Schwarzweiß von abgemeldet (P.S. Fuck You! [Rewritten]) ================================================================================ Kapitel 3: Komplikationen. -------------------------- Später am Tag, Zimmer 7 Man hätte die bekanntliche Stecknadel fallen hören können, so still war es im Zimmer von Naruto. Nur das sporadische Rascheln von Papier war zu hören, während Sakura gemütlich auf dem Bett ihres besten Freundes fläzte und durch die Schulbücher des letzten Jahres blätterte. Der blonde Junge indes saß auf seinem Schreibtischstuhl, auf welchem er sich gelangweilt seufzend hin und her drehte, vermutlich darauf bedacht, sie in den Wahnsinn zu treiben. Das Mädchen jedoch war derart tiefenentspannt, dass sie kaum Notiz von ihm nahm, was gewiss eine Seltenheit war. Normalerweise wusste Naruto immer, welche Knöpfe er bei dem rosa haarigen Mädchen zu drücken hatte, um eine Reaktion zu erhalten. „Mir ist langweilig“, stöhnte er nach ein paar weiteren, quälend ruhigen Minuten und raufte sich das Haar, welches ohnehin wie Kraut aus seinem Kopf zu wachsen schien. Kein Kamm der Welt vermochte es zu bändigen. „Geh doch mit Sasuke-kun nach draußen“, spottete sie und lächelte ihn hämisch über den Rand des Englischbuches hinweg an. „Habt ihr Freaks nicht ohnehin Training, oder so?“ „Das fängt offiziell erst nächste Woche an, heute war doch erst die Einschreibung...“, seufzte er enttäuscht und ließ den Kopf hängen. „Das hält dich doch sonst auch nicht davon ab“, bemerkte sie trocken, während sie weiter blätterte. „Ich will aber was mit dir unternehmen“, antwortete er prompt, was sie kurz aufblicken ließ. Nicht, dass es sie nicht freute, dass die beiden scheinbar wie früher miteinander umgehen konnten – was definitiv Narutos immer froher, friedliebender Art geschuldet war -, dennoch war sie für einen kurzen Moment verwirrt. „Woher weht denn dieser Wind?“, erkundigte sie sich, das Buch in ihren Händen zuschlagend. Nun hatte er definitiv ihr Interesse geweckt. „Darf ich nichts mit meiner besten Freundin unternehmen wollen?“, fragte er scheinheilig. Sakuras Augenbrauen verzogen sich, ließen ihr Misstrauen sichtbar werden. Irgendetwas führte er im Schilde, nur was? Er blickte sie mit überragender Unschuldsmiene an, doch sie schwieg standhaft, das Gesicht noch immer zu einer ungläubigen Grimasse verzogen. Seufzend gab er nach. „Okay, okay, Sasuke hat gesagt, dass er heute keine Lust hat, zu trainieren.“ „So, so, ich bin also deine zweite Wahl“, entgegnete sie gespielt fassungslos. „Sehr witzig, wirklich.“ „War nur Spaß, Schätzchen, entspann dich“, beschwichtigte Sakura ihn, „Also gut, raus damit, was schwebt dir vor? Und wenn du jetzt vorschlägst, dass wir zu dieser ranzigen Ramenbude in der Stadt gehen, erwürge ich dich hier und jetzt“, fügte sie warnend hinzu. Damit schien sie genau ins Schwarze getroffen zu haben, denn ihr Gegenüber kratzte sich verlegen lachend am Hinterkopf – einer typischen Geste für den blonden Chaoten. „Verdammt“, hörte sie ihn murmeln. War ja klar. „Okay, wie wär's damit: Wir gehen in die Stadt, aber nur, um einen Kaffee zu trinken?“ Sakura blickte grüblerisch ins Leere. Es war windig und regnerisch draußen, weswegen ihre Lust, sich vor die Tür zu begeben, eher gering war, allerdings ging sie sehr gerne in ein gemütliches Café, um dort die Stunden eines Nachmittags zu verbringen. Bevor sie jedoch zu einem Konsens kommen konnten, klopfte jemand energisch an die Tür, wartete jedoch keine Antwort ab, ehe sie geöffnet wurde. Ino stand auf einmal vor den beiden, was Sakura zugegebenermaßen milde irritierte. „Was gibt`s?