Moonlight Shadow von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Nothing but loud thoughts, boredom and sleeplessness --------------------------------------------------------------- Stille.   Nichts als Stille.   Naja, außer Yuu’s lauten Gedanken, die nur von ihm gehört werden konnten und die ihm immer und immer wieder durch den Kopf gingen, als er in dem alten knarzenden Bett in seinem kleinen Zimmer lag, in dem er die Nacht verbringen sollte, während ihrem Aufenthalt in einem verlassenen Haus.   Wartend auf irgendeine Art von Nachricht von Guren, der sich mit seinem Team nach Sanguinem aufgemacht hatte um die Umgebung auszukundschaften, so dass sie endlich Krul aus ihrer Misere befreien konnten. Und auch Crowley und Ferid hatten sie begleitet, da sie besser wussten wie sie unbemerkt dort hineinkommen würden.   Nur Yuu und die anderen waren in der Nähe von Kyoto zurückgeblieben, um mit einer so großen Gruppe nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, bis sie ein Signal bekommen würden, dass es sicher für sie war, auszurücken und zu ihnen zu stoßen.   Bis dahin wurde ihnen befohlen dort in Position zu bleiben und sich leise zu verhalten, aber vor allem unauffällig. Geduld zu haben.   Und das war etwas, zu dem Yuu absolut nicht imstande war.   Also war es eigentlich gar nicht so verwunderlich, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden konnte, sich nur immer und immer wieder von einer Seite auf die andere drehte, während er nicht anders konnte als über alle möglichen Dinge nachzudenken.   Ob es Guren und seinem Team gut ging…wann sie das besprochene Signal erhalten würden…ob alles glatt laufen würde…ob sie die Vampirköngin ohne Zwischenfälle retten könnten…oder ob er wieder Gebrauch vom Seraph in ihm machen müsste…ob er es schaffte alle zu beschützen, wenn es darauf ankommen würde…   Alle diese Gedanken gingen ihm ständig durch den Kopf, erlaubten ihm nicht sich eine Pause zu gönnen und ließen ihn sich unruhig fühlen, sogar irgendwie nervös…und obwohl er den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war und er ziemlich müde und erschöpft war…konnte Yuu einfach nicht einschlafen, egal wie sehr er es auch versuchte, oder wie sehr er es wollte.   Mit dem gefühlten hundertsten Seufzer binnen nur einer Stunde, drehte er sich auf den Rücken und öffnete die Augen.   Er schaute die Decke über ihm für einen kurzen Moment an, bevor er seinen Kopf erneut dabei ertappte, wie er sich mit allen möglichen Gedanken, Fragen und Sorgen füllte. Mit einem weiteren Seufzer, der kurz darauf folgte, hatte er endlich genug und setzte sich auf.   Yuu sah sich im pechschwarzen Zimmer um, bemerkte wie überraschend klar ihm alles vorkam, aufgrund seiner schärfer gewordenen Sinne, dank der Tatsache, dass er sich langsam in einen Dämon verwandelte.   Da er nur zu gut wusste, dass es sowieso nichts brachte zu versuchen einzuschlafen, entfernte Yuu die Decke von sich, bevor er aus dem Bett stieg und sich dazu entschloss einen kleinen Spaziergang zu machen, in der Hoffnung, dass er sich so auf andere Gedanken bringen konnte.   Nachdem er sein Zimmer verlassen und leise die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, fing er an, ohne ein wirkliches Ziel, durch’s Haus zu wandern, sah in jeden Raum, außer in die, in der die anderen schliefen um sie nicht aufzuwecken, und schaute in einige Schubladen und Schränke, da er hoffte darin etwas Interessantes zu finden.   Aber alles, was er fand, waren nur einige alltägliche Sachen, die von den Leuten, die vorher dort gewohnt hatten, vor acht Jahren zurückgelassen wurden wie Kleidung, Geschirr, Krimskrams, oder sogar alte Fotos, die eine glückliche Familie zeigten, was Yuu ein kleines Lächeln auf die Lippen zauberte, als er sie ansah.   Ein bisschen enttäuscht bei dieser nicht ganz so aufregenden Entdeckung, führte Yuu seinen kleinen Spaziergang fort, bis er irgendwann das Wohnzimmer erreichte.   Es war klein, aber dennoch der größte Raum des Hauses und enthielt einige hölzerne Schränke, einen Fernseher, der nicht mehr funktionierte, ein paar Regale voller Bücher, welche an der Wand standen…und eine alte benutzte Couch, auf der, sehr zu Yuu’s Überraschung, eine Person saß.   