Schwarzweiß von abgemeldet (P.S. Fuck You! [Rewritten]) ================================================================================ Prolog: Zurück zu Null. ----------------------- Huff Huff Huff. Stetig knirschte der Kies unter dem leise, doch schnell atmenden Mädchen mit dem sonderbaren Haar. Es war von einem zarten bonbonrosa und rahmte das schmale Gesicht, welches erhitzt glühte. Ihr Atem kam stoßweise und zügig, die sportliche Aktivität trieb ihren Puls in die Höhe. Für einen flüchtigen Augenblick konnte man ihn sehen, feine Wölkchen in der kühlen Morgenluft. Huff Huff Huff. Das Ende des ausgestorbenen Parks kam immer näher, wie automatisch zog sie das Tempo noch einmal für einen letzten, kräftigen Spurt an. Sie liebte es, am frühen Morgen in aller Ruhe und Einsamkeit ein paar Runden in dem schönen, idyllischen Park zu drehen. Es befreite ihren Kopf von überflüssigen Gedanken und hauchte ihrem von Schlafmangel geplagten Geist neues Leben ein. Tief und beherzt sog sie die klare, kühle Luft in ihre Lungen und rieb sich beinahe beiläufig mit ihrem Handgelenk die Schweißperlen von der Stirn. Schon seit einer knappen Stunde war sie auf den Beinen und jagte unsichtbaren Phantomen hinterher. Motivationen, weiterhin ein Bein vor das nächste zu setzen, ein Ansporn von dem sie nicht einmal genau wusste, was er war. Sie konnte ihm keinen Namen geben, doch zweifelsohne existierte er und wie auch immer er funktionierte, er war begnadet darin, ihr den Schweiß auf die Stirn zu treiben. Huff Huff Huff. Ihre Atmung wurde langsam wieder mäßiger, denn das Ende ihrer morgendlichen Route war erreicht und den restlichen Weg nach Hause würde sie wie immer entspannt ausklingen lassen, um ihren Puls wieder auf normale Höhen auszubalancieren. Als ihre Mutter das erste Mal mitbekommen hatte, dass ihre Tochter sich zu solch für sie normal unmenschlichen Zeiten außer Haus herum trieb und darüber hinaus auch noch Sport machte, war sie sprachlos gewesen – was selten vorkam. Bei dem Gedanken huschte ein flüchtiges Lächeln über ihre Lippen, so kurzweilig, dass man es gut hätte übersehen können. Allgemein lächelte sie nicht einmal mehr ansatzweise so viel, wie sie es noch vor Jahren getan hatte. Zu vieles war passiert, was ihr die jugendliche Naivität geraubt und darüber hinaus einen Zynismus beschert hatte, der für ein solch junges Mädchen gewiss nicht normal war. Es war ironisch, wie schnell jene Gedanken wieder Einzug in ihren Kopf hielten, wenn sie das Tempo drosselte. Fast hätte sie noch einmal schief gegrinst, doch ihr Mund schien sich in letzter Sekunde umentschieden zu haben. Sie war nicht in der Stimmung, zu lachen oder sich über etwas zu amüsieren, dafür hatte ihre Mutter sehr effektiv gesorgt. “Du musst deine Schule endlich fertig machen“, hatte sie mit einer derart vorwurfsvollen Stimme und traurigen Augen gesagt, dass sie zum ersten Mal seit Ewigkeiten nicht gewagt hatte, zu widersprechen, “So, wie es jetzt ist, kann es wirklich nicht weiter gehen, Süße.“ Und so war es absolut unspektakulär dazu gekommen, dass sie in wenigen Tagen wieder auf ihr altes Internat gehen würde, um ihren Schulabschluss nun nach zwei Jahren Verspätung auch endlich zu machen. Begeistert war definitiv nicht das Wort, welches man gebrauchen würde, um ihre Stimmungslage diesbezüglich zu beschreiben, doch konnte sie ihre Mutter in einem gewissen Punkt auch verstehen. Sie selbst hatte auch die Nase voll davon, nichts mehr zu tun und sich so gehen zu lassen, wie sie sich die letzten Jahre hatte gehen lassen und dennoch war der bloße Gedanke, an jenen Ort zurück zu gehen etwas, was ihr eine gewaltige Gänsehaut bescherte. Seufzend fummelte sie den Schlüssel zu ihrem Haus aus dem kleinen Beutel, welcher um ihre Hüfte hing und öffnete die Eingangstür. Es war Samstag und wie erwartet schlief ihre Mutter noch. Früher war sie immer vor ihr wach gewesen und hatte dafür gesorgt, dass das ganze Haus herrlich roch, bevor sie es auch nur in Betracht zog, den ersten Zeh unter ihrer wohlig warmen Decke