Nur wer frei ist, ist ein König von Die_Katzenhai ================================================================================ Kapitel 9: Alte Freunde ----------------------- Die Luft war klar und kalt, die Berge leuchteten im Sonnenlicht und Shouta, der gut zehn Meter vor Kakuzu und Hidan lief, erstarrte in der Bewegung. Er hätte es fast übersehen: An einem der wenigen Bäume, die hier noch wuchsen, waren Zweige abgebrochen. Die Bruchstellen waren noch frisch. Es ergab Sinn. Schon seit dem Aufbruch aus dem Dorf hatte Shouta das Gefühl gehabt, dass jemand sie beobachte. Die anderen schienen es nicht bemerkt zu haben, weswegen er sich fragte, ob er nicht bloß paranoid war. Aber das hier war ein Anzeichen. Er warf einen Blick zu seinen Begleitern. „Ich muss was überprüfen. Geht weiter Richtung Nordwesten, ich komme nach.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er los. Sie konnten ihm dankbar sein, dass er ihnen sein Verschwinden diesmal ankündigte. Abgebrochene Äste brauchte man für Feuer und da er keinen Rauch sah, war es entweder noch nicht an, wieder aus oder ein Feuer der Diebe. Sie konnten als einzige Feuer machen, die nicht rauchten, und bisher war das Geheimnis darum nicht aus den Diebesreihen gedrungen. Es gab nur einen Ort hier, an dem man sich ausruhen konnte, weswegen sich Shouta gen Osten wandte und nach einigen Minuten fündig wurde. Eine Kuhle in einer Schneewehe, die nicht von einem Tier stammen konnte. Tiere hinterließen Kot, Abdrücke von Pfoten, manchmal Haare oder Spuren von Sprüngen und Jagden. Shouta starrte in die Kuhle. Dunkelgraue Wollfasern hingen im Schnee. Wahrscheinlich von einem Umhang. Shouta hob den Kopf und aktivierte sein Kekkei Genkai. Der Wind war eiskalt und schneidend, die Sonne blendete. Wenige Meter vor Shouta zeichneten sich Fußabdrücke im Schnee ab. Ganz leicht, vom Wind beinahe verweht, und kaum sichtbar. Nur zwei, beide vom rechten Fuß. Es waren sehr kleine Abdrücke und Shouta wusste, zu wem sie gehörten. Er kannte nur eine Person, die diesen Fehler machte und noch dazu so kleine Füße hatte. Er lächelte und einen Moment später verwandelte sich sein Magen in einen schmerzenden Klumpen. Das Lächeln verschwand, weil er Gespräche erahnte, denen er schon seit Ewigkeiten auswich. Beim nächsten Mal, hatte er schon viele Male gesagt, doch er wusste, dass es nicht noch mehr Male gab. Er könnte die Spuren einfach ignorieren und gehen. Niemand würde wissen, dass er hier gewesen war und Kakuzu und Hidan würden auch nicht nachfragen, was los war. Aber er tat es nicht. Stattdessen setzte er sich in Bewegung, weil es sonst vielleicht kein nächstes Mal geben würde. Hinter einer Klippe, nicht weit von ihm entfernt, gab es eine geschützte Stelle im Fels. Man konnte sogar dort übernachten, wenn man genug Vorkehrungen traf. Aber vor allem konnte man sich dort ausruhen, ohne dass man von den Wegen aus dem Blick Fremder ausgesetzt war. Shouta fand schnell, was er suchte. Eine Ausbuchtung im Felsen, gerade tief genug, um vor den kalten Winden zu schützen. In dieser Ausbuchtung saß eine Person und am Boden prasselte ein rauchloses Feuer. Die Person war gut einen Kopf kleiner als Shouta und sehr zierlich. Sie trug die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass Shouta nur dessen nachdenklichen Ausdruck erkennen konnte. „Ára“, sagte Shouta. Ára hob den Kopf. „Shouta“, sagte hen und zog sich die Kapuze vom Kopf. Struppiges schwarzes Haar und warm blickende, schwarze, glänzende Augen kamen zum Vorschein. Wie Shouta hatte hen Monolider. Unter dem Mantel trug hen die Kleidung der Rentiermenschen: Ein dunkelblaues Oberteil mit rotem Kragen und Schuhe und Hose aus Rentierleder. „Wie hast du mich gefunden?“ „Die Äste“, antwortete Shouta. „Für’s Feuer, oder wolltest du auf dich aufmerksam machen?“ Ára lächelte. „Vor allem das Feuer, aber ich ging davon aus, dass es dir auffällt.“ „Hast du uns beobachtet?