Winterwunsch von Sas-_- (Anna | Elsa) ================================================================================ Kapitel 1: Fünf Mal, dass... ---------------------------- Sie war beschäftigt. Sehr gut. Anna atmete erleichtert aus, während sie in Elsas Zimmer spähte, dann schlich sie auf Zehenspitze daran vorbei und als Anna sich weit genug weg wähnte, verfiel sie in hastigen Laufschritt. „Hoffentlich bin ich nicht zu spät!“ Anna fegte durch einen Gang nach dem anderen, flitzte durch unzählige Zimmer, schlitterte auf dem stets gebohnerten Boden, öffnete Türen und warf sie eilig wieder hinter sich zu. „Kein Mensch braucht so viele Zimmer! In dreien davon war ich seit zwei Jahren nicht mehr!“, meckerte Anna genervt, als sie schon fast da war. Aufgeregt stieß sie die Balkontür auf, stürmte nach draußen und sah sich nervös um. Der Winter stand vor der Tür, die ersten Schneeflocken wehten bereits durch Arendelle und ein frostiger Wind blies Anna ihr braunes Haar aus dem Gesicht. Nachdem sie sich gründlich umgesehen hatte, schlang sie fröstelnd ihre Arme um sich und ging auf das Gelände zu. Sie legte ihre Hände auf den eiskalten Stein und beugte sich nach vorn. Nach links und rechts schaute sie, sah sich sorgfältig um, blickte nach oben und auch nochmal nach unten, aber das Licht war schon sehr schwach und die wenige Strahlen, die aus dem Fenster in die Nacht flossen, halfen nicht wirklich bei Annas Suche. „Anna?“ Vor Schreck sprang die Prinzessin gefühlte zehn Meter in die Luft, drehte sich quietschend um und schlug ihre Hände vor ihren Mund. „Anna, was machst du denn hier draußen? Es ist bitterkalt, komm wieder rein.“ Elsa war wie aus dem Nichts hinter ihrer jüngeren Schwester aufgetaucht und musterte diese mit gerunzelter Stirn. „Ich komme …“, murmelte Anna enttäuscht und warf einen letzten Blick über ihre Schulter, aber es gab nichts zu sehen, außer die frostige, hereinbrechende Nacht und der Schneefall, der stetig dichter wurde. Elsa legte ihren Arm um Annas Schultern. „Was hast du denn da draußen gemacht?“ „Oh, nichts … Wirklich, ich wollte nur ein bisschen frische Luft schnappen“, schwindelte Anna und lächelte gekünstelt. Elsa war sofort klar, dass ihre Schwester etwas vor ihr verbarg, aber anstatt nachzubohren, was Anna da draußen trieb, schwieg Elsa lieber und ließ es auf sich beruhen. Genervt hing Anna über dem Balkon, das Kinn auf der Hand abgestützt und schnaubte empört. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen in der Abenddämmerung, die sich gemächlich über Arendelle legte. „Man lässt eine Königin nicht warten!“ Sie schlug jetzt schon 20 Minuten hier draußen tot, aber offenbar hatte sie sich auch heute völlig umsonst nach draußen gemogelt, obwohl Elsa doch unbedingt mit ihr diese neuen Farben ausprobieren wollte. Anna hörte sie deutlich durchs Schloss rufen, was bedeutete, dass Elsa nicht mehr weit weg sein konnte. „Du kannst was erleben, wenn du …!“, aber Anna ließ den Satz unbeendet, als sie ihre Schwester durch ein Nebenzimmer rufen hörte. „Anna! Wo steckst du denn? Wir wollten doch malen, weißt du nicht mehr? Kristoff kommt auch, er meinte, es wäre Jahre her, dass er mal einen Pinsel in der Hand gehabt hat.“ Knurrend warf Anna die Balkontür hinter sich ins Schloß. „Dann mal ich eben!“, blaffte sie, an jemanden gerichtet, der sich zierte zu erscheinen. Elsa zog unbeeindruckt an Annas Händen, zerrte sie Richtung Ausgang, auf einen Schlitten zu – Olaf sprang begeistert neben ihnen her. „Au ja, das wird toll, eine Wanderung! Ich liebe Wanderungen! Was macht man da eigentlich?“ „Wandern, Olfa, man wandert da. Man läuft durch eine schöne Gegend und sieht sich alles an!“, erklärte Elsa guter Dinge, während sie weiter an ihrer Schwester zerrte. „Was ist denn nur los mit dir, das war doch schon vor Wochen geplant!