hervorzustrecken. Doch seit sie allmorgendlich joggen ging, war dies nicht mehr der Fall. Langsam und bedächtig tapste sie in die Küche und lugte in den Kühlschrank, welcher wie gewöhnlich mit allerlei Sachen gefüllt war. Bis heute verstand sie nicht, wieso ihre Mutter selbst das Brot darin lagerte, doch es gab viele Dinge, von denen sie scheinbar nicht viel verstand. Kurz überlegte sie, ob sie ausnahmsweise einmal wieder eine gute Tochter sein wollte und selbst damit anzufangen, das Frühstück vorzubereiten, doch zuvor wollte sie unbedingt unter die Dusche und sich der Klebrigkeit ihrer Klamotten entledigen. Vorsichtig schloss sie die Kühlschranktür und verschwand nach oben ins Badezimmer, welches schräg gegenüber von ihrem Schlafzimmer lag. Es hatte ein Fenster über der Badewanne, von welchem aus man die noch ruhige Straße beobachten konnte und nichts, absolut gar nichts,, konnte ein Bad spätabends im Schein des Mondes und der Sterne schlagen – ein paar Kerzen entzündet und ein gutes Buch zur Hand. Doch auch das gönnte sie sich kaum noch, zu oft war sie unruhig und abgelenkt. Während sie das dampfend heiße Wasser in die Wanne laufen ließ, klaubte sie sich frische Klamotten aus dem Schrank und legte sich alles parat, was sie danach brauchen würde. Wohlig seufzend senkte sie ihren ersten Fuß in das heiße Wasser und sofort überrollte sie eine Woge der Entspannung. Aber auch, wenn sie nichts mehr wollte, als ihre angestrengten Muskeln zu entspannen, trieb das Knurren ihres nun hungrigen Magens sie zur Eile. So kam es, dass sie nur wenig später wieder aus der Wanne kletterte und optisch wieder menschlich und mit einem gewaltigen Turban auf dem Kopf in die Küche marschierte. Ihre Mutter schien immer noch zu schlafen, weswegen sie sich anschickte, allerlei Utensilien für das Frühstück aus den Schränken zusammen zu suchen. Sie entschied sich für Reis und schlichtes, gedämpftes Gemüse. Gott sei Dank hatten sie einen von diesen fabelhaften Reiskochern, mit welchem sogar sie es schaffte, den Reis genießbar zu machen. Während das kleine Gerät munter vor sich her ratterte, schälte sie diverses Gemüse und bereitete die restlichen Beilagen vor. Sogar ein Omlette wagte sie sich zu braten, auch wenn sie von dem Endprodukt noch nicht überzeugt war. „Seit wann kochst du denn Frühstück“, hörte sie eine amüsierte Stimme hinter sich. Sie antwortete nur mit einem Schulterzucken, sie wusste selbst nicht, wieso sie ausgerechnet heute die Muse dafür hatte, sich wieder etwas Mühe im Haushalt zu geben und ihre Mutter nicht nur mit hartnäckigen Schweigen zu strafen. „Lieb von dir, Sakura“, fügte ihre Mutter hinzu und anhand der Wärme ihrer Stimme konnte sie das Lächeln auf den Lippen ihrer Mutter förmlich hören. „Du warst auch joggen, nehme ich an?“, fragte sie, während sie sich neben ihr positionierte, um Kaffee kochen zu können. „Klar“, antwortete sie nur knapp und begutachtete weiterhin skeptisch das gelbliche Produkt in der Pfanne unter ihr. Argwöhnisch hob sie die Masse mit ihrem Kochlöffel an und da nichts mehr an der Pfanne haften blieb, beschloss sie, dass das Ei durch war. „Wie lange dauert der Reis noch? Schaffe ich noch eine kurze Dusche?“, erkundigte sich ihre Mutter, nachdem die Maschine vor ihr lautstark angefangen hatte, den Kaffee zuzubereiten. Flüchtig schaute sie von den Eiern auf den Reiskocher. „Fünf Minuten, vielleicht sechs.“ „Dann bin ich gleich wieder da, ich beeil mich.“ Ihre Mutter kam nicht umhin, ihr fröhlich durch die Haare zu wuscheln und obwohl Sakura wusste, dass sie sich nur darüber freute, dass ihre Tochter einmal außerhalb ihrer vier Wände anzutreffen war, konnte sie ein Rollen mit den Augen nicht unterdrücken. “Mütter...