Wegweiser ins Licht von Cognac ================================================================================ Kapitel 14: Dafür sind Freunde da --------------------------------- Kapitel 14: Dafür sind Freunde da Als das Paar auf Conans Skateboard wieder an der Grundschule ankam, waren die Detective Boys heilfroh, dass ihnen nichts zugestoßen war. Gleich nach ihrer Ankunft wollte der junge Detektiv von Mitsuhiko wissen, ob er ihm die Person, die ihn betäubt und eingesperrt hatte, genauer beschreiben könne. Sein Freund druckste jedoch nur verlegen herum und gestand, sich an nicht mehr als einen großen finsteren Schatten erinnern zu können. Er berichtete, ihm sei nach dem Aufwachen ziemlich schwindelig und auch schlecht gewesen, was Shinichi befürchten ließ, der Täter habe ihm irgendeine Chemikalie verabreicht, um seine Erinnerungen zu trüben. Die wunde Stelle an Mitsuhikos Hals bewies aber, dass die eigentliche Betäubung mit einem Elektroschocker von statten ging. Dieser Attentäter oder wie man ihn nennen soll, war sehr darauf bedacht ja keine Hinweise zu hinterlassen, musste Shinichi zähneknirschend feststellen. Während Mitsuhiko das -woran er sich noch zu erinnern vermag- zusammenkratzte, vermied er jeglichen Augenkontakt mit den Leidensgenossen des Apoptoxins. Er fühlte sich mies, da er ihnen mit seinen spärlichen Informationen nicht weiterhelfen konnte, weil sein Gedächtnis sich einfach wie gelöscht anfühlte. Des Weiteren hatte er ein schlechtes Gewissen dafür, dass er Conan im Unterricht verpetzt hatte. Selbst wenn er immer noch ein wenig sauer war, so hatte er ihm doch das Leben gerettet. Er zeigte Mut und Selbstlosigkeit und verhielt sich trotz dem Verhältnis zu Ai weiterhin wie ein wahrer Freund. Dem Jungen mit den Sommersprossen wurde klar, dass er womöglich überreagiert und einzig und allein aus Neid gehandelt hatte. Er sah ein, warum Haibara Conan verfallen war. Ihr gemeinsamer Freund war einfach der geborene Beschützer. Der Feuerwehr war es in der Zwischenzeit gelungen das Feuer in der Schule einzudämmen und schließlich komplett zu löschen. Der Westflügel hat jedoch schwer unter den Folgen des Brandes gelitten und war mitunter in keinem guten Zustand. An eine schnelle Wiederinbetriebnahme war erstmal nicht zu denken. Generell wusste niemand so genau wann, nach einem solchen Ereignis, die Schule ihren normalen Ablauf überhaupt fortsetzen dürfe. Die Polizei würde zuerst ermitteln müssen und, wie Ai vermutet hat, war diese auch bereits zugegen und hatte die Schule weiträumig abgesperrt. Die meisten Schüler waren inzwischen von ihren Eltern abgeholt und nach Hause gebracht worden. Sie waren allesamt erleichtert, dass es nach gründlichen Durchzählungen keine Opfer unter den Schülern zu beklagen gab und alle wohlauf waren. Es kam einem Wunder gleich. Nur die verkohlten Überreste eines Mannes, ließen auf ein Todesopfer schlussfolgern. Die Ermittlungen dazu und zur Ursache des Brandes leiteten Kommissar Takagi und Kommissarin Sato. Kogoro Mori war ebenfalls zum Tatort zitiert worden und traf kurz nach Conan und Ai ein. Sicherlich stand die Polizei unter massivem Druck, da es der bereits zweite Anschlag binnen einer Woche war und immer noch kein Schuldiger verhaftet werden konnte. Die beiden Verliebten begaben sich augenblicklich zu Kogoro und erzählten ihm von dem verdächtigen Motorradfahrer und das sie der festen Überzeugung waren, dass dieser für die Explosion verantwortlich sein musste. Von ihrer waghalsigen Verfolgungsjagd verloren sie aber kein Wort und auch ihren Fund auf der Straße behielt Shinichi vorerst in der Hinterhand. „Was ziehst du dir denn nur wieder alles an den Ohren herbei du Lausebengel.