“ Anna versuchte derweil, sich aus dem eisernen Griff ihrer Schwester zu befreien und lächelte verlegen. „Jaah, ich weiß … Nur, es passt jetzt gerade nicht, verstehst du? Wir sollten zu Hause bleiben, wir alle! Unbedingt!“ Elsa schüttelte frustriert den Kopf und ließ Anna los. „Du redest wirres Zeug! Wir gehen wandern! Olaf freut sich schon wie verrückt!“ „Das zählt nicht! Wenn ich ihm sage, dass wir heute vor dem Kamin rumsitzen, freut er sich auch!“ „Au ja, vor dem Kamin rumsitzen! Ich liebe „vor dem Kamin rumsitzen“!“ Elsas Lippen wurden zu deinem schmalen Strich und Anna wusste, was das bedeutete. Aber es war doch so ein schlechter Zeitpunkt! „Elsa, ich kann das nicht erklären, aber …“, versuchte Anna sich verzweifelt aus dieser misslichen Lage herauszureden, als zwei kräftige Arme sich von hinten um sie schlangen und sie in die Luft hoben. „Kristoff! Lass mich runter!“, rief Anna erschrocken und zappelte hilflos, während ihr Mann sie lachend herumwirbelte. „Ich will auch, ich will auch!“, quietschte Olaf begeistert und sprang um die beiden aufgeregt herum. Schließlich ließ Kristoff Anna wieder herunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Hatte sich vorhin so angehört, als wäre hier gerade eisige Stimmung.“ Elsa zog eine Augenbraue hoch. Kristoff sah sie verdutzt an, ehe er seinen eigenen, schlechten Wortwitz erkannte und losprustete. „Anna möchte plötzlich nicht mehr wandern“, klärte Elsa lakonisch die Situation. „Was, warum denn nicht?“ Verwundert sah Kristoff Anna an. Anna rieb sich mit ihrer rechten Hand verlegen über den Arm. Toll, das konnte sie unmöglich erklären. „Na ja … Ich hab vielleicht … was vor, und das kommt mir jetzt dazwischen …“ Elsa schnaubte wütend. „Und was wäre das, Prinzessin?!“ Anna schüttelte hastig den Kopf. „Das kann ich nicht erklären!“ „Fehlen dir die Worte? Das passiert mir auch manchmal. Dann frag ich immer Kirstoff, dem fallen sie manchmal ein. Frag ihn doch auch mal“, schlug Olaf breit lächelnd vor. „Nein, mir fehlen nicht die Worte!“ „Wir gehen wandern“, entschied Elsa frostig und deutete nachdrücklich nach draußen. „Ich freu mich schon ewig darauf, und du kannst mir nicht mal erklären, warum du es dir anders überlegt hast! Vergiss es! Auf, auf, zieh dir was Warmes an, es liegt bereits meterhoch der Schnee. Und wenn das andere, was auch immer es ist, so irre wichtig ist, dann bleib meinetwegen hier!“ Erschrocken hob Anna die Hände. „Nein, nein! Soo wichtig ist es auch wieder nicht! Ich komme mit, das lässt sich alles verschieben!“, ruderte sie hastig zurück und machte sich auf, um sich Winterkleidung anzuziehen. „Hoffe ich zumindest …“, murmelte Anna leise zu sich selbst. Was sie vor hatte war wichtig, und es war für Elsa, aber ihre Schwester zu enttäuschen, obwohl sie sich so auf das Wandern freute (außerdem war Freizeit für eine Königin ein rares Gut), das brachte Anna nicht übers Herz. Zudem konnte Anna nicht sicher sein, dass ihre Überraschung zuverlässig mitmachte, denn das war ja schon zweimal zuvor nicht der Fall gewesen. „Anna, was ist denn nur los?“, fragte Kristoff leise, als sie aus Elsas Hörweite waren. „Ich hab da diese Überraschung …“, flüsterte Anna leise und verstummte, als sie sah, dass Olaf auf sie zugewatschelt kam. „Au ja, ich liebe Überraschungen!“ „Olaf!“ Alle guten Dinge waren bekanntlich drei, dachte Anna, als sie gähnend auf dem Balkon auf und ab ging. Drei schien nicht ihre Glückszahl zu sein, seit einer halben Stunde war sie schon hier draußen und sie spürte ihre Zehen allmählich nicht mehr. Außerdem war Elsa ohnehin nicht da – irgendein wichtiges Treffen verschiedenster Herrscher, und es war nicht leicht gewesen für Anna, sich aus dieser öden Verpflichtung herauszureden. Elsa musste hin, Anna war als Prinzessin glücklicherweise nicht ganz so essenziell. „Wo steckst du?!