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Insanity Love

I love you. Today. Tonight. Tomorrow. Forever.
von

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Chapter 10: Mysterious Connection

Chapter 10: Mysterious Connection

 

Am nächsten Morgen wachte Maron als erste auf und fand sich immer noch eng umschlungen in Chiaki’s Arm wieder, seine langen Beine mit ihren verhakt.

Sie selbst hatte einen Arm um seine Taille, spürte wie sich seine Rippen unter seinem weißen T-Shirt regelmäßig auf und ab bewegten, während er atmete. Selbst nach fast vierundzwanzig Stunden haftete noch der Duft seines (und ihres) Lieblingsparfüms an ihm – „Presence“ von Montblanc.

Mit leichter Bewunderung musterte Maron ihn. Es war das erste Mal, dass sie Chiaki so friedlich und entspannt sah. Ein Arm lag um ihre Taille, der andere befand sich zwischen ihnen, die Hand zu einer lockeren Faust geballt. Bis auf Jacke und Hemd trug er noch dieselben Klamotten vom Vortag und war in ihnen eingeschlafen.

Sie dachte an die gestrige Nacht zurück.

Wie er sie vor ihrem Ex-Freund gerettet hatte.

Wie er anschließend die ganze Nacht bei ihr blieb, ihr zugehört hatte und sie in den Armen hielt.

Wie er sie letztlich zu sich zog und sie sanft küsste.

Wie seine weichen Lippen sich sachte auf ihre legten.

Und wie sie ihn mit Leidenschaft zurückküsste.

Bei der Erinnerung daran, legte Maron leicht verträumt die Kuppen ihres Zeige- und Mittelfingers auf ihre Lippen. Gleichzeitig sah sie ihren Freund friedlich vor sich schlafen.

Sie empfand das Bedürfnis ihn nochmal küssen zu wollen. Nochmal diese kribbelnde Wärme spüren zu wollen. Nochmal den Geschmack seiner Lippen zu kosten.

Ein leichtes Seufzen entkam Chiaki und seine Augen begannen zu zucken.

Maron entfernte ihren Arm von seiner Taille, legte ihre Hand in seine und drückte sie.

„Guten Morgen.“, flüsterte sie warm lächelnd. Chiaki bewegte leicht seinen Kopf ins Kissen rein.

„Hmmm.“, murmelte er und seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Die Augen blieben weiterhin geschlossen. „… In der Tat ein guter Morgen.“ Dann öffneten sich seine verschlafenen Lider und ein paar haselnussbraune Augen begegneten die ihre.

„Ich muss sagen, daran kann ich mich gewöhnen.“, murmelte er halbgrinsend, rutschte zu Maron heran und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Woran gewöhnen?“, fragte Maron mit gespielter Ignoranz, die Wangen leicht rosa angelaufen.

„Neben meinem Engel einzuschlafen und aufzuwachen.“, grinste er und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. Ehe er sich von ihr lösen konnte, umfasste sie seine Wangen mit beiden Händen und intensivierte den Kuss.

Zur Chiaki’s weitere Überraschung, drückte Maron ihn auf die Matratze und mit einem Schwung positionierte sie sich über ihn, saß auf seinem Schoß. Sie lächelte inmitten des Kusses. Chiaki konnte sich ein amüsiertes Kichern ebenfalls nicht verkneifen.

„Du bist voller Überraschungen, Maron Kusakabe.“, sagte er.

„Stille Wasser sind tief.“, entgegnete sie.

„Sehr, sehr tief anscheinend.“ Er schenkte ihr ein verführerisch schiefes Lächeln. „Küssen ist doch nicht mehr so dämlich?“

„Halt einfach die Klappe.“

„Gerne.“

Damit setzte der Blauhaarige sich auf und versiegelte ihre Lippen wieder miteinander. Seine Hände wanderten ihre schlanken Beine hoch und blieben um ihre schmale Taille haften. Maron entkam ein leises, genüssliches Seufzen. Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken und rutschte noch näher an ihn ran als es möglich war. Gierig spielten ihre Zungen miteinander. Sie biss ihm zärtlich auf die Unterlippe, worauf ihm ein raues Keuchen entkam.

Chiaki wanderte mit kleinen Küsse von ihrem Mundwinkel langsam ihren Hals herab und verweilte schließlich an ihrer Halsbeuge. Maron kraulte ihm zärtlich durch die Nackenhaare, während sie seinen heißen Atem und seine Lippen auf ihrer Haut spürte. Gleichzeitig strichen seine Finger ihr liebevoll über den Rücken, verursachten ihre eine angenehme Gänsehaut auf der Haut.

„Hattest du gut geschlafen?“, fragte er.

„Ja.“, sagte sie.

„Keine Albträume?“

„Nein… Zum Glück nicht.“

„Da bin ich froh… Ich hatte gestern wirklich Angst gehabt.“, sagte Chiaki, atmete tief ein und aus. „Angst, dass ich dich verlieren könnte.“

„Hattest du nicht.“, sagte Maron, löste sich etwas von ihm und schaute ihm direkt in die Augen. Mit einem verliebten Lächeln strich sie ihm die blauen Haare liebevoll nach hinten. „Ich bin hier…Dank dir. Wie ein Held tauchtest du plötzlich auf, hattest mich gerettet und hältst mir die Albträume fern.“

Chiaki entfuhr ein kurzes, ungläubiges Lachen. „Ich bin kein Held.“, erwiderte er in einer tonlosen Stimmlage und schüttelte den Kopf.

„Wieso nicht?“ Sein Gegenüber schaute in konfus an.

„Ein Held zu sein bringt zu viel Verantwortung. Helden sind aufopferungsvoll, glauben an alles Gute, wollen das Beste für die Welt und für die gesamte Menschheit.“, erklärte er und hielt kurz inne, schaute Maron an und lachte belustigt auf. „So einer bin ich nicht. Eher das Gegenteil. Egoistisch bis in die Knochen.“, vollendete er und strich ihr eine Strähne hinters Ohr. „Was mich wohl eher zum Schurken macht.“

Seine Freundin schaute ihn für einige Sekunden schweigend an, bis sie selbst kurz auflachte.

„Ich sehe das anders.“, sagte sie schließlich und blickte ihn sanft an. „Und selbst wenn… Du bist mein persönlicher Held.”