“, wetterte der Möchtegerndetektiv. „Wer redet denn davon, dass hier ein Dritter am Werk war. Alles was ich bisher weiß ist, dass das Feuer laut Augenzeugen im Labor der Schule ausgebrochen ist, also kann man davon ausgehen, dass es höchstwahrscheinlich nur ein Unfall war.“ Genervt sah Mori zu Conan hinab, welcher sich schon denken konnte, dass der alte Bock zu stur war, um ihnen Glauben zu schenken. „Es tut mir leid, aber dem scheint bedauerlicherweise nicht so zu sein, verehrter Kollege.“, äußerte sich Takagi unvorhergesehener maßen, als er plötzlich hinter dem schlafenden Detektiv stand. Kogoro fuhr wie eine aufgeschreckte Katze herum und schwärzte den Kommissar an, sich in Zukunft gefälligst nicht so an ihn heranzuschleichen. „Verzeihen sie mir.“, entschuldigte sich Takagi etwas beschämt. „Doch ich kam nicht drum herum mitzuhören und die Informationen der Kinder können uns durchaus weiter helfen. Nach ersten Berichten handelte es sich nämlich nicht um einen Unfall, sondern um eine absichtlich hervorgerufene Explosion. Von den Auswirkungen her, keinesfalls auf einen Laborunfall oder etwas Ähnlichem zurückzuführen.“ Miwako Sato kam zu ihnen und stellte sich zu ihrem Kollegen. „Wir können ihnen sogar noch mehr mitteilen. Ein Grund, weswegen wir sie ja überhaupt erst hergebeten haben Herr Mori. Unser Verdacht auf eine Wiederholungstat konnte bestätigt werden. Es wurden mehrere Rückstände einer Bombe sichergestellt. Diese und das Ausmaß der Zerstörung stimmen mit dem Plastiksprengstoff überein, der auch in ihrer Detektei verwendet wurde.“ „Was? Es war also wirklich kein Unfall und dann auch noch ein und derselbe Täter?“, entfuhr es dem Suffkopf, dessen Kinnlade schon den Boden ansteuerte. Habe er nicht versucht genau das ihm die ganze Zeit über klarzumachen, verdrehte Shinichi die Augen, was Ai ein schwaches Kichern entlockte. „Ja, davon ist auszugehen.“, versicherte Sato, den Ernst der Lage wohl bewusst. „Auch wenn uns der Zusammenhang zwischen beiden Taten noch nicht bekannt ist.“ „Wenn aber der Bombenleger auch gleichzeitig der Motorradfahrer ist, den Conan und Ai uns geschildert haben, dann dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis wir ihn kriegen.“, ergänzte Takagi. Kogoro schob selbstbewusst das Kinn nach vorne und ballte die Faust. Er selbst war ganz versessen darauf, den Typen, der seiner Ran etwas anhaben wollte, die Leviten zu lesen und den Prozess zu machen. Da dürfte er dann Bekanntschaft mit seiner Ehefrau machen. Das schlimmste was sich Kogoro für einen Schwerverbrecher nur vorstellen konnte. „Ha, na selbstverständlich ist es ein und dieselbe Person. Ich kann es deutlich spüren und mein feines Näschen täuscht mich nie.“, trötete er überheblich drauf los. Shinichi verzog –von Fremdscham gezeichnet- das Gesicht. Oi Oi, war sein Onkelchen nicht gerade noch derjenige gewesen, der das alles als bloßen Unfall abstempeln wollte, dachte sich der ehemalige Oberschüler. Er legte wieder eine ernste Miene an den Tag, als er hinüber zur Grundschule sah. Also war es wirklich der Kerl im Motorradanzug und nun hatte er schon zwei Orte verwüstet, die vielleicht für die Polizei in keinerlei Zusammenhang stehen, aber für ihn eine gemeinsame Komponente aufzeigten. Er selbst. Conan spürte wie er am Kragen gepackt wurde. „So genug gegafft du Dreikäsehoch. Ran hat darauf bestanden, dass ich dich und deine kleine Freundin von der Schule direkt nach Hause bringe. Das ist momentan kein Ort für Kinder verstanden.