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Ein Mirakel zwischen zwei Identitäten

von

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Von Bernstein bis Diamanten

Von Bernstein bis Diamanten
 

In irgendeiner Art und Weise tut mir Keisuke Leid, denn Vater hat ihn in seinem Verhör, wenn ich es richtig von Ricardo gehört habe, durch die wörtliche Mangel genommen. Dabei hat er sogar eine Woche durchgehalten, bis er am Ende eingeknickt ist. Was total süß von Keisuke war, dass er mich nur in Sicherheit bringen wollte, damit ich nicht von sonst wem entführt werde. Bei ihm hätte ich es sicher gehabt, denn gegen seine Familie legt sich nur selten einer an. Seine inszenierte Show sollte so echt wie möglich sein, sodass er keine Mühen gescheut hat. Alles nur wegen meiner Wenigkeit, die sich schlecht fühlt, weil andere mit hineingezogen wurden, die nichts damit zu tun und auch kein Wort verstanden haben. Adrien kann neben Französisch und Chinesisch auch noch Japanisch sprechen. Wir haben dahingehend nicht gelernt, was mich schon wundert, dass er es dermaßen gut kann. Madame Bustier muss irgendwie unterschwellig einen Trick anwenden, denn ich kann besser Englisch als früher in Japan. Woran liegt das wohl? Jedenfalls darf Keisuke sich von mir verabschieden, denn sein Vater holt ihn ab. Daheim wird er dermaßen die Leviten zu lesen bekommen, dass ich ein bisschen Mitleid bekomme. Allerdings hält sich dieses in kurzen Grenzen. Zu meiner Überraschung begleitet mich Adrien, womit ich kein Stück gerechnet habe. Auf dem Dach von Vaters Laible landet ein Hubschrauber und aus diesem steigt einer der größten Japaner überhaupt – Hosuke. Mir fällt gerade auf, dass ich nur die Vornamen von seiner Familie kenne. Na ja, ist auch nicht so schlimm. Vater und er umarmen sich vor lauter Wiedersehensfreude und fragen nach dem werten Befinden, bevor Hosuke sich mir widmet und sich entschuldigt für den ganzen Aufruhr. Dennoch gelte ich zu seiner Familie, wenn auch ohne direkte Verbindung und er würde mir helfen, sollte ich seine Hilfe brauchen. Wow, Keisuke muss wirklich viel angestellt haben, dass solch eine große Schuld auf seine Familie gekommen ist. Dankend nehme ich dieses Geschenk an und dann widmet er sich Adrien, dem er rät, dass man mich am besten in Ketten legt, damit mich niemand klauen kann. Daraufhin schmolle ich, weil diese Worte nicht hätten sein müssen. Reicht doch, dass Vater dies weitestgehend umgesetzt hat, da braucht Adrien es keineswegs zusätzlich machen. Der antwortet jedoch mit einem enormen Selbstvertrauen, dass er ohne Ketten auf mich achten wird, was den Yakuzaboss zum Lachen bringt. War ja klar, dass ich Mittel zum Zweck bin. Der große Mann beugt sich vor und flüstert dem Blonden irgendwas zu, was diesen ernst nicken lässt. Okay, ich darf mal wieder nichts erfahren, aber hey, um mich geht es auch in diesem Moment nicht, nein, überhaupt nicht. Dann gibt er auch noch ernsthaft sein Wort darauf? Dies muss so ein Männerding sein, von dem ich absolut null Ahnung habe, da ich eher andere Interessen besitze. Bisher war Keisuke recht still, doch kaum wendet sich sein Vater ihm zu, macht er sich ganz klein. Hilft ihm aber wenig, denn der größere packt ihn und wirft ihn stumpf in das fliegende Gefährt, bevor er sich von uns verabschiedet. Für eine kleine Show ist die ganze Familie zu haben. Nun werde ich in das Ankleidezimmer geschickt, während Vater und Adrien noch einiges zu besprechen haben, wie er es mir andeutet. Na gut, ich gehe in das Ankleidezimmer, welches nur für mich ist, wenn ich später modeln soll. Dort erwarten mich wieder ein ganzer Haufen Leute – das kann echt lange dauern. Zuerst soll ich Cocktailkleider anziehen. Meint Vater es ernst, dass ich etwa diese präsentieren soll? Würg, rosa und pink sind Farben die ich wahrlich ungern anziehe. Als dezente Muster vielleicht, wie die Kirschblüten, aber niemals komplett. Wer von denen diese Idee hatte, sollte sich den Kopf spülen lassen. Zumindest die drei anderen gefallen mir von den Farben her, sodass ich sie gerne anprobiere. Mir sind sie ein bisschen zu weit, sodass die Leute Nadeln reinstecken und sie straffer machen. Dass ich keine der Puppen bin scheint sie wenig zu interessieren. Sie haben wohl Druck, denn sonst wären sie weitaus vorsichtiger mit mir oder sie gehören zu Monsieur Agreste. Mein letzter Gedanke bringt mich dazu, dass ich lieber doch woanders wäre. Sind Vaters Angestellten dann bei ihm, um nachher Adrien ebenfalls zu foltern? Obwohl…, er wird sich wahrscheinlich wundern, wieso diese ganz in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen und sich keineswegs abhetzen. Jeder Arbeitgeber ist unterschiedlich, also stelle ich mich darauf ein, dass ich einige Pikse aushalten muss. Jedes Mal werden Fotos gemacht und nach den Cocktailkleidern kommen ernsthaft zwei viktorianische Kleider. Haben die beiden zu tief ins Glas geschaut? Schon wieder ist eines maßgeblich in Rosa, was ich sofort verschmähe. Das mit dem hellblauen Ton hingegen sieht schick aus, auch wenn ich erst ein Eisengestell anziehen muss. Für meine sonstigen Verhältnisse dauert dieser Vorgang sehr lange. Hoffentlich fangen wir mit diesem Kleid an, denn sonst zieht sich die Modenschau in die Länge und ich bekomme kaum Lauft, weil alles sehr eng sein soll. Mit dem Make-Up sehe ich wirklich aus wie dieser Zeit entsprungen, bis auf mein natürliches Haar. Jedenfalls passen meine Spitzen zu der Farbe. Ein Glück muss ich das nicht alleine wieder ausziehen – ohne Hilfe gehen beide Vorgänge nicht. Es erfolgt ein Kleid, welches ich in die 50er-Jahre schätze. Meine Haare sollen dahingehend auch gemacht werden, aber dies sparen sie sich heute, da nur Kleideranprobe ist. Lange halte ich das auch nicht mehr durch. Fast jedes Jahrzehnt und Jahrhundert haben wir durch und ich will nur noch ins Bett – nach neun Stunden Anprobe auch kein Wunder. Monsieur Agreste ist ein Sklaventreiber. Das Programm scheint noch nicht durch zu sein, also muss ich noch drei Stile anziehen. Eine ägyptische Frau zu sein steht mir – wäre ein tolles Sommeroutfit. Schlicht, luftig und zeigt Haut – mein Stil. Prinzessin in der arabischen Nacht zu sein gefällt mir ebenfalls, doch am Ende meine Kultur zu haben lässt den Tag doch sehr schön ausfallen, zumal ich als Kami gehen darf. Feinere Kleidungsstile gibt es einfach nicht. Nun freue ich mich doch auf die Modenschau und bin gespannt, wie Adrien aussehen wird. Vater kommt endlich zu mir und dass, nachdem ich wieder meine normale Kleidung trage, während die Leute alles aufräumen. An sich habe ich gehofft, dass Adrien noch hier ist, aber nach elf Stunden wäre es ein Wunder. Jedoch bekomme ich erzählt, dass dieser ebenfalls eine Anprobe hatte und vor vier Stunden damit fertig wurde. Natürlich sind Anproben für männliche Darsteller flott von der Bühne, da sie selten viele unterschiedliche Sachen anziehen müssen – die wechseln nur ihre äußeren Teile. So habe ich es zumindest kennengelernt. Zudem bedankt er sich bei dem Team von Monsieur Agreste für die Arbeit, die ich ihnen gemacht habe. Ernsthaft? Nur weil ich es nicht ab kann, ganz in Rosa oder Pink zu sein, heißt das nicht, dass ich Arbeit mache. Manchmal könnte ich meinen Vater einen Kopf kürzer machen. Elf Stunden sind wahrlich zu viel, aber dadurch kann ich schneller einschlafen und mich morgen auf die Schule freuen. Allerdings muss ich mir noch anhören, dass diese Zusammenarbeit für dieses und jenes steht und dass ich mich benehmen soll, weil meine Klassenkameraden eingeladen wurden. Wenigstens blüht Vater mehr auf und sieht mich nicht traurig an, wenn ich ihn an Mutter erinnere. Positiv denken und dadurch das Ärgernis überwinden – eine bewährte Methode.
 