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn, denn der Kopf der Yamanaka war hochrot und wutverzerrt, was sie beinahe unattraktiv wirken ließ. „Es sind die Neuen“, keuchte sie atemlos. Sie musste den Weg hierher gerannt sein, von wo auch immer sie herkam. Der Zorn, welcher bis gerade wie ein wildes Feuer in ihren strahlend blauen Augen getanzt hatte, verrauchte im nächsten Augenblick. Auf einmal wirkte sie seltsam bedrückt, als wüsste sie nicht, was sie nun als Erklärung folgen lassen sollte. „Einer von ihnen hat draußen bei den Sportplätzen eine Prügelei angefangen.“ Naruto zog ungläubig die Augenbrauen zusammen, was seinem Blick eine ungewohnte Intensität und Ernsthaftigkeit verlieh, die ihn deutlich erwachsener aussehen ließ, als er war. „Mit wem hat er sich den geprügelt und vor allem wieso?“, hakte er neugierig nach. Ino biss sich nervös auf die Unterlippe und wandte den Blick von den beiden ab. Sie sah aus, als wüsste sie gerade nicht, wieso sie eigentlich ausgerechnet zu Naruto und Sakura mit diesem Problem gelaufen war. Nach einigem Zögern schien sie dann doch zu beschließen, dass es so am Besten war und rückte mit der Sprache raus. „Mit Neji“, zischte sie leise und Sakuras Augenmerk rutschte fast augenblicklich zu Naruto. Der Name sagte ihr nichts, aber Inos Haltung und sein erschrockener Gesichtsausdruck verrieten ihr, dass es sich hier um ein ernsthaftes Problem handelte. Ino schien jedoch noch nicht fertig zu sein, denn auf einmal fanden ihre Arme den Weg zu ihrem Oberkörper, welchen sie wie in einer verzweifelten Umarmung umklammerten. Dieses Mal blickte sie Sakura direkt in die Augen und nun konnte jene sie ganz deutlich sehen, die Emotion, für welche der ursprüngliche Zorn aus ihrem Gesicht gewichen war – Panik. „Tenten wollte ihm helfen...“ Weiter kam sie nicht. Ihr Gesicht schien zu schmelzen, wie der Schnee am ersten warmen Frühlingstag. Tränen strömten ihr aus den Augen und perlten an ihrem zierlichen Kinn hinab auf den Boden. „Wo ist der Kerl jetzt?“, knurrte Naruto offensichtlich wütend. „Sie sind noch draußen, die restlichen Jungs haben versucht, die drei zu beruhigen und Hinata nunja... sie kümmert sich um Tenten...“ „Sasuke!“, rief Naruto, während er von seinem Stuhl aufsprang und Anstalten machte, an Ino vorbei aus dem Zimmer zu stürmen. Der Schwarzhaarige war wohl die ganze Zeit über in Hörweite gestanden, denn er gab nur ein dürftiges „Hn!“ von sich und verschwand mit dem wutschäumenden Naruto. Sakura jedoch war mit der Situation sichtlich überfordert, denn die darauf folgenden Minuten verbrachte sie damit, hilflos die Blondine anzustarren, die nach besten Mühen versuchte, sich zu beruhigen und ihre Fassung wieder zu gewinnen. Es war ihr sichtlich peinlich, so einen dramatischen Auftritt hingelegt zu haben, denn sie starrte bekümmert die Wand hinter Sakura an. Schließlich seufzte die Haruno tief und richtete sich auf. „Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mich dieses Mal aus dem Stress hier herauszuhalten“, murmelte sie und schob die Yamanaka überraschend sanft aus dem Weg. „W-wo gehst du hin?“, stammelte diese verwirrt. Mit zitternden Händen wischte sie sich die letzten Spuren ihrer Tränen vom Gesicht. „Das exakte Gegenteil von dem machen, was ich gerade gesagt habe“, antwortete sie nur achselzuckend. Eine Viertelstunde später, Sportplatz Es herrschte ein heilloses Durcheinander außerhalb des Internats und Sakura hatte größte Mühe, jemanden zu finden, den sie kannte. Die Nachricht von dem Ärger hatte sich wie ein Buschfeuer rasant schnell verbreitet, sodass sogar Schüler aus den unteren beiden Stufen ihren Weg hier raus gefunden hatten, um das Szenario aus vermeintlich sicherem Abstand zu beobachten und flüsternd und tuschelnd die Köpfe zusammen zu stecken. Je näher sie dem Basketballfeld kam, desto lauter wurde es und wie es schien war die ursprüngliche Auseinandersetzung zwischen zwei einzelnen Schülern zu etwas weitaus Größerem geworden. Verwirrt blickte sie hin und her, doch nirgendwo war ein Erwachsener ausfindig zu machen, der sich der