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Welt ohne Grenzen

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Beste Freunde (Noctis Lucis Cealum)

Seit der Wall angegriffen wurde, habe ich jedes Zeitgefühl verloren. Es ist fast so, als wäre ich wieder tot, nur weniger angenehm. Ich bin stehen geblieben, aber die Welt um mich herum dreht sich weiter. Mein Körper ist unversehrt, verlangt, dass ich mich bewege, Nahrung und Wasser aufnehme und auch wieder von mir gebe, aber mir fehlt die Kraft dazu. Ich bin bei Bewusstsein, meistens jedenfalls, und kann doch nur zusehen, wie meine treuen Freunde mir selbst diese einfachsten Aufgaben abnehmen.
 

Am angenehmsten ist es noch immer, wenn ich einfach schlafen kann, aber wenn ich wach bin, wird es zumindest langsam ein wenig besser. Es reißt mich nicht mehr innerlich kaputt, mal ein paar Worte zu sprechen, auch wenn es sich immer noch anfühlt, als müsste ich jedes einzelne davon mühsam aus meiner Lunge drücken. Selbst atmen ist schwer… ich habe mal gehört, dass Wale an Land nicht einfach vertrocknen, sondern ersticken, weil sie ihren schweren Körper ohne den Auftrieb des Wassers nicht gut genug heben können, um richtig zu atmen. Schwer vorstellbar, wenn einem das eigene Gewicht die Lunge zusammendrückt, aber so ungefähr fühle ich mich jetzt selbst. Zu schwach, mein eigenes Gewicht zu stemmen. Selbst die Decke ist ungeheuer schwer auf meiner Brust. Dabei ist es sogar nur eine ganz dünne Decke… warm genug ist mir, dank der Heizung, auch so.
 

Im Sitzen, was ich endlich wieder kann, ist es kurzfristig etwas leichter zu atmen, dafür ist es ungemein anstrengend, den Kopf oben zu halten. Überhaupt so viel meines eigenen Körpers gegen die Schwerkraft zu stützen. Aber ich muss es zumindest versuchen; es gibt meinen Freunden Hoffnung, dass es mir besser geht, und es macht einige Arbeiten erträglicher. Immerhin brauche ich so keine Windeln mehr… auch, wenn sich jeder Gang aufs Klo wie ein dreistündiger Marathon anfühlt. Aber immerhin landet der Dreck gleich da, wo er hingehört, und niemand muss ihn anfassen. Da fühlt man sich doch gleich wieder mehr wie ein Mensch.
 

Was mir am Wichtigsten ist sind jedoch immer noch meine Freunde. Ich bin unglaublich dankbar, dass sie mich nicht allein lassen. Sicher, ich brauche Ruhe, und keiner der drei kann die zu hundert Prozent gewähren. Sie wecken mich deutlich öfter aus Versehen auf als ich es je zugeben würde, allein durch die Geräusche, die ihre reine Anwesenheit macht. In letzter Zeit ist auch mehr als deutlich, wie sehr sie sich aufarbeiten, wie wenig Zeit sie sich für sich selbst und als Gruppe nehmen. Jeder der drei hat schon mindestens einmal ein viel zu langes Gespräch mit mir angefangen, wohl wissend, wie sehr es mich anstrengt. Aber ich beschwere mich nicht. Erholung hin oder her, wenn meine Freunde den Zuspruch und die Gesellschaft brauchen, dann kann ich mich auch mal anstrengen. Meist tut ihnen sofort selbst Leid, dass sie mich so beanspruchen, und oft habe ich dann auch nicht mehr die Kraft, zu widersprechen, wenn sie sich entschuldigen. Ich kann nur immer wieder sagen, wie viel sie mir bedeuten. Wie wichtig mir ist, dass sie bei mir sind, und wie dankbar ich ihnen dafür bin, dass sie sich so um mich bemühen.
 