Meine Freude hält sich in Grenzen, denn durch den Ausfall letzter Woche durften wir Klausuren nachholen und dafür zu lernen, während man nebenbei nach der Schule nochmals Kleider anprobieren muss, macht die Woche keineswegs besser. Zeit für andere Tätigkeiten habe ich keine und ich gebe einfach die drei Lieder, die ich bisher geschrieben habe an Nino weiter. Ihm und den anderen wird schon was einfallen. Außerdem sehe ich sie alle am Samstag zur Modenschau und danach sollte erstmal ein paar Wochen Ruhe sein. Immerhin bewegen wir uns an der Grenze zum November und ich muss noch frühzeitig Weihnachteinkäufe einplanen. Im Dezember brauche ich damit keineswegs anfangen, weil bisher in dem Monat die meisten Veranstaltungen stattgefunden haben. Geschafft verlassen wir alle am Freitag die Schule. Sogar Chloé hat die gesamte Woche darauf verzichtet andere fertigzumachen, sodass es eine angenehme Seite dieser Tortur gegeben hat. Ob sie kommen wird bleibt abzuwarten, aber sie wird keine Modenschau verpassen, wie ich sie kennengelernt habe ist die High Society ihr Metier. Aufgeregt bin ich dieses Mal schon, denn laut dem Plan, den ich erhalten habe, sind Adrien und ich immer alleine auf dem Laufsteg, weil wir das Bündnis repräsentieren. Allerdings muss ich schon um 14:00 Uhr ankommen, weil das viktorianische Kleid länger braucht. Er braucht erst um 16:00 Uhr da sein und um 18:00 Uhr beginnt hier alles. Reporter und Gäste dürfen um 17:00 Uhr eintreten. Selbst die Akteure hinter den Kulissen sind nervös, weswegen die Luft zum Schneiden dick ist, bis ich anordne, dass sie gefälligst die Fenster öffnen, um gesunde kalte Luft reinzulassen. Es kann doch nicht angehen, dass wir hier schwitzen, während es draußen angenehme zwölf Grad sind, wegen dem Regen. Zwar dauert es, doch sobald die kalte Luft sich Platz geschaffen hat, ist es angenehmer in diesem Raum zu sein. Zumal ich hier herumstehen muss, um mir dieses dicke Kleid anziehen zu lassen. Wie konnten die Frauen damit bloß gehen? Dies ist ganz klar Folter am Körper. Für den einen Gang kann ich es schon aushalten. Schminke und Perücke sind viel schlimmer. Titeltechnisch wäre ich die europäische Geisha, denn der Schirm dazu lässt mich wirklich so aussehen. Wie die alles in fünfzehn Minuten von mir wegbekommen wollen ist mir ein Rätsel oder die machen eine längere Show heute – die Zeiten kenne ich nicht. Typischer Versuch von Vater mich ruhiger zu halten. Laut der Devise, dass ich stillhalte, wenn ich das Ende nicht erkennen kann. Leider klappt diese Strategie bei mir am besten, weshalb ich kein Argument dagegen finde. Allerdings gibt es noch Adrien, der sicherlich mehr von seinem Vater an Informationen erhalten hat. Um halb sechs am Abend bin ich endlich fertig und kann in den unbequemen Schuhen Richtung Laufsteg gehen. Dort treffe ich meinen heutigen Kollegen, dem wirklich alles steht, muss ich mir eingestehen. Selbst in einer alten Klamotte macht der noch eine gute Figur, während ich mit dem Eisengestell mehr auf die Waage bringe.

„Guten Abend, Madame. Suchen Sie die anderen Models? Die sind den Gang runter und direkt rechts in den nächsten Gang, die vierte Tür links.“

Will der mich für dumm verkaufen? Ein Spielchen kann man besser zu zweit spielen.

„Guten Abend, Monsieur. Tatsächlich suche ich jemanden, aber nicht die anderen Models. Mein werter Gatte hat sich hierhin verirrt und ich muss ihn bei mir wissen, da es sich nicht gebührt für eine Dame ohne Mann zu sein.“

„Oh, nun, ich hoffe Sie finden Ihren Mann.“

„Vielleicht habe ich ihn auch schon vor mir, da Sie ihm recht ähnlich sehen.“

„Shirado?“

Endlich fällt bei ihm der Yen, wurde Zeit.

„Natürlich, Dummerchen. Denkst du ernsthaft eine Schrulle würde hier auftauchen und ihren Mann suchen? Ohne VIP-Ausweis ein Ding der Unmöglichkeit.“

Schuldbewusst sieht er mich an und ich kann nicht sauer auf ihn sein, dass er mich keineswegs erkannt hat. Sicherlich sehe ich wie eine Schrulle aus dem Jahrhundert aus, aber zum Glück dauert es nicht mehr lange, bis ich aus diesem Zeug raus kann. Weshalb wir diese Kleidung tragen müssen, hat sich erst heute herausgestellt – wir machen wirklich eine Zeitreise in Sachen Mode und bringen auch Neuerungen dar – ein langes, aber recht hochkarätiges Programm.

„Hast du schon welche aus unserer Klasse sehen können?“

„Klar. Alle sind hier, selbst Chloé. Dein Vater hat sie auf der rechten Seite hinter den Fotografen sitzen lassen, was sonst ein Vermögen kostet.“

Geld ist die geringste Sorge von Vater – der könnte einige Milliardäre eintüten, doch darum geht es gerade nicht. Irgendwie macht es mich nervöser, dass Personen da sind, die mich kennen, als von mir unbekannte Personen die Mode zu zeigen. Ganz ruhig atmen, Shirado, es ist alles ganz normal, wie sonst auch. Um mich abzulenken frage ich ihn nach der Zeit und ich muss Vater Lob ausdenken, denn er hat es geschafft, dass selbst Adrien nichts weiß, nur damit ich nicht aufgeregt bin und meinen Job erledige. Den Ablauf rufe ich mir lieber in den Sinn, denn dann bin ich auf Arbeit eingestellt.

„Wen willst du überhaupt mit dem Schirm erwischen?“

„Den hier? Die Person, die dir den Humor beigebracht hat, damit er nicht immer auf meine Kosten ist.“

