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Die Draakskat Chroniken

von

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Prolog

Prolog
 

Diese Nacht gibt es wieder einen Blutmond! Und für uns Medea bedeutet dieses seltene Ereignis, dass wir unsere Ahnen mit einem Opfer ehren, um auch weiterhin die Kräfte der Natur benutzen zu können.

Es ist ein uraltes Ritual und wird schon seit Jahrtausenden praktiziert, dennoch fühle ich mich nicht wohl dabei, ein unschuldiges Leben zu nehmen, nur damit wir auch weiterhin die Natur und ihre Elemente nutzen können. Doch es ist notwendig. Denn die Schattenwesen, allen voran die Vampire, sind schon sehr lange hinter der Machtposition her, die wir in der Schattenwelt innehaben.

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass wir, die Medea, die Herrscher unserer Welt sind und sich somit alle an unsere Gesetze zu halten haben. Doch das passt den Vampiren so gar nicht, da sie es lieben, Menschen zu jagen und zu töten, dies aber nun mal gegen das höchste Gesetz verstößt, welches wir erlassen haben: Nämlich das Töten anderer Lebewesen.

Und dennoch stehen wir jetzt hier und tun genau das – und das auch noch im Namen unserer Vorfahren.

Ich stehe zusammen mit meinen Schwestern um den geschlossenen Seelenspiegel herum, und warte darauf, dass Valeria erscheint, meine beste Freundin. Ihr gebührt dieses Mal die Ehre, in einem Opferritual, zu einem Teil unserer Ahnen zu werden und mit ihnen über uns, die Lebenden zu wachen. Eigentlich ist dies beruhigend zu wissen, denn das heißt ja nichts anderes, als sie noch immer bei uns sind, denn hinterlässt es bei mir einen faden Beigeschmack. Immerhin kenne ich Valeria schon seit meiner frühen Kindheit – sie ist sogar die einzige, die von meiner heimlichen Hochzeit weiß.

Die vergoldete Zwillingsdrachentür öffnet sich und Valeria erscheint, in einer schwarzen Robe gekleidet und einem Diadem aus geflochtenen Blumen auf ihrer Stirn. Begleitet wird sie von unseren zwei Wächterinnen Juno und Johanna. Die beiden Zwillinge laufen, wie immer mit starrer Miene, neben Valeria her und führen sie zum Seelenspiegel. Auf dem Weg dorthin lächelt Valeria jeden unserer Schwestern an und in ihren Augen sieht man kein Bedauern. Valeria war sogar überglücklich, als sie von unseren Ahnen auserwählt wurde, zu einem Teil von ihnen zu werden – was ich noch immer nicht ganz verstehe.

In meinen Augen, können die Lebenden mehr ausrichten als die Toten, aber damit stehe ich alleine da. Valeria bleibt kurz stehen, als sie genau vor mir steht. Sie umfasst mit ihren warmen Händen meine und drückt sie fest an ihre Brust.

„Sei nicht traurig, Kria“, sagt sie und kommt einen Schritt näher. „Es ist eine Ehre auserwählt zu werden und es bedeutet mir sehr viel, dass unsere Ahnen mich bei sich haben wollen.“ Eine vereinzelte Träne löst sich aus meinem rechten Auge und kullert meine Wange hinab. Valeria streicht sie weg, löst dann ihre andere Hand aus meinem festen Griff und schenkt mir ein letztes glückliches Lächeln. „Lebe für mich weiter!“, flüstert sie und setzt sich dann wieder in Bewegung. Juno und Johanna folgen ihr.

Vor den Treppen, die zum Seelenspiegel führen, bleiben die beiden Zwillinge dann stehen und drehen sich synchron zu uns um. Den letzten Weg muss Valeria alleine gehen. Sie geht die Treppenstufen nach oben und kaum dass sie die vorletzte Stufe erreicht, öffnet sich auch schon das Tor des Seelenspiegels. Der geflügelte Totenkopf, oberhalb des Seelenspiegels, öffnet seinen Mund und flüssige Lava tropf aus ihm heraus. Sie verteilt sich um das Relikt herum, sodass ein Ring aus Feuer entsteht. Er ebnet Valeria den Weg, der sie zu unseren Ahnen führen wird. Ein Weg, der leider nur hinein und nicht wieder hinaus führt. Ein Weg, den irgendwann jeder von uns gehen wird.

Valeria steht vor dem Tor, während die Flammen langsam nach ihr greifen. Dann dreht sie sich zu uns um, streckt ihre Hände seitlich aus, lächelt uns ein letztes Mal an, und lässt sich dann nach hinten fallen – hinein in die Flammen und in die Arme unserer Ahnen.

Das Feuer erlischt und das Tor schließt sich wieder.
 

~~*~~

 

Der Tod ist kein Grund zum Trauern und darum herrscht bei uns reges Treiben, während die Feier zu Ehren von Valeria, noch immer in vollem Gange ist.

Die jüngsten unter uns führen gerade den Tanz der Ewigkeit durch und füllen den Zeremoniensaal mit ihrer Magie aus. Es dient als Zeichen dafür, dass Valerias Opfer nicht umsonst war und dass sie jetzt bei unseren Ahnen ist.

Tanz und Gesang waren immer etwas, was mich fröhlich und glücklich gestimmt hatte, doch heute finde ich keinerlei Freude daran ihnen zu lauschen, auch wenn es egoistisch von mir ist. Valeria ist immerhin nicht die erste Medea, die auf diesem Wege zu unseren Ahnen ging – und es war auch nicht das erste Mal, dass ich einem solchen Opferritual beiwohnte. Dennoch ist es das erste Mal, dass ich unserer Ahnen verfluche.

„Komm Tanz mit uns“, ruft Mia, eine der derzeit Jüngsten, in unserer Reihe. Sie greift nach meinen Armen und zieht mich nach oben. Sophie und Yvonne gesellen sich zu ihrer Freundin und die drei kesseln mich ein. Es dauert nicht lange, dann bin auch ich, ihrem jugendlichen Charme verfallen und ein erstes echtes Lächeln, ziert mein Gesicht.

Doch das hält nicht lange an.

Eine Explosion erschüttert unser Fest und bringt jeden von uns dazu, an Ort und Stelle stehen zu bleiben. Die Mauern unseres Zuhauses erzittern und zerfallen zu Staub. Dann strömen mehrere Vampire in unseren Zeremoniensaal und die ersten zwei Medea, die ihnen am nächsten standen, Juno und Johanna, sterben, als ihnen die Krallen der Untoten in die Brust gestoßen werden. Das löst die übrigen von uns aus unserer Starre und Feuerbälle, Windrosen und andere Angriffsmagien, werden auf die Angreifer geschleudert.

Mia und Sophie kreischen neben mir. Das ist das erste Mal, dass sie der Wut eines anderen Schattenwesens ausgesetzt sind und ich schiebe sie sofort hinter mich. Ein Vampir stürmt auf uns drauf zu, doch bevor er auch nur daran denken kann, seine spitzen Zähne in unser Fleisch zu bohren, oder seine Krallen in unsere Brust zu rammen, werfe ich ihm eine Feuerkugel entgegen. Sie trifft unseren Angreifer mitten in die Brust und reißt ihn auseinander. Ich schiebe die beiden jungen Medea hinter eine Säule.

„Bleibt dort“, sage ich und stürze mich dann ins Getümmel.

Ich greife nach dem Schwert von Juno, sie ist nicht einmal dazu gekommen es zu ziehen und sich zu verteidigen. Mit einem kurzen Blick verabschiede ich mich von der Wächterin und bohre ihr Schwert in das Herz eines Vampirs. Es folgen fünf weitere, als ich von einem markenerschütterten Schrei abgelenkt werde und mitten im Getümmel stehen bleibe. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und kann nur noch sehen, wie Sophie die Kehle aufgeschlitzt wird – Mia liegt bereits tot neben ihrer Freundin am Boden. Ich will mich auf den Vampir stürzen, der den leblosen Körper der kleinen gerade von sich stößt, doch da prallt ein schwerer Körper gegen meinen und reißt mich zu Boden.

„Hier spielt die Musik!“, flüstert ein Vampir mir ins Ohr und entblößt seine spitzen Zähne. Blut tropft von ihnen und fällt auf meinem Hals. Der Vampir kommt meiner Halsschlagader immer näher und will seine Zähne in mein Fleisch bohren.

Ich sehe Johanna nicht weit von mir entfernt liegen. Es tropft noch immer etwas Blut aus ihrer Wunde und auch die anderen Medea, die bereits den Vampiren zum Opfer fielen, wurden nicht restlos ausgesaugt. Und da wird es mir plötzlich klar. Die Vampire sind nicht hier, weil sie hungrig sind, sondern weil sie uns auslöschen wollen.

Sie wollen die Macht an sich reißen und ihren langersehnten Traum wahrwerden lassen: Endlich die Herrschaft über die Schattenwelt zu führen.

Die Magie wird immer weniger. Ich kann fühlen wie sie abnimmt, was bedeutet, dass nur noch sehr wenige Medea am Leben sind. Doch so darf es nicht enden.

Ich sammle all meine übriggebliebene Kraft in meinem Körper und sende eine magische Druckwelle aus, die nicht nur den Vampir auf mir, sondern auch alle anderen wegschleudert. Sofort stehe ich auf und ohne mich umzudrehen, ohne zu überprüfen wie viele von uns noch stehen, renne ich los.

Ich muss dafür sorgen, dass wir überleben.

Ich muss dafür sorgen, dass es eine Zukunft für uns gibt. Doch nicht nur für uns Medea, sondern für alle Schattenwesen, die an eine friedvolle Koexistenz, mit den Menschen glauben. Denn die Vampire werden kein Interesse daran haben.