Ich schlafe nun schon so lange in diesem Hotel dass ich ohne die Augen zu öffnen sagen kann, wer gerade bei mir ist. Gladios schwere Schritte sind deutlich von denen der anderen zu unterscheiden, wenn er sich im Raum bewegt. Meist sitzt er nur still neben dem Bett und stemmt Hanteln, aber er steht auch oft genug auf, um sich neues Wasser einzuschenken oder um aus dem Fenster zu sehen. Je nach Tageszeit prüft er auch gerne Fenster und Tür, oder er macht Liegestützen. Prompto spielt meist auf dem Handy, prüft seine Kamera oder liest sogar. Manchmal legt er sich auch zu mir aufs Bett, als wollte er selbst schlafen, aber ich weiß, dass er wach ist. Ich habe mitbekommen, wie Spero ihn darauf angesprochen hat… gerne hätte ich meinen Freund verteidigt, aber ich hätte nicht die Kraft gehabt, es zu Ende zu diskutieren. Mich weiter schlafend zu stellen war sicher die bessere Wahl, andernfalls hätte Prompto nur das Gefühl gehabt, ich hätte vielleicht den gleichen Schluss gezogen. Dabei gibt er sich so viel Mühe, still und leise zu sein, und er hat auch viel Erfolg damit. Am wenigsten Ruhe habe ich inzwischen tatsächlich, wenn Ignis da ist. Auch ihm nehme ich es nicht übel – irgendwer muss ja aufräumen. Und das raschelt eben ein wenig. Seine Schritte sind leichter als Gladios, manchmal kaum hörbar abgesehen vom Knistern der Müllbeutel, dafür ist er aber viel öfter in Bewegung. Auch die anderen Aufgaben, für die ich halbwegs wach sein muss, übernimmt allesamt Ignis. Waschen, kämmen, rasieren… ohne Ignis sähe ich inzwischen sicher aus wie ein stinkender Yeti. Und bei aller berechtigten Faulheit, so schlimm muss es ja nicht werden. Ich mag in erster Linie Ruhe brauchen, aber meine anderen Bedürfnisse – Essen, Schlafen, ein Minimum an Sauberkeit – sind dadurch ja nicht abgeschafft. Wirklich schlafen kann ich in letzter Zeit ohnehin nicht mehr. Böse Zungen mögen mich mit einem Murmeltier vergleichen, aber selbst ich bin unfähig, Monate am Stück durchzuschlafen. Und ungefähr so lange bin ich schon hier… unfähig, wieder einzuschlafen, aber genauso wenig in der Lage, irgendetwas anderes zu tun als dumm herumzuliegen.
 

Wie gerne würde ich mal wieder mit Gladio um die Wette rennen, Ignis beim Kochen zur Hand gehen oder mit Prompto auf Fotosafari gehen… stattdessen liege ich hier und habe kaum die Kraft, meine Augen zu öffnen, geschweige denn mal den Arm zu heben. So schwach und müde, aber unfähig, einzuschlafen.
 

Es ist ungewohnt still im Raum. Mag sein, dass Ignis meinen Tipp befolgt hat, mal etwas mit einem der anderen zu unternehmen, aber er hätte mich sicher nicht ganz allein gelassen. Wenn ich mich richtig konzentriere, kann ich auch jemanden im Raum atmen hören. Jemanden außer mir selbst. Aber die üblichen Geräusche fehlen und ich könnte nicht sagen, wer da so besorgniserregend still neben meinem Bett sitzt. Ich zwinge mich noch einmal, die Augen zu öffnen, aber es gelingt mir nicht, dafür sind die Lider einfach zu schwer. Stattdessen versuche ich es mit meinem rechten Arm, und das funktioniert zumindest soweit, dass ich die Aufmerksamkeit meines stillen Bewachers wecke.
 

„Bist du wach, Noct? Kann ich was für dich tun?“ Promptos Stimme. Er fasst meine Hand mit seinen und ich zucke unwillkürlich zusammen. Kalt. Seine Hände sind eiskalt. „Ah, tut mir Leid“, entschuldigt er sich schnell und lässt meine Hand sofort wieder los. Der kurze Schreck gibt mir aber immerhin so viel Kraft, dass ich nun doch endlich die Augen öffnen und mich etwas mehr rühren kann. „Ist okay“, murmle ich, „Hilfst du mir?“
 

„Auf die Toilette?“, fragt Prompto eilig und blickt sich gehetzt um, vielleicht auf der Suche nach dem Rollstuhl. Er sieht furchtbar aus, halb erfroren, mit blutunterlaufenen, verquollenen Augen und einer Körperhaltung, die von nackter Panik spricht. Über seine Schultern hängt ein mir unbekannter Mantel, seine Haare sind zerzaust und an seinen bloßen Handgelenken klebt frisches Blut. Ich nicke auf seine Frage. Ich hätte es sicher noch ein wenig ausgehalten, aber so muss ich mich dazu zwingen, wach zu bleiben, und Prompto kann mir nicht ausweichen. Ich muss wissen, was passiert ist.
 

