Ein Mirakel zwischen zwei Identitäten von Patricipa ================================================================================ Kapitel 18: Realitätsverschiebung der Dimensionen ------------------------------------------------- Realitätsverschiebung der Dimensionen Das Konzert war ein totaler Reinfall. Hätte sich dieser riesige Roboter nicht eingemischt, dann wäre es kein Desaster geworden. Nur eine halbe Stunde später wäre es ebenfalls kein Problem gewesen, doch nein, die Zuschauer mussten in Gefahr geraten. Gerade deswegen mache ich mir Vorwürfe, obwohl ich nie wissen kann, wann ein Infernaler Interesse an mir zeigt oder nicht. Dass Achromas mitgenommen wurde, war für mich persönlich keineswegs gut, da ich diesem keine Aufmerksamkeit meiner Gegner gewünscht habe, weil seine Genialität merkwürdige Gestalten anziehen würde. Hoffentlich setzen die bösen Infernale nicht vermehrt ihm zu, denn ich glaube kaum, dass Cat Noir sowie Ladybug gegen ihn ankommen könnten – selbst mit Ryurai an deren Seite. Joels Akumatisierung war die erste, die ich kennengelernt habe und mir gefällt er jetzt, wie er normal ist, definitiv besser. Yuura und er sind ein so hübsches wie niedliches Paar – von daher bin ich froh darüber, dass die Umstände uns zusammengeführt haben. Trotzdem muss ich irgendwie verhindern, dass die gegnerische Seite sich an den Wissenschaftler vergreift – seine hohe Intelligenz weggelassen, ich zähle ihn zu meinen Freunden. Um Adrien mache ich mir ebenfalls Sorgen, denn seit dem Jubiläumsfest wirkt er mehr in sich gekehrt, während er im Schlaf seine perverse Seite an mir auslebt, wie ich seit einigen Nächten schon weiß. Sobald er aufwacht muss ich ihm die Leviten lesen, allerdings schläft er recht unruhig, weshalb ihn irgendwas zu beschäftigen scheint. Am liebsten würde ich ihm helfen, jedoch scheint er dieses Problem nur mit sich ausmachen zu wollen. Plagg liegt auf einem Extrakissen neben uns im Bett und ich bin immer wieder überrascht, wie echt dieser recht lebendig wirkende Roboter agiert. Lebendiger als die Pokémon von Achromas, allerdings genauso niedlich. Gerne hätte ich ebenfalls ein solches Maskottchen in meinem Besitz, denn als Gedankenerleichterung fungieren sie wunderbar. …hach, wie komme ich nun weiter? Gestern musste Cat Noir den Menschen zerstören, der vollkommen von einem bösen Infernalen umgewandelt wurde. Ladybug konnte diesen keineswegs mit ihrem Spruch revitalisieren, zumal ich nur von dem weiß, was ich von Ayla als Nachricht erhalten habe. Wie sie es fortlaufend schafft am Ball zu bleiben wundert mich ebenso, aber ich bin in diesem Fall sehr froh darüber, weil ich kaum bis keine Erinnerung an den restlichen Abend besitze. Nino und sie haben sich ebenfalls an der Suche nach Achromas und mir begeben – Nathaniel sicherlich auch. Freunde, enge Freundschaft, zu erhalten ist ein glücklich machendes Gefühl, welches ich schwer genau definieren könnte. Hinsichtlich der Gefahren, die mich ereilen, hätte ich mir keine gewünscht, doch im Umkehrschluss sind diese mit Freunden erträglicher. Drehen und wenden, wenden wie drehen – ich kann mir so häufig die gleichen Fragen in Gedanken stellen, wie ich will, eine Antwort hält nur die ungewisse Zukunft parat. Erneut gibt mein Handy ein Brummen von sich und ich nehme es mir zur Hand – was den Jungen unter mir murren lässt und er deswegen eine kleine Schnute zieht. Haha, irgendwie macht den Blonden dieses Verhalten putzig, doch als ich Bewegungen an meinem Hintern spüre und wie er gelassen wie – auch wenn es nur meine eigene Interpretation ist – pervers lächelt, werde ich ihn unsanft mit meinen Nägeln wecken, nachdem ich mein Handy neben uns gelegt habe. Der Inhalt der Nachricht kann noch ein bisschen warten. Kurzerhand ramme ich meine Fingernägel in seine Seiten und bereite mich auf seinen Aufschwung vor – der jedoch ausfällt. Was ist denn nun los? Wenigstens zieht er seine Hände aus meiner Unterhose raus, sodass ich mich damit keineswegs weiter herumschlagen muss. Wieso zuckt er nicht mal? Habe ich diese Handlung falsch vollführt? Nein, ich war soweit korrekt – also muss der Grund ein anderer sein. „Ich bin wach, Shirado, weshalb du dein hübsches Köpfchen kein Stück weiter damit belasten musst, eine Methode zu finden mich zu wecken. Für das nächste Mal hätte ich allerdings eine weitaus liebevollere Methode als Vorschlag.“ „Mag sein, mein werter Adrien, jedoch war die Grapscherei deinerseits vorhin mir persönlich zu viel.“ „Äh…, nicht nur dir. Lässt du mich bitte aufstehen?“ Ernsthaft jetzt? Sauertöpfisch sehe ich ihm direkt in die grünen Iriden und schnappe mir mein Handy, bevor ich von ihm runterrolle. Zu meinem großen Glück, macht er es nicht direkt neben mir, wie Keisuke damals, sondern geht dafür unter die Dusche – immerhin scheint mir der Blonde Peinlichkeiten ersparen zu wollen – ihm wohl ebenso. Plagg schlummert noch und nun wäre die beste Zeit, die Nachricht zu lesen, die ich erhalten habe. Wie war das noch? Zuerst kommt der Zifferncode, danach wird ein Zeichen gewischt und zum Schluss wird ein Augapfel gescannt – vorhin war mir das keineswegs zu viel, aber nun, wo Adrien wach ist und in einigen Minuten zurückkommt…, ach was, ich bin gesichert mit der modernsten Technologie für das Handy, was Vater finden konnte, damit niemand Schindluder damit treibt. Den Briefumschlag sehe ich pulsieren, weil eine Nachricht angekommen ist, wie ich es mir gedacht habe, und sie geöffnet werden will. Somit tippe ich auf diesen und das Menüfenster öffnet zugleich die angekommene Botschaft. Fragend sehe ich mein Gerät an, denn ich lese nur Buchstaben aneinandergereiht, die keinen Sinn ergeben, bis dort steht, dass Joel herkommen soll. Kichernd kann ich mir denken, dass Yuura versucht hat eine Nachricht zu tippen, obwohl er lieber auf Papier schreibt oder nur telefoniert – moderner funktioniert bei ihm eher weniger, wie ich an dem Dialog lesen kann, den er – trotzt seines Defizits – kontinuierlich getippt hat. Talent dafür hat er, keine Frage, aber dass er alles tippt, ohne zu merken, dass er es kann, finde ich viel humorvoller. Nach der wohl erneuten Erklärung von Joel – Joel erklärt mir gerade, was ich beachten muss – steht dort, hat sich der Dunkelgrünhaarige angestrengt korrekt zu tippen und es ist zwar lesbar, jedoch nicht so gut, wie davor, als er abgelenkt war. Unser Yuura ist eine Marke, die jedem das Herz erhellt sowie den Tag versüßt. Bestimmt kann man ihn keineswegs akumatisieren – so rein und unschuldig ist er einfach. Meine Gedanken lege ich wieder in die Entzifferung der Nachricht und kann herauslesen, dass er und Joel uns beide auf ein Doppeldate einladen wollen – heute noch. Na ja, nach dem Vorfall gestern wird es mich sicherlich gut ablenken, jedoch wäre es kein richtiges Doppeldate, denn Ricardo wäre in der Nähe. Der plaudert intime Details zwar nicht vor Vater aus, allerdings möchte ich ihn keineswegs andauernd irgendwo stehen lassen, während ich meinen Spaß erhalte. Erstmal muss ich Vater wie Adrien davon erzählen und Letzterer muss seinen Vater davon in Kenntnis setzen. Monsieur Agreste wirkt trauriger auf mich als zuvor – woran dies wohl liegen mag? Hoffentlich nicht daran, dass sein Sohn und ich viel Zeit miteinander verbringen und er sich deswegen einen Haufen Sorgen macht… Noch ein Grund mehr, mich zu entwickeln – meine Stärken auszubauen und meine Schwächen abzudecken. Alles muss ich kein Stück können oder gar schaffen – ich darf auf meine Familie und Freunde bauen. Gegen Ende der Nachricht gibt es mehr zum Lachen, weil Yuura schon wieder nebenbei tippt und bei den Worten, dass Joel nachschauen will, was er da andauernd macht, bricht die Nachricht ab. Lachend wische ich mir die Tränen aus den Augen – typisch Yuura eben, einfach auf „Senden“ zu drücken, ohne nachzugucken. Durch mein Lachen wird Plagg wach und ich entschuldige mich, bevor ich ihm den Grund zeige, warum ich so erheitert bin. Sogar er muss lachen und wir beide sind einer Meinung, dass Yuura zuckersüß ist – er jedoch trotzdem Camembert lieber mag. „Was ist denn so lustig, dass ihr zwei heulend lacht?