Drei Tage, drei Nächte 2.0 von Cocos ================================================================================ Kapitel 9: Neun --------------- ~~**~~ Mit einem grunzenden Aufstöhnen wurde er nach vorne gedrückt, hinein in die weichen, ihn erstickenden Kissen, in die er seine Stirn gepresst hatte. Schweiß rann seinen Rücken entlang und kitzelte ihn zwischen seinen Schulterblättern, brannte auf den immer noch nicht verheilten Striemen. Die offenen Stellen an seinen Handgelenken brannten ebenso, weil er sie sich erneut wundgerieben hatte und es würde ihn nicht wundern, wenn er blutete. Seine Oberschenkel krampften von der stundenlangen, erzwungenen Haltung ebenso sehr wie seine Schulterblätter, die gnadenlos nach hinten gezogen worden waren, als Lasgo ihn gefesselt hatte. Kurz, bevor er seine Welt erneut mit der verhassten Augenbinde in ein unsicheres Schwarz gezwungen hatte. Crawford stöhnte schmerzerfüllt auf, als eben jener ihn nun am Hals zu sich hochzog und seine Schmerzrezeptoren aufschreien ließ. Für einen Moment hielt der andere Mann in ihm inne, presste ihn leise lachend an sich und leckte über sein Ohrläppchen, bevor er schmerzhaft zubiss. „Immer noch so verdammt eng. Dass du aber auch so angespannt bist“ raunte er ihm ins Ohr und Crawford schloss hinter der Augenbinde die Augen, als Lasgo zustieß und Haut auf Haut traf, sein Unterleib durch die schiere rohe Gewalt nach vorne gestoßen wurde, während sich sein Hals in der Gefangenschaft von Lasgos Arm befand, der ihn würgte. Es schien eine Ewigkeit und doch gar nicht so lange her zu sein, dass Crawford das Geräusch von Haut auf Haut gar nicht als widerlich und ekelerregend wahrgenommen hatte, sondern als erotisch und anregend. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er sich mit einem anderen Mann in den Laken gewälzt und sich vergnügt hatte. Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte er sich daran, wie gut es sich angefühlt hatte, seinen Schwanz in die samtige Wärme eines gesichtslosen Geschäftsmannes zu vergraben. Der Bruchteil einer Ewigkeit, ausgelöscht durch brennenden Schmerz, der sich von seiner Kehrseite aus über die Wirbelsäule direkt in sein Gehirn fraß und nur Verzweiflung und Ekel zurückließ. Ein letzter Stoß, dann ergoss sich Lasgo in ihm und Crawford biss sich die Lippen blutig, um nicht zu schreien, zu toben, sich nutzlos zu wehren, als der andere Mann schmerzvoll aus ihm herausglitt. Nein… nein… das durfte nicht sein. Nein. Wieder und wieder sagte er sich das einzelne Wort wie ein Mantra. Nein, er würde nicht brechen. Nein, er würde hier nicht sterben. Nein, er wollte das nicht. Nein, er war nicht stark genug, das zu ertragen. Nein, er… Das Rasseln von Ketten nahm er nur nebenbei wahr, wohl aber das vermeintlich wohltuend kühle Metall, das sich nun um seinen Hals legte. Crawford zuckte zurück, aber zu spät. Wie immer zu spät. Das Halsband schnappte zu und Lasgo zog ihn daran zum Kopf des Bettgestells, um die kurze Kette, die sich am Halsband befand, an den dortige Metallstreben zu befestigen. Seine Handgelenke wurden währenddessen unerbittlich nach oben gezogen und entrangen ihm ein weiteres Aufstöhnen, als seine Schultermuskeln protestierend aufjaulten. Crawford presste seine Stirn in das Kissen, um den Schmerz zu kompensieren, während er versuchte, das Bild auszublenden, das er abgeben musste. Halte durch, aufgeben ist keine Option, sagte er sich und schluckte mühevoll, während das Sperma des anderen Mannes kitzelnd seine Oberschenkel hinunterrann. Er hatte immer noch den Geschmack des anderen Mannes im Mund, so als hätte sich dieser für immer dort eingebrannt. Es war nicht so, als wäre das ein Novum. Es wäre nicht so, als hätte er seinen vergangenen Bettpartnern nicht das Vergnügen bereitet, sie oral zu befriedigen. Doch noch nie war er dazu gezwungen worden. Niemals…nie… Mit Mühe drängte er die Hysterie in den Hintergrund. Wenn er gekonnt hätte, er hätte sich übergeben, bis nur noch bittere Magensäure kam, alleine schon um den Geschmack loszuwerden. Die Hand, die in vertrauter Zärtlichkeit über seinen Rücken strich, verfluchte er mit allen Verwünschungen, die er jemals aufgeschnappt hatte. Stumm, denn er würde Lasgo nicht die Genugtuung geben, die Beherrschung zu verlieren. Nein, er konnte und würde nicht alles auf dem Altar seines Niedergangs opfern. Noch nicht. „Ruh dich ein wenig aus, Bradley. Ich habe noch Geschäfte zu erledigen“, schlängelte sich die Stimme des Mannes erlösend zu ihm und