Die Farbe Rot II von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 2: Alte und neue Probleme --------------------------------- Auf seinem Weg zum Hauptquartier mied Reno allzu befüllte Plätze und auch die Orte, wo er bekannt war. Er hatte keine Lust auf Gespräche und erst recht nicht auf die Art Kommunikation, wie Leute auf ihn zukamen und ihm überschwänglich dankten. Reno konnte nicht damit umgehen, weil er als einer der Turks eher im Untergrund arbeitete, doch damit schien es vorbei zu sein. Dabei wollte Reno nichts weniger als eine Heldenrolle, denn dafür war er nicht gemacht. Nach Dienstschluss waren ihm die Belange anderer eigentlich ziemlich egal und so kam er sich unter den vielen bewundernden und dankbaren Blicken und Äußerungen vor wie ein Lügner. Der Rothaarige sondierte die Lage, ehe er den Platz vor dem Hauptgebäude betrat. Wenn er nur schnell und zügig zum Eingang kam und sich danach gleich zu den Treppen aufmachte, würde er kaum Gelegenheit haben, mit jemanden ins Gespräch zu kommen und genau das war sein Ziel. Reno atmete tief durch, rückte seine Fliegerbrille auf seiner Stirn zurecht, schob seine Hände in die Taschen seiner Anzugshose und lief im normalen Tempo und mit dem Blick stur auf den Eingang gerichtet auf das Hauptgebäude zu. Wenn er nur die automatische Glastür anschaute, würde er keinem anderen Augenpaar begegnen können und niemand konnte auf die Idee kommen, ihn anzusprechen... dachte Reno. „Da ist Reno von den Turks!“, rief jemand und viele Stimmen jubelten so plötzlich, dass Reno seinen Blick von der Tür abwandte. Verdammte Neugier. Er sah eine Menge Menschen, vorzugsweise Frauen, die ihm zujubelten und sie hatten Geschenke für ihn dabei, während sie ihm mehr oder weniger eindeutige Angebote zuriefen. Sie wollten Dates, Küsse und in den Genuss der Gesellschaft eines Helden kommen, doch Reno war nicht gewillt, irgendeinen dieser Wünsche zu erfüllen. Aber da er dennoch wusste, was sich gehörte, hob er eine Hand zum kurzen Gruß, was seinen Fanclub nur noch mehr zum Jubeln anstiftete. Reno machte, dass er wegkam und ließ die Frauen hinter sich, um sich in die Sicherheit des Hauptgebäudes zu flüchten. In der großen Haupthalle mit der gläsernen Überdachung atmete der Rothaarige zum ersten Mal auf. Hier würde er nicht so belagert werden und es würde nicht mehr geben als ein paar Handreichungen und kumpelhafte Schläge auf seine Schultern. Es war nicht so, dass Reno das angenehm war, aber es war besser als ein Haufen Frauen, die seinen Namen riefen und Kinder von ihm wollten, nur weil er das Richtige getan hatte. Reno schüttelte ein Erschaudern ab, wandte sich nach links und stieß die signalrote Tür zum Treppenhaus auf. Die Stille, die ihn dort erwartete, war Balsam für seine Seele und mit einem erleichterten Seufzen erklomm er Stufe um Stufe. Da er einen langen Weg bis zum höchsten Stockwerk vor sich hatte, blieb ihm eine Menge Zeit, um nachzudenken und das tat er dann auch. Seine Gedanken wanderten automatisch zurück zu seinen Plänen, die er in dem Luxushotel unbedingt noch verwirklichen wollte. Er wollte unbedingt noch ein Bad in diesem riesigen Becken nehmen, welches den Begriff Badewanne nahezu sprengte. Dazu wollte er alle möglichen Duftöle ins Wasser gießen und sehen, ob er das Badezimmer in einem Schaummeer ertränken konnte, welches so groß war wie seine gesamte Wohnung. Reno überlegte, ob er Vincent auch dazu überreden können würde, doch er glaubte nicht wirklich daran. //Er könnte auch mal ein bisschen über die Stränge schlagen//, dachte der Rothaarige und ärgerte sich sogleich, dass Vincent keine Anerkennung erfuhr, obwohl er maßgeblichen Anteil daran gehabt hatte, dass Hojo ihnen und Midgar nicht mehr schaden konnte. Die Leute maßen ihn immer noch