“ „Komm‘ her, dann zeige ich dir den Grund.“ Weil ich noch im Bett liege scheint er es falsch zu verstehen, denn er legt sich auf mich hin und einige Wassertropfen fallen von seinen Haaren in mein Gesicht, als er sich meinem nähert. Kurzerhand schiebe ich mein Handy zwischen unsere Münder und er küsst den Bildschirm ab – weswegen Plagg wie ich kichern und der Schönling mürrisch das Gesicht verzieht. „Einladend habe ich zwar geklungen, jedoch nicht für eine küssende Kuschelzeit, die du am Ende sowieso unter der Dusche beendest. Lese dir die Nachricht durch und ich dusche mich nun.“ Lediglich ein kurzer Kuss sei ihm gegönnt, bevor ich Kleidung suche und aus meinem Zimmer gehe. Vater tritt ebenfalls aus seinem und wirkt wie ein frischer Frühlingswind. „Guten Morgen, Vater.“ „Dir auch einen guten Morgen, Spatz. Wie ich gehört habe, hattest du einen erheiternden Morgen.“ „Gewiss doch und nach dem Erlebnis gestern Abend war dies eine Wohltat. Yuura hat mir übrigens vorhin eine Nachricht gesendet und lädt Adrien sowie mich auf ein Doppeldate ein. Muss Ricardo dabei sein oder darf er sich ein paar Stunden erholen?“ Sorgenvoll blickt er in meine Richtung und ich stelle mich schon auf eine komplette Verneinung ein, aber er überrascht mich. „Nun gut, ich werde es erlauben, dass dein Bodyguard ein paar Stunden Freizeit heute bekommt – allerdings darf Gabriel davon nichts erfahren – sonst bekommen wir alle Ärger.“ Verschmitzt lächelt er und zwinkert mir zu, sodass ich die Badezimmertür offen lasse und mich erst zu ihm begebe, damit ich ihn glücklich umarmen kann. Erwidert wird die Umarmung prompt und wir beide haben einen Vater-Sohn-Moment. Diese Zuneigungsbekundung sollte ich öfter einleiten, weil sie sich einfach zu schön anfühlt – zumal wir lange keine herzliche Umarmung vollzogen haben. Unter der Dusche summe ich deswegen glücklich eine Melodie nach der anderen und spüre Glück im hohen Maße. Adriens volle Terminpläne jede Woche lassen kaum Zeit für andere Aktivitäten, meine Termine sind von der Anzahl her weniger, aber langatmiger, sodass ein Date selten bis gar nicht vorkommt – weswegen das heute sicherlich wundervoll wird. Fertig mit der Morgenwäsche wische ich die Dusche noch trocken und nehme den Wäschebehälter mit zum Hauswirtschaftsraum, wo ich die dreckigen Sachen sortiere und endlich genug habe, damit ich eine Maschine anstellen kann. Den anderen Haufen kann ich erst morgen wohl anstellen, aber dies macht nichts – es stinkt nicht zu sehr nach Schweiß. Zufrieden mit dem Vorgang geht es zurück in mein Zimmer, wo Plagg jammert, dass er Hunger hat und Adrien ihm Camembert bringen soll, wobei ich nichts von diesem höre und deswegen mich frage, wohin der Junge schon wieder in Gedanken verschwunden ist. Für das Maskottchen komme ich hingegen wie gelegen und nun jammert er mich voll, was mich kichern lässt. „Dass ein Roboter wie du mit Camembert läuft, finde ich merkwürdig wie niedlich, Plagg. Warte bitte ein bisschen, dann kann ich schauen, ob wir noch welchen haben. Geht es Adrien nicht gut?“ „Mach‘ dir um ihn keine Sorgen, sondern lieber um mich – ich verhungere…“ Bevor der kleine Katzenroboter einen Jammermarathon hinter sich bringt, gehe ich lieber dem nach, wofür er so viel jammert. In der Küche hat Vater sein Frühstück soweit fertig, was mich wundert, da es Samstag ist. „Heute habe ich ein wichtiges Meeting, Spatz. Ihr zwei lieblichen Tauben könnt in Ruhe essen. Ricardo weiß Bescheid und Felix hat ebenfalls frei.“ „Okay! Denke aber daran, dass du in der Mittagszeit etwas isst – egal wie wichtig das Meeting auch sein mag.“ „Haha, natürlich, Spatz. Und du genieße das Doppeldate. Was willst du mit dem Camembert überhaupt in deinem Zimmer? Der stinkt dir noch alles voll.“ „Solange wird er nicht halten – Adrien nimmt gerne einen zu sich vor dem Frühstück. Ist wohl so eine Macke von ihm – aber die finde ich putzig.“ Außer, dass es Plagg ist, der den ganzen Camembert verschlingt. Schade finde ich es zudem, dass ich Vater anlügen muss, aber Adrien will unbedingt verhindern, dass mehr von seinem Maskottchen erfahren und ich wäre ein schlimmer Partner, wenn ich diesen Wunsch von ihm kein Stück respektiere. Ein Detail fällt mir jedoch an Vaters linkem Ringfinger auf – ein smaragdgrüner Drachenring. Seit wann trägt er diesen? Der Ring passt gar nicht zu seinem restlichen Outfit, jedoch ist es sein Schmuck, den er trägt und ich wäre fürchterlich, jemand anderen zu kritisieren, nur weil dieser Jemand das trägt, was ihm gefällt. Einen Abschiedskuss auf seine rechte Wange bekommt mein Vater noch, ehe ich zurück in meinem Zimmer bin, wo Plagg begeistert die Packung mit dem Weichkäse annimmt. Bis der Käse verschwunden ist, dauert es einige Minuten und ich schaue mir den Blonden an, der im Schneidersitz auf meinem Bett sitzt und sein Handy bedient. Was er damit wohl macht? Vielleicht schreibt er mit jemanden – seine Geschwindigkeit beim Tippen werde ich wohl niemals erreichen, aber ich bin mit meiner Handhabung zufrieden, weswegen alles für mich in Ordnung sein wird – denke ich. „Adrien, du bist so in dich gekehrt – was hast du?“ „Nichts. Ich überlege nur, wie ich dich besser beschützen kann. Gestern habe ich total versagt.“ Oh weh, da hat jemand innerliche Selbstvorwürfe angesammelt. Wie kann ich diese abschwächen oder sogar vertreiben? Wobei vertreiben kann man Zweifel nur temporär – sie kommen gerne zurück. Erstmal gehe ich zu ihm hin und setze mich neben ihn, bevor ich meinen Kopf auf eine Schulter von ihm lege. „Weißt du, Adrien, dass du schon viel zu viel machst?“ Sein Körper spannt sich an und er will zu einem Protest ansetzen, jedoch halte ich ihm den Mund zu. „Höre mich an! Im Gegensatz zu Keisuke hast du nicht die vielen Mittel, das stimmt. Auch die Superkräfte, die Cat Noir besitzt, hast du nicht. Allerdings machst du so viel für mich und beschützt mich im Alltag genug, dass ich mir echt Sorgen um deine geistige Gesundheit mache. Denke auch mal an dich und nicht nur an mich! Neben mir hast du andere, die dich im Leben haben möchten. Trotz seiner merkwürdigen Handlungsweise liebt dich dein Vater. Nathalie kümmert sich um dich – zwar im Auftrag deines Vaters – aber selbst sie ist Teil deines Lebens – genauso wie dein mürrischer Bodyguard. Nino, Nathaniel, Alya, Marinette, Yuura, Joel, Achromas und noch einige mehr sind Teil deines Lebens – ich bin ein Part von alledem und nicht der Mittelpunkt, Adrien. Mir reicht es, dass wir beide jeden Abend und Morgen gemeinsam verbringen. Ständig aufeinander zu hocken ist Gift für eine Beziehung – jeder Mensch braucht auch Momente für sich. Damit meine ich keinesfalls, dass man sich nur zu bestimmten Zeiten treffen soll, sondern, dass man auch Zeit für andere braucht. Adrien, ich freue mich auf das Doppeldate – nicht, weil du mich langweilst oder nervst – sondern, weil es eine schöne Zeit mit dir sowie Yuura und Joel wird. Kannst du das nachvollziehen?