unbändige Erleichterung durchflutete Crawford trotz der unangenehmen Position, in der er sich befand. Lasgo würde ihn in Ruhe lassen, zumindest bis… Er hörte Schritte, die sich entfernten, er hörte, dass die Tür zufiel und Crawford versuchte, sich auf die Erleichterung zu konzentrieren, dass der andere Mann weg war, dass er ihn in diesem Moment nicht vergewaltigte, dass er alleine war. Sein Atem fing sich in seinem Hals, als er wiederholt versuchte, tief Luft zu holen und er weigerte sich, es als das zu benennen, was es wirklich war. Lieber konzentrierte er sich darauf, seinen Atem unter seine Kontrolle zu zwingen. Das Letzte, über das er noch die Kontrolle hatte. ~~**~~ Vielleicht hätte er Fujimiya doch glauben sollen. Fujimiya und dessen lächerlichen Entschuldigungen, dass er es so nicht gemeint hatte, dass er nicht wusste, was geschehen war. Oder seinen Versprechungen, dass es nie wieder vorgekommen wäre. Es wäre zumindest mehr gewesen, als er von Lasgo bekam. Und es wäre eine Möglichkeit gewesen, dem hier zu entgehen. Vielleicht hätte Fujimiya Wort gehalten. Vielleicht wäre ihm so die Flucht gelungen. Vielleicht hätten Kritiker ihn danach nur gefoltert. Oder noch nicht einmal das, wenn er kooperiert hätte; waren sie doch die ach so Guten. Vielleicht hätte Lasgo aber auch sie beide gefangen genommen, wo er doch bereits wusste, dass es sich bei Fujimiya um einen Weiß handelte. Vielleicht waren diese Gedankenspiele auch obsolet. Wider Willen entrang sich Crawfords Kehle ein unterdrücktes Stöhnen, als Erregung von seinem Unterleib hinaus hoch zu seinem Gehirn schoss und die ihn trotz des begleitenden Schmerzes unweigerlich einem unausweichlichen Höhepunkt näherbrachte. Er kannte das Spiel, was Lasgo mit ihm getrieben hatte und auch jetzt mit ihm trieb, kaum, dass dieser herausgefunden hatte, dass er auf innerliche Stimulationen beinahe hilflos reagierte. Gerade waren es zwei Finger, die wieder und wieder in ihn eindrangen und sich den kleinen Nervenknoten zu Nutze machten, der dafür sorgte, dass es Menschen überhaupt in Betracht zogen, sich Dinge in den Hintern zu stecken. Oder Finger. Oder Schwänze. Lasgo saß neben ihm und strich über diesen Punkt so sanft, als wäre es das Kostbarste, was er jemals zu Gesicht bekommen hatte. Seine andere Hand wanderte müßig über Crawfords Körper und hinterließ eine brennende Spur der Gänsehaut. Wieder hatte dieser seine Stirn in die Kissen und die Zähne aufeinander gepresst um Lasgo nicht die Genugtuung zu geben, die aufkommenden Anzeichen seiner Erregung zu zeigen. Der schnellere Atem, die gerötete, erwärmte Haut, das Zittern, das seinen Körper durchlief. Das erste Mal, als Lasgo ihn stimuliert hatte, war es fürchterlich gewesen. Der Schock des Verrats, den sein eigener Körper an ihm begangen hatte, war tief eingedrungen. Der Schmerz, der dem vorangegangen war, war leichter zu ertragen gewesen und dennoch hatte schließlich Crawfords rationales Denken eingesetzt. Sexuelle Stimulation konnte auch bei einer Vergewaltigung zum gewünschten Erfolg führen. Er würde es sich nicht selbst vorwerfen, dass sein Körper so reagierte. Doch um sich zu distanzieren, musste er seine Gedanken wandern lassen. Zurück zu Fujimiya also, dem Geist, der vermutlich nun auf ihn herablachte und darüber spottete, was er sich selbst eingebrockt hatte. Fujimiya, der unerwarteten Humor besaß. Der gelassener war, als es all ihre Zusammentreffen jemals bewiesen hatten. Dessen ach so gutes und weißes Herz ihm Dinge zugestanden hatte, die Crawford sich selbst niemals zugestanden hätte. Er hatte ihm die Fesseln erlassen… was für ein sentimentaler, gutherziger, sinnloser Mist. Crawford wäre nicht derart weich geworden, wenn sein Feind ihm gesagt hätte, dass er eben diese nicht mehr ertrug. Egal, mit welcher Verzweiflung diese Worte ausgesprochen worden waren. Er hatte ihm Kaffee gekocht und erst nach dem dritten Mal hatte Crawford begriffen, dass Fujimiya das tat, weil er selbst es nicht über sich brachte, Wasser zu trinken und der Weiß sich dessen bewusst war. Umso unverständlicher war das Verhalten Abyssinians gewesen, das in ihrem Streit seinen Anfang genommen hatte. Wie aus dem Nichts hatte dieser ihn angegriffen und nur seine Schwester war das Safeword gewesen, das Crawford benötigt hatte, um den Weiß loszuwerden und auf andere Gedanken zu bringen. „Komm zu mir zurück, Bradley“, lockte die widerlich sanfte Stimme Lasgos ihn aus seinen Gedanken und Crawford erschauerte unter der Wucht der Erregung, als die unstete, wandernde Wand ihren Weg zu seinem Schwanz fand und ihn beinahe sanft umfasste, bevor Lasgo den Druck erhöhte und anfing, langsam und genussvoll zu pumpen. Crawford erschauerte und presste die Zähne aufeinander, so starr, dass der Schmerz bis in seinen Kopf zog. „Zeig mir, wie sehr es dich erregt, wenn ich dich befriedige und wie sehr du eine Hure für denjenigen bist, der dich für sich beansprucht.