Zukunft von Yuugii (Jounouchi/Yuugi) ================================================================================ Kapitel 2: Eine Herausforderung in der Spielhalle ------------------------------------------------- Sie liefen durch den Domino Park. Es war Frühling und die Kirschblütenblätter segelten sanft zu Boden. Der Park war relativ voll und man hörte an allen Ecken lachende Kinder und das Singen der Vögel und das Gurren von Tauben. „Hätten wir etwas Brot mitgenommen, hätten wir die Spatzen füttern können“, erklärte Yuugi lächelnd und betrachtete die kleinen Vögel, die wild in den Spitzen der Bäume umhersprangen und nach Insekten Ausschau hielten, während sie ihre schrillen Lieder unentwegt sangen. „Dann würden wir die nie wieder loswerden. Letztes Mal sind uns die Tauben bis in die Innenstadt hinterher gelaufen!“, lachte Jounouchi und grinste amüsiert. „Stimmt, das war irgendwie gruselig!“, stimmte Yuugi mit ein. Schweigend saßen sie nebeneinander und verfolgten beide ihre eigenen Gedanken. Doch dann hob Yuugi den Kopf und sah Jounouchi wieder an, öffnete seinen Mund einen Spalt breit und suchte nach den richtigen Worten. Etwas lag ihm seit geraumer Zeit auf dem Herzen. „Es ist schade, dass wir so wenig Zeit füreinander haben. Aber nicht mehr lang, dann bin ich mit meinem Studium durch und dann habe ich bestimmt mehr Zeit für dich“, erklärte er mit einem Lächeln. „Hm, stimmt... nächstes Jahr im März hast du deine Prüfungen. Trotzdem bist du ein schlechter Lügner“, erwiderte Jounouchi grinsend. „Ich weiß ganz genau, dass du bereits an einem Spiel tüftelst und Pläne hast. Und wenn du erst mal arbeiten gehst, wirst du noch weniger Zeit für mich haben. Ist aber auch nicht schlimm. Ich weiß, wie sehr du Spiele liebst und glaube mir... Spiele sind auch ein wichtiger Bestandteil meines Lebens.“ „Du hast mich durchschaut!“, meinte Yuugi und kratzte sich verlegen an der Wange. „Ich möchte nicht nur Spiele spielen, sondern selbst erschaffen. Ich arbeite immer noch an diesem einem Spiel, von dem ich dir damals erzählt habe. Mittlerweile habe ich mehr Erfahrung und es fällt mir viel einfacher, visuell das darzustellen, was ich mir vorstelle. Ich hoffe nur, dass ich jemanden finde, der mir hilft, das Spiel zu vermarkten“, fügte er hinzu. Plötzlich wirkte Yuugi wieder niedergeschlagen und ließ einen tiefen Seufzer aus seiner Kehle, sodass Jounouchi hellhörig wurde. „Wieso bist du jetzt deprimiert? Hey, du bist ein grandioser Kerl und ich bin mir sicher, dass dein Spiel die Welt verändern wird“, versuchte er ihn wieder zu motivieren und aufzuheitern. „Hm... da wäre ich mir nicht so sicher.“ Yuugi erzählte von seinem Dozenten, der sein Projekt mit bereits bekannten Spielen verglich und sich über Yuugis eingeschränktes Weltbild lustig machte. Sein Dozent war der Ansicht, dass Yuugi erst seinen Horizont erweitern musste, wenn er anständige und gut vermarktbare Spiele schaffen wollte. Denn bei der Erstellung eines Konzepts durfte nicht der Spaß am Spiel der entscheidende Faktor sein, sondern auch die Frage der Produktion. Wer zählte zur Zielgruppe? Wie alt sollten die Spieler sein? Wie gut würde sich das Endprodukt letztendlich verkaufen? War es massentauglich? Oder einfach nur ein Abklatsch von bereits bekannten Spielen? Sein Dozent, sein Name war Iwamoto, war der Ansicht, dass Yuugis Projekt nichts weiter als ein Abklatsch von Duel Monsters war. Für ihn war die Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Das Spielbrett erinnerte zu stark an Capsule Coliseum und Dungeon Dice Monsters und andere diverse Brettspiele, die es seit Jahren gab und auch heute arge Probleme hatten, sich auf dem sich stets verändernden Markt ihre Position zu sichern. Ein weiteres Spiel dieser Art würde einfach nur untergehen. Da war die strategische Komponente nicht mal erwähnenswert. Seine Kritik hatte Yuugis Entschluss ins