Im Leben meiner Schwester von Kittykate ================================================================================ Kapitel 5: Heimreise -------------------- Die gesamte Woche verging dann doch wie im Fluge. Shiho war dankbar als der letzte Tag anbrach. Sie war alleine im Zimmer und packte ihre Tasche. Heute ging es zurück nach Tokio, in ihre alte und nun auch wieder neue Heimat. Im Laufe der Woche erhielt Shiho die Zusage per Email, das sie bis zu ihrem Schulabschluss in einem Wohnheim unterkäme. Endlich hatte sie ein festes Dach über den Kopf. Das Kazuha, Aoko und Ran während der Woche nicht oft im Zimmer waren störte sie nicht. Die drei kicherten ihr eindeutig zu viel. Man konnte fast meinen sie wären noch Kleinkinder und keine Oberschüler. Shiho genoss die Ruhe im Laufe der Woche und konnte so auch ungestört ihr Vorgehen planen. Nun packte sie die letzten Sachen in die Tasche und ließ den Blick durch das leere Zimmer gleiten. Die anderen drei wollten noch ein Abschiedseis in der Stadt essen gehen. Diese Einladung hatte Shiho dankend abgelehnt. Es würde ihr schon reichen mit Ran die Heimfahrt nach Tokio antreten zu müssen. Die Oberschülerin konnte es nicht wissen, aber Shiho hat sie bei der Ankunft schon gesehen. Ran saß einige Sitzreihen hinter ihr im Bus. Sie verschloss ihre Tasche und dann verließ sie das Zimmer um im Schulhof auf ihren Bus zu warten. Kazuha, Aoko und Ran saßen bereits mit gepackten Koffern in der Stadt in einem Friseursalon. Alle drei blickten mit großen Augen in den Spiegel und konnten gar nicht glauben was sie sahen. Die beiden glichen sich wirklich wie ein Ei dem anderen – zum verwechseln ähnlich. „Faszinierend!“ Kazuha fand als erstes ihre Sprache wieder. „Jetzt solltet ihr nur aufpassen, das Shiho euch nicht mehr zusammen sieht. Sonst könnte das Spiel schneller zu Ende sein, als es begonnen hat.“ „Du sagst Heiji nichts hiervon?“, versicherte sich Ran nochmal. Ihre Augen hingen an ihrem Spiegelbild. Sie hatte es wirklich getan. Ihre Haare waren gekürzt. Sie reichten ihr gerade noch so bis zum Kinn. Ein Kurzhaarschnitt, den sie zuletzt als kleines Kind hatte. Die Reste der langen Haare, welche ihr über den Rücken gefallen sind lagen auf dem Boden verstreut und sie weinte ihnen nach. „Ich schwöre es euch. Heiji wird hiervon nichts erfahren. Er würde es sofort Shinichi erzählen. Aber glaubt ihr wirklich das ihr die Jungs so täuschen könnt? Und seid ihr euch wirklich sicher es durchzuziehen? Sind euch auch die mögliche Konsequenzen klar?“ „Es geht nicht darum jemanden mutwillig zu täuschen“, mischte Aoko selbstbewusst ein. Ihr Entschluss stand fest. Auch wenn es letztendlich Kazuhas Idee war, so war sie sofort Feuer und Flamme dabei. Die ganze Woche, die vielen Diskussionen, der rege Austausch und das gegenseitige Mimen, die Angst auch nur irgendein aberwitziges, klitzekleines Detail vergessen zu haben, all das soll jetzt nicht umsonst gewesen sein. „Ich möchte nur meine Mutter kennen lernen.“ Stur blickte sie in den Spiegel und ließ den Anblick ihres Gesichtes umrandet von kinnlangen Haaren, die sie sich wie Ran ebenso hat schneiden lassen, wirken. „Und ich meinen Vater“, stimmte Ran zu und legte ihre Hand auf Aokos. „Und wenn es zu heiß wird tauschen wir wieder, schließlich wohnen wir in der selben Stadt.