ganzen Sache annahm und ihr ein Ende bereitete. Und tatsächlich, nachdem sie sich auch an der letzten kleineren Gruppe an neugierigen Mädchen vorbei gedrängt hatte, bot sich ihr der Anblick einer regelrechten Schlacht. Naruto hatte tatsächlich ordentlich wütend im Zimmer ausgesehen, doch dass er nichts Besseres zu tun hatte, als postwendend zum Ort des Geschehens zu marschieren und sich mit zu prügeln, hätte sie nicht erwartet. Am Rand des Feldes, weit entfernt von dem Handgemenge, was nunmehr aus mindestens fünfzehn bis zwanzig Jugendlichen bestand, die sich gegenseitig an die Gurgel gingen, saß das braunhaarige Mädchen namens Tenten, die sich an Hinata gelehnt mit beiden Händen das Gesicht hielt. Blut strömte ihr über die blasse Haut und je näher Sakura den beiden kam, desto sicherer war sie sich, dass ihre Nase gebrochen war. „Was zur Hölle ist passiert?“, rief sie den beiden halblaut entgegen. Hinata zuckte nur hilflos mit den Schultern. Wie Sakura kurz darauf heraus fand, war Neji, einer der beiden Hauptakteure, ihr älterer Cousin und laut Aussage Tentens noch immer mit auf dem Feld, um dafür zu sorgen, dass man ihre heftig blutende Nase rächte. „Dieser Braunhaarige kam einfach vor knapp zwanzig Minuten hier an, mit seinen beiden Geschwistern im Schlepptau und meinte, abfällige Kommentare über die Jungs zu machen, die gerade nur etwas herum gelabert haben. Wir wollten nur ein paar Körbe werfen, mehr nicht, aber dieser Kerl war eindeutig auf Streit aus. Zunächst haben wir das noch alle ignoriert, aber als er dann anfing, sich darüber lustig zu machen, dass ich mitspiele und dabei aussehe, wie ein Bauerntölpel stürmt Neji auf einmal los und verpasst ihm den saubersten rechten Haken, den ich jemals gesehen habe.“ Bei den letzten Worten verzogen sich ihre Lippen unter grimmigem Stolz zu einem schmalen Lächeln. Dankend nahm sie Hinatas frisches Taschentuch entgegen und drückte es sich auf die Nase, was ihr ein gequältes Zischen und eine verzerrte Grimasse entlockte. „Neji-san hätte das wirklich nicht tun sollen, auch wenn seine Motive sicher edel waren“, stammelte Hinata und ihr Gesicht wirkte sogar noch blasser, als Tentens. Ihre Augen waren die ganze Zeit auf das Chaos gerichtet, welches hinter ihren Rücken schreiend ausgetragen wurde. „Und wie genau bist du zu deinem... „Geschenk“ gekommen?“, erkundigte Sakura sich und nahm ein weiteres Taschentuch von Hinata, um der Brünetten dabei zu helfen, sich von dem mittlerweile gut angetrockneten Blut auf ihrer Haut zu befreien. „Bevor irgendetwas Schlimmeres passieren konnte, wollte ich die Situatin entschärfen und dann – alles schwarz. Der Andere hat mich mit einem Schlag komplett von den Füßen gerissen. Als ich wieder zu Bewusstsein kam, war ich schon hier bei Hinata und die Hölle bereits losgebrochen“, erklärte sie mit nasaler Stimme, denn sie hatte das Taschentuch halbiert und ordentlich zusammen gefaltet in die Nase geschoben, um die Blutung halbwegs zu stoppen. Kurz darauf verzog sie erneut das Gesicht, denn der metallische Geschmack in ihrem Mund ließ ihr übel werden. „Nachdem er Tenten, ein Mädchen, geschlagen hat, ist Neji komplett ausgetickt und der Rest der Jungs sah nicht weniger sauer aus und innerhalb von Sekunden lagen sie einander in den Haaren. Selbst das neue Mädchen hat mitgemacht...“, fügte Hinata hinzu. „Okay, soweit so gut, aber wieso kümmert sich hier keiner drum? Sollte nicht mal ein Lehrer vorbei kommen?