Replay von KritzelFuchsKurai ================================================================================ Kapitel 2: Kennenlernen ----------------------- Müde und noch immer verwirrt vom gestrigen Tag führte sie sich einen Löffel voll Suppe zum Mund und ließ es sich schmecken. Nachdem der Teller halbleer war, legte sie den Löffel beiseite und schob das Tablett von sich. Sie war satt und erschöpft, alles war so anstrengend, selbst der Gang zur Toilette fühlte sich an wie ein Marathonlauf. Was war nur passiert, dass sie solange im Koma gelegen hatte? Und warum konnte sie sich an Nichts erinnern, nicht einmal an das Gesicht ihrer Mutter, die scheinbar bis kurz vor der Besuchersperre an ihrer Seite gesessen hatte. Und dann dieser Junge… „Inuyasha hieß er, glaube ich“, dachte sie laut nach und warf sich dann in ihre Kissen. Den Blick starr aus dem Fenster gerichtet versank sie in ihrer Gedankenwelt. Sie bekam nicht einmal mit, wie eine Schwester ihr übriggebliebenes Essen wegräumte. „Higurashi-san? Higurashi-san, ist alles Ok, fehlt Ihnen was?“ Erst beim zweiten Mal anreden reagierte sie und drehte sich ruckartig zu der Schwester. „Nein nein, es ist alles ok. Ich war nur in Gedanken.“ Sanft lächelte sie die Schwester an. „Keine Sorge, Ihr Besuch müsste bald kommen, dann sind Sie nicht mehr so alleine. Ich schau später noch einmal nach Ihnen.“ „Was? Woher wissen Sie, wann ich Besuch bekomme?“ Kagome blinzelte verwirrt ihr Gegenüber an. „Naja, weil der junge Mann, seit Sie hier liegen, jeden Tag um dieselbe Uhrzeit hier ist. Sie können froh sein so einen Freund zu haben, er schien sehr besorgt um Sie.“ Kagome senkte ihren Blick. „Ich...weiß nicht, ob er mein Freund ist.“ Noch immer lächelte die Schwester. „Der Arzt meinte, es sei eine retrograde Amnesie und dass Ihre Chancen sich irgendwann wieder an alles zu erinnern gut stehen. Bis dahin schaffen Sie einfach neue Erinnerungen! Soweit ich weiß, werden sie morgen schon auf Wunsch Ihrer Mutter entlassen, oder?“ Kagome nickte. „Sie meinte, dass mir eine vertraute Umgebung sicher besser helfen würde mich zu erinnern als eine Therapie.“ Die Schwester dachte kurz nach, ehe sie ihre Gedanken laut aussprach: „Und was denken Sie, was Ihnen besser helfen wird?“ Kagome schloss kurz ihre Augen und atmete einmal tief durch. „Ich fühle mich hier nicht sonderlich wohl und genau wie sie hoffe ich, dass, wenn ich wieder etwas Vertrautes um mich habe, meine Erinnerungen zurück kommen. Wenn das nicht der Fall ist, kann ich ja noch immer diese Therapie machen.“ Die Schwester lächelte wieder. „Also kein Krankenhausfreund? Naja, solange es auch in Ihrem Interesse ist, ist es ja gut. Also, ich verabschiede mich.“ Sie winkte noch einmal, ehe sie hinter der Tür verschwand und Kagome mit ihren kreisenden Gedanken alleine ließ. Kagome starrte nun an die Decke. „Er kommt also jeden Tag…“, nuschelte sie, kurz bevor ihr die Augen zufielen. Der nahende Herbst hatte den Tempel der Familie Higurashi bereits fest im Griff und über das gesamte Gelände verstreut lagen bunte Blätter auf der Erde. Genervt fegte sie ein junger Mann mit einem Rechen zu großen Haufen zusammen und stopfte das Laub in große Säcke. Als ob die mit Blattwerk gefüllten Säcke nichts wiegen würden, hievte er sie auf den Schultern zum Komposthaufen und schüttete sie dort aus. Eine Stimme ließ ihn dann umdrehen. „Inuyasha, das war‘s für heute, sagt Opa. Du kannst dich nun auf den Weg machen“, rief ihm Sota fröhlich entgegen. „Ich gehe heute nicht“, antwortete er knapp und ging an den Jungen vorbei. „Aber sie freut sich sicher!