“ Er war keine Hure, nie gewesen, und würde es auch nicht mehr sein, wenn er es schaffte, dem Zugriff des anderen Mannes zu entkommen. Die Hand in seinen Haaren war da anscheinend anderer Meinung, als sie seinen Kopf nach oben zog. Crawford spürte die Lippen des Drogenhändlers an seinem Ohr, noch bevor dieser einen einzigen Ton gesagt hatte. Die Worte, drohend und dunkel, die sich nun in seine Hirnwindungen fraßen, rissen an seinem Stolz, schlugen ihn zu Boden und zerfetzten alles, was er noch an Selbstbeherrschung aufzubieten hatte. „Du wirst mir ab jetzt keinen einzigen deiner Laute vorenthalten, mein Bester, oder ich werde dir den Schwanz aus Glas, den du so abgöttisch liebst, so tief in deinen Rachen stecken, bis du daran erstickst, hast du mich verstanden?“ Crawfords Augen weiteten sich hinter der Augenbinde. Lasgo meinte es ernst, das wusste er. Lasgo hatte eben genau das schon getan, als er sich geweigert hatte, den anderen Mann oral zu befriedigen. Er hatte es über Stunden getan um Crawford zum Gehorsam zu zwingen und schlussendlich war er damit erfolgreich gewesen. „Sag es.“ Rau drang der Befehl an seine überreizten Ohren, während Lasgo mit nun drei Fingern hart in ihn stieß. Crawford presste seinen Kiefer so hart aufeinander, dass er glaubte, seine Zähne würden unter der Wucht brechen, doch schließlich obsiegte sein Wille zu überleben…zu welchem Preis, das fragte er sich. Zu welchem Preis würde er überleben? „Ich habe es verstanden“, formulierte er den ersten Satz, den er zu Lasgo sagte, seitdem er ihn wieder eingefangen hatte und stöhnte gehorsam, als Lasgo ihn weiter und weiter gen Höhepunkt trieb. Erst nach seinem schalen und bitteren Orgasmus in den Händen seines Vergewaltigers, fragte Crawford sich, ob er das hier wirklich überleben würde. Sicher war er sich nicht mehr. ~~**~~ Hustend und nach Luft röchelnd kam er ruckartig zu sich und riss den Oberkörper von der kalten Unterlage, auf der er lag. Sie stellte sich mit einem von Schwindel durchsetzen Blick als Küchenboden heraus und Panik rauschte durch Ayas Adern. Ruckartig fuhr er in die Höhe, nur um eine Sekunde später schon wieder zurückzusinken und sich hustend seinen Hals zu halten, so gierig wie verzweifelt schnappte er nach Luft. Beinahe schon panisch umfasste Aya seinen Hals, versuchte die Erinnerungsfetzen an das Ersticken loszuwerden, die seinem Instinkt zuschrien, dass er vorsichtig sein sollte. Wild sah er sich um, versuchte die unweigerliche Gefahr auszumachen, in der er schwebte. Crawford. Er würde sicherlich keine Zeit verlieren und ihn angreifen, wenn er… Aya lauschte stumm, konnte jedoch keinen Laut ausmachen, der auf den Schwarz hindeuten würde, dass dieser darauf wartete, dass er wieder zu Bewusstsein kam. Dennoch konnte er nicht damit rechnen, dass sich Crawford nicht unweit der Küche befinden würde, so schraubte sich Aya unter Schmerzen und Schwindel hoch. Vorsichtig befühlte er sein Gesicht und stellte fest, dass getrocknetes Blut an seiner Stirn klebte. Wie lange war er bewusstlos gewesen? Aya griff sich eines der Küchenmesser, auch wenn er hochgradig bezweifelte, dass er in seinem momentanen Zustand ein ernstzunehmender Gegner für das hasserfüllte und wütende Orakel wäre. Versuchen würde er es auf jeden Fall, denn er würde sich nicht noch einmal von Crawford beinahe zu Tode würgen lassen. Leise betrat er den Flur, anschließend das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, das Badezimmer… doch keine Spur von dem Amerikaner. Der Schock darüber durchfuhr Aya wie ein elektrischer Schlag, als er sich langsam zur Wohnungstür umdrehte, die einen kleinen, verräterischen Spalt aufstand. Das Orakel war geflohen, gegen alle Wahrscheinlichkeit, gegen alle Vernunft. Aya fluchte stumm und schleppte sich zur Tür, warf sie zu und lehnte sich dagegen. Denk nach, Fujjimiya, herrschte er seine wild durcheinanderlaufenden Gedanken an. Denk nach, wie du deine Mission vorziehen kannst! Wenn es überhaupt ein Vorziehen war. Wenn er nicht lange genug bewusstlos gewesen war um sie im wahrsten Sinne des Wortes zu verschlafen. Egal, was es war, er musste etwas tun. Er konnte nicht länger warten, wenn der Amerikaner die Chance zur Flucht genutzt hatte. Er musste handeln und zwar sofort, denn wenn Crawford gefangen genommen werden würde, wäre es ein Rennen gegen die Zeit, bis dieser Lasgo mitgeteilt hatte, wer er war, was er plante und dann würde er selbst in höchster Gefahr sein. „Scheiße!