Meine Beine führen mich, wie von alleine, zu unseren Unterkünften. Ich durchdringe den Schutzbann und renne an den ersten Wohnungen vorbei, an denen von Juno und Johanna. Dann passiere ich noch die von einigen der anderen Medea, ehe ich an der Tür zu meiner eigenen Wohnung stehen bleibe. Ich reiße die Tür auf und blicke zu Aris, mein…

Ein zucken durchfährt meinen Körper, dann folgt ein unglaublicher Schmerz. Ich blicke nach unten auf meine Brust und meine Augen weiten sich. Eine Faust ragt aus ihr heraus und aus meinem Mund tropft Blut. Ich vernehme einen Schrei, der nicht mein eigener ist, sondern zu meiner Tochter gehört. Die Faust verschwindet wieder aus meinem Körper und ich falle zu Boden.

Mein Atem geht schwer und meine Brust hebt und senkt sich nur noch bedingt. Dann tritt er in mein Blickfeld – Nero, der Sohn des tyrannischen Vampirlords Orphanus. Und mit blutbefleckten Händen schreitet er zu Aris und versenkt seine Zähne in den Hals seines letzten Opfers – zumindest für heute.

Nachdem Nero fertig ist, lässt er den toten Körper auf den weißen Teppichboden fallen, der bereits mit meinem Blut gedrängt ist und springt dann auf das Fensterbrett. Er dreht sich noch einmal zu mir um.

 „Lang leben die Upir“, jubelt er und springt dann aus dem offenen Fenster raus, direkt ins Licht des Blutmondes.

1. Kapitel
 

Es ist kurz nach 12 Uhr und die Mittagssonne prallt auf meinen Körper, sodass ich am liebsten ins kühle Nass des Nereide-Sees springen würde, wie viele andere der Badegäste auch. Doch im Wasser würde meine Aufmerksamkeit wahrscheinlich flöten gehen, und das kann ich mir nicht leisten. Nicht nach dem letzten Fiasko.

Ich drehe mich auf meinen Bauch und beobachte, ohne Aufsehen zu erregen, die Menschen. Der Badesee ist gut besucht, und das trotz der Vorkommnisse, die sich hier seit einigen Wochen ereignen. Fünf tote hat es schon gegeben und dennoch baden und erfreuen sich die Menschen an dem heißen Sommertag.

Wir haben an die 32 Grad und da ist es klar, dass man Baden geht und sich abkühlen will, aber warum man ausgerechnet einen See wählt, in dem zwei Jungen und drei Mädchen bereits ertrunken sind, will sich mir nicht wirklich erschließen.

Ich beobachte eine 4 köpfige Familie gerade dabei, wie sie eine große Decke auf dem Rasen ausbreitet und dann ihre Badesachen auspackt. Die ältere der beiden Töchter setzt sich sogleich auf die, mit Schmetterlingen bedruckte Decke und holt ihr Handy raus, während ihre jüngere Schwester in ihren Badeanzug steigt, auf deren Vorderseite eine Meerjungfrau abgebildet ist. Oh du Unwissende.

Über mir erscheint ein Schatten und so drehe ich meinen Kopf nach links, um zu sehen wer mir die Sonnenstrahlen geklaut hat – auch wenn es gut tut, ein wenig Schatten abzubekommen. Drei junge Männer stehen neben mir und schauen auf mich herab.

„Brauchst du Gesellschaft, Süße“, fragt der blondhaarige von den dreien und setzt sich zu mir, auf meine Decke. Sie ist schwarz, was gerade sehr gut zu meiner Laune passt.

„Verzieht euch!“, schnauze ich sie an und wende meinen Kopf wieder ab und beobachte lieber weiterhin die anderen Menschen um mich herum.

„Warum so aggressiv“, fragt einer der anderen beiden. Ich wende mich ihnen wieder zu. Der mit den braunen Locken auf dem Kopf gesellt sich zu seinem Blondhaarigen Freund, der noch immer neben mir auf der Decke sitzt. „Wir haben genau gesehen, wie du uns angeschaut hast. Und jetzt willst du uns plötzlich die kalte Schulter zeigen?“

Ich seufze laut – innerlich brodele ich vor Wut – und setze ein gekünzeltes Lächeln auf.

„Ich habe nicht euch angesehen, sondern den Bademeister“, sage ich. Wie gut das ich ohne rot zu werden Lügen kann. Denn ich würde den Teufel tun und den Bademeister anstarren – egal wie heiß er in seiner roten Badehose aussieht. Aber wie heißt es doch so schön: Zur Not frisst der Teufel fliegen. Und in meinem Fall, ist es eine verdammt große.

Alle drei starren in die Richtung des Bademeisters, der, hinter den Sachen der drei Jungen, auf seinem Turm sitzt und auf das Wasser des Sees starrt. Beim nächsten Mal tauschen wir. Der Blondschopf ist der erste, der mir wieder seine Aufmerksamkeit schenkt.

„Vergiss den Typen, mit uns dreien kannst du viel mehr Spaß haben.“

„Ja!“

„Stimmt!“, bestätigen seine beiden Kumpels.

Wieder seufze ich und fahre mir mit der rechten Hand durch meine braunen Haare. Wieso muss das ausgerechnet mir passieren. Ein Blick auf mein eingeschaltetes Handy zeigt, dass der Badesee noch für weitere 5 Stunden geöffnet hat, was somit bedeutet, dass auch ich noch so lange hier sein werde. Und ich habe keine Lust, diese Zeit mit diesen drei Typen zu vergeuden, während ich wichtigeres zu tun habe. Doch wie soll ich die drei dazu bringen zu gehen und mich in Ruhe zu lassen? So eifrig wie die sind, lassen die sich so einfach wohl nicht abspeisen. Doch ich will ihnen auch keine Szene machen, denn das würde die anderen Badegäste zu sehr auf mich aufmerksam machen und das ist das letzte was ich gebrauchen kann.

„Wir haben unser Auto auf dem südlichen Parkplatz stehen und können es uns dort etwas gemütlich machen, was hältst du davon, Süße?“

Die Hand des Lockenkopfes legt sich auf meinen Bauch und wandert langsam und mit streichelnden Bewegungen in meine untere Region weiter. Meine Augen weiten sich und ich will diesem Typen schon das Handgelenk brechen, also die streichelnde Hand abrupt von meinem Bauch gerissen wird. Ich blicke nach oben und sehe den Bademeister neben meiner Decke stehen. Er zieht Lockenkopf nach oben.

„Ich glaube die junge Dame hat deutlich genug zu verstehen gegeben, dass sie ihre Gegenwart nicht gutheißt. Also haut ab und am besten verschwindet auch gleich vom Badesee. Wir können Störenfriede wie euch hier nicht gebrauchen.

„Was fällt dir ein?“, faucht Blondie und will seinem Freund zu Hilfe kommen, doch der letzte im Bunde, der mit der halben Glatze auf dem Kopf, hält ihn auf.

„Lass gut sein, Freddie“, sagt er und wendet sich dann an den Bademeister. „Wir werden gehen!“ Daraufhin wird sein Kumpel aus dem festen Griff entlassen und alle drei nehmen sofort Reißaus. Sie stürmen fast schon zu ihren Rucksäcken, schnappen sie und gehen dann tatsächlich. Also das die so schnell aufgeben, das hätte ich nicht gedacht.

Ich lege mich wieder auf den Bauch und stütze meinen Kopf mit meinen Händen ab.

„Ich hätte deine Hilfe nicht gebraucht“, sage ich mit klarer Stimme und starre weiterhin geradeaus. Und erst recht nicht gewollt.

„Weiß ich!“, antwortet er monoton. „Immerhin brauchst du ja niemanden. Richtig, Lydia?“ Dann geht er wieder zu seinem Hochsitz zurück, setzt dich darauf und macht weiterhin seinen Job – indem er aufs Wasser starrt.

„Richtig!“, murmle ich und mache ebenfalls mit dem weiter, wobei ich gestört wurde – nämlich die Menschen zu beobachten.

Es vergeht fast eine dreiviertel Stunde, als es in meinem Ohr piept.

„Ich werde eine Runde laufen“, vernehme ich Alex Stimme. Ich schaue auf und sehe, wie er von seinem Hochsitzt herabsteigt und den künstlich angelegten Strand entlangläuft.

Ich kommentiere Alex Worte nicht, da es mich auch nicht wirklich interessiert was er tut. Denn alles was mich interessiert ist, dass ich diesen Job hier erledigen kann und so meinen Chefs beweise, dass ich keinen Partner brauche.

„Ich bin gewarnt wurden, dass du stur bist, Lydia. Doch dass es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht“, ertönt erneut Alex Stimme. Als ich wieder nichts darauf erwidere, höre ich Alex leise seufzen. „Mir ist bewusst, dass du nicht mit mir arbeiten willst, aber momentan kannst du nichts dagegen tun. Also versuche bitte wenigstens etwas kooperativer zu sein.“

„Ich bin doch mit dir hier“, antworte ich erbost. „Und jetzt hör mit dem Gelaber auf und tue einfach deinen Job, ja. Es ist schon schlimm genug, dass ich dich jetzt an der Backe habe, also lass wenigsten deine Predigten.“

„Du weißt ganz genau, warum du mich an der Backe hast“, antwortet er. „Also hör auf mir die Schuld für deine Fehler zu geben.“

„Meine Fehler?“, fauche ich.

„Habe ich den Tod einer 8 jährigen zu verschulden, oder du, hm?“

Ich glaube jetzt hackt es. Als wenn ich die Kleine getötet hätte. Also wirklich.