Sogar ohne seine geschärften Sinne, sondern einfach nur aufgrund eines nahegelegenes Fensters, durch das Mondlicht schien, konnte er deutlich die Person als Mika erkennen, der dort ganz alleine mit übereinander geschlagenen Beinen und einem Arm auf der Armlehne ruhend saß, und sein Gesicht mit der Hand stützte, während er derweil in einem Buch versunken zu sein schien.   Mit einem kleinen und liebevollen Lächeln, das sich bei diesem Anblick auf seinen Lippen bildete, blieb Yuu einfach nur dort stehen und lehnte sich schweigend gegen den Türrahmen.   Ob es nur für einen kurzen Moment, oder sogar Minuten, gewesen war, konnte er nicht sagen. Dafür war er zu sehr damit beschäftigt seinen besten Freund ein paar Meter vor ihm zu beobachten.   Die Art wie das Mondlicht sein Gesicht erleuchtete…wie seine blutroten Augen mit nichts als Sanftmut und Ruhe erfüllt waren, als sein Blick über die Seiten tanzte…wie sein blondes Haar in einem Goldton zu schimmern schien…wie ruhig und friedlich der Ausdruck auf seinem Gesicht aussah…   Yuu konnte nicht anders, als diesen Anblick zu bewundern, oder eher…konnte man sogar sagen, dass er sich langsam darin verlor.   Mika schien immer umwerfend…bezaubernd…sogar wunderschönen in seinen Augen zu sein. Mit einer Aura, die ihm um umgab und nicht von dieser Welt zu sein schien…fast engelsgleich.   Und ein Engel war er tatsächlich. Nicht, weil er eigentlich dasselbe Seraph Gen wie Yuu besaß…sondern eher, weil er ihn wirklich als Engel ansah.   Seinen Schutzengel.   Derjenige, der ihn vor der Einsamkeit und Trauer gerettet  hatte. Der ihm das Gefühl gab etwas wert zu sein…gebraucht und gewollt zu werden…ihn sich wieder menschlich fühlen ließ. Der ihm alles gab, nach dem er sich gesehnt hatte…Wärme, Geborgenheit, eine Familie, ein Zuhause…Liebe.   Derjenige, der wortwörtlich sein Leben gegeben hatte um seines zu retten und ihn sogar jetzt noch so gut er konnte beschützte. Der sich um ihn sorgte und an seiner Seite blieb, egal was auch passierte. Der sich um ihn kümmerte, wenn es ihm nicht gut ging und ihn bedingungslos unterstützte…dessen Stimme ihn immer erreichte, egal wie weit sie auch voneinander getrennt waren…der immer da war, wenn er ihn brauchte…   Derjenige…ohne den er sich sein Leben nicht mehr hätte vorstellen können…     …Wie sehr kann man sich eigentlich-     „Hast du da drüben Wurzeln geschlagen, Yuu-Chan, oder warum starrst du mich die ganze Zeit so an?“, riss ihn eine ruhige Stimme plötzlich aus seinen Gedanken und seiner Träumerei.   „H-huh? Oh, ähm…T-tja.“, entgegnete Yuu mit einem kleinen Lachen, während er sich leicht verlegen am Kopf kratzte, da er von ihm erwischt worden war und erst dann realisierte, dass sein Gesicht ziemlich warm war, aufgrund seiner vorherigen Gedanken über Mika, „Ich…bin nur gerade etwas weggetreten, das ist alles. Verrat mir lieber…wie du wusstest, dass ich es bin.“, wollte er wissen und ging dabei auf die Couch zu, bis er direkt daneben stand.   „Wer hätte denn sonst noch um diese Uhrzeit wach sein und hier rum wandern sollen?“, fragte Mika nüchtern und mit einem Seufzen, bevor er zu ihm hinüber sah, „Ich wusste es sofort, anhand des Geräuschs deiner Fußschritte und deines Atems. Und außerdem…haben deine Freunde sowieso zu große Angst vor mir um mir so nah zu kommen…“   „Mika, das ist nicht wahr.“   „…Sie meiden mich…“, sagte er mit leisem Ton, während er mit einem etwas traurig aussehendem Gesicht den Kopf hängen ließ.   „Nein, das tun sie nicht. Sie…wissen bloß nicht wie sie sich dir gegenüber verhalten sollen, und wollen dir etwas Freiraum lassen ohne sich dir aufzuzwingen, das ist alles. Oder denkst du etwa wirklich, dass sie so friedlich schlafen und dich Wache lassen halten würden, wenn sie dir nicht vertrauten?“   „…“   „Sie mögen dich, glaub mir. Und so wie ich es sehe, scheint das jetzt auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen.“   „Was soll das denn bedeuten?“, fragte Mika, nach dem er wieder aufschaute und ihn ansah, während er irritiert eine seiner Augenbrauen hob.   „Sie sind dir ans Herz gewachsen, oder?