“, fluchte der Weiß ungehalten und versuchte sein schnell schlagendes Herz zu beruhigen. Crawford hatte es verdammt ernst gemeint mit seinem Vorhaben, ihn in die Bewusstlosigkeit zu würgen und mit Schrecken dachte Aya an die fürchterlichen, letzten Momente, kurz bevor er das Bewusstsein verloren hatte. Nein… der Schwarz hatte ihn nicht bewusstlos sehen wollen. Crawford wollte ihn tot sehen. Doch warum hatte er ihn dann verschont? Jemand, der wie der Amerikaner als Auftragskiller arbeitete, würde diesen Fehler nicht machen. Crawford schon gar nicht. Was also steckte dahinter? Aya runzelte die Stirn und straffte sich. Mach dir später darum Gedanken, Fujimiya, jetzt hast du andere Sorgen. Sieh zu, dass dein Auftrag beendet wird. Es dauerte, doch schließlich fand er die Kraft, sich das Blut aus dem Gesicht zu waschen und einen neuen Anzug anzuziehen. Alles, was er in den letzten fünf Wochen sorgsam und vorsichtig vorbereitet hatte, würde nun am seidenen Faden hängen und davon abhängig sein, ob er in der Lage war, spontan umzuplanen. Aya grollte. Das war Kens Metier, nicht seins. Ken warf regelmäßig all ihre Pläne durcheinander, die Omi mit soviel Sorgsamkeit und Akribie aufstellte. Aber nicht er. Er hielt sich daran, weil er nicht gut im Improvisieren war. Die Frage nach Crawfords Schicksal stellte sich ihm kurz, doch er verschob sie in den hinterletzten Winkel seiner Gedanken. Er war wütend auf den Amerikaner, zu gleichen Teilen, wie er Schuld ihm gegenüber empfand. Doch vielleicht war beides schlussendlich obsolet…oder aber, ihre Zusammentreffen würden eine neue Qualität des Hasses haben, wenn sie sich außerhalb dieses Areals erneut sahen. Aya atmete tief ein, unterdrückte mit eisernem Willen Schwindel und Kopfschmerzen zum Teufel, ebenso wie die immer noch latente Luftnot. Er hatte einen Auftrag und den würde er erfüllen. Der Blick in den Spiegel offenbarte ihm den Mann, der ihm dabei helfen würde und nur allzu bereitwillig ließ er sich in die dunklen Tiefen Abyssinians fallen. ~~**~~ Crawford hatte kein Gefühl dafür, wieviel Zeit vergangen war, bis sich die Tür erneut öffnete. Seine Schultern schrien mittlerweile vor Schmerz, ebenso wie der Rest seines Körpers und langsam näherte er sich der Grenze zur gnädigen Bewusstlosigkeit. Es konnte nichts Gutes für ihn bedeuten und dennoch sehnte sich Crawford wie nichts danach, endlich nicht mehr seinem Körper und der Realität ausgesetzt zu sein. Die Schwärze, in der er gezwungenermaßen lebte, setzte ihm mehr zu, als dass er es wirklich wahrhaben wollte. Er hasste es, seine Umgebung nicht sehen zu können um die visuellen Reize dazu zu nutzen, mithilfe seiner Visionen die Zukunft mitzubestimmen. Selbst bei Fujimiya hatte er trotz seiner fehlenden Brille jeden Lichtstrahl in sich aufgesogen; selbst den schwachen Schein der Sterne, nur damit seine Gabe ihn mit Informationen versorgte. Nun tappte er wortwörtlich und im übertragenen Sinn im Dunkeln und das ließ ihn zusammen mit dem Schmerz beinahe verrückt werden. Beinahe wünschte er sich, dass es zu irgendeiner Veränderung kam…und selbst wenn die Veränderung bedeutete, dass Lasgo ihn zurück in das Eisbad steckte, nur um ihn danach mit heißem Wasser zu foltern. Irgendetwas, nur nicht diese erzwungene, ihn entblößende Haltung. „Guten Abend, meine schöne Rose“, tönte es hinter ihm und wider Willen zuckte der Schwarz zusammen. Es würde also weitergehen. Er wollte nicht, dass Lasgo ihn anfasste. Er wollte nicht, dass er ihn ein weiteres Mal vergewaltigte. Er wollte nicht… Die Hand, die sich nun an dem Halsband zu schaffen machte, erschreckte ihn, aber in einem Anflug kranker Dankbarkeit nahm er zur Kenntnis, dass Lasgo das Metall löste und ihm damit Spielraum gab, seinen Hals zu bewegen. Dass das nichts Gutes bedeuten konnte, wischte die Erleichterung darüber in Sekundenbruchteilen weg. Angespannt lauschte Crawford den Geräuschen des Mannes, der sich nun hinter ihm befand. Hysterischer Ekel überkam ihn, als er hörte, wie dieser den Reißverschluss seiner Hose öffnete, eisern ballten sich seine Hände zu Fäusten, als Lasgo sich selbst vorbereitete. Er würde ihn erneut ficken und Crawford war kurz davor, um Gnade zu betteln, auch wenn er wusste, dass er keine erwarten konnte. Hilflosigkeit dominierte ihn und das war das Schlimmste: dass er nicht verhindern konnte, was nun geschah. Dass er gar nicht von dem verhindern konnte und noch verhindern können würde. „Wie möchtest du mich? Sanft oder hart?