Zum Inhalt der Seite

I CAN'T STAND THE RAIN

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Meine liebe SarahSunshine,

ich hoffe du verzeihst mir meinen kleinen, ersten Ausflug ins Alternative Universum.
Leider muss ich gestehen, dass ich den Titel dieser Geschichte bereits schon vor Monaten aufschrieb, die eigentliche Handlung jedoch erst im späteren Verlauf die Oberhand gewann und sich mir förmlich aufdrängte.
Inspirieren ließ ich mich durch den gleichnamigen Song I Can't Stand The Rain Ann Peebles', neu interpretiert von der unnachahmlichen Tina Turner. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

I CAN'T STAND THE RAIN


 

I CAN'T STAND THE RAIN
 

Unaufhörlich trommelte der Regen gegen die Fenster, gleich einer zarten Melodie. Ein fast perfekter Reigen, stimmig, vielleicht sogar romantisch, würde er nicht durch das tiefe, dröhnende Platschen übertönt, sobald ein besonders großer, schwerer Tropfen auf das Fensterbrett traf und jegliche Harmonie schwinden ließ.

Ihr Blick wanderte hinauf zur Zimmerdecke und verharrte dort, während sie bei jedem dumpfen Aufeinandertreffen von Wasser und Fensterbank kaum merklich zusammenfuhr.

Der Mann neben ihr ließ sich nicht in seiner Ruhe stören. Längst hatte sie ihren Atem dem seinen angepasst, unbewusst, und doch würde auch sie irgendwann in die Tiefen des Schlafes hinabgleiten und ihren eigenen Rhythmus finden. So wie jede Nacht.

Nie blieb er länger bei ihr. Meist war ihre Zusammenkunft nur für diesen einen, flüchtigen Augenblick bestimmt. Er verließ sie, sobald der Morgen anbrach und kehrte erst zurück, sobald die Nacht die Lichter verschlang und es ihm nach jenem Zusammenspiel dürstete.

Es sollte ihr nichts ausmachen, durfte es nicht. Und doch konnte sie sich nur schwer damit arrangieren, dass sie ihm als Zeitvertreib diente. Mehr zu geben war er nicht bereit.

Angespannt lauschte sie ins Dunkel hinein. Er würde gehen, wann – das vermochte sie nicht zu sagen, es würde gesehen, unweigerlich.

Sowie er sich regte, verharrte ihr Körper stocksteif. Hatte er sie ertappt? Von dem prickelnden Gefühl der vergangenen Stunden war ihr nichts geblieben. Stattdessen schienen kalte Schauer über ihre Haut zu kriechen. Schwer und nervös schluckte sie an dem Kloß, der ihr die Kehle verbarrikadierte.

Ein leises Quietschen der Federn folgte, der Druck auf der Matratze neben ihr schwand. Sie wagte kaum, ihren Blick zur Seite zu richten. Er hatte sich aufgesetzt, strich sich das Haar aus der Stirn.

»Du gehst?« Sie wollte nicht klagen, nicht kläglich klingen, doch die Worte waren ihr entkommen, noch ehe sie ihrem Verstand jegliches Tun versagen konnte.

Er schwieg, dennoch spürte sie seinen Blick nur allzu deutlich. Heiß wie Feuer, lodernd, brennend, verlangend und … distanziert.

Ihr Spiel war vorüber. Er allein entschied, wann es eine Fortsetzung erfuhr. Vielleicht morgen? Hoffnung keimte in ihr auf und wurde sogleich erstickt. Noch immer waren seine Lippen versiegelt. Nicht ein Laut quoll zwischen den geschwungenen Linien des Mundes hervor.

Still erhob er sich, präsentierte ihr die muskulöse Rückansicht, die sogleich von dem weißen, nicht weniger makellosen Hemd bedeckt wurde. Die langen Finger, die zuvor noch jede Stelle ihres Körpers hatten erbeben lassen, langten nach der dunklen Hose. Routiniert waren sämtliche Knöpfe geschlossen, ehe er sich zu ihr umwandte.

Er würde sich nicht entschuldigen, das tat er nie. Es war beinahe Gewohnheit, dass er mit stummen Blicken, statt Worten, sein Fortgehen entschied. Auch jetzt.

Ihre Zähne gruben sich in die Unterlippe. Tapfer ertrug sie die Musterung. Doch was in ihm vorging, blieb ihr unbekannt.
 

Träge schleppte sie sich durch den Tag. Die Nacht war kurz und ihr Versuch, die dunklen Ringe unter den grünen Augen zu verbergen, misslang ihr.

»Sakura, du siehst wirklich scheiße aus«, unverblümt und ehrlich waren die Worte Inos, als diese ihr Gegenüber eingehend betrachtete.

Sakura hob den Blick und brachte die Frau mit erhobenem Zeigefinger zum Schweigen.

»Ich mache mir doch nur -«, setzte Ino nach, während ihre Miene zwischen Tadel und Mitleid hin- und herpendelte.

Ein schwaches Schütteln des Kopfes stellte die Inhaberin des Blumenladens jedoch nicht zufrieden. Leise, und nicht für die Ohren der anderen Kunden bestimmt, beugte sie sich über den Tresen und verlangte mit energischer Stimme zu wissen: »Wie lange soll das eigentlich noch so weitergehen? Du bist völlig fertig, und -«

Statt einer Antwort, schenkte Sakura ihr, wie üblich, nur ein überlegenes, beschwichtigendes Lächeln.

»Er wird dich nicht heiraten!«, bemerkte Ino überflüssig.

Jene Aussage quittierte die junge Frau mit einem Zucken der schmalen Schultern. »Ich weiß.«

»Aber, er … er macht dich unglücklich.« Ino kam nicht umhin, ihre Sorge zu verbergen.

Eine Augenbraue Sakuras hob sich skeptisch. »Sehe ich für dich etwa unglücklich aus? Ich habe nur zu wenig geschlafen, das ist alles. Kehr' du erst einmal vor deiner eigenen Tür. Auf dem Schild draußen, und den Schaufenstern, steht immerhin noch Yamanaka~Flowers und nicht Uzumaki

»Wir lassen uns Zeit.« Inos verzweifelter Versuch, die Spitze in eine andere Richtung zu drehen, gelang ihr - jedoch nur mit mäßigem Erfolg.

»Drei Jahre?«, mit schief gelegtem Kopf betrachtete Sakura jene Frau, die sie seit ihrer Kindheit als beste Freundin bezeichnete, und die es noch immer nicht schaffte, nach zehn Jahren Beziehung und einer scheinbar endlosen Phase des Eheversprechens, den Mann ihres Lebens an sich zu binden.

»Manche sind auch nur verlobt, ganz ohne Heirat«, mit jenen Worten wandte sich Ino dem Gesteck zu, das sie soeben zusammengestellt hatte. »Da ist nichts dabei.«

»Natürlich nicht«, ein Schmunzeln zierte ihre Lippen, während Sakura behutsam über die zarten Blüten einer hellgelben Rose strich. »Aber du würdest gern.«

Es stand außer Frage, dass sich ein Mädchen wie Ino Yamanaka, einen Traum in Weiß erhoffte. Nur leider schien ihrem Gegenpart nicht viel an jener Form des Zusammenseins gelegen. Langsam wandte Sakura abermals den Kopf. Sowohl Ino, als auch Naruto Uzumaki waren jeder für sich ein Unikum, und dass zwei so starke, seltsame Charaktere zusammenwirken konnten, erschloss sich nicht jedem. Auf den ersten Blick prallten Welten aufeinander. Doch hieß es nicht Gleich und Gleich gesellt sich gern? - Offenbar traf jene Redensart bei ihnen ins Schwarze.

Schweigend betrachtet die Floristin ihr Werk, nicht ohne einen träumerischen Ausdruck auf dem Gesicht.

»Warum machst du ihm keinen Antrag?«, nicht weniger offen platzte es aus Sakura heraus. Eine Frau mittleren Alters, bei den Pfingstrosen im hinteren Teil des Raumes stehend, wandte sich zu ihnen um.

»Pssst!«, beschwor Ino mit mahnendem Blick.

»Dass Männer in der Pflicht sind, Anträge zu machen, ist so was von veraltet!«, knapp lachte Sakura auf. »Ich stelle ständig Anträge!«

»Das kann man doch nicht vergleichen!«, Ino schmälerte die Augen und musste ihre Stimme zügeln. »Danke, für den Kaffee und jetzt wäre ich dir sehr verbunden, wenn du deinen Hintern zur Arbeit bewegst!«

Breit grinsend wandte sich Sakura zum Gehen. »Ich gehe ja schon! Bis morgen, um die gleiche Zeit?«

»Klar«, mit einem letzten Zwinkern scheuchte die Floristin die junge Frau aus dem Geschäft.
 

Die S.CORP.I(o)Nc galt als eine der größten und erfolgreichsten Firmen des Landes, die ein Vermögen in der Pharma- und Medizintechnik machte. Sakura, die einen renommierten Abschluss als medizinische Assistentin ihr Eigen nannte, fand dort eine Stelle im Verwaltungsapparat. Obschon sie ihr Talent in jenem Bereich nicht ausschöpfte, da stupide Büroarbeit sehr wenig Bezug zur Praxis aufwies, versuchte sie nicht selten, ihren Kollegen, sofern ihr dies möglich war, in den Laboratorien mit Rat zur Seite zu stehen. Den Menschen helfen, war das Credo der Firma und dieses hatte höchste Priorität. Skandale waren ausgeschlossen. Weder verschwanden Gelder auf mysteriöse Weise, noch wurden Versuche an Tieren durchgeführt.

Die S.CORP.I(o)Nc besaß, als eines der wenigen Unternehmen in der Marktwirtschaft, eine reine Weste, auch wenn dies nicht selten durch die Medien angezweifelt wurde. Doch die Chefetage sorgte dafür, dass nichts Negatives der Firma schadete.

»Haruno!«

Sakura zuckte unweigerlich zusammen, als die Stimme ihres Vorgesetzten an ihre Ohren drang. Sie hob den Kopf und blickte in die Augen Itachi Uchihas, dessen Miene sein Anliegen jedoch nicht preisgab. Ein beklemmendes Gefühl stieg in ihr auf. Sakura konnte den kalten Schweiß förmlich spüren, der ihr über den Rücken lief und drohte, die helle Bluse zu besudeln. Knapp, und für ihren Chef hoffentlich unbemerkt, schluckte sie Angst und Panik herunter, ehe ihr ein fiepsiges »Ja?« entfloh.

Wortlos wurde ihr ein Blatt Papier gereicht. Zweifelnd schoben sich ihr die Augenbrauen zusammen. »Was ist das?«

Itachi Uchiha neigte für den Hauch einer Sekunde den Kopf, betrachtete die junge Frau prüfend. »Wonach sieht es denn für Sie aus, Haruno?«

»Nun ja ...«, nuschelte sie ausweichend und besah sich das Schriftstück. Ihre Augen überflogen grob jene Zeilen, die zu einer Galaveranstaltung luden. Erneut schluckte Sakura an der Anspannung. »Ich, ich verstehe nicht ...«

Angestrengt sog der hochgewachsene Mann die Luft ein. »Die erste Sekretärin ist aufgrund unvorhergesehener Ereignisse unpässlich. Von oberster Stelle her bestand der dringende Wunsch nach Ersatz.«

Irritiert blinzelte Sakura gegen das soeben Gehörte an.