“, fragte Yuu mit neckender Stimme und einem schelmischen Grinsen, da Mika die anderen zuvor als seine ‘Freunde’ bezeichnet hatte, etwas, was er sich bis dahin vehement geweigert hatte.   „S-sind sie nicht.“   „Doch, sind sie~“   „Nein, sind sie nicht!“   „Ach, komm schon, Mika. Du weißt, dass du mich nicht zum Narren halten kannst.“, sagte er mit einem kleinen Lachen, „Wir leben nun schon seit Monaten zusammen. Du kannst mir nicht erzählen, dass sich deine Meinung über sie überhaupt nicht geändert hat.“   „…“   Mika schaute ihn noch für einige Sekunden an, sah, dass er ihm offensichtlich nichts von dem, was er gesagt hatte, abkaufte, deshalb seufzte er, während er leicht verlegen seinen Blick abwandte und sich seine Niederlage mit schüchterner Stimme eingestand.   „…Okay. Vielleicht…sind sie nett. Irgendwie. Und…sie scheinen dir wirklich nicht wehtun zu wollen…“   „Siehst du? Ich wusste, dass du sie früher oder später mögen wir-“   „Aber sie sind noch immer viel zu lästig!“, unterbrach ihn Mika und sah ihn dabei wieder an, „Und außerdem, sag ihnen, dass ich auch sehr gut ohne ihr überaus ekelhaftes Blut auskomme! Also besteht kein Grund dafür, dass sie es mir anbieten! Ich nehm‘ es sowieso nicht an!“   „Sie wollen doch nur freundlich sein, Mika.“, seufzte Yuu, „Sie machen sich Sorgen um dich und wollen Rücksicht auf dich nehmen, das ist alles.“   „Das ist absolut nicht nötig, danke.“, entgegnete er sarkastisch.   „Tja, zu schade. Du bist nun Teil unserer Familie, also gewöhn‘ dich dran.“   Als Antwort, schnalzte Mika nur genervt mit der Zunge, als er erneut von ihm wegsah und leicht beleidigt aussah, bevor Yuu mit leisem Flüsterton bemerkte:   „Manchmal führst du dich echt wie eine Diva auf.“   „Das hab ich gehört!“   „Ups~“   „Wie auch immer.“, wechselte Mika das Thema, nachdem er sich geräuspert hatte und ihn wieder ansah, „Warum bist du immer noch wach und geisterst ganz allein durch’s Haus? Bist du denn gar nicht müde?“   „Bin ich, aber…ich schätze es geht mir gerade einfach zu viel durch den Kopf und…es lässt mich nicht recht schlafen.“   „…Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt, „Ich meine…dein Dämon macht nicht schon wieder irgendwelche Probleme, oder? Und dieser Kampf mit diesem Seraph war auch ziemlich heftig…“   „Ernsthaft, Mika.“, entgegnete Yuu mit einem kleinen Lachen und einem Lächeln auf dem Gesicht, „Wie viele Male willst du noch fragen, ob es mir gut geht? Du machst das jeden Tag und es sind schon bereits zwei Wochen seit diesem Kampf vergangen. Mir geht’s gut, also kein Grund zur Sorge, okay?“   „…“   „Und außerdem, seit mir diese Medizin gegeben wurde, verhält sich mein Dämon jetzt auch ziemlich ruhig. Dank Ferid und-“   „Wag es ja nicht diesem kranken Bastard dankbar zu sein.“, unterbrach ihn Mika, während er ihm einen eiskalten Blick zuwarf, „Wäre er, oder Guren Ichinose nicht gewesen, würden wir jetzt nicht in dieser Situation stecken und du bräuchtest auch nicht von dieser verdammten Kraft in dir Gebrauch zu machen…“   „…“   Als er diesen schmerzlichen Gesichtsausdruck an ihm sah, konnte Yuu spüren wie ein stechender Schmerz seine Brust durchfuhr.   Er wusste nur zu gut wie Mika über ihre momentanen Umstände dachte. Dass er einen tiefen Groll gegen Guren hegte und das ihm dieser ganze Plan, die Menschheit wiederzubeleben, überhaupt nicht gefiel und Yuu konnte ihm das auch nicht ganz verübeln.   Es schien surreal, wie größenwahnsinnige Fantasien eines Verrückten, aber trotzdem…selbst, wenn es das war, konnte Yuu nicht anders, als es zu versuchen.   Akane und die Kinder…er wollte sie so sehr wiedersehen. Wollte ihnen sagen, dass sie eine Familie sind, wollte alles wieder gut bei ihnen machen…   Egal wie falsch es auch war…ob es wirklich am Ende funktionieren würde…oder wenn er nur einen einzigen Tag mit ihnen verbringen konnte…   Er war gierig, vielleicht zu gierig, aber selbst dessen war er sich mehr als bewusst.   Wenn es eine einzige Sache gab, die er in seinem Leben in dieser grausamen Welt gelernt hatte…nachdem er von seinen eigenen Eltern verstoßen und fast getötet worden wäre…mitansehen musste wie seine zweite Familie direkt vor seinen Augen umgebracht wurde…und eine neue fand, die er sich geschworen hatte um jeden Preis zu beschützen…war, dass nichts mehr wert war als seine Familie, nicht einmal die ganze Welt.   