Chiaki lachte leise in sich hinein.

„Diesmal keine Geheimnisse mehr, okay?“, fragte er und schmunzelte innerlich bei der Ironie seiner Bitte. Ausgerechnet er bat sie darum keine Geheimnisse mehr vor ihm zu haben. Schließlich gehörte sein Kaito-Dasein zu eines seiner größten Geheimnisse in seinem Leben, die er vor ihr verbergen wird.

Auch Maron schaute ihm in die Augen und dachte an ihr Doppelleben als Kamikaze-Diebin. Sie wusste, dass sie ihn jetzt anlügen musste und tief in ihrem Inneren tat es ihr Leid, ihn zu belügen. Ohne weiteres antwortete sie ihm: „Keine Geheimnisse mehr. Versprochen.“

Mit den Worten zog sie Chiaki in ihre Arme und drückte ihn fest an sich. Dieser erwiderte die Umarmung, strich seiner Freundin zärtlich die Wirbelsäule entlang.

 

„Wir sollten aufstehen und frühstücken.“, sagte Maron nach einer Weile, als ihr Magen anfing zu knurren.

„Sollten wir.“, sagte Chiaki. „Müssen aber nicht.“

„Ich habe aber Hunger.“, stupste sie ihm auf die Nase. Damit entfernte sie sich von ihrem Freund und ging aus ihrem Zimmer raus.

Chiaki saß noch auf ihrem Bett und starrte ihr mit einem verträumten Blick hinterher. Sie brachte ihn wahrhaftig aus dem Verstand! Schließlich stand er ebenfalls auf, hob sein Hemd vom Boden auf und zog es sich über. Er ließ seinen Blick durch ihr Zimmer schweifen.

Auf Maron’s Schreibtisch sah er ein Buch mit Lesezeichen in der Mitte. Neugierig nahm der Student es in die Hand. Es war „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen.

„Ich wusste gar nicht, dass du auf englische Klassiker stehst.“, sagte Chiaki laut, während er mit dem Buch in der Hand in die Küche ging und sich lässig am Türrahmen anlehnte. „Ich hoffe nicht, dass du auch zu den Mädchen gehörst, die total auf ‚Romeo und Julia‘ abfahren.“, fügte er wie beiläufig hinzu und blätterte durch ein paar Seiten.

„Was ist wenn ich ‚Ja‘ sage?“, fragte Maron, stand mit dem Rücken zu ihm gewandt vor dem Kühlschrank, drehte ihren Kopf in seine Richtung und hob eine Augenbraue.

„Dann überdenke ich die Beziehung.“, neckte er sie.

Daraufhin prustete sie vor Lachen los und schüttelte den Kopf.

„Dann habe ich ja nichts zu befürchten! Wir hatten das in der Schule behandelt und die Story war mehr als stinkend langweilig in meinen Augen!“ versicherte sie ihm, machte nebenbei Kaffee und backte Brötchen sowie Croissants auf. „Diese übertriebene Romantisierung von der Liebesgeschichte ist auch extrem fehlinterpretiert. Ich meine, die Beiden waren gerade mal vierzehn -oder so- und kannten sich nicht mal fünf Tage bevor sie sich vor lauter Vernunftlosigkeit umbrachten.“ Sie verzog belustigt das Gesicht, worauf Chiaki zustimmend anlächelte. Er teilte ihre Meinung zu Shakespeares Klassiker.

„Jane Austen’s Darstellung von Romantik mag ich eher.“, sagte Maron abschließend und lehnte sich mit dem Rücken an der Arbeitsplatte an.

„Du weißt, dass Beide zu unterschiedlichen Zeiten gelebt haben und es daher auch unterschiedliche Ansichten zur Liebe gab.“, kommentierte Chiaki besserwisserisch.

„Und?“, erwiderte die Braunhaarige gleichgültig und holte Geschirr aus den Wandschränken. „Wenn ich mich an deine private Bibliothek erinnere, dann hattest du auch all ihre Werke mit drin gehabt.“, merkte sie an und bedeckte den Tisch.

„Habe sie auch gelesen, bevor du fragst.“, grinste er nur und schlug die ersten Seiten auf. Mit einem aufgesetzten englischen Akzent las er schließlich den ersten Satz vor: „Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, dass ein Junggeselle im Besitz eines schönen Vermögens nichts dringender braucht als eine Frau.

Maron musste bei den gespielten Akzent schmunzeln.

„Hättest du dieselbe Stimme wie Mr. Darcy aus dem Film, würde ich mir das Buch von dir vorlesen lassen.“

„Was? Ist mein englischer Akzent nicht authentisch genug?“, brachte ihr Freund gespielt empört entgegen.

Nichts übertrifft den charmanten, verführerischen Akzent eines britischen Muttersprachlers.“, grinste sie mit einem leicht schwärmerischen Blick.

„Das war’s, wir werden nie Fuß auf die britische Insel setzen! Und das hast du dir selbst zuzuschreiben!“, deklarierte Chiaki mit einem ernsten Unterton und klappte zur Bekräftigung ihr Buch zu. Bei dem Fünkchen Eifersucht musste seine Freundin herzlich anfangen zu lachen.

Die nächste halbe Stunde verbrachte das Paar ihr Frühstück gut gelaunt.

„Ich hoffe, Hijiri wird irgendwann zur Besinnung kommen…“, sagte Maron plötzlich und nahm einen Schluck von ihrer Milch.

Chiaki schaute sie verwundert an. „Du hast in gestern verflucht.“

„Ich weiß… Seine Taten sind auch unverzeihlich und ich werde auch meine Aussagen machen sowie eine Einstweilige Verfügung gegen ihn beantragen. Aber ich will ihm auch nicht ewige Verdammnis -oder sowas- wünschen.“, erklärte sie sich und seufzte. „Ich wünsche mir, dass er sich bessert als Mensch.“

„Wow…“, brachte ihr Gegenüber anerkennend entgegen, „Das ist sehr großherzig von dir.“

Maron zuckte mit den Schultern. „Irgendwie glaube ich immer an das Gute in den Menschen… egal, was die verbockt haben.“ Sie lachte verlegen. „Hört sich naiv an, oder?“

„Nein…Ich finde das erstaunlich und bewundernswert. Es gibt nicht viele Menschen, die so denken.“, sagte Chiaki ehrlich. „Gehört selbst Yashiro zu den Menschen, wo du an das Gute glaubst?“ Bei der Frage hob er amüsiert die Brauen hoch.