»Ich hätte etwas mehr Begeisterung von Ihnen erwartet, Haruno.« Trotz der ruhigen Stimme, meinte sie eine leichte Missstimmung in den Worten ihres Vorgesetzten zu vernehmen. »Sie müssen nichts weiter tun, als sich die Liste neuer, möglicher Investoren einzuprägen und diese bei Bedarf abzurufen. Mister Akasuna ist ein sehr beschäftigter Mann.«

»Sie, Sie meinen, ich soll – Moment! Ist das … ein Scherz?« Sakura sah sich außerstande, das nervöse Kichern zurückzuhalten.

»Haruno, wir beide wissen, dass Sie mehr auf dem Kasten haben, als das, was Sie hier täglich auf der Tastatur einklimpern. Und da ich Sie für eine recht intelligente, junge Frau halte, und mir sonst niemand einfiel, der in der Lage wäre, in kürzester Zeit hundert Namen und Gesichter einander zuzuordnen, traf ich meine Wahl und diese fiel auf Sie. Gratulation. Selbstverständlich fahren Sie nicht allein. Die wichtigsten Abteilungsleiter gehören ebenso zur Entourage und nehmen an diesem Event teil.«

»Sie fahren auch mit?« Verblüffung zierte ihr Gesicht.

Schweigend bogen sich die Lippen des Mannes zu einem knappen, ein wenig zynisch wirkenden Lächeln. »Natürlich«

»Natürlich« Sakura versuchte sich an einer freundlichen, wenn auch hilflosen Erwiderung.

»Bitte kümmern Sie selbst um eine ansprechende Garderobe. Man wird Sie morgen Abend um achtzehn Uhr abholen und zum Yutakasa-Hotel bringen. Sorgen Sie also dafür, entsprechend auszusehen und versäumen Sie nicht, Ihren Auftrag zu erfüllen.« Mit jenen Worten ließ Itachi Uchiha von ihr ab und wandte sich zum Gehen.

Wie ein Fisch auf dem Trockenen japste sie nach Luft. Ihr schwirrte der Kopf. Sakura rieb sich die Stirn und besah sich die Einladung von Neuem. Eine Gänsehaut überlief sie. Einhundert neue, mögliche Investoren, deren Namen sie kennen sollte, bis zum morgigen Abend? Plötzlich wurde es ihr heiß und kalt zugleich. Eine Liste? Sie brauchte eine Liste!

Der Antrag für den neuen Probanden musste warten. Beinahe wehmütig huschte ihr Blick zum flimmernden Bildschirm des Computers. Sie presste die Lippen aufeinander, erhob sich aus ihrem Stuhl und eilte auf wackeligen Beinen in Richtung Fahrstuhl.
 

Sie war nicht der Typ Mensch, der sich schnell einschüchtern ließ. In ihrer Kindheit und Jugend hatte sie viel Häme und Spott über sich ergehen lassen müssen, doch mit den Jahren hatten ihre Peiniger, und nicht zuletzt Sakura selbst gelernt, dass es Wichtigeres im Leben gab, als sich auf eine bestimmte Stufe des Niveaus herabzubegeben. Sie war ihren Weg gegangen, hatte gekämpft und den Lohn für ihre Mühen empfangen.

Nun jedoch warf ihr das Leben eine neue Herausforderung in den Weg. Sich der Liste habhaft werden, wäre nicht schwer. Sie würde sich, diesbezüglich, bei einer der Vorzimmerdamen erkundigen. Was ihr jedoch Kopfzerbrechen bescherte, war der absurden Situation geschuldet.

Obschon ihr noch immer ein wenig mulmig zumute war, bemühte sich die junge Frau um einen festen Gang, sowie sie die gläserne Tür zum Empfangsbereich passierte. Hier oben läuteten die Telefone unablässig. Und Sakura kam nicht umhin, dankbar für den Umstand zu sein, den ihre Arbeit mit sich brachte. Die Gespräche, die sie tagtäglich führte, ließen sich nicht selten an einer Hand abzählen und waren nichts im Vergleich zu dem, was ihre Kolleginnen leisten mussten.

Zielgerichtet hielt sie auf den großen, halbrunden Tisch zu, hinter dem, auf luxuriösen Drehstühlen, drei von vier Sekretärinnen hockten.

Sakura warf ihnen einen verstohlenen Blick zu. Die Kostüme waren ohne jeden Makel, ebenso die Fingernägel und nicht zuletzt die Frisuren. Manchmal, so glaubte sie, sahen die vier Frauen auf die kleinen Lichter der Firma herab, schienen die niederen Tätigkeiten der anderen Mitarbeiter zu belächeln. Andererseits jedoch, hatte man auf jener Etage kein leichtes Los. Zwischen ständigem Klingen der Telefone, dem Ruf nach Kaffee und Empfangen von Gästen, Geschäftspartnern und hochrangigen Persönlichkeiten, ging nicht selten ein hoher Stressfaktor einher. Doch hin und wieder geschah es, dass sich Sakura entschloss, einfach nur für wenige Augenblicke hier oben zu verweilen und den Bienen bei der Arbeit zuzusehen. Wenn sich dann das beruhigende Gefühl einstellte, dass es ihr, in ihrem Job - sieben Stockwerke tiefer - doch nicht so schlecht erging, stieg sie in den Fahrstuhl und begab sich wieder an ihren Platz.

Jetzt, in diesem Moment, war ihr jedoch nicht danach, dem kleinen, gehässigen Drängen nachzugeben. Also trat sie auf das Dreiergespann zu und pickte sich jene der Damen heraus, deren Finger nicht eilig über die Tastatur flogen oder deren Gehör per Headset malträtiert wurde.

»Karin?«

Die Mittlere des Trios sah auf und schenkte ihr ein mitleidiges Lächeln. »Ich weiß schon, was du willst!« Mit jenen Worten wurde ihr ein großer, hellbrauner Umschlag übergeben.

Sowie jene Liste die Besitzerin wechselte, ächzte Sakura unter der Last. Dass einhundert Namen ein solches Gewicht aufwiesen, gehörte verboten!

»Viel Glück«, flüsterte Karin, schob die Brille wieder hinauf zur Nasenwurzel und widmete sich dem nächsten Termin, der als rotes Lämpchen nach Aufmerksamkeit verlangte.

Ein knappes Lächeln später, führten sie ihre Schritte erneut zum verspiegelten Lift. Tumult bauschte sich hinter ihr auf und als ein kühler Luftzug ihr die erhitzten Wangen strich, runzelte Sakura die Stirn.

»Aber Sir, Mister -«, doch der Ruf der Empfangsdame verhallte, sobald sich die Türen des Fahrstuhls öffneten und man sie in das Gefährt zog.
 

»Netter Umschlag«

Als der Druck seiner Finger von ihr abfiel, lehnte er, die Arme vor der Brust verschränkt, lässig an der Kabinenwand.

Sakura schluckte vernehmlich, spürte seine Berührung, auch wenn ihr diese nur flüchtig erschien, noch immer, ähnlich einem heißen Band, das ihr Handgelenk fest umschloss. Völlig überrumpelt von seiner Tat, entging ihr die kleine Spitze, mit der er sie verspottete.

Sie spürte das Blut durch ihren Körper wallen. Seine Nähe brachte sie durcheinander, ließ ihr Herz flattern. Wenn sie sich jetzt zu ihm umwandte, würde er sie mit Desinteresse strafen, sie vermutlich nicht einmal ansehen. Dennoch nahm sie all ihren Mut zusammen und neigte knapp den Kopf. Entgegen ihrer Erwartung, betrachtete er die junge Frau mit unverhohlener Neugierde. Ihre Finger krallten sich um die Unterlagen, während der Umschlag Bekanntschaft mit dem schlagenden, aufgewühlten Instrument machte, das sie am Leben hielt.

»Man sieht dich selten hier oben«, rasch waren seine Worte.

Eiligst schüttelte Sakura den Kopf, wurde sich gewahr, dass sie sich noch immer in einem Fahrstuhl befanden. »Wel - welche Etage?«

»Nach unten«, gebot er ihr mit einem Lächeln in der Stimme, dass ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht wich.

Sah er etwa, dass sie zitterte? Spürte er, dass er sie in einen Zustand von Wollen und Flucht versetzte? Oder roch er ihre Angst?

Unter bebenden Fingern fand sie den Knopf ins Erdgeschoss. Erst nach dem zweiten Versuch, leuchtete dieser grün auf und der Lift setzte sich in Bewegung. Das Anfahren löste ihr ein kribbelndes Gefühl in der Magengegend aus, doch wurde dies durch seine bloße Anwesenheit überschattet.

»Wie ich sehe, hat man dich dazu auserkoren, meine Sekretärin zu spielen«, pfeilschnell war die Beute erlegt.

»Ja«, so klein das Wort der Zustimmung auch sein mochte, in ihrer Kehle blieb ein Beben zurück.

»Das … freut mich« Wie lindernder Balsam glitt sein Zugeständnis über ihr aufgeregtes Gemüt.

Ach ja?, geisterte es ihr durch den Kopf, doch Sakura wagte nicht, es auszusprechen. Obwohl sie für ihre schnelle Zunge und das eine oder andere unbedachte Wort bekannt war, blieben ihr die Lippen versiegelt.

»Nun, es kam ein wenig überraschend«, räumte sie ein und es gelang ihr, zu ihrem eigenen Erstaunen, Ruhe zu bewahren. »Dir bleibt auch nichts verborgen.«

»Das ist meine Firma! Es wäre seltsam, wenn mir solche Neuigkeiten nicht zugetragen würden.« Seiner Erklärung folgend, nickte Sakura bekräftigend. »Meine Augen und Ohren sind überall.«

Sie spürte das Prickeln einer sich ankündigenden Gänsehaut. Ganz deutlich lag sein Fokus nun auf ihr. Schnell und hastig stieß sie den angehaltenen Atem aus, ehe sie zittrig nach Luft rang und ihr Blick den kleinen, rot-blickenden Punkt an der Kabinendecke, oberhalb ihres Kopfes, erfasste.

Eine Überwachungskamera – das Gebäude war voll davon, selbst die Tiefgarage.

Noch zwei Stockwerke, bemerkte sie, als die Zahlen ihrem Ziel immer näher kamen. Zwei, Eins ...

Mit einem Pling wurde das Eintreffen des Lifts angekündigt, automatisiert schoben sich die Türen auseinander, doch der Mann hinter ihr machte keinerlei Anstalten, der Kabine zu entkommen. Die Sekunden verstrichen. Nach einem erneuten Signal, schlossen sich die Pforten.

Trotz der Geräumigkeit des Fahrstuhls, empfand Sakura diesen Moment als seltsam beklemmend. Nicht nur, dass die Kameras jeden Winkel beleuchteten, die Nähe zu dem Mann war es, die sie nervöser werden ließ. Was ihm an körperlicher Größe mangelte, machte er mit seiner Präsenz und Gnadenlosigkeit wieder wett. Ein Schauer kroch ihr über den Rücken, sobald er sich in Bewegung setzte und auf sie zuhielt. Doch statt sie eines Blickes zu würdigen, sorgte er dafür, dass die Türen erneut aufglitten.

»Bleib morgen zu Haus!« Seiner Order begegnete Sakura mit einem entrüsteten Schnauben.

»Wie bitte?«

»Du willst nicht? Dabei hast du noch eine Menge vorzubereiten.« Es war ihm ein Leichtes, seinen Befehlen einen Hauch von Zynismus zu verleihen.