Lacht der Kerl auch noch ganz frech befreit und ich muss einstimmen, denn es tut einfach gut. Ah! Mir fällt gerade ein, dass ich auch singen soll. Es war so viel in letzter Zeit, dass ich das Lied vollkommen vergessen habe zu lernen. Improvisieren ist nur in Notlagen eine Stärke von mir und gerade bin ich panisch – keine gute Grundlage, obwohl eine Notlage und Panik an sich zur gleichen Ebene gehören, glaube ich zumindest. Schnell zitiere ich einen der Arbeiter her und möchte, dass er Nino Bescheid gibt, dass ich ihn und die anderen zum Ende der Show brauche. Ihn schüttle ich jedoch so doll, dass ihm kurz schwindelig wird und Adrien mich zu sich nimmt, denn anscheinend gebe ich kein gesundes Bild von mir ab. Ihn bei mir zu haben beruhigt mich irgendwie immer und ich komme runter. Keinen Moment zu spät, denn genau jetzt verkündet der Moderator, welche zwei großen Designer zusammengearbeitet haben und noch einiges mehr an Informationen, bis Musik aus der Zeit spielt, in die wir im Moment gekleidet sind. Bestimmt Vaters Werk. Adrien geht vor, wie es der Ablauf vorschreibt und ich werde von ihm an einer Hand geführt, die ich bei ihm einhake. Gemeinsam gehen wir über den Laufsteg bis zum runden Stück, wo wir unsere einstudierten Bewegungen vollführen, ehe wir zurückgehen, das gleiche Bewegungsmuster wiederholen und es jetzt schnell gehen muss, damit wir die nächste Zeitepoche erreichen. Hastig werde ich entkleidet, entdrahtet, enthauptet und entschminkt. Alles muss gleichzeitig vonstattengehen, weil die anderen Models danach an der Reihe sind. Kein Wunder, dass ich auch noch neue Wörter im Kopf erfinde. Zu meinem Glück arbeiten wir mit Perücken, denn meine Haare würden nach so einer Show komplett zerstört sein. 20er-Jahre sind nun unser Thema. Mein Körper wird in ein Kleid der Showgirls von damals umhüllt, was mit den ganzen kleinen Kordeln richtig nervig ist, wie ich finde. Adrien kommt schon fertig an und sieht aus wie ein Mafioso. Na ja, es hat schon seinen Grund, weshalb wir diese Kleidung anziehen sollen. Moderator scheint auch kein leichter Job zu sein, denn man muss die Menge bis zum nächsten Teil bei Laune halten sowie informieren. Dass Adrien eine Knarre in der einen Hand trägt und mich an die andere nimmt, damit wir auf die Bühne rennen und Schussgeräusche fallen, finde ich gar nicht so lustig – jedoch kommt Konfetti heraus, was sowieso der Anfang des Liedes ist. Von daher war alles in Ordnung. Bei dem runden Stück werde ich herumgewirbelt und wieder zu ihm gezogen, ehe er uns mit Konfetti bedeckt, was wir beim Rückweg wiederholen und uns erneut trennen. In den 50er-Jahren bin ich eine Kellnerin mit einem Silbertablett, welches tatsächlich zwei Milchshakes auf sich hat. Wunderbar, dies hatte ich bei der Anprobe nicht. Dieses Mal ist Adrien ein Biker und – keine Ahnung warum – ich finde ihn als bösen Jungen anziehend. Hat also doch die Zeit mit Keisuke auf mich abgefärbt. Showeinlage Nummer Drei beginne ich, indem ich mit dem Tablett vorangehe und zum Glück nichts fallen lasse. Kurzerhand bücke ich mich und winke zwei aus meiner Klasse zu mir, denen ich die Milchshakes gebe. Kaum haben sie diese, spüre ich einen Schlag auf meinen Po und mein Partner spielt seine Rolle richtig gut. Wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe, muss ich empört aussehen, jedoch improvisiere ich, flirte mit ihm und haue ihm am Ende mit dem Silbertablett eine, was für Lacher und einem kleinen Applaus sorgt. Ha! Dies war mir vor allen Leuten doch zu unangenehm und dass mein Herz die Flatter macht, lässt die Sache nicht besser werden. Für die 60er-Jahre kleiden wir uns als Hippies, soweit ich es dem Plan entnehmen kann. Hinter der Bühne sehe ich einen bedröppelten Adrien, dem noch eine rote Stelle mit Schminke abgedeckt wird. Habe ich etwa zu doll gehauen? Langsam nähere ich mich ihm und gebe ihm einen Kuss auf die heile Wange, dass er es gut gemacht hat, aber es mir zu unangenehm vor den ganzen Leuten war. Er versteht es und flirtet gleich, dass er dies ja mit mir wiederholen könnte, wenn wir unter uns wären, was mich zum Lachen bringt. Seine Art mich zu erheitern ist besonders, finde ich. Mit einem Korb voller Blumen, die ich in das Publikum werfen werde, bewaffnet, werden wir rausgeschickt und ich mache mich gut als Blumenmädchen. Vielleicht sollte ich Florist werden? Nein, die armen Blumen würden bei meinem grünen Daumen eingehen, da ich es zu gut meine. Im Zeichen von Rock 'n Roll stehen die 70er-Jahre und dementsprechend sind wir gekleidet. Headbangen müssen wir als Einlage machen und mir schwirrt bei den ganzen Lichtblitzen der Kopf danach, doch muss es weitergehen. Selbstverständlich sind die 80er-Jahre im Zeichen der Discomusik und -kleidung vertreten, sodass wir wie große Zuckerwatte herumlaufen und die Schlaghosen präsentieren. Saturday Night Fever muss auch genau zu diesem Jahrzehnt laufen. Tanzen kann ich, aber diese Schritte waren für mich damals sehr schwer zu lernen – heutzutage ist es ein Klacks. Dem Kerl neben mir fehlt es ein bisschen an Freiheit – er ist zu steif dabei – aber es klappt super. Beim nächsten Wechsel muss ich daran denken, dass ich bestimmt Adrien vergöttern werde, weil er schon in den 50ern verwegen aussah. Hip-Hop in den 90er-Jahren repräsentieren wir nun und er sieht in dem Outfit wahrlich cool aus. Niemals sollte er das durchgehend tragen, aber ab und zu würde es ihm stehen, einen verwegenen Eindruck zu hinterlassen. Wir machen einen voll auf Checker und noch mehr Bewegungen. Woher er auch immer den Headspin kann ist mir ein Rätsel, aber locker flockig bringt er diesen über die Bühne. Die Zeitreise ist beendet und wir können fünf Minuten verschnaufen, da eine Pause für die Gäste angesagt ist, während wir nach dem Luftholen umgezogen werden, damit wir bereit sind, bevor wir selber ein bisschen zu uns nehmen dürfen. Ricardo kommt auf uns zu und fragt im Namen von Nino nach, was sie denn nehmen sollen. Wieso können die das nicht selber entscheiden? Kurzerhand sage ich ihm, dass er ihnen sagen kann, dass ich gesagt hätte, dass sie etwas auswählen sollen und Adrien sowie ich es aufführen. Genannter verschluckt sich vor Überraschung an der Quiche von Joel, die er hier anbieten darf, um für sein zukünftiges Café zu werben. Dass dabei sein Verlobter das Essen gemacht hat, finde ich gar nicht so schlimm. Den werde ich bald ebenfalls treffen. Wie schnell eine halbe Stunde vorbei ist merkt man im Stress eher weniger, aber wenn man eine Pause hat, dann leider schon. Jetzt geht es um verschiedene Länder und verschiedenen Zeitepochen, die wir ein bisschen ankratzen, aber nicht wirklich alles zeigen. Japan habe ich nämlich für das Ende gewählt. Ägypten fängt an und ich weiß nun, welches Hobby Adrien neu hat – er trainiert seinen Körper. Weswegen macht er das denn? Verstehe einer die Kerle. Gelegentlich sollte ich mal mehr meine Umgebung im Blick haben anstatt immer nur in Gedanken zu sein. Mir hätten seine anwachsenden Muskeln auffallen müssen – besonders im Bademantel, den er an hatte. Hauptsache ist, dass wir alles hinbekommen, was uns vorgegeben wurde. Viel haben wir beide zwar nicht an und das anzügliche Pfeifen von irgendwo aus dem Publikum zeigt kurzzeitig Missgunst in Adriens sonstigem Modelgesicht, jedoch bleibt halt dies nicht aus, wenn man sich dermaßen freizügig zeigen muss. Von daher finde ich das Pfeifen vorhin in Ordnung. Noch bleiben wir beim Umziehen bei der orientalischen Herkunft und zeigen anscheinend Aladdin und Jasmin, denn er sieht aus wie ein ganz normaler Bürger arabischer Städte, während ich voll aufgetakelt bin. Wie dem auch sei, kommt dieser Look gut an und wir müssen dieses Mal nicht selber laufen, da uns ein fliegender Teppich transportiert, sodass wir das Gleichgewicht nur halten müssen. Dies hätten wir vorher an sich üben müssen, jedoch scheinen unsere Väter daran auch nicht gedacht zu haben. Zu unserem Glück passiert kein Unglück und wir schaffen es unbeschadet zurück. Unsere Weltreise geht nach Griechenland, wo er in voller Montur eines Alexander des Großen auf die Bühne kommt, während ich nur eine Toga trage. Hier und dort führen wir wieder Bewegungen aus und gehen zurück, um nun als Flamencopaar aufzutreten. Solch einen Marathon an Bewegungen durchzuführen macht müde, jedoch nun auch noch einen heißen Flamenco aufs Parkett zu bringen lässt mich nur an ein kühles Wasser denken, obwohl Raumtemperatur besser wäre. Keuchend halten wir unsere Endposition und verbeugen uns beim Applaus, bevor wir wieder nach hinten gehen, um zu wechseln. Nicht nur ich denke an Wasser, auch Adrien ordert welches. Dirndl und Lederhosen sind unsere nächsten Kleidungsstücke, denn dies tragen die Leute in Deutschland zum bayrischen Oktoberfest. Keine Mode, die ich wirklich anziehen würde, aber wir zeigen ja nur, wie andere Länder sich zu bestimmten Zeiten kleiden oder gekleidet haben, was für heute Abend in Ordnung geht. Skandinavien und Frankreich repräsentieren wir noch für Europa, bevor wir ein Dschungeloutfit tragen, für den Amazonas. Damit wir ein bisschen Stimmung einbringen, tragen wir – eher ich – ein Karnevalskostüm brasilianischer Art, während er nur ein offenes Hemd und Bermudashorts trägt. Meine Hüften wackle ich zur Musik und er darf Limbo tanzen, wobei ihm zwei ähnlich gekleidete männliche Models helfen. Unsere letzte Station ist meine liebste, denn wir tragen Kimonos, wodurch wir ein bisschen mehr Zeit erhalten, weil die anderen Models den Karneval weiterführen. Neben der Erfrischung für die Kehle, werde ich nass abgetupft und mir Luft zugefächelt, um das teure Material nicht schon zu beschmutzen. Stück für Stück legen sie mir den Kimono an, sodass ich am Ende nur noch den Sonnenkopfschmuck aufgesetzt erhalte. Spieglein, Spieglein auf dem Stand – wer gibt eine gute Amaterasu ab? Plus Kopfschmuck sieht die Tracht noch besser aus, als bei der Anprobe. Lieber würde ich mich noch ein bisschen ansehen, jedoch ruft die Arbeit. Merkwürdigerweise sehe ich Adrien nicht, obwohl wir sonst gemeinsam auf den Laufsteg gegangen sind. Plötzlich wird es dunkel und ich werde einfach rauf geschickt, was mich wundert. Aus den Boxen ertönt eine Stimme und erzählt eine Textpassage aus der japanischen Mythologie, während ich im Dunkeln über den Laufsteg gehe. Kaum schaffe ich es zu dem Kreisstück, geht ein Scheinwerfer an und leuchtet mich an, sodass es wohl Licht im Dunkeln gibt. Jeden Augenblick müsste Tsukuyomi auftauchen, der Bruder von Amaterasu. Adrien kommt und er trägt keinen pompösen Kimono wie ich, sondern eher einen, den man auch zum Kämpfen nutzen kann. In meiner Nähe präsentieren wir uns gemeinsam und bilden nach einigen Bewegungen den Abschluss dieses Akts. Bis zum Ende werden nur noch andere modische Dinge gezeigt und ich ordne an, dass unsere Freunde jetzt hierherkommen können, nachdem wir uns umgezogen haben – welchen Stil wir gerne hätten. Für mich fällt die Wahl auf das, was Marinette und Nathaniel geschneidert haben, denn sie haben sich große Mühe gemeinsam gemacht und ich bin erleichtert, dass es schulter- sowie bauchfrei ist. Den Pareo dazu binde ich mir ebenfalls um, während Adrien sich auf das brasilianische Outfit festsetzt. Zudem muss er nur unterstützend singen, da Marinette und Alya ebenfalls mitmachen müssen, weil ich alleine nicht mehrfaches Echo hinbekomme. Nino und Nathaniel sorgen für die Musik, da einer alleine bei den ganzen Geräten hier überfordert wäre. Sie werden natürlich begleitet von dem zuständigen Angestellten. Währenddessen bitte ich Ricardo, dass er meine Mitschüler fragt, ob sie bei der Performance mitmachen möchten, denn wir sind zu wenige, um die Meute direkt zu packen. Ein paar sind zu schüchtern, aber dass Chloé sich die Chance niemals entgehen lässt, damit habe ich gerechnet. Selbstredend will sie auf der Bühne, sprich dem Laufsteg, sein, was ich ihr durchgehen lasse, wenn sie bei Marinette und Alya hinten bleibt, da Adrien und ich als Hauptdarsteller den Rest benutzen werden. Unsere weiteren freudigen Mitmacher lasse ich im Zuschauerraum verteilen, denn dadurch erzeugen wir eine Dynamik, die eher mitziehend wirkt. Headsets bekommen wir verteilt und sind nur noch am Lernen vom Text – besonders ich, da es reine Improvisation im Moment ist, aber ich allerdings ruhig bin, wegen der flotten Bereitschaft der anderen. Wer von ihnen will, kann sich etwas passend zum Lied anziehen, da noch Zeit übrigbleibt, bis wir auftreten. Beruhigend sprechen Adrien und ich ihnen ein wenig Selbstvertrauen zu, obwohl wir selber Muffensausen bekommen – dies sehen wir uns einfach an.

„Dies war die Modenschau von dem Bündnis Fleur & Agreste. Zum Abschluss haben die Kinder der beiden Modeschöpfer noch einen Musikact vorbereitet, den sie aufführen möchten. Laut der Managerin von Mademoiselle Fleur, die heute einspringt, war es eine reine Interpretation und deshalb wird nur ein Lied gecovert, da ein Album noch in Arbeit ist. Dennoch hofft sie, dass die Qualität und Quantität ihrer Klientin erfolgsversprechend präsentiert werden, denn hier sind die Gesangsstimmen nicht auf dem Playback zu hören, was heutzutage oft genutzt wird. Dies war es nun von meiner Seite und ich übergebe an Monsieur Agreste und Mademoiselle Fleur.“

Mit dem kleinen Applaus gehen wir auf die Bühne.

„Guten Abend, verehrte Gäste. Adrien wurde übrigens einfach mitgezogen heute, also seien Sie gnädig mit ihm.“

„Hey, Shirado, ich kann singen.“

„Ernsthaft jetzt? Wieso höre ich dich dann nie?“

„Nun…, ich…, äh…, deswegen halt.“

„Okay? Egal, ich wollte dich nicht foppen, sondern wollte dich nur in Schutz nehmen.“

„Vielen Dank, jetzt geht es mir auch gleich besser.“

„Dafür hast du irgendwas gut bei mir.“

„Na gut, ich vergebe dir.“

„Oh, vielen herzlichen Dank, Eure Prinzenheit.“

„Jetzt hört mit dem Liebesgeplänkel auf und sagt schon an, was kommt!“

Ups, Alya hat echt einen lauten Ton drauf, wenn sie nervös ist.