“ Seine Anspannung hat sich erhöht und ich nehme meinen Kopf so weit zurück, dass ich seinen zu mir drehen kann, damit er meinen liebevollen Blick sieht. Es kann sein, dass ich schwankend mit meinem Ziel, ihm gut zu zureden, war, allerdings soll er sein Leben nicht nur um mich aufbauen. Noch scheint er in Gedanken zu sein, weswegen ich ihm einen kurzen, jedoch intensiven Kuss gebe. Davon aus den Gedanken geholt, sieht er mich mit gemischten Gefühlen an und nimmt mich in eine Umarmung. „Ich werde versuchen, die anderen mehr mit einzubeziehen, aber trotzdem bleibst du für mich unendlich wichtig, Shirado.“ Ganz austreiben kann ich Zweifel wirklich nicht – zumal meine eigenen gerne dann aufkreuzen, wenn ich sie keineswegs haben möchte – aber sein Körper zeigt keine erhöhte Anspannung mehr an, was mich zufriedenstellt. Somit können wir uns endlich in die Küche begeben, damit es Frühstück gibt. ~ Adrien ~ Den Drang, Shirado zu monopolisieren kann ich schwerer unterdrücken, als ich gedacht habe. Seit ich der oberste Finsterlord bin…, nein, auch wohl schon davor spüre ich diesen Drang. Er versucht es allen recht zu machen, jedoch wird er nie alles unter einen Hut bekommen und ich will ihn auch keineswegs mehr teilen als nötig. Hehe, aus dieser Sicht kann ich Papa verstehen, wieso er strikte Regeln für mich aufgestellt hat – wir sind uns wohl ähnlicher, als ich bisher zugeben wollte. Papa sorgt sich um meine Sicherheit, wie ich mich um die von Shirado sorge – nur will ich ihn zusätzlich komplett anderen vorenthalten, damit er allein mir gehört. Genau dieser Drang macht mir zum Teil Angst – Angst, dass ich, sollte ich diesem komplett nachgeben, alles verlieren würde. Ein anderer Teil von mir drängt mich regelrecht dazu, dass ich mein Blondchen einsperre und von allen somit abschirme. Niemandem kann ich davon erzählen, denn mich kann niemand verstehen. Bis gestern Abend dachte ich das, aber die Blicke von Achromas sowie Joel haben Verständnis mir gegenüber gezeigt. In dem Moment war ich zwar Cat Noir, aber ich frage mich, ob sie wissen, wer ich tatsächlich bin oder was in mir vorgeht. Hat das Doppeldate damit vielleicht zu tun? Es kann sein, jedoch wäre ich erst sicher, wenn Joel mir sagen würde, was er letzten Abend mit diesem Blick meinte. Lange darüber nachzudenken bringt nichts und im Moment beobachte ich lieber die Umgebung, weil wir inkognito unterwegs sind, ich allerdings weiß, dass gerade mein Blondchen Ärger anzieht und deswegen meinen Schutz benötigt. Lange brauchen wir keineswegs bis zum Treffpunkt, wo uns das ältere Paar erwartet. „Shirado!“ Seine Freude über unser Eintreffen lässt Yuura laut verlauten und die Menschen in der Umgebung schauen zu uns – dass ich nicht mal von dem Dunkelgrünhaarigen erwähnt werde, macht mir wenig aus, denn Shirado lächelt glücklich, als er Yuura umarmt. „Hey, Adrien. Ich hoffe doch sehr, dass Yuura eure Tarnung nicht hat auffliegen lassen.“ „Bisher ist niemand auf uns zugestürmt, weswegen ich denke, dass alles soweit sicher zu sein scheint.“ Weshalb wir jedoch leise sprechen finde ich merkwürdig – verheimlicht er sogar was vor seinem Verlobten? „Gut, denn ich muss mit dir dringend reden heute und deswegen haben wir dieses Doppeldate arrangiert.“ Dringend klingt echt schlimm aus meiner Sicht, aber wenn der ältere von uns mit mir reden will, kann ich schlecht verneinen, weil alles dafürspricht, dass er von mir weiß oder eine gewisse Ahnung hat. Ihm nicke ich zu, dass ich soweit verstanden habe und danach wird er von Yuura belagert, der unbedingt los möchte. Wohin es geht erfahren wir nach einigen Abbiegungen – es ist der Zoo. Anscheinend ist heute für Yuura ein Pokémontag, denn er erzählt Shirado, welche dieser Wesen er streicheln wird und fragt diesen, bei welchen er mitkommen will. Mulmig wird nicht nur mir dabei, denn mein fester Freund hat wohl Bedenken bei der Aktion von Yuura mitzumachen. „Wie wäre es mit dem Vogelhaus? Dort habe ich dich zum allerersten Mal gesehen, Yuura, und ich hatte kaum die Chance all die Vögel zu sehen.“ „Oh ja! Ho-Oh, Swaroness, Tauboss und die ganzen anderen sind ja weggeflogen und ich bin geflüchtet. Sicher werden die alle sich freuen, wenn du mit dabei bist, Shirado.“ Hoffentlich, denn ich kann mit meiner Allergie nicht mit den beiden hineingehen. „Dann haben wir unser erstes Ziel festgelegt – ich bleibe bei Adrien draußen und wir warten auf euch bei der Bank dort hinten – nehmt euch so viel Zeit, wie ihr mit den Vögeln braucht.“ „Yay! Joel hat zugestimmt! Los, los, Shirado!“ Dieser kann nicht mal ein Wort hervorbringen als er prompt mitgezogen wird. Tief in mir kommt das Bedürfnis auf, Yuuras Hand von Shirado wegzuschlagen und das Blondchen an mich zu nehmen, aber eine Hand von Joel auf meiner rechten Schulter verhindert irgendeine Aktion von mir und ich kann klarer denken. Es ist Yuura – er und Shirado sind sich zu ähnlich und der ältere von ihnen hat außergewöhnliche Fähigkeiten, weshalb alles soweit in Ordnung sein sollte. Schwerfällig seufze ich trotzdem, als ich mich neben dem Weißhaarigen hingesetzt habe und das Vogelhaus nicht aus meinem Sichtfeld verbannen möchte. „Sicherlich ist das ziemlich schwer für dich, deinen Besitz ziehen zu lassen, obwohl du in deinem Inneren dich im Recht siehst.“ Baff wende ich meinen Blick vom Gebäude ab und sehe so den Mann neben mir an. Wieso weiß er, wie ich denke oder handeln möchte? „Treffer meinerseits, wie ich deinem Gesichtsausdruck entnehmen kann. Mache dir keinen großen Kopf darum, so denke ich ebenfalls. Wir beide tragen eine Macht in uns, die den Untergang der Welt herbeiführen könnte – einer Welt zumindest.“ „Wie meinst du das, Joel? Deinem Gedankengang kann ich gerade nicht folgen.“ „Bist du dir da so sicher, Cat Noir?“ Von seinen Worten bin ich aufgeschreckt und sehe nun mit gemischten Gefühlen auf ihn herunter, weil er sitzen geblieben ist. Woher kann er dieses Wissen haben? Bin ich etwa aufgeflogen? Papa und Shirado wären somit der Gefahr ausgesetzt, dass sie von Hawk Moth als Mittel zum Zweck genutzt werden, damit ich meinen Miraculous aufgeben muss. „Ganz ruhig – nur Achromas und ich wissen es, weil du und ich uns ähnlich sind. Komm‘ setze dich wieder hin und entspanne dich ein bisschen, sonst machst du nachher Shirado Sorgen.