Was kann ich denn bitte dafür, dass Kinder dumm sind und sich immer und immer wieder zu irgendwelchen bescheuerten Mutproben hinreißen lassen. Ich habe dem Mädchen schließlich nicht gesagt, dass sie in das Spukhaus gehen soll, nur um zu beweisen, dass sie cool ist. Das waren ihre sogenannten Freunde, also trifft die eher die Schuld als mich. Ich habe schließlich versucht zu helfen.

Ok gut, ich fühle ich mich mies. Und ja, wäre ich schneller gewesen, dann hätte ich der Kleinen vielleicht sogar das Leben retten können, aber was kann ich denn bitte dafür, wenn ich im Stau stecken bleibe. Meine Chefs hätten ja ihre Beziehungen spielen können und den Verkehr so regeln, dass ich pünktlich am Haus angekommen wäre. Doch das tat ich nicht und so konnte ich nur noch die Leiche der 8 jährigen bergen und ihre Mörderin, eine Redcap, ist noch immer auf freiem Fuß. Doch die werde ich schon noch bekommen.

„Mit einem Partner an deiner Seite, wäre es nicht so weit gekommen, Lydia“, sagt Alex. Ich kann ihn momentan nicht sehen, also muss er wohl am Südende des Strands sein. Warum, weiß ich nicht, denn momentan ist nur die Ostseite des Sees zum Baden freigegeben. Naja. Vielleicht will er auch nur schauen, ob nicht irgendwer sich reingeschlichen hat und denkt, dass er kostenlos baden kann – auch wenn es gefährlich ist. Aber Menschen neigen ja nun mal dazu, die Gefahr zu suchen.

„Mit einem Partner wäre der Stau auch nicht schneller vorbeigewesen. Also Laber keinen Stuss.“

„Du bist echt unverbesserlich.“

„Und du eine Nervensäge!“

Wie soll ich mich auf meine Arbeit konzentrieren, wenn ich die ganze Zeit über von meinem Partner abgelenkt werde. Denken die Chefs überhaupt einmal nach, bevor sie irgendwelche wahnwitzigen Änderungen vornehmen? Scheinbar nicht.

„Es wäre für dich einfacher, wenn du mich nicht als Strafe, sondern als eine Art Versicherung ansehen würdest. Ich bin schließlich nicht hier um dich zu überwachen, sondern um dir Rückendeckung und Sicherheit zu geben. Außerdem hat jeder Inquiso einen Partner, also beschwer dich nicht, dass du nach zwei Jahren der Einsamkeit, jemanden an deine Seite gestellt bekommen hast. Das war eh nur eine Frage der Zeit.“

„Wirklich schön gesagt.“ Meine Stimme trieft nur so vor Sarkasmus. „Hast du lange an dieser Rede gefeilt?“ Alex will gerade was erwidern, doch ich komme ihm zuvor. „Vergiss es. Ich will keine Antwort darauf. Denn was auch immer du sagst, für mich fühlt sich unsere Partnerschaft eher so an, als würde ich überwacht werden und nicht, als seien wir gleichgestellt. Und jetzt konzentriere dich bitte auf deine Aufgabe, denn du willst doch bestimmt nicht, dass jemand während deiner Schicht stirbt, oder? Nicht das du auch noch einen Aufpasser bekommst und wir dann zu dritt sind.“ Schließlich ist einer von der Sorte, schon einer zu viel.

„Du tust mir fast schon leid“, sagt Alex, dann bricht er die Verbindung ab und lässt mich mit meinen Gedanken wieder alleine.

Hoffentlich kann ich bald hier weg.
 

~~*~~
 

Weitere Stunden vergehen und nichts passiert. Naja, bis auf zwei junge Frauen, die sich wegen eines anderen Bademeisters in die Haare bekommen haben und eine kleine Schlammschlacht, nur halt mit Sand, angezettelt haben – zu der sich dann eine weitere junge Frau dazugesellte. Ich konnte nur den Kopf wegen dieser Banalität schütteln.

Weitere Badegäste räumen ihre Sachen ein und verlassen den Badesee. Und so sind jetzt nur noch ein paar Jugendliche, die 4 köpfige Familie von vorhin, die mit der Handybesessenen Älteren und der Meerjungfrau lieben jüngeren Tochter, sowie Alex, meine Wenigkeit und ein anderer Bademeister. Und auch die Sonne hat sich bereits verabschiedet, dennoch ist es noch warm. Alex tauscht einen kurzen Blick mit mir aus. Ich verstehe und fange an, so langsam auch meine Sachen einzupacken. Er wird die letzten Badegäste gleich rausschmeißen – natürlich auf die nette Art.

Die Frau, die mit ihrer Familie nur ein paar Meter von mir entfernt ist, ruft nach ihrer jüngeren Tochter, die noch als einzige im Wasser ist. Doch das Mädchen hört die Rufe ihrer Mutter scheinbar nicht, denn sie zeigt keinerlei Reaktion und schwimmt fröhlich weiter.

„Georgina“, schreit die Frau nun ihren Namen und geht in Richtung des Wassers.

Ich konzentriere mich wieder darauf meine Sachen einzupacken, als ich ein Kreischen der Frau vernehme. Ich schaue auf und folge dem Blick der Frau. Ihre Tochter taucht immer wieder unter Wasser, nur dass sie das nicht freiwillig tut. Sie wird nach unten gezogen.

Alex wirft mir einen schnellen Blick zu, nickt, rennt dann ins Wasser und schwimmt zu der Stelle, an der das Mädchen verschwunden ist. Sie kommt nicht mehr nach oben.

Die Mutter der Kleinen und auch ihr Vater wollen zu ihrer Tochter ins Wasser, doch der andere Bademeister hält sie zurück. Und so nutze ich die Abgelenktheit der drei aus und renne ebenfalls ins Wasser. Ich kann Alex schließlich nicht alleine gegen das Schattenwesen kämpfen lassen, immerhin muss ja auch einer die Kleine aus dem Wasser ziehen.

Ich schwimme so schnell ich kann und erreiche nach nicht mal einer Minute die Stelle, an der Alex und das Mädchen verschwunden sind. Ich tauche unter und suche nach den beiden. Glücklicherweise ist das Wasser des Sees klar und so kann ich die beiden auch recht schnell ausfindig machen.

Alex umgreift die Hüfte der Kleinen und tritt mit dem Fuß nach dem Schattenwesen, besser gesagt nach der Undine. Die Dämonin die einer Meerjungfrau ähnelt, hat sich an den Knöcheln des Mädchens festgekrallt und zieht sie so immer tiefer nach unten. Ihre spitzen Zähne leuchten im Wasser und das bedeutet für Alex und mich, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.

Sobald eine Undine ihre Zähne zeigt, deutet das an, dass sie bereit ist zuzubeißen und ihre Beute zu verschlingen. Und sollte das erst einmal hier geschehen, dann wird es für Alex und mich fast unmöglich sein, die Kleine lebend zu bergen.

Das wird nicht passieren!

Ich werde nicht schon wieder jemanden sterben lassen!

Ich schwimme weiter nach unten und an Alex vorbei, genau auf die Undine zu. Mit beiden Armen greife ich nach den Klauen der Dämonin und schaffe es, dass sie ihren festen Griff um den Knöchel des Mädchens löst. Sofort greift Alex sich die Kleine und schwimmt mit ihr an die Wasseroberfläche. Mit einem lauten Schrei beobachtet die Undine, wie ihre Beute davonschwimmt und stürzt sich kurz darauf auf mich.

Mit ihren Krallen schlägt sie um sich und trifft mich gleich beim ersten Mal am Arm. Doch die Wunde ist zum Glück nicht tief.

Dass die aggressiven Angriffe nicht ihren gewünschten Erfolgt erzielen, macht die Undine nur noch wütender, denn jetzt peitscht sie auch mit ihrem Schwanz nach mir und es gelingt mir nur knapp, diesem zu entgehen. Ich muss vorsichtiger werden, denn sollte sie mich mit ihrem Schwanz treffen, so würden die Karten sehr schlecht um mich stehen.

Das Gebrüll der Undine löst eine kleine Unterwasserwasserhose aus und schleudert mich durch das Wasser. Ich verliere die Orientierung und darum bin nicht mehr in der Lage, meine Arme und Beine zu koordinieren. Dann trifft mich etwas am Kopf und meine Sicher verschleiert sich.

Ich bin am Grund des Sees angekommen, wo ich mit meinem Kopf gegen einen Stein geknallt bin. Meine Benommenheit für sich nutzend, umwickelt die Undine meinen Körper mit ihrem Schwanz und drückt mir so die nur noch spärlich vorhandene Luft aus den Lungen.

Zwar kann ich länger als die meisten Menschen die Luft anhalten, aber bei der Kraft der Undine, habe auch ich nicht gut lachen. Noch dazu dröhnt mein Kopf.

Mein Körper wird zerdrückt! Und die Zähne der Undine, kommen meinem Hals immer näher.

Das ist nicht gut, absolut nicht gut.

Wenn nicht gleich ein Wunder geschieht, dann wird es das gleich mit mir gewesen sein. Aber zumindest konnte ich der Kleinen helfen, auch wenn das nicht wirklich ein Trost ist, immerhin hatte ich nicht vorgehabt so schnell zu sterben. Zumindest nicht, bevor ich nicht den Mörder meiner Eltern ausfindig gemacht und getötet habe.

Meine Gebete werden erhört, denn Alex erscheint nun auch auf dem Grund des Sees. In seiner Hand blitzt ein Messer auf, welcher er der Undine in die Brust rammt – doch leider hat es das Herz verfehlt. Die Undine lässt mich los und ich ergreife meine Chance, ziehe das Messer aus der Brust der Dämonin heraus und ramme es sofort wieder hinein, diesmal aber auf die rechte Seite, wo sich ihr Herz befindet.