„Ähm…, tja, entschuldigen Sie, wir beide haben so unsere Eigendynamik. Jedenfalls covern wir heute einen Song, da mein neues Album noch in Arbeit ist. Nichtsdestotrotz verachte ich es Gesangsstimmen in den Playback zu packen, weshalb wir alles live singen. Am Mischpult sind Nino Lahiffe, unser DJ, und Nathaniel Kurtzberg, welcher mit Marinette Dupain-Cheng mein Outfit entworfen sowie geschneidert hat. Sie, meine Managerin Alya Césaire und Chloé Bourgeois werden mit uns auf der Bühne eine Show liefern, die Sie hoffentlich selber dazu animiert mitzutanzen. Für ein paar Überraschungen sind wir ebenfalls zu haben. Zur Erinnerung – hier ist nichts geprobt, wegen verschiedenen Gründen, aber ich hoffe sehr, dass Sie Freude daran haben werden – an dem ganz eigenen Karneval.“

Dies war das Stichwort für die beiden am Mischpult. Die ersten Töne bringen Adrien und mich dazu schon mal uns zu nähern, während wir die ersten Tanzbewegungen aufführen und ich anfangen muss zu singen, weil es sonst mit dem Klang nicht passt. Seine Unterstützung setzt er an der richtigen Stelle, während unsere Begleiterinnen mit den Echos gut klarkommen. Lange lässt der Refrain nicht auf sich warten, sodass nun auch die Mitschüler, die mitmachen wollen, von ihren neuen Plätzen aufstehen und die Zwischengänge aufmischen. Anfangsdynamik ist gegeben – es fehlt nur noch die Überwindung der anderen.

„Los, Leute, macht mit!“

Hat diese Worte gerade wirklich unsere schüchterne Myléne gerufen? Dass sie mitmacht, obwohl sie sonst eher sich zurücknimmt, zeigt mir, dass sie das Musikfieber gepackt hat. Die restlichen Klassenkameraden fangen ebenfalls an zu tanzen. Viel an dem simplen Text kann man an sich nicht falsch singen, weswegen die Wiederholungen darin einige zum Singen animiert. Adrien führt mich im Tanz hervorragend, als wäre er schon lange für flotte Tänze zu haben gewesen. Sobald einen die Musik packt, macht es keinen Unterschied, wie man singt oder tanzt – Hauptsache, Körper, Seele und Herz sind mit dabei. Andererseits sind es die Erwachsenen hier, die sich genieren, weswegen ich meinen Tanzbegleiter andeute, dass wir hinunter tanzen müssen, um sie mehr ins Geschehen zu nehmen. Immerhin wird alles auch live übertragen. Kurzerhand schnappe ich mir einen der Fotografen und schwinge ihn mehr ins Licht, was ihn erst versteifen lässt, doch mit unserer Hilfe taut er auf, bis er zeigt, was er kann. Nach und nach kommen einige dazu mitzumachen, weshalb es noch mehr Spaß macht. Zwar konnten wir nicht alle dazu bringen zu tanzen, aber die Freude kann ich bei den Zuschauern erkennen, was für sich spricht. Gerade sind wir zurück auf dem runden Stück, da muss ich schon einen Ton sehr lange hochhalten, was wohl für Jubel sorgt, wenn ich die freudigen Ausrufe richtig deute. Jedoch stoppt mein Mittänzer kurzzeitig, sodass ich gegen seine Brust mit dem Kopf knalle und dies zum Glück an einer Stelle, wo es nichts ausmacht. Was hat er denn? Ein paar Mal blinzelt er und führt mich danach wieder, wie den gesamten vorherigen Teil schon. Am Ende vom Lied sind wir ganz schön aus der Puste und keuchen nur noch. Nach dem ganzen Abend auch kein Wunder. Wie wir die Aftershowparty überstehen sollen weiß ich nicht. Solch einen riesigen Auftrag hatte ich bisher noch nie. Der abschließende Applaus gehört nicht nur uns, sodass ich alle teilgenommenen Person bitte für alle zu klatschen, weil es ein Verdienst der Gemeinschaft war. Im Gegensatz zu den Gästen gehen wir wieder in den hinteren Bereich und unser kleiner Freundeskreis freut sich über den ersten gelungenen Auftritt – trotz der Improvisation. Dieses Outfit lobe ich, denn es spiegelt mich einfach wunderbar wider. Uns wird aber nicht lange die Freude gelassen, denn unsere Väter treten zu uns, um uns zu dämpfen. Beide sind der Meinung, dass Adrien und ich sehr gut harmonieren und dass sie die Kritiken am Montag erst lesen werden, um eine Entscheidung zu fällen, wie es weiterlaufen wird.

„Wie fanden Sie uns am Ende, Monsieur Agreste?“

Vaters Meinung kenne ich – der mag meine musikalische Seite, aber wie es unserem vielleicht zukünftigen Partner gefällt ist entscheidend, denn ohne Adrien muss ich mir eine andere seelische Stütze suchen und so eine zu finden ist wahrlich kein Zuckerschlecken.

„Trotz allem, dass ich es weniger gut finde, solch einen Krach zu veranstalten, muss ich mir eingestehen, dass Ihr Gesang göttlicher Abstammung sein muss. Mein Sohn hat dies ebenfalls erkannt, als Sie Ihre Stimme auf eine der höchsten Ebenen gebracht haben, Mademoiselle Fleur. Zudem überrascht es mich, dass er singen kann – davon wusste ich bis dato noch nichts.“

„Hehehe, Papa, ich wollte dich damit ein bisschen überraschen, aber mehr als eine Art Leidenschaft und nicht als neues Steckenpferd.“

„Eine sehr gute Wahl, mein Sohn. Macht euch beide für die Aftershowparty frisch. Eure Klassenkameraden warten sicherlich auf euch – zumindest einige.“

Für ihn scheint das Gespräch beendet zu sein, denn er geht und lässt uns stumpf zurück. Vater geht sogar mit diesem und wir sechs knuddeln uns, bis Adrien und ich uns von ihnen trennen, um zu duschen und entsprechend zu kleiden. Heute gehe ich mit einem Kimono los, der die vier himmlischen Wesen aufgestickt hat – der Drache nimmt dabei rein an Länge das meiste Gebiet ein. Bin ich froh, dass ich die ganze Schminke und den Schweiß endlich von mir habe. Frisurentechnisch brauche ich kaum etwas machen und kann glücklich meine Kabine verlassen. Auf dem Flur treffe ich Adrien, der ernsthaft einen Smoking trägt, wie bei der Vorführung, als wir Las Vegas aus den USA präsentiert haben. Jedoch sieht dieser anders aus und für ihn wohl maßgeschneidert.

„Ah, Mylady hat es geschafft sich noch mehr für mich herauszuputzen als sowieso schon.“

Will der Kerl mich wieder ärgern?

„Mitnichten, Mylord, ich habe mich für die Präsentation meiner Familie feingemacht.“

„Da bin ich aber anderer Meinung, Mylady. Um auf die Erfüllung Ihrer eigenen Verpflichtung nachzukommen, habe ich mir diesen Zeitpunkt ausgewählt, sodass Sie meine Verabredung für den heutigen Abend sind.“

Seufzend denke ich mir meinen Teil im Inneren, während ich die dargebotene Hand nehme. Wie kommt er denn auf diese Idee? Ich dachte eher, dass wir uns mal einfach treffen und Spaß nebenbei haben. Hier ist es Arbeit, jedoch meint er, dass es eine Verabredung sein würde. Kapiere einer seine Gedanken – ich bin da überfragt. Zu unserem Glück ist die Aftershowparty im Gebäude gegenüber, sodass wir in aller Ruhe dorthin gehen können. Der Saal ist sehr gut gefüllt und unsere Klassenkameraden haben sich an einem Tisch versammelt, bei dem genau zwei Plätze für uns frei sind, zu denen wir gehen. Wie bei einer Verabredung rückt er mir den Stuhl zurecht, bevor er sich hinsetzt. Charmant war er schon immer. Es wird ein schöner Abend, der nicht lange braucht, um Mitternacht anzuzeigen. Sicherlich eine Zeit, bei der man sich verabschiedet, was einige machen, weil sie ihren Eltern es versprochen haben. Einige bleiben noch bis ein Uhr, aber danach ist Schluss und wir sind wieder die einzigen Jugendlichen hier. Länger halten wir zwei ebenfalls nicht durch und er bringt mich zu Felix, damit er und Ricardo mich nach Hause bringen, nachdem wir uns von unseren Vätern verabschiedet haben, die noch länger machen müssen. Adrien verabschiede ich mit einem Kuss auf die heile Wange und einer Umarmung, bevor ich einsteige und Ricardo sich dazusetzt, während er wohl in der Limousine seiner Familie einsteigt.

„Da ist jemand verliebt.“

„Ach Quatsch, Ricardo. Er ist ein guter Freund und mit ihm macht es mir hier Spaß.“

„Von dir war auch nicht die Rede.“

Wen meint er denn sonst? Adrien? Ne, der sicherlich nicht. Dann muss er sich meinen, aber er verrät mir nichts und ich habe keine Energie mehr für eine längere Diskussion.
 

November – der letzte Herbstmonat. Zeitlich gesehen bleibt nicht mehr viel übrig, um Geschenke zu kaufen, zumal die Freizeit weniger wird. Kritiker haben sich die Modenschau angeschaut und ihre Artikel verfasst. Diese möchte ich allerdings mit meinen Freunden in der Schule näher erläutern, bevor Vater mich informiert. Immerhin haben wir da unsere erste kleine Show geliefert, die live übertragen wurde. Wer kann denn sonst damit glänzen? In der Mittagspause haben wir die Zeit dafür und ich lege die sechs Zeitschriften den anderen vor, die an dem Abend dabei waren. Wir suchen uns die Artikel raus, die mit der Modenschau zu tun haben.