“ Zwar hat er Recht, jedoch finde ich es wenig erbauend, dass die zwei mich durchschaut haben. Eher hätte ich gedacht, dass mein Blondchen die ganze Scharade durchschauen würde, doch es ist zum Glück noch nicht der Fall gewesen. Angespannt bin ich noch, allerdings setze ich mich wieder zu ihm hin und warte, was nun kommt. „Dieser Mann gestern, der Achromas entführt hat und Shirado als Druckmittel folterte, war ein Wissenschaftler, der Experimente an Menschen ausführte, damit sie zu Superwaffen werden. Damals hatte Achromas mitgemacht, weil er Geld brauchte und ich schlecht von Yuura weg konnte – er hat sich sozusagen geopfert, damit wir drei leben konnten. Diesem Mann verdanke ich viel und ich vertraue ihm mein Leben jederzeit an. Jedenfalls schob er einen Riegel vor weiterer Forschung in diesem Bereich und ging damit an die Öffentlichkeit – zum Missmut des Landes und dieses Forschers, die unbedingt Menschen als Waffen nutzen wollten. Nein, Yuuras Fähigkeiten sind eine vollkommen andere Geschichte. Da Achromas gesucht wurde, aber Yuura und ich keineswegs mit ihm in Verbindung gebracht wurden – wie er das damals schaffte hat er mit bis heute nicht erzählt – trennten sich unsere Wege einige Zeit, bis das Land weltweit in Ungnade gefallen war und somit aufgelöst wurde. Einige sture wie böse Menschen dieses Landes haben sich in den Untergrund verzogen, um dort weiterzumachen. Bisher blieb deren Erfolg aus und Achromas hat die Zeit genutzt weltweit führend in so gut wie allen Wissenschaften zu werden – damit konnte er verhindern, dass die Wissenschaft mehr befleckt wird, als sie schon ist. Viel erreicht hat er schon, aber er wurde trotzdem verfolgt. Eines Tages waren Yuura und ich genau zur gleichen Zeit am selben Ort wie unser guter Freund. Erst wurde ich nicht auf ihn aufmerksam, aber da Yuura einfach so verschwand und ich ihn in einer Gasse in der Nähe hören konnte, fanden wir ihn verletzt im Müll liegen. Im Gegensatz zu anderen, bleibt er keineswegs lange am Boden liegen – egal bei welcher Verletzung, selbst wenn man ihm die Beine amputieren würde – er würde sich auf die Stummel stellen und weiterhin so tun, als sei nichts gewesen. Zu dem Zeitpunkt war es uns nicht klar, aber er wurde erst einige Sekunden vorher angeschossen und wollte uns verscheuchen, damit wir selber nicht getroffen werden. Doch dadurch hat er den Sturkopf in Yuura hervorgebracht, der dann aufkommt, wenn eine Person, die er gern hat, sich nicht helfen lassen will. Beim nächsten Schuss hat mein Verlobter die Kugel mit seinen Fähigkeiten aufgehalten sowie zerquetscht und den Schützen in die Gasse geholt – er war in einem Hochhaus in der Nähe, laut Yuura. Die Waffe hat dann ebenfalls das Zeitliche gesegnet und das war unsere erste Begegnung mit den Feinden von Achromas. Darauf folgten sehr viele Begegnungen, doch da Yuura niemals töten kann, wussten wir, dass es nie enden würde. Darum habe ich meine Kräfte genutzt und angefangen jeden zu töten, der den beiden gefährlich werden würde. Bist du überrascht, dass ich ebenfalls solche Fähigkeiten habe? Sie sind anders als die von Yuura, aber das ist gut so – ich habe nichts dagegen den finsteren Pfad zu gehen, solange ich weiß, dass Achromas und besonders Yuura in Sicherheit sind. Dass ich dafür auf die Kräfte zurückgreifen muss, die ich niemals wieder einsetzen wollte ist dafür ein kleiner Preis. Adrien, ich kann gut nachvollziehen wie es ist jemanden zu töten, der deine Liebsten über das Maß hinaus schädigen will und wie gut sich das Gefühl anfühlt, solch eine Macht anwenden zu können – zu bestimmen, ob diese Person es wert sei weiterzuleben. Verliere dich jedoch nicht so sehr wie ich damals – kämpfe gegen dieses wohlige Gefühl an, sonst verlierst du diejenigen an deiner Seite, die dir wichtig sind. Lerne mit dieser Macht in dir auszukommen und ich helfe dir gerne dabei, dies zu bewerkstelligen. Rein von meiner Einschätzung her kann Shirado nicht die gleichen Mächte nutzen, die zu meiner damaligen Rettung erforderlich waren, also musst du dich selber am Riemen reißen.“ Wow, diese Geschichte von den Dreien ist schon ein harter Brocken zum Verdauen und Verarbeiten. Darum verstehe ich auch, dass sie alles daran setzen nicht zu viel im Internet zu kursieren oder in den Nachrichten. Die Eröffnung von Café Kalos war eine Ausnahme, weil Joel nicht anders konnte – immerhin war Yuura nicht mit auf den Bildern – genauso wie Achromas. Einige Fragen würde ich ihm gerne stellen, aber mit welcher fange ich an? Bleibt uns beiden überhaupt genügend Zeit? Am besten fange ich mit der Frage an, die mir auf der Zunge liegt. „Ist dann Yveltal dein Kwami?“ Von meiner Frage ist er überrascht und sieht mich dementsprechend an, bis er lacht und gelöster wirkt, als bei dem bisherigen Gespräch – was meine Anspannung zurückbringt, die ich bis eben vergessen habe. „Bei all den Fragen, die dir kommen könnten, haust du die raus, die offensichtlicher mit einer Antwort bestückt ist, wie keine andere. Yveltal ist mein Partner, ja, wir benutzen die Bezeichnung Kwami nicht, denn Arceus ist unser oberstes Wesen. Dennoch wundert es mich, dass bei dir der Gedächtnislöscher keineswegs funktioniert hat.“ Bei der letzten Äußerung sehe ich ihn fragend an, lasse jedoch das Thema fallen. „Dann stammt ihr wirklich aus der Pokémonwelt, weshalb ihr am Anfang in dieser Welt andere Lebensumstände hattet.“ „Du schaltest schnell. Deine Vermutung ist richtig – wir drei stammen aus der Pokémonwelt und sind von Arceus geschickt worden, um hier auszuhelfen. Einiges läuft bei uns auch nicht korrekt ab, jedoch ist die Gefahr hier am größten und unser Gott hat Bedenken, weil ihr hier niemanden habt, der über euch wacht.“ „Haben wir nicht?“ „Haha, nein, ihr habt niemanden, auch wenn ihr einige Kulte habt, die ausgedachte Götter hervorbringen. Es gibt jedoch drei recht ranghohe Wesen, die versuchen ein Gleichgewicht zu halten, damit hier nicht alles aus den Fugen gerät. Man könnte sie als göttliche Wesen betrachten, aber ihr Menschen hier habt keinen Bezug zu ihnen oder wohl eher ihn verloren. Aber um diese geht es im Moment gar nicht, Adrien.“ „Stimmt, es geht darum, wie ich mich soweit unter Kontrolle bringe, dass ich keine Dummheiten mache. Ehrlich gesagt fand ich es berauschend diesen Forscher zu töten und würde es sehr gerne noch einige Male machen, doch er ist schon tot und neben diesem Drang, will ich auch noch Shirado ganz für mich alleine haben, wobei der sicher niemals mitmachen würde. Obwohl ich es selber nicht mag in Fesseln gelegt zu werden, würde ich es bei diesem wohlwollend durchführen.“ Sicherlich hält er mich jetzt für krank im Kopf und wird mir vorhalten, dass ich definitiv an mir arbeiten muss, doch als ich in sein Gesicht sehe, dabei die Augen betrachte, erkenne ich einvernehmliches Verständnis für meine Situation. Hat er all diese Gedanken ebenfalls gehabt? Möglich wäre es schon. „Moralisch gesehen mag es makaber klingen, aber du darfst ruhig so denken, Adrien, verliere dich nur nicht darin, wie beim Vorfall in der Eishalle.“ Jetzt habe ich das Gefühl jemanden gefunden zu haben, der mich wirklich versteht und ich erzähle ihm alles, was mich zur Zeit belastet. ~ Shirado ~ Mit Yuura im Vogelhaus des Zoos zu sein ist wie eine Reise in eine andere Welt zu unternehmen. Kaum gehen wir durch die zweite Tür, gesellen sich kleinere Vögel zu dem Dunkelgrünhaarigen, als wäre es selbstverständlich. Sobald ich jedoch eine Bewegung mache, geben sie Laute von sich, die in der Menge in den Ohren schmerzen. „Ruhig, ihr lieben Vogelpokémon. Das ist Shirado und ein Freund von mir, der nichts gegen euren Willen machen würde.