Wenn es das war, was es kostete um wieder bei seiner Familie sein zu können, war Yuu mehr als bereit dazu diesen Preis zu bezahlen, die Welt zu opfern, selbst wenn es am Ende in einem Misserfolg enden würde. Für seine Familie…würde er alles tun.   Und obwohl er verstehen konnte warum Mika sich so viele Sorgen machte…sich um ihn Sorgen machte. Dass sie sogar berechtigt waren…konnte er keinen Rückzieher mehr machen.   Aber seltsamerweise…egal wie sehr er eigentlich seinen Warnungen nicht zuhörte, sie mit einem seiner üblich sorgenfreien Lächeln in den Wind schlug, als ob sie nichts wären, ihm immer und immer wieder sagte, dass alles gut gehen würde…wie unfair er ihm gegenüber eigentlich war…   Mika hielt ihn dennoch aus. Seine Sturheit und Dummheit, seine Gier. Er hatte so eine unglaubliche Geduld mit ihm, dass Yuu nicht anders konnte, als sie zu bewundern…und vor allem…   War er noch immer dazu bereit an seiner Seite zu bleiben und ihn zu beschützen.   Mika war wirklich sein Schutzengel…   „…Tut mir Leid…“, entschuldigte sich Yuu, während er beschämt hinuntersah, aufgrund seiner Taktlosigkeit, die Mika offensichtlich traurig gemacht hatte.   „Vergiss es einfach. Man kann schließlich nichts daran ändern, dass es wirklich diese Medizin gewesen war, die deinen Dämon unterdrückt hat, also ist es schon okay. Aber es kotzt mich immer noch an, dass es ausgerechnet dieser Bastard sein musste.“   „Naja, manchmal kannst du halt nicht wählerisch sein, was?“, entgegnete Yuu, während er seinen Kopf wieder hob und ihn wieder mit einem Lächeln ansah.   Nicht ganz zufrieden mit dieser Aussage, aber da er sie auch nicht leugnen konnte, seufzte Mika nur, bevor er seinen Blick wieder auf das Buch in seiner Hand richtete.   „Wie auch immer, da wir nicht wissen, wann genau dieses so genannte ‘Signal’ uns erreichen wird, wäre es wirklich besser, wenn du wieder schlafen gehen würdest, weißt du?“   „Ich bezweifele, dass ich das kann…“   „Dann versuch es.“   „Hab ich schon seit Stunden, aber vergebens. Aus irgendeinem Grund kann ich einfach nicht aufhören…zu denken.“   „Wie wäre es, wenn du dir das für Zeiten aufsparen würdest, in denen du wirklich mal denken musst?“, entgegnete Mika mit sarkastischem Ton, während er ihn wieder ansah und Yuu damit zum Lachen brachte.   „Ich schätze, da hast du wohl Recht. Eigentlich…dachte ich, dass ich mich etwas ablenken könnte, indem ich für ne‘ Weile etwas rumwandere und nach was Interessantem Ausschau halte…“   „Und?“   „Nicht außer gewöhnlichem Zeug von Leuten, die hier vorher gelebt haben.“, seufzte Yuu, bevor er mit neckender Stimme hinzufügte, „Oder zumindest bis ich über einen gewissen Jemand gestolpert bin, der hier mutterseelenallein saß und ziemlich einsam zu sein schien, also dachte ich mir, dass ich ihn etwas aufheitern könnte und irgendwie…sind meine Gedanken seitdem leiser geworden.“   „…“   „…Würde es dir was ausmachen etwas Gesellschaft zu haben?“, fragte Yuu mit einem Lächeln.   Beide sahen sich für einen kurzen Moment schweigend an, bevor ein kleines Lachen Mika’s Lippen entwich und er entgegnete, während er die Beine gerade machte.   „Denkst du wirklich, dass du fragen müsstest?“   Nachdem sein Lächeln bei diesen Worten etwas größer geworden war, setzte sich Yuu neben ihn auf der Couch…aber statt dort zu bleiben und bevor Mika überhaupt reagieren, oder etwas sagen konnte, legte er sich auf den Rücken, ließ seine Beine über die Armlehne baumeln und legte seinen Kopf in seinen Schoß.   „Ich…bin kein Kissen, weißt du?“, sagte Mika ausdruckslos und sah dabei zu ihm runter.   „Du hast mich auch ständig als eins missbraucht als wir noch Kinder waren, erinnerst du dich? Also betrachte es als Rache dafür. Und außerdem…bist du eigentlich obendrein noch sehr bequem.“   Mika schaute dieses strahlende Lächeln, das er ihm in diesem Moment schenkte, noch weiter an, bevor er sich seine Niederlage mit einem leisen Seufzen eingestand.   „Mach, was du willst.“   „Mit Vergnügen~“   „Und…wenn dir kalt sein sollte, dann sag es.