“, bellte Kogoro und trug den protestierenden Shinichi zu seinem Mietwagen. Bei der ganzen Stramplerei des Schwarzhaarigen fiel ihm das Tütchen mit der Probe des Öls aus der Hosentasche. Diese wollte er doch noch unbedingt der Polizei übergeben. Zu seinem Glück war Haibara für ihn zur Stelle, da er selbst etwas unpässlich war. Schnell ging Ai ihnen nach und hob das Tütchen wieder auf, um es unauffällig Takagi anzuvertrauen. „Würden sie uns einen Gefallen erweisen Herr Takagi und diese Substanz überprüfen? Wir vermuten das könnte Öl sein, das vom Motorrad des Verdächtigen stammt. Eventuell hilft ihnen das ja bei ihren Ermittlungen weiter.“ Takagi ging vor dem rotblonden Mädchen in die Hocke und nahm das Stück Plastik entgegen. „Ist das so, ja? Ich würde sagen, wir werden mal schauen ob uns das von Nutzen sein kann. Auf jeden Fall habt ihr heute mit euren Beobachtungen ganze Arbeit geleistet.“, lobte der Kommissar. „Oh haben sie vielen Dank.“, lächelte Ai kindlich. Sie musste zugeben, ihr fiel es nicht ansatzweise so leicht wie ihrem Leidensgenossen nicht wie ein adoleszenter Jugendlicher zu wirken, doch sie tat ihr Bestes so mädchenhaft wie möglich zu klingen. „Könnten sie auch so nett sein und uns das Ergebnis anschließend mitteilen? Ich bin mir sicher der große Detektiv Kogoro Mori wird den Fall dann im Nu aufklären.“ Sie deutete mit ihrem Kopf und einem leichten Grinsen zum Onkelchen, welcher Conan im hohen Bogen auf die Rückbank des Mietwagens schleuderte und die Tür zuschmiss. „Ähm natürlich, werde ich machen.“, versprach ihr Takagi. Haibara lächelte zuckersüß und ging nun ebenfalls zum wartenden Kogoro. Seltsames Mädchen, dachte sich der Kommissar als er ihr nachsah. Sie und auch Conan sind zwar noch klein, doch scheinen sie den Erwachsenen immer einen Schritt voraus zu sein. „Erstaunlich die Kinder heutzutage“, musste Takagi neidlos anerkennen und ließ das Tütchen in seiner Seitentasche verschwinden, ehe er sich mit Sato wieder der Arbeit zuwandte. Nachdem Kogoro Ai beim Professor abgesetzt hatte, konnte sich diese nur oberflächlich von Conan verabschieden, da sein Fahrer, kaum dass sie ausgestiegen war, bereits zur Weiterfahrt drängte. Ran habe ihn schon mehrmals versucht anzurufen und schien sie so schnell wie möglich zuhause haben zu wollen. Also blieb Shinichi nur ein kurzlebiger Abschiedskuss auf die Wange, bevor er auch schon zurück in den Wagen gezogen wurde. Während der restlichen Fahrt wurde nicht viel geredet. Nur ab und zu hatte Kogoro etwas vor sich hingemurmelt, dass wenn man ihn fragen würde, Conan doch eigentlich noch viel zu jung sei, für eine solch feste Beziehung mit einem richtigen Mädchen. Nach einem solchen Gesprächsthema verlangte es dem Geschrumpften aber so gar nicht, auch wenn er seinem Onkelchen gerne davon in Kenntnis gesetzt hätte, dass es für einen eigentlich Achtzehnjährigen ganz normal sei, eine Freundin im gleichen Alter zu haben. So zogen es beide vor, sich einfach weiter anzuschweigen und ein wenig den Nachrichten im Radio zu lauschen. Wie zu erwarten, war die Explosion und der folgenschwere Brand in der Grundschule, die -im wahrsten Sinne- brandheißeste Meldung des Tages. Die