Zwei Seiten einer Medaille von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 21: ------------ Okay, in Sachen anprobieren, verwerfen, kaufen und Zeit in der Umkleide verbringe, da stand Alexy meiner Schwester wirklich in nichts nach und mir tat Armin fast ein wenig Leid, als er immer mal wieder ein Outfit in die Hand gedrückt bekam. Manche Kombi sah wirklich nicht schlecht aus. Andere dagegen wirkten schon fast lächerlich. Er ließ sich sogar zu einem Kauf überreden, wobei man deutlich sah, dass er das Geld lieber in etwas anderes investiert hätte. Alexy schien sein ganzes Taschengeld auf den Kopf zu hauen, während ich selbst abwinkte. Ich brauchte keine neue Kleidung. Bis auf ein einziges Mal hatte es Alexy auch immer akzeptiert, doch ein Outfit musste ich dann probieren und ich konnte nicht leugnen, dass es mir stand. Es war ein weißes Shirt mit schwarzes Jeans und einer ebenfalls schwarzen Lederjacke, die mich breiter machte. Ich wusste nicht, was es war, doch irgendwie fühlte ich mich stärker in dieser Kombination. Unbewusst streckte ich meine Brust raus und meinen Rücken wieder durch. Seit langer Zeit stand ich mal wieder in voller Größe da. Ich fühlte mich endlich wieder wichtig. „Also, wenn du es dir nicht kaufst, dann schenk ich es dir. Das musst du fast nehmen.“ Alexy lächelte mich leicht an und auch Tayaka war davon begeistert. „Da würde ich sogar mitzahlen.“ Ihre Reaktion verwunderte mich ein wenig und auch wenn ich nicht vorhatte mein Geld für Kleidung auszugeben. So musste ich ihnen dennoch Recht geben. Daher hatte auch ich mir etwas gegönnt. Schließlich saßen wir in einem kleinen Café und ruhten uns aus. Alexy hatte uns in wirklich viele Geschäfte gezerrt. Da stand er meiner Schwester definitiv in nichts nach. Aber auch wenn er gute sechs Tüten zu tragen hatte, drückte er weder Tayaka noch mir eine aufs Auge. Seine Beute schleppte er ganz alleine durch die Stadt. Von der ich aktuell fast nur das Innenleben aller Modegeschäfte gesehen hatte, als irgendetwas anderes. Aber vielleicht war das gar nicht so falsch. Desto weniger ich mich auf der Straße aufhielt, umso geringer war die Chance, dass mich die Polizei finden könnte. Vor allem wenn sie wirklich schon nach mir suchte. Wir unterhielten uns an sich über Belangloses. Ab und an über das Spiel, dann wiederum über die Schule. Kurz sogar über unsere Eltern, aber die Zwei akzeptierten es, dass ich abblockte. Es war kein gutes Thema für mich. Würde es wohl niemals werden. Ich erfuhr, dass sie adoptiert waren. Aber genaueres wussten sie selbst nicht. Nur dass ihre Eltern gestorben sind. Als wir kurz davor waren wieder zu gehen, erhob sich Tayaka und entschuldigte sich kurz: „Ich muss mal wohin. Bin gleich wieder da.“ Er lächelte kurz und war dann auch schon verschwunden. Ich selbst wusste jetzt nicht, wie ich mit Alexy umgehen sollte. Dieser grinste mich an und spielte mit dem Strohhalm von seinem Milchkaffee. Er schien auf irgendetwas zu warten und ich wusste nicht, was es war. Der Wunsch jemand anderes oder gar woanders zu sein wurde immer präsenter desto länger er mich ansah. „Du und dieser Luzifer. Es ist also kompliziert. Willst du darüber reden?“ Ich sah ihn kurz überrascht an. Warum nahm er gerade dieses Thema? Wir könnten uns doch auch über das Wetter unterhalten oder über die Leute, die an uns vorbeigingen. „Ich glaube, dass ich diese Komplikation durchaus kenne.“ Er ließ nicht locker und ich spürte, wie der Wunsch, dass er etwas anderes sagen würde, stärker wurde. Mit jedem weiteren Wort, das aus seinem Mund kam. Ich wollte darüber nicht reden. An sich habe ich ja noch nicht einmal für mich selbst darüber nachgedacht. Ich wusste nicht, was dieser Abend bedeutete. Diese kurzen Zärtlichkeiten im Park. Das lange miteinander Spielen. Ich... ich wollte darüber noch nicht nachdenken. „Armin hat mir erzählt, dass du hierher gekommen bist, weil du Stress mit deinen Vater hast. Ist dieser Luzifer daran schuld?