Maron hielt Daumen und Zeigefinger zusammengepresst hoch und kniff ein Auge zusammen. „Für sie besteht ein Prozent Hoffnung.“, antwortete sie ihm und fing an zu lachen.

Ihr Freund schloss sich ihrem Lachen an.

 

Am Abend war es für Chiaki schließlich Zeit nach Hause zu fahren. Wohl eher drängte Maron ihn dazu.

„Du läufst seit gestern in denselben Klamotten rum und hast in ihnen geschlafen.“, sagte sie.

„Ich habe nichts dagegen.“, erwiderte er achselzuckend und grinste.

Maron verdrehte schmunzelnd die Augen. „Mach dich nicht lächerlich, Chiaki. Und keine Sorge. Ich werde brav in meiner Wohnung bleiben, bist du mich morgen für die Uni abholst.“

„Wie du willst, mein Engel.“, sagte Chiaki, worauf sie wieder errötete. Sie mochte ihren neuen Kosenamen.

Mit einem Kuss verabschiedeten sie sich letztlich voneinander.

Maron ging mit einem breiten Grinsen zum Balkon. Ihr Grinsen verschwand als sie zum Nachthimmel auf blickte.

Fin… wo bist du nur…?, fragte sie sich. Auf einmal fing ihr Amulett an zu reagieren. Ein Dämon…?, dachte sie sich verwundert. Suchend schaute sie nach unten, obwohl sie kaum was erkennen konnte. Ohne weiter nachzudenken, verwandelte sie sich in ihrer Wohnung in Jeanne und sprang auf einem niedergelegten Gebäudedach herunter.

Zur selben Zeit blieb Chiaki vor seinem Auto stehen, die Hand schwebend über der Türklinke. Auch sein Pentagramm reagierte auf einen Dämon. In genau dem Moment lief eine Frau mit einem boshaften Gesichtsausdruck an ihm vorbei. Sie trug eine große, silberne Kette um den Hals, welches eine dunkle Aura ausstrahlte. Kurz schaute er ihr einige Meter hinterher und sah im Schatten der Dunkelheit eine zierliche Gestalt auf den Dächern wandern.

Jeanne…!, dachte er sich und verengte leicht die Augen. Mit schnellen Schritten versteckte Chiaki sich in einer dunklen Seitengasse, verwandelte sich und folgte den beiden Frauen unauffällig.

In einem alten Lagerhaus konfrontierte Jeanne die Besessene schließlich. Sindbad versteckte sich in einer dunklen Ecke und beobachtete das folgende Geschehen zunächst.

Mit einem sadistischen Lachen entfernte der Dämon sich von seinem Opfer und griff mit seinen Tentakeln die Kamikaze-Diebin an. Diese erwischte es kalt und sie wurde durch das stehende Gerümpel geworfen.

Daraufhin stellte Sindbad sich zwischen ihnen und wehrte den zweiten Dämonenangriff ab. Mit ein paar Messern schnitt er der Kreatur ein paar Tentakeln ab.

Jeanne giftete ihn sofort mit dem Satz „Misch dich nicht ein!“ an, was er augenverdrehend hinnahm. Normalerweise würde er mit einer Beleidigung zurückkontern, doch das Bedürfnis dafür empfand er nicht mehr - so gar nicht mehr.

Genervt schubste sie ihn beiseite und bannte nach kurzer Anstrengung den Dämon schließlich. Sindbad schaute ihr dabei zu.

„Die Mission ist beendet.“, sagte sie mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck und sammelte die Schachfigur ein.

Sindbad starrte sie wortlos an. Jeanne wunderte sich über sein ungewöhnliches Schweigen, drehte sich mit einem skeptischen Blick zu ihm um.

„Irgendjemand da?“, fragte sie, ging auf ihn zu und stupste ihn mit dem Finger in die Brust. Noch immer starrte ihr Rivale sie an. Sie konnte seinen Blick nicht deuten.

Komischer Typ…, ging es ihr durch den Kopf und zuckte mit den Schultern. Gerade als die Diebin gehen wollte, hielt Sindbad sie auf.

„Warte.“, sagte er und stellte sich vor sie, „Müssen wir uns eigentlich immer bekämpfen? Die neuesten Ereignisse zeigten doch, dass wir gut zusammenarbeiten können.“

Jeanne verengte argwöhnisch die Augen. „Du arbeitest für den Teufel und ich für Gott.“

„Und?“

„Wir sind und bleiben Feinde. Sogar Erzfeinde, wenn man es genau nimmt. Da wird sich nichts ändern. Leider.“, sagte sie stur und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Leider?“ Sein Blick bekam einen neugierigen Touch.

„Ja. Es ist unsere Natur.“

„Wer sagt, dass sich nicht doch was ändern kann?“, fragte Sindbad in einem rauen Ton und ging auf Jeanne zu. Sie versuchte im Rückwärtsgang Abstand von ihm zu bewahren, fand sich jedoch zwischen ihm und einer Wand wieder.

Er stützte eine Hand an der Mauer an und beugte sich zu ihr nach vorne, nur noch wenige Zentimeter entfernten die Beiden voneinander.

Mit seinen blauen Augen schaute er ihr eindringlich in ihre violetten.

Jeanne’s Herz begann schneller zu schlagen. Sie musste schwer schlucken.

Fasziniert blickte sie in seine eisblauen Augen, verlor sich nahezu in ihnen.

Noch nie hatte sie solch ein schönes Blau gesehen.

„Sagtest du nicht, du hättest ein Mädchen an deiner Seite?“, fragte sie leise und gefasst wie möglich.

„Ja, sagte ich…“, antwortete er ebenfalls leise.

„Dann solltest du dich auch von mir fernhalten, sonst bekommst du noch großen Ärger.“

„So gern ich das will, ich kann nicht.“, gestand Sindbad.

„Männer…“, sagte Jeanne mit einem abwertenden Ton und rollte mit den Augen. „Kerle wie dir sollte man in den Arsch treten.“

Sindbad lachte leise auf. Sein raues Lachen ließ Jeanne noch mehr erröten. Zum Glück war es dunkel genug, dass er ihre Röte nicht sehen konnte.

