Shanghai Nightmares von abgemeldet (Das Halloween Special 2003) ================================================================================ Kapitel 1: Die Liste -------------------- Tiefschwarz lag die Nacht über den leeren Straßen des Bürobezirks, der sich nach Feierabend in eine Geisterstadt verwandelt. Einzig der Buchhalter Li Tao wandelte durch die tiefen und schmalen Täler der Hochhauskomplexe. Er war unsicher und er fühlte sich verfolgt. Er spürte, wie sein Herz von Schlag zu Schlag heftiger pulsierte und wie ihm der Schweiß über die Stirn rann. Plötzlich hörte er hinter sich ein Rascheln, was er nicht auf Anhieb identifizieren konnte. Er blieb stehen und drehte sich zitternd herum. Erleichterung kam bei ihm auf, denn seine Befürchtungen waren unbegründet. Bloß zwei Ratten hatten das Rascheln durch ihre Nahrungssuche in einem umgefallenen Müllcontainer verursacht. Der Buchhalter ging weiter, aber diesmal schneller als zuvor. Krampfhaft hielt er den Griff seines schwarzen Aktenkoffers fest, während er aus seiner Tasche ein Tuch hervorzog und sich den Schweiß von seiner hohen Stirn abwischte. Schluckend lockerte er den Knoten seiner Krawatte und atmete tief aus. Erneut blieb er unvermittelt stehen, denn er hatte wiederum ein Geräusch hinter sich wahrgenommen, aber diesmal war es kein Rascheln oder Ähnliches. Es waren Schritte! Li zögerte keine weitere Sekunde und rannte los, so schnell er konnte. Aber auch die Schritte hinter ihm wurden schneller. Sehr viel schneller! Immer näher kam ihm der Verfolger. Li konnte bei nahe dessen Atem im Nacken spüren. Von Todesangst getrieben versuchte er zu entkommen, aber die Furcht machte ihn blind. Er stolperte und stürzte zu Boden. "Bitte... Bitte verschonen Sie mich! I... Ich beschaffe das Geld! Gnade!" Li Tao war verzweifelt und flehte am Boden kauernd um sein Leben. Sein Verfolger jedoch blieb erbarmungslos. Er hob seinen Arm, der durch eine silbernglänzende Metallkralle verlängert war, und holte zum Todesstoß aus. Li wusste, was ihn erwartete und er versuchte sich zu retten, doch es war zu spät für ihn. Erbarmungslos rammte der Mörder dem Buchhalter die Kralle in den Rücken, worauf dieser mit sterbendem Schrei in sich zusammensackte. *** Obwohl es schon fast Mittag war und die Sonnenstrahlen durch die Schlitze der Rollovorhänge in sein Schlafzimmer hereinschienen, ließ sich Jann-Lee seinen Schlaf nicht nehmen, schließlich kommt er nachts meist nicht dazu, da ihn sein Job als Türsteher meist bis sechs Uhr morgens in Anspruch nimmt. Nur mit einer Boxershorts und einem Unterhemd am Körper lag der Kampfsportler in seinem völlig verwühlten Bett. Aber nicht nur sein Bett auch seine gesamte Wohnung war ein einziges Chaos. Überall lagen alte Kleidungsstücke, leergegessene Fast-Food-Verpackungen und sonstige Arten Müll herum und Jann-Lee dachte nicht im Entferntesten daran diese Unordnung zu beseitigen, auch wenn ihn Lei Fang damit wieder auf die Nerven gehen würde. Während sich Lee noch immer im Tiefschlaf befand, schwirrte über seinem Kopf ein dicker Moskito, der sich auf seinem Nacken niederließ. Müde und schlechtgelaunt hob er seine Hand und machte die Mücke mit einem einfachen Schlag platt. Er betrachtete sich die Überreste des Insekts in seiner Handfläche, bevor er sich den Dreck an seiner Shorts abwischte und sich noch mal herumwälzte, um weiter zu schlafen. Doch daraus wurde nichts. Denn schon meldete sich der schrille Klingelton des Telefons zu Wort. Genervt griff sich Lee das schnurrlose Gerät, das wie immer neben seinem Bett lag, und hielt es sich ans Ohr. "Hello!", tönte aus dem Hörer und Jann-Lee wusste sofort mit wem er es zu tun hatte. Lei Fang begrüßte ihn in ihrer gewohnt fröhlichen Weise, was Lee fast dazu gebracht hätte direkt wieder aufzulegen. "Ni Hao! Was ist denn los?" Lee richtete sich auf und stieß ein tiefes Gähnen aus, das Lei Fang wohl signalisieren sollte, dass er lieber noch etwas geschlafen hätte. "Oh, Entschuldigung! Hab ich dich etwa geweckt?" Lei Fang schien das Zeichen verstanden zu haben. "Nein, überhaupt nicht! Ich bin schon seit Stunden wach!" Der Sarkasmus in Lees Stimme war kaum zu überhören. "Also, was möchtest du mir denn sagen?" "Ähm, also... Ich wollte dich fragen, ob du heute Abend mit mir ausgehen willst?" Lei Fang geriet ins Stocken. "Vielleicht könnten wir ja... Ähm.... Uns zusammen einen Film im Kino anschauen?" "Na gut! Von mir aus.", Lee willigte ein, obwohl er den Abend lieber mit Trainieren verbracht hätte als sich in einem mit etwa 200 Trotteln voll gestopften Raum eine langweilige Schnulze anzutun. "Also treffen wir uns um acht vor dem Kino?" "Wie du willst. Bis dann!" "Okay, wir sehen uns!" Widerwillig richtete Lee sich auf und zog sich seine Jeans an, die er die Nacht zuvor achtlos vor sein Bett geschmissen hatte. Er ging zum Fenster, zog an der Kordel des Rollos und wurde direkt von den grellen Sonnenstrahlen, die in sein Schlafzimmer hineinfielen, überwältigt. Lee kniff die Augen zusammen und brauchte einige Sekunden bis sich seine Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten. Wie jeden Tag schaute er aus dem Fenster und stellte fest, dass alles seinen gewohnten Gang nahm. Haufenweise Menschen durchströmten die Fußgängerzonen. Der Verkehr kam wie üblich durch die Gewalt der Blechlawine zum Erliegen. Und der Lärm auf den Straßen war wie immer kaum auszuhalten. Lee wandte sich vom Fenster ab und ging ins Nebenzimmer, dabei musste er darauf achten nicht auf irgendwelche halbausgegessenen Konserven zu treten oder über unausgepackte Kartons zu stolpern, die, obwohl sein Einzug schon lange zurücklag, noch immer nicht ausgeräumt waren. Als akustische Untermalung für seine Morgentoilette schaltete er den Fernseher ein. Es liefen gerade die Morgennachrichten, während sich Lee seine Zähne putzte und sich seine übernächtigte Visage im Spiegel anschaute. "Dieser Lebensstil bringt mich noch um!" Er nahm einen großen Schluck, gurgelte kurz und spuckte das Gemisch aus Wasser, Zahnpasta und Speichel ins Waschbecken. Nachdem er sich dann auch seine strubbligen Haare gekämmt, sein Gesicht gewaschen und Deodorant aufgetragen hatte, verließ er das Badezimmer und ging ins Wohnzimmer. "Heute früh wurde im Wirtschaftsbezirk der Buchhalter Li Tao tot aufgefunden.", begann