Wanken gebracht. War Yuugi gut genug als Spieleentwickler? Vielleicht hatte Iwamoto ja doch Recht. Vielleicht mangelte es ihm an Erfahrung und dem Wissen, den Markt und das Angebot und die sich daraus ergebende Nachfrage richtig einzuschätzen. Yuugi war gerade mal 21 Jahre alt. Er befand sich im letzten Jahr seines Studiums und auch wenn er sein Spiel bereits fertiggestellt hatte und einen Namen hatte, so schüchterte ihn die Kritik ein, so dass er sich unsicher war, ob er nicht doch noch warten sollte. Spaß und Leidenschaft waren eine Sache, aber davon konnte man schließlich nicht leben. Das sagte sein Vater auch jedes Mal, sobald er Yuugi sah. Er war noch zu jung, um die Wirtschaft durchschauen zu können. Dafür brauchte er einen erfahrenen Geschäftspartner. Jemand, der gewillt war, ein Risiko einzugehen. Zunächst hatte Yuugi darüber nachgedacht, eine eigene Firma aufzumachen und unter diesen Namen sein Spiel herauszubringen, doch dazu fehlten ihm die Ressourcen und ein angemessenes Startkapital. Er brauchte fähige Mitarbeiter, doch ohne Geld konnte er diese nicht bezahlen. Momentan sah seine Zukunft nicht so rosig aus. Jounouchi hörte ihm geduldig zu. Nach der Schule hatte sein Spiel zum alljährlichen Spielwettbewerb in Deutschland geschickt und es dort vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war das Spiel aber noch längst nicht so ausgereift wie heute. Ohne Siegerehrung war er nach Hause gegangen und hatte sich nochmal an das Konzept gesetzt und sich gefragt, was er ändern musste. Von selbst fand er die Antworten nicht, doch er wurde älter und reifer. Sein Studium hatte ihm sehr viel Wissen vermittelt, sodass er sein Spielkonzept umgearbeitet hatte und nun selbst voll und ganz von diesem überzeugt war. Sein Spiel war gut. Es war jedoch nicht etwas, das jeder spielen konnte, was einerseits an dem Spielbrett selbst, welches moderne Technik benötigte, um optisch dargestellt zu werden und andererseits an der hohen Konzentrationsfähigkeit, die von den Spielern abverlangt wurde, lag. Es war ganz sicher kein Spiel für kleine Kinder, sondern richtete sich gezielt an Erwachsene. Frustriert ließ er den Kopf hängen und blies seine Wangen auf, murmelte unverständliches Zeug, von dem Jounouchi sich nicht sicher war, was er damit ausdrücken wollte. „Das sieht dir gar nicht ähnlich, einfach aufzugeben. Ich bin mir sicher, dass irgendeine Firma gewillt sein wird, dein Projekt zu verwirklichen. Vergiss nicht: du bist der König der Spiele! Nicht nur, dass sämtliche Duellanten weltweit gegen dich spielen wollen, du bist bekannt und beliebt bei den Fans. Deine Fanbase steht ganz sicher hinter dir, wenn du ein eigenes Spiel raus bringst, also solltest du dir nicht so viele Sorgen machen.“ „Meinst du wirklich?“, fragte Yuugi unsicher nach. „Würde ich jemals lügen?“, meinte Jounouchi, erntete jedoch einen skeptischen Blick dafür ein, sodass er seine Aussage nochmal korrigierte: „Würde ich dich jemals anlügen?“ Yuugi kicherte und schüttelte den Kopf, ehe er den Blick wieder in den Himmel richtete und sich die vorbei fliegenden Wolken ansah. Es ging immer irgendwie weiter. Nicht heute. Nicht morgen. Aber irgendwann. Jounouchi hatte Recht. Es war einfach noch viel zu früh zum Aufgeben. Am liebsten hätte er sich nun an den Blonden angelehnt, doch er erinnerte sich daran, dass sie im Park waren und dass sie gesehen werden konnten. Irgendwann wurde Jounouchi hibbelig. Der Blonde konnte nicht lange an einer Stelle sitzen und er wurde zunehmend unruhiger. „Mir ist langweilig...