“, widersprach er dem Hanyou und nahm sofort die Verfolgung auf. „Wie soll man sich auf jemanden freuen, den man nicht mehr kennt?“ Sota blieb stehen und schaute betrübt auf den Boden. „Sie... hat mich gestern auch nicht erkannt, dennoch war sie so lieb wie immer zu mir und über meinen Vorschlag ihr heute ein Fotoalbum mitzubringen hat sie sich auch gefreut.“ Inuyasha stockte: „Ein Fotoalbum?“ Sota nickte, was Inuyasha erst recht misstrauisch machte. „Lass mich raten, da ist sogar eines mit mir drin.“ Der Kleine schüttelte wild mit dem Kopf, Inuyasha antwortete mit einem Seufzen. „Dann wird es sicher kein Problem sein, wenn ich es mir vorher anschaue.“ Der Junge nickte und stapfte voran, dicht gefolgt von Inuyasha ging er ins Haupthaus. Wenn es dasselbe Foto war, das er in seinem Medaillon trug, musste es aus dem Buch verschwinden! Ihm gefiel die Idee noch immer nicht ihr zu verschweigen, wer er war. Auch Sota hatte sich sehr dagegen gewehrt, als Frau Higurashi mit der ganzen Familie über ihren Plan sprach. Trotzdem, vielleicht war das ihre Chance wieder ein normales Leben zu führen und eine gemeinsame Zukunft mit ihr zu haben ohne das heikle Thema Kikyo. Das 21. Jahrhundert war schon lange kein Problem mehr für ihn. Seit dem Unfall lebte er bei den Higurashis und arbeitete im Gegenzug für den Schrein. Seine Besuche in der alten Zeit wurden immer weniger, bis er schließlich gar nicht mehr durch den Brunnen reiste. „Da ist es!“ Sota zog ein großes Buch aus dem Regal und legte es auf den Küchentisch. Inuyasha stellte sich neben ihn und begann das Buch aufzublättern. Die Bilder zeigten Kagome in verschiedensten Situationen und Anlässen. Auf jedem dieser Bilder lachte sie und ihre Augen hatten die kräftige und strahlende Farbe, die er gewohnt war. Wieder schoss ihm Kagomes fahles Gesicht und ihr trüben Blick in den Kopf .Wahrscheinlich war es wirklich das Beste ihr nichts zu sagen. Er blätterte weiter und stockte plötzlich. „Sota, du weißt, dass wir das Foto raus nehmen müssen?“ Seine Stimme war nicht so kräftig wie sonst, er war unsicher. Einerseits wollte er das nicht, anderseits war es wahrscheinlich das Richtige. „Wer gibt uns das Recht Kagome ihre Vergangenheit zu nehmen?“, nuschelte der Kleine und legte seine Hände auf den Tisch, um seinen Kopf darin zu betten. Lächelnd wuschelte der Hanyou dem Jungen durch die Haare. „Es ist ihre Chance auf ein normales Leben und ich glaube, das ist, was deine Schwester immer wollte. Zumindest hat sie das, wenn wir auf Reisen waren, immer gesagt.“ Sota richtete sich auf und blickte zu Inuyasha. „Und wenn sie wieder hier war, hat sie immer begeistert von ihren Abenteuern erzählt. Außerdem hieße es dann auch für dich, dass du dein wahres Ich auch im Haus geheim halten müsstest.“ Aufmunternd klopfte er dem Kleinen auf die Schulter. „Lass das mal meine Sorge sein, ich habe mich schon lange daran gewöhnt als Mensch herum zu laufen. Solange ich mich ab und an im Wald austobe, geht es mir gut. Also ist das das geringere Problem.“ Sota rutschte vom Stuhl, nahm das Foto aus dem Album und betrachtete es. „Ich glaube dennoch, dass es falsch ist.“ Trotz der Einwände gab er ihm brav das Foto und marschierte dann an dem Schwarzhaarigen vorbei. Ein Seufzen entwich Inuyasha, ehe er den Jüngeren aufhielt. „Sota ... soll ich dich das nächste Mal wieder mitnehmen? Also ich meine bei einem Ausflug in den Wald?“ Der kleine Higurashi drehte sich sofort grinsend um. „Oh ja, bitte bitte!“ Inuyasha lachte: „Aber du darfst deiner Mutter nichts sagen, sonst gibt es wieder Ärger.