Mit einem lauten Schrei, der nicht nur den Dreck des Bodens aufwirbelt, sondern auch weitere Unterwasserwasserhosen verursacht, zieht sich die Undine wie ein Embryo zusammen. Kurz darauf treibt ihr toter Körper friedlich im Wasser.

Der Spuk ist endlich vorbei.

Alex greift erst nach meinem Arm und dann mit seinem anderen, nach dem der Undine. Dann schwimmt er mit uns beiden im Schlepptau nach oben, wo ich, froh an der Oberfläche angekommen zu sein, erst einmal röchelnd nach Luft schnappe. Ich befreie mich sofort aus Alex Griff und schwimme den Rest, bis ich am rettenden Ufer angekommen bin, alleine weiter. Dort ziehe ich mich an Land und bleibe erleichtert liegen – zwischenzeitlich immer mal wieder nach Luft hustend.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Alex ebenfalls an Land kommt und noch immer die Undine festhält. Neben mir lässt er sie fallen und schaut auf mich herab.

„Alles ok bei dir?“, fragt er und ich nicke ihm zu. Zu mehr bin ich gerade nicht im Stande, da ich immer noch damit beschäftigt bin, dass ich wieder genug Luft zum Atmen bekomme.

„Wie geht es der Kleinen?“, frage ich und drehe mich auf den Rücken. Am Himmel haben sich mittlerweile Wolken gebildet und die Wärme der Sonne ist fast komplett verschwunden. Mein Körper zittert vor Kälte, aber auch, weil ich gerade so noch, mit dem Leben davon gekommen bin.

„Es geht ihr gut. Max hat einen Krankenwagen gerufen und kümmert sich um alles Weitere. Er ist uns Dankbar, weil wir einen weiteren Todesfall verhindert haben und die Besitzer somit den See nicht schließen müssen. Und das er seinen Job behalten kann“, fügt er hinzu.

„Sehr gut“, erwidere ich. Das bezieht sich aber nur auf die Kleine, denn alles andere interessiert mich nicht – und ist auch nicht so wichtig. Was aber wichtig ist, ist, dass ich trockene Klamotten bekomme und einen heißen Kakao, oder Tee. Auf jeden Fall ein heißes Getränk, damit ich wieder richtig warm werde.

„Lass uns zurück zum Auto gehen und dann den Körper der Undine abliefern.“ Alex reicht mir seine Hand und hilft mir beim Aufstehen.

Und so verlassen wir schweigend den Nereide-See und machen uns auf den Weg zu unserem hiesigen Inquiso-Hauptquartier.
 

~~*~~
 

Das Inquiso Hauptquartier sieht nicht gerade pompös aus, genau genommen sieht es ziemlich heruntergekommen aus. Doch der erste Eindruck trügt, denn das Innere des Gebäudes, ist modern eingerichtet und hat alles, was das Herz begehrt – zumindest wenn man auf all das Zeug steht. Ich tue es nicht, aber ich verbringe ja auch nicht sehr viel Zeit hier. Da sieht es bei Vanessa schon anders aus.

Die 36 jährige Frau ist für die Verteilung der Aufträge zuständig und auch dafür, dass wir anständiges Equipment bekommen – sollten wir welches brauchen. Sie redet im Allgemeinen nicht viel, doch wenn sie was sagt, dann hat es Hand und Fuß. Und schüchtert sogar die Erfahrensten Inquiso ein.

Alex und ich haben die Eingangstür richtig passiert, da winkt uns Vanessa schon zu sich. Sobald wir bei ihr angekommen sind, wirft sie erst einen Blick zu der toten Undine, dann zu Alex und mir.

„Ist alles glatt gelaufen?“, will sie wissen und reicht Alex das Formular für unseren Bericht.

Das ist eine der Vorteile einen Partner zu haben – und in meinem Fall auch der einzige – nämlich das ich den Papierkram nicht mehr machen muss. Alex hat sich von vornherein dazu bereiterklärt es zu tun. Und wer bin ich denn schon, ihm dies abzuschlagen. Er greift nach den Papieren und verlässt dann den Infotresen – Vanessas Domizil – und nimmt den Körper der Undine mit. Gut so, denn die Gute hatte schon angefangen zu stinken.

„Alles bestens“, beantworte ich Vanessas Frage. Denn wenn sie eines nicht mag dann ist es, wenn man ihr nicht antwortet. „Und es verlief auch ohne irgendwelchen Vorkommnissen.

„Und was ist das dort an deiner seitlichen Schläfe?“

Ich berühre mit meinen Fingern die angegebene Stelle an meinem Kopf und zucke zusammen, als sich ein stechender Schmerz bemerkbar macht, den ich vorher gar nicht wahrgenommen hatte.

„Es ist nichts“, sage ich und hoffe, dass das Thema somit beendet ist. Glücklicherweise sieht Vanessa das auch so, denn sie erwidert nichts darauf, sondern nickt nur.

„Dann kannst du jetzt gehen.“ Damit ist für Vanessa die Konversation beendet, denn sie widmet sich wieder ihren Unterlagen zu, die überall auf ihrem Tisch verteilt liegen. Also Ordnung ist was anderes.

Ich beschließe den Rückzug anzutreten und mir nur noch schnell einen Becher Tee aus der Küche zu holen, bevor ich wohl nach Hause gehen und mir dort was Leckeres zum Abendessen kochen werde. Und so steige ich die Treppen ins zweite Stockwerk hoch und biege gleich nach links ab, wo sich die geräumige Küche befindet. Zu meinem Glück ist niemand gerade hier.

Ich greife nach dem Wasserkocher und stelle ihn an, nachdem ich etwas Wasser reingefüllt habe. Es dauert nicht lange, dann ertönt das leise Signal dass das Wasser fertig ist und ich gieße es mir in einen der Thermobehälter um. Einen Teebeutel noch dazu, sowie einen Spritzer Zitrone und schon bin ich fertig.

Leider komme ich nicht weit, denn Paria, eine andere Inquiso betritt die Küche, bevor ich sie verlassen kann. Sobald sie mich sieht, erstrahlt ihr Gesicht. Sie kommt zu mir und umarmt mich freudig.

„Schön dich mal wieder zu sehen, Lydia“, sagt sie und setzt sich auf einen der runden Tische. Sie greift in eine der Keksdosen und holt sich eine Waffel heraus, von der sie genüsslich abbeißt. „Dich bekommt man irgendwie nur noch schwer zu Gesicht. Hast du etwa so viel Arbeit, dass du nicht mal mehr Zeit hast, um an den Infoterminen teilzunehmen?“

Ich nehme nicht an ihnen teil, weil sie langweilig sind. Und weil ich nicht gerne mit so vielen Menschen in einem engen Raum eingeschlossen sein will.

„Ja. Ich habe sehr viel zu tun“, antworte ich und mache einen weiteren Schritt in Richtung Flur.

„Und wie läuft es mit deinem neuen Partner?“

Ich bleibe mitten in der Tür stehen, drehe mich wieder zu Paria um und werfe ihr einen meiner fiesesten Blicke zu. Doch leider zeigt der bei ihr keine Wirkung.

„Bestens!“

„Das glaube ich dir nicht. Nicht, bei dem Gesicht das du ziehst.“

„Dafür kann ich nichts“, erwidere ich und seufze.

„Ich verstehe dich echt nicht, Lydia“, sagt Paria und steht endlich vom Tisch auf. Andere wollen darauf schließlich noch was essen. Sie kommt zu mir, legt einen ihrer Arme um meine Schulter und läuft dann mit mir wieder nach unten in die Lobby. „Jeder andere Inquiso würde sich darüber freuen, wenn er Alex als Partner an die Seite gestellt bekommen hätte, doch du, die ihn letztlich bekommen hat, ziehst ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Dabei ist er Perfekt. Er sieht gut aus, hat gute Manieren und weiß sich auch zu benehmen. Doch am aller wichtigsten ist, dass er einer der besten Inquiso ist die es gibt, abgesehen natürlich von dir und mir.“

Natürlich.

„Du kannst gerne mit mir tauschen, wenn du willst. Ich gebe ihn sehr gerne her.“ Paria lacht.

„Glaube mir, ich würde wirklich gerne mal mit ihm arbeiten, aber das kann ich Ina nicht antun. Darüber hinaus, würde ich sie niemals ersetzen und schon gar nicht durch einen Mann.“

„Es sagt ja auch keiner, dass du mit ihm in die Kiste springen sollst.“

„Das wird auch niemals passieren.“

Irgendwie bewundere ich Parias und Inas Beziehung. Sie arbeiten zusammen, sie leben zusammen und ich habe noch nie gehört, dass es bei den beiden Stress gab. Es muss wirklich schön sein, wenn man jemanden an der Seite hat dem man vertraut. Doch leider bedeutet das auch, dass man verwundbarer ist. Und ich habe nicht vor, jemals wieder jemanden zu verlieren, der mir etwas bedeutet. Und genau aus diesem Grund, will ich auch keinen Partner.

„Da bist du ja“, vernehme ich Alex Stimme. Er steht unten neben an der Eingangstür angelehnt an der Wand und scheint wohl auf mich gewartet zu haben. Sobald er Paria wahrnimmt, grüßt er sie. „Guten Abend Paria“, sagt er und hebt, der freundlichen Geste wegen, die Hand.

„Einen wunderschönen guten Abend, Alex“, grüßt meine langjährige Rivalin zurück und grinst dabei wie ein Honigkuchenpferd. „Es ist wie immer eine Freude dich zu sehen.“

„Na wenigstens eine die sich freut“, antwortet er und sieht herausfordernd zu mir.

Ich habe den Wink verstanden, keine Angst.

Aber ich werde den Teufel tun und darauf eingehen. Das ist mir echt zu blöd. Alex schüttelt den Kopf und stößt sich von der Wand ab.