genauen Hintergründe seien bisher noch unklar und die Polizei ermittle, hieß es knapp zusammengefasst. Als Conan und Kogoro dann endlich bei Eri zuhause ankamen, wartete schon eine völlig aufgelöste Ran auf sie. Sie drückte den kleinen Jungen an sich, kaum dass er durch die Haustür kam, sichtlich erleichtert, dass ihm nichts passiert war. Wenn sie nur wüsste, mit welch waghalsigen Aktionen Conan heute schon mehr als einmal dem Tod von der Schippe gesprungen war, sie würde ihn wahrscheinlich umbringen, dachte sich der Schwarzhaarige und tätschelte beruhigend den Rücken der Braunhaarigen. „Ein Glück geht es dir gut, ich befürchtete schon, dir sei etwas zugestoßen.“ Große kugelrunde Tränen kullerten ihre Wangen hinab. Sie schien sich wirklich große Sorgen gemacht zu haben, stellte Conan fest. „Es ist alles halb so wild Ran. Mir geht es gut und den Detective Boys und Ai auch. Alles ist in Ordnung.“, versicherte er ihr mit kindlicher Stimme. „Nichts ist in Ordnung.“, wimmerte sie und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Shinichis Lächeln verblasste und er sah sie leicht derangiert an. In ihm regte sich der Verdacht, dass mehr vorgefallen war, als er bisher wusste und sah ahnungslos zu Kogoro, dessen Gesichtsausdruck aber auch keine Antworten darauf erwarten ließ. „Paps“, Ran bemühte sich um eine klare Stimme. „Toru ist aus dem Krankenhaus verschwunden. Niemand weiß wo er hin ist. Er ist einfach weg.“ „Wie bitte?“, entfuhr es Kogoro und Conan zeitgleich und das so schockiert, dass es ihnen auch vollends gleichgültig war, dass sie dem jeweils anderen die Worte aus dem Mund genommen hatten. „W-Was soll das heißen er ist weg? Wie kann er denn einfach verschwinden?“ Der schlafende Meisterdetektiv wollte das eben gehörte kaum glauben. „I-Ich weiß es doch auch nicht.“, stammelte seine Tochter konsterniert. „Ich wurde heute gleich nach der Schule von Inspektor Megure angerufen, der mir mitgeteilt hat, dass Toru nicht mehr aufzufinden sei und...“ Ihre Stimme wurde von Mal zu Mal dünner bis sie schließlich gänzlich abbrach. „Warte, wieso hat dich Inspektor Megure angerufen?“, wollte Shinichi nun von ihr wissen. Ran musste schluchzen, was anscheinend nichts Gutes verhieß und der junge Detektiv schon mit dem Schlimmsten rechnete. Sie bemühte sich genug Kraft aufzubringen, um seine Frage zu beantworten, doch fiel ihr es wahrlich nicht leicht. „Die Angestellten des Krankenhauses haben die Polizei eingeschaltet, nachdem sie den zuständigen Arzt und eine Krankenschwester bewusstlos auf der Station vorgefunden hatten. Sie haben keine Erinnerung daran, was vorgefallen war, doch seitdem fehlt von Toru jede Spur.“ Die Braunhaarige konnte nicht anders, als erneut in Tränen auszubrechen. Sie war sich sicher, dass im etwas passiert sein musste. Ihr Vater nahm sie daraufhin in den Arm, um ihr Trost zu spenden. „Ist ja gut Mausebein, wir werden ihn schon finden. Ich bin sicher ihm geht es gut.“ Er führte seine Tochter in die Küche, damit sie sich mit ihm an den Tisch setzen konnte, bevor er ihr weiter aufmunternd zusprach. Wenn es um Ran ging, dann war es so, als würde sich bei Kogoro ein Schalter umlegen, der ihm zum fürsorglichsten Vater der Welt werden ließ. Genau das, was das Fräulein Mori jetzt brauchte, nach den pausenlosen Streitereien ihrer Eltern die letzten Tage, die ihr schon genug Kraft gekostet hatten. Shinichis Gedanken drehten sich derweilen wie ein Karussell im Kreis, sodass er Schwierigkeiten hatte ihnen zu folgen. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Wurde Amuro etwa aus dem Krankenhaus entführt? Ganz auszuschließen war es nicht, da er ein wichtiger Zeuge war, wenn es darum ging, die Identität des Attentäters zu entlarven. Steckte dieser vielleicht auch hinter Amuros Verschwinden? Wer war der Kerl bloß? Wer steckte hinter diesem schwarzen Motorradhelm? Sich selbst zermürbend, streifte Shinichi durch den Wohnungsflur, als die Haustür geöffnet wurde und Eri hereinkam, beladen mit Einkaufstüten. Direkt hinter ihr folgte Sera, die ebenfalls einige Tüten wuchtete. „Das ist wirklich sehr lieb von dir, mir beim Hochtragen der Einkäufe zu helfen Masumi. Jetzt da wir so viele sind, muss ich im Supermarkt vielmehr besorgen als ich es gewohnt bin.“, bedankte sich Eri, wenngleich sie auch ein wenig erschöpft klang. „Das mache ich doch gerne.“, winkte Sera ab und grinste breit. Ihre Miene wurde schlagartig todernst, als ihr Blick auf Conan fiel. Der Vorfall an der Grundschule schien schon jedem Einwohner Tokyos bekannt zu sein und man konnte auch der jungen Frau mit den grünen Augen ansehen, dass sie in Sorge um den Geschrumpften gewesen war. Masumi spitzte die Lippen, in Vorbereitung etwas dazu zu sagen, doch Shinichi schüttelte nur den Kopf und machte eine ablehnende Geste, um ihr klar zu machen, es lieber bleibenzulassen. Er war okay…oder? Zumindest sollte sich niemand danach erkundigen, denn wenn er ehrlich zu sich war, dann wusste er es selbst nicht so recht. Ein schwerwiegendes Ereignis jagte dem nächsten und Shinichi hatte nicht den blassen Schimmer, was noch kommen würde. Doch aktuell war es Ran, die am meisten erdulden musste und auch wenn ihn es sehr mitnahm sie so zu sehen, so hegte er keinerlei Intension, sich jetzt in den Mittelpunkt rücken zu wollen. Er deutete mit seinem Zeigefinger in einer flüchtigen Bewegung zur Küche, von der aus man das -zutiefst am Boden zerstörte- Fräulein Mori hören konnte. Eri marschierte sofort in die Küche. Masumi folgte ihr. Shinichi trottete ihnen ebenfalls hinterher, blieb aber im Türrahmen stehen. Die beiden Frauen wurden sogleich in das plötzliche Verschwinden von Amuro eingeweiht. Eri vergaß dabei ihre Einkäufe und setzte sich sofort zu Ran, um ihre Hand zu halten. Sie versicherte ihr, die Polizei würde alles erdenkliche unternehmen, um ihn zu finden, doch die sich ständig wiederholenden Plattitüden konnten Ran auch nicht aufmuntern. Sera blieb weitestgehend stumm und legte von hinten eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin. Ihr Kopf schwenkte immer mal wieder zu Shinichi hinüber, der sich derweilen nicht von der Stelle gerührt hatte. Masumi ging langsam zu ihm hinüber und packte ihn unauffällig, aber sanft am Kragen, um ihn aus der Hörweite der Moris zu bekommen. Als sie ungestört waren, stellte sich Sera vor den Geschrumpften. Shinichi begutachtete das taffe Mädel in dem -mit Tarnfarben bestückten- Hemd und den zerschlissenen grauen Shorts, wie sie die Arme vor ihrer Brust verschränkte. Die Ärmel ihres Oberteils hatte sie sich locker in die Armbeugen gekrempelt. Sie hob eine Augenbraue, was schnell den Eindruck erweckte, dass sie von ihm dringend auf den neuesten Stand gebracht werden wollte. So kam es, dass er ihr von seiner Begegnung mit ihrem bereits bekannten Motorradhelmträger erzählte und dass es ihm bei einer Verfolgungsjagd leider nicht gelungen war ihn zu schnappen. Seinen Fund, welchen Ai in die Obhut der Polizei zur Untersuchung gegeben hatte, erwähnte er natürlich auch, ebenso wie die Möglichkeit, dass auch das Verschwinden von Amuro mit allem zusammenhängen könnte. Sera pustete die von ihr eingezogene Luft wieder aus und fuhr sich abwägend über den Nacken. Ganz schön harter Tobak, wie sie feststellen musste. „Kannst du dich noch an das Aussehen des Motorrads erinnern?