die Nachrichtensprecherin. "Die Polizei geht zurzeit von einem Gewaltverbrechen aus. Um die Ermittelungen nicht zu stören, wurde von Seiten der Behörden eine Nachrichtensperre über den Fall verhängt." Der Sender zeigte einige Bilder vom blutbeschmierten Tatort und dem Abtransport der Leiche, welche aber Lee nicht weiter interessierten. Er zog sich ein dunkelblaues Hemd über sein Unterhemd, schaltete über die Versteuerung das TV-Gerät ab, schnappte sich seine Wohnungsschlüssel und marschierte durch die Tür ins Treppenhaus. *** Lee spazierte durch die Straßen und kaufte sich dabei sein Frühstück, was aus einer Dose Bier und Hot Dog (womit in China auch nichts anderes gemeint war als ein Würstchen mit Brötchen) bestand, und kaufte sich an seinem Stammkiosk eine Zeitung, die sich hauptsächlich mit dem Mord an dem Buchhalter befasste. Lees Aufmerksamkeit jedoch richtete sich auf einen Artikel, der sich auf den erst vorkurzen zugezogenen spanischen Superstar Vega Fabio de Cerna bezog, welcher der örtlichen Polizei eine großzügige Spende zu kommen ließ und in einem Interview betonte wie sehr ihm der Kampf gegen das Verbrechen am Herzen liege. Nachdenklich betrachtete sich Lee das Bild, das den langhaarigen Spanier bei der symbolischen Geldübergabe mit dem Polizeichef darstellte. Lee kannte diesen Typen, aber er wusste nicht woher. In Gedanken versunken beendete er sein Frühstück und machte sich auf den Heimweg, um noch ein paar Tai-chi-Übungen zu trainieren. *** Der Schatten der Nacht hatte sich über Shanghai gelegt, doch die Lichter des Vergnügungsviertels, wo vor allem Touristen und ausländische Geschäftsleute ihr Geld ließen, verwandelten die Gegend in ein schrilles Farbenmeer aus Neonlampen und Leuchtreklamen. Nebeneinander hergehend schlenderten Jann-Lee und Lei Fang an den verschieden Nachtclubs und Spielhallen vorbei und diskutierten dabei über den Film den sie sich kurz zuvor angeschaut hatten. "Das war wirklich spannend, wie Neo es in letzter Sekunde geschafft hat Trinatty zu retten. Mir ist fast das Herz in die Hose gerutscht!", sagte Lei Fang zu Lee, der nur gelangweilt mit den Augen rollte. "Na ja, so toll war die Szene auch wieder nicht! War doch ziemlich offensichtlich, dass es so ausgehen würde!" "Findest du? Was war denn deine Lieblingsstelle?" Lei Fang harkte nach und schaute ihren Freund fragend an. "Der Abspann!" "Du könntest ruhig mal etwas mehr Begeisterung zeigen, alter Miesepeter!", meinte sie scherzhaft und versetzte Lee mit ihrem Ellbogen einen leichten Stoß in die Seite. "Hast nicht noch Lust ein Kaffee mit mir trinken zu gehen?" Lei Fang deutete auf das kleine Cafe, das vor ihnen lag und lächelte Lee dabei auffordernd an. "Ja, von mir aus.", lautete dessen gleichgültige Antwort, worauf er geradezu von Lei Fang ins Innere des Cafes gezogen wurde. Die beiden suchten sich einen Tisch nahe am Fenster und bestellten je einen Cappuccino. Kaum hatten sich beide gesetzt, begannen sie weiter über den Film zu reden, wobei das Gespräch mehr als einseitig verlief, da Lei Fang fast ununterbrochen redete. Müde und genervt ließ Lee seine Blicke durch das Lokal schweifen und entdeckte etwa zwei Tische weiter ein Mädchen, das ungefähr so alt war wie Lei Fang und ihre Haare hochgesteckt trug. Ihr Gesicht vermittelte Traurigkeit und ihre leichtfeuchten Augen waren auf ein Foto gerichtet, das sie in den Händen hielt. Sie saß allein an einem Tisch und nippte hin und wieder an einer Tasse Kaffee, die sie schon zur Hälfte geleert hatte. "Hörst du mir eigentlich zu? Und wohin guckst du überhaupt die ganze Zeit?" Lei Fang drehte sich herum und erblickte nun auch das traurige Mädchen. "Kennst du sie?" Jann-Lee schüttelte den Kopf. "Nein, obwohl sie mir irgendwie bekannt vorkommt!" Die beiden wendeten sich wieder von dem Mädchen ab und tranken weiter an ihren Cappuccino. Es war für ein Moment still im Cafe. Die wenigen Gäste redeten nur spärlich miteinander und auch die Straße war weniger überfüllt als sonst. Alles in allem lag etwas Seltsames in der Luft, was keiner beschreiben konnte, was aber dennoch zu spüren war. Unvermittelt betraten drei Kerle, die dunkle Anzüge und noch dunklere Sonnenbrillen trugen, das Lokal und schauten sich um, denn sie waren auf der Suche nach jemand. Eine Bedienung trat an sie heran und erkundigte sich bei den Männern, was sie wollten. Einer der drei zeigte der Angestellten ein Foto und fragte, ob sie diese Person kenne. Sie bejahte dies und deutete auf das Mädchen, das noch immer gedankenversunken an ihrem einsamen Tisch saß. Die drei Kerle nickten einander zu und bewegten sich auf das Girl zu. Dort angekommen, beugte sich der Schwarzgekleidete, der das Trio anführte, zu dem traurigen Mädchen herunter und sprach: "Du hast da etwas, was unserem Boss gehört, Kleines. Und das hätte er gerne wieder zurück. Also mach' keine Zicken und gib es uns sofort! Vielleicht lassen wir dich dann sogar am Leben!" Sie aber schien die drei Kerle nicht wahrzunehmen und würdigte die Bande nicht eines Blickes. Den Mann in schwarz verärgerte diese Haltung und seine Stimme wurde lauter. "Hör' zu, Schlampe! Entweder du tust, was wir sagen, oder wir schneiden dir deine Kehle durch!" Aber auch dieser Versuch blieb ohne Erfolg. Seine Worte kamen bei ihr scheinbar gar nicht an. Der Schwarzgekleidete kochte vor Wut und rastete schließlich explosionsartig aus. Er zog aus seiner Hosentasche ein Butterfly hervor, wirbelte es in seiner Hand herum, ließ die Klinge hervorblitzen und holte zum Stoß aus. Wie ein Fallmesser raste die Klinge aus das Mädchen zu, das immer noch teilnahmslos da saß, bis plötzlich die Faust des Säbelschwingers durch eine fremde Hand aufgehalten wurde. "Pack' dein Taschenmesser mal besser wieder ein, bevor du noch jemanden verletzt!" Der Mann in Schwarz drehte sich herum und erblickte Jann-Lee, der sich ihm mit einem Ausdruck, der hätte töten können, in den Weg stellte. "Wer zum Teufel bist du!?" "Jemand, der etwas dagegen hat, wenn eine Niete wie du versucht sich wichtig zu machen!" Lee presste das Handgelenk seines Gegners fester zusammen, so dass der Gangster das Messer zu Boden fallen lassen, sich selbst nicht mehr auf den Beinen halten konnte und auf den Knien abstützen musste. "Ahh, Verdammt! Shin! Thai! Tut endlich was gegen diesen