“ Beide Mädchen lächelten sich zuversichtlich an. Sie bezahlten und verließen mit Kazuha den Friseursalon. „Du musst jetzt zum Bus“, sagte Aoko, die Rans Kleidung trug und von Ran den Rucksack und Koffer überreicht bekam. Sie hingegen drückte Ran einen Zettel in die Hand, dann ihre Tasche. „Das ist meine Adresse. Papa ist bestimmt noch in der Arbeit. Bereite einfach ein Abendessen zu. Papa und Kaito werden um sieben zuhause ankommen“, bereitete Aoko ihre Schwester auf die Ankunft zuhause vor. Sie wollte keine Zweifel aufkommen lassen. Eine Woche lang haben sie sich über alles ausgetauscht und versucht sich gegenseitig zu mimen. Es würde schon klappen. „Du schaffst das“, sprach sie mehr sich als Ran Mut zu. Ran nickte. „Du schaffst das auch. Wir halten Kontakt. Das wird schon schiefgehen“, grinste sie. Dennoch war sich Ran auch nicht sicher. Auch sie reichte ihrer Schwester eine kleine Notiz. „Hier ist meine Adresse.“ Aoko nickte und beide umarmten sich fest. Dann umarmte Ran Kazuha und winkte zum Abschied. Sie nahm sich Aokos Tasche und eilte zurück zur Schule um ihren Bus zu erreichen. Aoko und Kazuha blickten ihr nach, dann gingen sie selbst zurück zur Schule. Shiho war noch auf dem Schulgelände und es war sicher das sie beide mit dem selben Bus fuhren. Nun hieß es überzeugend zu sein und nicht schon vorab aufzufliegen. Somit wartete Aoko bis Shiho saß und der Bus gut gefüllt war. Als der letzte Schüler eingestiegen ist, drehte sie sich Kazuha um und umarmte sie. „Schön dich kennengelernt zu haben. Bis bald“, verabschiedete sich Aoko. „Wir sehen uns bald“, antwortete Kazuha. „Viel Glück“, flüsterte sie noch. Dann stieg Aoko in den Bus und fand einen Platz weit hinter Shiho. Die erste Hürde war geschafft. Die nächste wäre dann auf Shiho in der Schule zu treffen. Zum Glück hatte sie noch das Wochenende um sich darauf vorbereiten zu können. *** *** Ran stieg aus dem Bus und ging durch die Straßen. Eine nette Wohnsiedlung mit vielen Einfamilienhäuser. Sie schaute auf ihren Zettel und verglich die Notiz mit der Anschrift des Hauses. Sie stand vor einem kleinen Häuschen mit hübschem Vorgarten. Zögernd trat sie durch das Tor, zog den Schlüsselbund hervor und sperrte die Türe auf. Sie würde vorerst alleine seine. Da bot sich die Gelegenheit sich einmal umzusehen, wie Aoko und Papa denn so lebten. Im Flur zog sie ihre Schuhe aus und ließ die Tasche stehen. Im Erdgeschoss befanden sich ein Gästebad, die Küche und das Wohnzimmer. Alles war ordentlich aufgeräumt. Sie folgte dem Weg die Treppe hinauf und öffnete eine Zimmertüre. Ein großes Bett stand darin und eine riesige Schrankwand. Sie schloss das Schlafzimmer wieder und ging zur gegenüberliegenden Türe. Die Nachmittagssonne schien durch die große Glasfront und hüllte das Zimmer ihrer Schwester in warme Töne. Das Zimmer beinhaltete in ihren Augen etwas zu viel Kitsch, dennoch fühlte sie sich hier wohl. Überrascht fiel ihr Blick auf den großen Balkon. Sie öffnete die Türe und trat hinaus in die Sonne. Ihr Blick schweifte über das Grundstück. Einen schmalen Teil des Gartens konnte sie von hier aus sehen. Dann fiel ihr Blick auf das Nachbargrundstück gegenüber. Auch dort öffnete sich nun eine Türe und ein Junge in ihrem Alter trat auf seinen Balkon. „Na, Ahoko, wieder zurück?“ Das musste dann wohl Kaito sein. Und Aoko hatte nicht übertrieben, Er ärgerte sie ja wirklich sofort. „Ja, Baka, aber dich hab ich nicht vermisst“, stichelte Ran und hoffte im Ansatz die Art ihrer Schwester zu treffen. Kaito stutzte, blickte sie aus tiefblauen Augen an. Sie hatte gehofft sich noch etwas auf eine Begegnung mit ihm vorbereiten zu können. Immerhin kannte Kaito Aoko am längsten. „Was du nicht sagst“, grinste er plötzlich süffisant. „Du hast mir auch nicht gefehlt. Ich konnte jeden Tag ausschlafen, mit den Jungs abhängen und hatte endlich mal richtig Ruhe. Zu schade das die Woche schon um ist.