“, murrte er dann irgendwann und Yuugi schlug vor, dass sie zur Spielhalle gehen könnten. Ganz nebenbei erwähnte er einen neuen Automaten, wo der Highscore als unmöglich zu knacken galt. Sofort erwachte Jounouchis Kampfgeist. Wäre doch gelacht, wenn er den nicht überbieten konnte! Schon vor Jahren hatte er sich zur Aufgabe gemacht, den Rekord eines Jungen zu überbieten. Sein Name war KAI. Bei jedem Automaten stand sein Name ganz oben in der Liste und fast jeder Rekord war ein Weltrekord. Die gesamte Gaming Szene wusste, dass es sich bei KAI um das Kürzel von Kaiba handelte und Yuugi war sich sicher, dass es Jounouchi nicht darum ging, den ersten Platz zu belegen, sondern dass es seine kindische Art war, Kaiba von seinen Fähigkeiten zu überzeugen. Sicher hätte Yuugi Kaibas Highscores knacken können, doch dafür waren tausende Yen notwendig. Geld, das Yuugi für andere Dinge brauchte. Kaiba hatte ihn auch nie zu einem Duell an den Automaten herausgefordert, also waren diese Errungenschaften für den Firmenleiter nicht allzu wichtig. Yuugi hatte kein Interesse daran, jedes Spiel in der Spielhalle zu spielen und daddelte an den anderen Automaten, meist Rennspiele wie Super Mario Circuit oder Kampfspiele wie Street Fighter. Da ging es nicht um Rekorde, sondern einfach nur darum, Spaß zu haben und das Spiel abzuschließen. Yuugi fand, dass ein Spiel auch Spaß machen musste und dass zu viel Druck nicht immer gut war und eher dazu führte, dass der Spieler nervös wurde und Fehler machte. Das baute Frust auf und führte dazu, dass ein Spiel irgendwann unangetastet im Schrank verstaubte und nie wieder angerührt wurde. Yuugi war sich für keine Herausforderung zu schade und er spielte jedes Spiel durch, doch seit er sein Studium begonnen hatte, fehlte ihm die Zeit dazu. Da hatte er weder die Lust noch die Zeit mehrere Stunden an einem Level zu sitzen, nur um es mit perfektem Highscore abzuschließen und jedes Geheimnis zu lüften. Während der Oberstufe hatte er das viel zu oft gemacht und sogar Nächte durchgespielt, sodass er manchmal sogar in der Schule eingeschlafen war. Das hatte sich schlagartig geändert, nachdem Kaiba ihn herausgefordert hatte. Ob Kaiba sich im Klaren war, wie sehr sein Wachruf ihm geholfen hatte? Ohne ihn hätte er sich nie aus dieser Spirale befreien können. Vermutlich hätte er sich damit abgefunden, einfach nur den Laden seines Großvaters zu übernehmen. Das wäre der einfachste Weg gewesen, denn dann hätte er nicht mal eine kaufmännische Ausbildung gebraucht. Doch Yuugi hatte sich für den schweren Weg entschieden. In der Spielhalle angekommen, mussten sie feststellen, dass es brechend voll war. Der Großteil der Kunden waren Jugendliche, die ihre freie Zeit mit Zocken verbrachten und sich an den Gesellschaftsspielen austobten. Aus der Karaoke Abteilung hörte man viele schräge Stimmen, die Yuugi ein leichtes Lächeln entlockten. „Das erinnert mich an früher“, sagte er mit nostalgischem Blick. Die bunten Lichter des Dance Dance Revolution Spiels leuchteten quer durch den Raum und die laute Musik dröhnte bis zum Eingang. Mazaki Anzu hatte einen neuen Rekord aufgestellt. Einen Rekord, der bisher nicht gebrochen wurde. Dieses Spiel war auch das einzige Spiel, wo Kaibas Name nicht in der Liste auftauchte. Yuugi schmunzelte etwas. Kaiba bekleidete sogar bei den Karaoke Spielen den ersten Platz. Er war durch und durch begabt und konnte den Rhythmus von jedem Spiel durchschauen und das Blatt zu seinem Gunsten wenden. Nur bei dem Tanzspiel, da hatte er es gar nicht erst versucht. Eine Entscheidung, die Yuugi sehr gut nachvollziehen konnte, denn auch er war nicht gerade der beste Tänzer auf der Tanzfläche. Nur einmal hatte er sich von Anzu gegen seinen Willen zu einer Party mitschleppen lassen. Glücklicherweise war Jounouchi auch dabei gewesen, so konnten sie sich gut im Abseits verstecken, während sämtliche Klubgänger nur noch Augen für Anzus Tanzschritte hatten... „Ich bin echt kein Fan von so was“, murrte Yuugi und ließ den Kopf hängen. Die laute Musik, die vielen Menschen – der Großteil von ihnen schon halb betrunken und kaum mehr richtig zurechnungsfähig – und die bunten Lichter störten ihn unheimlich. Aber es war Anzus Geburtstagsgeschenk. Sie