„Agreste la Mode und La Fleur haben einem Bündnis zur gemeinsamen Arbeit zugestimmt. Die Präsidenten der beiden Modefirmen und gleichzeitig bekannte Designer, Monsieur Agreste und Monsieur Fleur, hielten am letzten Samstag im Oktober eine gemeinsame Modenschau ab. Ihre Akzente haben sie in Sachen Zeitreise gesteckt, aber auch viele Länder wurden repräsentiert, wie ihre Epochen und zeitgenössischen Kleidungen. Obwohl beide sich erst seit einigen Wochen richtig kennengelernt haben, lief die Zusammenarbeit ausgezeichnet. Wichtiger Faktor waren die beiden Kinder der Männer. Laut unserer Fragen, haben wir fast identische Antworten bezüglich der beiden erhalten, sodass die Herren die Freundschaft der zwei billigen, obwohl an sich eine Konkurrenz auf dem Markt herrscht. Nichtsdestotrotz wollen Monsieur Agreste und Monsieur Fleur in Zukunft weitere gemeinsame Arbeiten und Projekte verwirklichen. An sich arbeitet jeder Designer in einem anderen Metier, weswegen wir als Redaktion uns natürlich die Frage gestellt haben, wie diese Zusammenarbeit zukünftig beibehalten werden soll. Daraufhin hat Monsieur Fleur schallend gelacht und gemeint, dass die Kinder der zwei Antwort genug wären. Wie Sie lesen können, sind wir noch verwirrt von dieser Aussage, weshalb wir am Ball bleiben, um Ihnen möglichst genau zu schildern, wie dieses Bündnis am Modemarkt Bestand hat.“

Nathaniel hat ein komisches Magazin rausgepickt, denn es behandelt nur kurz die Modenschau und sonst nichts. Eher eine Art Klatschpresse und keine richtige Kritik. Hat Vater mir die falschen Zeitschriften mitgegeben? Zuzutrauen wäre es ihm.

„Zwei sehr bekannte Modedesigner stellten überraschend ein Bündnis zusammen, welches beiden wohl zugutekommt. Anders als früher, geht Gabriel Agreste, von Agreste la Mode, dieses Mal nicht hart gegen die Konkurrenz vor, sondern sucht den Dialog. Dieser Umstand war neu für Paris, aber sehr vielversprechend, denn mit dem weltbekannten Modezaren Xilan Fleur, von La Fleur, ein Bündnis einzugehen hat nicht nur dem Ruf von Monsieur Agreste gut getan, nein, auch seine Mode hat einen erhöhten Verkaufswert auszuzeichnen, seit der Verkündung. Auf unsere Fragen hin, haben wir leider keine Antwort erhalten, aber Monsieur Fleur war freundlich sowie aufgeschlossen. Er hat uns erzählt, dass er durch Adrien Agreste neugierig auf den Namen Agreste wurde. Zuerst dachte er, dass die beiden keine Verwandtschaft zueinander hätten, aber er wurde eines Besseren belehrt. Trotz der eigenwilligen Art seines Kindes hat Monsieur Agreste einem weiteren Gespräch zugestimmt und so ist die Idee der gemeinsamen Modenschau entstanden. Aus seiner Sicht war diese nicht nur ein Erfolg für die beiden Firmen, sondern eine Hommage an die Mode und deren kreativen Schöpfern. Intimere Fragen ist er leider ausgewichen und verweist auf seinen Pressesprecher… der Rest handelt auch nicht von uns oder euch.“

Nino hat keinen Treffer finden können, was schade ist. Adrien und ich werden zwar erwähnt, jedoch näher geht man nicht auf uns ein, zumal ich erneut als eigenwillig von Vater bezeichnet werde, dieser Fiesling. Vielleicht findet Marinette ja was.

„Samstag konnten nicht nur die hohen Gesellschaften, sondern auch Schüler an einer Modenschau der besonderen Art teilnehmen. Gezeigt wurden verschiedene Kleidungsstile aus unterschiedlichen Epochen und Ländern, die Geschichte der Mode, wenn man möchte. Unbekannt war unserer Redaktion bis dato, dass das Kind von Monsieur Fleur modelt. Eine Schmach, wie sich später herausstellt, aber der Modezar hat uns nur darauf hingewiesen, dass er extra alles soweit arrangiert hat, dass sein Kind weitestgehend unbekannt bleibt. Unsere Frage daraufhin war klar, denn woher sollte der plötzliche Wandel entstanden sein? Seine kecke Antwort lautet ganz simpel: Adrien Agreste. Dieser hat sich ihm als erster junger Mann aus Paris vorgestellt, um Zeit mit seinem Kind zu verbringen. Durch dessen Haltung, Ausdruck und Wortgewandtheit ist er zu dem Schluss gekommen, dass es genau dieser junge Agreste ist, der als Partner für sein Kind in Sachen Mode perfekt wäre. Peinlich berührt gibt er zu, dass er keineswegs damit gerechnet hätte, dass sein jetziger Bündnispartner der Vater von diesem Wunderknaben wäre, aber dieser Umstand hat das Eis zusätzlich gebrochen. Auf unserer Nachfrage hin, wie die Kinder der beiden sich so gut verstehen, kommt die kichernde Antwort, die mehr eine Frage war, ob man selber nicht jung gewesen wäre. Dein Vater weiß, wie man mit den Medien umgehen muss, Shirado. Er lässt sie zappeln und vernichtet weitere tiefere Detailfragen. Schade allerdings, dass selbst auf den nächsten zwei Seiten nichts von uns steht.“

„Vielleicht habe ich ja was. La Fleur, weltweit bekannt und tausendfach vertreten sowie Agreste la Mode, bekannt in Frankreich und besonders Paris, haben sich verbündet. Um dieses Bündnis gebührend zu ehren, gab es am letzten Samstag im Oktober eine spektakuläre Modenschau, die jeden bisherigen Rahmen gesprengt hat. Grandiose Kleidungsstücke wurden gezeigt – wie in der nachfolgenden Bildergalerie zu sehen – und die Models waren ein Traum. Hervorzuheben wären Adrien Agreste – bekanntes Jungmodel und Sohn von Monsieur Agreste – sowie Shirado Fleur – Tochter von Monsieur Fleur. Der Laufsteg war nicht nur für die Mode bestimmt, sondern bat auch schauspielerische Elemente sowie einige Szenen die heiß waren, wie auch lustig. Das bunte Programm der beiden Jungmodel lockerte den Abend regelrecht auf. Wie Mademoiselle Fleur geäußert hat, haben sie und Adrien Agreste eine Eigendynamik, in der sich beide schnell vertiefen können. Unserer gesamten Redaktion hat der Auftakt der 50er-Jahre gefallen. Wie Mademoiselle Fleur echte Milchshakes in wahrer Perfektion den Laufsteg runtergetragen hat, war schon erstaunlich, aber sich zu bücken und zwei Zuschauern diese zu reichen, ohne ein Dilemma heraufzubeschwören deuten wir als Können. Dass – wir geben an Fans von Adrien Agreste zu sein – Adrien provokant körperlich Shirado angebaggert hat, hat unsere Herzen erst in tausende Stücke zerbrechen lassen, jedoch sind sie neu zusammengesetzt worden, als die recht harsche Abfuhr am Ende gezeigt wurde. Da hat unser Redaktionsliebling wohl zu sehr das Feuer entflammt. Bei der weiteren Zusammenarbeit beider Modefirmen hoffen wir auf weitere solcher Moment, die uns packen, auch wenn sie nur einige wenige Minuten dauern. Wenigstens wart ihr beiden hier mehr im Vordergrund. Spekulationen brauchen wir ja nicht wissen.“

Alya bringt es knapp auf den Punkt, aber Adrien ist sehr vertieft in dem Artikel, den er hat, weshalb ich wohl an der Reihe bin vorzulesen, was herausragend ist.

„Adrien Agreste, bekanntes Model von Agreste la Mode, hat von seinem Vater und Präsident der Firma in Zusammenarbeit mit Shirado Fleur, Tochter vom Modenzaren Xilan Fleur von La Fleur, den Auftrag erhalten, Hauptpersonen der Modenschau zu werden, welche das Bündnis zwischen beiden festigen sowie auch auf die Probe stellen soll. Monsieur Agreste hat uns informiert und eingeladen zu Gast bei dieser neuartigen Modenschau zu sein. Überraschend war es keineswegs, dass die akribische Genauigkeit von Agreste la Mode zu sehen war. Allerdings konnte man überall die außergewöhnliche Arbeit von der Firma La Fleur erkennen, die bekannt ist für ungewöhnliche Mode. Größere Unterschiede kann es in der Modebranche keineswegs geben, doch gerade dieses Handicap spielt sich in der Zusammenarbeit beider Kinder aus. Charismatisch, talentiert und sexy – so kennen wir Adrien Agreste. Bisher haben wir keine anderen Eindrücke gewinnen können, jedoch hat Shirado Fleur – lieblich, schön und anziehend – neue Seiten unseres bekannten Stars gezeigt. Bühnenerfahrung scheint Mademoiselle Fleur zu besitzen, jedoch gleichzeitig eine Art Liebesgeplänkel, wie eines der Mädchen im Hintergrund es genannt hat, zu zeigen, hat uns die Augen geöffnet – viel Zeit bleibt uns nicht mehr, denn es sieht so aus, als würde das Bündnis beider Labels nicht nur geschäftlich erfolgen, sondern auch privat.“

Kurzerhand schmeiße ich die Zeitschrift weg, weil sie verlogen ist. Erst seriös anfangen, aber dann doch einen Schwenker machen, sodass es nur um junge Liebe geht. In der ganzen Zeit war Adrien ruhig, aber sein knallrotes Gesicht spricht auch für sich, weshalb es nichts zu unserem Auftritt in einer Zeitschrift gibt. Traurig ist diese Erkenntnis schon. Mein Handy klingelt und ich hole es aus meiner Tasche. Seit wann ruft mich Vater direkt an, wenn ich in der Schule bin? Selten bis nie wäre die Antwort darauf, aber als ich seinen schelmischen Gesichtsausdruck sehe, weiß ich, dass er mir extra den Müll mitgegeben hat – wertlos für uns also. Boulevardpresse vom Feinsten.