“ „Keine Ahnung, Ino hat gesagt, sie geht Hilfe holen, aber bisher ist noch niemand aufgetaucht“, antwortete Hinata. Dass die Blondine zu ihnen und nicht direkt zu einem Erwachsenen gegangen war, ließ Sakura für den Moment unter Verschluss. Das Ganze war ohnehin schon absurd genug. In ihren Knöcheln juckte es; schon seit Wochen, seit ihre Mutter ihr von ihrem großen Glück berichtet hatte, hatte sie das Bedürfnis, ihre üble Laune an irgend jemandem auszulassen. Jetzt allerdings dort rüber stürmen und mitmischen hielt sie für eine grässlich dumme Idee, auch wenn sie gut Lust dazu hatte. Sie erkannte kaum etwas, nur Narutos leuchtend helles Haar stach hervor wie ein Weinfleck auf einer weißen Bluse. Seufzend suchte sie den näheren Umkreis ihrer Umgebung nach platinblondem, wehendem Haar ab, doch Ino schien nicht in der Nähe zu sein. Vielleicht war sie nun endlich zu einem Erwachsenen gegangen. „Was genau machst du eigentlich hier? Nicht, dass ich mich beschwere, aber dich hätte ich als Letzte hier erwartet“, fragte Tenten und spuckte ein wenig Blut auf den Rasen neben ihr. „Wir haben... Wind von der Sache bekommen“, fing Sakura zögerlich an und rang mit den richtigen Worten, „und Naruto und Sasuke sind sofort raus gestürmt. Ich dachte eigentlich, dass die beiden der Sache ein Ende bereiten würden, aber wie es aussieht, stecken sie nun ebenfalls mitten drin. Es scheint, als hätte Naruto sich immer noch kein Stück geändert...“, fügte sie leise murrend hinzu, doch Tenten schien hellhörig zu werden. „Immer noch?“, hakte sie verblüfft nach. „...“ Sakura schwieg, was die Neugierde in den beiden anderen Mädchen nur noch mehr schürte, doch keine von beiden traute sich, noch einmal nachzufragen. Das lag an Sakuras düsterem Gesichtsausdruck. Ihre Augenbrauen warfen tiefe Schatten über ihre Augen, weswegen sie Schluchten glichen, aus welchen sich die letzten Sonnenstrahlen des Tages zurück zogen. „I-ist Ino-san etwa zu euch gelaufen?“ Hinatas zarte Stimme holte sie aus ihrer Trance zurück, in welche sie verfallen war, seit sie den rothaarigen Jungen mit der seltsamen Narbe auf der Stirn und dem leblosen Blick entdeckt hatte. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern hielt er sich aus der Sache heraus. Er stand einfach nur da, die Hände in den Hosentaschen vergraben und warf jedem, der ihm zu nahe kam einen derart vernichtenden Blick zu, dass sich niemand traute, ihn auch nur anzusehen, geschweige denn anzusprechen. „Ja. Sie ist zu uns gegangen, völlig aufgelöst.“ „Aber wieso ist sie nicht-“ Weiter kam Tenten nicht, denn eine Stimme, so laut und durchdringend, dass man sie vermutlich noch in der angrenzenden Stadt hören konnte, zerriss die gespannte Atmosphäre und ließ alle, Zuschauer und Streithähne gleichsam, zusammen zucken. Eine bis aufs Äußerste gereizte Tsunade stapfte zwischen den Schüler Scharen hervor und nicht wenige davon quietschten empört auf, als sie auf so rüde Art beiseite geschoben wurden, doch bei dem Blick, den sie dafür ernteten, ging ihnen jedwede Lust, sich darüber zu pikieren, verloren. Sie schien die Wut selbst zu sein und war in ihrer Erscheinung so gewaltig, dass die Jungs sofort aufhörten, aufeinander loszugehen. Manch einer hielt noch die Faust erhoben in der Luft, so erstarrt war er. „Was zur Hölle ist hier los? Was fällt euch eigentlich ein, euch wie eine Horde dressierter Brüllaffen zu benehmen und ein derartiges Theater zu veranstalten?“, zeterte sie und selbst aus der Distanz konnte Sakura ihre bebenden Nasenflügel sehen. In den vergangenen zwei Jahren hatte sie ganz vergessen, wie liebreizend die Freundin ihrer Mutter sein konnte, wenn man einen Schritt zu weit ging. Und in diesem Fall sind die Herren der Schöpfung keinen Schritt zu weit gegangen, nein, sie haben Anlauf genommen und sind über sämtliche Grenzen gesprungen, die sie da gefunden hatten. „Wer ist dafür verantwortlich?“, schnaubte sie, als sie sich wie ein Turm vor den Jungs errichtete, deren Köpfe unterwürfig zu schrumpfen schienen. Als auch nach einigen Momenten noch keine Antwort kam, schien Tsunade weiter anzuschwellen, sofern das überhaupt noch möglich war. „Wer ist dafür verantwortlich?, wiederholte sie ihre Frage, doch dieses Mal ganz ruhig und gespannt, was Sakura für ein denkbar schlechtes Zeichen hielt, „Ich verlange eine Antwort und zwar jetzt.