hatte es sich so sehr gewünscht. Eine wilde Nacht mit ihren Freunden und das in der größten und bekanntesten Disco in Domino. Die einzigen, die ebenfalls Spaß zu haben schienen, waren Otogi und Bakura, die mit Anzu gemeinsam auf der Tanzfläche das Tanzbein schwangen. Er konnte in ihren Gesichtern sehen, dass sie Spaß hatten. Yuugi konnte nicht tanzen. Es hatte ihn auch nie wirklich interessiert. Natürlich sah es schön aus, wenn Anzu sich elegant zur Musik bewegte, aber so sehr er sich auch bemühte, diese Leidenschaft steckte ihn nicht an. Der Funke sprang wortwörtlich einfach nicht über. Jounouchi schien es ähnlich zu gehen. Honda versuchte sich daran, Anzus schnelle Schritte nachzumachen, fiel dabei jedoch häufiger auf die Nase als ein junges Rehkitz, das gerade erst zur Welt gekommen war. Immer wieder halfen Bakura und Anzu ihm dann auf die Beine, während Otogi amüsiert grinste oder lauthals lachte. Jounouchi hatte die Arme verschränkt und sah stur zu ihren Freunden, die echt Spaß zu haben schienen und sich von der Musik mitreißen ließen. Anzu zeigte allen, was sie drauf hatte. Sowohl die Frauen als auch die Männer jubelten ihr begeistert zu, als ihr Lieblingssong den Raum erfüllte und ihr Körper bewegte sich so rasch und passend im Rhythmus des Beats, dass wohl jeder sagen konnte, dass sie fürs Tanzen geboren worden war. Wie eine Königin beherrschte sie die Tanzfläche. Und auch nach über zwei Stunden war ihr keine Erschöpfung anzusehen. An ihrem Tisch standen mehrere Gläser und zwei davon mit Saft. Der Barkeeper hatte Jounouchi ausgelacht, als er einen alkoholfreien Saft bestellt hatte und seitdem wirkte er angespannt und genervt. Yuugi hatte einfach dasselbe bestellt, damit Jounouchi sich nicht allein fühlte. Auch so mochte er lieber süße Getränke, als alkoholische Cocktails. Er konnte einfach nicht verstehen, warum die ganzen Jugendlichen so viel tranken, denn viele von ihnen torkelten nur noch auf der Tanzfläche und es war für Außenstehende äußerst unangenehm ihnen zuzuschauen. Yuugi schüttelte den Kopf, entschloss sich dann zur Toilette zu gehen. Er sagte Jounouchi schnell Bescheid und verließ den Raum. Die Flure erstrahlten im hellen, blauen Neonlicht, sodass er sich etwas geblendet fühlte, als er die große Tür öffnete. Der Türsteher warf ihm einen missmutigen Blick zu, ließ ihn dann einfach passieren. In der Herrentoilette war es glücklicherweise nicht so voll, sodass er auch seine Gedanken ordnen konnte. „Oh mann... was bin ich froh, wenn der Abend endlich vorbei ist und wir nach Hause können. Discos sind echt nicht meins. Aber wenn's Anzu Spaß macht, kann ich ihr diesen Wunsch schlecht abschlagen“, murmelte er und begab sich dann zum Waschbecken, wo er sich ordentlich die Hände wusch. Am liebsten wäre er einfach gegangen. Diese tolle Partystimmung, von der alle immer sprachen, kam bei ihm einfach nicht auf. Er wollte nichts trinken und auch nicht tanzen, also war er dazu verdonnert, gelangweilt am Tisch zu sitzen und den anderen beim Tanzen zuzusehen. Durch die laute Musik konnte er nicht mal mit Jounouchi richtig reden, dabei gab es das ein oder andere Thema, das ihm gerade auf dem Herzen lag. Zum Beispiel die neue Duel Monsters Kartenkollektion, die exklusiv neue Magier und Magiermädchen vorstellte und bei Jounouchi hätte er sicher einen würdigen Gesprächspartner gehabt, der sein Interesse teilte. Hier war er ein Außenseiter. Das hier war nicht seine Welt. Und er wollte auch kein Teil von ihr werden, nur um Anzu einen Gefallen zu tun. Für ihn stand fest, dass er Discos auch zukünftig meiden würde. Es war eine Ausnahme. Und Anzu wusste das sicher auch. Natürlich waren Hondas Versuche mehr als nur amüsant und sie würden sicher noch in den nächsten Tagen über seine spektakulären Stürze beherzt lachen und ihn damit aufziehen, aber das war auch das einzige, das ihm positiv im Gedächtnis