„Ich habe gehört ihr habt die Undine unschädlich gemacht?“

„Haben wir. Aber es war ganz schön knapp. Nicht wahr, Lydia?“ Alex sieht mich an, doch ich wende meinen Blick ab.

„Wenn du das sagst.“ Als wenn ich ihm jemals zustimmen würde.

„Hier ist übrigens dein Scheck.“ Alex reicht mir einen kleinen weißen Umschlag. Ich nehme ihn entgegen ohne reinzusehen und packe ihn in meine Tasche. „Wir sehen uns dann morgen, Lydia. Paria…“ Er greift nach der rechten Hand von ihr und gibt ihr einen Handkuss. „Es war auch für mich eine Freude dich wieder zu sehen.“ Dann dreht er sich um und verlässt das Hauptquartier.

Schleimer!

Paria kichert und zieht mich dann ebenfalls durch die Tür hindurch.

„Ich bringe dich nach Hause, Lydia. Dein Auto ist doch immer noch in der Werkstatt, oder?“

„Ja. Leider!“, sage ich und folge dann Paria zum Parkplatz.
 

~~*~~
 

Ich sitze gemütlich mit meinem Abendessen auf meiner Couch und schaue nebenbei einen Krimi. Doch so wirklich beachte ich das Geschehen in der Flimmerkiste nicht, denn seien wir mal ehrlich. Ich habe auf Arbeit schon genug Action. Aber da nichts Besseres kommt und ich kein Freund von Ruhe bin, muss es eben sowas sein.

Der vermummte Killer verfolgt gerade eine leicht beschwipste Blondine, durch die leeren Straßen einer Kleinstadt und in einer seiner Hände blitzt das Blutverschmierte Messer auf, mit dem er schon Zwölf weitere junge Frauen ermordet hat. Tüchtig, tüchtig der Gute.

Meine Augen gehen immer wieder zu und irgendwann erliege ich der Müdigkeit und schlafe auf meinem Sofa ein.

„Sag Papa, was ist das für ein Symbol?“ Ich zeige auf einen Kreis, dessen eine Seite Schwarz und die andere Weiß ist. Außerdem haben beide einen Punkt, in der anderen Farbe in sich.

„Das Symbol steht für Yin und Yang“, erklärt er. „Es bedeutet so viel wie: einander entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte. Versteht du was das bedeutet?“

Ich schüttle meinen Kopf.

„Nein!“

Mein Papa setzt sich zu mir und streichelt mir über den Kopf.

„Dann denk nach, Lydia. Was kann nicht ohne sein Gegenstück existieren?“

„Hm“, überlege ich. Dann fällt mir ein passendes Beispiel ein. „Du und Mama“, sage ich und bin froh, dass mir etwas eingefallen ist.

„Ja. Deine Mama und ich.“ Mein Papa lächelt. „Aber eigentlich meine ich eher sowas wie, Tag und Nacht. Gut und Böse. Hell und Dunkel. Sonne und Mond.“

„Verstehe. Aber was bedeutet es für uns?“ Mit großen Augen schaue zu meinem Papa.

„Für euch? Nun, es steht für das Gleichgewicht. Für das Gleichgewicht unserer Welt.“

Ich öffne meinen Mund um eine weitere Frage zu stellen, als die Tür zu unserer Wohnung aufgerissen wird und Mama erscheint. Ihre Haare sehen zerzaust aus und an ihrer Kleidung klebt Blut. Mit großen Augen starre ich sie an, dann schreie ich laut auf, als eine Faust aus Mamas Brust herausragt.

Mein Papa drückt mich hinter einen Schrank.

„Bleib“, flüstert er und steht dann schnell auf. Nach einer winzigen Handbewegung von ihm, fällt ein Schutz um den Schrank herum und verschleiert so meine Anwesenheit.

Papa und Mama haben das schon oft gemacht. Eigentlich immer, wenn wir bei ihr sind und von jemanden Besuch bekommen.

Mama fällt zu Boden und keine Sekunde später ist jemand hinter Papa und beißt ihm in den Hals.

Mit einem lauten Knall fällt er zu Boden und seine toten Augen treffen genau auf meine schreckgeweihten. Ich schreie erneut laut auf.

„Neeeein….!“

„Neeeein….!“ Ich schrecke auf und schaue mich orientierungslos in meinem Wohnzimmer um. Dann klopft es an meiner Haustür und ich zucke vor Schreck zusammen.

Mit vorsichtigen Schritten gehe ich zu meiner Haustür und spicke durch den Spion. Alex steht davor. Erleichtert seufzend, öffne ich die Tür.

„Was ist los?“, frage ich ihn und fahre mir mit meiner linken Hand durch die Haare, während die Rechte noch immer die Türklinke fest umklammert hält.

„Es gibt erneut einen toten Obdachlosen“, sagt er und drängt sich in meine Wohnung hinein. Ich seufze und folge ihm in mein Wohnzimmer. „Vanessa hat versucht dich anzurufen, doch du bist nicht rangegangen, also wollte sie, dass ich dich abhole. Alles ok bei dir?“ Alex sieht mich besorgt an.

„Alles ok.“ Ich nehme mein Handy vom Tisch. Auf dem Display stehen 5 verpasste Anrufe. Drei von Vanessa und zwei von Alex.

Woher hat er meine Nummer? Ah, wahrscheinlich von Vanessa. Ich lege das Handy wieder zurück und gehe dann in mein Schlafzimmer.

„Wir sollen den Fall übernehmen.“ Alex beobachtet mich, wie ich in meinem Schlafzimmer verschwinde und bleibt – zu seinem Glück – vor der Tür stehen. „Was machst du denn jetzt noch?“

„Ich ziehe mich um. Oder glaubst du ich werde in meinen Wohlfühlklamotten zu einem Tatort fahren?“

„Wir sind eh schon zu spät dran“, meckert Alex.

„Jetzt hetz mich nicht. Außerdem ist es ja nicht so, als wenn uns das Opfer weglaufen würde.“ Ich ziehe mir einen anderen Pullover an und steige in eine frische Jeans. Dann kämme ich mir noch schnell das Haar und binde einen Pferdeschwanz. Noch etwas Deo und schon stehe ich frisch vor Alex. „Na komm schon!“

Alex schüttelt nur den Kopf und folgt mir dann stillschweigend.

2. Kapitel
 

Am Tatort angekommen, werden Alex und ich schon von zwei Polizisten und einem unserer Ärzte erwartet. Beiläufig grüße ich die drei und während Alex zu Dr. Breuner geht und mit dem deutlich älteren Mann redet, schaue ich mir den Toten an.

Wie Alex bereits sagte, ist es ein Obdachloser, was man unschwer an seinen Sachen und auch an seinem Geruch feststellen kann. Ich persönlich habe mit solchen Menschen immer Mitleid und es erschreckt mich, wenn ich nur daran denke, dass es jeden treffen kann. Denn in der heutigen Zeit kann es sehr schnell passieren, dass man seine Arbeit verliert und dann einfach nichts mehr hat. Doch die Regierung tut nichts dagegen, dabei könnte sie helfen – wenn die denn wollte.

Ich drehe den Kopf des Opfers leicht zur Seite und schaue mir die zwei Einstichstellen, an dessen Hals genauer an. Getrocknetes Blut in an dessen Rändern vorhanden, doch ansonsten scheint es nirgends weitere Blutreste zu geben. Komisch.

Bis jetzt ist mir noch kein einziger Vampir bekannt, der seine Opfer ausgesaugt hat, ohne an dessen Körper irgendwelche Kampfspuren zu hinterlassen. Schließlich sind sie Jäger und spielen gerne noch mit ihrer Beute, bevor sie sie endgültig erlegen.

„Der Körper des Opfers besitzt keinen einzigen Tropfen Blut mehr“, vernehme ich Dr. Breuners sanfte Stimme. Er hockt sich zu mir und dreht den Kopf des Opfers so zur Seite, dass die Einstichstellen sehr gut zu sehen sind. „Und die Einstiche hier“, sagt er und zeigt auf die beiden Einstichlöcher, „stammen definitiv nicht von Vampirzähnen.“

„Von was dann?“

„Wenn ich raten müsste, dann würde ich sagen, dass es sich um eine Art Gerät handeln muss, mit dem man das Blut aus menschlichen Körpern saugen kann.“

„Wollen die Vampire uns hinters Licht führen, oder kann es vielleicht auch ein anderes Schattenwesen gewesen sein das den Mann getötet hat?“ Ich gehe in meinen Gedanken schnell die anderen Schattenwesen durch die mir bekannt sind, doch keines von denen ernährt sich von Blut.

„Ich glaube schon das wir es mit einem Vampir zu tun haben, doch wieso sie neuerdings ihre Opfer so töten, kann ich nicht sagen. Doch das müsst ja auch ihr herausfinden.“ Dr. Breuner steht wieder auf und glättet seinen Schutzanzug. „Ich werde ins Hauptquartier zurückgehen und die anderen siebzehn Toten noch einmal untersuchen, die wir diesen Monat gefunden haben. Vielleicht haben wir ja irgendwas übersehen. Also bis die Tage.“ Er winkt und verschwindet dann.

Ich schaue mich nach Alex um und finde ihn bei den beiden Polizisten. Sie unterhalten sich. Da ich keine Lust habe zu warten bis sie fertig sind, beschließe ich eben alleine, die Gegend auszukundschaften. Vielleicht finde ich ja irgendwas, was der Vampir verloren hat, als er sein Opfer hier abgelegt hat. Auch wenn ich nicht wirklich glaube, dass sie so leichtsinnig sein werden.