“ Keiner der Anwesenden zweifelte daran, dass es ihr absolut ernst war. Ein Junge mit langem, braunem Haar, welches er hinter dem Kopf zu einem straffen Pferdeschwanz gebunden trug, trat aus der Menge hervor und hob unerschrocken die Hand. Eines seiner Augen war bereits tiefblau angelaufen, doch in ihnen flammte das Feuer unverändert. Mit jeder Faser seines Körpers strahlte er, trotz seines leicht lädierten Anblicks, Würde und Stolz aus. Tenten wimmerte hinter ihrem Rücken und schien aufspringen zu wollen, Hinata jedoch drückte sie sanft zurück ins Gras und flüsterte ihr irgendetwas zu, was Sakura nicht verstehen konnte. „Neji?“ Tsunade schien für einen Moment nicht so recht zu wissen, was sie davon halten sollte, denn ihre geradezu majestätische Fassade begann zu bröckeln. „Von dir hätte ich so etwas am Wenigsten erwartet“, fuhr sie fort. Bevor sie jedoch ihre Strafpredigt fortzusetzen gedachte, wandte sie sich an die neugierigen Zuschauer um und verscheuchte sie mit nur einem einzigen Wort. „Wirklich, was hast du dir dabei gedacht?“, fragte sie ihn, als sich die umstehenden Grüppchen davon getrollt hatten. „Ich kann es Ihnen nicht sagen, Frau Direktorin, es tut mir sehr Leid. Ich nehme jede Strafe an, die Sie mir aufzuerlegen gedenken“, sprach er ruhig und ohne Schnörkel. Er blickte ihr direkt in die Augen, keine Spur von Angst oder Reue. Sakura kam nicht umhin, so etwas wie Bewunderung in sich zu spüren und als sie sich umdrehte, um Tenten einen flüchtigen Blick zuzuwerfen, erkannte sie in ihrem Gesicht, dass es ihr genauso ging. Für einen Moment schien Tsunade zu überlegen, doch dann ergriff sie wieder das Wort, doch dieses Mal so leise, dass die Mädchen nichts davon hören konnten. Was auch immer sie sagte, es dauerte eine ganze Weile, doch danach löste sich das Geschehen beinahe direkt auf. Das neue Trio verschwand im Gebäude und Sakura hätte schwören können, ein äußerst hämisches, selbstgefälliges Grinsen auf dem Antlitz des Jungen zu sehen, welcher wohl auf den Namen Kankuro hörte, doch er war so schnell an ihnen vorbei gezogen, dass sie sich nicht ganz sicher war. Neji, gefolgt von Sasuke und Naruto, kam jedoch direkt auf die drei zu und erkundigte sich sofort bei Tenten nach ihrem Befinden. Er hatte ein kantiges Gesicht, was ihn selbst für sein junges Alter schon sehr reif wirken ließ und eine ungewöhnliche Intensität in seinen Augen, was wohl jedem, der ihm direkt in die Augen schaute, früher oder später ein gewisses Unwohlsein verursachen würde. Trotz seiner ernsten Erscheinung war er aufrichtig besorgt um die Brünette und der zarte rote Schimmer, der ihre Wangen zierte, entging Sakura keinesfalls. „Alles okay, wirklich“, versicherte sie ihm zum fünften Mal und wehrte seine Versuche, ihre Nase genauer zu untersuchen, vehement ab. „Bleib ihr bloß fern. Da lass ich nur eine Ärztin ran“, scherzte sie und schien ihn damit endlich zu überzeugen. „Das Thema ist noch nicht vom Tisch“, schnaubte er und man konnte ihm anhören, dass er immer noch stinksauer war. „Wenn du in nächster Zeit auch nur die Andeutung eines Fehltritts machst, zieht dir Tsunade höchstpersönlich die Haut vom Körper“, mahnte Sasuke ihn mit gelangweilter Stimme. „Sasuke hat Recht, Neji, lass es einfach sein, mir ist ja nichts weiter Schlimmes passiert“, beschwichtigte Tenten ihn und richtete sich mit der Hilfe von Hinata langsam auf. Sie wirkte etwas schwach auf den Beinen, weswegen sie weiterhin einen Arm um das schwarzhaarige Mädchen geschlungen ließ. „Wir sollten rein gehen und deine Nase untersuchen lassen“, warf Sakura ein und richtete sich ebenfalls auf. Es war gegen ihren Entschluss, sich von allem und jedem fernzuhalten, dennoch bot sie dem geschwächten Mädchen einen weiteren Arm zum