»Aber -« Ohne ihrem Widerspruch Beachtung zu schenken, verließ er den Lift in Richtung Foyer.
 

Den Kopf schüttelnd, ließ sich Sakura wieder an ihrem Platz nieder. Der Umschlag verweilte an der äußersten Tischkante. Noch hatte sie keinen Blick riskiert. Sie würde sich am Abend damit befassen.

»Oder auch nicht«, murmelte sie und versuchte sich auf die Testperson zu konzentrieren, deren Aufnahme sie ihres Auftrags wegen hatte hintanstellen müssen. Die Begegnung im Fahrstuhl hatte ihren Gefühlen einen erneuten Dämpfer verpasst. Vielleicht behielt Ino Recht. Vielleicht gehörten sie nicht zusammen und er trieb nur ein böses Spiel mit ihr? Zwar war sie seinen Befehlston an anderer, intimer Stelle gewohnt, doch die vier Wände ihrer Wohnung waren nicht das Parkett, auf dem sich beide innerhalb des Terrains bewegten, sobald es um die Arbeit ging.

Ihre Treffen waren stets der Diskretion unterworfen. Niemand, nicht einmal ihre beste Freundin, wusste um den Umstand, dass sie sich einer Affäre bediente. Seit sieben Monaten ließ sie sich dazu hinreißen, ihm gefällig zu sein. Und auf absurde, ganz verwirrende Weise gefiel es ihr. Dass zwischen ihnen nicht selten eine Art Machtkampf entstand, machte ihr Zusammentreffen umso aufregender. Doch Sakura würde lügen, wenn sie behauptete, sich nicht an Gefühlen laben zu wollen. Gern hätte sie ihn länger bei sich, doch das, was sie sich unter einer Beziehung vorzustellen glaubte, ging nicht mit seinen Plänen konform. Ihr Verhältnis musste geheim bleiben.

Nicht selten mischten sich finstere Gedanken der Gewissensbisse zwischen diese vollkommenen Augenblicke. Schon immer waren ihre Ziele hochgesteckt, doch sich eine höhere Position erschleichen, kam für Sakura nicht infrage! Aus eigenem Antrieb, aus eigener Kraft wollte sie die Gipfel erklimmen, und sich nicht von bösen Zungen davon abhalten lassen. Jedoch wäre es mit einer blühenden Karriere schnell vorbei, sollte die Beziehung beider ans Tageslicht gelangen.

Seufzend ließ sie sich in ihren Stuhl zurücksinken. Sie sollte Morgen nicht zur Arbeit erscheinen? Sakura wand den Kopf, beendete ihr Werk und verließ pünktlich das Gebäude.
 

Sich den Worten des Geschäftsführers widersetzend, saß Sakura am Morgen der großen Gala an ihrem Platz und besah sich soeben die Ergebnisse zu der neuesten Studie, die sie sich aus dem Labor hatte schicken lassen, als die hohe Gestalt Itachi Uchihas über ihr aufragte.

»Haruno, man sagte mir, Sie hätten sich für den heutigen Tag entschuldigen lassen.«, mit ruhigem, aber nicht weniger autoritärem Ton, verlangte ihr Vorgesetzter nach Antworten.

Sakura sah auf. »Gezwungener Maßen«

Itachi Uchiha taxierte die junge Frau und schmälerte den Blick. »Gezwungener Maßen? Was soll das bedeuten?!«

»Es -«, hob Sakura verteidigend an, doch wurde sie durch eine rasche Handbewegung des Mannes zum Schweigen verdammt.

»Ihr Eifer in allen Ehren, Haruno. Aber Sie bringen mich in Teufelsküche, wenn das Projekt heute Abend den Bach heruntergeht.« Den Erklärungen Uchihas wusste sie nur mit Schweigen zu begegnen.

»Ich wollte nur -« Ihren Versuch der Rechtfertigung schmetterte der Mann rigoros ab.

»Sie gehen jetzt nach Hause und bereiten sich auf den heutigen Abend vor! Ich habe weder die Zeit, noch bin ich erpicht darauf, mit Ihnen zu diskutieren. Sehen Sie zu, dass Sie pünktlich fertig sind. Hier geht es um den guten Ruf des Unternehmens. Auch Ihr Job hängt an einem positiven Ausgang des Ganzen. Also tun Sie sich, und uns allen, den Gefallen.« Sakura presste die Lippen zusammen und nickte ergeben.

Das Läuten des Telefons ließ sie zusammenfahren. Dies nahm ihr Chef zum Anlass, sich den eigenen Aufgaben zu widmen. Tief durchatmend langte sie nach dem Hörer und nahm das Gespräch entgegen.

»Sakura? Karin am Apparat. Ich habe den Auftrag dir zu sagen, dass du Feierabend machen und nach Hause gehen sollst.«, ratterte die dritte Sekretärin herunter.

»Was – woher?«, haspelte sie die Stirn runzelnd, ehe ihr Blick auf die Uhr des Computers fiel und Sakura sich suchend umsah. Der Buschfunk funktionierte tadellos. - Oder es lag an den ganzen Kameras?

Am anderen Ende seufzte die Karin gedehnt. »Tu' es einfach. Der Wagen kommt um achtzehn Uhr, wenn du dann nicht fertig bist ...«

»Schon gut«, knurrend entwich ihr die Antwort, ehe die begonnene Arbeit gespeichert und der Rechner heruntergefahren wurde.

»Ein Bote wird dir später dein Kleid vorbeibringen, ebenso wird ein Stylistenteam dafür sorgen, dass du ansprechend aussiehst.«, erklärte Karin und klang gehetzt. Offenbar war dort oben die Hölle los!

»Aber ich habe doch schon -« Mit banger Miene dachte Sakura an den gestrigen Abend zurück, als sie Ino darum bat, ihr bei der Suche nach einer passenden Robe behilflich zu sein.

»Das spielt keine Rolle, man hat bereits alles geplant und zeitlich abgepasst«, zischte Karin. »Wir sehen uns dann heute Abend. Und sei pünktlich!«

Verdattert blinzelte Sakura gegen das monotone Signal an, das darauf verwies, dass das Gespräch als beendet galt. Eiligst klaubte sie ihre Habseligkeiten zusammen und machte sich auf den Weg.
 

Zweifelnd schob Ino die Augenbrauen zusammen. »Ist das dein Ernst?«

Sakura stieß einen gedehnten Seufzer aus. »Ja«

Donnergrollen wallte über ihren Kopf hinweg. Der Himmel hatte sich binnen weniger Minuten von einem strahlenden Blau in ein düsteres Grau gewandelt.

»Dann habe ich eindeutig den falschen Job!« Die Worte ihrer Freundin klangen ein wenig abgehackt. Die Telefonverbindung war alles andere als gnädig mit ihr, doch Sakura musste ihrem Frust Luft machen. Da man ihr nur wenig Zeit ließ und sie weder den Boten mit dem Kleid, noch das Team verpassten wollte, musste sie sich sputen.

»Das ist überhaupt nicht witzig, Ino! Das ist Überwachung!«, knurrte die junge Frau und überquerte soeben die breite Straße. Ihr Wohnhaus rückte in unmittelbare Nähe, war bereits zum Greifen nahe.

»Stimmt«, lachte die Floristin am anderen Ende. »Schon merkwürdig, dass die deine Kleidergröße kennen.«

So merkwürdig nun auch wieder nicht, zischte Sakura im Stillen. Immerhin gab es jemanden, der bestens Bescheid wusste.

»Dass die wissen, wo du wohnst, damit kann ich mich ja noch anfreunden, aber alles andere …«, fuhr Ino fort. »Und du kriegst sogar ein Team an die Seite gestellt? Genial!«

»Findest du?« Sakura verdrehte die Augen.

»Ich könnte vorbeikommen und dich unterstützen … Und denen Tipps geben?« Mehr als deutlich konnte Sakura den kleinen Anflug von Neid, doch auch die Begeisterung ihrer Freundin heraushören.

»Von mir aus«, seufzte die junge Frau abermals, klemmte sich das Mobiltelefon zwischen Ohr und Schulter und wühlte in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel.

»Großartig, ich bin dann gleich bei dir«, rief Ino aus.

»Warte mal, und was ist mit dem Laden?«, verlangte Sakura zu wissen.

»Meine Eltern erledigen das schon!« So rasch, wie Ino mit der Antwort war, so eilig hatte sie aufgelegt.

Vielleicht, so grübelte sie, war Inos Gesellschaft gar keine üble Idee. Sakura betrat die Wohnung und sog tief die Luft in ihre Lungen. Sobald Ino bei ihr eintraf, würde dieser die ehrenvolle Aufgabe zuteil, sämtliche Besuche in Empfang zunehmen, während sich Sakura selbst der Vorbereitung des Abends widmete.

Gedacht, getan.

Keine zehn Minuten später stand die junge Frau in ihrer Tür, durchnässt bis auf die Knochen.

»Oh, Ino« Bereits mit einem Handtuch bewaffnet, gebot Sakura dem begossenen Pudel Einlass. »Sag nichts!«, zischte ihr Gast. »Hat mich eiskalt erwischt. Ich dachte natürlich, dass ich es noch rechtzeitig zu dir schaffe.«

»Warum hast du denn keinen Schirm mitgenommen?« Mit schief gelegtem Kopf betrachte Sakura die junge Frau, die sich soeben das Gesicht trocknete. Ein Schnauben folgte, mehr hatte Ino dem nicht hinzuzufügen.

»Lass dir ruhig Zeit«, rief Ino ihr zu, als Sakura im Bad verschwand. Just in jenem Augenblick läutete es an der Tür. Auf nackten Sohlen tapste die Floristin in den kleinen Flur, ehe sie dem Boten die Roben abnahmen.

»Drei?«, hakte Ino, verblüfft blinzelnd, nach und bugsierte die Kleider, die in durchsichtigen Hüllen vor Regen und anderen Umwelteinflüssen geschützt waren, über ihren Arm.

Der Bote zuckte nur achtlos die Schultern. »Ich soll die Morgen wieder abholen.«, stieß dieser gedehnt und Kaugummi kauend hervor.

»Von mir aus«, entwich es Ino nicht weniger gelangweilt, ehe sie sich umwandte und der Tür mit dem Hacken einen Schubser gab. Geräuschvoll fiel die Pforte ins Schloss, während Ino, um Achtsamkeit bemüht, in Richtung Schlafzimmer wackelte.

»Wer war das?« Sakura trat, in einen Bademantel gewickelt, aus der kleinen Nasszelle. Ihr Haar war, mittels Handtuch, zu einem Turban-ähnlichen Gebilde aufgetürmt.

»Dein Bote«, lachte Ino auf und machte sich daran, die Kleider von den Schonern zu befreien und auf dem großen Bett zu drapieren. »Donnerwetter! Ich sag's ja: Ich habe ganz eindeutig den falschen Beruf gewählt!«

Sakura verkniff sich das kleine Kichern und schüttelte dennoch den Kopf.

»Er sagte, dass er sie morgen wieder abholen wird«, erklärte Ino und betrachtete die Stoffe eingehend. »Die sehen richtig edel und verdammt teuer aus.«

»Das sind sie bestimmt auch« Sakura ließ die Schultern hängen.

»He«, Ino stieß sie mit dem Ellenbogen an. »Jetzt freu' dich doch mal. Wann kommt jemand wie wir schon mal in den Genuss, so etwas zu tragen?«

»Ja, du … hast ja Recht«, murmelte Sakura ergeben.