verdammten Bastard!" Die beiden Schläger ließen sich nicht lange bitten und zogen ihre silberfunkelnden Berettas aus den Schulterhalftern. Die Läufe der Waffen waren direkt auf Jann-Lee gerichtet, den dies jedoch nicht weiter zu beunruhigen schien. "Brauchst du vielleicht Hilfe?", fragte Lei Fang, die noch immer vollkommen entspannt auf ihrem Stuhl saß, fast ironisch, da ihr die Antwort eigentlich schon klar war. "Für Solche Schwächlinge?", Lee fühlte sich von dieser Frage beleidigt. "Ich nehme es locker mit 3000 von dieser Sorte auf!" Lees Ansage war mehr als deutlich. Thai und Shin waren verunsichert und begannen zu zögern. "Erschießt ihn doch endlich, ihr Vollidioten!", brüllte der Gangsterboss, der noch immer von Jann-Lee in Schachgehalten wurde, doch seine Worte waren sinnlos, denn seine beiden Partner waren zu verunsichert um genau genug zu zielen. "Tja, hilft wohl alles nichts." Lee zog den Gangster vom Boden hoch, als ob er nichts gewogen hätte, und stemmte ihn mit beiden Armen über seinen Kopf. "Los ihr beiden! Fangt das mal auf!", spottete Lee und warf Shin und Thai ihren Anführer direkt in die Arme. Die Wucht des Zusammenstoßes war so heftig, dass die drei Gangster zu Boden befördertet wurden und kurzzeitig bewusstlos liegen blieben. Alle hatte es erwischt, außer dem Anführer der Drei, der trotz der Kollision noch immer bei Bewusstsein war. Er kroch über den staubigen Untergrund und versuchte die Kanone seines Partners zu erreichen, die bei dem Aufprall zu Boden gefallen war. Er streckte seinen Arm aus und griff mit seiner Hand nach der silbernen Beretta. Jedoch war Jann-Lee wachsam und bemerkte es sofort. Wie einen Fußball kickte Lee die Waffe zur Seite und trat mit dem Absatz seines Schuhes auf den Handrücken des Gangsters. "Langsam beginnst du mir ernsthaft auf die Nerven zu gehen!" Abwertend schaute Jann-Lee auf den Bandenchef herab. "Das werdet ihr bereuen! Unser Boss wird euch dafür killen!" Lee zog seinen Fuß weg und begann zu grinsen. "Na, dann geht mal zu eurem Boss! Wir werden ja sehen wer her wen killt!" Dem Gangster flößte Lees Ankündigung sowohl Hass als auch Furcht ein. Er richtete sich mühevoll wieder auf und stürzte leicht angeschlagen zum Ausgang des Lokals, während ihm seine, gerade erst wieder zu Bewusstsein gekommen Partner, Thai und Shin, hinterherhinkten. "Die Rache wird unser sein!", rief der Gangsterboss kurz bevor die Bande geschlossen durch die Tür ins Freie verschwand. "Musst du immer so maßlos übertrieben! Du hättest sie auch ohne diese dämliche Show fertig machen können!", tadelte Lei Fang ihren Freund. "Natürlich hätte ich das tun können. Aber in dieser Stadt passiert schon so wenig, da muss man jede Gelegenheit nutzen!" Jann-Lee ging an Lei Fang vorbei zurück zu seinem Platz und setzte ein zufriedenes Grinsen auf. "Wo ist eigentlich dieses Mädchen von eben?" Lei Fang schaute sich um, doch konnte sie nirgends erblicken. "Mach' dir mal darüber keine Gedanken. Die wird schon wissen, was sie tut." Lee hob seine Tasse und trank den letzten Schluck des kaltengewordenen Cappuccino. "Was macht dich da so sicher? Schließlich könnten diese Typen in Schwarz erneut versuchen sie anzugreifen!" "Die kann sich auch alleine ganzgut verteidigen." Lee stellte die leere Tasse ab und begann feist zu grinsen. "Übrigens mir ist wieder eingefallen, woher ich sie kenne." "Lass hören!" Lei Fang war neugierig und beugte sich gespannt nach vorne. "Ich habe ihr Bild schon einmal in der Zeitung gesehen. Sie war eine der Teilnehmer des Street Fighter Turniers und hat sogar einige der besten Kämpfer der Welt bezwungen!" "Du... Du meinst doch nicht etwa, dass das Mädchen von eben..." Lei Fang konnte es kaum aussprechen. "Doch, das eben war Chun Li!" Ein Moment des Schweigens unterbrach kurz das Gespräch und Lei Fang versuchte ihre Gedanken zu sortieren. "Aber was hat die hier zu suchen und was hat sie mit diesen Gangstern zu tun?" Jann-Lee erhob sich von seinem Platz und warf ein paar Geldscheine auf den Tisch, um die Rechnung für den Kaffee zu bezahlen. "Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Aber vielleicht werden wir es ja bald erfahren. Wer weiß schon, was einem die Zukunft bringt." "Was meinst du damit?" "Ach nichts!", winkte Lee lächelnd ab. "Komm ich bring dich nach Hause." Er klopfte seiner leichtverwirrten Freundin auf die Schulter und verließ zusammen mit ihr das Cafe. *** Jann-Lee brachte seine Freundin nach Hause und verabschiedete sich dabei ungewöhnlich gutgelaunt von ihr. "Das war ein wirklich netter Abend, Lei Fang. Hoffentlich sehen wir uns morgen. Schlaf gut!" "Ähm... Danke!", erwiderte das Mädchen, während sie sich über Lees plötzlichen Stimmungswechsel wunderte. Sie schloss die Tür zu ihrer Wohnung und Jann-Lee verließ über den Flur das Mietshaus. Noch einige Minuten lang stand Lei Fang im schmalen Eingangsbereich ihres Apartments gegen die Wohnungstür gelehnt und ging intensiv ihren Gedanken nach. "Da stimmt doch was nicht? Wieso war er denn auf einmal so gut drauf? Der führt doch irgendetwas im Schilde." Lei Fangs Annahme war mehr als gerechtfertigt, denn Lee ging keineswegs direkt nach Hause. Er durchstreifte die dunkelsten und menschenleersten Straßen der Stadt auf der Suche nach Chun Li. Unbedingt wollte er sie ausfindig machen um Antworten auf seine Fragen zu erhalten. Wer waren diese Männer in Schwarz? Was wollten sie von ihr? Und wer war ihr Boss? Stundenlang durchkämmte Lee jeden Winkel und jede noch so schmale Gasse, aber die Kämpferin schien sich in Luft aufgelöst zu haben. Lee wollte schon die Suche abbrechen und aufgeben, als er plötzlich eine Gestalt hinter sich wahrnahm, die ihn schon länger verfolgte. Er blieb stehen, drehte sich um und versuchte den Schatten zu identifizieren. "Die Größe könnte stimmen. Der Körperbau auch. Vielleicht ist sie es.", dachte sich Jann-Lee und ging langsam auf sie zu. "Also, hab ich dich doch noch...huh?" Lee war verwirrt, denn er erblickte jemanden, mit dem er nicht gerechnet hatte. "Lei Fang?" "Aha, du willst sie also ohne mich finden! Das ist ja mal wieder typisch!" Das aufgebrachte Mädchen schimpfte Jann-Lee aus, als ob sie seine Mutter wäre, und Jann-Lee musste sich anstrengen um sie wieder zu beruhigen. "Ja, okay, ich hätte dir sagen sollen, was ich vorhabe, aber