“ „Gar nicht“, entfuhr es ihm, bevor er sich davon abhalten konnte. Der Schmerz machte ihn unvorsichtig und die Hilflosigkeit machte ihn wütend, doch beides würde nur dafür sorgen, dass Lasgo ihm mit Grausamkeit antwortete. Doch jetzt war es ein Lachen, das sich an seine Ohren schlängelte. „Das ist keine Option, mein Schöner.“ Die Spitze des Schwanzes, die Lasgo nun an sein bereits wundes Rektum führte, ließ Crawford in einem Anflug an brachialer Angst nach vorne ausbrechen. Er wurde zurückgezogen und keinen Moment später gruben sich eiserne Hände in seine Hüfte, während grausamer und heißer Schmerz in seiner Rückseite explodierte, als Lasgo ohne Vorbereitung, ohne Gleitgel, ohne Zögern bis zum Anschlag in ihn eindrang. Rote Sterne tanzten in der dunklen Welt des Orakels und die Geräusche, die kommen mochten, die er selbst veräußerte, wurden durch das Rauschen geschluckt, mit dem sein Körper den Schmerz zu kompensieren versuchte. Das Aufkreischen seiner Nervenenden trieb ihn an den Rand der Bewusstlosigkeit und dieses Mal hoffte Crawford inständig darauf, dass er eben jenes verlieren würde. Sollte Lasgo seinen leblosen Körper schänden. Sollte er sich an ihm vergehen, während er das Bewusstsein verloren hatte. Crawford wollte nicht mehr…er konnte nicht mehr. Die Ketten, die seine Arme erbarmungslos nach oben gezogen hatten, lösten sich und Crawford wäre ohne Halt auf das Bett gesackt, wenn Lasgo ihn nicht gepackt und zu sich hochgezogen hätte. Die Augenbinde, die ihm nun abgenommen wurde, ließ ihn eulenhaft und erschreckt blinzeln. Insbesondere jetzt, wo sich das Bett vor ihm absenkte und sich eine zweite Person in sein verschwommenes und schmerzendes Blickfeld schob. Sein Körper wehrte sich, noch bevor Crawford wirklich begreifen konnte, dass Lasgo eine Frau dazugeholt hatte. Und als wäre das nicht genug, flüsterten ihm nun seine Gedanken einen Namen zu dem Gesicht, das ihn schadenfroh und spöttisch musterte. „Crawford, wie schön, dich so zu sehen“, schmunzelte Birman und strich ihm mit dem Handrücken über die Wange. Wie verbrannt zuckte er vor der Kritikeragentin zurück. Das konnte nicht sein, wie… was sollte das? Wieso war sie hier, an der Seite des Mannes, der durch Kritikers Hand sterben sollte? Sein schmerzvernebelter Verstand konnte nicht begreifen, was das zu begreifen hatte, so starrte er ihr nur verständnislos in die braunen Augen, die nun über seinen Körper fuhren und sich anscheinend jede Regung, jede Wunde einprägen wollten. „Meine Güte, was für eine Hure“, tröpfelte ihre Stimme schließlich wie tödliches Gift in seine Gedanken. Er zuckte erneut vor der Hand, die ihm nun eine seiner verschwitzten Haarsträhnen zurückstreichen wollte, zurück und begann sich nach einer gefühlten Ewigkeit zu wehren. Ein sinnloses Unterfangen, wie Lasgo ihm lachend mit einem zerreißenden Stoß deutlich machte, bevor er in ihm innehielt und ihn mit eisernem Griff würgte. „Darf ich vorstellen, Bradley, das ist Birman. Birman, das ist das Orakel von Schwarz. Aber ihr kennt euch ja sicherlich bereits.“ „Und ob wir uns bereits kennen. Schon lange, nicht wahr, Crawford? Wie oft hast du uns schon das Leben schwer gemacht und mir meine Aufträge versaut, nur weil Schwarz interveniert hat auf Takatoris Befehl. Wie oft sind uns noch größere Arschlöcher entkommen, weil ihr da wart? Ich sage es dir, Schwarz. Zu. Oft. Doch das ist vorbei. Deine Zeit als allmächtiger Anführer und Berater ist vorbei und damit auch Schwarz Übermachtstellung gegenüber Kritiker. Aber keine Sorge, arbeitslos wirst du nicht.