Ich biege um die nächste Ecke ein und passiere eine kleine Gasse, die nur spärlich beleuchtet wird, wie eigentlich dieser ganze Stadtabschnitt hier. Doch warum sollte man hier auch Energie verschwenden, wenn es eh nur ein Viertel voll mit Obdachlosen, Prostituierten und anderem Abschaum ist. Unsere Regierung macht sich nichts aus diesen Leuten, und das macht mich echt wütend.

Ich gehe weiter in die dunkle Gasse hinein und versuche, nur mit meiner Taschenlampe bewaffnet, etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Die Strahlen treffen auf den Boden und erleuchten ihn – und bringen mich fast zum Würgen. Fäkalien, Dreck, Abfälle. Alles liegt hier rum und der Gestank erst. Es wundert mich wirklich, dass ich ihn erst jetzt wahrnehme, wo ich all das hier gesehen habe. Ich versuche mich so gut es geht zusammenzureißen und gehe einfach weiter. Doch leider wird der Gestank nur schlimmer und mit einmal passiert etwas, was mir in meinem bisherigen Leben, noch nie passiert ist. Ich muss mich übergeben.

Der beißende Geruch meines Übergebenen lässt mich erneut würgen, doch glücklicherweise, folgt nichts mehr. Ein Glas Wasser wäre jetzt nicht schlecht. Ich reiße mich wieder zusammen und greife dann nach meiner Taschenlampe, die ich fallengelassen hatte, als ich auf die Knie sank und meinen Magen entleerte. Dann Strauche mehr schlecht als recht wieder aus der Gasse hinaus und kehre zu Alex und den anderen beiden Männern zurück. Sobald Alex mich sieht, ist er auch schon an meiner Seite. Er greift mir unter die Arme und drückt mich sogleich auf eine Treppenstufe.

„Was ist passiert?“, fragt er und klingt schon wieder so besorgt dabei. Ich hoffe wirklich, dass das nicht zur Gewohnheit wird. „Lydia?“

„Wasser“, verlange ich und schon wird mir eine Flasche gereicht. Ich nehme einen großen Schluck und fühle mich sofort wieder wohler. Der üble Geschmack meines eigenen Erbrochenen ist so gut wie verschwunden. „Hier in der Nähe sind drei weitere Leichen“, sage ich zu den beiden Polizisten. „Ordert bitte einen weiteren Leichenwagen und schafft die drei in unser Hauptquartier.“

Die beiden Polizisten sehen Alex an und erst als er ihnen zunickt, setzen sie sich in Bewegung. Also wirklich, das ist echt eine Frechheit.

„Nehmen sie nicht gerne Befehle von Frauen entgegen, oder was sollte das eben?“

Alex zieht eine Augenbraue nach oben, und nimmt mir dann die Wasserflasche aus der Hand, anstatt mir eine Antwort zu geben. Dann wendet er sich mir ab und der ersten Leiche wieder zu. Er hockt sich zu ihr herunter und begutachtet erneut die beiden Einstichstellen.

Weicht der mir aus?

„Nur ein paar Straßen weiter befindet sich die Bloody Mary“, sagt er zu mir, auch wenn er mich nicht ansieht. „Das ist eine Blutbar, die von der Vampirin Zora geführt wird. Vielleicht hat sie etwas gesehen oder gehört und kann uns so etwas über den Täter sagen.“ Dann steht Alex wieder auf, kommt zu mir zurück und hilft mir ebenfalls beim aufzustehen. Ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. „Dass du so zart besaitet bist, hätte ich nicht gedacht.“

„Sehr witzig“, kommentiere ich diesen äußerst sinnlosen Kommentar. „Bei dem Gestank in der Gasse, hätte das auch dir passieren können.“

„Wer weiß. Na los, lass uns Zora aufsuchen.“
 

~~*~~
 

Alex und ich beschließen zu Fuß zu der Bar zu gehen, da sie ja, wie er sagte, nur ein paar Straßen entfernt ist. Und etwas frische Luft wird mir gut tun, auch wenn die Luft in diesem Viertel allgemein nicht so gut ist.

„Woher kennst du diese Bar eigentlich?“, frage ich.

Also ich habe von der noch nie gehört und dabei mache ich diesen Job schon seit mehreren Jahren und kenne eigentlich jede Schattenwesenvereinigung, die sich die letzten Jahre über gebildet hat. Es gibt nämlich auch gute Schattenwesen, die, die mit den Menschen zusammen leben wollen und ihnen nicht schaden.

„Die Bar ist relativ neu, doch ich kenne Zora noch von früher. Sie ist ok und trinkt auch nur Blut von Menschen, die es freiwillig anbieten. Sie arbeitete früher als Informantin für mich.“

„Informantin, ja? Und gehörst du auch zu ihrer Kundschaft?“

„Wieso willst du das wissen. Etwa Eifersüchtig?“

„Tse. Worauf sollte ich denn bitte eifersüchtig sein.“ Na der kommt auf Gedanken.

Wir laufen weiter durch die Straßen und schweigen uns dabei an. Ich überlege mir derweil wie wir gleich vorgehen werden, denn wenn das wirklich eine Blutbar ist, dann werden sehr viele Vampire dort sein. Und bei meiner Vergangenheit, bin ich nicht wirklich gut auf die Blutsaugenden Parasiten zu sprechen. Immerhin sieht man denen ja nicht an welchem Clan sie angehören. Es kann also gut möglich sein, dass ich in der Bar einem Upir gegenüberstehe und es nicht einmal bemerke.

Alex und ich sind am Eingang der Bar angekommen. Davor stehen zwei, gut 2m große und Muskelbepackte Türsteher, die uns finster ansehen. Ihre Augen leuchten schwarz auf, als wir ihnen gegenüberstehen.

Vampire!

„Hey Jungs“, grüßt Alex sie und will schon an ihnen vorbei durch die Tür gehen, als einer der beiden Türsteher sich ihm in den Weg stellen.

„Mitgliedsausweis!“

„Wollt ihr wissen was ein Mitgliedsausweis ist, oder wollt ihr einen sehen?“, frage ich und hole meinen Inquiso Ausweis raus und halte sie dem Scherzkeks unter die Nase, bevor der Typ antworten kann. „Nehmt ihr den auch?“, will ich dann wissen und drängle mich auch schon an beiden Türstehern und Alex hindurch.

In der Bar drinnen angekommen, bleibe ich erst einmal wie verwurzelt stehen. Hier drinnen riecht es dermaßen nach Blut, dass ich mir die Hand vor den Mund halten muss. Ich hasse Vampire.

„Alles ok?“, fragt Alex und legt mir eine Hand auf die Schulter.

„Ja. Ich habe heute nur genug von ekligen Gerüchen“, sage ich und gehe dann weiter in die Bar hinein.

An so gut wie allen Tischen sitzen zwei bis drei Vampire und nippen an einem Glas Blut. Und auch die Tanzfläche, die rechts von uns ist, ist gut besucht. Es scheint alles normal zu sein – so normal es bei Vampiren sein kann zumindest. Was mich aber irritiert ist, dass ich nicht nur Vampire, sondern auch Menschen hier sehe. Irgendwie paradox, denn das wäre ja so, als würden Schlechter und Schweine zusammen einen trinken.

„Das ist nichts ungewöhnliches“, sagt Alex und führt mich zu einem abgegrenzten Bereich, in dem eine rote Ledercouch steht und auf der eine schwarzhaarige Vampirin sitzt, die in einem weinroten Kleid und schwarzen Umhang gekleidet ist. Die Vampirin zieht gerade Blut von einen menschlichen Hals und sieht mit einem Auge zu Alex und mir auf, als sie unsere Gegenwart wahrnimmt. Ihr Gesicht erhellt sich und sie lächelt. Dabei blitzen ihre spitzen Zähne auf, an denen Blut haftet und von denen auch welches tropft.

„Hallo Alex“, grüßt sie ihn und lässt von ihrem… Opfer…? Kunden…? Blutlieferanten….? Äh, wie auch immer. Die Vampirin lässt von ihrem Nahrungsgeber ab und setzt sich aufrecht hin. Sie verschränkt ihre Beine übereinander. „Es ist schon so lange her, dass du mich besuchen kommst.“ Dann wandert ihr Blick zu mir. „Und wer ist deine kleine Begleitung? Doch nicht jemand der für mich arbeiten will, oder? Du weißt, das ich da sehr wählerisch bin.“

Die Vampirin steht auf und umrundet mich, begutachtet mich schon regelrecht, als wäre ich ein Ausstellungsstück.

„Ich bin Agentin der Inquiso“, sage ich, bevor das ganze hier noch merkwürdiger wird. Ich halte ihr den Ausweis hin und gebe dann dem jungen Mann, der eben noch als Mitternachtssnack der Vampirin diente, zu verstehen, dass er verschwinden soll. Er fackelt auch tatsächlich nicht lange, erhebt sich und geht von dannen. Wenigstens einer der weiß was gut für ihn ist.

„Eine Inquiso also? Das Kopfgeld für uns Schattenwesen ist wohl auch nicht mehr so hoch, wenn ihr euch schon einen Zweitjob suchen müsst, hm.“ Beim erwähnen des Wortes Schattenwesen, schaut sie zu Alex und zwinkert ihm zu. Daraufhin sieht er sie finster an. Irritiert beobachte ich die beiden und schüttle nur mit dem Kopf, während Alex sich recht widerwillig zu Zora auf die Couch setzt.