blieb. Anzu, die immer schnell Freunde fand und sich hier nach Herzenslust austobte, wäre aber sicher enttäuscht gewesen, wenn sie bemerkte, dass Yuugi plötzlich weg war. Außerdem kam sie immer zu den Duel Monsters Turnieren mit, um Jounouchi und Yuugi anzufeuern, also war es wohl kaum zu viel von ihm verlangt, einen Abend durchzuhalten. Er atmete tief durch und machte sich auf den Rückweg, wurde im Flur jedoch von einigen großen Kerlen angerempelt, sodass er beinahe zu Boden ging. Trotz allem entschuldigte er sich für seine Unachtsamkeit. Doch die beiden groß gewachsenen Kerle ließen ihn trotzdem nicht gehen. Sie trugen weiße Anzüge und rote Hemden darunter, den Kragen der Hemden hatten sie in die Luft abstehen und ihre Haare hatten sie kurz abrasiert. Vom Aussehen erinnerten die beiden stark an die Yakuza Mitglieder aus Filmen. Vermutlich nur Trittbrettfahrer, stellte Yuugi fest. Echte Yakuza würden wohl kaum in einer Disco Zeit totschlagen. „Hör zu, das macht 100.000 Yen. Her mit der Kohle. Glaubst wohl, du wärst ein ganz großer Macker und kannst Leute umher schubsen, hm?! Wegen dir ist mein teurer Anzug ganz schmutzig“, sagte der Größere der beiden, der offensichtlich der Anführer war. Am liebsten hätte Yuugi ihnen gesagt, dass sie absoluten Blödsinn redeten! Immerhin hatten sie doch ihn fast zu Boden geworfen. Die beiden Typen machten sich extra breit, damit niemand durch den Gang konnte. Der Security Beamte an der Eingangstür zeigte sich unbeeindruckt und grinste stattdessen nur in sich hinein. Ihm schien diese Vorführung gut zu gefallen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er nicht einschreiten würde. „Ich habe kein Geld“, sagte Yuugi dann mit entschlossenem Blick. Von denen würde er sich doch den Abend nicht vermiesen lassen und sich erst recht nicht herum schubsen lassen. Auch wenn Yuugi kein Kämpfer war und in einem Zweikampf eindeutig den Kürzen ziehen würde, so konnte er sich zumindest verbal zur Wehr setzen und seine Meinung äußern. Dass das keine gute Idee war, hätte ihm seine Erfahrung sagen sollen, doch wahrscheinlich hatte er einfach zu viel Zeit mit den beiden Raufbolden Jounouchi und Honda verbracht, sodass deren Verhalten langsam auf ihn abfärbte. „Außerdem habt ihr doch mich geschubst! Findet ihr das Ordnung, euch zu Zweit gegen Schwächere zusammenzuraufen? Das ist feige!“ „Schnauze, du Pisser!“ Noch ehe Yuugi realisieren konnte, was geschehen war, spürte er den harten Beton der Wand an seinem Rücken. Mit voller Wucht war er gegen diese geflogen, als einer der beiden ohne Vorwarnung auf ihn einschlug. Der andere packte ihm am Kragen und hob seinen kleinen Körper in die Luft, sodass Yuugis Füße über dem Boden schwebten und er nach Luft keuchte. Panisch umfasste er das Handgelenks des Mannes, der ihn in seinem Würgegriff hatte. „Du wirst den Tag bereuen, an dem du geboren wurdest“, knurrte er und kam Yuugi so nahe, dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander getrennt waren und er dessen unangenehmen nach Alkohol stinkenden Odem riechen konnte. Die beiden Kerle hatten eindeutig zu viel getrunken. Er schielte zur Seite. Wieso tat der Security Beamte denn nichts? Es war doch wohl seine Aufgabe, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen! Stattdessen hatte er sich umgedreht und tat so, als würde er nichts mitbekommen. Yuugi steckte mehrere Schläge in der Bauchgegend und im Gesicht ein. Einer griff ihn am Oberarm und wirbelte ihn umher, sodass er mit mit dem Gesicht auf den Boden landete. Obwohl er eindeutig im Nachteil war und keine Chance gegen die beiden hatte, bettelte er weder um Gnade, noch ließ er es sich nehmen, den beiden immer wieder abschätzige Blicke entgegen zu werfen. Gewalt war nie eine Lösung. Sich mit Fäusten zu schlagen, brachte niemanden etwas und bis heute weigerte er sich, die Hand gegen andere zu erheben. Mal davon