“ Der Knabe nickte eifrig, ehe er aus dem Raum flitze. Inuyasha jedoch starrte nach dem kurzen Moment der Heiterkeit auf das Bild in seinen Händen. „Es ist besser so…“ Eine Lüge, die er sich bewusst einredete. Trotzdem ging er diesen Weg auch in der Hoffnung, dass es dann wirklich eine gemeinsame Zukunft geben würde. Er ging durch die Tür raus auf dem Hof und schaute dem zu Boden fallenden Laub nach. „Gehst du heute gar nicht ins Krankenhaus?“, fragte eine alte Stimme hinter ihm. Leicht ertappt schmunzelte er. Der Nächste, der das fragte. „Ich weiß noch nicht, vielleicht später. Ich will vorher noch etwas erledigen, alter Mann.“ Der besagte alte Mann fluchte wie immer dem Hanyou hinterher, der mit seinem für ihn typischen Grinsen zu seiner kleinen Hütte ging. Er schob den Bambusvorhang bei Seite und trat in den Raum. Ohne das Bild noch großartig weiter zu beachten zerknüllte er es und warf es in den Papierkorb. „Dann fangen wir halt von vorne an“, grinste er und befreite sich von seiner Arbeitskluft, um sich ein weites Shirt sowie kurze Hosen anzuziehen. Auch wenn das Outfit anfangs nur Tarnung war, so war es doch praktischer als seine alte, gewohnte Kleidung. Seine Haare band er locker zu einem Zopf zusammen. Er hatte sich nie von seinen langen Haaren trennen können, auch wenn sie ab und an wirklich unpraktisch waren. Von seinem Rosenkranz konnte er sich ebenfalls nicht wirklich verabschieden. Kagome hatte ihn damals zwar erlöst, doch fühlte er sich ohne irgendwie unwohl. Als Andenken baumelte nun eine Kugel umgeben von zwei Fangzähnen an einem längeren Band um seinen Hals. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er noch massig Zeit hatte, ehe die Besuchszeit vorbei war. So konnte er vorher noch etwas im Wald laufen gehen, um wieder zu sich zu finden, ehe er Kagome unter die Augen trat. Locker lief er die Treppen vom Gelände hinunter Richtung Wald. Seine Umgebung ausblendend begann er schneller zu laufen und hing seinen Gedanken nach. Einst wollte er für Kikyo ein Mensch werden und nun hatte er es wirklich getan, für Kagome. Er war zwar noch immer ein Hanyou, doch es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass er sich so in der Öffentlichkeit gezeigt hatte. Nur in seiner kleinen Hütte ließ er sein Youki frei fließen. Auch seine Waldausflüge erlaubten ihm sich in seiner wahren Erscheinung frei zu bewegen, ohne dass er darauf achten musste nichts Übermenschliches zu tun. Dort war sein Revier, in den hohen Baumwipfeln sah ihn kein Mensch und wenn doch, bewegte er sich zu schnell, als dass man ihn erkennen können würde. Im gewohnten Grün angekommen atmete er einmal tief durch, schloss seine Augen und konzentrierte sich darauf die selbst angelegten Fesseln zu lösen. Er spürte, wie wieder seine gewohnten Krallen zum Vorschein kamen und seine Haare nach und nach wieder weiß wurden. Zufrieden lächelte er, als er in einer kleinen Pfütze sein Spiegelbild sah. „Schon viel besser.“ Die verhassten Turnschuhe wurden wie immer ausgezogen und dort platziert, wo sie dann später wieder eingesammelt werden würden. Mit einem Sprung preschte er durch das Geäst aufwärts. Ab und an holte er sich neuen Schwung, indem er sich von Ästen abstieß, bis er oben in den Baumkronen angekommen war. Er hielt inne und überblickte den gesamten Wald, der seiner Meinung nach viel größer hätte sein können. Der Fortschritt aber wandelte diese Gegend und nun gab es kaum noch Youkai, eher gar keine. Vereinzelt waren ein paar Reinrassige in irgendwelchen Tempeln als „Gottheiten“ untergekommen, da es doch noch genug Priester sowie Mikos gab, die über die Gabe verfügten hinter den Schein zu blicken. So fanden wenigstens ein paar Überlebende ein Zuhause und einen Lebenssinn, auch wenn er nur