“ Diese Selbstverständlichkeit, mit der Yuura zu den Vögeln spricht, finde ich immer noch ein bisschen unangenehm, denn sein Ton in der Stimme klingt genauso, als würde er mit einem von uns reden. Meistens redet man mit Tieren, speziell Haustieren, so, als ob man ein kleines Baby bei sich hätte. Kulleraugen oder niedliches Aussehen sind Indikatoren dafür, aber hier sind keine Babyvögel zu sehen, wie ich erkennen kann – der Nachhilfeunterricht fruchtet bei mir endlich mal auch im Alltag. Muss ich nachher Adrien erzählen, damit er Bestätigung hat, dass das Aufholen funktioniert. Weil ich einfach nur zugucke, wie die Vögel mit dem Menschen sich beschäftigen, erschrecke ich mich, als ich irgendwas an meiner linken Hand spüre und diese somit zu mir ziehe. Neben mir kommen beschwerende Laute und ich schaue mir den Flamingo an, der wohl gestreichelt werden wollte. „Ähm…, entschuldige, ich war in Gedanken. Hier.“ Ihm halte ich meine Hand hin und er dreht seinen Kopf so, dass sein Gefieder mit meiner Handinnenfläche in Berührung kommt. Um ehrlich zu sein fühlt sich das recht ungewöhnlich an, aber ich bewege meine Hand langsam sowie gleichmäßig, sodass der rosa Vogel seine Augen schließt. Man könnte echt meinen, dass ich in einem Streichelzoo wäre, denn normalerweise lassen sich diese Vögel nicht einfach so anfassen. Nur die Anwesenheit von Yuura scheint in den Tieren irgendwas auszulösen, damit sie sich anfassen lassen wollen sowie diese Berührung genießen. Vielleicht ist gerade diese unbedarfte wie naive Art das Rezept dafür, dass man sich bei ihm wohlfühlen kann. Ob Mensch oder Tier sogar die Pflanzen sind ihm zugeneigt, als ob dieser eine Mensch das Zentrum ihres Seins wäre. Selbst ich fühle mich bei Yuura so angenehm in Zuneigung gehüllt, dass ich mich ihm anvertrauen möchte sowie seine Nähe genieße, weil er mein Leben erhellt. Wie kann ich ebenfalls diese Fähigkeit erlangen, dass sich alle bei mir besser fühlen? Bei dem ganzen Chaos, was wegen mir kommt, würde ich es begrüßen, dass sich andere allein durch meine Anwesenheit erholen könnten. Neben dem Flamingo habe ich noch kleinere Vögel überall auf mir sitzen, sodass ich mir vorkomme, als wäre ich eine Vogelstange. Bewegen möchte ich mich keineswegs, sonst habe ich lauter Federn an mir sitzen und mein Haar wäre bestimmt eine Katastrophe. Allerdings ist das ein recht schönes Gefühl, das weiche Gefieder der Flugwesen an seiner Haut zu spüren. Wir bleiben noch einige Zeit im Vogelhaus und kaum wollen wir rausgehen, werde ich von einem Paradiesvogel, mit sehr langen Schwanzgefieder und einer enormen Größe, belagert. „Oh, Ho-Oh! Leider bist du zu spät für Streicheleinheiten, denn wir müssen raus zu Joel und Adrien.“ Der sogenannte Ho-Oh macht keine Anstalten von mir wegzufliegen, sodass ich gezwungen bin noch etwas länger zu bleiben, während mein Begleiter versucht den Vogel mit Argumenten von mir wegzubekommen. Nach der Sache mit dem Paradiesvogel wurde ich von so einigen Tieren noch belagert, die aus ihren Gehegen gekommen sind und Yuura hatte viel damit zu tun, dass mir nichts passiert und die Tiere zurückkehren. Einerseits war es eine lustige Erfahrung, doch auf der anderen Seite hätte ich darauf verzichten können von einem Panther umgenietet zu werden, nur damit er auf mir liegen sowie schnurren kann. Sobald Adrien oder Joel in unsere Nähe gekommen sind, knurrten, fauchten oder schnauften die Lebewesen bedrohlich. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Yuura mit mir irgendwas getan hat, denn solch ein Verhalten habe ich bisher nie bei Tieren ausgelöst. Außerhalb vom Zoo ist jedoch nichts weiter passiert und ich habe den Verdacht, dass Yuura und ich eher ein Date hatten, als Adrien und ich. Dieses Doppeldate wird auf jeden Fall in meinen Erinnerungen bleiben und dem blonden Schönling sowieso, denn er grübelt immer noch darüber, obwohl wir auf dem Weg zur Schule sind. Joel und er haben sich gut unterhalten, jedoch war er mir gegenüber recht wortkarg seit Samstag – pervers blieb er trotzdem noch. Keine Ahnung, was er alles in Gedanken abarbeitet, aber dieser Zustand muss aufhören. „Adrien, wir sind fast da und ich möchte gerne erfahren, was dich so beschäftigt, dass du kaum mit mir redest.“ Waren es meine Worte, die ihm zu verstehen geben sollten, dass ich nicht allein sein Lebensmittelpunkt bin? War es was, was er mit Joel beredet hat? Auch die Federn an mir könnten ihn beschäftigt haben. Egal was es ist – alles ist besser, als dieser wortkarge Blonde bei mir. „Kleines, ich weiß die Antwort selber nicht mal, wie soll ich dir dann eine geben können?“ Wenigstens bekomme ich mal mehr als nur einige Brocken an Worten zu hören. Dass er allerdings keine Antwort auf seine Grübeleien findet, finde ich wiederum doof. Ihn beschäftigen diese Gedanken sehr, aber ich ahne schon, dass ich nicht mehr aus ihm herausbekommen werde. Darum lasse ich das Thema fallen und versuche ihn aus dem Gedankenstrudel herauszubekommen, indem ich ihn ablenke. Erfolg damit habe ich zumindest ein kleines bisschen, denn er lacht befreit bei meinem letzten Versuch, bevor die Limousine anhält. Puh, es wurde Zeit, dass er eine positive Reaktion erhält und ich bin glücklicher dadurch. Gut gelaunt steige ich aus und werde von Ricardo festgehalten, denn sonst wären Marinette und ich beide auf den Boden gekracht. Wir helfen ihr auf und sie trauert um ihre zerquetschten Macarons, die sie heute mitgebracht hat. Nebenbei fällt mir auf, dass ihre kleine Handtasche geöffnet ist und dort jemand herauslugt. Meinen Blick kann ich jedoch nicht weiter auf das mysteriöse Wesen richten, welches in ihrer Handtasche zu leben scheint, weil sie flink diese zumacht und versucht zu retten, was noch zu retten wäre. Bis auf Bruchstellen und Füllung außerhalb der brüchigen Macarons kann man diese noch essen, weil der Karton diese einigermaßen gesichert hat. Frech, wie mein Bodyguard manchmal ist, schnappt er sich eines von den kaputten Gebäckstücken und isst dieses einfach. „Vorzüglich gemacht, Marinette. Woher hast du diese?“ „Papa hat sie für mich heute bereitgestellt. Bist du dir wirklich sicher, dass man sie noch essen kann?“ „Natürlich. Wer davon nichts zu sich nimmt, hat selber Schuld und das Auge muss nicht immer mitessen.“ Er heitert sie auf und das finde ich liebenswert an ihm. Trotz seiner frechen Art findet er die richtigen Worte, damit es einem besser geht. Adrien mopst sich auch einen von den kaputten Macarons und muntert sie ebenfalls auf. Mit neuem Enthusiasmus beeilt sie sich in die Schule zu kommen – als seltene Ausnahme ist sie heute pünktlich da. „Süßem kannst du echt schlecht widerstehen, Adrien.“ „Tja, bei dir als süßeste Versuchung der Welt ist es auch kein Wunder.“ Hätte ich ihn doch besser in seiner Grübelei gelassen, denn diese Aussage mit dem flirtenden Ton dahinter treibt die Hitze in mein Gesicht und ich brauche einige Sekunden, bis ich wieder klar denken kann, was Ricardo und ihn erheitert. Beide lasse ich einfach stehen und gehe beleidigt in die Schule, wo Nathaniel mich ein wenig aufheitert und mir eine Seite aus einem neuen Comicbuch zeigt, an welchem er gerade arbeitet. Opa Max begeistert sicher, dass der Orangehaarige neben mir, extra für ihn ein ganzes Comicbuch zeichnet. „Woher hast du denn die Idee hinter deinen Zeichnungen in diesem Buch, Nathaniel?“ „Ach ja, da warst du nicht dabei – Marc Anciel aus einer Nebenklasse hat mir eine wundervolle Geschichte gezeigt. Nach einigen Missverständnissen, die ich keineswegs ausführen will, haben wir uns zusammengetan. Seine Fantasie findet sich in Worten wieder und meine in den Zeichnungen.