“, dachte sie bei sich, während sie anfing, den Tisch für das Frühstück vorzubereiten. Sie deckte für zwei, denn einen Vater gab es in diesem Haushalt schon lange nicht mehr. Das Resultat einer Handlung ihrer Mutter, für welche sie sie stets insgeheim bewundern würde. Nicht viele Frauen trauen es sich, ihren Mann aus dem Haus zu schmeißen, doch ihre Mutter war da anders. Sie war schon immer stark gewesen und doch auch gutherzig und geduldig. So kam es, dass ihr Vater mehr als genug Chancen hatte, sein schmarotzerisches Wesen zu einem Besseren zu wandeln, doch Aufforderung nach Aufforderung missachtete er die energischen Worte seiner Frau, ehe sie schlussendlich seine Koffer packte und ihn buchstäblich vor die Tür setzte. Seitdem waren nun sieben Jahre vergangen und manchmal fragte Sakura sich, ob ihre Mutter einsam war. Von einem Mann getrennt, welcher wohl einmal ihr Traummann gewesen war und mit einer Tochter aus jener gescheiterten Ehe, welche seit Jahren ihre Tage damit zubrachte, sich in ihr Zimmer zu schließen und die Realität auszublenden. „Worüber zerbrichst du dir den Kopf so stark, dass du mit Messern und Gabeln am Tisch stehst und dich keinen Zentimeter rührst“, harkte ihre Mutter nach. Erschrocken schaute Sakura auf und in das sichtlich amüsierte Gesicht ihrer noch junggebliebenen Mutter, welche in der Tür stand, ebenfalls einen Handtuchturban auf dem Kopf. „Ich musste an Vater denken“, gestand sie ehrlich. Sakura lag nichts an Geheimnissen, schon gar nicht an jenen, die eigentlich so bedeutungslos sind. „Vermisst du ihn etwa?“ Die Stirn ihrer Mutter runzelte sich angesichts des Gehörten. Sie hatte nichts gegen ihren Ehemann und wenn Sakura dies wünschte, würde sie ihr auch den Kontakt zu ihrem Vater erlauben, doch dieser war eher selten das Thema der Gespräche. „Nee... Alles gut. Ich musste nur gerade beim Decken daran denken, dass wir schon ewig nur zu zweit sind und... naja, das fiel mir halt so ins Auge. Liegt wohl daran, dass ich sonst eher selten den Tisch decke“, schloss sie mit schiefen Grinsen. Ihrer Mutter entwich ein kleines, geschnaubtes Lachen, ehe sie den Kopf ungläubig schüttelte. „Lass uns einfach essen, ich hab tierischen Hunger.“ „Gleichfalls“, stimmte sie Sakura zu und setzte sich an einen der freien Stühle, vor welchem ein Teller stand. Neugierig beäugte sie das Gekochte und rieb sich, scheinbar in Vorfreude, die Hände. „Sieht gut aus“, bemerkte sie, was Sakura fast zum Lachen gebracht hätte. „Übertreib es nicht gleich.“ Schweigen senkte sich über die Köpfe der beiden Frauen, während sie aßen und ihre Mutter sah tatsächlich so aus, als würde es ihr schmecken. Und wenn nicht, dann war sie zumindest meisterlich darin, so zu tun, als ob. Vermutlich hätte Sakura ihr vorsetzen können, was sie wollte. Allein die Tatsache, dass es von ihr war, machte sie so glücklich, dass sie es ohne mit der Wimper zu zucken gegessen hätte. Der Rest ihres letzten freien Wochenendes verging in erdrückender Stille. Sakura hatte überlegt, ob sie noch etwas unternehmen wollte, so ganz für sich, ehe sie sich wieder alles teilen musste, inklusive ihrer von ihr über alles geschätzten Privatsphäre. Der morgen des ersten April brach düster und kühl an und es fröstelte Sakura, als sie zusammen mit ihrer ungewöhnlich schweigsamen Mutter ihre Sachen in das Auto packte. Sie wusste nicht genau, was sie zu ihr sagen sollte, für derlei Dinge besaß sie kaum Talent und – um ehrlich zu sein – auch nicht die größte Lust. Die Fahrt, so kurz sie auch eigentlich war, denn das Internat lag an dem Ende eines anderen kleinen Randdorfes der Stadt, streckte sich zäh wie Kaugummi unter der Schuhsohle. Es war noch immer relativ dunkel, sodass auch das aus dem Fenster starren nur wenig Unterhaltung bot. Sakura spürte, wie ihr Herz mit jedem Kilometer lauter und stärker pochte und egal, wie sehr sie versuchte, sich von ihren Gedanken abzulenken, sie kamen wie ein Bumerang immer und immer wieder zurück. „Alles okay?