„Und was ist mit dir? Du könntest jederzeit gehen.“, sagte er.

Jeanne presste ihre Lippen zusammen, bevor sie sagte: „Du klebst wie eine Klette an mir. Da komme ich ja nicht dazu…!“

„Frech wie immer Jeanne.”, kicherte der Dieb. „Wie würde dein Lover es finden, wenn du hier mit anderen Kerlen flirtest.“

„Pah! Wer flirtet hier mit wem?“

Noch immer waren die Beiden sich nah. Sehr, sehr nah. Die Atmosphäre zwischen ihnen begann sichtlich zu knistern.

Sindbad beugte sich näher zu Jeanne herunter. Sie hielt den Atem an.

Ihre inneren Alarmglocken ignorierte sie.

Beide schlossen instinktiv ihre Augen.

Doch ehe Jeanne sich darauf gefasst machen konnte Sindbad’s Lippen auf ihre zu spüren, drehte dieser sich abrupt weg und verschwand.

Eine Weile starrte die Diebin stark blinzelnd auf die Stelle an der er noch stand. Noch immer war ihr Herz laut am Klopfen und ihre Wangen schimmerten verräterisch rot auf.

War sie wirklich bereit gewesen ihren Rivalen zu küssen, obwohl sie einen festen Freund hatte?

Das merkwürdigste war, sie hätte es nicht bereut.

Verdammt, reiß dich zusammen! Jeanne schüttelte mahnend ihren Kopf, schlug sich mit beiden Händen auf die Wangen, atmete tief durch bis sich ihr Körper wieder beruhigt hatte und begab sich nach Hause.

Zur gleichen Zeit versteckte Sindbad sich in einer schmalen Seitengasse und versuchte sein Herzrhythmus auf Normalzustand zu bringen. Alles in ihm war auf Adrenalin. Eine leichte Röte zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Verdammt….!, dachte er sich.

Wieso brachte diese Frau ihn so aus dem Verstand?

Sindbad wollte sich von Jeanne fernhalten.

Allerdings wollte er sie auch küssen, wobei der Gedanke an Maron ihn in letzter Sekunde davon abhielt.

Seufzend für sich Sindbad durch die Haare, entfernte in derselben Handbewegung sein Stirnband und starrte als Chiaki gedankenverloren zum sternenklaren Nachthimmel hinauf.

Irgendwie zog Jeanne ihn an und er konnte sich nicht dagegen wehren.

Es war wie, wenn ein Magnet sein Gegenstück an sich zog bis sie einander kollidierten.

Und genau dasselbe Gefühl empfand er auch bei Maron.
 

***

Über zwei Wochen waren seither vergangen. Im Allgemeinen waren Maron und Chiaki mehr als glücklich zusammen. Die Uni lief ohne Probleme ab und sie verbrachten auch viel Zeit mit ihren Freunden. Einmal wurden sie auch von Chiaki’s Familie zum Essen eingeladen.

Ebenso hatte Chiaki über Skype auch Maron’s Eltern bereits kennengelernt, die ihm mit Freude und Zustimmung entgegenkamen.

Alle paar Tage -an dämonenfreien Nächten- übernachtete das Paar bei Maron oder Chiaki zu Hause und genossen die Zeit miteinander.

Hinsichtlich ihrem normalen Leben war alles gut.

Allerdings beschäftigte Beide -im unterschiedlichen Maße- immer noch der Fast-Kuss zwischen Jeanne und Sindbad, welches sie nach außen natürlich nicht anmerken ließen.

Maron hatte sich nach einigen Tagen eingeredet, dass das Verhalten ihres Rivalen nur ein falsches Spiel war, um Jeanne hintergehen und auszunutzen zu können.

„Genau, das muss es sein!“, sagte sie sich, nach einigen Überlegungen. „Ich darf mich nicht von ihm täuschen lassen! Er ist nach wie vor ein Diener des Teufels! Fin wäre garantiert auch der Meinung!“

Ob sie davon auch überzeugt war, war sie sich nicht sicher. Die Herzklopfen, wenn sie Sindbad sah oder an ihn dachte, waren unmöglich zu ignorieren. Und dies brachte ihr ein furchtbar schlechtes Gewissen gegenüber ihrem Freund.

Chiaki hingegen versuchte eine logische Erklärung für sein Verhalten und seine Gefühle zu finden, allerdings ohne Erfolg. Stattdessen wurde er noch verwirrter, wann auch immer er Jeanne bei einem Einsatz sah.

Irgendwann kam der Punkt, in der er die Kamikaze-Diebin auch nicht mehr richtig als sein Feind ansehen konnte. Er wollte sie einfach nicht mehr bekämpfen.

Nach der Realisation begab sich Chiaki als Sindbad zwar immer noch zur Dämonenjagd, beobachtete allerdings alles nur noch von der Ferne. Ab und an kam er ihr zu Hilfe, was sie konfus hinnahm.

Dass er seinem Boss keine Schachfiguren mehr einbrachte, war ihm egal.

Und von den Engeln fehlte immer noch jede Spur.

 

Es war Freitagabend, 20 Uhr und in der Taschenuhr eines Geschäftsmannes hatte sich ein Dämon bemerkbar gemacht. Beide Diebe hatten dem Mann eine Warnung geschickt und vor dessen Firmengebäude war ein großes Polizeiaufgebot.

Jeanne begab sich als Erste auf das vermeintlich leere Firmendach. Sindbad beobachtete sie mit dem Fernglas vom entfernten Nachbarsgebäude.

In dem Moment als sie durch die Tür schreiten wollte, tauchte eine Gruppe von zwanzig Polizisten plötzlich auf und versperrten ihr den Weg. Eine Handvoll der Männer konnte sie außer Gefecht setzen, doch ihre Kondition reichte nicht für alle aus. Sindbad sah ihre missliche Lage und kam ihr sofort zur Hilfe.

„Sindbad!“, rief Jeanne überrascht auf.

„Ich kümmere mich um die! Such du den Dämon!“, sagte er und hielt einige Polizisten mit Tritten von sich und seiner Rivalin fern. Diese schaute ihn perplex an, nickte ihm dankend zu und ging durch die Tür.