die ganze Sache könnte gefährlich werden und ich glaube nicht, dass das was für kleine Mädchen ist!" "Was soll das denn heißen!", Lei Fang lief vor Wut rot an. "Ich bin kein kleines Mädchen!" Die beiden hätten wohl noch stundenlang so weitergemacht, wenn nicht plötzlich ein unbekanntes Geräusch an das Ohr Lees gedrungen wäre. "Pssst!" Lee drückte Lei-Fang seinen Zeigefinger auf die Lippen und sie verstummte sofort, obwohl sie nicht wusste, was los war. "Komm mit!" Jann-Lee nahm seine Freundin am Arm und zog sie in einen dunklen Spalt, der sich zwischen zwei Häusern befand. "Was ist denn los?" Fragend schaute ihn Lei-Fang an. "Sieh mal da rüber!" Mit einem kurzen Heben seines Kopfes deutete Lee auf eine dunkle Silhouette, die die Straße entlang wandelte. "Ist sie das?" Jann-Lee bejahte ihre Frage mit einem Kopfnicken und hatte damit absolut Recht. Der Schatten gehörte tatsächlich Chun Li, die mit einem unscheinbaren braunen Trenchcoat bekleidet, durch die Gassen ging. Sie schritt auf eine Straßenlaterne zu, unter der ein hochgewachsener Mann mit langen Haaren stand. "Hast du dich endlich dafür entschieden, mit uns zusammenzuarbeiten? Oder hast du einfach nur mein schönes Gesicht vermisst?" "Nichts der Gleichen! Ich bin hier um dich zu erledigen!" Chun Li schien es ernst zu meinen und zu allem entschlossen zu sein, dennoch grinste sie der Hochgewachsene feist an. "Du bist wirklich süß, wenn du sauer bist." Diese Verhöhnungen reizten Chun Li nur noch mehr und ihr fiel es schwer ihren Zorn zu kontrollieren. "Halts Maul! Ich werde den Tod meines Vaters rächen und deinen dreckigen Machenschaften ein Ende bereiten!" "Meinst du wirklich, dass du das schaffst?" Der langhaarige Mann machte eine rasante Bewegung, verschwand für einen Moment und tauchte unvermittelt hinter Chun Li wieder auf. Er drückte dem Mädchen seine Kralle an die Halsschlagader und kam mit seinem Mund ihrem Ohr sehr nahe. "Akzeptiere lieber deine Unterlegenheit! Sonst wird es dir schlecht ergehen!" Wütend wirbelte Chun Li herum und versuchte ihren Gegner mit einem gezielten Sidekick zu erwischen. Doch ihr Tritt traf nur die Luft, denn der Hochgewachsene war erneut verschwunden. Etwa fünf Meter vor ihr tauchte er wieder auf und schaute ihr durch seine dunkle Maske tief in die Augen. "Wenn wir uns das nächstes Mal wieder sehen, wirst du hoffentlich vernünftiger sein!", sprach er knapp und verschwand im Dunkeln der Nacht. Chun Lis Wut schlug in Verzweifelung um und sie hämmerte mit ihrer blanken Faust ein beträchtliches Loch in die Hausfassade, die sich zu ihrer Rechten befand, während sich ein Tränenfluss über ihre Wangen ergoss. "Verdammte Scheiße! Wieso schaffe ich es nicht diesen Bastard zu besiegen!" Unter leidvollem Wimmern verlor sie den Halt auf den Beinen und blieb mutlos am kalten Boden sitzen. Plötzlich spürte das Mädchen eine fremde Hand auf ihrer Schulter und hörte eine tröstende Stimme hinter sich. "Brauchst du vielleicht unsere Hilfe?" Langsam drehte sich Chun Li herum und sah Jann-Lee und Lei Fang, die die ganze Szene aus ihrem Versteck heraus beobachtet hatten. Überaus dankbar lächelte das Mädchen mit ihren verheulten Augen die beiden Unbekannten an. *** "Hast du die verdammte Liste?", fauchte eine grollende Stimme den Hochgewachsenen an, der gerade den spärlich beleuchteten Raum betrat. "Nein! Sie hatte sie nicht dabei!" Langsam trat der Hochgewachsene an den Schreibtisch heran, hinter dem ein stämmiger Mann saß, er füllte ein Whiskeyglas, das auf dem Tisch stand, zu zwei fingerbreit mit Schnaps und nahm einen ordentlichen Schluck. "Was! Woher willst du das so genau wissen?" Erbost schlug der stämmige Kerl auf die Tischplatte. "Beruhig' dich, Sagat! Ich konnte sie durchsuchen, während ich ihr meine Kralle näher ,vorgestellt' habe. Sie hatte nichts dabei!" Erneut führte der Hochgewachsene das Glas zu seinem Mund und nippte kurz daran. "Das ist mir egal! Ich will, dass du mir meine verdammte Liste wiederholst, Vega! Verstanden?" Verärgert stellte Vega sein Glas auf dem Schreibtisch ab und schaute seinen Gegenüber verächtlich an. "Punkt eins: Ich bin nicht dein scheiß Lakai! Punkt zwei: diese Liste gehört mir genauso wie dir! Und Punkt drei: Besorg dir doch ne neue, wenn es dir so wichtig ist!" Sagat erhob sich von seinem Sitz und schob seinen vollkommen haarlosen Schädel nach vorne. "Weißt du eigentlich, wie viel Mühe und Geld es mich gekostet hat, diese Informationen für diesen Wisch zusammen zu bekommen? Alle Namen und Adressen der Buchhalter und Finanzverwalter aller Firmen in dieser Stadt befinden sich auf dieser Disk! Wenn wir ein ernstzunehmendes Synidakt in dieser Stadt errichten wollen, können wir nicht auf diese Liste verzichten! " "Schon gut!", winkte Vega ab. "Ich hole sie dir schon zurück! In spätestens 24 Stunden hast du sie wieder!" "Das dauert mir zu lange! Daher ich habe schon selbst Maßnahmen ergriffen!" "Was soll das denn heißen? Vertraust du mir etwa nicht!" Gelassen ließ sich Sagat zurück in seinen Sessel fallen. "Man sieht ja, was man davon hat! Außerdem scheint dir die Sache langsam über den Kopf zu wachsen! Vor allem da die Kleine scheinbar Unterstützung bekommen hat!" "Unterstützung?" Vega schien nicht sofort zu verstehen, was Sagat damit meinte. "Ein paar meiner Jungs sind Chun Li etwas auf die Füße getreten und wurden prompt von so einem Möchtegern Bruce-Lee verprügelt!" Gleichgültig stieß Vega einen kurzen Seufzer aus. "Was lässt du auch diese Luschen solche Arbeiten verrichten! Ist doch klar, dass die nichts draufhaben! Überlass die Sache lieber mir!" "Ich gehe lieber auf Nummer sicher!", Sagat hob den Kopf und richtete seinen Blick auf die Tür. "Du kannst jetzt hereinkommen!" "Mit wem redest du da?" "Sie wird dir gefallen!" Feist begann Sagat Vega anzugrinsen. "Wer?" "Deine neue Partnerin!" Unter lautem Knarren öffnete sich die Tür und eine grazile Gestalt betrat den Raum. Sie war ein junges Mädchen von etwa 16 Jahren mit violetten Haaren und einem blauen Stirnband. Der tiefschwarze Ninjaanzug, den sie trug, machte sie in der Dunkelheit für das menschliche Auge fast unsichtbar und die Wurfmesser und Ninjasterne, die sie mit sich führte, strahlten eine gewisse Bedrohlichkeit aus. "Darf ich dir Ayane vorstellen! Die wohl gnadenloseste Killerin