mit Argwohn, außer jene, die ihn kannten und mit ihm gearbeitet hatten, doch der Hauptteil der Bevölkerung wollte lieber, dass Vincent sich tagsüber lieber nicht zeigte. Sie hatten Angst vor ihm, dabei hatte der andere doch die Protomateria wieder und Chaos war wieder in Vincents Innerem eingeschlossen. Reno schüttelte den Kopf und seufzte. Ihm wollte einfach nicht einfallen, wie er die Situation für Vincent Valentine besser machen konnte. Der andere war ein wirklicher Held und er verdiente so viel mehr im Leben als dass ihm Angst und Misstrauen entgegen gebracht wurden. Der Rothaarige mit der Fliegerbrille erreichte das oberste Stockwerk und beschloss, dass er seine Sporteinheit für heute damit abgegolten hatte. Er verließ das Treppenhaus durch eine mintgrüne Tür und fühlte sich nun endlich sicher, denn hier waren nur die Turks vertreten. Zielstrebig ging Reno auf eine breite braune Tür zu und nachdem er diese überwunden hatte, stand er in eine Art Pausenraum. Elena war dort gerade dabei sich eine Tasse Kaffee einzuschenken und Reno lächelte sie breit an. „Hey Elena“, grüßte er und sie lächelte zurück. „Hallo Reno.“ Sie sah ein wenig müde aus, anscheinend hatte sie der Befehl zum Abbruch des Urlaubs sehr plötzlich ereilt. „Ist alles okay?“, fragte er und Elena lächelte erneut. „Nach diesem Kaffee wird alles okay sein, ja“, meinte sie und Reno grinste. „Hat Tseng dich nicht schlafen lassen?“, fragte er anzüglich und die blonde Turk errötete bis in die Haarwurzeln. „Das geht dich gar nichts an, was der Chef und ich tun!“, zischte sie und Reno lachte. „Anscheinend nichts, wenn du ihn immer noch Chef nennst.“ Reno erheiterte es ungemein, dass Elena nichts von ihrer Art eingebüßt hatte, aber gleichermaßen tat ihm Tseng, das Oberhaupt der Turks, sehr leid. Mit Elena hatte er sich keine leichte Partnerin herausgesucht. Sie war sehr schüchtern und auf ihre Arbeit bedacht und obwohl sie Tseng sehr verehrte und schon immer für ihn geschwärmt hatte, wäre es ihr wohl nie im Traum eingefallen, dass sie je mit ihm zusammenkommen würde. Doch genau das war passiert und nun musste Elena sich an eine völlig neue Rolle gewöhnen. „Du gewöhnst dich schon dran. Spätestens, wenn ihr das erste Mal im Bett gelandet seid“, grinste Reno weiter und Elena sah ihn entsetzt an. „Reno, sag doch nicht sowas!“, piepste sie und ihr Gesicht nahm einen noch dunkleren Farbton an, was Reno sehr amüsierte. „Was denn? So etwas tun Männer und Frauen nun mal“, sagte er achselzuckend, dann ließ er Elena einfach stehen und marschierte direkt zu Tseng, der in seinem Büro an der Fensterfront stand und auf die Stadt herabblickte. „Hallo... Chef“, gluckste der Rothaarige und Tseng gab ein Seufzen von sich. „Du hast also mit Elena geredet...“ Reno ließ sich auf einen der Besucherstühle direkt vor dem Schreibtisch sinken und schlug die Beine übereinander. „Ließ sich nicht vermeiden“, antwortete er immer noch grinsend. Tseng ließ dem anderen seine Schadenfreude und beschloss, es ihm später zurück zu zahlen, sobald das neue Problem geklärt war. „Also dann, Spaß beiseite. Welchen Statistiker muss ich vermöbeln, der uns allen den Urlaub verdorben hat?“, fragte Reno jetzt und beschloss damit, etwas Arbeitsmoral zu zeigen. Tseng schüttelte den Kopf. „Keinen. Die Zahlen sind echt und das heißt, wir haben es mit einem besorgniserregenden Verschwinden von Menschen zu tun.“ Reno runzelte die Stirn. „Das ergibt doch keinen Sinn. Die Zahlen sprachen von knapp zweihundert Menschen, die einfach verschwunden sind“, rekapitulierte er und Tseng nickte. „Richtig, es ergibt keinen Sinn. Weder die Zahlen, noch die Art des Verschwindens. Es ist, als hätten sie sich einfach in Luft aufgelöst.