„Ja, du denkst dir schon die richtigen Gedankengänge, Spatz. Natürlich behalten Monsieur Agreste und ich die besten Artikel für uns, wie auch die schlimmsten, um ein Résumé zu erhalten. Daraus ergeben sich weitere Aktionen unsererseits. Euer gestaltetes Ende kam durchweg gut an, also werden wir uns überlegen in Zukunft weiterhin auf euch zu setzen. Kümmere dich bitte um Adrien, denn ich denke, dass er den Artikel bekommen hat, der für Jugendliche in eurem Alter anregend wirkt. Bis heute Abend, Spatz.“

Seit Jahren hat er mich nicht mehr Spatz genannt und mich keineswegs zu Wort kommen lassen. Ihm muss es zur Zeit recht gut gehen, weswegen ich ihm alles durchlassen werde. Es kann ja nicht sein, dass er für immer in trüben Gedanken versinken muss.

„Wo ist Adrien?“

„Als du von deinem Vater angerufen wurdest, hat er mittendrin gesagt, dass er auf Toilette muss. Sein knallrotes Gesicht hat uns gezeigt, dass es regelrecht dringend sei, also war er schon weg, bevor wir antworten konnten, dass es natürlich in Ordnung ist.“

Dessen Handlungsmuster kapiere ich kein Stück mehr. Egal, ich kann also alle Zeitschriften in den Müll werfen, doch da es nur noch fünf sind, muss eine noch in den Händen unseres Verschwundenen sein. Von mir aus kann er die behalten – ich weiß ja, was ich von denen habe. Erst gegen Ende der Mittagspause kommt unser blonder Freund zurück, sodass wir noch ein bisschen quatschen können, bis es zurück in den Unterricht geht.
 

Heute machen wir einen besonderen Ausflug, denn es geht zu einem Dorf in der Nähe von Paris, welches für seine Goldschmiede bekannt ist, die man sogar besichtigen darf. Darauf freue ich mich schon, denn ich habe vollkommen vergessen, dass wir dorthin fahren und wurde gestern damit sozusagen überrascht. Wie dem auch sei, sitzen wir im Bus direkt dorthin und Marinette, Alya sowie ich reden über schöne Schmuckstücke, die wir gerne sehen möchten. Ob die verschiedenen Edelsteine echt sind oder aus Glas gemacht, wäre interessant zu erfahren, denn irgendwann gibt es keine Edelsteine mehr auf der Welt, wenn weiterhin alles ausgebeutet wird, wie bisher. Gier halt. Dass Ricardo dieses Mal nicht mit dabei ist, wundert mich, da Vater sonst großen Wert auf meine hohe Sicherheit legt, jedoch scheint es ihm in einem Dorf weniger gefährlich zu sein als in einer Stadt oder Adrien soll sich beweisen. Mir kann es egal sein, denn ich bin gespannt auf die ganzen schönen Kunstwerke, die von den Goldschmieden geschaffen werden. Vielleicht finde ich ein wunderbares Exemplar als ein Geschenk? Kostentechnisch darf Vater wieder zahlen, also habe ich kein Limit – obwohl ich ungern viele teure Sachen kaufe. Geldverschwendung ist eine Sache, die mir keineswegs gefällt. Unterm Strich muss alles eine gewisse Zahl haben, um leben zu können, aber darüber oder darunter macht das Leben weder glücklich noch Spaß.

„Meine liebe Klasse, wir haben fast unseren Zielort erreicht. Bitte achtet darauf, dass die Familie Fabron uns einen seltenen Einblick in ihrer Arbeit zulässt, also benehmt euch dementsprechend. Dies gilt für alle, ohne Ausnahme!“

Jede Person im Bus, außer die gemeinte, weiß, wer gemeint ist. Den Wink mit dem Zaunpfahl muss selbst sie bemerkt haben. Anscheinend hat sie gar nichts mitbekommen, denn sie schminkt sich ungerührt weiter, was mich innerlich nur zum Kopfschütteln bringt. Unser Gefährt hält an und ich habe noch nie ein französisches Dorf gesehen. Manche Bauten stammen wohl noch aus anderen Zeiten, wenn ich sie mit den modernen vergleiche. Vorrangig zieht meine Neugier mich zu dem Goldschmied, aber gerne würde sie auch das Dorf unsicher machen – ein wahres Dilemma. Pflichtbewusst gibt eine Seite meiner Neugier nach und ich bleibe bei der Klasse. Wir treten durch das Tor einer alten Mauer, die das Grundstück umzäunt, um auf ein weites Gelände zu kommen, auf dem einige Gebäude verstreut stehen, die zum Teil sogar offen sind. Ein älterer Mann kommt uns entgegen und wird von Madame Bustier dankend begrüßt, ehe sie ihn uns vorstellt.

„Dieser Mann ist Monsieur Fabron, der Eigentümer der Goldschmiede. Bitte respektiert ihn.“

„Jawohl, Madame Bustier! Bonjour, Monsieur Fabron!“

„Bonjour, Kinder. Ihr befindet euch auf ehemals königlichem Boden. Diese Goldschmiede wurde von dem Königshaus in Paris persönlich vor 350 Jahren in Auftrag gegeben und meine Familie ist seitdem hier sesshaft, um Goldschmiedearbeiten anzufertigen. Falls ihr Fragen habt, könnt ihr sie mir gerne während der Führung stellen.“

Oh ja, darauf können Sie sich verlassen, denn ich bin neugierig. Allerdings kommt mir Chloé zuvor, die fragt, ob es einen Laden gibt, der in Paris von hier beliefert wird. Kurz lacht der Monsieur und sagt, dass die Hälfte der Juweliere von Paris hier bestellen. Eine beachtliche Zahl müsste dieser Umstand schon ergeben. Sicher bin ich mir nicht, denn ich gehe an sich gar nicht zu einem Juwelier. Ihre Mimik verzieht sich zu einem enttäuschten Gesichtszug, weshalb ich wohl an der Reihe bin.

„Monsieur Fabron, haben Sie auch eine kleine Ausstellung, die man sich angucken kann?“

„Bei dieser Frage geht mir ein bisschen der Stolz hoch – selbstredend, Mademoiselle. Doch dazu kommen wir gegen Ende, denn mein Enkel wird für mich ab dem Teil übernehmen. Erstmal zeige ich euch den Schmelzofen – zumindest einen von ihnen.“

Ihm scheint die Arbeit Spaß zu machen und ich finde es wirklich interessant, wie klein die Öfen hier sind, da die Menge Gold unterschiedlich verarbeitet wird. Weiter hinten sollen größere stehen, die uns jedoch zu sehr ins Schwitzen bringen würden, da dort höhere Temperaturen herrschen. Ivan fragt nach, ob wir einer Goldschmelze beiwohnen können und wie diese abläuft. Glücklicherweise können wir es drei Öfen weiter und Monsieur Fabron erklärt die einzelnen Schritte. Dahinter steckt eine Menge Muskelschmalz, wenn ich mir anschaue, wie diese riesigen Gebläse bedient werden müssen. Sicherlich nichts für mich und dann muss man auch noch genau darauf achten, dass man nicht zu viel Luft beigibt, da sonst Bläschen entstehen oder ein Hohlraum sich entwickelt, sodass der Wert sinkt. Definitiv nicht meine Wahl als Arbeit. Am Ende des Vorgangs haben die beiden Arbeiter bei der Schmelze einen Barren geformt, der nun abkühlen muss. Der nächste Ort wird uns gezeigt, an dem die geformten Barren erneut in einen Schmelzofen kommen, was uns wundert. Ohne auf eine Frage zu warten bekommen wir die Erklärung, dass es nun auf Feinheiten ankommt. Es werden die in Auftrag gegeben Formen bei diesem Schritt grob gehämmert, damit die weiteren Arbeiten daran vorgenommen werden können. So ein Goldbarren kann dann mal eben für einige Armbänder und Ketten genutzt werden. Grobe Formen verraten aber nicht gerade viel von dem, was am Ende dabei herauskommt. Frage für Frage beantwortet Monsieur Fabron gewissenhaft, bis er meint, dass wir genug draußen gewesen wären und uns drinnen bei heißer Schokolade aufwärmen würden. Erfreut über die leckere Süßigkeit jubeln ein paar aus unserer Klasse und können es kaum erwarten. Im Hauptgebäude dürfen wir uns an einem langen Tisch hinsetzen, während wohl seine Frau uns mit dem Getränk versorgt. Nett sind diese beiden allemal. Umsonst eine heiße Schokolade trinken zu dürfen ist ein Geschenk und in Masse auch nicht gerade billig. Anders kennen wir es gar nicht mehr, aber Chloé meckert, dass es keine edle Schokoladensorte ist, die sie trinken muss. Madame Bustier entschuldigt sich für diese Unverfrorenheit und die beiden nehmen es gelassen hin. Jemand stößt zu uns und will gerade Monsieur Fabron ansprechen, als er stoppt, in unsere Richtung sieht und ein paar Momente braucht, um zu sich zu kommen. Was hat den denn plötzlich versteinern lassen? Anscheinend sind das seine Großeltern, jedoch hat er vergessen was er sagen wollte und geht unverrichteter Dinge wieder. Augenblicklich scheint dieses Verhalten auch den Hausherren zu verwirren, aber er stellt diesen Jungen als seinen Enkel vor, der gleich übernehmen wird. Sollte dieser erneut versteinern, wüsste ich nicht, wie wir ihn aus dieser Starre holen sollen. Erstmal heißt es jedoch die heiße Schokolade zu genießen. Es hat etwas von einer Pause, die wir hier verbringen und wir unterhalten uns natürlich über das, was wir zu sehen bekommen haben. Besonders die Reaktionen von Chloé, als sie gesehen hat wie dreckig das Gold ist, bevor sie es trägt, waren amüsant. Nichtsdestotrotz hat die schönste Pause auch ihr Ende und Monsieur Fabron ruft seinen Enkel herbei, der vom Auftreten her dieses Mal mehr Selbstvertrauen besitzt. Keine Versteinerung? Irgendwie habe ich mich darauf eingestellt. Na ja, man kann nicht immer alles auf einmal erhalten. Seine Großeltern verabschieden sich schon, weil sie noch einen Termin wahrnehmen müssen und er nimmt uns mit in einen Raum vom Haus, wo das grobe Gold verfeinert wird. Wow, wie die paar Menschen hier solch tollen Schmuck herstellen können, finde ich erstaunlich. Wichtig ist dabei, die Wünsche des jeweiligen Kunden zu berücksichtigen, aber ebenfalls seine Individualität beizubehalten, die man als ein Juwelier besitzt. Ah, ich verstehe! Goldschmiede arbeiten nicht nur für Juweliere, sondern können selber ebenfalls als diese hantieren. Allerdings kann es sein, dass ich dabei auch vollkommen danebenliege, wie sich in diesem Moment herausstellt, denn er ist gelernter Juwelier und seit diesem Sommer fertig mit der Ausbildung – deswegen sieht er auch noch jung aus. Manche Juweliere in Paris arbeiten selber an Schmuckstücken und brauchen nur die Formen, aber einige bestellen direkt von hier, um den Schmuck anzubieten, wie wir zu hören bekommen. Konzentration heißt es zu besitzen, doch da ich mich manchmal leichter ablenken lasse als jedes Kleinkind, wäre es Verschwendung mich einzustellen. Jetzt kommen wir zu dem Ausstellungsraum und können einige wunderschöne Werke bestaunen. Diamanten, Smaragde, Granate, Saphire, Amethyste, Rubine – wirklich jeder Edelstein ist hier vertreten und in einigen Accessoires verarbeitet worden. Herausgestellt wird ein kleines Podest, mit einer Büste darauf, welche eine Kette mit Bernsteinen trägt, die sogar in zwei Armbänder geteilt werden kann, wie ich erkenne.