“ Shinichi bestätigte. „Selbstverständlich. Es handelt sich um ein in tiefschwarz gehaltenes Naked Bike. Nur die unverkleideten Teile, wie der Auspuff, der Motor und das Fahrwerk waren verchromt. Es wirkte wie ein Sportmotorrad, besaß aber die notwendige Verkehrsausstattung. Die genaue Marke und das Modell konnte ich leider nicht identifizieren.“ Er musterte sein Gegenüber abwartend. „Vielleicht kannst du als Expertin auf zwei Rädern ein wenig mehr dazu in Erfahrung bringen?“, folgte eine etwas unterschwellige Anfrage. Ihm war klar, dass er bei diesem komplizierten Fall, jede erdenkliche Hilfe –die sich ihm bot- gebrauchen konnte. Masumis Mundwinkel verrieten sofort, dass sie dabei war. „Darauf kannst du dich verlassen Conan. Wenn erst einmal der Befund des Motorenöls vorliegt, finde ich schon heraus, um welches Bike es sich handelt und dann ist auch bald der Besitzer an der Reihe. Zumindest wissen wir nun, wonach wir in Zukunft Ausschau halten müssen.“ Shinichi nickte zustimmend, wobei ihm noch etwas einfiel. „Gibt es eigentlich Neuigkeiten von Akai? Ich meine, was den Plastiksprengstoff anbelangt.“ „Oh, allerdings.“, bejahte Sera. „Das wollte ich dir ohnehin noch sagen.“ Sie kramte einen zerknüllten Zettel aus der Gesäßtasche ihrer Shorts hervor und kniete sich zu Conan hinunter. „Mein Bruder hat ein paar alte Beziehungen spielen lassen und erfahren, dass die Yakuza ausgemusterte Bestände des Militärs mithilfe von Schmiergeldern abkassiert und an den Höchstbietenden weiterverkauft. Die Übergabe findet dann meist an einem abgelegenen Ort hier in Tokyo statt, welcher von der Mafia kontrolliert wird.“ Shinichi fing an sich den Hinterkopf zu kratzen. „Die Yakuza verscherbelt funktionstüchtige Bomben an jedermann der genug Geld hat?“ Masumi schüttelte den Kopf. „Nein, sie setzen nur das C4 ab. Zünder und alles Weitere, um den Sprengstoff scharf zu machen und hochjagen zu können, muss der Käufer selbst beschaffen und anschließend zusammen bauen. Außerdem vermittelt die Mafia nur an ihre bestehende Kundschaft und meistens sind das keine Einzelgänger, laut einem Spitzel der Drogenfahndung.“ „Also stecken doch höhere Mächte dahinter und unser Bombenleger handelt höchstwahrscheinlich im Namen eines Auftraggebers.“, schlussfolgerte der Detektiv. „Die alles entscheidende Frage die bleibt ist, was ist eigentlich sein Auftrag? Was für ein Ziel verfolgt er?“ „Schwer zu sagen.“, gab Shinichi zu. „Er hat zweimal einen Anschlag verübt, doch bei beiden Explosionen wurde niemand tödlich verletzt. Einzig und allein der Hausmeister unserer Schule verstarb, doch nicht als Folge der Bombe. Sein Körper wies auch keinerlei Fremdeinwirkungen auf. Außerdem war er gefesselt gewesen, genau wie Mitsuhiko. Wer macht sich denn die Mühe und fesselt einen Toten?“ „Das ist eine wirklich gute Frage.“, räumte Sera grübelnd ein. „Ich kenne den Hausmeister schon lange.