Japans!" Sagats Aussagen überzeugten Vega jedoch noch nicht so ganz und er musterte mit kritischen Blicken seine neue Partnerin. "Ich gebe ja zu, dass sie ein wirklich süßes Chica ist, aber übertreibst du nicht etwas, schließlich ist sie ja noch fast ein Kind!", sagte Vega und griff nach der Schnapsflasche, um sein Glas erneut aufzufüllen. Doch während er noch die Falsche in den Händen hielt, schoss plötzlich wie ein Blitz eine scharfe Klinge durch den Raum und zertrümmerte den Hals der Schnapsflasche. "Sorry, aber ich bin nicht süß!", stellte die Ninja, die das Geschoss abgefeuert hatte, knurrend fest. "Beurteile sie nicht nach ihrem Aussehen! Sie wird uns dabei helfen diese ganze verfluchte Stadt zu beherrschen!", verkündete Sagat zufrieden grinsend und lehnte sich mit einer Zigarre zwischen den Zähnen zurück. *** Leichte Dunstschwaden zogen durch die vereinsamten Straßen der Innenstadt und nur das leise Rauschen von einigen weitentfernten Autos bildete die einzige Geräuschkulisse. Allein die kleine Gruppe, bestehend aus Jann-Lee, Lei-Fang und Chun Li, durchstreifte die dunkele Szenerie. "So ist das also.", nachdenklich rieb sich Lee sein Kinn. "Diese Schlägertruppe und der Krallentyp gehören zur einer Verbrecherorganisation, die versucht dich zu fangen, weil du ihnen so eine seltsame Liste geklaut hast." Mit einem leichten Kopfnicken bejahte Chun Li dies und sagte mit müder Stimme: "Ja, das stimmt!" "Wieso aber versuchst du auch alleine gegen ein ganzes Syndikat anzutreten! Warum bist du nicht zur Polizei gegangen?" Fragend schaute Lei Fang ihre Gegenüber an und Chun Li schien diese Frage bereits erwartet zu haben. Ein tiefer Seufzer entfuhr ihr und schwermütig begann sie zu erzählen. "Die Polizei ist keine große Hilfe! Diese korrupten Schweine stehen auch auf der Gehaltsliste des Syndikats! Und nicht nur das! Auch Beamte der Stadtverwaltung und Leute beim Militär werden von ihm kontrolliert. Es gibt kaum einen Bereich in dieser Stadt, der nicht unter der Macht von diesen Verbrechern steht! Ihr seht also, dass ich alleine arbeiten muss um nicht in unnötige Schwierigkeiten zu geraten." "Na ja, das würde ich so nicht sagen.", meinte Jann-Lee, während er seine Hand auf die Schulter Chun Lis legte. "Es wäre doch feige und bescheuert, dich jetzt einfach allein mit diesen Idioten zu lassen! Stimmt's Lei Fang? " Lee warf einen grinsenden Blick zu seiner Freundin hinüber, die mit einem ebenso freudigen Gesichtsausdruck antwortete. "Natürlich, Jann-Lee-kun!" Chun Li verzichtete darauf zu antworten und drückte ihre Dankbarkeit mit einem leichten Lächeln aus. "Wie heißt eigentlich der Boss des Syndikats?" Fragend schaute Lee seine neue Begleiterin an, die nicht lange überlegen musste um diese Frage zu beantworten. "Nun, es gibt eigentlich zwei Bosse, nämlich Sagat, einen ehemaligen thailändischen Kickboxer, und Vega, einem spanischen Stierkämpfer und Kampfsportler. Beide waren früher hochrangige Mitglieder in der Organisation Bisons. Nach dem Zusammenbruch der Organisation, verbündeten sie sich und führten die schlechten Werke Bisons fort!" Lee hob den Kopf und unvermittelt kam ihm eine verwegne Idee. "Du weißt doch sicher, wo dieses Syndikat sein Versteck hat, oder?" Chun-Li schaute ihn erschrocken an. "Natürlich! Aber du willst doch wohl nicht etwa..." Lee begann zu grinsen. "Doch, wir werden diesen Laden mal einen Besuch abstatten!" *** "Was soll dieser ganze Mist überhaupt!" Zähneknirschend schaute Ayane den Spanier an, der zusammen mit ihr von einem Dach zu anderem durch die Nacht hechtete. "Nicht so frech, Kleines! Wir müssen nun einmal das Chica und die Liste finden, anders können wir unsere Pläne eben nicht verwirklichen!" "Wenn du meinst... Ihr müsst es ja wissen.", die Ninjakämpferin schüttelte verständnislos ihren Kopf. Plötzlich blieb Vega unvermittelt stehen und blickte herab in die tiefe und von Nebelschwaden verhangene Hochhausschlucht. "Ist was?" Ayane stoppte ebenfalls und ging mit verschränkten Armen zu ihrem Partner. "Schau mal da unten!", verkündete Vega breitgrinsend und zeigte mit seinem Finger auf die Straße. Der weibliche Ninja beugte sich etwas nach vorne und erkannte drei verschwommene Gestalten, die über die Straßen wandelten. "Sind sie das?" Vega stimmte mit einem Kopfnicken zu und weitete sein Grinsen noch weiter aus. "Ich schlage vor, wir knöpfen sie uns am Besten sofort vor!", meinte die Attentäterin vor Tatendrang strotzend und machte sich schon für einen Überraschungsangriff bereit. Doch der Krallenkämpfer hielt sie gegen ihren Willen zurück. "Warte! Ich habe eine wesentlich bessere Idee!" "Aha! Und welche?" "Ganz einfach, Kleines! Guck mal, wo die Typen hingehen.", langsam fuhr Vega mit seinem Zeigefinger den Weg nach, den das Trio einschlug. "Das Hauptquartier?!", entfuhr es Ayane überrascht. "Erraten!", der Spanier klopfte Ayane anerkennend auf die Schulter und richtete sich währenddessen auf. "Wir müssen nur abwarten. Sie gehen uns sozusagen von selbst in die Falle!" Mit diesem teuflischen Plan im Hinterkopf, machten sich die beiden Kämpfer auf den Rückweg, um alles für den großen Empfang vorzubreiten. *** Bedrohlich und uneinnehmbar stand es da. Ein großes mehrstöckiges Gebäude, dessen Fassade mit großen grellen Neonleuchten verziert waren, die das Wort "Dragon Club" beschrieben, lag vor dem Trio. "Sind wir hier richtig?" Jann-Lee schaute fragend zu Chun-Li hinüber. "Ja! Hier ist es." "Wollen wir das wirklich tun?" Lei Fang trat an die anderen beiden heran und schluckte beim Anblick der grauen Festung. "Du kannst ja nach Hause gehen, wenn du willst. Ich werde das hier auf jeden Fall durchziehen!" Entschlossen ballte Lee die Fäuste und ging auf den Eingang des Hauses zu. "Okay, okay, war ja bloß 'ne Frage.", winkte Lei-Fang ab und folgte zusammen mit Chun Li ihrem Freund. Hart stieß Jann-Lee die Tür der Spielunke auf und sofort waren alle Augen der Gäste auf ihn gerichtet. Es waren finstere Blicke, die er zugeworfen bekam. Die Lokalbesucher, die damit beschäftigt waren Poker zu spielen, sich an der Theke vollaufen zu lassen oder mit zahlreich, im Lokal vertretenden Bordsteinschwalben, zu flirten, waren allesamt gestandene Gangster oder sahen zumindest so aus. Ohne sich davon beeindrucken zu lassen schritt Jann-Lee an ihnen vorbei