„Möchten Sie diese Kette tragen, Mademoiselle?“

„Wie, ich? Es wäre zwar schön, aber ich kann doch kein Ausstellungsstück tragen, welches wohl einen besonderen Wert zu haben scheint.“

„Sicherlich können Sie das. Warten Sie nur einen Augenblick bitte.“

Meint der Enkel das jetzt ernst? Tatsächlich, denn er hebt die Bernsteinkette von der Büste ab, bittet mich meine Augen zu schließen und ich kann das Gewicht der Kette spüren, ehe er meint, dass ich bitte noch ein wenig warten soll, damit der Spiegel bereit ist. Nachdem er mir das Zeichen gegeben hat, öffne ich meine Augen und fühle mich ein wenig unwohl dabei, solch ein teures Schmuckwerk zu tragen. Jedoch sieht es trotzdem fantastisch aus. Madame Bustier meint erst, dass ich es an mich genommen hätte, aber unsere Gruppenführer klärt die Lage schnell auf, sodass Chloé wieder einen auf Prinzessin macht und meckert, weswegen sie nichts tragen darf. Selbstverständlich will sie nicht – in ihren Augen – den billigen Schmuck tragen, wie ich gerade, aber sie verlangt es und droht wieder mit ihrem Vater.

„Mademoiselle, ich lasse nur die Personen Schmuck von uns persönlich tragen, die wie eine wahre Schönheit aussehen und bei allem Respekt fehlt Ihnen die nötige Eleganz.“

Kichernd versuche ich mein Grinsen mit den Händen zu verstecken, denn mit solch einem Konter hat wohl niemand gerechnet – besonders nicht Chloé, die kein Stück glücklich mit ihrer Lage ist. Wütend stampft sie auf mich zu und reißt regelrecht die Bernsteinkette von meinem Hals – der Verschluss hat erst noch gehalten, aber bei mehreren Ruckelangriffen kein Wunder, dass er zerspringt – und schmeißt sie auf den Boden, sodass sie in mehrere Stücke zerbricht. Schleunigst kniet sich der junge Mann hin und sammelt die Teile ein, wobei ich ihm helfen möchte, aber er weist mich harsch sowie verletzt ab, bevor er rausrennt.

„Bei all den anderen Taten habe ich mich noch zurückgehalten, Chloé, aber du hast vorhin echt dem Fass den Boden rausgeschlagen, indem du sein Meisterwerk als Schüler zerstört hast. Schäme dich dieses Mal bis zum Erdkern und schmelze dort dahin. Ich folge ihm, Madame Bustier.“

Ohne auf eine Antwort zu warten renne ich hinterher, denn ich hätte besser aufpassen müssen. Direkt trifft mich zwar keine Schuld, aber ich fühle mich ein bisschen schuldig. Draußen sehe ich ihn weiter hinten in dem Garten, wo er anscheinend weint, wenn ich die bebenden Schultern richtig deute. Vorsichtig nähere ich mich ihm und lege sanft eine Hand auf seinen Rücken, bevor ich mich in die Hocke begebe und ihn einfach mitfühlend anschaue. Zuerst möchte er nicht, dass ich ihn in diesem Zustand sehe, aber es dauert nicht lange, da wirft er mich um und braucht gerade einfach Nähe.

„Es war und ist noch ein schönes Schmuckstück, Monsieur Fabron. Vielleicht kann es keine Kette mehr sein, aber zu den zwei Armbändern können Sie es sicherlich noch retten, oder? Ich möchte mich als Laie nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber dies sollte möglich sein.“

Traurig sieht er mich an und schüttelt den Kopf. Kurzum bleiben wir noch ein bisschen so liegen, bis er aufsteht und ihn die Wut packt. Zwar möchte ich ihn beruhigen, werde aber bei dem Versuch aufzustehen von ihm unten gehalten. Erahnend was in diesem Moment passiert, bitte ich in Gedanken Cat Noir und Ladybug zu mir, denn auch wenn wir außerhalb von Paris sind, sollten sie helfen können. Vor meinen Augen – zum ersten Mal – akumatisiert sich eine Person in ein Überwesen. Uh, ein diamantener Körper, welcher im Inneren die anderen Juwelen zu beherbergen scheint. Hat schon etwas. Die kaputte Bernsteinkette liegt allerdings neben mir, was ich schade finde. Zudem erkennt man ihn nicht mehr als den Enkel wieder. Das finde ich schon schade.

„Meine Dienstmagd, es wird Zeit dem niederen Volk zu erklären, dass du meine Gemahlin sein wirst – eine Prinzessin, Verlobte vom Juwelenprinz!“

Okay, er hat ein paar Juwelen an der falschen Stelle sitzen. Als ob ich hier einen auf Dienstmagd und dann Prinzessin mache. Wenigstens hebt er den Fuß von mir und zieht mich hoch. Sein Zepter hält er mir entgegen und ein Lichtstrahl lässt meine Kleidung zu einem wallenden Kleid, mit einem Haufen Juwelen besetzt, ändern. Damit sehe ich wirklich aus wie eine Prinzessin – ohne Diadem und mit diamantenen Fesseln sähe ich sicherlich besser aus. An der Kette zieht er mich hinter sich her und bei dem Zug dahinter, muss ich mit ihm stapfen. Dienstmagd im Prinzessinnenkleid in Ketten gelegt – hat es das jemals gegeben? Aus meiner Sicht fühle ich mich total enteignet. Dass wir direkten Kurs auf den Ausstellungsraum nehmen sorgt bei mir für gemischte Gefühle. Natürlich sind die anderen da noch, als ob die nicht einen Blick aus dem Fenster hätten werfen können, aber nun ist es zu spät. Bevor er ein Wort sagt, schreie ich die anderen an, dass sie gefälligst wegrennen sollen, was ihm keineswegs passt und mich ermahnt, da er sonst härtere Maßnahmen ergreifen muss. Merke ich mir, denn bei dem Ernst in der Stimme sollte ich es dieses Mal lieber lassen eine große Klappe zu haben. Anstatt jedoch hinter ihnen herzujagen, wie ich mir gedacht habe – damit die beiden Helden von Paris mehr Zeit haben, um aufzutauchen – ruft er einen Rubinritter, einen Smaragdsöldner sowie einen Saphirspeerkämpfer. Dafür lässt er diese drei Juwelen aus seinem Körper und sie bilden ihren eigenen, mit der dazugehörigen Waffe. Grotesk sieht das schon aus und sie scheinen zu wissen, wen sie jagen müssen. Demnach wäre die Zeit doch knapper, als ich mir ausgemalt habe. Wo bleiben die beiden bloß? Unterdessen geht er wieder raus mit mir und wirft ein paar Edelsteine in den Boden, aus dem tatsächlich ein Schloss wächst. Will der Kerl mich veralbern? Sinngemäß sollten Edelsteine nicht wie Samen irgendwas hervorbringen. Wo bin ich bloß wieder hineingeraten? Zufrieden mit seinem Werk will er gerade anordnen, dass irgendwas getan wird, da taucht Cat Noir auf und haut gegen die Kettenglieder mit seinem Kampfstab, die jedoch ganz bleiben.

„Erdreißtest du dir MIR MEINE Prinzessin zu stehlen, niederes Gewürm?!“

Wütend, nein, rasend vor verärgerten Gefühlen nur, weil der Kater versucht hat mich zu befreien? Kurze Lunte würde da am besten passen.

„Sagt der Richtige. Du hast meine Prinzessin in Ketten gelegt und in einen Fummel gesteckt, der ihr zwar steht, jedoch ihre eigene Schönheit bedeckt. Was wäre ich für ein Traumprinz, wenn ich nicht sie aus deiner Gefangenschaft befreien würde?“

Würde jemand bitte mit mir tauschen? Angeberei ist schön und gut, aber was Cat Noir da abzieht muss nicht sein, da er den Juwelenprinzen nur noch mehr verärgert. Flirten muss der Kerl aber auch andauernd – oller Charmeur.

„Du wirst sie mir nicht wegnehmen, denn sie gehört mir. Amethystarmbrustschütze – töte ihn!“

Noch eine komische Juwelengestalt? Man fragt sich natürlich nun, wie viele er rufen kann und wie stark diese sind, um eine mögliche Schwäche herauszufinden. Leider bleibt Cat Noir keine Zeit, denn er muss ausweichen, weil noch ein Spinellbogenschütze hinzugekommen ist und nun die beiden ihn im Dauerfeuer haben. Zu allem Überfluss ruft er ein Peridotpferd sowie ein Topastonnelon. Der Armbrustschütze nimmt das Pferd, während der Bogenschütze das Tonnelon nutzt, um einen hohen Stand und ein weites Blickfeld zu haben. Armer Kater, der wird immer weiter von uns abgedrängt.

