VITANI von brightest-star (Die Geschichte der Schattenlöwin) ================================================================================ Kapitel 9: Konfrontation ------------------------ Scar war auf der Suche nach seiner Tochter. Immer wieder blickte er sich um, seine grünen Augen wanderten über die Savanne. Auf einmal sah er das helle Fell von Vitani aufblitzen. Seine Tochter rannte durch das Geweihte Land und blickte sich immer wieder nach hinten um, als würde sie jemand verfolgen. Hinter ihr lief eine cremefarbene Löwin, mit langen Sprüngen jagte sie hinter Vitani her. Ein leises Knurren entwich Scars Kehle. Er begann zu rennen, um die Löwin aufzuhalten, bevor sie Vitani erreichen konnte. Nala hatte inzwischen aufgeholt und lief nun eine Schwanzlänge hinter ihr. Keuchend rannte Vitani eine Steigung hinauf, aber auf einmal hörte diese abrupt auf. Sie kugelte hinab und blieb dort benommen liegen. Auch Scar bemerkte, dass seine Tochter nun wehrlos war. Er steigerte das Tempo noch mehr und fletschte die Zähne. Das einzige, was er jetzt noch verspürte, war sein Beschützerinstinkt und der unbändige Wille, seine kleine Löwin zu verteidigen. Gerade als Nala an der Steigung ankam, sprang Scar sie von der Seite an und warf sie zu Boden. Doch so leicht gab sie sich nicht geschlagen! Die Löwin holte mit der Pfote aus und schlug Scar ihre Krallen ins Gesicht. Er brüllte, als sie sich geschickt aus seinem Griff entwand und sich auf ihn stürzte. Doch Scar ließ sich zur Seite rollen, sodass Nala unsanft auf dem Boden aufkam und sich überschlug. Noch ehe sie sich aufrappeln konnte, hatte Scar sich auf Nala geworfen und hielt sie fest. „Pfoten weg von meiner Tochter!“, knurrte der König. „Was hast du hier zu suchen?“ „Im Geweihten Land darf ich gehen, wohin ich will. Du kannst mir nichts befehlen!“, erwiderte Nala furchtlos. „Ach wirklich?“ Scar verzog das Gesicht zu einem spöttischen Grinsen. „Du hast wohl vergessen, dass ich jetzt der König bin!“ „Du, Scar?“ Nala lachte kurz auf. „Mein König wirst du niemals sein. Der wahre Herrscher ist immer noch Mufasa -“ Doch der Rest ging in Nalas schmerzerfülltem Brüllen unter. Scar fuhr ihr mit der krallenbewehrten Vorderpranke über das Gesicht. „Du wagst es tatsächlich, diesen Namen in meiner Gegenwart zu nennen?“, fuhr er die Löwin an, die ihn völlig verängstigt anstarrte. Scar fletschte sie Zähne und näherte sich langsam Nalas Kehle. „Du... du...“, keuchte Nala nach Atem ringend. Scars kräftige Tatzen pressten ihr jegliche Luft aus den Lungen. „Du falscher König!“, stieß sie hervor. In ihrer Stimme lag jetzt nur noch purer Hass und Wut. „Das wirst du noch bereuen, Nala!“, knurrte Scar. Seine Stimme war ruhig. Viel zu ruhig... „Jetzt ist niemand mehr da, der dich beschützen kann“, flüsterte er so leise, dass nur Nala es hören konnte. „Niemand...“ Scar hob seine Pranke. Die Krallen blitzten in der Sonne wie silberne Messer. Nala schloss ihre Augen. Doch der Todesschlag blieb aus. Stattdessen warf sich eine kleine Gestalt zwischen die streitenden Löwen. „Vitani!“, rief Nala. Scar lockerte seinen Griff, sodass Nala sich wieder aufrappeln konnte, und funkelte Vitani wütend an. Sie spürte, wie die Blicke ihres Vaters sie durchbohrten. Tausend Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf. Was habe ich nur falsch gemacht? Warum war mein Vater so zornig auf Nala? Wer ist dieser „Mufasa“? Und warum denkt Nala, Papa ist ein schlechter König? Sie schüttelte ihren Kopf, um ihre Gedanken zu ordnen. „Es ist nicht so, wie du denkst“, begann sie. Scar knurrte. Was ist nur mit ihm los?, fragte sich Vitani. Sie konnte sich die Stimmungsschwankungen ihres Vaters nicht erklären. „Nala hat mich vor drei Hyänen gerettet“, fuhr sie fort. „Sie griffen mich auf dem Elefantenfriedhof an...“ „Auf dem Elefantenfriedhof?“ Scars Stimme war ungewohnt streng.“Ich habe dir doch oft genug gesagt, du sollst in Sichtweite des Königsfelsens bleiben!“ „Aber ich wollte doch nur...“ „Versprich mir, dass du dich ab jetzt von diesem Ort fern hältst!“, fauchte Scar. „Lass sie doch in Ruhe!“, knurrte Nala. Scar drehte sich um und sah die Löwin mit seinem stechenden Blick an. Fast sah es so aus, als wollten sich die beiden wieder aufeinander stürzten. „Verschwinde!“, fuhr er Nala an. „Und lass dich bloß nicht mehr blicken!“ Sofort machte sie kehrt und rannte über die vertrocknete Steppe davon. Vitani blickte ihr nachdenklich hinterher. Irgendwie tat ihr die junge Löwin leid. Sie hatte es nicht verdient, so ungerecht behandelt zu werden. Vielleicht hatte Nala ja recht und Scar war gar nicht der wahre König... Ich darf gar nicht darüber nachdenken. Scar ist der König – und ich werde später seine Nachfolgerin, dachte Vitani im Stillen. „Komm jetzt, Vitani!“, riss die Stimme ihres Vaters sie aus ihren Gedanken. Mit einigen Sprüngen hatte sie Scar eingeholt. Gemeinsam liefen sie dem Königsfelsen entgegen, der in der untergehenden Sonne rot schimmerte. Vitani ließ müde ihren Kopf hängen. Der Friedhof, die Hyänen... und Nala... Sie öffnete ihr Mäulchen zu einem Gähnen. Scar hielt an und wartete auf seine Tochter. „Was ist los, meine Kleine?“ „Ich bin müde“, murmelte Vitani schläfrig. Sie merkte gerade noch, wie Scar sie sanft am Nackenfell packte und hochhob. Dann schloss sie die Augen und fiel erschöpft in einen tiefen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)