und auch Chun-Li und Lei-Fang ließen sich nach außen hin nichts anmerken, obwohl Lei-Fang innerlich schon ein wenig unsicher war. Unruhig klopfte ihr Herz und kalt rann ihr der Schweiß die Stirn herunter. Als der sehr korpulente Barkeeper, dessen Markenzeichen ein katzenfischartiger Schnurrbart war, die drei Jugendlichen erblickte, stieß er einen schrillen Pfiff aus um sie auf sich aufmerksam zu machen und begann darauf ihnen etwas entgegen zu rufen. "Hey ihr! Kommt mal her!" Die laute Bassstimme des Fetten war kaum zu überhören und sofort wanderten die Blicke von Jann-Lee und Co. zu ihm hinüber. "Was ist denn los?", erkundigte sich Lee barsch, während sich das Trio der Theke nährte. "Der Boss will euch sprechen!" Lee zog die Brauen hoch. "Er will uns sprechen? Ach, was!", der Kampfsportler musste auflachen. "Hält uns dein Boss für total verblödet!" "Nein, nein! Ihr versteht das vollkommen falsch... Meister Sagat meint es ernst, er will sich mit euch friedlich verständigen!", der Barkeeper versuchte den Unschuldigen zu spielen. Jedoch mit nur mäßigem Erfolg. Lee durchschaute ihn sofort, ließ ihn aber lieber vorerst in dem Glauben, dass er seine Rolle gut gespielt hätte. "Na schön! Wir nehmen an, wo finden wir den Boss?" Der Fettsack deutete auf einen schmalen Treppenaufgang. "Er ist in seinem Büro im ersten Stock. Er erwartet euch schon." Mit den Händen in den Hosentaschen schlenderte Jann-Lee auf die Treppe zu und wurde dabei von zwei etwas verwirrten Mädchen verfolgt. "Hältst du das wirklich für klug? Das ist doch bestimmt eine Falle?!" Lei-Fang redete wie verrückt auf ihren Freund ein, aber ohne ihn wirklich aus der Ruhe zu bringen. "Das weiß ich selbst, aber findest du nicht auch, dass das der einfachteste Weg ist um an Sagat und seine Partner heranzukommen?" Jann-Lees Ausführungen klangen logisch und sowohl Chun Li als auch Lei-Fang fielen auf die Schnelle keine guten Gegenargumente ein. Im oberen Geschoß angekommen, fanden sich die Drei in einem heruntergekommenen und schäbigen Gang wieder, der so gar nicht nach dem Hauptquartier einer Verbrecherorganisation aussah. Der Gang war düster, die alten Dielen knarrten heftig und silberne Spinnenweben hingen von der Decke herab. Ein beklemmendes Gefühl machte sich bei dem Trio breit und keiner von ihnen konnte genau abschätzen, was sie im Büro von Sagat erwarten würde. Nur eines war ihnen klar, dass sie sich in große Gefahr, ja sogar Lebensgefahr, begaben. *** Langsam drehte sich der Türknauf herum, der Riegel klickte und geräuschvoll schwang die Tür auf. Drei Schatten traten in das Zimmer und bewegten sich auf den Schreibtisch zu, der am anderen Ende des Raumes stand. "Ah, da seid ihr ja endlich! Ich hab euch schon erwartet. Kommt, nehmt bitte Platz.", verkündete die dunkle Stimme Sagats, während er mit seiner rechten Pranke auf die drei Stühle wies, die vor seinem Arbeitsplatz aufgestellt waren. Misstrauisch nährten sich die Drei dem Gangsterboss und setzten sich auf ihre Plätze ohne ihn dabei auch nur für eine Sekunde aus den Augen zu lassen. "Was soll diese gekünstelte Gastfreundlichkeit, Sagat! Willst du uns auf den Arm nehmen?" Scharf schaute Chun Li ihren Gegenüber an, der mit einem vollkommen unschuldigen Blick konterte. "Ich weiß gar nicht, was du meinst? Ich behandle nun mal alle meine Gäste äußerst höflich." Erregt sprang Chun Li auf und schlug mit geballten Fäusten auf die Tischplatte. "Ach ja!? Und schickst etwa auch all deinen ,Gästen' ein Killerkommando auf den Hals!" Anstatt genauso aufgebracht wie das Mädchen zu reagieren, blieb Sagat gelassen und räusperte sich nur kurz. "Nun, das nicht. Aber für gewöhnlich beklauen mich meine Gäste auch nicht einfach!", Sagat nahm sich eine Zigarre aus einer hölzernen Box, die sich auf dem Tisch befand, und zündete sie sich entspannt an. "Du musst mich verstehen. Dieses Dokument ist sehr wichtig für meine Geschäfte! Und..." "Spar dir dein Gesülze!", unterbrach Chun Li den Gangster lautstark. "Du weißt genauso gut wie ich was sich auf der Disk befindet! Also spiel hier nicht das Unschuldslamm!" Tief amtete Sagat aus und blies dabei eine graublaue Rauchwolke aus seinem Mund. "Na gut, wenn du willst können wir den Small Talk auch sein lassen und gleich zum Geschäft kommen! Wie viel verlangt ihr? $ 50.000? $ 100.000? Oder gleich eine $ 1.000.000?" "Das einzige, was ich will ist, dass du und deine Bande endlich eure gerechte Strafe bekommt!", schrie Chun-Li dem Rauchenden entgegen, während die ganze Szene von Jann-Lee und Lei-Fang wortlos beobachtet wurde. Ungerührt nahm sich Sagat einen gläsernen Aschenbecher und drückte darin seinen abgebrannten Zigarrenstummel aus. "Tse, tse, tse...Ich habe ehrlich gehofft, dass wir uns friedlich einigen könnten.", belog Sagat, der sich mit Bedacht die Krawatte seines teuren Maßanzuges herrichtete, seine Gesprächspartner. "Aber wenn es nicht anders geht..." Sagat begann zu grinsen und betätigte einen Schalter, der unter der Tischplatte angebracht war. Ein schriller Ton, ähnlich dem einer Türklingel, heulte los und schon Sekunden später war das Büro von einer kleiner Armee von etwa 12 Schlägern überschwemmt worden, deren Anzüge den Gangstern, die Chun-Li im Cafe bedroht hatten, stark ähnelten. "Los Jungs! Bringt den Bälgern mal ein paar Manieren bei!", Sagat stand auf, ging an den dreien vorbei und steuerte auf die Tür zu. "Ich lasse euch nun mit meiner Truppe alleine. Leider habe ich keine Zeit mehr für euch. Ihr kennt das ja. Das Geschäft geht nun mal vor. Lebt wohl!", Sagat drehte den Knauf herum und verließ unter lautem Lachen das Zimmer. "Du verdammter Bastard!!", brüllte Chun Li dem Gangster hinterher, doch dieser hatte schon die Tür geschlossen und war im Flur des Nachtclubs verschwunden. Nun hieß es drei gegen zwölf. Jann-Lee, Lei-Fang und Chun-Li gegen eine Bande von brutalen Verbrechern. Verbrecher, die mit Messern, Pistolen und allerhand anderer tödlicher Handwaffen ausgestattet waren. Verbrecher, die bereit waren für Geld zu töten. Verbrecher, die weder Mitleid noch Gnade kannten. *** Bewusstlos und um ein paar Zähne ärmer ging schließlich auch der letzte der zwölf Schlägertypen besiegt zu Boden. Die Szene erinnerte an ein Schlachtfeld. Überall im Zimmer lagen besinnungslosgeschlagene Männer herum, deren Körper