„Dieses Gewürm wird meiner Macht nicht lange standhalten. Sobald wir den Thronsaal erreicht haben und du gekrönt bist, wird mich niemand mehr aufhalten können.“

Schön für dich und ich darf mein restliches Leben immer artig und stumm nicken? Dies liegt mir einfach nicht in den Genen. Über weitere aussichtslose Lagen kann ich später lamentieren, denn bevor er nochmals versucht einen Befehl heraus zu posaunen, gesellt sich Ladybug zu uns und trägt die Waffen der drei vorherigen Krieger bei sich. Wie hat sie es geschafft durch dermaßen widerstandsfähiges Mineral zu kommen? Katerchens Kampfstab konnte nichts gegen die Kette ausrichten, aber ihr Jo-Jo hat für die anderen Arten ausgereicht – verstehe einer die Logik hinter solchen Kräften. Ihre Chance nutzt sie und versucht mit den Waffen die Kette zu zerstören, aber die Waffen zerspringen eher, was nicht nur sie kurzzeitig schockt – mich ebenfalls.

„Diamanten sind härter als die anderen Edelsteine, das weiß doch jedes Grundschulkind.“

Gut zu wissen, dass ich mit Diamanten an ihn gebunden bin – macht die Sache zwar nicht besser, aber ich weiß, was ich in Natur wert zu sein scheine. Unterm Strich also einen Haufen reiner Diamanten. Ladybug muss seinem gezogenen Schwert ausweichen, denn er wird aktiv. Zu meinem Leidwesen hat er nicht losgelassen und ich muss mit den beiden mithalten. Die Sprünge kann er allerdings vergessen, die schaffe ich nie im Leben. Kurzerhand wirft er mich zu seinem Schloss hin, welches bei Kontakt mit der Kette diese ein kleines Stück aufnimmt und ich somit an dem Gebäude gekettet bin. Schlimmer geht es immer. Wie es Cat Noir geht, weiß ich nicht, denn das Geschehen spielt sich hinter dem Schloss ab. Zum Nichtstun verdammt zu sein kratzt an meinen Nerven. Gerade fällt Ladybug vom Dach des Hauses und schafft es noch sich festzuhalten, damit sie kontrolliert runterspringen kann. Ihr Gegner springt stumpf runter und setzt ihr nach. Wahrlich positiv ist die Lage insgesamt nicht.

„Haben Mylady mich vermisst?“

Charmant und sofort am Flirten – kann ja nur der Kater sein.

„Wie kommt der Herr darauf? Ich genieße es ohne Ende an einem Schloss gefesselt zu sein und zwar mit einem der härtesten Materialien die es gibt – Diamanten.“

„Woho! Ganz ruhig, Shirado.“

„Ach ja? Darf ich nicht mal hysterisch werden oder was? Von ihm und von dir werde ich als Prinzessin dargestellt, die ich nicht mal bin und der Kampf artet in einem unfairen Wettstreit aus. Ironischerweise habe ich mehr Sorgen um dich gehabt, du blöder Kater.“

Sein Lächeln kann er sich sonst wohin stecken, ich will endlich frei sein. Erneut versucht er es mit seinem Kampfstab, was allerdings immer noch nichts gebracht hat.

„Kataklysmus!“

Seine besondere Fähigkeit hilft da schon eher und er schnappt sich mich, um mich wegzubringen, woraufhin ich ihn stoppe, denn ich möchte die zerstörte Bernsteinkette aufsammeln. Keinen Moment zu früh, denn Ladybug prallt gegen ihn und sie landen am Boden, während der Juwelenprinz nun mit zwei Schwertern auf uns zukommt. Sie hält eine Nadel mit Faden in einer Hand, was ich mir einfach ausleihe und versuche ein bisschen die Kette zu richten. Für meine Verhältnisse ist das eine gute Arbeit und ich lege mir die Kette um, die gar nicht zu dem Kleid passt, aber darauf kommt es nicht an.

„Meine Prinzessin, wieso trägst solch unflätigen Plunder?“

„Plunder? Diese Kette war dir mal wichtig, Prinz. Sie hast du als Schüler gefertigt. Sie war und ist dein Meisterwerk. Mir persönlich gefällt sie am besten, da ich erkennen kann, mit wie viel Fleiß und Herz du bei der Sache warst. Es ist egal, was andere dazu meinen, denn du warst auch stolz auf deine Arbeit. Schaue dich mal jetzt an! Du bist nur ein billiger Klatsch von den gierigen Menschen dieser Welt, die wahre Schönheit nur an der Höhe des Preises messen, was totaler Schwachsinn ist. Wache auf und erkenne, was du bist und was du kannst!“

Zur Not lasse ich mich von seinen Schwertern treffen, wenn er nicht anders zu überzeugen ist, da er beide auf mich gerichtet hat. Jedoch lässt er sie sinken und gibt nach, wie es den Anschein macht.

„Ja, du hast Recht. Ich habe in meiner Wut und Verzweiflung das aus den Augen gelassen, wofür ich stehe. Danke.“

Kaum hat er seinen Dank ausgesprochen löst sich seine Verwandlung auf und ein kleines Wesen manifestiert sich vor ihm, welches ich mir schnappe, bevor es abhauen kann.

„Was ist das?“

„Ich habe keine Ahnung, Ladybug, aber da ich keinen schwarzen Schmetterling gesehen habe, muss der kleine Kerl für die Verwandlung ausschlaggebend gewesen sin.“

„Bedeutet das, dass es noch jemanden gibt, der andere Leute für seine Zwecke manipuliert?“

Neugierig bin ich schon, welche andere Person er meint, aber der zappelnde Winzling sollte erstmal gut verwahrt werden. Nur wo und wie transportiere ich ihn? Reinigen kann Ladybug ihn nämlich nicht, weil ihr Versuch nichts gebracht hat. Somit sollte meine Erinnerung ausreichen um zu recherchieren.

„Falls du noch einmal in meine Nähe kommst, werde ich nicht gnädig mit dir sein und dich in der Luft zerreißen, klar?!“

Überraschenderweise nickt das kleine Wesen tüchtig und ich lasse es runter auf den Boden, wo es sofort abhaut, als wären wir noch hinter ihm her. Sie nimmt die Nadel mit dem Faden wieder entgegen und ruft ihren Spruch aus, sodass alles wieder wie vorher wird – was leider ebenfalls für die Kette gilt – und damit keine Schäden vorhanden sind.

„Bekomme ich eine Belohnung, Shirado?“

„Du möchtest eine Belohnung, obwohl du, wie du mir gesagt hast, mein Heldenprinz in schwarzer Rüstung bist? Denn wenn ja, müsste Ladybug die gleiche Belohnung erhalten.“

Woher er nun meinen Namen kennt, tut nichts zur Sache, denn er liest sicherlich auch Magazine und sieht die Fotos darin. Von daher hake ich nicht nach. Er hat sich wohl eine andere Antwort erhofft und ich gebe ihm einen Kuss auf eine Wange, bevor beide losmüssen, da sie meistens weniger Zeit haben, als Superhelden haben sollten. Meine Wenigkeit hockt sich hin und hält die kaputte Kette dem Enkel hin.

„Monsieur Fabron, lassen Sie sich nicht unterkriegen. In Ihnen steckt sehr viel Talent und Sie werden es noch weit bringen. Geben Sie nicht nach, nur weil jemand Ihnen mit Missgunst entgegentritt. Aus meiner Sicht werden Sie noch eine ganz große Nummer werden.“

Da er sich nun hinstellt, muss ich hochschauen – selbst wenn ich stehe – und er denkt über meine Worte nach, ehe er nickt. Adrien und Marinette kommen auf uns zu. Besonders dem blonden Schönling sieht man pure Erleichterung an. Weswegen er diese zeigt ist mir ein Rätsel, aber beiden geht es gut, was mich freut. Sicherlich haben die anderen auch nichts erdulden müssen. Gemeinsam gehen wir zurück und treffen die anderen. Madame Bustier ermahnt uns drei, weil wir einfach abgehauen sind, aber ich habe mich zumindest vorher abgemeldet – wo die zwei hin waren weiß ich keineswegs. Adrien redet sich heraus, dass er mich, laut meinem Vater, beschützen soll, es aber leider nicht geschafft hat und von einem der Edelsteinwesen bewusstlos geschlagen wurde. Dagegen klingt die Antwort von Marinette lahm, denn sie musste sehr dringend auf Toilette. Unsere Lehrerin seufzt gestresst und der Enkel meint, dass er ohne mich wohl alle verletzt hätte, da ich ihn aufgeweckt habe. Nett von ihm das zu sagen. Einen der kleinen Bernsteine nehme ich mir, die nicht mehr an die Kette können, weil sie gespalten sind.

„Machen wir es doch so, ich nehme dieses Stück Bernstein und Sie das Gegenstück dazu, Monsieur Fabron. Lassen Sie uns doch in Kontakt bleiben und ich werde Sie immer wieder daran erinnern, was Sie können. Dies wäre somit unser Verbindungsstück. Was halten Sie davon?“

Habe ich irgendwas falsch gesagt? Immerhin ist mir die Idee spontan gekommen und da bin ich maßgeblich schlechter, als wenn ich planen würde.

„Ich…, danke, Shirado. Dieses Angebot nehme ich gerne an.“

„Nicht so schnell, ich wäre gerne mit dabei.“

Irgendwie klingt Adrien eifersüchtig, aber ich kann mich irren. Marinette, Alya, Nino, Nathaniel und fast alle – bis auf Chloé, beteiligen sich an dieser merkwürdigen Idee meinerseits und halten ein Stück Bernstein bei sich, sodass der Rest nur noch ein Armband ergibt, aber dies scheint ihm weniger auszumachen. Im Augenwinkel kann ich erkennen, dass selbst Chloé einen heimlich genommen hat. Seine Großeltern kommen zurück und fragen, was denn mit seinem Meisterwerk geschehen ist. Die Antwort darauf finde ich sehr schön.

„Es ist zu einem noch besseren Werk geworden, Großvater.“

Unser Ausflug ist somit beendet und der Bus bringt uns zurück. Hoffentlich hat André genug Selbstvertrauen bekommen, um zu zeigen, was in ihm steckt – was die Zukunft zeigen wird.



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