“ Ergo hat Nathaniel irgendwas getan, was diesen Marc akumatisiert hat – manchmal geht es mit meinem guten Freund hier durch. Nun bin ich neugierig auf diesen Marc und kann kaum erwarten, dass es Pause wird – auch wenn ich den Unterricht liebe. Leider hat sich herausgestellt, dass dieser Marc gerne Verstecken spielt, denn finden konnte ich ihn nicht in der ersten Pause. Die Mittagspause ist schon zur Hälfte herum und Adrien schaut ebenso nach mir, wie ich nach dem mir unbekannten Jungen. Aufgeben ist an sich keine Option für mich, denn ich weiß schon mal, dass er in der Schule sein muss, aber der blonde Schönling hat mich früher erwischt, sodass ich meine Suche für den Rest der Pause aufgeben muss. Ja, ich muss meine Mahlzeiten nicht auslassen, weil ich dünner geworden bin durch die Zeit von ihm getrennt, jedoch muss er nicht wie eine Glucke auf mich aufpassen – ich esse, wann ich Hunger habe, denn mein Körper bestimmt und nicht irgendwelche Personen außerhalb meines eigenen Körpers. Nach der Schule starte ich meinen letzten Versuch und erhalte Informationen darüber, dass Marc gar keine weiteren Aktivitäten hier an der Schule hat und somit früher nach Hause gegangen war. Toll, ich suche mich den ganzen Tag durch meine Mitschüler, nur um am Ende kein zufriedenstellendes Ergebnis zu besitzen. Klasse, ich bin vollkommen einer Zeitverschwendung erlegen gewesen. Wobei ich lieber konstruktive Zeitnutzung wählen würde, denn ich habe ein Zeitfenster erhalten, in dem ich diesen Marc finden kann. Jede Pause werde ich die nächsten Tage dafür nutzen, damit ich ihn kennenlernen kann! Wäre doch gelacht, würde ich es keinesfalls schaffen. Zuerst aber gehe ich zur Limousine und werde zum Café Kalos gefahren, weil Alya mit mir reden möchte und sie findet, dass es am besten in unserem Treffpunkt sei. Dagegen habe ich nichts einzuwenden und begrüße Joel, der gerade bedient, bevor ich den geheimen Code langsam eingebe – viel zu kompliziert für mich – allerdings erinnere ich mich so daran, dass die Hochzeit von dem Paar bald stattfinden wird. Auf diese Hochzeit freue ich mich sehr – obwohl ich nicht mal weiß, wo sie heiraten wollen, welche Gäste eingeladen sind…, im Endeffekt habe ich gar keine Ahnung, was die zwei geplant haben. Dahingehend muss ich mal vorsichtig nachhaken, weil ich schon gerne dabei sein möchte. Unten angekommen begrüße ich Alya, die mich direkt neben sich zieht, damit ich sitze und sie daraufhin aufsteht. Verstehe einer wer will, aber manchmal komme ich mir vor, als ob man mich serviert und ich darauf warten muss, gegessen zu werden. Sie nimmt von ihrem Arbeitsplatz einen Haufen an Papieren mit, bevor sie sich mir gegenüber hinsetzt und ihre Ladung auf dem Tisch geordnet verteilt. „So, ich habe hier einiges zusammengetragen und will mit dir alles durchgehen, bevor ich mit meiner Planung fortfahre. Zuerst einmal hast du keine Schwierigkeiten mehr unsere Sprache zu sprechen und deinen Akzent hört man nur noch, wenn man ganz genau hinhört. Dies ist super, denn so kannst du eher die Leute in Frankreich für dich gewinnen. Wie weit bist du mit der arabischen Sprache, die du lernen wolltest?“ „Gerade noch bei den Grundlagen – wobei ich die Sprache erstmal nur sprechen möchte und nicht schreiben – dafür habe ich ein anders Mal sicherlich mehr Zeit übrig.“ „Aha, gut, dass es bei dir läuft. Deine Antwort kann ich dann soweit niederschreiben und bei der nächsten Besprechung bleibt dieses Thema bestehen. Das nächste Thema wäre dein Weihnachtsalbum, womit du startest. 24 Lieder plus zwei als Bonus hast du dir gedacht und auf diesem Blatt habe ich die Rohfassung der Aufstellung, die Nino gemacht hat. Zusätzlich hat er dir pro Lied zwei Versionen der Musik als Probe gebrannt, damit du dir Gedanken machen kannst oder herausfinden, was dir von den Beispielen gefällt.“ Geplättet bin ich schon von dem Feuereifer, den sie und Nino an den Tag legen – ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, dass ich ein Weihnachtsalbum singen wollte – es war einfach zu viel los. Dankend nehme ich die Auflistung sowie die Probe-CD an mich und habe somit was zu tun, sobald ich in meinem Zimmer bin – wobei ich ja bei Adrien bin…, dann eben in seinem Zimmer. Plagg wird mir sicherlich helfen, wenn ich ihm Camembert verspreche. „Weiter geht es im Programm. Dieses Einschreiben meldet dich bei einem Gesangswettbewerb an, welcher am Ende der Sommerferien stattfinden wird. Bei deinem Talent wärst du hundertprozentig unter den ersten drei Platzierungen – wenn nicht sogar auf dem ersten Platz.“ „Aber Alya, ich singe nicht um zu konkurrieren, sondern um die Herzen, Seelen und Körper anderer zu erreichen.“ „Ist mir schon bewusst, Shirado, jedoch ist dieser Wettbewerb für dich der Einstieg in die französische Musikwelt und wenn du es schaffst, wird sich dein Weihnachtsalbum gut verkaufen und du kannst weitere Auftritte erhalten. Dadurch würdest du mehr Berühmtheit erlangen und sogar Auftritte in anderen Ländern in Europa halten können. Sobald du diesen Schritt erreicht hast, könnten weltweite Auftritte sogar folgen. Sofern du es natürlich willst, immerhin geht es um dein Wohl. Allerdings wäre ein breites Publikum für dich als Siegelmeister besser, denn so schwächst du diejenigen, die hinter dir her sind.“ Recht hat sie zwar, aber so richtig wohl fühle ich mich kein Stück, weltweit auf Tournee zu gehen. Obwohl es schön klingt, alle zu erreichen… Gedanken kann ich mir machen, sobald es dahingehend Zeit wird, denn noch bin ich in Europa ein komplett unbeschriebenes Blatt. „Darf man bei diesem Wettbewerb nur singen oder auch mehr zeigen?“ „Speziell eine Bühnenshow gestalten sowie durchführen – mit Tanzeinlagen?“ Ihr nicke ich zu und sie überfliegt die zehn Seiten des Regelwerks, wie es für mich aussieht. Als sie was gefunden hat, legt sie das Bündel Papier auf den Tisch, hält ihren linken Zeigefinger auf die Stelle gedrückt und wählt mit der anderen Hand eine Nummer auf ihrem Handy. „Alya Césaire, Managerin von Shirado Fleur, guten Tag. Ja, es geht um eine reine Verständnisfrage, was den Gesangswettbewerb betrifft, der gegen Ende der Sommerferien stattfindet. Genau der, korrekt. Shirado würde gerne erfahren, ob es auch erlaubt ist eine kleine Bühnenshow zu kreieren sowie durchzuführen während des Auftritts. In Ihrem Regelwerk steht nämlich nichts davon, ob dies erlaubt wäre oder nicht – dort steht nicht mal, dass es nur um den Gesang geht. Daher wäre ich Ihnen verbunden, wenn Sie mir diese Frage beantworten könnten. Okay, ich warte.“ Neben der Spur zu sein gehört wohl zu meinem neuen Alltagsrhythmus, denn Alya klingt professionell während des Gesprächs und setzt die andere Seite unter Druck. Weitergeleitet zu werden gehört wohl ebenfalls dazu, den sie hakt schon bei der vierten Person nach – als ob die alle echt keine Ahnung hätten. „Geben Sie mir einfach Ihren Chef und dann hätten wir alles geklärt!“ Oh, oh, anscheinend wird sie gerade sauer, weil sie hingehalten wird. „Was soll das heißen, dass der Chef niemanden spricht, der mit der Veranstaltung nichts zu tun hat?! Ich will Shirado Fleur anmelden und nur eine simple Frage beantwortet haben. Sagen Sie mir nicht, dass ich mich beruhigen soll! Sehr gerne können Sie mal durch Ihre halbe Firma weitergeleitet werden und sich immer wiederholen, weil niemand von Ihren Mitarbeitern mir diese eine Frage beantworten kann! Ja, ich warte.