Kaum war Jeanne verschwunden, konzentrierte Sindbad sich auf seine Gegner, die ihn mit ausdruckslosen Augen anstierten und in ein diabolisches Lachen einstimmten. Wie willenlose Puppen warfen sie sich auf ihn und versuchten ihn anzugreifen. Sindbad bemerkte sofort, dass die Männer unter dem Einfluss von dem Dämon standen. Verbissen knirschte er mit den Zähnen. Nach viel Mühe und Anstrengung schaffte er es den letzten Beamten bewusstlos zu schlagen. Völlig außer Atem stand er auf dem Dach und wollte Jeanne ins Gebäude folgen, als ihn von hinten auf einmal Schüsse trafen.

Eine Kugel streifte ihn an der Schulter, weitere gingen durch Bauch und Bein.

Mit einem unterdrückten Schrei sackte er auf die Knie.

Er spuckte Blut.

Mit verengten Augen drehte er sich um und sah einen Scharfschützen auf dem gegenüberliegenden Dach.

Ihr wollt mich doch verarschen…!, dachte er sich wütend, seine blauen Augen funkelten.

Sindbad ließ ein Scharfschützengewehr in seinen Händen erscheinen, schoss zielsicher auf den Sniper und traf dessen Arme.

Ohne weiter sich mit ihm zu beschäftigen, rannte Sindbad durch die Tür und ließ sich auf der Treppe die Wand entlang rutschen. Schmerzlich hielt er sich die Hand über die Wunde am Bauch und versuchte sich auf den Beinen zu halten. Mit letzten Kräften ging er die Stufen herunter.

Blut sickerte durch seine Klamotten.

Tropfte auf den Boden herunter.

Auf der weißen Tapete zeichnete sich eine rote Spur ab.

 

Zur selben Zeit, wenige Etagen tiefer, hörte Jeanne laute Knalls.

Schüsse?, fragte sie sich irritiert. Die Polizei schießt doch nie!

In derselben Sekunde brach sie mitten im Rennen zusammen, ihr blinkendes Amulett fiel ihr vor Schreck aus der Hand. Hätte sie sich nicht am Geländer festgehalten, wäre sie die Stufen heruntergestürzt.

Höllische Schmerzen durchfuhren sie am ganzen Körper, insbesondere im Bauchbereich und Bein. Erschrocken rang die Diebin nach Luft.

Sie erstickte fast vor Schmerz.

Verwirrte betastete sie die schmerzlichen Stellen, um keine Wunden festzustellen.

Hustend rappelte sie sich auf. Schockiert blickte sie auf ihre behandschuhte Hand und sah rote Flecke auf den weißen Stoff.

Sie hustete Blut!

Aber wieso-…?!

Ehe sie ihre Gedanken zu Ende bringen konnte, bekam sie Kopfschmerzen und sie hatte eine Vision vor Augen. Aus jemandes Sicht befand sie sich ebenfalls im Treppenhaus. Dessen Blick wanderte herunter und sie sah vertraut schwarze Klamotten sowie Blut, welches den Boden entlang tropfte, an der Wand klebte und eine dunkelrote Spur bildete. Mit einem qualvollen Stöhnen ließ sich die Person schließlich die Wand entlang herabrutschen. Im nächsten Moment wurde alles schwarz.

Sindbad…!, dachte sie sich instinktiv, schnappte sich ihr Amulett und rannte die Treppenstufen wieder hoch, bevor die Vision aufhörte.

Auf dem Weg nach oben fand sie schließlich Sindbad auf einem Treppenabsatz an der Wand gelehnt. Er war leichenblass und schwer verletzt.

Blut klebte ihm am Mundwinkel.

„Du meine Güte!“, rief sie panisch und rannte auf ihn zu. „Wie ist das passiert?!“

„Sniper. Die Polizei wird vom Dämon manipuliert.“, stöhnte Sindbad unter Schmerz. „Was machst du überhaupt hier…?!“ Vor seinen Augen begann alles zu verschwimmen.

„I-Ich habe Geräusche von oben gehört und wollte nachsehen!“, sagte sie (was der Halbwahrheit entsprach), „Du musst hier raus…!“

„Und du musst den Dämon bannen!”, sagte er und warf ihr einen ernsten Blick zu.

„Ich kann dich nicht sterben lassen!“, warf Jeanne entsetzt ein.

Sindbad zischte qualvoll auf.

„Ich sterbe nicht…!“ Er wollte aufstehen, doch seine Beine gaben sofort nach. Sein Gesicht verzerrte sich qualvoll. „Außerdem Heilen wir…“

„Red‘ keinen Unsinn! Selbst solche Verletzungen können tödlich für uns sein!“, schrie Jeanne wütend und zugleich verängstigt. Daraufhin erwiderte er nichts mehr.

Sie schaute Sindbad an, atmete tief durch und sagte mit ruhiger Stimme: „Bleib sitzen. Ich kümmere mich um den Dämon.“ Unbewusst legte sie eine Hand sanft auf seine Wange. Sorge spiegelte sich in ihrem Gesichtsausdruck wider. Der Dieb bemerkte die Geste und schaute teilweise überrascht, teilweise auch fürsorglich zu ihr auf. Er legte seine Hand über die ihrer, nahm sie sachte von seinem Gesicht runter und sagte: „Pass auf dich auf, Jeanne.“ Ein schwaches Lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.

„Ja…“, sie lächelte ebenfalls, stand auf und ging davon.

Sindbad schaute ihr nach bis ihm schwarz vor Augen wurde.

 

Es dauerte einige Minuten bis Jeanne sich ins Büro des Geschäftsmannes durchgekämpft hatte und den Dämon bannte. Mit einer aufgeplatzten Lippe und einigen Kratzern -die anfingen zu verheilen-, lief sie wieder ins Treppenhaus zu der Stelle zurück, wo sie Sindbad zurückgelassen hatte.

Plötzlich durchzog sie ein furchtbarer Schmerz durch die Brust. Ihr Herz machte einen Sprung und ein eiskalter Schauer überkam sie. Sie fühlte sich, wie als wäre etwas in ihr gestorben. Panik überkam Jeanne und sie lief mit erhöhtem Tempo weiter, bis sie Sindbad an Ort und Stelle wiederfand.

Dieser saß immer noch an der Wand angelehnt und bewegte sich nicht.

Seine Augen waren geschlossen.