Prompto stolpert um oder halb über das Bett in seiner Eile, den Rollstuhl aus der Ecke zu holen. Er braucht ein paar Anläufe, ihn neben dem Bett zu parken und die Bremsen zu ziehen, alles Dinge, die er in den letzten Tagen schon hundertmal gemacht hat und sicher im Schlaf könnte, wenn er nicht so zittern würde. Heute sind seine Bewegungen fahrig, er greift oft am richtigen Hebel vorbei und scheint kaum Gefühl in den Fingern zu haben. Trotz der Heizung im Zimmer scheint er zu frieren.
 

Die Sorge um ihn gibt mir neue Kraft, es fällt mir leichter, mich an seinen Schultern zu halten, als er mich in den Rollstuhl und von dort auf die Toilette hebt. Erschöpft lege ich meine Arme um Prompto, als er mich fest hält, damit ich nicht von der Schüssel rutsche. Es ist mir immer noch peinlich, dass er mich im Bad unterstützen muss… mehr als vor Ignis oder Gladio, die ich schon von klein auf kenne und die in dem Bewusstsein aufgewachsen sind, meine Diener zu sein. Im weitesten Sinne, jedenfalls. Prompto ist mir zu nichts verpflichtet, und trotzdem ist er hier. Macht selbst die dreckigsten Arbeiten für mich, allein aus freiem Willen. Ich stütze meinen Kopf auf ihn, vergrabe mein Gesicht im weichen Stoff seines Mantels. Er riecht fremd… vielleicht hat er ihn sich geliehen. Promptos Hände auf meinem Rücken sind eiskalt, aber inzwischen erschreckt es mich nicht mehr. Ich lasse gern zu, dass er sie ein wenig an mir wärmt, die Kühle an meinem Rücken ist fast ein wenig angenehm. Trotzdem mache ich mir Sorgen.
 

„Du solltest heiß duschen“, rate ich, „Sonst erkältest du dich.“
 

„Ich weiß“, murmelt Prompto in meiner Haare, „wenn die anderen wieder da sind…“
 

„Nein. Jetzt.“ Schon die wenigen Worte strengen mich an. Ich will nicht diskutieren, aber ich kann Prompto nicht im Stich lassen. Er braucht mich jetzt, vielleicht mehr als ich ihn brauche.
 

„Ich kann dich nicht allein lassen“, widerspricht er weiter.
 

Ich will ihn auch nicht allein lassen. So wie jetzt, diese Umarmung, das tut uns beiden gut. Vielleicht… „Und wenn wir… zusammen ein Bad nehmen?“, schlage ich vor. Bitte, bitte lass es ihn nicht falsch verstehen. Ich will nicht zu lange reden müssen, ich will einfach nur, dass Prompto sich etwas aufwärmt. Und ich will auf ihn aufpassen dabei.
 

Prompto schweigt. Überrascht, vielleicht entsetzt. Es dauert ein paar Herzschläge lang, bis er wieder ausatmet. „Einfach so?“, fragt er schließlich.
 

„Ich hatte lange kein Bad mehr“, gebe ich zu bedenken, „Zu schwierig, vielleicht. Aber…“
 

„Aber wenn ich dich festhalte, kann ja nichts passieren, oder? Soll ich ein Bad einlassen? Obwohl warte, dann kommen wir schlecht rein, wenn ich dich heben muss…“ Prompto wird munterer, der Gedanke scheint ihn abzulenken, aus seiner Starre zu lösen. „Am leichtesten ist es, glaube ich, wenn ich dich in die leere Wanne hebe, selbst dazukomme, und wir dann das Wasser einlassen. Und wenn wir fertig sind, lassen wir das Wasser erst wieder raus. Ist dann zwar schwierig, weil es rutschig wird, aber immerhin muss ich dich dann nicht unbedingt festhalten, bis ich selbst wieder festen Boden unter den Füßen habe. Hörst du noch zu?“
 