“ Reno sinnierte eine Weile darüber, dann erhob er sich pflichtschuldig. „Ich kümmere mich sofort darum und höre mich bei Brave um. Wenn jemand etwas weiß, dann wohl er.“ „Ich werde mich währenddessen mit Reeve in Verbindung setzen, wir müssen den Schutz der Stadt verstärken und verhindern, dass so etwas wieder passiert. Soll Elena mit dir kommen?“ Reno zögerte, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, danke. Ich habe bereits einen Partner“, meinte er und Tseng lächelte kurz. „So, so...“ Reno sah ihn genau an und versuchte zu ergründen, was dieses „So, so...“ zu bedeuten hatte, aber Tseng ließ sich wie immer nicht in die Karten schauen. „Wie auch immer. Ich gehe jetzt und mache Meldung, sobald ich etwas erfahren habe. Bis später“, zuckte Reno mit den Schultern und kurz darauf war er aus dem Büro gelaufen, um sich der Sache so schnell wie möglich anzunehmen. „Da hatte es ja jemand eilig“, wunderte sich Elena, die Tseng kurz darauf aufsuchte. „Anscheinend hat der Urlaub im teuersten Hotel der Stadt großen Motivationscharakter“, sagte der Chef der Turks und wandte sich der blonden Frau zu. Er kam um den Schreibtisch herum und kam langsam auf sie zu. Sie rührte sich nicht, ging mit seiner Handlung konform und er freute sich, dass sie seine Hand nicht abwehrte, die er mit seiner ergriff. Sie schauten beide auf ihre miteinander verschränkten Hände und fühlten die Berührung sehr bewusst. „Ich verspreche dir, dass die Angelegenheit so bald wie möglich vom Tisch ist. Dann können wir wieder Zeit miteinander verbringen“, sagte der Dunkelhaarige und Elena lächelte. „Meinst du, Reno schafft das allein?“ „Oh, er ist nicht allein. Er sagte, er hat einen Partner“, entgegnete Tseng amüsiert und Elena schaute mit großen Augen zu ihm auf. Ja, es war durchaus unglaublich. Reno, der sich nach Rudes Ausscheiden immer gegen einen neuen Partner gewehrt hatte, bezeichnete Vincent Valentine nun freiwillig als solchen. „Das dürfte interessant werden“, fügte Tseng hinzu und Elena musste ihm zustimmen. Dieses ungleiche Team würde wohl mit einigen aufwarten, da waren sie sich beide einig. Vincent sprang vom Dach und landete leichtfüßig in der Gasse, in der das „7th Heaven“ lag. Von außen gab es vielleicht nicht viel her, aber Tifa hatte sich so einen guten Namen mit der Bar gemacht, dass jeder über das unscheinbare Äußere hinweg sah. Jeder kam hierher und genoss die Gesellschaft aller, während Tifa umher schwirrte und sich Sorgen und Nöte anhörte, während sie sorgsam zubereitete Getränke ausschenkte. Diese Sorgen und Nöte waren wiederum die Grundlage für den Botendienst, den Cloud anbot. Botendienste war vielleicht ein etwas allgemeiner Begriff für das, was der Blonde machte, aber man wollte ja nicht kleinlich sein. Vincent ging zum Haupteingang, als ihm ein Schild auffiel, welches mit einem Nagel notdürftig befestigt worden war. „Heute geschlossen“, las der Dunkelhaarige und seiner Verwirrung darüber verstärkte nur noch seine Sorge. Tifa hatte die Bar noch nie geschlossen, zumindest konnte Vincent sich nicht daran erinnern. Er umrundete das Haus und sah in der Küche Licht, daher klopfte er dort ans Fenster. Die Jalousie wich kurz nach oben, als Tifa daraufhin nach dem Rechten sah und Erleichterung erhellte kurz ihre müden Gesichtszüge. Sie deutete in die Richtung, in der der Haupteingang lag und Vincent nickte, ehe er abermals das Haus umrundete. Die schwarzhaarige Barfrau öffnete ihm einen Spalt breit die Tür, dann schloss sie sie hastig wieder und Vincent konnte kaum noch an sich halten. Seine Sorge wollte nach draußen, er wollte wissen, was er tun konnte, um Tifas offenkundige Sorgen zu mildern, doch er hielt sich zurück. Tifa sah nicht danach aus, als könne sie einem Wortangriff von ihm jetzt standhalten und so wartete er. Tifa seufzte und setzte sich auf einen der