mit Blessuren und Platzwunden nur so übersät waren. Die meisten von ihnen hielten noch immer ihre Waffen in den Händen oder trugen sie in ihren Halftern, weil sie nicht dazu kamen sie einzusetzen. In Mitten dieses Kampfschauplatzes standen die drei jungen Kampfsportler, die noch nicht einmal übermäßig angestrengt aussahen. Sie atmeten völlig ruhig und auch der Schweißfluss hielt sich bei ihnen in Grenzen. "Was für eine Unordnung!", meinte Jann-Lee, als er sich den Haufen von geschlagenen Gangstern betrachtete. "Kommt! Für uns gibt es hier nichts mehr zu tun. Lasst uns dieses Arschloch Sagat finden!" Die Drei wanden sich ab und gingen auf die Tür zu. Lee hatte schon die Klinke in der Hand, als plötzlich hinter ihnen ein Geräusch zu vernehmen war. Ein Klatschen zweier Hände. Es war ein kleiner Applaus. Aber kein Applaus, wie ihn ein Schauspieler oder Sänger erhielt, sondern vielmehr ein höhnisches Klatschen. Jann-Lee, Lei-Fang und Chun-Li wirbelten herum und erblickten Vega, wie er auf dem Schreibtisch seines Bosses saß und gelassen in die Hände klatschte. Sein teufelgleiches Lächeln beunruhigte das Trio, sogar Jann-Lee. "Großartig! Wirklich Beeindruckend!", Der Spanier erhob sich und schritt, während er über die sich krümmenden Körper der Gangmitglieder hinweg stieg, auf seine Feinde zu. "Ihr seid echt gut! Zu Schade nur, dass wir nicht auf derselben Seite stehen! Wir wären ein tolles Team!" "Halt dein Maul, du Mörder!!" Chun-Li fletschte wie ein Raubtier ihre Zähne. Chun-Lis blanken Hass erwiderte Vega jedoch bloß mit einem schallenden Lachen. Langsam hob er seine Hand und streichelte sanft wie eine laue Brise, die einen Hurrikan ankündigt, die Wange von Chun-Li. "Sei doch nicht so nachtragend. Wenn du lieb bist, werde ich ganz zärtlich zu dir sein..." Das Gesäusel des Spaniers jagte Chun-Li einen kalten Schauer über den Rücken. Sie zitterte am ganzen Leib und ihre Wut verwandelte sich langsam zur Angst. Todesangst! Plötzlich schnellte eine Faust los, durchschnitt den Raum und landete erbarmungslos im Gesicht des Krallenkämpfers. Die Wucht des Schlages schleuderte ihn wie eine Druckwelle mehrere Meter zurück und katapultierte ihn direkt gegen den massiven Schreibtisch, der daraufhin mit einem lauten Donnern zerberstete. "Das war nur eine Warnung! Fass sie noch einmal an und du wirst sterben, Sackgesicht!" Jann-Lee scherzte nicht. Er meinte es ernst! Seine raubvogelähnlichen Augen focusierten den Spanier, durchdrangen ihn regelrecht und blickten tief in dessen Inneres. Scheinbar besiegt, hing Vega in den Überresten des Möbelstücks. Er sah aus wie ein Boxer, der kurz vor seiner Niederlage erschöpft in den Seilen baumelt. "Du bist wirklich ein Komiker, Karate Kid!", Vega fuhr sich mit seiner Rechten über die Lippe, wischte das Blut aus dem Gesicht und kramte gleichzeitig seine silberglänzende Maske aus der Manteltasche hervor. "Aber glaube nicht, dass ich dir das durchgehen lasse! Niemand entstellt mein makelloses Gesicht ohne dafür zu bezahlen!" Elegant zog er sich die Maske an, erhob sich und streifte seinen dunklen Mantel ab. Darunter trug er seinen typischen Kampfdress, der ihm schon bei den Street Fighter Turnieren zur Seite stand: Eine gelb-violette Stierkämpferhose, lange weiße Strümpfe, ein rotes Tuch, das er sich um die Hüften gebunden hatte und nicht zu letzt seine geheimnisvolle Drachentätowierung, die sich um seinen ganzen Brustkorb schlang. "Mach' dich bereit zu sterben!", drohte der maskierte Krieger seinen Gegner, ging in die Hocke und sprang mit einem gewaltigen Satz und seiner Kralle im Anschlag auf Jann-Lee zu. Mit atemberaubender Geschwindigkeit schoss ihm die Klinge entgegen und nur mit einem schnellen Reflex gelang es ihm dem Hieb auszuweichen. Lee tauchte regelrecht unter dem Angriff hindurch und versuchte seinerseits mit einem rasanten Gegenangriff zu antworten. Jedoch ging auch diese Attacke ins Leere. Vega wich zur Seite, wirbelte herum und versetzte Lee einen Sidekick. Der Karatekämpfer hatte aber früh genug durchschaut, was sein Gegner geplant hatte, blockte den Angriff mit seinem rechten Arm ab und konterte gleichzeitig mit einem linken Haken in die Magengrube des Spaniers. Wie ein Vorschlaghammer traf Vega dieser Schlag, für einen Moment blieb ihm die Luft weg und er ging kurz darauf keuchend in die Knie. Lee sah nun seine Chance. Er holte mit seinem rechten Bein für den finalen Kick aus. Doch so schnell wollte Vega nicht aufgeben. Wie aus dem Nichts schnellte seine Klinge erneut hervor und traf das linke Knie seines Gegners. Blut schoss aus der Wunde und der Schmerz verzerrte das Gesicht von Jann-Lee. Er musste den Angriff abbrechen und dem Feuer der Wunde nachgeben. Die erste Runde des Kampfes schien vorbei zu sein. Beide Kämpfer standen sich gebeugt gegenüber und blickten sich angriffslustig in die Augen. "Du bist ziemlich gut, Karate Kid!", lobte Vega seinen Gegner. "Aber das wird dir alles nichts nutzen!" Laut begann er zu lachen, aber noch wusste Jann-Lee nicht wieso. Bis plötzlich Chun Li aufschrie. "Pass' auf!" Lee drehte seinen Kopf zu Chun-Li, die auf die rechte Hand von Vega deutete. Erneut wirbelte der Karatekämpfer herum und bemerkte nun in der Hand des Spaniers eine kleine runde Kugel. Eine Bombe? Eine Granate? Keiner wusste was es war. Aber eines war sicher, sie verhieß nichts Gutes! *** Vega hob seine Hand und schleuderte die Kugel dem Boden entgegen. Mit einem lauten Knall explodierte der Ball und erfüllte den Saal mit dichtem schwarzem Rauch, der so dicht war, dass man nicht einmal die Hand vor Augen sehen konnte. Rasendschnell verbreitete sich der Rauch und blockierte sogar die Atemwege des Trios. Hustend und keuchend knieten Jann-Lee, Lei-Fang und Chun-Li am Boden und versuchten dem beißenden Qualm zu entgehen. Doch das war nahezu unmöglich. Der Rauch war überall und es dauerte mehrere Minuten bis er sich endlich verzogen hatte. Langsam wurde auch die Sicht wieder besser und selbst das Atmen viel wieder leichter. Jann-Lee und Chun-Li öffneten ihre Augen, die noch immer wie Feuer brannten, und schauten sich im Zimmer um. Sie waren allein. Sowohl Lei-Fang als auch Vega waren verschwunden. Wo waren sie abgeblieben? Unvermittelt traf die beiden Krieger ein kühler Luftzug. Fast synchron drehten sie sich herum und