Nein, nicht wirklich. Fast wäre ich im Sitzen eingeschlafen. Prompto lacht leise, putzt mich ab und setzt mich wieder in den Rollstuhl, um die eineinhalb Meter bis zur Wanne zu überbrücken. Klingt nach wenig, aber wenn man fünfundsiebzig Kilo bewegen soll, während man selbst vielleicht sechzig wiegt, ist das schon eine beträchtliche Distanz. Dabei hat Prompto wieder anständig zugelegt in der letzten Zeit. Langsam dürfte er sein normales Gewicht wiederhaben. Und Kraft hat er auch, zumindest genug, mir vom Rollstuhl auf den Wannenrand und von dort in die Wanne zu helfen, obwohl ich selbst kaum den Kopf oben halten kann, geschweige denn die Hälfte meines Körpers. Promptos Hände sind nur mäßig kälter auf meiner nackten Haut als die glatte Oberfläche der Badewanne und ich zittere, als er hinter mich klettert, um mich fest zu halten.
 

„Wie warm willst du das Wasser?“, fragt Prompto und dreht den Hahn auf.
 

„Egal“, antworte ich müde, „wie es für dich angenehm ist.“
 

Das Wasser, das er einlässt, ist erstmal ziemlich kalt. Sicher brennt auch das schon auf seiner Haut, sein Körper hinter mir fühlt sich an, als käme er frisch aus der Kühltruhe. Ich beschwere mich nicht, bin froh, endlich mal einem meiner Freunde helfen zu können, nach allem, was sie in der letzten Zeit für mich aufgegeben haben. Und die Kälte ist irgendwo sogar ein wenig erfrischend nach der stickigen Wärme im Zimmer. Prompto fingert an den Hebeln der Badewanne herum, um die Wassertemperatur anzupassen, immer wärmer, je weiter er auftaut. Nicht ganz einfach, immerhin stehen gefühlte tausend Heiltrankfläschchen auf dem Rand. Es dauert nicht lange und das erste davon fällt ins Wasser, nur ein wenig länger, und das erste geht auf.
 

„Verdammt, ausgerechnet das teure Äther…“, murmelt er und zieht die nun leere Flasche aus der Wanne. Der Inhalt hat sich sofort mit dem Badewasser vermengt, es riecht angenehm. Ich lehne mich ein wenig zurück und atme tief ein. Natürlich wurden Äther schon ausprobiert, aber auf meinen jetzigen Zustand hatte es leider keinen Effekt. Das Mittel ist gut, um Magie aufzuladen, aber wenn man schon so weit jenseits der Reserve ist… Ich schubse noch zwei, drei weitere Fläschchen ins Wasser, um Prompto etwas zu ärgern, aber er lacht nur. „Das ist kein Badezusatz, Noct, das sind Heilmittel! Ignis wird so schimpfen…“ Trotzdem öffnet er ein weiteres Äther und kippt den Inhalt in die Wanne. Etwas höher über dem Rand stehen die eigentlichen Badzusätze des Hotels. Ich wähle einen mit Limette und Minze, weil mir der Geruch gefällt und erstaunlich gut mit dem des Äthers zusammenpasst. Langsam wird auch das Wasser richtig schön warm. Prompto streicht mir die Haare aus dem Gesicht und schließt entspannt die Augen. Ich fühle mich wohl.
 

„Du lässt es dir echt gut gehen, was?“, neckt Prompto einige Zeit später. Ich weiß nicht, ob ich eingeschlafen bin oder nur kurz die Augen geschlossen habe, aber es ist mir auch egal. Das Wasser ist warm, es riecht unglaublich gut und ich kann wieder vernünftig atmen. Wie der Wal, der gerade rechtzeitig wieder ins Wasser kommt… ich fühle mich beinahe schwerelos. Trotzdem würde ich ohne Promptos helfende Arme sicher untergehen in der Wanne, weil ich mich nicht selbst halten kann.
 

„Ja, das tut gut“, antworte ich, überrascht, wie leicht mir der Satz fällt. Es strengt fast überhaupt nicht an. Ich teste meine Beine, meine Arme, und stelle fest, dass ich mich bewegen kann. Nicht gut, aber immerhin ein bisschen. Mit dem Auftrieb des Wassers als Hilfestellung reicht es, um mich aus eigener Kraft auf die Seite zu drehen. Es fühlt sich an wie ein riesiger Erfolg, als hätte ich ein Wettrennen gegen Gladio gewonnen. Nicht, dass das je passiert wäre… aber ich stelle es mir gerne vor. Ich stelle mir immer gerne vor, dass ich mal irgendwas gegen Gladio gewinne.
 