“ Bedeutsam ließ sie ihren Blick auf Lasgo schweifen und von diesem zwischen seine Beine. Hass machte Crawford stumm und ließ ihn wortwörtlich rot sehen. Wie ein Tier bleckte er die Zähne und grollte. Unbändiger Zorn kolorierte seine Züge, als sie ihre Hand nach unten wandern ließ und beinahe riss er sich von Lasgo los, als sie es dem anderen Mann gleichtat und sich seinen Körper zunutze machte. Doch Lasgos Griff um seinen Hals war unerbittlich und wurde nun noch viel unerbittlicher, ebenso wie die Stöße des Drogenhändlers, mit denen er nun bestraft wurde. Wenig beeindruckt sah die Kritikeragentin zu ihm hinauf und griff mit einem abgrundtief bösen Lächeln zu. Und mit jeder Berührung, jedem Wort, das nun an ihn gerichtet war, zerbarst Crawfords Selbstkontrolle ein Stück mehr, bis er schließlich nur noch in Lasgos Umklammerung hing und von ihm getrieben wurde. Sein Geist hatte sich längst in sich selbst zurückgezogen, unfähig, noch mehr Reize, mehr Schmerz, mehr Demütigungen aufzunehmen. Sollten sie mit seinem Körper machen was sie wollten, wie sie es wollten, aus welchen Gründen auch immer. Crawford konnte sich nicht dazu bringen, sich darüber Gedanken zu machen. Oder aber Gedanken darüber, wie er fliehen konnte. Ob er fliehen konnte. Gerade jetzt, in diesem Moment akzeptierte er die Aussichtslosigkeit seines innigsten Wunsches. ~~**~~ Die gemurmelten Hintergrundgeräusche verkamen zu einem Rauschen, als sich Abyssinian einzig darauf konzentrierte, seinen Plan in die Tat umzusetzen und die einzelnen Abschnitte eben jenen zu koordinieren. Hellwach lauschte er nach jedem Hinweis darauf, dass sie Crawford gefangen hatten und der andere Mann keine Zeit verloren hatte, ihn zu enttarnen. Doch da war nichts. Er würde gegrüßt und behandelt wie die letzten Wochen auch. Niemand hinterfragte sein Hiersein am helligten Tag. Niemand hinterfragte seine leicht lädierte Erscheinung, dafür sorgte Aya alleine mit seinem Blick. Unweit des Bürokomplexes hielt er inne. Crawford hatte ihn davor gewarnt, erst seine Waffe zu holen, die er sorgsam versteckt hatte und anstelle dessen den Zünder für die Bomben vorzuziehen. Die Warnung des Orakels war plausibel gewesen und doch beschloss Aya, sie nun in den Wind zu schlagen. Er würde sich sicherlich nicht zuerst die Waffe holen, doch gegen einen kleinen Feueralarm war als zusätzliche Ablenkung nichts einzuwenden. Außerdem würde der Feueralarm Lasgo schneller aus seinem Büro und ihm in die Arme treiben, als der ursprüngliche Plan. Aya nutzte den Hintereingang zu dem ausladenden Bürokomplex und blieb im nächsten Moment wie erstarrt stehen, als er Lasgo um die Ecken biegen sah. Verfluchter Dreck, das gab es doch nicht. Ausgerechnet hier und ausgerechnet jetzt! Mit einem beherzten Schritt zur Seite brachte sich Aya in einem der Technikräume in Sicherheit und schloss leise die Tür hinter sich, auf dass der Drogenhändler ihn nicht bemerkte. Sein Hiersein würde spätestens dem Pedanten auffallen für die dann kommenden Fragen hatte er ganz sicher keine Antwort. Gedämpft trug sich die Stimme des Mannes zu ihm und Aya stellte fest, dass er sich mit einer Frau unterhielt. Er hörte das Lachen Lasgos, das Murmeln einer Frau. Sie kamen in seine Richtung und Aya presste das Ohr an die Tür, in der Hoffnung, etwas besser hören zu können. Auf Höhe des Raumes blieben die beiden stehen und Abyssinian konnte einzelne, klare Worte ausmachen. Das Lachen klang einvernehmlich und die beiden waren anscheinend in ein angeregtes Gespräch vertieft. Den Einen hatte Abyssinian bereits problemlos als seine Zielperson identifiziert, die Frau aber bereitete ihm Probleme, eben weil ihm die Stimme wie eine Allerweltsstimme vorkam. Vermutlich einer seiner Geschäftspartnerinnen, wenn er die Frau mit in diesen Trakt nahm. Eine Zulieferin vermutlich, wichtiger als die Anderen. Definitiv keine Dealerin. Aya beschloss, es zu sagen und sich langsam, unauffällig in Richtung Schlüsselloch zu bücken um einen Blick aus dem stockfinsteren Raum nach draußen zu werfen. Als er es schlussendlich tat, wünschte er sich, dass es niemals passiert wäre. Schwarze Haare, braune Augen. Gesichtszüge, die alles waren, nur nicht unbekannt. Er kannte diese Frau seit Jahren. Er kannte sie, weil sie sich beinahe täglich sahen und weil diese Frau ihn für Weiß angeworben hatte. Sie hatte gefragt, ob er sterben oder leben wolle und er hatte letzteres gewählt. Wieder und wieder hatten sie miteinander gearbeitet und gelacht. Sie hatten sich um Omi gesorgt, um Youji, sie hatten das Team gemeinsam zusammengehalten. Birman hatte keine Freigabe für diesen Auftrag. Der Undercoverauftrag war nur an ihn gegangen. Was in aller Welt tat Birman also hier? Wieso war sie mit einem Mal Teil seines Auftrages, eben jener Auftrag, der von ihr überreicht worden war? Sie wusste doch, wie sein Plan sein würde, warum begab sie sich in die Gefahr, dass er sie irrtümlich mit in die Luft sprengte? „Wann ist es soweit?