“, zischte sie zornig. „Wer denn?“ Annas Herz machte einen gewaltigen Satz, bis sie die Stimme wiedererkannte und sich schmunzelnd umdrehte. „Olaf, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du dich nicht so anschleichen sollst!“ Der kleine Schneemann zuckte unschuldig mit den Schultern, zumindest versuchte er es. „Ich hab nicht geschlichen, bin sogar extra laut gelaufen! Auf wen wartest du?“ Anna zögerte und kaute auf ihrer Unterlippe herum. Olaf war ein lieber Kerl, gerne würde sie mit ihm darüber reden, aber er war auch ein Plappermaul, und die Chance, dass er vor Elsas Nase alles ausplauderte, war einfach zu groß. „Na ja, weißt du … Ich warte auf jemanden.“ „Schon klar, wen denn?“, hakte Olaf fröhlich nach. „Jemand … besonderes …“, murmelte Anna und lächelte gequält. Olaf hopste plötzlich aufgeregt auf und ab und klatschte in seine hölzernen Händchen. „Oh, ich weiß, ich weiß auf wen du wartest!“ Anna hatte das Gefühl, als hätte einer von Elsas Eiszauber sie mitten in die Brust getroffen. Wie erstarrt stand sie da, bis sie sich langsam zu einer Antwort durchringen konnte: „Oh … Wirklich?“ Olaf nickte begeistert. „Jaah, du wartest auf den Weihnachtsmann!“ Auf den … Was? Anna schaute verdutzt aus der Wäsche, sie musste ein unheimlich komisches Bild abgeben, ehe Erleichterung über sie kam und sie entspannt los lachte. „Stimmt!“ „Ich wusste es! Das muss ich Elsa erzählen!“ „Elsa ist nicht da, sie ist bei so einem Treffen“, erklärte Anna. „Aber wir könnten mal wieder Schneemann-Ärgere-dich-nicht spielen, was meinst du?“, schlug sie fröhlich vor. „Au ja, das machen wir! Aber, weißt du was, Anna? Wenn du auf den Weihnachtsmann warten willst, dann bist du ein bisschen zu früh dran!“ „Jaah, das Gefühl hab ich langsam auch …“, meinte Anna und warf einen letzten Blick in die verschneite Dunkelheit, die sich stumm ihrem Nachtwerk widmete. Kristoff und Sven folgten Anna verwundert in den dicht verschneiten Wald. Unter ihren Schuhen knirschte der kalte Schnee und ein paar vereinzelte Flocken wurden vom Wind an ihnen vorbei getragen. Sie glitzerten blinkend in der tief stehenden Sonne, dank der sich Kristoff stets die Hand über die Augen halten musste. „Sag mal, Anna, warum müssen wir da gleich nochmal hin?“, rief er seiner Angebeteten zu, die eilenden Schrittes auf den Wald zuging. „Hab ich dir doch schon gesagt, ich such was!“ „Ah ja, und darf ich erfahren, was das ist?“ Anna schüttelte den Kopf, ehe die dunklen Schatten großer Tannenbäume sie verschluckten, als wäre sie in eine andere Welt hinüber getreten. Kristoff seufzte tief und klopfte Sven auf die Schultern. „Verstehst du das, Kumpel?“ Das Rentier schüttelte perplex den Kopf und lief Anna müden Schrittes hinterher, schließlich war er schon den ganzen Tag unterwegs gewesen. Im Wald war es sogleich ein ganze Stück kälter als draußen. Kristoff war froh, seine warmen Winterklamotten anzuhaben, während er schnell zu seiner Frau aufschloss. Murrend wollte er wissen: „Und wieso kannst du es mir nicht sagen?“ Anna drehte sich zu ihm um und küsste ihn flüchtig auf den Mund. „Das muss man sehen, Kristoff.“ Danach liefen die drei schweigend tiefer und tiefer in den Wald, bis sie beim Singenden Hügel angekommen waren. Man nannte ihn deshalb den Singenden Hügel, weil die Schluchten und Tannen hier in einer perfekten Anordnung standen, so dass der Wind, wenn er durch die Bäume und Kluften hindurchfegte, ein Lied sang, das nicht von dieser Welt zu sein schien. Anna liebte dieses Lied, schon als kleines Kind war sie gern hierher gekommen. Als sie den Hügel erreicht hatte, schloss sie die Augen und lauschte dem tröstlichen Singsang des Windes, dessen Melodie nie dieselbe war. Kristoff legte seine Hände auf Annas Schultern und schmiegte sich an sie. „Keine Ahnung, was du hier willst, aber ich hoffe, dass es bald auftaucht. Ist heute wirklich schon sehr kalt.