“, meinte Shinichi daraufhin. „Herr Tachibana hatte den Job bereits, als ich das erste Mal die Grundschule besuchte. Er war demnach nicht mehr der Jüngste und litt seit geraumer Zeit auch unter einem Herzleiden und war auf Medikamente angewiesen. Wenn er also über längerem Zeitraum nicht in der Lage war seine Medizin einzunehmen, hätte er durchaus an einem Herzversagen sterben können.“ „Leider lässt sich das nun nicht mehr nachweisen. Aber das würde gleichzeitig auch die Möglichkeit zulassen, dass der Bombenleger nicht erst heute den Sprengsatz deponiert hat, sondern vielleicht schon am Vortag. Es wäre viel leichter für den Täter gewesen, dies nach der Schulzeit zu tun, wenn niemand außer dem Hausmeister sich mehr im Gebäude aufhält. In seiner Verkleidung hätte er dann leichtes Spiel gehabt und am Tag danach, brauchte er sich nur noch einmal zu vergewissern, dass keiner den echten Hausmeister vermissen würde und hat dann in der Nähe auf seinem Motorrad darauf gewartet, wann er die Bombe zünden konnte.“, spielte Sera seine Darlegung weiter. „Das sehe ich genauso.“, pflichtete Conan ihr bei. „Es war bei beiden Fällen also nie wirklich das Ziel gewesen jemanden umzubringen. Ran, Amuro und auch Mitsuhiko waren einfach zu falschen Zeit am falschen Ort.“ Sera stand wieder auf und stemmte die Hände in die Seiten. „Doch zurück zur eigentlichen Frage. Was verfolgt er dann für ein Ziel mit seinen Taten?“ „Er will mich fertig machen.“ Diese Worte schlichen so unerwartet -wie schnell- über Shinichis Lippen, dass Masumi erst glaubte sich verhört zu haben. „WAS DICH?“, fragte sie noch einmal nach. „Ja, ein anderes Verbindungsstück zwischen beiden Taten gibt es nicht. Nur ich. Er will mich verspotten und provozieren. Mich aus der Reserve locken, auf das ich einen Fehler begehe und er wird nicht aufhören, bis ich ihn stoppe.“ „A-Aber das würde doch bedeuten, dass dieser Kerl über dich Bescheid weiß oder besser gesagt, dass sein Auftraggeber weiß, wer du wirklich bist.“ „Allerdings, genau das würde es bedeuten, doch ich sehe inzwischen keine plausible Alternative. Ich kann es mir nicht anders erklären. Er hat es indirekt auf mich abgesehen und er weiß anscheinend alles über mich und das will er mir klar machen. Er weiß wo ich wohne, wo ich zur Schule gehe und er weiß, dass ich in Wahrheit der geschrumpfte Oberschüler Shinichi Kudo bin.“ Masumi machte ein besorgtes Gesicht, als sie den Jungen bei seiner ernüchternden Feststellung betrachtete. Sie begab sich wieder zu ihm auf Augenhöhe und kam ihm so nah, dass gerade mal der Abstand einer Handbreite zwischen ihnen übrig blieb. Ihre grün stechenden Augen, wie die von Shuichi, machten Shinichi immer wieder nervös, wenn sie ihm sich so sehr näherte. „Ich werde dir jedenfalls uneingeschränkt zur Seite stehen Conan und nicht nur ich. Mein Bruder, Heiji, Ai, wir sind alle ein großartiges Team und gemeinsam werden wir das Kind schon schaukeln.“ Sie zwinkerte ihm mit einem Grinsen zu. Shinichi war ein wenig sprachlos, aber auch dankbar für die aufbauenden Worte seiner Kameradin, die ihm in der Not Beistand leistete, ohne lange zu zögern oder nachzufragen. Sie schien auch keinen Grund dafür zu brauchen. Sie tat es einfach. Zu Seras Überraschung legte er seine Arme auf ihre Schultern und seine Stirn an die ihre. Eine wirklich ulkige Geste zwischen dem Kind und der Oberschülerin. „Danke, dass du das alles tust.“, flüsterte Shinichi. Masumis Wangen färbten sich langsam rot, bevor sie die Augen schloss und zurückflüsterte: „Keine Ursache. Dafür sind Freunde doch da.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)