“, erkundigte ihre Mutter sich nach einer Weile äußerst vorsichtig. Sie wusste, wie empfindlich die junge Frau bei diesem Thema war, doch Sakuras Wut und Angst war eigentlich schon vor Wochen verpufft und einer unerklärlichen Leere gewichen. „Hmm“, brummte sie nur und starrte weiterhin in die Dunkelheit des Morgens, auf der Suche nach innerer Ruhe. Kurz spürte sie eine warme Hand an ihrem Oberschenkel, doch noch bevor sie darauf reagieren konnte, war sie bereits wieder verschwunden. Kaum hörbar seufzte das rosahaarige Mädchen. Leicht lehnte sie ihre Stirn an das kühle Autofenster, um das Pochen in ihrem Kopf ein wenig zu mildern. Es waren keine direkten Kopfschmerzen, die sie plagten, doch wäre es gelogen, zu sagen, dass es ihr zu hundert Prozent gut ging. „Ist die alte Tsunade eigentlich immer noch die Rektorin?“, fragte sie kurz darauf in die Stille hinein. Sakura kannte die Straße, auf welche sie soeben eingebogen waren, nur zu gut. Sie waren gleich da und ihr Herz krampfte urplötzlich schmerzhaft unter ihrer Brust. „Was glaubst du denn?“, war die geschmunzelte Gegenfrage, was Sakura nur ein entnervtes Stöhnen entlockte. „Ich glaube, Tsunade ist mittlerweile schon an die gut hundert Jahre alt, so schnell wird diese Schule sie nicht mehr los.“ Leise lachte sie über ihren eigenen Witz, während das Auto eine schmale Auffahrt hoch fuhr. In der Ferne konnte man die Berge ausmachen, welche die Stadt umrahmte. „Vermutlich hast du da sogar recht“, pflichtete sie ihr bei und rieb sich erneut die pochenden Schläfen. Das dumpfe Gefühl von vor einigen Minuten war nun tatsächlich zu ausgewachsenen Kopfschmerzen geworden. Der Kies unter den Reifen knirschte unnatürlich laut in ihren Ohren und denunzierte die Musik des Radios zu einem leisen Hintergrundgeräusch. Zu den Kopfschmerzen gesellte sich mittlerweile eine beklommene Übelkeit in ihrem Magen, welche sich nicht durch tiefes Durchatmen beseitigen ließ, dennoch beschloss sie, sich zusammen zu reißen. Für einen Rückzug war es nun ohnehin zu spät und so ließ sie sich wenig später von ihrer Mutter über den riesigen, bis jetzt nur mäßig befüllten Parkplatz zum riesigen Hauptgebäude führen. Erinnerungen fluteten ihren Kopf, doch wollte sie ihnen nicht auch nur eine Sekunde nachgeben. Nicht, dass ihre Zeit an jener Schule immer schlecht gewesen wäre, im Gegenteil, doch selbstverständlich waren es ausschließlich schlechte Momente, welche in schwindelerregendem Tempo durch ihren Kopf rasten. In der Eingangshalle, welche immer noch so gewaltig wie eh und je war, standen einige Schülerpaare bereits zusammen und tauschten tuschelnd das in den Ferien erlebte aus. Für einen kurzen Moment schaute Sakura sich beinahe ehrfürchtig um, die hohen Decken und riesigen Fenster waren noch immer ein Anblick für sich und es überraschte sie, dass sie sich noch immer nicht an jenen hatte gewöhnen können. Doch das war nicht das, was sie gerade interessierte und so ging sie zügigen Schrittes auf das schwarze Brett zu, während ihre Mutter im Hintergrund mit ihrem Gepäck rangelte. „Geh du schon einmal zu Tsunade, Ma“, rief sie ihr über die Schulter zu, „und lass mein Zeug da stehen, das nehm' ich gleich selber mit.“ Sakura war sich sicher, dass sie sich gern mit ihrer alten Freundin austauschen möchte, immerhin hatte auch sie Tsunade schon lange nicht mehr gesehen. Insgeheim war ihr absolut klar, dass diese eine vermutlich nicht geringe Rolle gespielt hatte, ihre Mutter dazu zu überreden, Sakura wieder hierher zu schicken, doch auch diesen Gedanken drängte sie aus dem Kopf. Das schwarze Brett. Die Zimmerpläne. Drei Jahrgänge. Die komplette Wand wurde mit Zetteln und Plänen ausgefüllt und es kostete Sakura einige Minuten, bis sie ihren Namen schlussendlich fand. Geteilte Zimmer, eine Sache, welche sie selbst zu den besten Zeiten an diesem Internat mit einer Inbrunst gehasst hatte, doch als sie die beiden Namen in dem Zimmer erspähte, in welchem auch sie untergebracht war, wurde ihr übel, doch wenn sie behaupten würde, dass Naruto Uzumaki sie überraschen würde, würde sie sich selbst einen dicken Bären aufbinden. Aber nicht einmal Naruto bereitete ihr das größte Kopfzerbrechen, sondern eher der zweite Name: Sasuke Uchiha. Ein kurzes Stoßgebet gen Himmel sendend, dankte sie ihrer Intuition, heute morgen nichts zu frühstücken. Es würde just in diesem Moment an der halben Wand verteilt sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)