“ „War mir klar, das du in den Ferien zum Faultier mutierst, wenn ich mich deiner nicht annehme.“ Die beiden blickten sich an und Ran klopfte sich innerlich auf die Schulter. Sie hatte ihre erste Bewährungsprobe scheinbar geschafft. „Ich muss jetzt Essen kochen, sonst gibt es nachher nichts.“ Mit diesen Worten drehte Ran sich um und kehrte ins Zimmer zurück. Bevor sie die Türe schließen konnte, hörte sie Kaito sagen: „Die kurzen Haare stehen dir, auch wenn ich nicht verstehe warum du deine schönen Haare hast abschneiden lassen.“ Sie blickte über ihre Schulter zurück, ein zartes aber aufrichtiges Lächeln lag auf seinen Lippen, ehe er zum Abschied die Hand hob und in sein Zimmer verschwand. Ran tat es ihm gleich, schloss die Türe und ging in die Küche um Essen zu kochen. *** *** Aoko stieg aus dem Bus aus und traf nochmal auf Shiho. „Wir sehen uns Montag in der Schule.“ Shiho nickte ihr zu, auch wenn ihre Augen Skepsis zeigten. „Schönes Wochenende.“ Die Mädchen trennten sich und Aoko folgte der Adresse von Ran und zog den Koffer hinter sich durch die Straßen. Der Rucksack hing ihr über den Rücken. An einer sehr belebten Straße fand sie die Detektei Mori. Rans Stiefvater war ein Privatdetektiv. Die meiste Zeit kümmerte sich dieser um Ran, weil ihre Mutter viel beruflich unterwegs war. Sie zog den Schlüsselbund hervor, trat an der Detektei vorbei zu einem Seiteneingang. Wenig später folgte sie die Treppe hinauf zu einer Wohnung über dem Laden. Sie sperrte mit zittrigen Fingern auf und betrat die großzügige, helle und freundliche Wohnung. „Ran, Mausebein, bist du das?“, lallte eine Stimme ihr entgegen. „Ja, ich bin zuhause“, antwortete Aoko zögerlich und trat nun ganz ein. Das musste dann wohl Kogoro sein, ihr Stiefvater. Sie schloss die Türe, stellte den Koffer an einer Treppe, die in ein Obergeschoss führte, und folgte ins geräumige Wohnzimmer. Auf dem Wohnzimmertisch standen zwölf geleerte Flaschen Bier. Aoko fragte sich ob er diese heute getrunken hatte oder ob er einfach nur nicht fähig war die Flaschen zu entsorgen. Scheinbar war ihre Mutter in der letzten Woche auch nicht oft zuhause gewesen. Dann fiel ihr Blick auf eine leblos wirkende Gestalt, die halb sitzend halb liegend auf der Couch lümmelte. Dieser Mann, mit einem Schnurrbart und kurzen schwarzen Haaren, war sturzbetrunken. „Wo ist Mama?“ „Frag mich nicht. Irgendwo in Hokkaido vor Gericht. Sie kommt aber heute wieder nach Hause.“ Aoko konnte das alles gar nicht mit ansehen. Schon ging sie zum Tisch und räumte die leeren Flaschen weg. Dann entdeckte sie verschiedene Fastfood-Behälter, die auf dem Boden um die Couch herum verstreut lagen. Auch hier packte Aoko diese zusammen und warf sie in den Müll, den sie in der Küche unter dem Spülbecken fand. „Wie war's im Englischcamp?“ „Ganz gut!“ „Eri hat mir gesagt, das dieser Lümmel dich eingeladen hat ihn in in den Urlaub zu begleiten.“ Aoko wusste im ersten Moment nicht wovon ihr Stiefvater sprach, doch dann fiel es ihr ein. „Shinichi ist kein Lümmel. Er ist mein bester Freund und er war lange nicht mehr hier.“ „Ich weiß, ich weiß“, winkte Kogoro volltrunken ab. „Dennoch sehe ich dich nicht gerne in seiner Nähe.“ Plötzlich fiel die Türe ins Schloss. „Ran, Schätzchen du bist zurück.“ Im nächsten Moment fand sich Aoko in einer festen Umarmung ihrer Mutter wieder. Sie spürte die Wärme um sich herum, atmete den Duft des Parfüms tief ein und klammerte sich glücklich an sie. Ihre Mama. „Zur Feier des Tages koch ich uns etwas feines.