“ Shouta setzte sich hen gegenüber. Er deaktivierte sein Kekkei Genkai. Kein beißender Wind mehr, kein blendender Schnee. Er streckte seine Hände zum Feuer. Es tat gut. „Dich habe ich nur einmal gesehen, deine Begleiter oft.“ „Seit wann?“ „Gestern, ich war über euch.“ Shouta sah ins Feuer. „Gegen Mittag, nicht wahr?“ „Ja.“ Ára seufzte. „Vor dir kann man wirklich nichts geheim halten.“ Shouta zuckte die Schultern. „Ich wusste bis eben nicht, dass du es bist.“ „Habe ich dich in deiner Ehre gekränkt?“, fragte Ára. Shouta grinste. „Ein wenig.“ Ára lachte leise. „Wer sind deine Begleiter?“ „Kakuzu und Hidan sind Ninjas und ich erledige einen Auftrag für sie.“ Shouta überlegte, was er hen erzählen konnte. „Da wo sie herkommen, sind sie ‘ne richtig große Nummer.“ „Und eine richtig große Nummer braucht ausgerechnet deine Hilfe?“ Ára blickte Shouta skeptisch an. „Du kannst richtig gemein sein“, sagte Shouta lächelnd. „Ich soll ihnen etwas besorgen, etwas Bedeutendes.“ Ára runzelte die Stirn. „Ich nehme an, es geht um die Schriften, die ich dir übersetzt habe.“ Shouta nickte. Eine Weile schwiegen sie. „Du willst Orora danach verlassen, oder?“ „Ja.“ Ára setzte an, doch Shouta schnitt hen das Wort ab, obwohl er gewusst hatte, auf was er sich hier einließ. „Sprich nicht darüber.“ Er setzte seinen Rucksack ab und kramte eine Schnapsflasche aus der Seitentasche. Er öffnete sie und trank schweigend. Er wusste, dass Ára ihn ansah, aber er mied hens Blick. „Ich brauche jede Hilfe, die ich bekommen kann und wenn du danach weg willst, ist das in Ordnung“, sagte Ára. „Du hast ‘nen Plan?“ „Er ist noch nicht ausgereift, ich muss erst wissen, wer mit dabei ist“, murmelte hen. „Sollte ich alleine sein, muss ich anders vorgehen.“ Shouta reichte Ára den Schnaps. Hen nahm ihn an und trank. „Also hast du keinen.“ „Ich habe einen, nur-“ Ára rang nach Worten. „Er ist noch nicht perfekt. Aber wenn zumindest Maija und Sakari mir helfen, haben wir eine Chance.“ Shouta glaubte nicht, dass sie helfen würden. Er sah hen abwartend an. „Wir kennen das Anwesen, wir kennen die Abläufe, wir kennen alles.“ Rote Flecken traten auf Áras Wangen. „Tu dir einen Gefalle, wenn du das machst, töte ihn selbst“, sagte Shouta, ohne auf hens Wut einzugehen. Er schielte nach der Flasche in Áras Hand. „Wen?“, fragte Ára. „Du weißt genau, wen ich meine.“ Ára nahm einen tiefen Schluck, dann gab er Shouta die Flasche zurück. „Hätte es dir geholfen, Tadashi zu töten?“ „Als sein Liebling wäre es meine Aufgabe gewesen“, sagte Shouta abwesend. Er räusperte sich. „Warum bist du hier?“ „Das beantwortet meine Frage nicht.“ „Warum bist du hier, Ára?“ „Shouta.“ Er trank. „Du hast mir die Frage nicht beantwortet.“ „Und du meine nicht.“ Er zuckte die Schultern, setzte die Flasche ab. Seine Kehle brannte. Seine Lippen waren kalt. „Ich war bei meinen Leuten.“ Ára wirkte niedergeschlagen. „Habe ihnen Geld gebracht und ein paar Vorräte.“ „Wie geht es ihnen?“, fragte Shouta. Áras Miene verfinsterte sich. „Sie brauchen das Geld diesen Winter. Immer weniger Rentiere, und man nimmt ihnen ihr Weideland.“ Das war zu erwarten. „Scheiße“, sagte er. „Ja“, sagte Ára. Shouta überließ Ára einige Zeit hens Gedanken und hing seinen eigenen nach. Was zum Teufel wollte hen mit diesem Plan erreichen? Es konnte sich nichts ändern, also gab es auch nichts, bei dem er helfen konnte. Sollten sie doch alle ihre Zeit vergeuden oder ihr Leben riskieren. Shouta würde einfach aus Orora verschwinden. Und wenn er erstmal hier weg war, würde er vielleicht seine Familie suchen. Oder einfach immer weiterlaufen. Shouta spielte mit der Flasche, nahm ab und zu einen Schluck. Der Alkohol machte die Welt warm und schwammig und unwirklich. „Arashi“, sagte Ára plötzlich. „Was?“, fragte Shouta. Er hatte das Gefühl, zu spät zu reagieren, aber Ára sagte nichts. Das schätzte er an hen. Hen rieb es ihm nie unter der Nase, wenn er komisch war und er tat es nicht bei hen. „Arashi, da muss ich hin. Wohin wollt ihr?“ „Arashi“, antwortete Shouta und brauchte peinlich lange, um zu verstehen, dass sie dasselbe Ziel hatten. „Willst du mitkommen?“ „Und deine neuen Freunde sind einverstanden?