Jeanne befürchtete das schlimmste und rannte auf den Dieb zu, kniete sich vor ihm hin.

„Hey, Sindbad! Sindbad!! Hörst du mich?“ Sie legte beiden Hände auf seinen Schultern und versuchte ihn wachzurütteln. Keine Reaktion.

Jeanne stellte fassungslos fest, dass er nicht atmete.

Das Blut in ihren Adern gefror.

„Nein, nein, nein, nein!“, flüsterte sie. Ihr Herz schlug schneller vor Angst. Horror breitete sich in ihr aus, spiegelte sich in ihren Augen wider.

Sie legte beide Hände auf seine Wangen und schlug ihn vorsichtig. „Wach auf, Sindbad… Komm schon! Wach auf!“ Immer noch keine Reaktion.

Panisch und verzweifelt schlug sie ihm kräftiger über das Gesicht.

Nach dem Schlag, schlug Sindbad plötzlich die Augen auf, keuchte und schnappte angestrengt nach Luft. Jeanne wich erschrocken zurück, die Augen schockiert geweitet, ihr Mund aufgerissen.

„Argh...Fuck!“, zischte er, richtete sich etwas aufrecht und blickte kurz zu ihr auf, blinzelte stark. Er brauchte einige Sekunden bis sein Blick sich verklärt hatte. „Du bist ja wieder da... Hast du den Dämon?“ Sein Gegenüber starrte ihn nur sprachlos an.

„Wieso tut mein Gesicht weh?“, fragte Sindbad irritiert und rieb sich an die kürzlich geschlagene Wange.

„D-Du hast nicht geatmet…!“, brachte Jeanne fassungslos entgegen. „D-Du warst-...“

„Ich habe nur kurz das Bewusstsein verloren.“, unterbrach er sie mit tonloser Stimme und kniff kurz die Augen zu. Auf einmal hallten Schritte und Stimmen im Treppenhaus. Jeanne riss sich aus ihrer Schockstarre und sagte:

„Wir sollten von hier verschwinden!“

Sindbad nickte, stand auf und zusammen flüchteten sie in einen kleinen Park in der Umgebung.

Im dichten Waldstück blieb Sindbad an einem großen Baum stehen, setzte sich zu Boden und lehnte sich mit dem Rücken am Baumstamm an.

„Alles okay?“, fragte Jeanne besorgt und setzte sich vor ihm in die Hocke.

„Ja.“, antwortete er ihr leicht benommen.

„W-Warte-…was ist mit deinen Wunden?!“, fragte sie, kroch auf ihren Rivalen zu, kniete sich zwischen seine Beine und schob ohne Hemmungen sein Shirt hoch. Sindbad schaute mit einem entgeisterten Blick auf sie herab. Zu Jeanne’s Erstaunen war die Schusswunde perfekt verheilt. Auch am Bein war nur ein Loch in der Hose zu sehen. Nur das Blut, was an seinem ganzen Körper und Klamotten klebte, erinnerte an die Verletzungen.

Ungläubig starrte sie zwischen Sindbad und den verheilten Stellen hin und her. In ihrem Kopf herrschte Chaos. Sie wusste nicht, wie sie alles verarbeiten sollte.

Angefangen von der Vision bis zu diesem präzisen Moment.

„Ich sagte doch, ich sterbe nicht.“, hörte sie ihn ruhig sagen.

Zu Sindbad’s Überraschung warf Jeanne sich auf einmal in seine Armen.

„Hey…Was soll d-…“

„Ich bin so froh, dass du lebst.“, wisperte sie vor Erleichterung und drückte ihn fest an sich. Gefühle überwältigten sie. Tränen standen ihr in den violetten Augen, die sie schnell wegblinzelte. Sie konnte es sich nicht erklären, aber der Gedanke dass er tot wäre, versetzte sie in Todesangst.

Sindbad wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte, die Arme unsicher in die Höhe gehalten, nicht wissend ob er die Umarmung erwidern sollte, oder nicht.

Ehe die Diebe sich versahen, drückte Jeanne ihre Lippen auf Sindbad’s. Dieser riss überrascht die blauen Augen auf und erstarrte.

Mit einem Keuchen löste sie sich von ihm einen Zentimeter und schaute ihn geschockt in die Augen. In dem Moment realisierte sie ihre Tat.

„Ich…hätte das nicht tun sollen…“, flüsterte sie kaum hörbar. Wie vom Blitz erschlagen, verharrte sie in Position. Chiaki’s Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Schuldgefühle überrannten sie. Schließlich hatte sie soeben ihren Freund betrogen und ihren Feind -Erzfeind- geküsst.

Sindbad schaute sie wie hypnotisiert an und legte eine Hand sanft auf ihre Wange.

„Du hast Recht. Das hättest du nicht tun sollen.“, wisperte er. „Ich werde mir so in den Arsch dafür treten …“

Mit den Worten beugt er sich zu ihr nach vorne und versiegelte ihre Lippen wieder miteinander. Diesmal war der Kuss fordernder, drängender, leidenschaftlicher. Und schmeckte nach Blut.

Beide hatten die Augen geschlossen und gaben sich ihrem verbotenen Verlangen hin. Versanken förmlich darin.

Jeanne schlang ihre Arme um Sindbad’s Hals, zog sich enger an ihn heran während er seine Hände um ihren Rücken legte.

Sie wusste nicht wieso sie es tat. Die Schuldgefühle verschwanden mit einem Mal und für einen Moment war Chiaki vergessen. Kaum berührten sich ihre Lippen, war alles vergessen. Wie aus dem Gedächtnis gelöscht.

Sindbad durchging ein ähnlicher Konflikt. Er wollte Jeanne schon beim ersten Kuss von sich drücken, konnte es jedoch nicht. Stattdessen küsste er sie im Gegenzug zurück und betrog gleichzeitig Maron. Alles an Vernunft war wie ausgeschaltet, als die weichen Lippen der Kamikaze-Diebin mit seinen in Kontakt kamen. Dabei wollte er es nicht so weit kommen lassen!

Keine von Beiden wollte es so weit kommen lassen.

Nur dieses eine Mal…!, ging es Beiden durch den Kopf. Seine Zunge zwang sich durch ihre Lippen und sie ließ es gewähren. Die Diebin seufzte mitten im Kuss genüsslich auf und biss Sindbad auf die Unterlippe. Dieser küsste sie gierig zurück, liebkostete jeden Millimeter ihres Mundes.