Abstützen an. Tenten war, genau wie sie selbst, kein Mädchen großer Worte und so nuschelte sie nur ein einfaches „Danke“, während sie, mit ausreichend Abstand zu den Jungs, den Weg zurück zum Internat liefen. Später Abend, Gemeinschaftsraum Sakura wusste wirklich nicht, wie es ihr innerhalb der ersten 48 Stunden gelungen war, so viele selbst auferlegte Regeln zu brechen und doch saß sie zusammen mit den Anderen im Gemeinschaftsraum und unterhielt sich mit ihnen über die heutigen Ereignisse. Das Abendessen einige Stunden zuvor war seltsam ruhig verlaufen und zunächst hatten sich alle auf ihre jeweiligen Zimmer verzogen, nur um festzustellen, dass keiner so Recht zur Ruhe kam. Ino hatte herzhaft gelacht, als innerhalb von fünf Minuten auf einmal alle versammelt waren, während der Rest der Dritten sich schon in Richtung Betten begaben. Tentens Nase war fixiert worden, doch außer ein wenig Blutverlust schien ihr nichts Schlimmeres passiert zu sein, während Neji geradezu wild aussah, mit seinem angeschwollenen, blauen Auge. Von seiner üblen Laune hatte er nichts verloren, dennoch ließ er sich größtenteils schweigend von Tenten pflegen. Hin und wieder zuckte ein Muskel in seinem Gesicht, wenn sie eine besonders empfindliche Stelle um sein Auge herum eincremte, doch er ertrug es buchstäblich wie ein Mann. „Ziemlich aufregender erster Tag, nicht wahr“, scherzte Ino halbherzig, doch mehr als ein müdes Lächeln entlockte sie dem Rest damit nicht. „Eine Spur zu aufregend, wenn du mich fragst“, entgegnete Tenten und grinste schief. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass die Neuen direkt am ersten Tag so einen Aufruhr verursachen“, seufzte die Yamanaka und rieb sich die müden Augen. Es war schon spät und der Tag war lang gewesen und die Erschöpfung war nur allzu deutlich in den Gesichtern aller zu erkennen. Sie spannte sich wie eine zweite, unsichtbare Haut über ihre Gesichtszüge. „Das wird auf jeden Fall noch Konsequenzen haben“, warf Naruto ein und wippte seltsam unruhig auf seinem Sessel hin und her. Er war aus der ganzen Aktion nahezu unversehrt heraus gekommen, nur ein einziger, kaum sichtbarer Kratzer war auf seiner Wange zu sehen und selbst der war bereits fast komplett verheilt. „Und welche? Willst du ihr Zimmer anzünden?“, spottete Sakura und schüttelte ungläubig den Kopf, „Mach dich nicht lächerlich, Naruto, wir können da rein gar nichts machen. Auch wenn sich das für dich bescheuert anhört, Neji hat genau das Richtige getan, indem er die Klappe gehalten hat. Die wollen Stress und, so ungern ich das auch sage, das Beste ist es, die Füße erst einmal still zu halten. Wenn wir uns provozieren lassen, ist es genau das, was sie wollen“, erklärte sie. „Schon klar, aber-“ „Nichts aber, Naruto, halt den Ball flach. Ich weiß nicht, was Tsunade zu euch gesagt hat, aber da ihr alle noch hier sitzt, scheint es noch in Ordnung zu sein. Wenn jetzt noch einmal etwas in die Richtung passiert, könnte das weit unschöner ausgehen“, ermahnte sie ihn. Der blonde Chaot gab sich seufzend geschlagen und sank auf seinem Sessel zurück. Er wirkte, als war das Thema für ihn noch ganz und gar nicht vom Tisch, doch er starrte nur noch schweigend ins Nichts. „Dass du so vernünftig bist, hätte ich gar nicht gedacht“, warf Ino scherzend ein. Sakura verzog Augen rollend das Gesicht, doch ein leichtes Schmunzeln haftete an ihren Lippen und verriet sie. „Das war sie nicht immer, glaub mir“, versicherte ihr Naruto auf einmal und lachte sein typisches Lachen. Die Stimmung schwang erneut um und eine gewisse Anspannung schien auf einmal spürbar in der Luft zu hängen, doch wie bereits Stunden zuvor traute sich niemand, weiter darauf einzugehen, denn erneut blickte Sakura wie sieben Tage Regenwetter drein. „Ich bin im Eimer“, murrte sie und stand auf, „also hau ich mich aufs Ohr.