“ „Haben sie zu sein.“ Sie lachten, aber es fühlte sich unnatürlich an. „Ich würde gerne mitkommen“, sagte Ára. Trotz des Alkohols war der Rückweg leicht zu bewältigen. Sie liefen Akatsuki entgegen, denn Kakuzu war misstrauisch. Shouta wollte nicht riskieren, zu zweit einfach hinter ihm aufzutauchen. Bald konnte er Hidan und Kakuzu ausmachen. Vor dem Schnee waren ihre Mäntel leicht zu erkennen. „Ich habe jemanden mitgebracht“, rief Shouta ihnen zu, sobald sie in Hörweite waren. Kakuzu schloss die Augen und Shouta vermutete, dass er etwas murmelte. „Wer ist das?“, fragte Hidan, als sie sich näherten. Im Gegensatz zu Kakuzu wirkte er interessiert. „Das ist Ára. Hen ist ein alter Freund von mir.“ Auf Hidans verwirrten Blick erklärte Shouta: „Ein neutrales Pronomen aus hens Sprache.“ „Und was will hen hier?“, fragte Hidan. „Ich begleite euch bis zur nächsten Stadt“, antwortete Ára. Kakuzu trat auf Ára zu. Er war größer als Shouta, aber Ára überragte er wie ein Berg einen Findling. „Und wieso?“ Ára legte den Kopf in den Nacken. „Wir haben den gleichen Weg. Keine Sorge, ich werde eure Mission nicht stören. Wenn ihr etwas zu besprechen habt, werde ich euch nicht belauschen.“ Shouta trat neben hen. „Wir können Ára vertrauen.“ „Hm“, machte Kakuzu. Dann ging er an beiden vorbei, ohne etwas zu sagen. „War das ein Ja?“, fragte Ára, die Stirn in Falten gelegt. „Wäre es ein Nein, wärst du tot“, sagte Hidan und lachte. Ára grinste schwach. Zu dritt folgten sie Kakuzu. „Was für eine Sprache sprichst du?“, fragte Hidan Ára. „Es ist eher ein starker Dialekt. Manche Wörter sind anders, andere Aussprache, aber man kann uns verstehen. Und wir haben nur ein Pronomen für alle Menschen. Reicht ja auch“, erklärte hen. „Stimmt“, sagte Hidan und klang, als hätte er sich nie Gedanken darüber gemacht. „Aus was für einem Volk kommst du?“ „Wir nennen uns das Rentiervolk oder Sumpfleute und wir sind die ursprünglichen Bewohner dieses Reichs. Wir lebten schon Urzeiten vor den Rittern hier.“ Ára seufzte tief. „Sie haben uns zurückgedrängt. Die wenigstens von uns können Chakra kontrollieren. Wir sind kein kriegerisches Volk. Wenn gepanzerte und bewaffnete Leute uns angreifen, haben wir keine Chance.“ Hidan betrachtete Ára nachdenklich. „Das ist hart.“ Ára hob die Augenbrauen. „So kann man es nennen.“ „Was macht ihr, wenn ihr keine Kämpfer seid?“ „Wir sind Hirten. Wir folgen unseren Rentierherden durchs Land. Und wir sind Künstler.“ „Künstler?“ Hidan wirkte alles andere als begeistert. „Ja.“ Ára zog ein Messer aus einer ledernen Scheide an seinem Gürtel. Der Griff war aus Rentierhorn und Birkenholz, glatt poliert. Die Klinge glänzte. „So etwas, unter anderem. Wir machen die schärfsten Klingen im Land.“ Nun interessiert, streckte Hidan eine Hand aus. „Kann ich es mir ansehen?“ „Klar.“ Ára reichte ihm das Messer. „Aber pass‘ auf. Du wärst nicht der Erste, der sich daran schneidet.“ Shouta ließ die beiden sich unterhalten und holte zu Kakuzu auf, der ihm einen raschen Blick zuwarf. Shouta schwieg. Ihm war schlecht. Der Schnaps, redete er sich ein. Kräuterschnaps auf leeren Magen war eine beschissene Idee. Es war nicht wegen Áras Plan. Es war ausgeschlossen, dass er half, also gab es nichts, um das er sich Gedanken machen musste. Rein gar nichts. „Du bist still“, sagte Kakuzu. Shouta sah überrascht zu ihm. Bis auf die Augen war Kakuzu vermummt und aus seinem Blick konnte Shouta nichts lesen. „Seit wann stört dich das?“ „Ich habe nicht gesagt, dass mich das stört.“ Wenn es ihn nicht störte, sollte er still sein, fand Shouta. Er glotzte stur geradeaus, ohne richtig nach vorne zu schauen. „Du bist nicht bei der Sache und du hast getrunken. Das sieht man dir an.“ „Was geht dich das an, Kakuzu?“ „Die Mission geht mich etwas an.“ „Aha.“ Shouta sah Kakuzu nicht an. Hidan und Ára unterhielten sich. Kakuzu beobachtete ihn. Und Shouta versuchte sich auf den Weg vor ihm zu konzentrieren. In dieser Nacht schlief er nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)