„Du wirkst auch irgendwie richtig fit gerade“, fällt Prompto auf. Er streichelt liebevoll meine Haare, wie Ignis es auch tun würde.
 

„Ich fühle mich auch richtig gut“, gebe ich zu. Langsam werde ich wieder müde, aber noch will ich diesen unerwarteten Auftrieb etwas nutzen. „Du taust auch langsam wieder auf. Was ist denn passiert? Ich hab mitbekommen, dass Gladio nervös war, aber er wollte mir nichts sagen. Hat so getan, als wäre alles normal…“
 

Prompto zögert, scheint Gladios Lüge unterstützen zu wollen. Dann seufzt er. „Du bekommst doch mehr mit, als wir denken, oder?“, murmelt er und zieht mich näher an sich, ein Stück weiter weg von der Wasseroberfläche. „Ich war eigentlich nur mit Ignis einkaufen“, erzählt er schließlich, „aber wir sind angegriffen worden.“
 

„Von wem?“
 

Prompto schweigt, der Druck seiner Arme um meinen Körper nimmt einen Moment zu, als er mich an sich drückt wie einen tröstenden Teddy. „Magitech“, flüstert er schließlich, und es scheint ihn viel Überwindung zu kosten, „Die Basis in Leide war… nicht die einzige.“ Mir rutscht das Herz glatt eine Etage tiefer. Fast unwillkürlich lege ich meine Hand auf die frischen Abschürfungen an Promptos Handgelenken. „Tut mir Leid“, murmelt er, „Und ja, ich hab mich erwischen lassen… sie kamen so plötzlich, und es waren so viele, und Ignis… er… es geht ihm gut, jetzt, aber die hatten ihn so schwer angeschossen dass er mir nicht helfen konnte bis ich schon gefangen war. Aber er hat mich rausgeholt.“ Prompto schluckt schwer. Ich lehne meine Stirn an seine Schulter und atme tief durch. Die Welt geht weiter, auch wenn ich mich nicht rühren kann. Die Gefahr ist längst nicht weg…
 

Ignis und Prompto hätten da draußen sterben können, und ich konnte nichts tun, um zu helfen. Im Gegenteil, meinetwegen saß Gladio hier fest und konnte auch nichts tun… „Wo ist Ignis jetzt? Und Gladio?“, frage ich unsicher.
 

„Die kommen bald wieder“, meint Prompto. Er scheint sich gefangen zu haben, schluckt tapfer die letzten Tränen herunter. „Ignis hat mich zurückgeschickt, damit Gladio zu ihm kann. Die nehmen diese Basis auseinander, weißt du? Da waren noch so viele andere Gefangene…“
 

„Ich verstehe. Glaubst du, die beiden schaffen das?“
 

„Bestimmt. Ich meine, Gladio wartet seit Wochen darauf, mal wieder an die frische Luft zu kommen, der zerreißt die doch in der Luft wie frisches Fleisch! Wie ein Wachhund, den man von der Kette lässt.“
 

Ich muss lachen, das kann ich mir bildlich vorstellen. Prompto lacht mit und spritzt ein wenig mit dem Wasser herum. Ich will mitmachen, aber mehr als ein bisschen den Schaum aufwirbeln kann ich nicht. Ich bin müde… nichtmehr so platt und kraftlos wie vorher, sondern richtig, positiv müde, als hätte ich hart gearbeitet und mir den Schlaf verdient. Ich lege die Arme um Promptos Schultern, vergrabe mein Gesicht in seiner Halsbeuge und atme tief den frischen Geruch des Badewassers ein. Es fühlt sich einfach herrlich an, wunderbar warm und entspannt.
 

Ich dachte eigentlich, ich hätte nur kurz die Augen geschlossen, aber als ich sie wieder öffne, liege ich im Bett. Ich bin in einen flauschigen Bademantel gewickelt und gut zugedeckt, aber immerhin nicht allein. Prompto liegt neben mir, ausnahmsweise sogar unter der Decke, und auch er scheint tief zu schlafen. Neben dem Bett kann ich leises Flüstern hören.
 