“ Unter normalen Umständen wären ihr alle sofort gefolgt, denn allen ging es genauso wie ihr. Dass sie es nicht taten, konnte nur einen Grund haben, doch Sakura war zu müde um sich darüber aufzuregen. Sollten sie sich doch über sie unterhalten, solange sie dabei nur nicht anwesend sein musste. Einige Minuten Später, Sakuras Zimmer Sie ließ die Tür zu ihrer „Wohnung“ ein wenig lauter als notwendig ins Schloss fallen, doch das scherte sie kaum. Selbst wenn sie damit Sasuke aufgeweckt haben sollte, welcher sich fein säuberlich vor dem Treffen im Gruppenraum gedrückt hatte, so gab es kaum Dinge, die sie weniger interessierten. „Geht das nicht lauter“, hörte sie ihn wie auf Kommando meckern. Wie immer klang er dabei unfassbar gelangweilt und wenn er wütend war, so hätte sie es nicht heraus hören können. Wie kann ein Mensch allein so unzulänglich sein? Und diese Frage stellte sie, Sakura Haruno, Fräulein Unzulänglich in Person. Es war eine dämliche Idee, das war ihr durchaus bewusst und manch einer könnte behaupten, dass sie es wortwörtlich darauf anlegte, Stress mit ihm anzuzetteln, doch Provokation war ihr zweiter Vorname und so öffnete sie die Tür zum Zimmer der drei erneut und ließ sie wieder krachend ins Schloss fallen. „Besser so?“, fragte sie mit erhobener Stimme betont scheinheilig und keine zwei Augenblicke später tauchte der Uchiha mit genervtem Gesicht in ihrem Sichtfeld auf. „Was stimmt nicht mit dir?“, zischte er wütend und seine verengten Augen sahen tatsächlich so aus, als hätte sie ihn gerade eben unsanft geweckt. Andererseits konnte das auch nur aus Wut so sein, wer wusste das schon. „Wo soll ich anfangen?“, blaffte sie und lief an ihm vorbei, penibel darauf achtend, ihn auch ja nicht zu berühren und sei es auch nur flüchtig. In seinem Zimmer brannte noch ein schummriges, kleines Nachtlicht und Sakura wunderte sich, wieso ihr das auffiel. Die Tür zu ihrem eigenen Zimmer knallte sie ebenso laut zu und drehte prompt den Schlüssel im Schloss herum. Wenn er sich aufregen wollte, sollte er das mit ihrer Tür besprechen. Der nächste Tag, Mensa Am zweiten Morgen kam Sakura nicht umhin, mit Naruto und einem äußerst angesäuert drein blickenden Sasuke in die Mensa zu schlurfen, denn Ersterer wollte dieses Mal nicht aufgeben und nachdem er fünf Minuten lang stur an der Tür geklopft hatte, hatte sie ihm schließlich dann doch geöffnet. Ihre Augen waren gefüllt gewesen mit Galle, doch das minderte sein breites, schiefes Grinsen nicht im Mindesten. So saßen sie also zu Dritt an einem Tisch, nicht unweit von Ino, Hinata und Tenten und hörten Naruto dabei zu, wie er munter über irgend einen Unsinn plapperte. Der Uchiha schien darüber ebenso wenig begeistert, wie sie selbst, doch sie aßen ihr Frühstück in beharrlichem Schweigen. Es schien Naruto auch überhaupt nicht zu interessieren, ob die beiden ihm nun zuhörten oder nicht und für einen Moment fragte Sakura sich, ob er es überhaupt bemerken würde, würde sie sich erheben und einfach woanders hingehen, nicht, dass es dazu besonders viele Optionen geben würde. Die Neulinge hatte sie beim Eintreffen in der Mensa kurz gesehen, sie saßen am äußersten Rand und schauten ebenso finster, wie gestern. Der Rothaarige hatte ihren missgelaunten Blick für eine Sekunde nicht minder übellaunig erwidert, ehe er sich wieder abwandte und Löcher in die Gegend starrte. Und einfach zu den Mädchen zu gehen hielt sie für eine närrische Idee, da sie sich doch kaum kannten. Zwar entgingen ihr die Blicke Inos nicht, die sie ihr dann und wann zuwarf, aber so recht wusste sie noch nicht mit der merkwürdigen Situation umzugehen, in welcher sie sich nun befand. „-kura?“ Sakura schreckte aus ihren Gedanken hoch und wandte sich ihrem besten Freund zu. „Hm?“, gab sie zurück, denn sie hatte die letzten Minuten nicht auch nur einen einzigen Fetzen von dem mitbekommen, was er vor sich hin brabbelte. „Mal ehrlich, hörst du mir eigentlich je zu?