»Natürlich habe ich das. Also, welches darf's denn sein? Ich finde das Grüne sehr schick.« Ino vermochte es, wie keine andere, aus einer bedrückenden Stimmung das Beste herauszuholen.
 

Am späten Nachmittag, jedoch noch rechtzeitig genug, traf das Verschönerungsteam ein. Während man an Sakura herum zupfte, sie betupfte und ihr Haar in Form brachte, hielt ihr Ino immer wieder die verschiedenen Blätter mit den Portraits der wichtigen Persönlichkeiten vors Gesicht, deren Namen Sakura im Großen und Ganzen zu zuordnen wusste.

Da man Make-up und Frisur auf die Farbe des Kleides abstimmte, war den Frauen die Wahl dennoch nicht leicht gefallen. Entgegen Inos Vorschlag, dem moosgrünen Kleid den Vorzug zu geben, entschied sich Sakura für die weinrote Robe. Der leichte, knielange Chiffon entpuppte sich als Neckholder-Ensemble, mit einem Band als Gürtel.

Zu ihrer Überraschung hatte das Team den Auftrag erhalten, für das passende Schuhwerk zu sorgen. Erst, als jener Umstand Erwähnung fand, lief es Sakura kalt den Rücken herunter. Doch das Trio wurde mit allem betraut, was zu einem Optimum an Eleganz führte. Ein Paar war kostspieliger, als das andere, doch auch hier wurden schnell die passenden Begleiter auserkoren.

»Nicht auf der Unterlippen kauen!«, ermahnte man sie abermals, als sich das Team von den beiden Frauen verabschiedete. Sofort unterließ Sakura jenes Tun.

Inos Miene zierte ein zufriedenes Grinsen, während sie die junge Frau akribisch musterte. »Wer auch immer dafür gesorgt hat, dass du so aussiehst, hat einen exzellenten Geschmack.«

Schnaubend schüttelte Sakura den Kopf.

»He! Du sollst das lassen!«, ereiferte sich Ino. »Kein Lippenbeißen und vor allem kein -«, übertrieben wackelte sie mit dem blonden Schopf. »Die schöne Frisur!«

Ein Schnalzen der Zunge folgte, doch die junge Frau war bemüht, den Worten Inos Folge zu leisten. Knapp schweifte ihr Blick zur Uhr. Tief sog Sakura die Luft in ihre Lungen, um der Anspannung zu entfliehen.

»Und du wirst abgeholt?« Eine Sorgenfalte bildete sich zwischen den hellen Brauen Inos.

»Ja«, entwich es Sakura knapp.

»So nervös habe ich das letzte Mal gesehen, als -«, fuhr Ino fort und ihre Lippen umspielte ein mitfühlendes Lächeln. »He, keine Panik. Das wird schon! Du hast schon ganz andere Situationen gemeistert!«

»Danke, Ino« Sakura versuchte sich an Zuversicht, zuckte jedoch zusammen, als es abermals an der Tür läutete. »Ich muss los.«

Mit schnellen Schritten hatte Ino das Zimmer durchquert und nach der Gardine gelangt, um aus dem Fenster zu spähen. Noch immer goss es unaufhörlich. Die Dunkelheit hatte die Stadt bereits vollkommen für sich eingenommen. Einzig die Lichter von Laternen und Scheinwerfern erhellten die Nacht.

»Noble Karre!«, stieß Ino hervor und entließ einen anerkennenden Pfiff. Die kleine, schwarze Limousine parkte halb auf dem Bürgersteig. Die Scheibenwischer versuchten dem Regen Einhalt zu gebieten. Der Chauffeur erwartete die junge Frau bereits an der Tür, hielt einen Schirm bereit. Sakura begrüßte ihn mit einem zaghaften Lächeln, das jedoch keine Erwiderung fand.

»Es tut mir leid, Miss, aber wir haben einen straffen Zeitplan!«, wies er an. Schweigend und peinlich berührt setzte Sakura ihm nach, bemüht auf den hohen Hacken nicht umzuknicken.

»Viel Spaß!«, rief Ino ihr zu und winkte übertrieben.

Mit klopfendem Herzen trat Sakura auf den Gehweg. Eiligst wurde die Seitentür geöffnet und die junge Frau schlüpfte ins warme Wageninnere. Ein knappes Keuchen entwich ihr, als sie bemerkte, dass man sie interessiert musterte. Sie war nicht allein. Natürlich nicht!

Leise, aber energisch wurde die Tür geschlossen. Es dauerte nur den Hauch einer Sekunde, bis der Fahrer seinen Platz einnahm und die Limousine auf den Asphalt rollte, um sich in den Verkehr einzufädeln.

Verbotener Weise presste Sakura die Lippen aufeinander. Nur das Schlagen ihres aufgeregten Herzens trommelte ihr in den Ohren. Sie würde nicht sprechen, dennoch galt sein intensiver Blick noch immer ihrer Erscheinung.

»Gute Wahl«, ruhig durchbrach seine Stimme die Stille.

»Danke« Sie schalt sich für das Zittern im Hauch, der ihre Antwort umhüllte.

»Ich habe nichts anderes von dir erwartet« Für sein vermeintliches Lob erhielt er nur ein zaghaftes Nicken.

»Warum hast du dann noch zwei weitere Kleider mitgeschickt, statt es bei dem einen zu belassen, wenn du sowieso wusstest, dass ich dieses aussuchen würde?« Dass sie ihr Herz auf der Zunge trug, mochte nicht jedem zusagen, doch es war ihr ein Bedürfnis, seine Gedanken und Vorhaben zu hinterfragen.

Sein Mund umspielte ein wölfisches Grinsen, das im Schein der vorbeihuschenden Lichter gefährlich wirkte. »Ich wollte dir die Entscheidung überlassen.«

Sakura senkte den Blick. Wieder ein Zugeständnis, das keines war. Er behielt die Oberhand, immer.

»Mister Akasuna«, unterbrach der Chauffeur ihre Unterhaltung. »In zehn Minuten erreichen wir das Yutakasa

Knapp nickte der Firmenchef jene Information ab.

»Sind wir nicht ein wenig früh?«, murmelte Sakura leise.

»Ich hasse Unpünktlichkeit, und noch mehr, andere warten zu lassen!« Seine Aussage ließ sie unweigerlich schlucken.
 

Hell und strahlend erhob sich das imposante Hotel vor ihnen. Der Fahrer lenkte den Wagen bis vor den Eingang, der mit einem dunklen Teppich den Weg ins Innere wies. Marmorne Säulen säumten den schmalen Gang in Richtung Foyer. Glas und jenes schimmernde Gestein waren vorherrschend und verliehen dem Gebäude Eleganz und Würde. Scheinwerfer rückten das vielstöckige Bauwerk ins rechte Licht. Weder Regen, noch Dunkelheit konnten dem Funkeln die Würde nehmen.

Nervosität überkam sie, doch Sakura würde sich jener Herausforderung stellen.

»Ich hoffe, du bist vorbereitet«, es war keine Frage, die seinen Lippen entkam. Der bedrohliche Unterton ließ kein Fehlverhalten, kein Versagen zu.

»Natürlich«, tief rang Sakura nach Atem, dann wurde bereits die Tür zu seiner Linken geöffnet. Ein kühler Luftzug begleitete sein Verlassen des Wagens, ehe man auch ihr gebot, dem Gefährt zu entsteigen.

Der Portier reichte ihr eine helfende Hand, doch sowie die junge Frau die Finger ausstreckte, war nichts mehr von jener Unterstützung zu erkennen. Stattdessen trat der ältere Herr beiseite und ließ dem Gast den vortritt. »Verzeihen Sie, Sir.«

Sakura brachte dem Concierge einen mitfühlenden Blick entgegen, doch dieser hielt sich diskret im Hintergrund, während ihr Mister Akasuna auffordernd den Arm reichte. Eiligst entschlüpfte sie der Limousine und diese rollte gemächlich von dannen.

Unter bebenden Gliedern, hakte sich Sakura bei ihm unter und beide betraten die beeindruckende Eingangshalle. Schnell war der Hoteldirektor an ihrer Seite. Sakura schenkte ihm ein freundliches Lächeln und keuchte peinlich berührt, als dieser den Versuch unternahm, ihr seine Lippen auf den Handrücken zu platzieren.

Ein räuspernder Laut ließ den Mann von seinem Vorhaben Abstand nehmen. Die jahrelange Erfahrung schien den Leiter jener Luxusherberge daran zu erinnern, sich den Wünschen der Gäste bis zu einem gewissen Maße zu beugen. Überschwänglich begann dieser mit ausschweifenden Worten, die Wahl seines Hauses zu loben, erläuterte die Annehmlichkeiten, prahlte mit Prunk und ließ gewichtige Namen einfließen, die den Aufenthalt zu aller Zufriedenheit genossen hatten.

»Darf ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen?«, bot er an und Sakura konnte nicht verhindern, dass ihr der Mund offen stehen blieb.

»Später«, war die geknurrte Antwort ihrer Begleitung und der Direktor nickte mit gezwungenem Lächeln.

»Selbstverständlich, wie Sie wünschen.« So geleitete man sie in großen Saal.

Der Direktor tat eine knappe Verbeugung und widmete sich dann wieder seiner primären Tätigkeit, die Gäste in Empfang zu nehmen.

Kurz ließ die junge Frau den Blick schweifen. Für ein solches Event hatte man den perfekten Ort gewählt. Auch hier bildeten Glas und Marmor das Grundgerüst. Säulen stützten die mit Stuck veredelte, hohe Decke. Ein großer Lüster spendetet genügend Licht, doch wurde dieser von vielen, kleinen Kronleuchtern begleitet.

Wie Sakura erwartet hatte, waren Mister Akasuna und sie die ersten Gäste. Dies nahm das Firmenoberhaupt zum Anlass, der junge Dame nochmals ins Gewissen zu reden.

»Kein Alkohol!«, wies er an. »Kein Smaltalk! Rede nur, wenn du gefragt wirst und wenn dies geschieht, halte deine Antwort so knapp und unverfänglich wie möglich. Hier geht es um immens hohe Summen, halte dich also mit Aussagen und Meinungen zurück. Es dringt nichts nach außen, haben wir uns verstanden, Haruno?!«

Sie hatte jeden seiner Punkte abgenickt, widerwillig, doch sie musste sich fügen, auch wenn ihr dies widerstrebte. Als er doch mit dem Aussprechen ihres Nachnamens wiederum Distanz schuf, und sie auf ihren Platz verwies, schluckte Sakura.

Zähneknirschend brachte sie nur ein »Ja, Sir« hervor.

»Du bleibst stets an meiner Seite!«, fügte er, ohne Widerworte zu dulden, hinzu.

»Wir werden also hierbleiben?« Sakura war bemüht, der Kränkung nicht so viel Aufmerksamkeit zu schenken. Dennoch kamen ihr die Worte des Hoteldirektors wieder in den Sinn.

»Nicht unbedingt. Je nach dem, wie lang der Abend wird.«, erklärte er noch, ehe die ersten Abteilungsleiter der S.CORP.I(o)Nc eintrafen. Die anderen drei großen Bosse des Unternehmens erschienen in Begleitung ihrer Sekretärinnen. Es war keine Überraschung, dass man auch den Damen ans Herz legte, sich dem Anlass entsprechend herauszuputzen. Verschwiegenheit blieb jedoch oberstes Gebot.

