Wie der Feinstaub uns die Drachen nahm von bakuramaus ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ „Schon lange ist es her, dass ich einen von ihnen am Himmel sah“, sagte eine alte kränkliche Dame, die in einer heruntergekommenen verstaubten Ecke saß. Um sie herum saßen etliche Kinder mit aufgerissen Mündern und lauschten ihren Worten. „Viele sprechen von ihnen als wären sie Legenden.“ fuhr sie fort, hob langsam ihren Finger und deutete nach oben. Über der alten Dame hing ein riesiges Skelett. Man konnte nur erahnen, welch wunderschönen Antlitz es zu Lebzeiten hatte. Die Eltern der Kinder kicherten, deren Meinung nach hingen dort nur Plastikknochen, die einen Drachen darstellen sollten. Die Kinder kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus und in ihren Augen sah man das Verlangen, mehr darüber zu erfahren. „Ich war in eurem Alter, als ich das erste Mal einen Drachen sah. Damals war es normal sie am Himmel fliegen zu sehen. Wie Vögel, nur einfach größer.“ Sie senkte den Kopf und ein trauriger Unterton begleitete ihre Worte. „Ich hatte fürchterliche Angst vor diesen Riesen. Sie hatten scharfe Krallen und Zähne. Ihre Haut war von Schuppen bedeckt, die so hart waren, dass ein Schwert an ihnen zerbrach. Dabei waren es solch sanfte Wesen.“ Die alte Dame unterbrach, denn einige Kinder waren aufgesprungen, um sich das Skelett näher anzuschauen. „Darf ich die Zähne anfassen?“ Fragte ein Junge neugierig. Die alte Dame schüttelte nur mit dem Kopf und erzählte weiter ihre Geschichte: „Die Drachen waren weder nützlich für die Menschen, noch schadeten sie uns. Sie waren einfach nur ein Teil unserer Erde. Daher kümmerte es auch niemanden, warum es sie gab.“ Eine Träne entwich ihren Augen, als gäbe sie sich selbst die Schuld. „Dass es weniger wurden, bemerkte kaum einer. Dabei flogen sie doch jeden Tag über unseren Köpfen hinweg. Ich begann im Laufe der Zeit, alles Mögliche über diese wunderschönen Geschöpfe zu lesen und zu sammeln. Und schon schnell Begriff ich, warum sie weniger wurden.“ Wieder wanderte ihr Finger durch den Saal, dieses Mal deutete er auf ein eingerahmtes Stück Papier. „Ich schrieb einen Brief an unseren Kanzler und erklärte ihm die Umstände. Drachen ernährten sich von den Nährstoffen in der Luft und im Wasser. Doch der Mensch verunreinigte die Gewässer und verpestete die Luft. Das nahm ihnen das Futter und machte sie krank. Aber mein Brief wurde als Kinderscherz abgetan.“ Die alte Dame musste Husten, sie wusste die Kinder vor ihr Verstehen nicht alles, was sie sagte, aber sie hoffte es bliebe in ihren Erinnerungen. „Und so kam es, dass die Drachen auf die rote Liste gesetzt wurden. Erst jetzt verfielen die Naturschützer in Panik. Meine kleine Sammlung war plötzlich von größter Bedeutung, doch ehe die Politiker zu einem Entschluss kamen, starb der letzte Drache. Jeden Tag kämpfte ich um sein überleben, vergebens. Ich erinnere mich noch genau, wie verzweifelt seine großen müden Augen mich anstarrten und wie warm die Luft aus seinen Nasenlöchern war. Er wollte nicht der Letzte sein, er wollte nicht gehen.“ Die Hände der alten Dame zitterten. „Was würde ich dafür geben, sie wieder am Himmel zu sehen, ich möchte wieder ihre schuppige Haut berühren und ihre Stimmen hören.“ Die Dame brüllte wie ein Löwe und schnaubte wie ein Pferd, ihre Stimme, die eben noch kaum Kraft zum Reden hatte, war plötzlich so voller Energie. „Meine Kinder und Enkel und auch ihr werdet sie nicht mehr sehen, die angeblichen Legenden. Und nicht mehr lange, dann werdet auch ihr in meinem Alter von einer Spezies berichten, die unsere Welt für immer verlassen hat.“ Dann sagte die alte Dame kein Wort mehr. Kopfschüttelnd zogen die Eltern ihre Kinder von der alten Dame weg. Die Kinder wehrten sich, denn die Knochen an der Decke verzauberten sie. Die alte Dame richtete sich langsam auf und legte eine Kassette in den Fernseher. Es waren die Aufnahmen, die sie damals festhielt um die Drachen, nur für den Moment lebendig zu halten. Die Eltern ließen ihren Kindern wieder freien Lauf und fingen an über die Worte der alten Dame nachzudenken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)