darin bestand dem Gebettel einiger Menschen zu zuhören, die sich von der Aura eines Youkai angezogen fühlten. Aber wenigstens kam es dem Schrein zu Gute, in dem sie lebten. So blieb alles im Einklang. Dennoch hatte der Fortschritt den Fabelwesen, wie sie die Menschen nannten, das natürliche Umfeld genommen. Es mussten immer mehr Häuser, Fabriken und Straßen gebaut werden und so wich immer mehr des lebendigen Grüns dem kalten Stein und totem Beton. Inuyasha genoss es mit nackten Füßen in der Natur zu stehen und jeden Stein, jeden Grashalm zu spüren. Er sprang von einer Krone zur Nächsten und beschleunigte nochmals das Tempo. Wie ein Pfeil schoss er durch die Bäume und verließ sich ganz auf seine Sinne. Mit geschlossenen Augen sprang er von einem Baum zum Anderen. Erfüllt von der Natur um ihn herum bekam er nur dumpf das Klingeln in seiner Hosentasche mit. Erst als er eine kurze Pause machte, hörte er das Schellen. Sichtlich leicht genervt angelte er das Handy aus der Hosentasche und hob ab. „Higurashi-san? Was gibt es? Ich… bin gerade unterwegs.“ Keine Antwort. „Higurashi-san?“ Kurz hörte er sie aufatmen. „Du bist also nicht zurück gegangen, Gott sein Dank.“ Inuyasha lehnte sich an dem Baum und schmunzelte: „Nein, bin ich nicht“ „Es tut mir leid, dass ich von dir verlange, dass du sie anlügst. Ich meine es doch nur gut und ich hatte Angst, weil du so sauer ausgesehen hast und im Krankenhaus habe ich dich auch nicht gesehen.“ Er hörte sie plötzlich laut einatmen. „Bitte lass sie nicht sitzen!“ Ein freudloses Lächeln bildete sich im Gesicht des Hanyous. „Ich hatte nie vor zu gehen. Ich habe eingesehen, dass es so wahrscheinlich das Beste ist. Ich wollte nur etwas frische Luft schnappen, ehe ich zu ihr gehe.“ Leises Lachen und danach ein Schniefen waren am anderen Ende der Leitung zu hören, sie schien zu weinen. „Gott sei Dank“, war geflüstert zu hören. „Wir kommen gerade von ihr. Sie ist schon munterer als gestern und sie schien sehr interessiert an dir zu sein. Dauernd fragte sie nach dir, sicher freut sie sich dich zu sehen. Ah und vergiss deine Schuhe nicht, wenn du zurückkommst.“ Nun war es an Inuyasha zu lachen. „Hai hai, Okaasan! Ich mache mich schon auf den Weg, bis später!“ Kurz hörte er ein empörtes Schnaufen von ihr. „Wenn du mich weiter so nennst, nenne ich dich bald Sohn. Also, bis dann.“ Grinsend legte er auf und ließ das Handy wieder in der Hosentasche verschwinden. Er lebte nun seit zwei Jahren bei dieser Familie und er hatte immer mehr das Gefühl, dass er dazu gehörte. Auch der jüngste Spross der Familie schien in ihm eine Art großen Bruder zu sehen. Auch wenn er zurück gehen wollen würde, diese Leute würden ihm sicher nach kurzer Zeit fehlen. Auch der Gedanke, dass sie nach ihm gefragt hatte, ließ sein Herz aufgeregt flattern. Inuyasha sprang vom Baum und sah sich um. „Nanu, die Lichtung kenne ich gar nicht, ich muss falsch abgebogen sein.“ Er lief durch das Gras zu einem steilen Abgrund und blickte von dort hinunter. Bei genauerem Hinsehen erkannte er ein Haus, das verborgen im dichten Grün des Waldes stand. „Das kenne ich gar nicht.“ Er wollte schon seiner Neugierde nachgeben, doch sein Gewissen bremste ihn - Kagome wartet auf ihn. „Das Haus läuft mir nicht davon. Ich sollte mich lieber auf den Weg zu ihr machen, ehe die Besuchszeit um ist.