„Wir haben, nur ein paar Straßen von hier entfernt, vier männlichen Leichen gefunden. Allen wurde sämtliches Blut entzogen, aber wie sich herausstellte, wurde dies mit Hilfe eines Gerätes getan und nicht wie üblich… durch eure Zähne. Wir versuchen herauszufinden wieso das so ist und wollen…“

„Mich fragen ob jemand, der meinen Club besucht, diese Menschen ausgesaugt hat? Nun, junge Inquiso, ich kann dir versichern, dass niemand meiner Gäste hier es nötig hat, auf diese Art und Weise an Blut zu kommen. Ich meine, schaue dich um… Es steht meinen Gästen genug Blut zu Verfügung. Also warum sollten sie es sich dort draußen holen?“

„Weil ihr Jäger seid und es euch im Blut liegt“, mischt Alex sich jetzt endlich mal ins Gespräch mit ein. Wird ja auch Zeit. „Gab es vielleicht Gäste die du vorher noch nie gesehen hast, oder welche, die nur einmal hier waren und dann sehr schnell wieder gegangen sind?“

„Worauf willst du hinaus, Alex?“, fragt Zora und legt ihren Kopf etwas schräg.

„Es kann doch sein, dass einer vielleicht versucht hat ein anderes Leben zu führen, als stets in den Gassen dieses Viertels hier nach leichten Opfern zu suchen“, antworte ich statt Alex. „Also ist er hierher zu dir in die Bar gekommen. Doch dann stellte er fest, dass auf diese Art und Weise Blut zu sich zu nehmen, ihm nicht genügt, weil ihm so der Kick fehlt. Also ist er sehr schnell wieder gegangen, oder aber er kam nur einmal hierher.“

Zora setzt sich neben Alex auf die Couch und starrt mich weiterhin an – genauso wie er.

„Mir ist kein solcher Vampir bekannt, tut mir leid“, sagt Zora. Sie winkt einem Vampir zu, der auch sofort zu uns kommt. Vor ihr bleibt er stehen und verbeugt sich leicht. „Was ist mit dir, Evan?“

„Tut mir leid, Boss. Ich kenne jeden hier persönlich und würde auch für jeden meine Hand ins Feuer legen“, sagt der hochgewachsene Vampir. „Es passt also keiner zu der Beschreibung.“ Er verbeugt sich erneut und verschwindet dann wieder.

„Da habt ihr es. Also werdet ihr euren Täter wohl woanders suchen müssen. Tut mir wirklich leid, ich hätte euch gerne geholfen. Vor allem natürlich dir, Alex.“ Sie beugt sich zu ihm rüber und drückt ihm einen überfallartigen Kuss auf die Lippen. Ich verdrehe meine Augen und wende meinen Blick ab.

„Danke für die Auskunft“, erwidere ich und trete den Rückzug an, da es nicht so aussieht, als würde Zora schon mit Alex fertig sein. Augenrollend mische ich mich wieder unter die Massen.

Diesen Club zu besuchen war ein totaler Reinfall.

„Warte auf mich, Lydia“, höre ich Alex sagen, doch ich denke nicht dran stehen zu bleiben und gehe einfach weiter. Als ich schon an der Tür angekommen bin, stellt sich mir ein Vampir entgegen, der schon die ganze Zeit über in Alex und meine Richtung geschaut hatte – und das kaum dass wir die Bar betraten. Seine Augen leuchten rot auf, was ein Zeichen dafür ist, dass er hungrig ist. Doch nicht mit mir.

„Such dir jemand anderes“, gifte ich ihn an und drängle mich einfach an ihm vorbei.

Draußen an der frischen Luft angekommen, bleibe ich, ein paar Schritte vom Eingang der Bar entfernt, kurz stehen und hole einfach tief Luft. In der Bar stank es so derbe nach Blut, dass ich, wenn ich noch länger dort geblieben wäre, mich wahrscheinlich Erneut übergeben hätte.

„Jetzt warte doch, Lydia“, vernehme ich Alex Stimme. Ich drehe mich um und sehe ihn auf mich zukommen.

„Wir werden heute wohl nichts mehr erreichen können“, sage ich und bestimme so das Thema, bevor Alex irgendwas anderes sagen kann. „Es wäre also am besten, wir reden mit Dr. Breuner wenn wir uns ausgeruht haben und hoffen einfach mal, dass er uns etwas Nützliches sagen kann.“

„Lydia!“ Alex stellt sich mir in den Weg und sieht mir direkt in die Augen. Ich wende meinen Blick ab, da ich ihn jetzt gerade, irgendwie nicht ansehen kann.

Ich kann nicht sagen was mich genau an ihn stört – außer dem Punkt dass er mir als Partner zugeteilt wurde. Doch zu sehen wie diese Zora, Alex küsste, löste in mir ein Unbehagen aus. Ich frage mich gerade…

„Was bringt Menschen dazu, sich freiwillig von Vampiren aussaugen zu lassen“, frage ich Alex, bevor meine Gedanken eine unschöne Richtung einschlagen. Dabei versuche ich das Bild von Zora und Alex, und wie vertraut sie im Umgang miteinander waren, zu verdrängen.

„Im Allgemeinen ist es wohl der Reiz des Unbekannten“, erklärt Alex und lehnt sich an die Mauer hinter sich an. „Menschen und ganz besonders Frauen, haben sich schon immer zu den sogenannten Bad Boys hingezogen gefühlt. Und du darfst auch nicht vergessen, dass Vampire im Allgemeinen sehr gut aussehend sind, was ihnen bei der Nahrungssuche natürlich zugutekommt.“

„Du musst es ja wissen“, murmle ich. Das klingt bei ihm ja so, als wenn die Menschen nichts dafür können, wenn sie sich in einen Vampir verlieben. So ein Blödsinn.

Ok gut, nicht immer sind die Menschen selber dran schuld, aber in den meisten Fällen schon. Sollen sie sich eben mehr um die inneren Werte kümmern und nicht nur nach dem Aussehen gehen. Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass dann einige von ihnen nicht auf Vampire reinfallen würden. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

Ich überlege kurz…, aber nein, ich persönliche kenne keinen Vampir, den ich anziehend finde und ich habe schon den ein oder anderen getroffen. Dennoch muss ich zugeben, dass sie schon ein gewisses Etwas an sich haben, was selbst mich dazu bringt, sie länger als üblich anzusehen. Also naja, vielleicht hat Alex Recht wenn er sagt, dass sie Anziehend auf die Menschen wirken und manche sich dem eben nicht entziehen können.

Alex zieht eine Augenbraue hoch und starrt mich unwissend an. Dabei weiß ich echt nicht, was an meinen Worten jetzt nicht verständlich gewesen sein sollte. Immerhin hat er sich ja auch auf eine Vampirin eingelassen.

„Jetzt schau nicht so“, erwidere ich daraufhin. „Du und Zora eben. Es ist ja wohl mehr als eindeutig, dass sie nicht nur deine Informantin ist.“

„Ich weiß nicht was du meinst.“

„Bist du wirklich so dumm, oder tust du gerade nur so“, fauche ich. Es macht mich wütend, dass er anscheint glaubt, dass ich nicht eins und eins zusammenzählen kann. Dabei war das eben mehr als Eindeutig. „Du hast aber schon mitbekommen, wie sie dich dort drinnen angesehen hat und vor allem, das sie dir ihre Zunge in den Hals gesteckt hat?“ Obwohl es als eine Frage formuliert ist, erwarte ich keine Antwort von ihm. Denn es ist mir egal, was er dazu zu sagen hat.

Wenn Alex denkt es nötig zu haben, sich auf eine Vampirin einzulassen, dann bitte. Jeder wie ihm beliebt. Und normalerweise bin ich ja dafür, dass Menschen und Schattenwesen miteinander auskommen, aber Vampire sind nun einmal eine ganz andere Liga, als Beispielsweise ein Loup-Garou, oder eine Elfe. Denn Blutsauger sind nun mal Jäger und egal wie gut sie sich zu integrieren versuchen, ihr Instinkt ist und bleibt derselbe.

„Ich habe nichts mit Zora“, verteidigt sich Alex. „Wirklich, das musst du mir glauben.“

Nun bin ich es, die Alex anstarrt.

Warum ist es ihm so wichtig, dass ich das glaube? Egal. Für so was habe ich jetzt wirklich keine Zeit.

„Hör zu, es ist mir persönlich wirklich egal, auf wen du dich einlässt. Wenn du glaubst das Zora dich um deinetwillen und nicht wegen deines Blutes will, dann sei mit ihr zusammen. Du bist ein freier Mann und kannst tun und lassen was du willst. Aber denk einfach dran, dass du als Inquiso auch eine Vorbildfunktion hast und es unserer Abteilung nicht zugutekommt, wenn einer von uns auf eine Vampirin reinfällt. Und jetzt lass uns einfach nicht mehr darüber reden, ok.“ Ich reibe mir über die Augen. Müdigkeit macht sich bemerkbar. „Ich werde nach Hause laufen, um so noch etwas frische Luft zu bekommen.“ Ich wende mich von Alex ab, der mich mit leicht geschockter Miene ansieht und gehe dann – hoffentlich komme ich jetzt weiter.

„Von hier bis zu dir nach Hause brauchst du gut eine Stunde, Lydia“, erwidert Alex, nachdem er mir nachgelaufen ist und mich nun am Handgelenk festhält. War ja klar, dass der Widerworte hegt.

„Ich weiß“, sage ich pampig und entziehe ihm ruckartig mein Handgelenk. „Aber ich brauche frische Luft, ok. Und außerdem bin ich schon ein großes Mädchen und kann ganz gut auf mich alleine aufpassen. Also dann…“ Ich winke ihm zu... „Bis später!“ ..und biege dann auch schon um die nächste Ecke.
 

~~*~~
 

Während ich durch die Straßen des Südbezirkes von Apis laufe, der auch den Namen Schattenbezirk trägt, weil hier sehr viele Schattenwesen, Obdachlose und anderes Gesindel sind, denke ich über Alex nach.