Als Sakura ihren Chef erspähte, nickte sie diesem aus Höflichkeit zu. Uchiha bedachte sie jedoch nur mit einem flüchtigen Blick. Er hatte sie registriert, mehr brauchte sie nicht von ihm erwarten.
 

Es dauerte nicht lang, da marschierten die ersten Kellner auf, balancierten teuren Champagner, Hors­d'œu­v­re und Canapé auf Tabletts. Ihnen schien ein ganzer Schwarm Anzugträger, flankiert von überaus adretten Damen, zu folgen. Wo Großindustrielle und Geldgeber aufeinandertrafen, war auch die Regenbogenpresse nicht weit. Doch nur ausgewählten, seriösen Blättern war das Beiwohnen an jener Veranstaltung gestattet. Niemand interessierte sich für Klatsch und Tratsch.

Sakura knetete ihre klammen Finger und schluckte nervös, als der erste Tycoon auf sie und Akasuna zuschritt.

Die Begrüßung war formell und das Gespräch wider erwartend positiv. Sakura lauschte den Worten und war um einen freundlichen Ausdruck auf dem Gesicht bemüht.

Die Unterhaltungen der anderen Bosse und Investoren schienen nicht weniger von Erfolg gekrönt. Die erste halbe Stunde verging wie im Fluge. Doch je später der Abend, desto mehr Gesichter tauchten vor ihnen auf.

Wie zuvor, im Stillen, besprochen, gab Akasuna ihr ein Zeichen, war ihm der Name des Gesprächspartners entfallen oder gänzlich unbekannt. Jenes Zeichen mündete in einem leichten Zwicken ihrer Hüfte. So stellte Akasuna sicher, dass sie sich nicht weiter von ihm zu entfernen habe.

»Mister Okane, Kechi Okane«, murmelte sie ihm zu, als seine Finger sie durch den Stoff hindurch kniffen. »Leiter der Shihei-Bank«

»Sasori, Mister Akasuna« Zu Sakuras Verblüffung schien das Oberhaupt der Shihei-Bank genau zu wissen, mit wem er das Vergnügen teilte. Prüfend linste Sakura neben sich, als die beiden Männer einander die Hände schüttelten.

Eine Probe, versicherte sein flüchtiger Blick in ihre Richtung. Begreifend nickte sie knapp, dem Geplänkel folgte Sakura allerdings nur mit mäßigem Interesse.

»Ihre Freundin?«, plötzlich hatte Mister Okane ihre volle Aufmerksamkeit. Sie warf dem hochgewachsenen, rundlichen Mann, dessen Statur an die eines Ringers erinnerte, einen vagen Blick zu.

»Meine Liebe, Sie schauen ja wie ein verschrecktes Reh«, lachte Okane auf und Sakura spürte das Brennen auf ihren Wangen. »Da habe ich wohl aufs falsche Pferd gesetzt, verzeihen Sie, Akasuna.«

Doch dieser Winkte ab.

»Jeder Mann, der etwas auf sich hält, sollte wohl eine junge Stute im Stall haben, nicht wahr?« Tief, doch bemüht geräuschlos, sog Sakura die Luft durch die Nase ein. War ihr Mister Okane eben noch wohl gesonnen, so verspielte er im Nu jegliche Sympathien.

»Mag sein«, knurrte Akasuna ausweichend.

»Bitte entschuldigen Sie meine Taktlosigkeit, Miss, aber diesen Kerl sieht man bei solchen Veranstaltungen sonst nur in Begleitung von gewissen Damen.«, verkündete man ihr.

»Okane, wenn wir unser Augenmerk weniger auf meine Assistentin, sondern mehr auf die Projekte legen könnten ...« Seine leise Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, so wurde der Fokus wieder auf das Wesentliche beschränkt. Die Anspannung entwich jedoch nur langsam aus ihren verkrampften Schultern.

»Was für ein ekelhafter Kerl«, nuschelte Sakura, als der Bankdirektor endlich dem Tablett mit den Canapé nachsetzte.

»Von diesem Exemplar gibt es leider viel zu viele in der Branche« Sakura fuhr zusammen und wandte sich nach der Stimme um.

»Tsunade, wie erfreulich« Sasoris Blick strafte seine Worte Lüge.

Eine hübsche, blonde Frau, mittleren Alters, erhob sich vor ihnen. Die opulente, fliederfarbene Robe umschmeichelte ihre üppigen Kurven.

»Sasori«, Tsunade schenkte dem S.CORP.I(o)Nc-Vorstand nur ein beiläufiges Nicken, ehe sie sich zu der jungen Frau umwandte. »Sakura, wie ich sehe, hast du es … weit gebracht.«

Diese ließ die Musterung ihrer einstigen Lehrausbilderin über sich ergehen. »Ich hoffe, dass das hier nur ein Ausrutscher ist und du dich weiterhin deinen Studien widmest und nicht hinter einem Schreibtisch versauerst. Es wäre sehr schade, wenn so ein Talent vergeudet wird.«

Peinlich berührt senkte Sakura das aufwendig frisierte Haupt.

»Was kann ich für dich tun?« Scheu hob sie den Kopf. In der Frage ihres Begleiters schwang keinerlei Interesse eines wahrhaftigen Angebotes mit.

»Sasori, wir beide wissen doch, wo Geld fließt, sind die Haie nicht weit«, ein Lächeln umspielte die Lippen der Dame, deren Erscheinungsbild dem einer fünfundzwanzigjährigen Frau in Nichts nachstand. Die Geheimnisse der Schönheitschirurgie waren unergründlich.

»Außerdem bin ich daran interessiert zu sehen, wie sich die Konkurrenz schlägt, und vielleicht gelingt es mir ja, das eine oder andere Schnippchen zu schlagen?«

»Wohl kaum«, ein tiefes Grollen entwand sich seiner Kehle, doch Tsunade zeigte sich unbeeindruckt.

»Ein Glas Champagner?« Ein Kellner trat an sie heran und offerierte ihnen jenes Getränk. Tsunade langte nach den langen Stielen und hielt der junge Frau eines vor die Nase. Doch diese schüttelte sacht Kopf.

»Hab' ich mir gedacht. Er lässt seine Miezen nie trinken.« Mit jenen Worten, und beiden Gläsern, setzte die Chefärztin des städtischen Krankenhauses zum Umherschlendern an.

Beschämt rang Sakura nach Luft, doch der nächste Investor erinnerte sie daran, ihrer Funktion für diesen Abend nachzukommen.
 

Binnen drei Stunden hatte sie mehr Namen und Gesichter vor Augen, als bisher in ihrem gesamten Leben. Das Gros an Geldgebern und Neukunden zeigte sich zufrieden mit der Arbeit des Unternehmens. Die Artikel in den Zeitungen würden den erfolgreichen Abend preisen, Aufstiegschancen prophezeien.

Sakura jedoch schmerzten die Füße, ihr knurrte der Magen und auch andere Bedürfnisse bettelten um Erfüllung. Unter verdrießlichem Schnalzen der Zunge wurde ihr gestattet, dem Begehren nachzugeben. Der Gang zu den Waschräumen stellte sie weit weniger vor eine Herausforderung, als es das Warten an jenem Ort tat.

»Geht es dir besser?«

Sakura hob den Blick, sah sich und Shizune, die als zweite Sekretärin arbeitete, im Spiegel.

»Ja«, erwiderte sie mit einem erleichterten Lächeln, »aber ich hätte nicht gedacht, dass es mir verboten wäre, die Toiletten aufzusuchen. Ich habe den ganzen Abend weder etwas gegessen, noch getrunken und bin trotzdem überrascht, dass ...«

Shizune lachte auf und strich sich flink eine verirrte Strähne hinters Ohr. »Jetzt, wo der Spuk vorbei ist, dürfen auch wir einen kleinen Happen zu uns zunehmen. Komm mit, wir suchen uns den Kellner mit dem größten und vollsten Tablett und dann noch einen, der mit Champagner um sich wirft!«

Es war erfrischend, jemanden wie Shizune an seiner Seite zu wissen. Bald schon gesellten sich Karin und Shiho zu ihnen. Letztere fungierte als vierte Schreibdame und wirkte stets ein wenig spröde und steif. Doch nach dem ersten Glas des prickelnden Schaumweins, entspannte sich die Stimmung unter den Frauen.

Erleichtert seufzte Sakura auf, als der letzte Bissen des köstlichen, kleinen Kuchens vertilgt war. Das farbenfrohe, bunte Törtchen wurde erst im späteren Verlauf des Abends gereicht. Doch bei so einem hinreißenden Quartett schien der Pâtissier gern zu einer Ausnahme bereit.

»Zucker und Alkohol«, nuschelte Karin bereits ein wenig benommen.

»Reiß' dich zusammen!«, forderte Shiho eingehend und versuchte ihrer Kollegin auf die Beine zu helfen. Unbeholfen glitt Karin von dem Barhocker. »Ich bringe sie besser kurz an die Luft.«

»Kommt so etwas oft vor?«, fragte Sakura an Shizune gewandt.

»Du meinst, ob Karin keinen Alkohol auf halb nüchternen Magen verträgt?«, lachte diese abermals.

»Nein, ob ihr oft zu solchen Veranstaltungen eingeladen seid.«, erklärte Sakura und nippte an dem leicht säuerlichen Veuve Clicquot.

»Leider«, seufzte Shizune wahrheitsgemäß. »Aber hauptsächlich nur dann, wenn die großen Vier, oder eher „die großen Drei mit dem noch größeren Einen“ geladen sind.«

Sakura versuchte sich an einem Lächeln. »Ich glaube nicht, dass ich das lange durchhalten würde.«

»Das ist reine Übung, und vielleicht erfordert es eine gewisse Konzentration und Koordination.«, erklärte ihr Gegenüber. »Und natürlich wird all das als sehr oberflächlich abgehandelt. Wir müssen nicht nur hübsch aussehen, sondern auch noch etwas im Kopf haben.«

Verstehend nickte die junge Frau und spürte abermals einen kleinen Anflug von Mitleid.

»Wir sollten uns wieder ins Getümmel stürzen, sonst wird uns noch das Gehalt gekürzt.« Shizune verdrehte die Augen, ein kleiner Akt der Rebellion, der Sakura ein erneutes Lachen entlockte.

Ihr Blick schweifte über die Trauben von Menschen hinweg, doch als Sakura endlich fand, wonach sie suchte, gesellte sie sich stillschweigend neben den Mann des Abends.
 

Als um Mitternacht nur noch eine handvoll Gäste auf der Gala verblieben, spürte Sakura die Erschöpfung der vergangenen Stunden und nicht zuletzt den kleinen Genuss des Champagners.

»Sakura?« Karin trat an sie heran. »Shiho hat eine Limousine klargemacht, die uns heim fährt, kommst du mit?«

Sakura blickte neben sich, doch Mister Akasuna machte nur eine scheuchende Bewegung. Schwer schluckte sie und sah sich nicht im Stande, jene Reaktion einzuordnen.

»Einen schönen Abend noch«, mit diesen Worten folgte sie Karin hinaus.

Die Nacht war kalt und regnerisch. Umso eiliger hatten es die Damen, ins das warme, behagliche Innere des Wagens zu krabbeln. Eine nach der anderen wurde an der jeweiligen Adresse abgesetzt und ins wohlverdiente Wochenende entlassen.