“ So kehrte er dem Haus den Rücken zu und wetze zurück in Richtung Schrein, wo er nach einer gefühlten halben Stunde ankam. Der Hof war um die Jahreszeit wie leergefegt, kaum ein Besucher verirrte sich in der Kälte hierher. Er konnte innerlich den Alten fluchen hören. Ohne weiter darauf zu achten ging er in seiner Gestalt als Hanyou zu seiner Hütte. „Sie war schon wieder hier“, murrte er, als er alles schön aufgeräumt vorfand und auf seinem kleinen Tisch das wieder geglättete Foto von sich und Kagome entdeckte. Etwas mürrisch darüber, dass sie wieder einmal in seine privaten Räume eingedrungen war, schmiss er die Turnschuhe beiseite und ging zu dem Tisch. Nach kurzem Zögern griff er danach und drehte es um. „Halte es in Ehren“, las er klein geschrieben auf der Rückseite des Fotos. Ein Seufzen entwich ihm. „Sie weiß auch nicht, was sie will…“ Ohne weiter auf das Bild zu achten legte er es auf den Tisch und stellte sich vor den kleinen Kleiderschrank, der in der Ecke stand. Willkürlich zog er irgendein T-Shirt und eine Hose aus dem Schrank und zog sie an. Noch einmal durch die Mähne gebürstet, ein schlichtes Hemd darrüber geworfen und er war fertig. Er wollte gerade die Tür öffnen, da verriet ihm ein flüchtiger Blick in den Spiegel, dass er fast etwas vergessen hatte. Er hatte noch immer seine wahre Gestalt. Dämonisches Gold funkelte ihn an. „Hätte ich fast vergessen“, murmelte er, ehe er sich darauf konzentrierte sein Youki in die hinterste Ecke seiner Seele zu verbannen und schon hatte er wieder pechschwarze Haare und dunkelbraune Augen. Er musste zukünftig nun noch besser auf sein Erscheinungsbild achten. Kagome hatte es sich mit einem großen Buch in ihrem Krankenzimmer bequem gemacht. Interessiert blätterte sie durch das Fotoalbum, das sie in den unterschiedlichsten Momenten und auch zusammen mit ihrer Familie zeigte. Sie lächelte bei jedem Foto und genoss die Wärme, die ihr Herz umfing. Jedes Foto steigerte ihre Freude mehr morgen das Krankenhaus verlassen zu dürfen. Doch eins ließ sie nicht los: Sie fand nicht ein Bild von diesem Inuyasha. Dabei schien er ihr so vertraut und außerdem hatte die Schwester doch erzählt, er wäre jeden Tag an ihrer Seite gewesen. Dann musste es da doch ein engeres Band geben? Sie stoppte auf einer Seite. Dort fehlte ein Foto und der leicht gelbliche Rand verriet, dass es noch nicht lange fehlte. „Es wird wohl herausgefallen sein“, murmelte sie. Sie klappte das Album wieder zu und ließ sich zurück in die Kissen fallen. Wie hypnotisiert beobachtete sie das fallende Laub vor dem Fenster, wie es sich in alle Winde verteilte. „Wie gern würde ich raus gehen…“ „Wenn du möchtest, entführe ich dich nachher.“ Ruckartig drehte sie sich herum, wobei das Buch vom Bett fiel. Doch bevor sie danach greifen konnte, hockte Inuyasha vor ihr und streckte es ihr entgegen. „Hier, du solltest darauf gut aufpassen.“ Kagome nickte und nahm das Buch wieder an sich. „Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe. Wenn du willst, gehe ich wieder“, sprach Inuyasha unsicher und kratze sich nervös am Hinterkopf. „Ist schon ok, ich freu mich über etwas Gesellschaft.“ Während er seine Hände in den Hosentaschen vergrub, blickte er sie direkt an. „Also wenn das so ist, wollen wir ein bisschen raus gehen?“ Kurz überlegte sie, ehe sie nickte. „Ich denke, dass das Ok geht.“ Sie rutschte aus ihrem Bett und wollte sich gerade hinstellen, da wurde sie wieder zurück gedrückt. „Nix da, du wirst nicht selbst laufen. Warte kurz!“ Fragend blickte sie dem schwarzhaarigen Jungen nach. „Was hat er denn jetzt vor?“ Die Antwort darauf rollte im gleichen Moment in den Raum. Inuyasha Lächelte und schob einen Rollstuhl so hin, dass sie sich vom Bett bequem in den Rollstuhl setzten konnte, den sie skeptisch beäugte. „Ähm, das ist lieb gemeint, aber ich kann gehen“, sagte sie lächelnd und stand auf. „Nix da, du schonst dich!