“, drang Lasgos Stimme überdeutlich zu Aya und er schluckte erbittert. Birman sah auf ihre Uhr. „Nach Plan in einer halben Stunde. Nachdem er seine Waffen geholt hat, wird er die ersten Bomben hochgehen lassen und dich dann im aufkommenden Chaos auf dem Weg zum Fuhrpark töten.“ Aya erstarrte ungläubig. Das waren Details des Plans, den Birman ihm an die Hand gegeben hatte, vermeintlich unter dem Deckmantel der Missionsplanung. Wieso zur Hölle teilte sie die Details mit Lasgo? Details, die ihn mit hundertprozentiger Sicherheit umbringen würden. Ein ungutes Gefühl überkam ihn und wiederholt stellte er sich die Frage, ob er nicht eigentlich träumte. Crawford änderte seine Reihenfolge, damit er bessere Chancen hatte, Lasgo zu töten. Birman schickte ihn zu seiner eigenen Hinrichtung. Das war falsch, vollkommen falsch und Aya zögerte, den nächsten Schritt zu machen. „Ist er überhaupt schon wieder wach? Der Schwarz war anscheinend sehr gründlich mit seinem Versuch, ihn umzubringen“, fragte Birman mit einem Schmunzeln, das nichts von ihrer üblichen Wärme innehatte. Vollkommen kalt war sie und Aya schauderte es unwillkürlich. „Ja, ist er. Er hat die Wohnung bereits verlassen und ist auf dem Weg zu seiner Station.“ „Was für ein braver Auftragsmörder. Ich bin schonmal auf sein Gesicht gespannt, wenn er erkennt, dass dir sein ach so sorgfältiger Plan bereits bekannt ist.“ Aya hielt die Luft an, aus Angst, sie würde ihn anhand seiner schneller werdenden Atmung erkennen. Birman opferte ihn! Das wäre sein sicherer Tod gewesen, wenn Crawford ihm nicht den Wechsel der beiden Abschnitte vorgeschlagen hatte, der ihn mit Umwegen hierher geführt hatte. Schmerzhaft schnell schlug Ayas Herz, als er begriff, was das bedeuten mochte. Aber warum? Warum ausgerechnet Birman? Warum sollte sie ihn auf diesen Auftrag schicken, nur um ihn dann zu töten? Was in aller Welt passierte hier? Lasgo lachte in seine wild durcheinanderlaufenden Gedanken hinein und gemeinsam gingen die beiden weiter. Sie verließen das Gebäude und Aya blieb zunächst in der kleinen Kammer zurück. Er war verloren, wusste nicht, was er tun sollte, jetzt, da die Welt, wie er sie gekannt hatte, aus den Fugen geraten war. Birman, seine Agentin, hatte ihn verraten und wollte ihn tot sehen. Aya schluckte schwer. Er musste zurück zu seiner Schwester. Er musste Aya schützen. Angespannt lauschte er nach anderen Geräuschen, bevor er schlussendlich aus dem Raum heraustrat. Er würde nicht einfach so von hier fliehen können, nicht, wenn Lasgo über seinen Plan informiert war. Doch er würde das Areal immer noch in die Luft sprengen und versuchen können, Lasgo zu töten. Grimmig holte Aya den Zünder hervor und schaltete ihn scharf. Zehn Sekunden hatte er, bevor die äußeren Lagerhallen explodieren würden. ~~**~~ Der Mann, der ihm die Tür öffnete, sah seinen Tod nicht kommen, der ihn in Form des Messers sauber und schnell ereilte. Auch die beiden Männer der Überwaschungszentrale hatten nicht wirklich die Möglichkeit, ihre Leben zu verteidigen, als Aya wie der leibhaftige Tod über sie kam, sein Gesicht verzerrt vor Wut. Röchelnd hauchte der Dritte sein Leben aus und versuchte reichlich erfolglos, sich auf den vom Boden rutschigen Blut in Richtung Ausgang zu robben, bevor seine klaffende Halswunde ihm einen sicheren Tod bescherte. Aya ignorierte ihn zugunsten der Überwachungskonsole des Areals. Mit eiskalter Ruhe untersuchte er die Bildschirme auf verdächtige Bewegungen, alles Andere weit von sich schiebend. Er suchte nach Lasgo und Birman. Prüfend ließ Aya seinen Blick über die Monitore schweifen und sah doch nichts, was ihm weiterhalf. Weder auf dem Außengelände noch im Bürotrakt konnte er den Drogenhändler oder seine Bodyguards ausmachen, ebenso wenig wie Birman. Aya fluchte und begann seine Suche erneut, stockte mit einem Mal, als das Bild in den Privatquartieren umsprang. Er beugte sich näher an den Bildschirm heran, um sich auch ganz sicher sein zu können, dass er sah, was er gerade zu sehen vermeinte. Er kannte die Gestalt, ebenso wie er Lasgos Vorliebe für eben jenen Mann und dafür, ihn zu quälen, kannte. Es war unwahrscheinlich gewesen, dass er es schaffen würde, und noch viel unwahrscheinlicher, dass Lasgo sich nicht dafür rächen würde. Aya erstarrte und runzelte die Stirn. Er hatte große Lust, Crawford genau da zu lassen, wo er war. Er war wütend auf den Amerikaner und wenn dieser zusammen mit dem Gebäude hier in Schutt und Asche unterging, hatte er ein gewaltiges Problem weniger. Schwarz wäre geschwächt ohne das allwissende Orakel, Takatori wäre ein leichteres Ziel als jemals zuvor. Gute Gründe, um