abgesehen, dass es ihm gegen diese beiden Typen nichts gebracht hätte. Yuugis Durchhaltevermögen verwunderte die beiden Kerle. Nur einen Augenblick später wurde die Tür des Tanzsaals aufgerissen. Yuugi konnte durch sein geschwollenes Gesicht nicht erkennen, wer die Tür geöffnet hatte, aber im nächsten Augenblick war er sich sicher, dass diese Person nur Jounouchi sein konnte. Brüllend stürzte er sich auf die beiden und setzte einen nach dem anderen außer Gefecht. Als sie am Boden lagen, warf Jounouchi einen vernichtenden Blick den beiden zu. Seine Faust, die er noch immer der Luft hielt, zitterte und er biss sich auf die Unterlippe. Yuugi wischte sich mit seinem Ärmel das Blut vom Gesicht weg und versuchte aufzustehen, doch der plötzlich aufwallende Schmerz hielt ihn auf, sodass er sich wieder auf den Boden fallen ließ und sich stattdessen an die Wand lehnte. Besorgt kam Jounouchi auf ihn zu. In seinen Augen glaubte Yuugi so etwas wie Schuld lesen zu können. „Yuugi...“, flüsterte er leise und strich behutsam über Yuugis Gesicht. Seine Hände zitterten unaufhaltsam. „Jounouchi-kun“, begann Yuugi und vermied es den Blonden anzusehen. „Es tut mir leid. Immer mache ich dir Kummer.“ „Idiot! Das ist doch nicht deine Schuld! Ich hätte sofort kommen müssen, als mir klar wurde, dass du viel zu lang weg bist. Verdammt... wäre ich doch nur eher hier gewesen“, fluchte er und schlug mit der Faust auf den Boden, ließ seinen Kopf hängen, sodass seine blonde Mähne sein Gesicht verbarg. Doch Yuugi konnte es trotzdem sehen. Die Tränen, die er so sehr zurückzuhalten versuchte und wie verzweifelt er sich auf die Unterlippe biss, um sich selbst daran zu hindern, zu jammern. „Hör auf, dir selbst die Schuld zu geben. Du bist mir zur Hilfe gekommen und das ist alles, was zählt“, meinte Yuugi dann und legte seine Hand vorsichtig auf Jounouchis Schulter. Ein warmes Lächeln lag auf Yuugis Lippen und er bemühte sich darum, den Schmerz, der seinen Körper durchströmte, zu ignorieren. Auf keinen Fall wollte er, dass Jounouchi ihn so sah. Am Boden. Jammernd. Winselnd. Noch immer bemühte sich Yuugi darum, die Haltung zu bewahren und versuchte sich einmal mehr aufzurichten. Trotz des Schmerzes gelang es ihm, wieder auf die Beine zu kommen. Noch immer hockte der Blonde vor ihm auf dem Boden und starrte fassungslos nach unten. Yuugi hielt ihm seine Hand hin. „Jounouchi-kun, lass uns gehen. Die anderen machen sich sonst Sorgen“, sagte er lächelnd. Jounouchis Unterlippe bebte und er hob den Blick, betrachtete den kleinen Jungen vor sich, der sich nichts anmerken ließ und immer noch nach vorne sah. Für Jounouchi war Yuugi das Licht. Er strahlte immer hell. Nichts und niemand konnte ihm das Leuchten nehmen und dieses Wissen, dass Yuugi niemals aufgab und immer weiter voranschritt, gab auch Jounouchi Mut. „Lass uns erst deine Verletzung behandeln, ansonsten tickt Anzu aus“, sagte der Blonde, nachdem er sich endlich wieder gefasst hatte. Yuugi geriet oft in Schwierigkeiten. So auch Jounouchi. Domino war ein hartes Pflaster und man musste sehr viel einstecken können, wenn man in dieser Stadt leben wollte. Jounouchi war das Kämpfen gewohnt. Seinen Gegenüber mit einem gekonnten Schlag auszuknocken war ihm in Fleisch und Blut übergegangen, schließlich hatte er seit seiner Jugendzeit den Großteil seiner Freizeit damit verbracht, sich mit anderen Jugendlichen zu prügeln und sich einen Namen als Straßenkämpfer zu machen. Auch eine Gruppe an Halbstarken schüchterte ihn nicht ein. Seine Erfahrung als Kämpfer ließ ihn vorausschauen und er konnte an einer winzigen Handbewegung oder dem Zucken eines Muskels erkennen, was sein Gegner vorhatte. Doch Yuugi konnte das nicht. Yuugi verabscheute Gewalt. Er wollte nicht kämpfen und war eher bereit Schaden zu nehmen und Schmerz zu ertragen, als dass er jemand anderen verletzte. Jounouchi fand diese Einstellung sehr