Da Sakura die Letzte auf die Tour bildete, hatte sie wahrlich Mühe, nicht vor Schwäche in den erholsamen Schlaf zu gleiten. Erst die drängenden Worte des Fahrers schreckten sie auf. Benommen blinzelte sie gegen die Helligkeit der Wageninnenbeleuchtung an, als man sie dazu aufforderte, die Limousine zu verlassen.

Als eine starke Hand nach ihr langte, keuchte sie auf und ließ sich aus dem Auto ziehen.

»Sir?«, fragte der Chauffeur, blinzelte knapp, nahm den großzügigen Schein entgegen und fuhr in den Morgen hinaus.

Zwischen ihren Brauen bildete sich eine Grübelfalte. Ihr Blick huschte von dem davonfahrenden Wagen zu dem Mann, der seinen Arm um ihre Taille schlang.

»Was willst du denn hier?«, jammernd und trotzig entwich ihr jene Frage. »Wie kommst du überhaupt hierher? Hast du mich nicht den ganzen Abend lang genug herumgescheucht und herumgezerrt? Gepiesackt und gezwickt?«

Schnaubend schüttelte Sasori den Kopf. »Wer hätte gedacht, dass ein Glas von dem Fusel genügt, um dich so abstürzen zu lassen?«

»Ich bin nicht abgestürzt!«, zischte sie. »Nur müde, und hungrig. Sei du mal den ganzen Tag auf solchen Schuhen unterwegs, ohne etwas zu essen, oder zu trinken, oder ...«

Er quittierte ihr Schimpftirade mit einer skeptisch erhobenen Augenbraue. Ungeachtet ihres Unmuts, schlang sie ihm die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn. Sein Duft war nicht gerade dafür geschaffen, wütend zu sein und sich in den weiblichen Zorn hineinzusteigern.

»Schlüssel!« Seiner Aufforderung kam sie mit einem leisen Murren nach. Frech hielt sie ihm ihre Handtasche vor die Nase.

»Habe ich meinen Job wenigstens gut gemacht?«, nuschelte sie und linste zu ihm auf.

»Hervorragend« Doch statt eines lobenden Untertons, quoll ein Knurren seine Kehle hinauf. Grollende Laute entwichen seinen Lippen, während er nicht minder fluchend nach dem Schlüsselbund in den Untiefen ihres Theatertäschchens suchte. Endlich ergriffen seine Finger das kühle Metall und nicht weniger flink wurde die Frau in den Hausflur geschleift.

Die Stufen bis zu ihrer Wohnung hinauf, stellten ihn abermals vor eine große Herausforderung, doch er wäre kein Mann, wenn er klagen oder sich beschweren würde. Auch hier gelang es ihm, das Mädchen wohlbehalten hinauf in die zweite Etage zu bugsieren. Wieder fanden Schlüssel und Schloss zueinander.

Behutsam dirigierte er das Mädchen von der Diele aus ins Schlafzimmer. Ihre Freundin, die am Abend noch dreist hinter der Gardine stand und den teuren Wagen inspiziert hatte, war offenbar, und zu seiner Erleichterung, verschwunden.

Er trug Sakura zu dem großen Bett und setzte sie darauf ab.

»Mir ist schwindelig«, jammerte sie, sobald ihr Hintern die Weichheit der Matratze verspürte. Schweigend schälte er sie aus Kleid und Schuhen. Das, was er unter dem Chiffon erspähte, zerrte stark an seiner Beherrschung. Zwar kam er nicht zum ersten Mal in den Genuss eines solchen Anblicks, vor allem dann nicht, wenn beide die Nacht miteinander teilten, doch das Zusammenspiel von jener Wäschestücke ließ seine Gedanken alles andere als enthaltsam und fürsorglich bleiben.

So übte er sich in Kontrolle, ließ sie sich in Kissen und Decke kuscheln, während er Vorlieb mit dem kleinen Sofa nahm. Nicht nur für sie, sondern auch für sich selbst.

Dieser Abend glich einer Feuerprobe, einem Test, ob sie sich fügen würde.
 

Der Morgen bot, entgegen der vergangenen Tage, mit einem blauen Himmel auf. Die Sonne lugte durch die Vorhänge, während die heimischen Vogelarten herrliche Stunden zu locken versuchten. Der Duft von Kaffee erfüllt die Wohnung und drang bis ins Schlafzimmer vor.

Sakura blinzelte und hob den Kopf aus dem zerknüllten Kissen. Murrend rieb sich die Stirn. Das Haar war zerzaust und glich einmal mehr einer durchzechten Nacht, ebenso war das aufwendig und penibel aufgetragene Make-up verwischt. Verwirrt ließ sie den Blick schweifen und erschrak, als die Gestalt Sasoris zum Vorschein kam, der ihr eine einladende Tasse voll heißem Aufputschmittel reichte.

»Danke«, krächzte Sakura und bemerkte, dass ihre Stimme so belegt und kratzig klang, als habe sie eine Karaoke-Bar in Grund und Boden gesungen.

»Kopfschmerzen?« Seine Sorge ließ sie aufsehen. Er trug noch immer Hemd und Hose von letzter Nacht. Nur dass diese merkwürdig verknittert waren.

»Nein«, gestand sie. »Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden.«

Ihre Antwort ließ ihn leise lachen.

»Im Übrigen, hast du dich gestern ganz gut geschlagen.« Er fiel sofort mit der Tür ins Haus. Gerade heraus, ohne Rücksicht.

Sakura zuckte die schmalen Schultern, schwieg, nippte an dem Kaffe und entschied dann, seinem Beispiel folgend, ebenso in die Offensive zu gehen: »Hättest du mich mitgenommen, wenn deine Sekretärin nicht erkrankt wäre?«

»Wahrscheinlich nicht«, erklärte Sasori ungerührt, und schien nicht einmal über eine sensible Antwort nachdenken zu wollen.

»Verstehe«, es gelang Sakura nicht, ihre Enttäuschung zu verbergen. Sie wollte es auch nicht. Ein unfeines Schnauben entkam ihr und es veranlasste ihr Gegenüber, sie mit unverhohlener Neugierde zu mustern.

Seine Lippen zierte ein Lächeln. »Los, raus damit. Du kochst doch bereits vor Wut.«

»Natürlich«, knurrte sie. »Du kommst und gehst, wann es dir passt. Du bist rücksichtslos, eiskalt und nur an deinem Fortkommen interessiert.«

»Nicht mehr und nicht weniger, als du und der Rest dieser Gesellschaft.« Sasori untermauerte seine Worte mit einem saloppen Zucken der Schultern. »Was stört dich daran? Dass ich meinen Spaß habe? Dass du deinen Spaß hast? Oder willst du, dass ich mich zu dir bekenne?«

Sakura schmälerte den Blick. Er hatte sie ertappt. Das Aufflammen ihrer Wangen konnte sie nicht verhindern.

»Die Leute werden Reden«, murmelte sie und stellte die dampfende Tasse auf den kleinen Nachttisch, bevor ihr noch jene aus der Hand glitt, oder sie dem Versuch erlag, ihn damit zu bewerfen.

»Oh ja, das werden sie.« Sein spöttisches Auflachen milderte den Sturm, der in ihr tobte, nicht.

»Aber du, du sagtest, dass es dir nichts ausmacht ...« Sämtliche Alarmglöckchen begannen unaufhörlich und warnend zu schrillen. Sie klammerte – Grundgütiger!

»Und du hast behauptet, dich nie verlieren zu wollen. Doch genau das tust du, jetzt gerade, in diesem Augenblick verlierst du dich und deine Ziele aus den Augen. Und das nur aus dem Wunsch heraus, dass ich dir sage, unsere Beziehung sei nichts Exklusives mehr. Dass sie etwas Festes, etwas mit Bestand ist. Das möchtest du doch, oder, Sakura?« Wieder gelang es ihm, sie bloßzustellen und zugleich mit einem seidenen Faden einzuspinnen.

Hart presste sie die Lippen aufeinander. »Ja«

»Ja«, lächelte er milde. »Ich will, dass du es schaffst. Beeindrucke mich! Wenn ich Püppchen an meiner Seite hätte haben wollen, dann öffne die Tür, denn davor stehen mindestens zehn Mädchen, die gern deinen Platz einnehmen würden.«

»Und warum dann ich?« Sie suchte seinen Blick.

»Weil du Charakter hast, dich aus eigener Kraft dorthin gebracht, wo du jetzt bist.«

Ein Schnaubender Laut entkam ihr. Sakura benetzte die Kuppen ihrer Zeigefinger mit der Zunge und wischte mit ihnen die Mascara unter ihren Augen fort.

»Und nur deshalb? Deshalb wolltest du, dass ich dich begleite?« Ihre Lippen zierte ein leichtes, aber dennoch erwartungsvolles Lächeln.

Sasori taxierte sie mit geschmälerten Augen.

»Denkst du wirklich, ich hätte diese ganze Scharade nicht bemerkt?«, spottete sie. »Ihr wärt auch mit drei Mädchen zurecht gekommen. Es gibt genug andere Frauen in der Firma, die allemal mehr von dem verstehen, was ihr den ganzen Tag tut. Warum also ich? Und warum die Szene im Fahrstuhl, wenn du nicht zu alldem stehen willst?«

Nun war es an ihm, einen leisen, schnaubenden Laut auszustoßen. »Genau deswegen. Du bist klug, ziemlich forsch und definitiv eine Spur zu vorlaut! Aber mir scheint, dass du mein Angebot missverstanden hast.«

»Welches Angebot?« Argwohn zierte ihre Gesicht.

»Siehst du, du begreifst es nicht, dabei hast du meinen Werdegang ziemlich gut analysiert.« Er genoss es, sie grübeln zu sehen. »Ich habe dich nicht mit auf diese verstaubte, vor Geld stinkende Veranstaltung geschleppt, um dich zu ärgern oder um festzustellen, wie gut du dir Namen und Gesichter merken kannst. Ich wollte dir einen Einblick von dem geben, womit ich mich jeden Tag auseinanderzusetzen habe. Ich habe dich mitgenommen, damit du verstehst und begreifst und du dich immer noch umentscheiden kannst.«

»Aber ich will doch gar keine Sekretärin werden! Ich habe bereits einen guten Job.«, protestierte sie.

Schwer sog er die leicht abgestandene Luft des Zimmers in seine Lungen. »Wärst du mit mir zusammen, kämst du nicht um solche Abende herum.«

»Aber das stört mich nicht!«, preschte Sakura vor.

Wieder lächelte Sasori. »Noch nicht. Oder denkst du, dass du es ertragen könntest? Dass es deine Eifersucht zulässt?«

»Meine -? Warum willst du mich loswerden? Wenn ich dir so zuwider bin, dann wirf mich doch einfach raus!«, zischte sie.

»Ich schmeiße dich nicht raus. Nicht einmal, wenn das zwischen uns vorbei wäre. Es geht hier nicht um uns sondern um dich und mich im Einzelnen. Ich weiß, dass du mehr willst. Du weißt, dass du mehr willst.«

»Du willst, dass ich freiwillig gehe? Allmählich bekomme ich wirklich Kopfschmerzen!« Gefährlich pochte es bereits in ihren Schläfen.

Ein Knurren wallte in ihm auf. »Zum letzten Mal: Ich werfe dich nicht aus der Firma. Aber dir stehen so viele Möglichkeiten offen -«

»Redest du von dem, was Tsunade gesagt hat?« Ihre Zähne gruben sich zweifelnd in die Unterlippe.