War ich eben zu schroff zu ihm? Mir ist schließlich nicht entgangen, dass ihm meine Worte sehr getroffen haben. Aber ich habe doch Recht, oder nicht. Sich auf Vampire einzulassen, bringt nie etwas Gutes und…

Du kannst nicht jeden in ein und denselben Topf werfen, Lydia. Schließlich ist nicht immer alles schwarz oder weiß.

Yin und Yang.

…das Gleichgewicht unserer Welt.

Die Worte meines Vaters kommen mir wieder in den Sinn und ich seufze laut, als mir klar wird, dass ich mich später wohl bei Alex entschuldigen sollte. Denn auch wenn ich es nicht mag, dass er nun mein Partner ist, so liegt es mir doch fern, ihn in irgendeiner Art zu verletzen. Zumal verbal ausgelöster Schmerz, manchmal auch sehr viel schlimmer sein kann, als physischer – Auch wenn Alex jetzt nicht unbedingt der Typ ist, den man schnell verletzen kann. Aber so gut kenne ich ihn ja nun auch nicht, also wer weiß. Vielleicht tut er auch nur so taff.

Ich biege um die nächste Straßenecke ein und kann auch schon das Passierscheintor zum Westbezirk sehen, in dem sich nicht nur meine Wohnung, sondern auch das Inquiso-Hauptquartier befindet. Ich habe mir bewusst dort eine Wohnung genommen, da mir dieser Bezirk noch der liebste von den vieren ist. Der Nordbezirk ist das sogenannte Hotel und Regierungsviertel und ich mag unsere Regierung nicht sehr gerne – auch wenn ich derzeit für sie arbeite. Der Ostbezirk ist das Seen- und Freizeitparkviertel, in welchem es für mich persönlich, viel zu hektisch zugeht und es immer dermaßen voll von Touristen ist, dass ich es dort keine zwei Stunden aushalten würde. Naja und der letzte Bezirk, der Südbezirk, ist der allgemein verhasste Schattenbezirk. Und genau den verlasse ich gleich.

Ich bin am Passierscheintor angekommen und suche in meiner Jackentasche nach meinen Inquiso Ausweis, denn dieses Tor hier schließt, im Gegensatz zu den anderen vier Bezirkstoren, um 19 Ihr, damit auch ja kein Gesindel, einfach so herausspazieren kann – es sei denn man gehört zur Regierung, oder zu den Inquiso. Und das ist echt Diskriminierung, aber nicht anders bin ich es inzwischen gewohnt. Wobei man sagen muss, dass die Schattenwesen auch ein wenig selber dran schuld sind. Rechnet man beispielsweise die Todesopfer der letzten 10 Jahre, gegen die letzten 30 Jahre, dann sieht man klar, dass die Sterberate um über dreihundert Prozent gestiegen ist. Und da kann ich die Menschen dann auch wieder irgendwo verstehen.

Das ist doch echt ein Teufelskreis.

Ich hole meinen Ausweis raus und halte ihn unter das Lesegerät, damit ich endlich nach Hause kann, als ich einen Windstoß hinter mir wahrnehme. Und bevor ich auch nur einen Gedanken daran verschwenden kann mich umzudrehen, bedeckt eine kräftige Hand meinen Mund und ein kräftiger Arm wird um meine Taille geschlungen. Dann werde ich auch schon in die kleine Gasse, neben dem Passierscheintor gezogen.
 

~~*~~
 

Die Hand meines Angreifers liegt noch immer fest über meinem Mund und erstickt so jeglichen Laut, während ich immer tiefer in die Dunkelheit gezogen werde. Auch der andere Arm, der, der um meine Taille geschlungen ist, hält mich eisern fest, sodass ich bereits Probleme mit Luftholen habe.

Da scheint es einer wirklich ernst zu meinen.

Ein kalter Atem streift meinen Hals und die Hand, die über meinem Mund liegt verschwindet mit einmal und neigt sogleich meinen Kopf zur Seite, sodass mein Hals nun freiliegt. Vampir, schreit mein Unterbewusstsein und so versuche ich noch stärker, mich aus dem kräftigen Griff zu befreien. Doch mein Angreifer hat eine enorme Stärke, gegen die selbst ich, scheinbar nichts entgegenzusetzen habe.

Panik!

Ich merke wie meine Befreiungsversuche unkontrollierter werden, was ein Zeichen ist, dass ich nicht mehr rational denken kann, sondern emotional werde. Doch das darf nicht passieren. Sobald ich anfange panisch um mich zu schlagen, werde ich erst recht keine Chance gegen diesen Vampir habe. Also rufe ich mich selbst zur Ordnung und kontrolliere als erstes meine Atmung.

Einatmen! Ausatmen! Einatmen! Ausatmen!

Mein Herzschlag schlägt wieder langsamer und kehrt zu seinem normalen Rhythmus zurück. Sehr gut! Ich muss einfach nur Ruhe bewahren, und auf den Moment…

Ein stechender Schmerz jagt schlagartig durch meinen Körper und sogleich entfährt meiner Kehle ein lauter Schmerzenslaut, wie ich ihn so lange nicht mehr gehört habe. Doch der Schrei wird gedämpft, als sich erneut eine Hand über meinen Mund legt und so jeglichen weiteren Ton unterbindet.

Ich merke schon nach kurzer Zeit, wie mein Blut meinen Körper verlässt und ich höre auch die widerlichen Schluckgeräusche des Vampirs, was die ganze Sache hier, noch grotesker macht, als es ohnehin schon ist.

Meine Beine versagen ihren Dienst und wenn der Vampir mich nicht immer noch festhalten würde, dann wäre längst ich zu Boden gegangen.

Ich bin eine Inquiso, verdammt noch mal. Und ich bin eine Kriegerin. Das hier kann also nicht mein Ende sein. Nein! Ich kann nicht…

Nicht von einem Vampir.

Und erst recht nicht, bevor ich meine Rache hatte.

Nein… Ich werde hier und jetzt nicht sterben. Und schon gar nicht auf diese Art und Weise. Doch ich merke, dass ich immer schwächer werde… und dass mein Körper… Ich falle zu Boden und komme hart auf dem kalten Asphalt auf. Mein Blick ist verschwommen und doch versuche ich mit aller Kraft, das Gesicht meines Angreifers zu erhaschen. Das ist doch…

Ich erkenne meinen Angreifer. Es ist der Vampir aus der Bar, der, der Alex und mich die ganze Zeit über beobachtet hatte und der sich mir in den Weg stellen wollte, als ich dabei war die Blutbar zu verlassen. Doch warum…

Ich wusste es. Diese verdammte Vampirin hat also doch gelogen. Oh ich hätte auf mein Bauchgefühl hören müssen. Immerhin halten Vampire stets zusammen, da es wenn es nach Nero geht, nur noch einen einzigen Vampirclan gibt. Upir. Und dieser ist nicht gerade für seine Großherzigkeit bekannt ist. Genau genommen ist er für seine Grausamkeit bekannt, allen voran deren Fürst Orphanus und Nero, sein Sohn. Beide sind der Inbegriff des Bösen und seid sie die Herrschaft über die Schattenwesen übernommen haben, sind sie noch schlimmer geworden – da es nach der Ausrottung der Hexen keinen mehr gibt, der sich ihnen in den Weg stellt. Nun, zumindest keinen außer mir.

Upir.

Alleine wenn ich nur an diesen Clan denke, überkommt mich eine solche Wut…

Die toten Augen meiner Mutter blitzen vor meinem geistigen Auge auf. Dann die von meinem Vater und von all den anderen, die in dieser blutigen Nacht ihr Leben ließen.

Ich werde euch rächen!

Ich stütze mich mit meinen Händen an der Wand hinter mir ab und kämpfe mich schwer atmend nach oben. Meine Beine zittern und ich fühle mich so schwach auf ihnen, dass ich Angst habe, gleich wieder zu Boden zu stürzen. Und diesen kläglichen Versuch, wie ich krampfhaft versuche mich auf den Beinen zu halten, beobachtet mein Angreifer süffisant. Doch ich schaffe es, wieder einen einigermaßen festen Stand zu haben, und da kommt der Vampir auch schon, mit grinsendem Gesicht, welches seine blutverschmierten Zähne offenbart, auf mich drauf zu. Er fühlt sich überlegen und sein Grinsen wird immer breiter. Doch ich weiche seinem Blick nicht aus, ganz im Gegenteil.

Ich beobachte ihn, genauso wie er mich beobachtet.

„Dein Blut ist wirklich köstlich, kleine Inquiso“, sagt der Vampir und kommt erneut einen Schritt näher. „Ich wusste schon vom ersten Moment an, als du in Zoras Bar kamst, dass du ein Leckerbissen bist.“ Wieder tritt er einen Schritt näher an mich heran. Und als er genau vor mir steht, stützt er sich mit beiden Händen, neben meinem Kopf, an der Wand hinter mir ab und kesselt mich so zwischen sich und besagter Wand ein. Sein Gesicht nähert sich erneut dem meinen und sein übelriechender Atem dringt mir in die Nase. Angewidert wende ich meinen Blick ab, was leider dem Vampir erlaubt, sich abermals meinem Hals zu widmen.

Der Vampir vergräbt seine Nase an meinem Hals und schnuppert an genau der Stelle, von der er zuvor mein Blut trank. Ich spüre erneut seine spitzen Zähne, doch sie dringen nicht in mein Fleisch ein.

Dieser Mistkerl spielt mit mir.

„Ich hatte schon lange kein solch leckeres Blut mehr“, haucht er und leckt mit seiner Zunge über die von ihm zuvor zugefügte Wunde. Dann dreht er meinen Kopf mit solch einer Geschwindigkeit erneut zur Seite, dass ich überhaupt keine Chance habe zu regieren. Und schon vergräbt er seine Zähne wieder in meinen Hals.



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