Barhocker. Sie klopfte neben sich auf einen weitere Sitzgelegenheit, doch Vincent schüttelte langsam den Kopf. Eine Weile herrschte Stille, dann stand Tifa wieder auf, trat hinter die Bar und begann, Kaffee zu kochen. Die in die Jahre gekommene Kaffeemaschine röchelte vor sich hin, begehrte kurz auf und kam scheinbar zum Stillstand, dann röchelte sie noch einmal und verfuhr in normaler Weise fort, das dunkle Gebräu in eine Kanne zu produzieren. Tifa war dabei hochkonzentriert, doch Vincent wusste, dass das ihre Taktik war, um dem Unvermeidlichen aus dem Weg zu gehen. Doch er ließ ihr diese Möglichkeit, um sich zu sammeln und wartete weiter ab. Der Kaffee war durchgelaufen und Tifas Hand zitterte, als sie sich eine Tasse nahm und das dunkelbraune Gebräu hineinschüttete. Sie trank den Kaffee so wie er war und sie verzog das Gesicht, doch dennoch trank sie noch einen Schluck und noch einen, bis Vincent zu ihr trat, ihr die Tasse abnahm und sie auf die Theke der Bar stellte. „Was ist los, Tifa...?“, fragte Vincent leise und sofort wurde Tifas Erschöpfung wieder ersichtlich. Sie sah blass und abgekämpft aus und in ihren Augen lag ein verzweifelter Ausdruck. „Es geht um Cloud. Es geht ihm nicht gut“, sagte sie. Vincent wartete auf weitere Informationen und Tifa atmete tief durch, um ihm genau das zu geben. „Es ging gestern Abend los. Er hat sich nicht gut gefühlt und hat sich hingelegt... seitdem hat er Fieber und die ganze Zeit Alpträume. Ich war die ganze Nacht auf und habe nach ihm gesehen, aber egal, was ich auch tue, das Fieber sinkt nicht und seine Alpträume hören nicht auf. Er schreit manchmal einfach nur und ich... ich weiß nicht, was ich tun soll“, sagte Tifa und ihre Stimme wurde immer leiser. „Wo ist er?“, wollte Vincent wissen und Tifa wies schwach auf die Tür hinter der Bar, die zu den privaten Räumen führte. Die beiden setzten sich in Bewegung und fanden Cloud nach wie vor fiebernd in seinem Bett. Seine Stirn war schweißnass und sein Gesichtsausdruck verhieß maßloses Leid. Es ging ihm gar nicht gut und Vincent wusste, dass seine Sorge gerechtfertigt gewesen war. Tifa trat an Clouds Bett heran und wandte sich einer Waschschüssel zu, in der ein Waschlappen trieb. Sie nahm den Stoff und wrang ihn aus, ehe sie ihn auf Clouds Stirn legte und den Waschlappen, der bisher auf dessen Haut gelegen hatte, damit austauschte. „Ich habe schon sämtliche Heilmethoden ausprobiert, die mir einfielen, aber das Fieber geht einfach nicht runter... vielleicht muss er in ein Krankenhaus, aber ich weiß nicht, wie ich das schaffen soll. Und er hasst doch Krankenhäuser“, flüsterte Tifa und Vincent verstand ihre Bedenken. Plötzlich spannte sich Clouds gesamter Körper an und er begann zu schreien. Unverständliche Worte kamen aus seinem Mund, mehr ein Wimmern von Lauten als klar gesprochene Phrasen. Seine Hände verkrampften sich in seine Decke und er schrie sich heiser, während er zitterte und um sich schlug. Der Anblick alleine sorgte Vincent, denn er wusste, dass es nicht einfach für Tifa sein musste, wenn sie Cloud so sah. Am liebsten hätte er sie fortgeschickt, doch er kannte die Frau gut genug, um zu wissen, dass sie nicht von Clouds Seite weichen würde. Nachdenklich schaute Vincent auf Cloud, während Tifa versuchte, den Blonden ruhig zu halten. Da fiel ihm etwas am Arm des anderen auf und Vincent kam geschwind zum Bett, um die Stelle zu untersuchen. „Was ist?“, fragte Tifa alarmiert und Vincent stieß einen wüsten Fluch aus. „Was ist, Vincent, bitte sag es mir!“ Vincent hob Clouds Arm in die Höhe und zeigte Tifa die schmalen schwarzen Linien, die noch nicht so gut sichtbar waren, dafür aber dabei waren, anzuschwellen und sich zu vergrößern. „Geostigma...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)