“ Alexy stoppte nicht, doch sein Lächeln hatte sich verändert. Es wurde einfühlend schon fast mitfühlend. „Als ich damals erkannt habe, dass mich Jungs mehr interessieren als Mädchen hatte ich am Anfang ein wenig Angst es irgendwem zu sagen. Doch meine Eltern waren sehr verständnisvoll und auch Armin hat mich immer unterstützt. Ich weiß, dass ich da Glück hatte. Dies ist nicht selbstverständlich.“ Warum hörte er nicht auf zu reden? Ich wollte darüber nicht nachdenken. All das war niemals geschehen. Wir hatten keine Zukunft, also war es auch egal, was dieser Ausrutscher zu bedeuten hatte. Es würde eh nie wieder passieren. „Ich hab da auch andere Sachen erfahren. Von anderen Jungs, denen es genauso geht wie uns. Vielleicht redest du es dir immer wieder ein. Aber es ist nicht okay. Egal, was dein Vater tut und sei es nur, dass er dich anschreit deswegen. Es ist nicht okay.“ Alexy war die ganze Zeit so spaßig und fröhlich. Jetzt wirkte er auf einmal ernst und ich fand meine Stimme immer noch nicht. Ich konnte nur zuhören und merken, wie seine Worte etwas in mir erreichten. Ohne es wirklich zu merken, klammerten sich meine Hände an meine Unterarme und ich starrte auf die Tischplatte vor mir. Unfähig seien Worten zu entkommen oder sie gar zu stoppen. „Wir können nicht ändern, wen wir lieben oder begehren. Egal, wie sehr es sich manche vielleicht wünschen würde.“ Ich spürte, dass Alexy noch etwas sagen wollte, doch dann kam Tayaka zurück und er verstummte. Etwas, was ihm irgendwie nicht ähnlich sah, doch ich dankte ihm in Gedanken für diese Diskretion. Auch wenn Tayaka vielleicht eh auch schon eine Vermutung hatte. Es gefiel mir nicht, dass meine Probleme für die Zwei so offensichtlich waren. Aber es war nun einmal so und konnte jetzt nicht mehr geändert werden. „Na? Habt ihr euch nett unterhalten?“ Tayaka nahm wieder Platz und winkte dann den Kellner zu uns um zu zahlen. „Ja, haben wir.“ Alexy strahlte wieder so, wie ich es von ihm gewohnt war und nur kurz sah ich ihn irritiert an, bevor ich dann kurz seufzte. Dieser Kerl log gerade eiskalt seinen Bruder an. Wir haben uns nicht unterhalten. Er hat gesprochen und ich war überfordert. Aber gut. Das sollte nicht mein Problem sein. „Willst du dann noch irgendwo hin oder wollen wir nach Hause gehen?“ Man merkte deutlich, dass Tayaka an sich keine Lust mehr hatte hier zu sein, doch Alexy grinste ihn wieder breit an. „Ich wäre soweit fertig. Aber eigentlich dachte ich mir, dass wir noch kurz in den Spieleladen schauen. Damit du auch auf deine Kosten kommst. Nathaniel? Willst du auch noch irgendwohin? Hast du einen bevorzugten Ladentyp, den du gerne aufsuchst? Du sollst ja auch auf deine Kosten kommen.“ Als Alexy von dem Spieleladen sprach, hellte sich Tayakas Gesicht fast schlagartig auf, was mich leicht schmunzeln ließ. Ich selbst entspannte mich auch langsam wieder und war ein wenig überrascht, als mich Alexy nach meinen bevorzugten Geschäft fragte. „Ähm? Ich gehe gerne in Buchläden. Aber das muss jetzt nicht sein. Ich habe noch genug zum Lesen.“ Ich winkte ab, doch Alexy lachte nur auf. „Ich hab auch genug Klamotten. Dennoch gehe ich gerne welche einkaufen. Einfach mal stöbern und schauen, was der Markt zu bieten hat. Wir haben da auch etwas ganz schönes für dich.“ Er legte mir dabei freundschaftlich den Arm um die Schultern, doch ich konnte nicht verhindern, dass ich mich verkrampfte und schließlich aus dieser Berührung raus schlüpfte. Sie war mir unangenehm. Kurz musste ich an Luzifer denken. Er kam mir bei unserem Treffen auch so nah, doch da war es okay für mich. Gut, ihn kannte ich doch länger als Alexy jetzt. Daran musste es liegen. Ganz bestimmt. „Na gut, dann lasst uns aufbrechen.“ Alexy wirkte nur kurz bedrückt von meiner Flucht, bevor er dann kurz in die Hände klatschte und aufstand. Tayaka und ich folgten seinem Beispiel, als der Kellner das Geld entgegen nahm und wir machten uns auf den Weg in die besagten Läden. Es sollte ein freier Nachmittag werden. Wir lachten und es fühlte sich gut an. Hier zu sein. Bei diesen Zwei, die sich so unglaublich ergänzte, aber dann doch wieder gänzlich verschieden waren. Warum konnten Amber und ich nicht so sein? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)