»Möglich«, räumte er ein.

»Das ist lächerlich« Sakura schüttelte abermals den Kopf.

»Sie weiß, dass du mehr aus dir machen kannst. Und ich bin mir dessen bewusst. Nicht ohne Grund schwirrst du ständig in den Laboratorien herum. Warum hast du dich dann also für eine Bürotätigkeit entschieden, wenn du so viel Potenzial hast?« Allmählich war auch er mit seinem Latein am Ende.

»Du verwirrst mich!« Tief rang Sakura nach Atem. »Und dabei wollte ich einfach nur, dass wir zwei … Moment! Du überlässt mir die Wahl, habe ich Recht? Wenn ich sage, dass wir zusammen sind, dann gibt es Gerede und ich verpflichte mich, an deiner Seite zu sein. Das heißt, ich werde zu irgendwelchen Empfängen geschleift und würde dir irgendwann vorwerfen, mein Leben zu zerstören, weil ich mich für dich aufgebe?! Ist es das?«

Sasori schwieg. Der Groschen fiel auch bei Mädchen wie ihr, manchmal nur Pfennigweise.

»Und warum lässt du mich dann nicht einfach machen, was ich möchte? Ich könnte dich trotzdem zu diesen Veranstaltungen begleiten, und mich beruflich anderes arrangieren.«, bot Sakura an.

Wieder taxierte er sie. »Nein!«

»Na sieh mal einer an, wer hat jetzt an seiner Eifersucht zu knabbern?« Ihre Stichelei untermalte sie mit einem überheblichen Grinsen, doch seine Lippen blieben versiegelt.
 

Er strafte sie mit Schweigen, selbst dann noch, als sie im Badezimmer verschwand. Es nervte ihn gewaltig, und doch hatte er es auf diese Art der Konfrontation abgesehen. Es musste so kommen:

Sakura klammerte und ihm war es zuwider, seine Bedürfnisse hintanzustellen. Ihn langweilten Mädchen, die zwar vorzeigbaren waren, doch irgendwann wurde er ihnen überdrüssig. Solche Exemplare wollten irgendwann heiraten und stellten sich voll und ganz auf ihn ein. Sakura behielt Recht damit, wenn sie ihm zum Vorwurf machte, ungern die Schuld am vermasselten Leben anderer auf sich zu nehmen. Es war kompliziert und sehr verwirrend.

»Und wenn wir es einfach dabei belassen?« Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Sie stand vor ihm, aufreizend und nur in ein Handtuch gehüllt.

»Wobei?« Er dachte nicht einmal daran zu verhindern, dass sich seine Mundwinkel lüstern gen Norden hoben.

»Bei dem Unverfänglichen ...« Sie zuckte die schmalen Schultern, hielt jedoch krampfhaft bemüht den Knoten ihres Kleidchens zusammen.

»Das stehst du nicht durch. Es würde dich wahnsinnig machen, noch mehr, als jetzt.« Das Grinsen blieb an ihm haften.

»Ich würde es versuchen. Allerdings … müsste ich kündigen. Denn mit dir als meinen unmittelbaren Vorgesetzten und Boss eines riesigen Unternehmens, warten Versuchungen und Verachtung hinter jeder Ecke.« Ihrer Erklärung antwortete er mit einem verächtlichen Schnauben.

»Du würdest also einen Firmenwechsel vorziehen? Und wärst bereit, mir auf Abruf zur Verfügung zu stehen? Klingt ziemlich heikel und alles andere als moralisch vertretbar.« Sasori schüttelte den Kopf.

»Es wäre einfacher, und keine Affäre.«, räumte Sakura ein, gab ihm wenige Augenblicke Bedenkzeit, ehe sie fortfuhr: »Du sagst, ich soll mich nicht aufgeben, weil es gerade das ist, was dir an mir gefällt. Aber du hast Skrupel, wenn auch du etwas dafür tun musst? So ein Verhalten ist ziemlich veraltet und kindisch.«

Der Mann ihr gegenüber blieb ungerührt, lehnte sich zurück und schwang die Arme über die Rückenlehne des Sofas. »Verzeih mir, wenn ich dir Unrecht getan habe.«

Bellend lachte Sakura auf und schüttelte zugleich den Kopf. »Das fällt dir früh ein.«

Sasori neigte sein Haupt und betrachtete die Frau vor sich eingehend. »Zieh' dir etwas an. Wenn du so vor mir stehst, kann ich kein ernsthaftes Gespräch mit dir führen.«

Sakura verdrehte die Augen, seufzte und verschwand abermals im Badezimmer.

»Ist nur zu deinem Besten«, rief er ihr nach und fügte nuschelnd hinzu: »Mit einer Erkältung lässt sich schwer spielen.«
 

Er gab ihr nicht einmal Gelegenheit, sich zu bekleiden. Schnaufend und ermattet warf sie sich auf den Rücken und linste zu ihm auf.

»Wo waren wir stehengeblieben?«, ihre Worte waren nicht mehr ein Hauch.

Ein Schnalzen der Zunge folgte, ehe Sasori die Arme hinter dem Kopf verschränkte, den Blick jedoch stur nach vorn richtete. »Okay«

»Hm?«, verwirrt blinzelte sie und setzte sich auf. »Was meinst du mit 'Okay'?«

»Du und ich«, knurrte er.

»Dein Ernst?« Sakura unterzog ihn eines strengen, prüfenden Blickes. »Du willst also, dass ich kündige.«

»Nein«, zischte Sasori.

Sie schmälerte die Augen. »Nein?!«

»Nein, ich habe dich gern in meiner Nähe«, antwortete er.

»Du meinst, unter deiner Kontrolle!«, schnaubte sie und vernahm einen brummenden Laut. »So funktioniert das aber nicht. Du hast von Selbstverwirklichung gesprochen, und das klappt nur, wenn ich gehe.«

Tief zog er die Luft in seine Lungen. Es fiel ihm schwerer, als gedacht, die eigenen Vorschläge zu akzeptieren.

»Noch bin ich ja nicht weg, es sei denn, du feuerst mich wirklich ...« Sakura schenkte ihm ein Lächeln. Sein Blick traf sie mit ungerührter Härte.

»Ich werde bei Tsunade ein gutes Wort für dich einlegen«, erklärte er.

Sakura schürzte pikiert die Lippen. »Ich hatte nicht den Eindruck, dass ihr euch sonderlich zugetan seid.«

»Ich bin dir zugetan, reicht das nicht?!«, knurrte Sasori abermals. »Außerdem hätte sie mir dich gestern gern bereits abspenstig gemacht.«

»Du lässt mich also gehen?«, fragte sie lachend.

»Noch hast den Job nicht!« Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. Er löste die rechte Hand um seinen Fingern zu erlauben, die Weichheit ihres Gesichtes zu umschmeicheln. Jene Berührung nahm sie zum Anlass, sich an seine bloße Brust zu schmiegen, katzengleich, unbekümmert.

»Was mache ich eigentlich mit den Klamotten?« Zart und sanft bettete sie ihre Lippen auf seine erhitzte Haut.

»Behalten, was sonst?«, salopp entwich ihm jene Antwort.

Sakura hielt mit dem liebkosen seiner Brust inne. »Die sind viel zu teuer!«

Wieder folgte ein Zungeschnalzen. »Ich habe sie bezahlt. Du wirst sie behalten, genau wie alles andere auch!«

»Bist du verrückt?!«, zischte sie, sich gegen seine Anordnung wehrend.

»Wie alles andere und das noch folgende!«, gebot er ihr. »Ich lasse dich doch nicht zwei Mal mit dem selben Fummel auftreten!«

»Du bist ein echter Witzbold, ein Scherzkeks!«, neckte Sakura, weigerte sich jedoch weiterhin, seinen Worten Glauben zu schenken.

»Ich mache nie Scherze« Seine Lippen zierte ein Grinsen, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte und sie schlucken ließ.

Auch wenn sie sich gern dem hypnotisierenden Streicheln seiner Finger, die über ihren Rücken tänzelten, ergab, dem Hämmern ihres Herzens stand Sakura machtlos gegenüber. Hin- und Her, ein Für und Wider, das sorgsam abgewogen sein wollte. Ein Weg – der Altes weichen ließ. Eine Zukunft – ein Schritt, gewagt und doch beschlossen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SarahSunshine
2018-09-23T21:38:43+00:00 23.09.2018 23:38
Guten Abend meine Liebe,
ich möchte meinen Kommentar mit folgenden Worten beginnen: Die Geschichte war einfach viel zu schnell vorbei, was bei dieser Menge an Worten ein mega gutes Zeichen ist, das kann ich dir versprechen 😊

Ich liebe die Art wie du in die Geschichte einsteigst, deine Beschreibungen sind sehr poetisch und bildhaft und angehaucht von einer leichten Erotik. Es hat nur wenige Sekunden gedauert, bis ich mir die Szene vorstellen konnte und das finde ich großartig. Du erfasst Sakuras Gedanken hier wirklich schön, ebenso wie ihr leichtes Zögern und die distanzierte Art ihres Gastes. Der Einstieg ist einfach gelungen und ich finde die Nähe und gleichzeitig Distanz richtig spannend und prickelnd.

Die Beziehung zwischen Sakura und Ino hast du hier sehr gut eingefangen. Ihr Gespräch im Blumenladen hat mich immer wieder schmunzeln lassen – insbesondere der kleine Sidekick zu Naruto x Ino hat mich sehr glücklich gestimmt. Ich finde es schön, wie du es in dieser Szene schaffst, einen kleinen Einblick in das unperfekte Leben von Ino zu geben. Ich kann mir aber auch sehr gut vorstellen, dass Ino gerne erobert werden würde und deswegen auf einen Antrag von Naruto wartet. Das Gespräch so zu beenden fand ich auf jeden Fall sehr amüsant.

Den Namen der Firma habe ich ehrlich gesagt erst beim dritten Lesen so erkannt! Das finde ich echt super kreativ und witzig, eine tolle Idee. Was mir hier allerdings als erstes etwas negativ aufstößt ist die Redensweise, also dass Itachi kommt und einfach nur „Haruno“ sagt ohne jegliche Ansprachen. Das kenne ich aus der Praxis so ehrlich gesagt nicht, da man in jedem Land wohl eine Ansprache für Mitarbeiter verwendet. Und im Anschluss sagt er zu/über Sasori ja auch „Mister“, von daher kam mir das ein wenig komisch vor. In welchem Land spielt es denn eigentlich? Es klingt mehr nach Japan, da hätte man dann vermutlich eher „-san“ oder „-sama“ als Präfixe verwendet.
Jedenfalls finde ich es hier wieder sehr spannend, wie Sakura mit dieser Aufgabe überfallen wird, auch wenn ich mir Itachi in der Rolle etwas schwierig vorstellen konnte. Und mir gefällt es, wie du so gleichzeitig die Chance nutzt, einen kleinen Blick in Sakuras Vergangenheit und auf ihre Entwicklung zu werfen.
Ich finde es verblüffend wie erfrischend du den Arbeitsalltag der Chefsekretärinnen beschreibst. Obwohl das teilweise wirklich nur banale Tätigkeiten sind, war ich hier sofort wieder von deinem Schreibstil gefesselt. Dass du Karin hier ausgewählt hast und zwischen den beiden keine bittere Konkurrenz herrscht, finde ich ebenfalls sehr schön zu lesen.