sahen das offene Fenster. Beiden schoss sofort derselbe Gedanke durch den Kopf: Vega hatte Lei-Fang entführt und war mit ihr durchs Fenster entkommen. Es war zwar nur eine Vermutung aber alles deutete daraufhin, dass sie richtig damit lagen. So schnell sie konnten, liefen sie auf das offene Fenster zu und schauten in die undurchdringliche Dunkelheit der Nacht, die die Stadt völlig vereinnahmte. Vielleicht war Vega noch nicht allzu weit gekommen und noch immer im ihrem Blickfeld, hofften die beiden Kämpfer. Aber sie wurden enttäuscht! Es war viel zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Selbst wenn Vega noch immer in der Nähe gewesen wäre, wäre er wohl trotzdem nicht von ihnen entdeckt worden. "Verdammte Scheiße!", knurrte Jann-Lee verärgert über diese Niederlage. "Wie konnte ich mich bloß nur so verarschen lassen!" "Und was machen wir jetzt?" Fragend schaute ihn Chun-Li an und Lee brauchte keine Sekunde zu überlegen. "Wir befreien Lei-Fang natürlich und treten diesen Schweinen ordentlich in den Hintern!" Wutschnaubend kletterte er auf die Fensterbank und ließ seine Blicke über die Häuserdächer der Stadt schweifen. "Weißt du, wohin Vega sie gebracht haben kann?" Chun-Li dachte kurz nach. "Nun, auf dem alten Schrottplatz im Süden treiben sich Sagat und seine Gangster öfters herum, um belastende Beweise oder ihre unliebsamen Gegner bei Seite zu schaffen." "Im Süden also...", Lee hielt für einen Moment kurz Inne, stieß sich dann plötzlich von der Fensterbank ab und landete Sekunden später auf dem Dach des benachbarten und etwas kleineren Hauses. Chun-Li staunte nicht schlecht. "Was machst du eigentlich...?" "Na, was schon? Das ist der schnellste Weg!" Lee machte eine auffordernde Handbewegung. "Komm' schon! Versuch es auch mal!" Chun Li schluckte. "Ähm, na gut..." Vorsichtig stieg Chun Li auf die Fensterbank und sprang ähnlich wie Lee, bloß weniger elegant, auf das andere Dach hinüber. Etwas unbeholfen landete Chun-Li und wäre dabei fast hingefallen, wenn sie Lee nicht sanft aufgefangen hätte. "Alles in Ordnung?", erkundigte er sich führsorglich und Chun-Li erwiderte die Frage mit einem etwas peinlichberührten Kopfnicken. "Ja, es geht schon." "Na dann ist ja gut. Komm, wir müssen weiter!", meinte Jann-Lee lächelnd und half Chun-Li, die einen verlegenen Eindruck machte, beim Aufstehen. "Stimmt!", gab Chun-Li, deren Gesicht eine rote Farbe angenommen hatte, zurück und machte sich zusammen mit Jann-Lee auf den Weg nach Süden. *** "Seht mal, wenn ich mitgebracht habe!" Vega warf Lei-Fang, die noch immer bewusstlos war, vor die Füße Sagats und Ayanes, die den Spanier schon erwartet hatten. "Sehr schön! Du bist ja doch zu etwas zu gebrauchen, Vega!", Sagat verzog seine Visage und machte einen zufriedenen Gesichtsausdruck. "Was soll das denn heißen?", knurrte der Maskierte und schaute sich verärgert das Areal an, das von Autowracks, Fässern, Kisten und Altmetall aller Art geradezu überschwemmt war. Die Verbrecher befanden sich, wie Chun-Li vermutet hatte, auf dem Schrottplatz der Südstadt, der zur Südseite hin durch die Küste begrenzt war. Das Wasser im Hafenbecken wirkte bei Nacht wie ein schwarzer Ölteppich und reflektierte das Mondlicht mit geheimnisvoller Schönheit. "Und wieso treffen wir uns überhaupt an diesem abstoßenden Ort!" "Hör auf hier so herumzuheulen!", wies Sagat seinen Partner zu Recht. "Als Gangster ist am aller wichtigsten unauffällig zu bleiben und da wäre es töricht seine Feinde in eigen Hauptquartier mitten in der Innenstadt Shanghais um die Ecke zu bringen! Auch wenn fast die ganze Polizei im Umkreis von uns kontrolliert wird, ist es klüger, kein unnötiges Risiko einzugehen. Außerdem wäre es Schade wenn unser schönes Versteck bei einem Kampf in Mitleidenschaft gezogen würde!" Gelangweilt rollte Vega die Augen (was unter seiner Maske natürlich nur bedingt auffiel). "Von mir aus! Solange am Ende meine Kasse stimmt, soll's mir egal sein." Während sich die Gangster unterhielten, starrte Ayane Lei-Fang an, die direkt vor ihr am Boden lag. Sie schaute auf sie herab, aber ohne Verachtung oder Hass, sondern vielmehr mit einer gewissen Ausdruckslosigkeit, die es unmöglich machte zu sagen, ob Ayane ihre Gegnerin hasste oder Mitleid empfand. "Hast du sie schon einmal gesehen, Ayane?" Sagat trat an sie heran und ließ dabei einen gleichgültigen Blick über seine Geisel schweifen. "Ja, wir sind uns mal bei einem Kampfsportturnier über den Weg gelaufen. Aber besonders gut kennen wir uns nicht." "Sie ist auch Kämpferin?", schaltete sich Vega in die Konversation ein. "Ich habe gedacht, sie wäre bloß das Girl von dem Karate Kid." "Du irrst dich!" Ernst schaute Ayane den Spanier an. "Sie ist eine der besten Kampfsportlerinnen der Welt! Sie ist mindestens genauso stark wie Chun-Li. Wenn nicht sogar noch stärker!" Unvermittelt kam ein abgehetztes Mitglied von Sagats Bande angerannt um seinem Boss eine brisante Nachricht zu überbringen. "Boss... pff... Boss! Die beiden... pff... Zielpersonen sind so eben... pff...am Haupttor gesichtet worden!", keuchte der Gangster mit einem hochroten Kopf und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Die beiden Gangsterboss, Sagat und Vega, schauten sich untereinander an und grinsten teuflisch. "Na, dann läuft unser Plan also seinem großen Finale entgegen!", verkündete Vega und richtete sich seine todbringende Kralle. "Let's Rock & Roll!" Im Weggehen drehte sich Sagat noch einmal zu Ayane herum und blieb kurz stehen. "Wir werden dich nun kurz allein lassen. Bewache sie solange, verstanden! In Kürze erhältst du neue Anweisungen!" Emotionslos war der Blick der Ninjakriegerin und bis auf ein kurzes Nicken, das den Befehl Sagats bejahen sollte, bewegte sich kein Muskel in ihrem Gesicht. Nachdem der Gangsterboss und der Spanier verschwunden waren, blieb Ayane allein zurück. Langsam senkte sie ihren Kopf und musterte Lei-Fang, die Gefangene, die sie bewachen sollte, erneut. Wie auch schon zuvor blieb es Ayanes Geheimnis, was in ihr vorging, während sie Lei-Fang ansah. Hass? Mitgefühl? Oder Freundschaft? Alle diese Gefühle hätte man aus ihrem Gesichtsausdruck interpretieren können. Aber es sollte noch einige Zeit dauern, bis die Ninja ihr wahres Gesicht zu Tage trat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)