“, antwortete er ihr bestimmt und drückte sie in den Rollstuhl. Murrend blieb sie sitzen und nahm sogar die Decke entgegen, die er ihr reichte. „Du übertreibst!“ Unbeirrt von Kagomes Widerstand schob er sie aus dem Zimmer auf den Gang, wo ihnen die Schwester vom Mittag lächelnd entgegen kam. „Hallo ihr zwei, auf dem Weg raus?“ Inuyasha nickte nur und wollte an der überfreundlichen Schwester vorbei huschen, doch die plapperte einfach weiter: „Hach, so ein süßes Paar und Sie sind so fürsorglich. So einen Partner kann man sich nur wünschen.“ Inuyasha wurde etwas rot um die Nase und wandte seinen Blick ab. „Ich bin nicht ihr Partner... nur ein Freund der Familie, mehr nicht. Nun entschuldigen Sie uns.“ Kagome, die das Schauspiel stumm beobachtet hatte, blickte nun hinter sich zu ihrem Chauffeur. „Du magst sie nicht sonderlich, hm?“ Inuyasha schnaufte: „Sie ist mir einfach zu freundlich, es ist fast schon aufdringlich.“ „Und das aus dem Mund des Jungen, der mich zwingt in einem Rollstuhl zu sitzen.“ Er schnaufte nochmals, ehe er auf einmal schelmisch grinste. Noch bevor Kagome irgendwie reagieren konnte, kippte er sie ohne Vorwarnung etwas nach hinten, um sie über eine kleine schwelle hinaus an die frische Luft zu schieben. Laut quiekend krallte sie sich in ihre Armlehnen. „Hätte ich dich warnen sollen?“, lachte er und schob sie etwas abseits unter einem Baum zu einer Bank, auf die er sich dann setzte. „ Ja! Sonst sterbe ich an einem Herzkasper!“, kicherte sie und musterte ihn von der Seite. Er schien nicht mehr so nervös zu sein wie zu Anfang, er war nun viel entspannter. Auch fiel ihr auf, dass sie bei ihm überhaupt kein befremdliches Gefühl hatte. Sie ließen eine Zeit lang die Stille das Gespräch bestimmen, der Gesang der noch vorhandenen Vögel ließ beide entspannt die Augen schließen, ehe Kagome das Schweigen brach: „Waren wir früher oft so zusammen?“ Inuyasha zuckte kaum merklich bei dieser Frage zusammen, ehe er antwortete: „Ja, wir waren eigentlich jeden Tag zusammen, was wohl auch daran liegt, dass ich bei euch im Schrein lebe.“ Beim letzten Teil lächelte er Kagome spitzbübisch an, die sofort ihr etwas gerötetes Gesicht wegdrehte. Natürlich haben sie sich oft gesehen, wenn er jeden Tag bei ihr war. Blöde Frage, dachte sie und wich weiter Inuyashas Blick aus. „Wie gesagt, ich bin ein alter Freund der Familie und lebe bei euch. Im Gegenzug helfe ich bei der Arbeit am Schrein.“ Kagome sah zögernd wieder zu ihm. „Und warum bist du bei uns?“ Er lehnte sich nach hinten und warf seine Arme über die Parkbank. „Irgendwer musste ja auf dich aufpassen“, lachte er, was sie nur noch weiter verwirrte. Sein Blick auf sie richtend erklärte er: „Meine Eltern starben bei einem... Hausbrand und so bin ich dann zu euch gekommen“ Sie nickte, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden hatte. Inuyasha jedoch fühlte sich immer unwohler in seiner Haut. Bei einem Hausbrand war nicht einmal ganz gelogen, dachte er und lehnte sich wieder nach vorne. „Und… ähm… was war zwischen uns, bis dieser Unfall passiert ist?“ Unsicherheit, Neugierde und auch Angst spiegelten sich in Kagomes Augen, in denen Inuyasha gerade zu ertrinken drohte. Doch gerade diese Frage hielt ihn davon ab das Mädchen vor sich an sich zu drücken. Er senkte seinen Kopf, so dass ihm seine langen Haare ins Gesicht fielen. Kurz herrschte Stille, ehe er antwortete: „Das wussten wir selbst nicht genau. An dem Tag, an dem der Unfall passiert ist, hatten wir sogar deswegen gestritten.“ Kagome schluckte, das Thema schien ihn zu belasten. Zögerlich legte sie ihm eine Hand auf die Schulter, woraufhin er erschrocken zusammenzuckte. „Es tut mir leid, ich wollte dir keine unangenehmen Fragen stellen.