nobel, aber auch gefährlich. Also machte er sich immer Sorgen um Yuugi und hatte sich geschworen, diesen vor Gefahren zu beschützen. Es ärgerte ihn, dass er seinen eigenen Schwur nicht halten konnte. Dieses Versprechen, das er sich selbst gab. „Die Rennspiele sind gerade nicht besetzt. Schnapp' dir einen Platz! Ich hole uns was zu trinken“, meinte Jounouchi und zischte zur Theke, wo sie Getränke anboten. In den letzten Jahren war die Spielhalle so am boomen, dass sie nicht nur ausgebaut hatten, sondern auch ihr Angebot ausgeweitet hatten. Mittlerweile boten sie Getränke und Snacks an. Außerdem konnte man Schlüsselanhänger und anderes Merchandise kaufen. Insbesondere die Super Mario Figuren liefen gut. Jounouchi bestellte für Yuugi eine Cola und für sich einen heißen Kaffee. Wenn es um aufregende Spiele ging, wo das Adrenalin rasch hochschnellte und er wütend über kleine Fehler wurde, brauchte er einfach eine ordentliche Portion Koffein! Yuugi hatte sich in den Rennstuhl gesetzt und hatte einige Yen in den Automaten geworfen. Gerade als er anfangen wollte, das Rennen zu beginnen und er sich einen Charakter aussuchen wollte, spürte er eine Hand, die sich ungefragt auf seine Schulter legte. Erst hatte er gedacht, dass Jounouchi schon zurück war, doch als er seinen Kopf umdrehte, erkannte er einige Kommilitonen aus seinen Studiengang. Ausgerechnet diese Rowdies, die ihm seit Beginn des Studiums das Leben schwermachten. Warum sie es auf ihn abgesehen hatten, wusste Yuugi nicht. Er wusste eines aber mit Sicherheit: er mochte sie nicht und sie gehörten zu der Sorte Mensch, mit denen er auf keinen Fall befreundet sein wollte. „Na, wenn das nicht unser König der Spiele ist“, sagte einer von ihnen und zog eine Augenbraue nach oben und schenkte Yuugi einen abschätzigen Blick. Der Bunthaarige versuchte, sich nicht provozieren zu lassen und lächelte gewohnt freundlich, unwissend, dass er seinen Gegenüber und dessen Kumpels mit dieser nett gemeinten Geste verärgerte. „Hallo, Nakamura-kun“, begann Yuugi und widmete seine volle Aufmerksamkeit auf die drei Jungs hinter ihm. „Schön, euch zu sehen. Seit ihr auch zum Spielen hier?“, stellte er eine rhetorische Frage. „Bist du allein da? Komm, mach Platz. Du gewinnst doch sowieso. Dir machen solche Spiele doch sicher keinen Spaß mehr, weil du ja eh immer gewinnst“, meinte er dann und drängte sich neben Yuugi, schubste diesen vom Sitz herunter, veränderte die Charakterauswahl und begann das Rennen. „Hey, das ist unfair!“, verteidigte sich Yuugi. Die beiden anderen Jungs stellten sich links und rechts neben ihn, schubsten ihn aus Spaß hin und her und gackerten amüsiert darüber, wie hilflos der angebliche König war und dass er scheinbar keine Kraft aufbrachte, sich zur Wehr zu setzen. Dass Yuugi Gewalt verabscheute und Kämpfen aus dem Weg ging, war kein Geheimnis. Auch jetzt hatte er nicht vor, sich gegen diese Jungs aufzulehnen. Mal ganz davon abgesehen, dass er diese drei Männer bis zu den Prüfungen ertragen musste und er ihren Zorn nicht mehr als nötig auf sich ziehen wollte. Dass er sich nicht wehrte, nahmen die Jungs als Sieg wahr, also schubsten sie ihn noch heftiger zwischen sich hin und her, sodass Yuugi das Gleichgewicht verlor und zu Boden ging. „Entschuldige, aber ich dachte, du wärst ein König“, spöttelte der eine und grinste breit. „Herrje! Wie kommst du denn nur wieder hoch? Wir Normalos sollten einem König wie dir nicht die Hand geben, nicht wahr? Wo ist denn dein Diener, der dir den Hintern abwischt? Irgendwo muss er doch stecken, oder?“, fügte der andere hinzu und alle drei lachten. Nakamura zog siegreich in die dritte Runde und begann dann die nächste Strecke. Er hatte sich Mario als Spielcharakter ausgewählt. Yuugi hätte Luigi genommen, da er schon immer eine gewisse Verbundenheit mit diesem Charakter gespürt hatte. „Oh, da kommt er ja schon!