“, sagte Mika, der erst dann bemerkte, dass er nur einen nicht so warm aussehenden Pyjama trug, ohne dabei irgendwelche Socken anzuhaben, „Dann leih ich dir meinen Umhang. Die Heizungen funktionieren schließlich nicht mehr und in diesem Aufzug wirst du dir nur ne‘ Erkältung holen.“, fügte er hinzu, während er seinen Blick wieder auf das Buch in seiner Hand richtete und dort weiterlas, wo er zuvor aufgehört hatte.   „Danke, aber…ich denk nicht, dass ich ihn brauche.“, lehnte Yuu mit einem liebevollem Lächeln ab und fügte sanft hinzu, „Eigentlich…ist mir immer warm, wenn ich bei dir bin…“   „…“   Eine mehr als komfortable Stille herrschte danach zwischen ihnen, in der sie nichts außer ihrem gegenseitigen beständigen Atmen und dem Umblättern der Seiten, ausgelöst von Mika, hören konnten.   Keiner von ihnen verspürte das Bedürfnis etwas zu sagen und sogar Yuu fühlte langsam wie sein Körper und Geist sich entspannte, als er wieder seinen besten Freund beobachtete, der erneut in seinem Buch versunken war.   Offenbar sogar so sehr…dass Mika es nicht einmal bemerkte, dass er irgendwann anfing Yuu auf beruhigende und zärtliche Art und Weise mit den Fingern durch’s Haar zu fahren.   Und als er es bemerkte, sah er nur flüchtig zu Yuu hinüber, der seine Augen mit einem zufriedenem Lächeln, das seine Lippen umspielte, geschlossen hatte, las dann aber einfach weiter und ließ ihn diese kleine Geste noch etwas länger genießen.   Eine Sache allerdings störte Yuu bei dieser Aktion, deshalb unterbrach er nach einem kurzen Moment diese Stille zwischen ihnen mit leiser Stimme:   „…Mika? Könntest du…deinen Handschuh ausziehen?“   „…Warum?“, fragte Mika leicht verwirrt bei dieser unerwarteten Frage.   „Will einfach nur deine Hand spüren…und das stört etwas, weißt du?“   „Dir…ist klar, dass meine Hand ziemlich kalt, aufgrund meiner generellen mangelnden Körpertemperatur, ist, oder? Und mit dieser allgemeinen Kälte in diesem Raum denke ich nicht, dass das eine so-“   „Das macht mir nichts. Deine Kälte ist eigentlich ganz angenehm…und fühlt sich schön an…also ist es okay.“   „…“   Es überraschte Mika noch immer ziemlich, wie sehr Yuu solche unnatürlichen Sachen nichts auszumachen schien, wie seine nicht existierende Körpertemperatur, da er jetzt ein Vampir war.   Alles an ihm war eiskalt. Von seinem Gesicht bis hin zu seinen Fingerspitzen und Zehen. Fast wie eine wandelnde Leiche. Nichts war mehr übrig von der Wärme, die er einst als Mensch besaß.   Jeder hätte ihn schon längst gemieden, oder wäre ihm zumindest nicht so nah gekommen…aber nicht Yuu.   Wenn überhaupt…schien es sogar, dass er seine Nähe mehr als sonst suchte. Sagte immer, dass es für ihn in Ordnung ging, dass es ihm nichts ausmachte und jetzt hatte er sogar gesagt, dass es ‘schön’ und ‘angenehm’ wäre.   Mika wusste wirklich nicht, ob er es besorgniserregend…oder als eine Art merkwürdiges Kompliment ansehen sollte.   Aber da er annahm, dass er eher froh darüber sein sollte, dass er irgendwie normal von ihm behandelt wurde, etwas, von dem er befürchtete, dass es sich ändern würde, nachdem er ein Vampir geworden war, beschloss Mika diese Gedanken zunächst mit einem weiterem Seufzer beiseite zu schieben, bevor er schweigend seine Hand, die nur Sekunden zuvor mit Yuu’s Harren beschäftigt waren, zu seinem Mund führte und mit Leichtigkeit den Handschuh von deiner Hand mit seinen Zähnen entfernte.   Und nachdem er vorsichtig den Handschuh auf den kleinen Beistelltisch, der direkt neben der Couch stand, ablegte, begann Mika langsam seine nun entblößten Finger erneut durch die schwarzen Haare seines besten Freundes zu fahren, während er beobachten konnte wie sein Lächeln etwas größer wurde und bekam ein zufriedenes Seufzen von ihm als Reaktion.   „…Übrigens…was liest du da eigentlich?“, fragte Yuu kurz darauf neugierig und mit leiser Stimme, während seine Augen noch immer geschlossen waren.   „Irgend so ein Buch, das ich hier gefunden hab.“, antwortete Mika mit seinem Blick wieder auf die Seiten fixiert, „Da ich keinen Schlaf mehr brauche, musste ich schließlich andere Mittel finden um etwas Zeit totzuschlagen.“   „Und…worum geht’s?