“ Inuyasha schüttelte ergeben den Kopf. „Es ist dein Recht zu fragen.“ „Aber nicht, wenn es dich so sehr belastet.“ Sie machte sich tatsächlich Sorgen um eine ihr eigentlich fremde Person, die ihr Märchen erzählen konnte. Der Unfall hatte offenbar nichts an ihrer Persönlichkeit verändert, dachte der Hanyou amüsiert. „Entschuldige die Frage, aber was ist passiert?“ Der Schwarzhaarige zog scharf die Luft ein, er wusste die Frage würde kommen und er war sogar darauf vorbereitet. Gemeinsam mit ihrer Mutter hatte er eine Geschichte gesponnen und es war nun an Inuyasha sie zu erzählen. „Also... wir waren im angrenzenden Wald unterwegs und wegen irgendwas hatten wir uns gestritten. Du bist aufgebracht davon gelaufen und einem Abhang hinunter gerutscht. Als ich dich fand, hattest du das Bewusstsein verloren, vermutlich bist du mit dem Kopf irgendwo heftig gegen gestoßen. Jedenfalls hast du dann zwei Jahre im Koma gelegen“, ratterte er fast schon emotionslos seinen Text herunter und starrte dabei einen Baum vor sich an. „Wow, das man wegen so was im Koma landen kann!“ Ihre fast schon belustigte Stimme riss ihn aus seiner Lethargie. „Kagome?“ Sie strahlte ihn an. „Ich hatte selbst schuld. Wenn ich nicht davon gerauscht wäre, dann wäre das nicht passiert. Also zieh nicht so ein Gesicht. Außerdem…“ Sie zog ihre Beine an sich und lehnte sich dagegen. „… werde ich mich sicher irgendwann wieder erinnern und wenn nicht, schaffe ich einfach neue Erinnerungen, die genauso wertvoll sein werden.“ Ihr Gesicht war sanft und ehrlich zu Inuyasha gewandt, der nur überrascht blinzeln konnte. Sie nahm das alles einfach so hin? Sie hinterfragte nichts? Inuyasha schluckte „Ich hatte Schuld an dem Streit und ich hätte besser auf dich aufpassen sollen. Also ist es allein meine Schuld. Es tut mir so unendlich leid.“ Seine Stimme zitterte ebenso seine Hände, die er ineinander verknotet hatte. Kagome musterte ihn. Dieser Anblick erschütterte sie tief in ihrem Herzen. Sie wollte niemandem die Schuld an dem geben, was geschehen war. Kagome streckte sich und lehnte sich so weit nach vorne, dass sie Inuyasha direkt ansehen konnte. Sein Blick war wieder starr nach vorne gerichtet. „Weißt du, was das Einzige ist, was dir leid tun sollte? Dass du als Junge längere Haare hast als ich. Das ist echt deprimierend“, grummelte sie spielerisch und grinste ihm breit entgegen, als er sie ungläubig ansah. „Hör mal, es ist ok. Mich interessiert nicht, wer schuld hat und wer nicht und dieser Streit schon mal gar nicht. Du hast dir aufrichtig Sorgen um mich gemacht, warst jeden Tag bei mir. Auch wenn ich wollte, ich könnte gerade nicht böse auf dich sein.“ „Kagome, ich-“ Sie lächelte nur und winkte ab. „Schon gut, lassen wir das Thema.“ Plötzlich hörten die Zwei eine ihnen allzu bekannte Stimme nach Kagome rufen: „Higurashi-san, es ist Zeit für die Abendvisite!“ Die Angesprochene seufzte genervt und stand mit wackeligen Beinen auf. „Also, wir sehen uns morgen und ähm…“ Sie streckte ihm verlegen die Hand entgegen. „Auf ein neues Kennenlernen!“ Aus seiner anfänglichen Verwunderung wurde wieder ein sanftes Lächeln. Er nahm ihre Hand an und stand von der Bank auf. „Auf ein neues Kennenlernen“, wiederholte er ihre Worte und blickte ihr ins Gesicht. Kaum merklich entzog sie sich ihm dann und taumelte Richtung Eingang. Er stand noch eine Weile unter dem Baum und sah ihr nach, bis sie im Gebäude verschwunden war. Kraftlos ließ er sich wieder auf die Bank hinter ihm fallen und starte in den Himmel. „Jetzt ist sie doch gelaufen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)