“ Dringend sollte ich mir überlegen, wie ich meine Freundin beruhigen kann, denn sie explodiert fast und telefoniert schon fast eine Stunde mit den Veranstaltern herum. Erleichterung zeigt ihr Gesicht nun und ich atme erleichtert aus – wobei ich nicht mal bemerkt habe, dass ich meine Luft anhielt. „Genau, Shirado Fleur möchte teilnehmen. Um diese Sache geht es, ja. Also ist es freigestellt? Danke für Ihre Zeit. Bis zur Veranstaltung.“ Genervt stöhnt sie nach der Beendigung des Telefonats und lehnt sich zurück, nachdem sie sich auf das Sofa hat fallen lassen. „Erwachsene sind manchmal überaus anstrengend. Nur eine simple Frage stellt man und man lernt die halbe Veranstaltungsfirma kennen, weil niemand eine Ahnung hat. So möchte ich kein Stück enden.“ Frustration, du sollst aus Alya verschwinden. Husch dich woanders hin. „Doch habe ich eine wunderbare Neuigkeit für dich – eine Bühnenshow ist freigestellt, wer eine machen möchte für sein Lied. Vorbereitet werden muss diese allerdings selbst, jedoch werden Bühnenarbeiter alles aufbauen. Für eine Band muss man ebenfalls selber sorgen, aber ich habe da schon einige Leute an der Hand, die mitmachen würden. Von dir brauche ich nur das Lied und die dazugehörigen Noten sowie deine Vorstellung von der Show und einige gemeinsame Proben müssten wir noch ansetzen – aber das bekommen wir zeitlich alles hin.“ „Opfert nicht alle eure Ferien nur für mich, Alya!“ „Hm? Schon mal was von Freiwilligkeit und dabei Spaß haben gehört?“ „Ich…, äh…, hä?“ „Haargenau – wir alle möchten das machen, sonst hätte ich dir das alles gar nicht vorgelegt, weil wir dich kennen, Shirado. Du denkst mehr an andere als an dich selbst und wenn du an dich denkst, willst du dich verbessern oder bei irgendwem irgendeine ausgedachte Schuld begleichen, die aus dessen Sicht gar nicht existiert. Zum Schluss habe ich hier noch einige Outfits von Marinette und Nathaniel, die du dir anschauen sollst, bevor beide mit der Anfertigung beginnen.“ Komme ich überhaupt noch mit? Kennen mich die anderen wirklich schon so gut? Tief in mir sprudeln Glück, Erleichterung und Trauer oder eher Melancholie hoch, weswegen ich schniefend versuche nicht wie ein Trottel auf dem Sofa zu sitzen und glücklich zu heulen, weil die alle mich so gut kennen. Umarmt werde ich von ihr und heule meine gemischten Gefühle erstmal aus, bevor ich die Designs mir betrachte. „Wieso habe ich nicht noch einen Camembert verlangt? Dann würde ich in aller Ruhe vor dem Fernseher sitzen und gemütlich schlemmen.“ Plagg ist am Nörgeln, seitdem er den ganzen Camembert aufgegessen hat und ich in diesem Zeitraum gerade mal fünf Musikbeispiele konkret durchgehört habe. „Für deinen hohen Konsum kann ich nichts, Plagg. Hättest du dir den Camembert aufgeteilt, wie ich dir empfohlen habe, wärst du noch am Essen und weniger am Nörgeln. Im Moment kann ich dich auch leider nicht belustigen, denn es ist wichtig, dass ich die CD durcharbeite, solange Adrien beschäftigt ist.“ „Das ist es ja gerade – sonst nimmt er mich überall mit hin nur heute soll ich bei dir bleiben.“ Klingt eher so, als würde das Maskottchen schmollen, dass sein Besitzer mal ohne ihn losgezogen ist. „Schmolle doch nicht, Plagg, dazu habe ich eher einen Grund, weil das Maskottchen meines Freundes mich anscheinend nicht leiden kann.“ „Nein, so war das gar nicht gemeint, Shirado. Bitte nicht schmollen – du bist mein zweiter Menschenfreund.“ Wenigstens zeigt er Reue, wenn ich anfange zu schmollen und ich gebe ihm einen Kuss auf die Stirn, ehe ich mit der sechsten Aufnahme fortfahre. Immerhin kann ich diese Aufgabe erledigen, bevor ich eine weitere ungewollte Auszeit erfahre – hoffe ich zumindest, denn alles schaffe ich heute nicht. Kaum beende ich die sechste Probe, knallt die Zimmertür auf und ich erschrecke mich fürchterlich, bis sie zuknallt und ein wütender Blondschopf sich auf sein Bett schmeißt. Normalerweise würde Plagg direkt zu seinem Besitzer schweben und ihn fröhlich empfangen, jedoch will er diesen gerade nicht falsch erwischen. Weil ich sowieso fertig für heute bin, stelle ich diese Musikanlage aus und gehe die Galerie hinunter, um mich neben ihn auf das Bett zu setzen. Sanft streiche ich sein Haar und langsam entspannt er sich dadurch, sodass auch Plagg sich zu uns gesellt. „Was ist passiert, Adrien?“ Zwar wirft er mir keinen Blick zu, jedoch spannt er sich erneut an, was mich wundert, denn ich dachte, dass meine Nähe ihn eher entspannt – egal was ihn gerade belastet. Da bleibt mir nur mich zu ihm zu legen, damit er mehr Nähe von mir erfährt und ich warte darauf, bis er bereit ist über den Vorfall zu reden, der ihn so wütend macht. „Papa hat mir deutlich gemacht, dass ich in den Sommerferien mehr Zeit als Model arbeiten soll, anstatt diese anderweitig zu nutzen – immerhin bin ich das Aushängeschild für Agreste la Mode. Dies beinhaltet weniger Zeit für dich und unsere Freunde. Dabei wollte ich unbedingt dabei sein, wenn du dein Weihnachtsalbum singst und bei dem Gesangswettbewerb alle in den Schatten stellst. Nino und ich wollten mit Nathaniel auch einiges unternehmen – das muss ich wohl oder übel alles absagen. Ich war so wütend auf Papa, dass ich gesagt habe, dass ich lieber nicht sein Sohn wäre und bin rausgestampft.“ Hach, beide haben immer noch solche Probleme und ich dachte, dass sie diese endlich aus der Welt geschafft hätten. Es dauert sicherlich seine Zeit, bis alle Wogen geglättet sind, jedoch habe ich mir schon mehr erhofft. „Lasse mich mal mit deinem Vater reden, Adrien – vielleicht kann ich einen Kompromiss aushandeln.“ „Bloß nicht, Shirado! Auf dich ist er am wenigsten gut zu sprechen.“ „Na und? Es geht um dich und da haben er und ich eine Gemeinsamkeit.“ Bevor er noch mehr Protest aus seinem Mund kommen lässt, gebe ich ihm einen Kuss und verschwinde kurzerhand aus seinem Zimmer. Unten im Foyer sitzt Nathalie an ihrem Arbeitsplatz und bemerkt mich nicht einmal oder sie will es nicht – mir soll es recht sein – denn sie ist keineswegs meine Zielperson. Gesittet klopfe ich an die Tür zum Arbeitszimmer von Monsieur Agreste und dabei scheint sie aus ihrer Arbeit aufzuschrecken sowie mich zu bemerken. „Monsieur Agreste will im Moment nicht gestört werden, Mademoiselle.“ „Mir gerade ehrlich gesagt egal, denn Adrien geht es wegen ihm schlecht und die Worte von diesem haben sicherlich Monsieur Agreste verletzt, also möchte ich vermitteln, Nathalie.“ Zuckt sie ernsthaft bei meinen Worten kurz zurück, als ob ich gerade eine Bombe entschärfen will und dabei den ersten Draht auf gut Glück entferne? Sie steht auf, umrundet ihren Arbeitsplatz und klopft anders an als ich – was ich mir merken muss, denn sie bekommt eine Reaktion. „Was gibt es, Nathalie?“ „Hier möchte Sie jemand sprechen, Monsieur.“ „Na gut, ich kann mich gerade sowieso nicht konzentrieren.“ Gibt er dies gerade zu? Noch nie habe ich ihn sagen hören, dass er sich im Moment nicht konzentrieren kann, also beschäftigt ihn das Gesagte von seinem Sohn, wie ich es mir dachte. Seine Sekretärin lässt mich eintreten und ich höre von dem Mann nur ein ziemlich genervtes Stöhnen. „Ebenfalls schön Sie zu sehen, Monsieur Agreste. Ihnen geht es also genauso schlecht mit der vorhin aufgekommenen Situation wie Adrien – zumindest freut es mich, dass Sie menschliche Züge zeigen, anstatt die eines Roboters.