“ „Ja, das stimmt. Aber … umso kälter, desto besser“, meinte Anna, die Augen noch immer geschlossen und wartete. Und wartete. Und wartete. Und sie warteten, bis die bunten Polarlichter über den Himmel zogen und der Mond sich blicken ließ. Wenigstens einer, der zuverlässig erschien. „Anna, es wird schon Nacht …“ „Nur noch ein bisschen …“ … „Wir müssen jetzt gehen.“ Schwermütig stapfte Anna den Hügel wieder hinunter. Schon wieder umsonst. Am liebsten würde sie es aufgeben, das hatte doch alles keinen Sinn. Kristoff ließ eine Hand auf ihrer Schulter und sah sie nachdenklich an. „Ich weiß ja nicht, worum es geht, aber … ist es denn sehr wichtig?“ „Sehr sogar.“ Elsa plumpste undamenhaft in den Stuhl, den Anna auf den Balkon geschoben hatte, und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Kälte macht mir an sich so nichts aus, aber mich beim Warten auf was auch immer zu Tode zu langweilen – das schon!“ Anna knetete verzweifelt ihre Hände. Diesmal, ganz sicher! Versprochen wurde es! Sogar besiegelt, feierlich! Es konnte nicht mehr lange dauern. „Nur noch ein bisschen Geduld!“, beschwor Anna Elsa, die ihre kostbare Freizeit damit verbrachte, sich in einer Dezembernacht den Hintern abzufrieren. Jede Minute, die verstrich, machte Anna unruhiger und Elsas keinen Hehl aus ihrem Unmut. „Ich hab noch massenhaft Arbeit vor mir. Dieser eine König wartet noch auf eine wichtige Zustimmung und Absprechungen fehlen. Ich muss mich mit den Händlern im Süden auseinandersetzen. Okay, dafür hab ich meine Leute, aber ich muss da eine Menge Zeugs unterschreiben …“ Der Schneefall wurde immer dichter, Anna blickte angestrengt in die Nacht hinaus, doch das Mondlicht kam gegen die Finsternis und das Schneetreiben immer schlechter an. Anna konnte gar nichts sehen, sie konnte einfach nicht sehen, ob nicht vielleicht doch … „Ich geh jetzt rein, wie gesagt ich …“ „Nein! Noch nicht!“, flehte Anna und hielt ihre Schwester am Arm fest, um sie am Gehen zu hindern. Elsa seufzte genervt. „Anna, du benimmst sich seit ein paar Wochen an manchen Tagen einfach nur … seltsam! Ich kann mir keine Verzögerungen mehr leisten, außerdem gibt es hier draußen absolut nichts zu sehen!“ „Ist schon ein Weilchen her, dass das jemand zu mir gesagt hat.“ Während Elsa verwundert im Gehen erstarrte, als hätte sie sich selbst eingefroren, drehte Anna sich blitzschnell um und fauchte wie eine wütende Wildkatze: „Du! Weißt du, wie oft ich mir wegen dir die Beine in den Bauch gestanden hab?! Wie viel Zeit ich damit verschwendet hab, auf dich in sonst wo zu warten?! Du …!“ Aber Elsa hörte der Schimpftirade ihrer Schwester schon gar nicht mehr zu, und das tat der Neuankömmling, auf den Anna offenbar so lange gewartet hatte und stinksauer war, wohl auch nicht. „Jack? Jack Frost?“, fragte Elsa leise und starrte den Jungen vor sich wie gebannt an. „Ich hab immer gedacht, dass du nicht … echt bist. Nur eine Erfindung, eine Idee …“ Jack ließ seine blassen Füße in der Luft baumeln, in den Händen einen eigentümlichen Stab haltend. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Neugier, Verwunderung und Freude. „Du kannst mich sehen …“ „Natürlich kann ich dich sehen!“ „Das ist … echt cool! Und ich muss es wissen!“, meinte er schmunzelnd. Anna unterbrach ihre wütende Ansprache und merkte, dass sie ziemlich schnell ziemlich überflüssig geworden war. Aber immerhin, beim fünften Mal hatte es also endlich geklappt. Auf Zehenspitzen schlich sie sich vom Balkon und ließ Elsa und Jack allein. Es wurde aber auch langsam mal Zeit, dass sich diese zwei Schneekönige kennenlernten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)