“, fragte er mit der Andeutung von Empörung in seiner Stimme. „Möchtest du darauf wirklich eine Antwort?“, neckte sie ihn und beobachtete grinsend, wie er gespielt wütend seine Wangen aufblies, dass sie ein wenig wie die Backentaschen eines Frosches, aussahen, welcher im Begriff war zu Quaken. „Du bist unmöglich, weißt du das?“ „Und das wundert dich immer noch?“ Naruto seufzte ergeben und schüttelte den Kopf und sah dabei ihrer Mutter so unfassbar ähnlich, wenn sie ihrer Enttäuschung über ihre aufsässige Tochter Ausdruck verlieh. „Also, raus mit der Sprache, was wolltest du?“ „Ich hab` dich gefragt, was du heute nach dem Unterricht vor hast. Ich und ein paar andere wollen heute in die Stadt gehen und uns da ein wenig die Zeit vertreiben“, sagte er, während er weiterhin Essen in einem beängstigenden Tempo in den Mund schaufelte. Fast war sie dankbar dafür, dass die Hälfte davon nicht auf ihr landete. „Wenn wir keine Hausaufgaben haben, wieso nicht“, antwortete sie achselzuckend. Bei dem Wort „Hausaufgaben“ schüttelte Naruto sich, als hätte sie soeben davon gesprochen, dass sie heute Nachmittag bereits damit beschäftigt war, sich selbst zu häuten. „Also kommst du mit?“, hakte er nach. „Schätze schon.“ Damit war die Sache auch schon vom Tisch und Sakura konnte wieder über irgendwelche Belanglosigkeiten sinnieren, während Naruto beinahe augenblicklich zurück in sein Sermon über dieses und jenes zurück verfiel. Nach dem Frühstück, Klassenzimmer der Dritten Kakashi überraschte den größten Teil der Klasse damit, dass er ausnahmsweise pünktlich war. Das Buch, welches er beim Herlaufen wohl gelesen hatte, legte er sorgsam in einer Schublade des Schreibtisches ab und beschäftigte sich für ein paar Minuten damit, sich herzurichten. Minuten, in denen sich einige der Schüler gegenseitig irritierte Blicke austauschten und sich leise wispernd fragten, ob seine Pünktlichkeit wohl etwas mit dem Vorfall am gestrigen Tage zu tun hatte. Damit schienen sie jedoch falsch zu liegen, denn er sprach mit keiner Silbe von der Massenprügelei auf den Sportplätzen, dafür aber von einem anderen Thema, bei dem nicht wesentlich mehr Begeisterung in Sakura aufkam: Wandertag. Scheinbar war es noch immer Tradition am Internat, jedes Jahr zu Beginn einen Wandertag abzuhalten, „um die Klassengemeinschaft zu stärken“. Bei dem Satz drehte sich ihr der Magen um und in ihrem Kopf ging sie bereits mehrere, ihr glaubhaft erscheinende Ausreden durch, die sie als Entschuldigung für ihre Abwesenheit vorbringen konnte. Obwohl Frühlingsanfang war, war es die meiste Zeit über noch sehr kühl und windig und ein Ausflug an das nur wenige Stunden entfernte Meer erschien ihr als eine Strafe und nicht als eine lohnende Aktivität. „Natürlich wird es wieder den einen oder anderen Kandidaten geben, der der Meinung ist, sich selbst zu schade für derlei Dinge zu sein, deswegen an dieser Stelle nur eines: Wem nicht das Bein abfällt oder der Schädel explodiert, wird mitkommen. Wir haben drei Gäste in unserer Klasse und ich bin mir sicher, dass ich für den größten Teil der Klasse spreche, wenn ich sage, dass uns allen ein Tag zusammen gut tun wird, bevor wir uns mit dem Lernen für den Abschluss plagen.“ Er hatte die ganze Zeit über gelächelt, aber sein Unterton hatte eine gewisse Ernsthaftigkeit, die keinen Widerspruch duldete, auch von ihr nicht. Sie war versucht, ihren Kopf auf die Tischplatte knallen zu lassen und aus den Augenwinkeln sah sie, wie Naruto sie breit angrinste. Dennoch war sie sich sicher, dass zumindest drei gewisse Mädchen und Neji mit ihr einer Meinung sein würden: Einen ganzen Tag dazu gezwungen sein, mit den Neuen herum zu hängen war definitiv kein Gewinn. Für keinen von ihnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)