Nach einer Weile lösten sie sich schwer atmend voneinander, die Wangen mit einer dunklen Schamesröte verfärbt.

Jeanne war die Erste die aufstand und ohne weiteren Worte verschwand.

Sindbad sah ihr noch hinterher und warf schließlich seinen Kopf nach hinten.

„Fuck… Ich bin ein verdammter Mistkerl…!“, murmelte er in sich hinein und schlug sich die Hand vor Augen. Den Weg nach Hause dachte er ununterbrochen an seine braunhaarige Freundin.
 

***

In ihrer Wohnung lief Maron nervös auf und ab. Es war bereits drei Uhr nachts und sie konnte sich nicht schlafen legen, zu aufgelöst war sie.

Sie hatte einen anderen Kerl geküsst und sie wusste nicht, ob und wie sie es Chiaki erklären sollte. Dabei hatte das Paar sich vor kurzem erst versprochen keine Geheimnisse voreinander zu haben.

Ich kann mehr als schlecht sagen, dass ich Sindbad, den Dieb geküsst habe…!, dachte sie sich und kratzte sich nervös am Arm. Obwohl…Nicht Maron hat Sindbad geküsst, sondern Jeanne! Demnach gilt das nicht als Betrug, oder…?!

Ein plötzliches Klingeln der Haustür ließ die junge Frau zusammenfahren. Durch den Türspion sah sie ihren blauhaarigen Freund in grauem T-Shirt und schwarzer Baumwoll-Jogginghose im Korridor stehen. Trotz der kühlen Nachttemperaturen trug er keine Jacke.

„Chiaki…! Was machst du hier?“, fragte Maron überrascht, als sie die Tür öffnete. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn sah. Sie wusste nicht wieso, doch er wirkte nachdenklich und bedrückt.

„Ein Glück, du bist wirklich wach!“, rief er erleichtert aus.

„…Woher wusstest du, dass ich wach bin?“

„Ich hatte es im Gefühl.“, zuckte er mit der Schulter, „Tut mir leid, dass ich so unangekündigt erscheine. Ich weiß es ist spät, aber … ich wollte dich sehen.“, sagte Chiaki ehrlich und wirkte etwas unsicher. Auch ihn plagten seit Stunden Schuldgefühle und er konnte keinen klaren Kopf bekommen. Gleichzeitig bekam er das große Bedürfnis bei Maron sein zu wollen. Stärker als sonst. Eine derartige Sehnsucht hatte er noch nie empfunden.

„Ich bin froh dich zu sehen.“, sagte sie mit einem warmen Lächeln und ließ ihn rein. Seufzend schloss Maron die Tür und beschloss den Kuss für sich zu behalten. Sie wollte auf keinen Fall das Risiko auf sich nehmen Chiaki zu verlieren. Jemanden zu verlieren, in der sie für sich wahrhaftig die Liebe gefunden hatte. Das würde ihr mehr wehtun als alles andere.

Mit den Gedanken ging sie in ihr Zimmer, wo Chiaki bereits wartend auf ihrem Bett saß. Seine braunen Augen weiteten sich.

„Du weinst ja!“, stellte er erschrocken fest, stand auf und ging besorgt auf sie zu.

„Oh…?“ Verwundert betastete sie ihre Wange. Sie war feucht. Maron hatte nicht bemerkt, dass ihr Tränen das Gesicht herunterliefen. „Hatte nur schlecht geträumt...“, log sie und schaute weg. Sie versuchte ihre Schuldgefühle abzuschalten und sich auf ihren Freund zu konzentrieren.

„Ein Albtraum? Über was?“, hakte dieser vorsichtig nach.

„Hab ich schon vergessen.“, log sie wieder. Chiaki schaute sie eindringlich an.

„Möchtest du dich daran erinnern…?“, fragte er. Die Frage überraschte Maron.

„... Ich bin mir nicht sicher.“, gab sie ehrlich zu und nahm tief Luft. Chiaki zog sie sanft in seine Arme und strich ihr zärtlich über den Hinterkopf. Sie vergrub ihr Gesicht in seine Brust.

„Bleibst du bei mir?“, fragte sie.

„Immer.“ Auch Chiaki beschloss sich auf Maron zu fokussieren und den Kuss mit Jeanne aus seinen Gedanken zu verbannen. Es war nur ein dummer Ausrutscher…, redete er sich im Stillen ein.

 

Er nahm ihr Gesicht in beiden Händen, beugte sich zu ihr herunter und küsste sie liebevoll.

Maron legte ihre Arme um seinen Nacken und intensivierte den Kuss. Ohne seine Lippen von ihren zu trennen, hob Chiaki sie hoch, und trug sie auf ihr Bett. Er selbst kniete halb auf der Matratze und legte sich anschließend neben sie.

Ihre zierlichen Hände vergruben sich in seinen Haaren und wanderten unter sein Shirt herab, betasteten seine definierten Schultermuskeln. Gleichzeitig spürte sie seine warmen Hände unter ihrem Top, auf ihrem Rücken.

Kurz löste Maron den Kuss und schaute Chiaki schüchtern an.

„Übrigens…Ich eh-… hatte noch nie…“, sprach sie leise und biss sich auf die Lippe. Sie lief rosa an.

Er verstand worauf sie ansetzen wollte und kicherte kurz. „Das ist mir bewusst.“

„Willst du…?“, setzte sie fragend an.

„Nein.“, antwortete er zu ihrer Nichterwartung.

„Nein?! Du willst nicht?“ Maron setzte sich schnell auf und schaute ihn überrascht an. Chiaki schaute sie ebenfalls überrascht an, die Wangen leicht gerötet, die Haare zerzaust. „W-willst du mich nicht?“, fragte sie verunsichert.

„Doch. Doch, natürlich will ich dich.“, sprach er beruhigend auf sie ein und setzte sich mit auf. Sanft legte er beide Hände auf ihre Oberarme. „Ich will dich mehr als alles andere was ich jemals in meinem Leben wollte.“

Ehe Maron was erwidern konnte, sprach Chiaki flüsternd weiter: „Ich will dich jede Sekunde an meiner Seite haben. Ich will jeden Millimeter deines Körpers zum Brennen bringen…“, er strich ihr dabei mit dem Zeigefinger die Taille auf und ab, „...und dafür sorgen, dass du nichts davon missen willst.“ Seine Stimme wurde verführerisch tief. „Ich will alles. Und alles was ich will bist du. Heute. Morgen. Für Immer.“ Er schaute ihr tief in die Augen.