Kommen wir zur Fahrstuhlszene. Ich muss ehrlich gestehen, am Anfang war ich ein bisschen verwirrt und konnte die Person nicht zuordnen. Da Itachi Anfangs zu ihr kam, hatte ich erst vermutet, dass vielleicht sogar Sasuke so eine Nummer im Fahrstuhl abzog, aber das hat nicht so recht zusammengepasst.
Aber ich finde, dass du Sakuras Nervosität und die Spannung (sogar ganz leicht erotisch angehaucht) hier sehr schön darstellst und das obwohl Sasori sich hier wieder unnahbar gibt. Hier hat mir ein bisschen das Vorstellungsvermögen für die Szene gefehlt, weil mir die Räumlichkeit etwas gefehlt hat. Stand er vor oder hinter oder neben ihr? Da sie den Knopf betätigt hat, dachte ich, dass sie eher vor ihm steht, aber dann geht er auf sie zu, also vermutlich eher neben ihr.
Das Ganze wird dann sehr schnell von seinem Kommentar abgekühlt. Insgesamt finde ich die Szene wirklich toll, nur ein paar Details hätten mir noch zur besseren Visualisierung geholfen. Wie Sakura ihre Beziehung bzw das Zustandekommen ihrer Techtelmechtel beschreibt finde ich sehr gut getroffen und das kann ich mir wieder recht gut vorstellen.

Ab da zieht das Pacing etwas an und Sakuras Gedanken rücken eher in den Hintergrund. Ich denke aber, dass das wohl menschlich ist, wenn man so überrumpelt wird und der eine das und der andere das von einem verlangt. Ich finde es super, dass Sakura Ino als mentale Unterstützung mit ins Boot nimmt und ich kann mir gut vorstellen, dass sie doch etwas neidisch ist bei all dem Schnick Schnack, der so um Sakura veranstaltet wird.
Dass sie so ein zwei Macken hat – also auf den Lippen rumbeißt – finde ich ziemlich süß und kann ich irgendwie auch verstehen. Jeder hat so seine eigene Art mit sowas umzugehen.

Mir gefällt besonders, wie viel Sasori nonverbal ausdrückt, sei es durch bloße Blicke oder Gesten. Es birgt eine gewisse Spannung, wenn er weniger redet und mehr handelt. So ist die Interaktion auch gleich viel knisternder. Das erkennt man auch sehr schön an seinem Aufritt, dass er Sakura aus dem Auto helfen will.
Wenn er redet, erweckt er auf mich tatsächlich einen ziemlich autoritären und bestimmenden Ton. Und ich finde es sehr interessant wie Sakura damit umgeht. Einerseits schluckt sie in bestimmten Situationen ja wirklich mal Dinge runter, aber andererseits kann ich mir auch gut vorstellen, dass sie ihm gerne Paroli bieten will.

Ich finde es gut, dass du den Abend nicht zu arg in die Länge ziehst und dich auf zwei bestimmte Begegnungen fokussierst, sonst wäre es vermutlich ein bisschen langweilig geworden. Umso besser für Sakura, dass sie sich dann auch endlich mal entspannen kann. Der nächste Sprung kommt dann wieder etwas schnell, da hätte ich mir noch eine Kleinigkeit gewünscht, insbesondere da du ja viel mit Blicken und Gesten arbeitest. Hier „schleicht“ Sakura sich nur zurück zu Sasori und dann kommt schon der Abgang, das fand ich etwas schnell.

Dass Sasori an ihrer Wohnung noch einmal auftaucht, hat mich natürlich grinsen lassen, auch wenn ich die vorherige Reaktion genauso wenig deuten konnte wie Sakura. Ich mag die Nähe, die sie ab da teilen und die Art wie er mit ihr redet. Allerdings verstehe ich die plötzliche Zurückhaltung nicht, wo er doch sonst scheinbar auch ein Bett mit ihr teilt (oder zumindest für eine gewisse Zeit).

Das Gespräch am nächsten Morgen fand ich ein bisschen konfus und ich komme leider nicht um das Gefühl herum, dass du die Geschichte gerne nur noch beenden wolltest. Zeitweise ist es mir schwergefallen, den Dialogen so richtig zu folgen. Ich kann Sakuras Ausbruch nachvollziehen, aber Sasoris Argumente nicht. Am Anfang der Geschichte hatte Sakura zum Beispiel kein wirkliches Ziel und schien mit ihrem, sie scheinbar zu unterfordernden, Job irgendwie zufrieden zu sein. Es wird für mich zwar schlüssig, als er ihr erklärt, dass er ihr mit diesem Abend einen Einblick in seine Welt zu verschaffen, aber der vorherigen Argumentation kann ich nicht richtig folgen. Es geht zum Beispiel auch nicht hervor, ob sie ihren Job wegen ihm angenommen hat oder ob sie ihn erst danach angenommen hat und deswegen so stagniert hat.
Der plötzliche Sprung auf Sasoris Gedankenwelt hat mich auch ein wenig verwirrt, weil der Fokus sonst eben auf Sakura lag und auf der Interaktion.

Der Anfang des letzten Absatzes ist wieder etwas plötzlich. Eben ist sie noch im Badezimmer und plötzlich liegt sie wo? Unter oder neben ihm? Hatten sie jetzt Sex oder nicht? Da fehlt mir irgendwie wieder der Übergang.
Die Auflösung des Problems scheint ja relativ einfach, ein Ausblick auf die Zukunft ist dennoch ungewiss. Mir hat die Geschichte wirklich gut gefallen und du hast mich damit in deinen Bann gezogen. Das Ende wirkte noch nicht so ganz rund und etwas abgehetzt, hattest du vielleicht zum Schluss wirklich den Wunsch es nur noch zu beenden? Das würde ich dir nicht verübeln, das kenne ich von mir selber.

Formal gibt es ein paar Kleinigkeiten, die mir neben Tippfehlern aufgefallen sind.
Bei der wörtlichen Rede machst du es sehr oft, dass etwas gesagt wird „…“ und du dann einfach weiterschreibst, obwohl die wörtliche Rede für sich als Satz steht und der folgende Satz dann neu anfängt. Also du setzt keinen Punkt und schreibst einfach weiter, obwohl der Satz nicht weitergeht. Zeitweise hast du dann einen Punkt bei der wörtlichen Rede gesetzt, wo keiner hinkäme, weil die wörtliche Rede mit einem Komma zum restlichen Satz dazugehört.
Du hast öfter mal Aussagen mit einem Ausrufezeichen beendet, da hatte ich irgendwie immer im Kopf, dass die Person schreit.. war dann immer eine komische Vorstellung.
Und was ich bereits weiter oben angesprochen habe: Die Ansprache lediglich mit dem Nachnamen. Teilweise nicht mal mit einem Artikel davor. Das gefällt mir persönlich einfach nicht und klingt in den meisten Fällen auch nicht so schön. Wenn es in Amerika spielt, würde sich eine englische Ansprache anbieten, im Japanischen eben die entsprechenden Endungen.

Ich hoffe du nimmst mir die geäußerte Kritik nicht böse. Ich freue mich trotzdem riesig über diese Geschichte. Für dein erstes AU ist sie super umgesetzt und ich mag die Dynamik zwischen Sakura und Sasori sehr. Auch die Länge war einfach unglaublich und dein Schreibstil ist echt sehr sehr angenehm zu lesen gewesen! Also noch einmal vielen Dank für dieses Werk.

Liebste Grüße
Sarah

Antwort von: irish_shamrock
24.09.2018 18:21
Hallo Sarah,

hab vielen Dank für deinen sehr ausführlichen Kommentar.
Vielleicht hätte ich etwas behutsamer vorgehen sollen, was das „Betteln“ nach deiner Meinung betrifft. Allerdings habe ich schon einmal 2 ½ Jahre auf einen Kommentar von einem Wichtelkind warten müssen, und ich kann nicht sagen, ob sie einfach keine Lust hatte, oder eine Menge um die Ohren ect.pp … Aber gebranntes Kind scheut Feuer ...
Es tut mir leid, aber ich hätte mich spätestens am o6. Oktober dann definitiv bemerkbar gemacht, denn ich bin der Ansicht, dass es, wenn nichts Gravierendes dazwischen kommt (Todesfall, Krankheit …), innerhalb eines Monats möglich ist, etwas zum Geschriebenen zu sagen, ganz gleich, ob es gefällt, oder nicht.
Und manchmal ich bin leider nicht der „stupser-Typ“, der sich vorsichtig erkundigt.

Wie dem auch sei:
Dein Kommentar ist ja beinahe so lang, wie meine Geschichte :) …
Und ich nehme deine Kritik natürlich zur Kenntnis und gebe dir Recht, dass nachher einfach irgendwann die Luft raus war. Dass das so sehr durchkommt, war mir beim mehrfachen Lesen gar nicht klar :( … Auch, was so manche Beschreibungen an Situationen betrifft (Fahrstuhlszene) …
Was die wörtliche Rede anbelangt:
Du legst den Finger genau in die Wunde, denn Grammatik (+ Rechtschreibung … das Übliche …) ist absolut nicht meine Stärke. Und selbst wenn ich meine Geschichten mit einem Haufen Dialoge spicke, grüble ich beinahe immer bei jedem Satz: „Stimmt das jetzt so? Ist es so richtig? – Gerade, was die Zeichensetzung betrifft.
Leider orientiere ich mich dabei oft an Büchern/Schmökern, und natürlich ist nicht immer jedes Buch, was die wR + Sz betrifft, gleich, sodass ich häufig ins Schwimmen gerate oder letztendlich total durch den Wind bin. (Damals, mit fast 20 Jahren, von einer 12-13 Jährigen massiv runtergeputzt zu werden, hat mir schon gereicht)
Dass die Charaktere schreien, wenn es gar nicht nötig ist, bzw. es sich nicht aus dem Kontext erschließt, ist dann wirklich ein Fehler meinerseits, den ich natürlich nicht beabsichtige.
Wenn du vielleicht eine Lösung/Schaubild für mich hättest, wie ich innerhalb der wörtlichen Rede besser zurecht komme, dann wäre ich dir sehr, sehr dankbar ~♥

Es ist vollkommen in Ordnung und berechtigt, dass du deine Meinung äußerst, denn es bringt nichts, dem Schreiber „den Arsch zu pudern“, wenn einem das Offensichtliche so ins Auge springt. Deshalb nochmals vielen Dank für deine Worte :) …

Liebe Grüße,
irish C:
Von:  lovebob
2018-09-11T22:36:16+00:00 12.09.2018 00:36
Richtig tolle Geschichte,ich liebe sasosaku kannst du noch mehr solche geschichten machen.
schöne güße lovebob
Antwort von: irish_shamrock
12.09.2018 05:33
Hallo :) ...
vielen Dank für deinen Kommentar ...
Mal sehen ^^° ...
Von:  emymoritz
2018-09-08T09:26:55+00:00 08.09.2018 11:26
Nice
Antwort von: irish_shamrock
08.09.2018 13:13
Danke :)
Von:  SarahSunshine
2018-09-06T13:26:41+00:00 06.09.2018 15:26
So ich bin durch mit dem ersten Lesen und möchte mich noch einmal bedanken für dieses tolle Geschenk ♡ einen ausführlichen Kommentar werde ich dir aber in den nächsten Tagen auch noch schreiben :)
Antwort von: irish_shamrock
06.09.2018 16:32
Bitte, bitte :') ... nur keinen Stress, genieß' erst einmal deinen Geburtstag~♥


Zurück