ihn hier sterben zu lassen, an den Pfahl gefesselt wie ein Tier. Und dennoch. War Takatori überhaupt noch ein offizielles Ziel von Kritiker, wenn schon Birman ihre Ziele augenscheinlich verraten hatte? War Kritiker überhaupt das, wofür er die Organisation gehalten hatte? Was konnte, sollte und wollte er noch glauben? Wenn er es sich ehrlich eingestand, war Crawford derjenige gewesen, der ihm den Arsch gerettet hatte. Wäre der Amerikaner nicht gewesen, wäre Aya in eine Falle gelaufen, die er mit dem Leben bezahlt hätte. Dafür und wegen der Gewalt, die er auf ihn ausgeübt hatte, stand Aya doppelt in der Schuld des Orakels. Zähneknirschend erhob er sich, den Griff fest um das Messer in seiner Hand. Er suchte die Wachen nach weiteren Waffen ab und steckte sie sich inklusive der Ersatzmagazine ein. Auch wenn er Lasgo nicht finden würde, würde er dafür versuchen, Crawford retten. Wenigstens das. ~~**~~ Das Delirium, in dem sich Crawford seit dem letzten Mal befand, ließ ihn immer wieder zwischen der realen Welt und eine Beinahebewusstlosigkeit hin- und herwechseln. Er hatte für sich befunden, dass es auch besser so war, so musste er nicht miterleben wie der Samen des Drogenhändlers sich mit seinem Blut mischte, brannte und juckte, wie die Muskeln in seinen Schultern und Oberschenkeln vor Schmerz schrien und um Erlösung bettelten. Oder wie er sich sicher war, dass er hier nicht lebend oder geistig gesund herauskommen würde. Was hatte die Kritikeragentin gesagt? Es würde noch lange so gehen, sie wären noch nicht fertig mit ihm. Sie. Lasgo und sie. Erinnerungsfetzen tauchten wie ein Donnergrollen vor seinem inneren Auge auf. Lasgos Schwanz in ihm, ihre Hand auf ihm, wie sie versuchte, ihn zu erregen. Doch das hatte er ihr nicht gegönnt, keinen Millimeter hatte er ihr gegönnt. Keinen Laut der Erregung. Schlussendlich war sie dazu übergegangen, ihn mit ihren Nägeln zu kratzen und die blutigen Spuren an seinen Seiten brannten beinahe ebenso wie die offenen Risse weiter unten. Als er mit ihm fertig gewesen war, hatte Lasgo ihn vom Bett gezogen. Nicht, dass zu dem Zeitpunkt noch ein Funken an Gegenwehr in Crawford gewesen war. Vielleicht hatte er so seine einzige Gelegenheit zur Flucht verpasst, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht wäre er auch in die Hände der nächsten Wache gelaufen, wer wusste das schon? Er nicht, denn seine Gabe schwieg beharrlicher denn je, gerade so, als wäre sie mit Fujimiya gestorben. Stoisch hatte er es ertragen, dass er wieder an dem verdammten Pfahl landete, die Arme schmerzhaft nach oben gezogen. Mit Seilen, wie bereits zu Anfang seines Aufenthaltes hier, da die Hanfseile sich gut und tief in die bereits offenen Wunden gruben. Gleichgeblieben war jedoch die Augenbinde, die ihm die Sicht nahm und einen guten Teil seines Deliriums ausmachte. Wieder mischte sich ein Donnergrollen unter seine trägen Erinnerungen und dieses Mal ließ es sogar den Raum, in dem er sich befand, unter der kommenden Druckwelle erschüttern. Erst dann begriff Crawford, dass es nicht seine Erinnerungen waren, sondern dass es real passierte, im Hier und Jetzt. Mit Mühe hob er seinen Kopf, lauschte auf die lauter werdenden, panischen Rufe der Angestellten und zuckte schlussendlich zusammen, als der Feueralarm des Gebäudes schrill die Stille durchbrach. Für einen kurzen, irrationalen Moment lachte er trocken auf und beglückwünschte Fujimiya dazu, dass er es trotz allem geschafft hatte, das Areal in Schutt und Asche zu legen. Dann fiel ihm ein, dass es nicht möglich war, denn Fujimiya war tot. Das Lachen verebbte und wurde zu einem Laut der Verzweiflung, den Crawford damit erstickte, dass er sich auf die Lippen biss. Wenn es nicht Fujimiya war, musste es Weiß sein oder jemand anderes. Crawford erinnerte sich an die Pläne des Weiß, die er vorhergesehen hatte und er wurde sich bewusst, dass dieses Haus zuletzt in die Luft gesprengt werden würde. So würde er also sterben, gefesselt an einen Pfahl, nackt und blind. Erschöpft ließ der Schwarz seinen Kopf gegen die überreizten Arme fallen. Wenn er Pech hatte, würde es nicht schnell gehen. Er würde ersticken oder schlimmer, verbrennen. Oder unter Schutt und Asche begraben werden und langsam zugrunde gehen. Doch auch das war ihm lieber, als noch ein weiteres Mal vergewaltigt zu werden. Angespannt lauschte Crawford und zuckte brachial zusammen, als die Tür ein weiteres Mal aufging. ~~**~~ Wird fortgesetzt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)