“ Aoko hingegen, die Rans Warnung bezüglich der Kochkünste ihrer Mutter noch zu gut in Erinnerung hatte, musste ihr diese Idee ausreden. „Was gibt’s denn zu feiern?“ Eri löste sich von ihrer Tochter und die blauen Augen hinter der eckigen Brille begannen zu strahlen. „Ich habe es geschafft und meinen Fall gewonnen. Zuerst dachte ich das ich keine Chance habe, der Richter hasst mich, aber dann hab ich sie alle überzeugt und mein Kunde ist fein raus aus. Die Gegner bleiben sogar auf den Gerichtskosten sitzen. Ein Erfolg auf ganzer Linie.“ Aoko bewunderte diese Frau, dieses Selbstbewusstsein, das Strahlen, die Aura. Sie lächelte. „Na, dann lass mich für uns kochen. Du kannst dich erst mal frisch machen und...“, sie betrachtete das Business-Kostüm. „... umziehen.“ „Ran, Schatz, danke“, küsste Eri Aoko auf die Wange. „Übrigens die kurzen Haare stehen dir hervorragend!“ Und schon verschwand mit sie samt ihrem Koffer im Schlafzimmer. Nicht aber zuvor noch einen Blick auf Kogoro zu werfen. „Hast du wieder getrunken?“ Ihre Stimme plötzlich streng und unnahbar. Aoko nahm den Stimmungswechsel sehr wohl wahr. Doch dann suchte sie die Küche und begann sich daran ein Essen zuzubereiten. *** *** Ran stellte gerade einen Topf mit Wasser auf den Herd und schaltete diesen an, als die Haustüre ins Schloss fiel. „Aoko, ich bin schon zuhause. Heute feiere ich Überstunden ab.“ Drang eine dunkle Männerstimme durch das Haus. Ran lief ein Schauder über den Rücken. Gleich würde sie ihrem Vater gegenüberstehen. Vor Aufregung begann sie zu zittern. „Hi Paps, ich bin in der Küche!“ Im nächsten Moment trat Ginzo Nakamori ein, strahlte seine Tochter an und krempelte sich bereits die Hemdärmel hoch. „Dann lass mich dir mal helfen. Wir haben lange nicht mehr zusammen gekocht.“ Ran hingegen erschrak. Er sah müde aus, hatte tiefe Augenringen, sein Gesicht war auch ganz blass. „Paps, was ist passiert?“ Ginzo winkte ab. „Es sieht schlimmer aus als es ist. Kid hat letzte Woche jede Nacht zu geschlagen. Durch den ganzen Papierkram und die Aufarbeitung sowie die Vorbereitung von einem zum nächsten Coup hab ich mir ein Lager im Revier eingerichtet. Aber jetzt habe ich das restliche Wochenende frei. Ich muss erst am Montag wieder rein, denn leider hat er sich für den Abend schon wieder angekündigt. Aber was hältst du davon wenn wir morgen einen Ausflug machen? Nur wir beide – Vater und Tochter.“ „Das wäre schön, Paps“, stimmte Ran lächelnd zu. Aoko hatte erzählt, das ihr Vater nie Zeit für sie hatte und immer auf der Arbeit war. Zu schade das sie selbst nicht hier war um die Erfüllung diesen Wunsch selbst zu erleben. „Du hast dir die Haare schneiden lassen?“, stellte Ginzo fest, kümmerte sich aber schon wieder um das Essen. „Ja“, antwortete Ran. „Hübsch.“ „Danke, Paps.“ Kurz bevor das Essen fertig war klingelte es an der Türe. Ran ging um zu öffnen und stand vor Kaito, der sie doch um einen ganzen Kopf überragte. Seine Augen betrachteten sie wieder skeptisch, doch dann grinste er. „An deinen Haarschnitt muss ich mich echt gewöhnen.“ Schon schob er sich an ihr vorbei und ging in die Küche. Ran hingegen blieb wie erstarrt stehen. Sie glaubte für wenige Sekunden aufgeflogen zu sein. Überaus erleichtert das es noch nicht so war, schloss sie die Türe, atmete tief durch und folgte dann Aokos besten Freund. Gemeinsam setzten sich alle an den Esstisch und Ran berichtete vom Englischcamp, ihr Vater von den Kid-Fällen und Kaito von seiner Woche, während er immer wieder in ihre Richtung stichelte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)