Maron lächelte peinlich berührt. Als Antwort zu seiner Erklärung positionierte sie sich auf sein Schoss, wisperte „Ich will dich auch“ und küsste ihn mit aller Leidenschaft. Vergessen waren die letzten Stunden, die sie belasteten.

Das Einzige was für sie zählte, war hier und jetzt mit Chiaki.

Gerade als sie zum Saum seines T-Shirts griff und es hochziehen wollte, drückte er sie sanft von sich. Verwirrung breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

„Warte….“, sagte Chiaki ernst, „Du bist noch nicht soweit.“

Seine Freundin zog die Augenbrauen zusammen. „Woher willst du das wissen?“, fragte sie.

„Ich sehe es dir an. Ich spüre es. Du bist noch nicht bereit.“, stellte er offen klar und richtete sein T-Shirt. „Zu mindestens nicht für heute.“

„Was ist wenn du dich irrst und ich will hier und jetzt, heute?“, entgegnete sie ungläubig.

Leicht schmunzelnd schüttelte der Student bestimmt den Kopf. „Ich irre mich nicht. Ich weiß, dass du nicht bereit bist.“

Maron hob eine Augenbraue. „Du hast es doch sonst auch immer gemacht.“, sagte sie trocken.

Bei der Aussage verhärteten sich seine Züge. „Aus Spaß.“

„Spaß ist mein zweiter Name.“

„Das glaube ich dir aufs Wort, aber Nein.“

Für eine Weile starrte ihn Maron ernst an. „Wer bist du und was hast du mit Chiaki Nagoya gemacht?“

Dieser konnte sich ein Lachen schwer verkneifen.

„Du verarschst mich doch gerade!“, klagte sie ihn an.

„Sehe ich so aus, als will ich dich verarschen?“, fragte er und deutete mit dem Finger auf seine ruhige Miene.

„Ja!“

„Mach dich nicht lächerlich, Maron.“, sagte Chiaki ernst, nahm ihre Hand und strich mit dem Daumen zärtlich über ihren Handrücken. „Vorher…Vorher hatte es nie was bedeutet.“ Er blickte zu ihr auf und schaute ihr eindringlich in die braunen Augen. „Bei dir sollte es etwas bedeuten. Etwas Besonderes werden.“

Maron erwiderte nichts mehr, ging von seinem Schoß herunter und schaute trotzig weg. Chiaki nahm ihr Gesicht in beiden Händen und drehte ihren Kopf zu sich.

„Hör zu. Ich mache dir keinen Druck. Und du solltest dir auch keinen machen.“, sagte er und lächelte sie warm an. „Ich will dich. Mehr als alles andere auf der Welt. Glaub mir, an manchen Momenten könnte ich kaum meine Finger von dir lassen…so sehr ziehst du mich in deinen Bann.“ Er ließ von ihr los, strich ihr kurz über die weiche Haut ihrer Wangen, ehe er fortsetzte:

„Ich... Ich habe nie über jemanden so empfunden, wie ich über dich empfinde. Und wenn der passende Zeitpunkt für dich gekommen ist, dann werde ich dir auch zeigen, wie stark diese Empfindungen sind.“ Sein Lächeln wurde wärmer. „Aber für heute reicht mir das hier…“ Chiaki fuhr ihr mit den Fingerspitzen zärtlich durch die Haare, über den Nacken, runter den Arm entlang. Seine Berührungen verursachten Maron ein feuriges Gefühl auf der Haut.

„Das hier...“, wisperte er und drückte ihr einen Kuss auf den Handrücken. „…und du.“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Das, was wir jetzt haben…Das reicht mir vollkommen.“ Seine Finger verflochten sich in ihre. „Zu wissen, dass du mein bist. Zu wissen, dass niemand anderes dich so berühren darf. Und zusehen, wie du mich ansieht während ich es tue.“ Er strich ihr mit der anderen Hand zärtlich über die Lippen und gab ihr einen Kuss. „Du bist was Besonderes. Das zwischen uns ist was Besonderes. Und ich genieße es mit jeder Faser meines Daseins.“

Maron schaute Chiaki an und wusste, dass er es ernst meinte. Sie wusste auch, dass er Recht hatte. Dass sie noch nicht bereit für den nächsten Schritt war.

Der Kuss mit Sindbad hatte sie so aufgewühlt, dass sie fast zu einer Kurzschlussreaktion verleitet worden wäre. Die Braunhaarige seufzte auf und ließ ihre Schultern sinken.

„Du hast Recht.“, sagte sie entschuldigend, „Tut mir leid, falls ich die Stimmung ruiniert habe.“

„Entschuldigung angenommen.“, grinste Chiaki Maron an und zog frech eine Augenbraue hoch. „Aber das nächste Mal möchte ich Rosen parat haben, wenn du dich entschuldigst.“

„Arsch“, fluchte sie leise und schlug ihm ein Kissen an den Kopf, woraufhin er laut auflachte.

„Für heute hasse ich dich wieder.“, murmelte Maron.

„Ich weiß.“, grinste Chiaki breit.

Letztlich zogen ihre Mundwinkel sich ebenso nach oben und sie kuschelte ihren Kopf an seine Brust ein.

Chiaki drückte Maron einen Kuss auf ihre Haare und schlang seine Arme um sie.

Nach einer Weile schlief das Paar schließlich ein.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Snuggle
2018-09-26T14:26:39+00:00 26.09.2018 16:26
Oh man, das ist echt eine Zwickmühle und auch wenn die beiden in dem Moment quasi nicht sie selbst waren, ist es eigentlich nicht fair. Die beiden wissen ja nichts von der zweiten Identität des anderen, also ist es in der Situation doch ein Betrug :/ Bin mal gespannt, wie lange die beiden noch im Dunkeln tappen, sollen sie ruhig von ihrem schlechten Gewissen gequält werden ;)
Antwort von:  mairio
26.09.2018 16:41
Danke für dein Kommentar! :)
Irgendwann werden sie erleuchtet! Irgendwann :D


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