“ „Was wollen Sie, Mademoiselle Fleur?“ „Vermitteln. Einfach nur vermitteln. Zwischen eine Familie wollte ich mich nie drängen, aber ich muss es nun, sonst verlieren Sie Adrien und er Sie, Monsieur. Ob Sie es glauben wollen oder nicht – ich weiß über das Verschwinden Ihrer Frau Bescheid. Dieser Fall belastet Sie und Sie haben hohe Verlustängste, neben einigen weiteren Ängsten, die aus Ihrem Erfolg und Namen resultieren – ich kenne dies nur allzu gut von Vater, nur halt nicht in diesem Maße wie hier. Monsieur Agreste, können Sie nicht einige Termine zusammenlegen oder verkürzen, sodass Adrien einfach Kind sein darf? Menschen brauchen Nähe zu anderen und Sie bilden da ebenfalls keine Ausnahme, sonst würden Sie nicht Nathalie haben oder mit Vater sprechen sowie befreundet sein. Ich wette sogar, dass Sie selbst als Kind viel mit Freunden beschäftigt waren und diese Zeit sowie die Personen in dieser haben Sie zu dem gemacht, wer Sie sind. Gönnen Sie Adrien doch diese Erfahrungen in einem Rahmen, der Ihnen und ihm zusagen – immerhin haben Sie es auch geschafft zu akzeptieren, dass ich im Anwesen bin. Niemand von uns will Ihnen Ihren Sohn wegnehmen, Monsieur Agreste, und mit uns ist er keineswegs alleine. Und was Adrien zu Ihnen gesagt hat, meinte er in Wirklichkeit gar nicht so – er war nur außer sich und wütend über die Verplanung seiner Sommerferien, ohne ein Wort mitreden zu dürfen.“ Er nimmt seine Brille ab, seufzt und massiert den Zwischenraum seiner Augenbrauen dabei, bevor er sie aufsetzt und mich ansieht – mit traurigen Augen, die noch mehr Schmerz verbergen. Ihr Verschwinden hat die Familie erschüttert, Madame Agreste – wo auch immer Sie sind. „Sage Adrien, dass ich ihn nach dem Abendessen sprechen will, Shirado.“ Erfreut über seine Einsicht – seine Stimme klingt danach – bedanke ich mich, dass er zugehört hat, bevor ich glücklich pfeifend zurück in Adriens Zimmer gehe, um diesen von meinem Erfolg zu berichten. Glauben kann er es mir kein Stück, doch nach dem Abendessen geht er zu seinem Vater ins Arbeitszimmer und ich warte mit Plagg darauf, dass er zurückkommt. An sich könnte ich mich auch schon für das Bett fertigmachen, denn woandershin komme ich heute Abend sowieso nicht mehr. Unter der Dusche entspanne ich mich und das Maskottchen hat sich wegen meiner Pläne auf das Sofa zurückgezogen, damit es fernsehen kann. Mir soll es recht sein, denn so kann ich in Ruhe das warme Nass genießen. „Nette Aussicht.“ Jemand ist im Badezimmer, der nicht hierhergehört. Zusammengezuckt bin ich schon mal, allerdings wollte ich mich nicht komplett zeigen, indem ich mich umdrehe. „Wer ist so frech und steigt in ein Badezimmerfenster ein, ohne sich anzumelden?“ Pokern muss ich, bis Adrien auftaucht, denn der lugt sehr gerne rein, wenn ich bade oder dusche – allerdings nur bei ihm daheim. Jetzt wäre der richtige Moment dafür, dass er pervers wird. „Wie überaus erfreulich, dass man bei einer Gefangenen sogar Termine machen kann, um zu spannen. Da will ich mal nicht so sein und mich vorstellen – ich bin der Zapper.“ Mist, ein akumatisierter Schurke oder einer, der von den bösen Infernalen übernommen wurde, denn die anderen sind keineswegs an mir interessiert. Woher soll ich wissen, welche beiden Parteien gerade am Werk sind? „Dürfte ich dann dem werten Zapper darum bitten mir meine Kleidung für die Nacht zu geben, da ich ins Bett möchte?“ „Ja und nein – die Kleidung sei dir gewährt, aber ins Bett kommst du nicht – in meines würde ich dich zwar lassen, auch wenn du männlich bist – aber ich habe mit dir noch was vor.“ Adrien – wann spannst du endlich mal?! Genau den einen Moment, wo es angebracht wäre, tauchst du kein Stück auf! Dich könnte ich gerade ordentlich schütteln! Mehr als die Unterwäsche für unten sowie einem Oberteil von Adrien – die er mir sogar jeden Abend zurechtlegt – und einer Boxershorts vom Blonden ziehe ich die Nacht nicht mehr an – schrecklich, wie schnell man sich daran gewöhnen kann. „Man kann regelrecht erkennen, dass die Kleidergröße für dich viel zu groß ist, aber es hat den Anschein, dass die meisten Sachen gar nicht zu dir gehören, sondern zu…“ „Shirado? Warum duschst du schon?“ „…ihm.“ „Bin gerade fertig, Adrien. Wehe du kommst rein!“ Halte dich nicht daran, wie sonst auch, los! „Ach komm‘ schon, Shirado, lasse mich dich doch endlich nackt sehen~.“ Eine Hand von mir landet auf meiner Stirn – in letzter Zeit drängt er mich regelrecht, als ob wir keine Zeit hätten. „Finde ich Worte dafür? Selbstverständlich finde ich welche. Verabschiede dich von Shirado, Adrien Agreste, ich nehme mir ihn mit.“ Kaum beendet er seine Aussage, hat er mich gepackt und über seine Schultern geworfen. Deswegen sehe ich nicht, was er gerade macht und kann nur erkennen, wie der Blonde hastig eintritt, bevor er komplett aus meinem Sichtfeld verschwindet und ich Gras anschaue. Kann der Zapper etwa Portale nutzen, wie der Portalmeister? Wohin hat er mich überhaupt gebracht? Vom Aussehen her könnte man meinen, dass ich in irgendeinem Reservat wäre, weil die Umgebung komplett naturbelassen aussieht – keine einzige menschliche Erfindung kann ich erkennen. Wälder erstrecken sich bis zu einem weitläufigen Gebirge, während auf der anderen Seite ein riesiger See bis in die weite Ferne sich zu erstrecken schient. Inmitten dieser wunderschönen Naturlandschaft sind wir, wobei ich immer noch keinen Blick auf die Handhabung der Kräfte vom Zapper erhaschen konnte. Dies sollte ich nachholen, jedoch lässt er mich kein Stück frei von dieser Haltung und mir fließt das Blut in meinen Kopf. „Merkwürdig…, er sollte schon längst am Treffpunkt sein.“ Plötzlich habe ich das Gefühl mich erbrechen zu müssen und mein Bewusstsein schwankt zwischen wach sein und bewusstlos werden. Angst keimt in mir hoch, denn solch eine verrückte Situation kenne ich bisher kein Stück. „Ah, du kommst ja doch noch. Den Siegelmeister habe ich mitgebracht, wie versprochen.“ „Gute Arbeit.“ Ohne Anstrengung scheint mich dieser Neuankömmling vom Zapper wegzunehmen und dann höre ich nur noch, wie ein harter Schlag ausgeteilt wird und irgendwas wegfliegt, bevor ich meinem Körper die am wenigsten unangenehme Situation überlasse – die Bewusstlosigkeit. ~ ??? ~ Alles ist nach Plan gelaufen. Azure würde niemals darauf kommen, dass ich mich an dem Licht einer anderen Dimension zu schaffen mache, damit ich meine Herrschaftspläne anderswo ausleben kann. Bald kann ich über eine Welt herrschen, die ich kreiert habe, ohne gestört zu werden von den Lakaien Arceus‘ oder anderen Auserwählten. Jetzt muss ich nur noch Dialga, Palkia und Giratina dazu bringen mir zu gehorchen, sonst komme ich nicht in die Dimension, in die ich will, aber das dürfte kein Problem sein. Diese drei schulden mir sowieso noch was, von daher dürften meine Pläne reibungslos verlaufen, egal ob sie kooperieren werden oder nicht. Hehe, tut mir nicht Leid, Azure, dass ich dich verlasse, jedoch will ich endlich herrschen und dies kann ich in dieser Welt nicht, solange du mir im Nacken sitzt. Sinnieren kann ich ein anderes Mal, nun muss ich meinen Plan weiterverfolgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)