„Und wie das Bad aussieht… als hätten Bismarck und Leviathan eine wilde Party gefeiert…“
 

„Hilf lieber beim Aufwischen, Gladio.“
 

„Immer, wenn du mal Platz lässt. Hier drin kann man sich ja kaum umdrehen… außerdem wär’s eh fast sinnvoller, wir würden beide noch unter die Dusche hüpfen, bevor du hier alles wienerst, dann muss man nur einmal putzen.“
 

„Gut, dann duschst du aber zuerst. Dann kann ich das Bad gleich sauber hinterlassen… und hol vorher die Bademäntel von drüben, hier waren nur zwei. Und sei bitte LEISE mit der Tür!“
 

„Jaa Mami…“
 

Unglaublich, wie laut manche Leute flüstern können. Ich drehe mich auf die Seite, froh, dass ich es auch auf dem Trockenen noch kann, und ziehe Prompto an mich wie einen großen Teddy. Er brummt nur leise und lässt es sich gefallen, sicher ist er auch hundemüde.
 

Ein weiteres, scheinbar stundenlanges Blinzeln später liegen auch Gladio und Ignis mit uns im Bett. Ignis hat sich an Promptos Rücken gekuschelt, Gladio liegt halb auf mir, den massigen Arm schützend über mich und Prompto gelegt. Wache hält wohl im Moment niemand… niemand, außer dem Bündel Fell, das unter der Decke meine Füße wärmt. „‘N Abend, Umbra“, grüße ich verschlafen und ernte einen feuchten Nasenkuss gegen meine Fußsohlen als Antwort. Ich lächle. Es fühlt sich schön an, nicht so anstrengend wie noch vor ein paar Stunden… oder Tagen. Ich habe echt kein Zeitgefühl mehr.
 

Aber es ist egal, denn so, wie es jetzt ist, kann es gerne noch eine Weile bleiben. So umgeben von meinen besten Freunden, zusammengekuschelt wie ein Wurf Hundewelpen… So fühle ich mich am wohlsten. So ist das Leben perfekt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sargeras
2019-02-22T22:17:37+00:00 22.02.2019 23:17
Schön mal wieder zu hören wie es Noct dabei eigentlich geht und faszinierend was er alles mitbekommt während keiner wirklich damit rechnet. Stimmt aber auch, so lange kann nicht einmal er schlafen, selbst wenn er es gerne wollte. Am Besten gefällt mir das Kapitel ab dem Zeitpunkt wo wieder Prompto bei ihm ist, da zeigt Moct gut was in ihm vorgeht und wie er dazu steht.
Wie er Prompto dazu bringt auch etwas für sich zu tun ist wirklich gut umgesetzt. Aber natürlich könnte man seine Worte durchaus falsch verstehen wenn man dies wollte. Scheinbar finden sie auch zufällig die Heilung, zumindest ist es auffällig das Noct sich besser fühlt nachdem der Äther ins Wasser fällt. Eine wirklich schöne Theorie, während Äther in seiner reinen Form nicht hilft, so hat es aufgelöst in Wasser eine subtilere Wirkung, so das der Magiecontainer in Noct dadurch heilt.
Der Vergleich mit dem Wal passt dazu auch prima.
Entlassen tust du mich dann mit einem lacher, es ist einfach urkomisch sich Ignis und Gladio vorzustellen wie sie möglichst leise ein absolutes Chaos aufräumen. Wahrscheinlich hat Prompto Noct gerade so wieder ins Bett schaffen können bevor er selbst nicht mehr konnte.
Antwort von:  SoraNoRyu
23.02.2019 11:13
Ja, es war mir wichtig auch wieder aus Nocts Perspektive zu schreiben, und er bekommt wirklich viel mit - immerhin kann er im Moment auch nichts anderes tun als Beobachten, und der größte Teil seines Umfelds ändert sich nicht, also gibt es nicht viel Zerstreuung.
Und ja, Nocts Worte könnte man durchaus falsch verstehen, weswegen er auch eine längere Diskussion befürchtet hat. Dazu wären aber weder er noch Prompto wirklich allzu fit gewesen. Noct aus der noch nassen Wanne zu ziehen war in der Tat deutlich schwerer als ihn in die trockene Wanne zu legen, Prompto hat es wirklich gerade so geschafft, ihn wieder ins Bett zu bringen. Danach aufzuräumen wäre eindeutig zu viel für ihn gewesen, also ja, ziemliches Chaos :3
Von:  PhoenixAkito
2019-02-14T19:43:42+00:00 14.02.2019 20:43
So toll wie die zwei zusammen baden und dann auch noch Äther dazu mischen. :)

Die Sehne im Bett ist so süß.
Wie die vier im Bett liegen. :D




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