“, sagte einer der Jungs, als sie Jounouchi aus der Entfernung angerannt kommen sahen. Ohne lange nachzudenken, lief der Blonde auf seinen kleinen Freund zu, der immer noch am Boden saß und sich versuchte aufzurichten. Er hatte dabei die beiden Getränke fallen lassen und eine Sauerei veranstaltet. Jedes Mal, wenn er sich aufrichten wollte, trat einer der beiden ihn wieder zu Boden. Yuugi keuchte und entschloss sich nun, doch endlich etwas zu sagen: „Hört gefälligst auf! Ihr benehmt euch wie Kleinkinder!“ „Scheiße... das ist Jounouchi!!“, rief der eine und drehte sich um, wollte noch schnell abhauen. Jounouchi war als Schläger bekannt und die meisten, die je auf ihn getroffen waren, hatten ihre Lektion gelernt. Sich mit diesem Kerl anzulegen, ging nie gut. Das wusste jeder. Deshalb war er ebenso gefürchtet wie verehrt. Er war ein Held der Straßen und auch heute sprachen die Schulbanden von der Legende des blonden Kerls, der seine Straßen im Alleingang verteidigte und sich gegen seinen Anführer gewandt hatte und zum Einzelgänger wurde. Jounouchi mischte sich nur dann ein, wenn er es für nötig hielt. Wenn Schüler der Ansicht waren, dass sie Schwächere drangsalieren und belästigen durften, war er zur Stelle, spielte den Held des Tages und prügelte die Bösewichter windelweich. Jounouchi war in seiner Jugendzeit oft in Straßenkämpfen verwickelt gewesen. Sein Vorstrafregister war deshalb auch nicht gerade kurz. Er war nicht sonderlich stolz auf diese Leistungen, aber dennoch nützte ihm dieser schlechte Ruf in der Hinsicht etwas, denn so trauten sich die meisten nicht, Hand an ihn oder seinen Freunden – insbesondere Yuugi – zu legen. Diese Kerle hatten sich mit dem Falschen angelegt. Die drei Jungs verließen panisch die Spielhalle. Sie wussten zwar, dass Yuugi immer mit ihm abhing, aber sie bekamen Muffensausen als dieser wie ein wilder Stier angerannt kam und dabei war sie ordentlich auf die Hörner zu nehmen. Jounouchi entschloss sich dazu, ihnen nicht zu folgen, sondern kniete sich direkt vor Yuugi und begutachtete dessen Gesicht. Ein paar rote Flecken waren zu sehen, dort, wo ihre Fußsohlen seine Haut berührt hatten. Zornig knirschte er mit den Zähnen. Am liebsten wäre er ihnen hinterher gelaufen und hätte sie in Richtung Mond gekickt! „Yuugi?! Ist alles okay?!“, fragte er mit heller Stimme. Die Aufregung war ihm nicht nur anzusehen, sondern auch anzuhören. Yuugi nickte und erhob sich nun endlich vom Boden, klopfte sich den Dreck von der Kleidung. Er warf einen Blick zum Spiel. Der Charakter kam genau in diesem Moment als letzter an oder eher gesagt, wurde der Spielcharakter als letzter gekürt, da alle anderen Fahrer bereits im Ziel waren. Yuugi grummelte. „Toll... dabei wollte ich eigentlich mit Luigi spielen“, war seine Reaktion. „Wolltest du nicht etwas zu trinken mitbringen?“, fragte er und lächelte schief, versuchte die Situation unter den Teppich zu kehren und so zu tun, als wäre nie etwas passiert. „Die Getränke sind doch scheißegal! Geht es dir wirklich gut?“ „Ich bin hart im Nehmen, das weißt du doch. Ich will mir von diesen Idioten nicht den Tag vermiesen lassen. Auch wenn ich einen anderen Charakter wollte, spiele ich den Cup zu Ende!“, lachte Yuugi und setzte sich zurück an seinen Platz. Jounouchi wollte noch etwas sagen, aber... Besser ich gehe da nicht weiter drauf ein, sonst wird er noch sauer auf mich. Mann... wieso wehrst du dich denn nicht? Andererseits... genau deshalb habe ich dich so gern. Du bist so sanftmütig, selbst solchen Arschlöchern gegenüber. Ich war damals auch so'n Dreckskerl und du hast mich trotzdem deinen Freund genannt, dachte Jounouchi, grinste verschämt und holte ein weiteres Mal Getränke und setzte sich dann neben Yuugi. Sie zockten mehrere Runden miteinander. Jounouchi war unglaublich stolz, als er Yuugi zwei mal besiegte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)