“   „Nur eine typisch normale Handlung, die man schon über tausendmal gelesen hat, mit einigen Comedy Elementen hier und da, aber im Großen und Ganzen eigentlich nichts Besonderes.“   „Warum liest du es dann?“   „Es…tut gut. Etwas Normales zu Lesen…über normale Leute, die normale Probleme in einer normalen Welt haben, zu wissen, dass…dies das Leben sein könnte, das wir hätten führen können, wenn die Welt nicht untergegangen wäre. Wie wir jetzt sein könnten…oder was für triviale Sorgen wir haben könnten. Es mag blöd klingen, aber…es lässt mich unsere momentanen Umstände für eine kleine Weile vergessen…“   „…“   Yuu öffnete seine Augen wieder und beobachtete ihn für einen kurzen Moment schweigend, bemerkte wie sein Gesicht, das vom Mondlicht, was von draußen hereinschien, angeleuchtet wurde, von Nahem sogar noch engelsgleicher aussah, während er seine Worte in sich einsinken ließ, die er nur allzu gut nachvollziehen konnte, da er dieses Gefühl der Realität entkommen zu wollen, auch wenn es nur für ein kleines Weilchen war, verstehen konnte.   „…Hey…Mika?“   „Hm?“   „Würde es dir was ausmachen…mir vorzulesen?“, fragte Yuu mit sanfter Stimme, „Du weißt schon…wie du es immer bei den Kindern damals in Sanguinem gemacht hast?“   Mika sah vom Buch weg und blinzelte ihn nur ein paar Mal leicht ungläubig bei dieser Bitte an, bevor er sarkastisch entgegnete:   „Sieh an, sieh an. Warst du nicht der, der sich immer darüber beschwert hat und lieber ganz allein in einer Ecke schmollte, statt ‘einer dummen kindischen Geschichte’ zuzuhören?“   „Hab ich wohl, was?“,  sagte er mit einem kleinen Lachen bei dieser Erinnerung, „Ich schätze…ich war zu dieser Zeit echt nervtötend, aber…alles, was ich darüber gesagt hab, dass ich es hassen würde, wenn du uns Geschichten vorliest…war nur ne‘ Lüge. In Wahrheit…hab ich es eigentlich gemocht. Und das wirklich…wirklich sehr. Selbst, wenn ich immer weggegangen bin…Von weitem…gab es kein einziges Mal, wo ich dir nicht zugehört hab.“   „…“   „Würdest du?“, fragte Yuu noch einmal mit einem zärtlichen Lächeln auf dem Gesicht.   Nachdem er in seine strahlenden und zugleich bittenden smaragdgrünen Augen für einige Sekunden schaute, erwiderte Mika das Lächeln, bevor er seinen Blick erneut auf das Buch richtete und anfing laut vorzulesen.   Zeit schien in diesem Moment plötzlich stillzustehen.   Und während er den Worten, die von Mika’s Lippen mit ruhiger und sanfter Stimme fielen, nur für ihn und niemanden sonst bestimmt zu hören, lauschte, und noch immer die überaus beruhigende Berührung in seinen Haaren spürte, schlossen sich Yuu’s Augen und er atmete dabei tief aus.   Sein Körper fühlte sich so leicht an, fast als ob er schweben würde, während alles um ihn herum Stück für Stück verschwand, was ihn sich so fühlen ließ, als ob sie die einzigen Personen auf der Welt wären.   All diese Gedanken und Sorgen, die ihn zuvor für Stunden wach gehalten haben und ihn nicht einmal einen Moment der Ruhe finden ließen…wurden augenblicklich allmählich fortgespült…und Yuu konnte spüren wie sein Bewusstsein dahinschwand, als er langsam immer mehr und mehr, mit jedem Moment, der verging, einschlief.   Mika’s Stimme war bereits weit, weit entfernt, nur Fragmente drangen zu diesem Zeitpunkt an sein Ohr und er war vielleicht ein, oder zwei Sekunden davon entfernt in einen lang erwarteten Schlummer zu fallen…als ihr kleiner intimer Moment unerwartete ein Ende nahm, als die Hand in seinem Haar plötzlich stoppte und Mika über Worte stolperte, während seine Stimme anfing zu zögern, sogar aus unbekannten Gründen schüchtern wurde.   Da er von dieser seltsamen Verhaltensänderung so abrupt aus seinem Halbschlaf gerissen wurde, konnte Yuu wieder deutlich seine Stimme hören, die versuchte Worte zu formen um einen scheinbaren romantischen Moment zwischen zwei Charakteren, oder genauer gesagt, eine Kussszene, aus dem Buch vorzulesen   Yuu öffnete seine Augen wieder und sah zu Mika hinauf, da er sich fragte, was mit ihm auf einmal los war…nur um einen mehr als nur seltenen und zur gleichen Zeit faszinierenden Anblick über ihm zu erblicken…   „…Sag mal, Mika…“, unterbrach er sein Stottern und klang dabei recht erstaunt, bevor er mit einem kleinen Lachen fragte, nicht ganz seinen Augen trauend, „…Wirst du etwa gerade rot?