu gut zu liegen, wie sie erfreut feststellt. Mister Smith wirft ihr einen fragenden Blick zu, woraufhin Amy seufzend die Augen verdreht. „Oh, bitte! Sie sind ein Alien, nicht von diesem Planeten und wollen mir ernsthaft weiß machen, dass Sie John Smith heißen? Für wie blöd halten Sie mich eigentlich?“, fragt sie genervt. Mister Smith neigt nachdenklich seinen Kopf und schenkt ihr anschließend ein anerkennendes Grinsen. „Ich bin der Doctor.“ Amys rasender Herzschlag macht einen Sprung und während sie ihn heillos verwirrt anstarrt und dabei fast über ihre eigenen Füße stolpert, könnte sie schwören, dass seine Augen bei diesem einen Satz aufleuchten. Der Doctor packt sie erneut an der Hand. „Amy, rennen Sie weiter!“, mahnt er. Und sie rennt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)