“   Bei dieser unerwarteten Bemerkung, die ihn ganz schön überraschte, wurde Mika’s Gesicht sogar noch ein paar Töne roter, als es ohnehin schon war, bevor er seinen Kopf zur Seite drehte.   „Hey, schau doch nicht weg.“, sagte Yuu mit einem amüsierten Lächeln und streckte dabei die Hand nach ihm aus.   Nachdem er sie an sein Kinn gelegt hatte, drehte er langsam seinen Kopf wieder rum und brachte ihn somit dazu ihn wiederanzusehen, wobei er erneut sah wie seine sonst so blassen Wangen in ein tiefes rot gefärbt waren.   „Du wirst ja wirklich rot.“, bemerkte er, während er die Hand wieder zu sich zurückzog, „…Warum?“   „…Wer würde das nicht…“, entgegnete Mika leise und wandte dabei sichtlich verlegen den Blick von ihm ab.   „Komm schon, es ist nur ne‘ Kussszene, nichts Besonderes und nicht einmal halb so gut, oder aufregend, wie ein guter Kampf, der in einem Buch beschrieben wird.“   Als er das hörte, seufzte Mika nur schwer, bevor er seinen Blick wieder auf ihn richtete und fragte:   „Ernsthaft, ist Kämpfen denn alles, an das du je denkst, Yuu-Chan? Warst du denn noch nie in jemanden verliebt? Ich meine, so richtig?“   „…“   Statt diese Frage zu beantworten, sah ihn Yuu nur weiterhin mit einem warmen Lächeln an, das sich langsam auf seinen Lippen bildete und das aus irgendeinem Grund seltsamerweise zu diesem Moment nicht ganz passte, bevor er seinen Kopf zur Seite drehte und aus einem der Fenster sah.   „Mann, der Mond…scheint heute Nacht echt hell, oder? Irgendwie…wunderschön…denkst du nicht?“   „Du weichst aus.“, bemerkte Mika, „Und obendrein noch ziemlich schlecht. Also, warst du es schon mal, oder nicht?“   „…Ist es wirklich nötig jetzt darüber zu reden?“   „Ja.“   „Warum?“   „Weil ich es ganz einfach wissen will, deshalb.“   „Und dürfte ich erfahren, warum das auf einmal so wichtig ist?“, fragte Yuu mit einem kleinen Lachen, während er den Kopf wieder umdrehte und ihn erneut ansah.   „Weil du dann sicherlich schon mal irgendwann darüber nachgedacht hättest diese Person zu küssen, wenn du es schon mal gewesen wärst.“   „Mika, ernsthaft, ich sehe überhaupt nicht den Sinn darin. Ich meine…ist nur bloßes Lippenberühren. Mehr nicht. Wenn du mich fragst, scheint es trivial und obendrein auch noch verdammt langweilig zu sein. Überhaupt nicht aufregend. Reine Zeitverschwendung.“   Ein weiterer Seufzer entwich Mika, als das hörte, aber bevor etwas dazu sagen konnte, ergriff Yuu plötzlich das Wort.   „Wie sieht’s überhaupt mit dir aus?“   „H-huh?“   „Warst du schon mal in jemanden verliebt?“, fragte er geradeheraus und mit einem schelmischen Lächeln, ohne auch nur einen Hauch von Verlegenheit sichtbar auf seinem Gesicht.   „…“   Aber auch Mika antwortete nicht darauf, sondern wandte seinen Blick mit einem leichten Rotschimmer, der langsam erneut anfing seine Wangen zu bedecken, von ihm ab.   Leicht überrascht von dieser verlegenen Reaktion und da er ganz genau wusste, was es bedeutete, erschien ein kleines, aber auch ein etwas erzwungen scheinendes Lächeln auf Yuu’s Gesicht, bevor er ihn mit einer Singstimme aufzog:   „Mika ist verliebt~“   „Q-quatsch!“, stotterte Mika und spürte wie sein Gesicht erneut wärmer wurde, „Vampire verlieben sich nicht! Sie können es einfach nicht, oder eher…sie sollten es nicht können…“, fügte er mit leiser und traurig klingender Stimme hinzu.   „Mika.“, sagte Yuu seinen Namen mit sanfter Stimme, „Wie oft hab ich dir das schon gesagt? Hör auf mit dem ganzen ‘Vampire sind dazu nicht in der Lage, oder können dies und das nicht tun’. Selbst, wenn es wahr ist, bedeutet das noch lange nichts. Und es bedeutet auch nicht unbedingt, dass es auch auf dich zutrifft.“   „Natürlich trifft das auch auf mich zu.“, widersprach er mit einem schweren Seufzen, während er seinen Blick wieder auf ihn richtete, „Ich bin schließlich ein Vampir, Yuu-Chan. Wie jeder anderer. Oder willst du mir etwa erzählen, dass ich das nicht bin? Das ich etwas anderes bin?“   „Ja.“   „Und was bin ich dann deiner Meinung nach?“   „Du bist Mika.“   „…“   Mika sah ihn nur überrascht an, als er ihn das sagen hörte, begleitet von einem seiner atemberaubenden warmen Lächeln.   „Vielleicht bist du jetzt ein Vampir.“, fuhr Yuu fort, „Aber du bist trotzdem immer noch Mika. Und der Mika, den ich kenne ist sehr wohl dazu fähig andere zu lieben. Und egal was passiert, das wird sich auch nie ändern. Nicht für mich.“   „…“   Es war eine solch einfache, aber auch naive Sache zu sagen.   Niemand konnte vorhersagen wie lange Mika sich noch den Teil seiner verbliebenen Menschlichkeit bewahren konnte, bis er wirklich endgültig verschwinden würde und ihn in ein Monster ohne Verstand, das sich um nichts außer Blut kümmerte, verwandeln würde.   Und es gab nichts, was verhindern könnte, dass es früher oder später passieren würde.   Aber dennoch…lag etwas in Yuu’s unschuldigen Worten, das Mika’s nicht schlagendes Herz, trotz ihrer Naivität, bewegte. Etwas, das ihm Hoffnung schenkte, Stärke und ihn extrem beruhigte.   Wie eigentlich alles, das Yuu ihm je sagte.   Vielleicht lag es am Thema, über das sie in diesem Moment redeten…vielleicht lag es an dem Lächeln, das Yuu ihm schenkte…seinem zärtlichen und sanften Blick…oder seinen berührenden Worten…vielleicht war das Mondlicht Schuld, das diesen wunderschönen smaragdgrünen Ton seiner Augen sogar noch mehr betonte …   Oder vielleicht waren keine dieser Dinge überhaupt von Bedeutung und es gab eigentlich keinen besonderen Grund dafür, dass Mika seine Augen schloss, während er sich langsam zu Yuu hinunterbeugte und kurz darauf…ganz sanft seine Lippen auf seine legte. Kapitel 2: Carrid away by a... ------------------------------ Es wäre eine Untertreibung gewesen zu sagen, dass Yuu überhaupt nicht von dieser unerwarteten Aktion überrascht gewesen war.   Äußerlich merkte man ihm nichts an, da er Mika nur mit einem recht ruhigen Gesichtsausdruck und Blick in den Augen anblinzelte.   Innerlich, sah es allerdings ganz anders aus. Sein Kopf war einfach völlig leer, nicht in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, oder zu verstehen, was gerade passierte…oder warum.   Nicht einmal sein Körper wollte ihm in diesem Moment mehr gehorchen, ließ ihn sich so anfühlen als ob ein einhundert Tonnen Gewicht an ihn angebunden wäre, was ihm nicht erlaubte auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen.   Und obwohl es ihm viel, viel länger vorkam…dauerte es eigentlich nur wenige Sekunden bis Mika den Kuss wieder löste und langsam Abstand nahm, während er seine Augen öffnete.   „…Tut mir Leid…“, entschuldigte er sich mit leiser und beschämt klingender Stimme.   Yuu blinzelte ihn noch für zwei, oder drei weitere Male an, bevor ihm ein kleines Lachen entwich und damit ein Atem, von dem er nicht einmal realisiert hatte, dass er ihn überhaupt bis dahin angehalten hatte, während er damit versuchte seine Verlegenheit zu verstecken.   „Ich…bin kein Experte, aber…ich denke nicht, dass du dich entschuldigen solltest, nachdem du jemanden geküsst hast.“   Verlegen, aufgrund von dem, was er getan hatte und dieser Bemerkung, wurde Mika’s Rötung intensiver und er wandte seinen Blick von ihm ab.   Ein kurzer Moment von unangenehmer Stille herrschte danach zwischen ihnen, von der keiner sich so recht traute sie zu unterbrechen.   Yuu beobachtete ihn nur weiterhin ruhig, während sein Herz wie wild in seiner Brust schlug, wie es das vorher noch nie getan hatte, und er noch immer das Gefühl von Mika’s kalten Lippen auf seinen eigenen spüren konnte.   Ein Gefühl…das ihn davon abhielt klare und vernünftige Gedanken zu fassen…und so handelte er völlig nach seinen Emotionen, so wie er es immer tat, und sagte in einem überaus sanften, fast flüsterndem Ton:   „Hey…mach das nochmal…“   Überrascht von dieser plötzlichen und völlig unerwarteten Bitte, richtete Mika seinen Blick wieder auf ihn.   Zunächst verstand er nicht ganz, was er damit meinte und als er realisierte, dass er sich damit auf den Kuss bezog, dachte er, dass Yuu nur einen Scherz machte um diese bedrückende Atmosphäre um sie herum wieder etwas aufzulockern.   …Aber ein Blick auf sein Gesicht und den Blick in seinen Augen verrieten ihm…das es kein Scherz war. Dass er es ernst meinte.   „Was ist aus ‘küssen ist so trivial und langweilig’ geworden?“, fragte er mit einem kleinen Lachen, wobei er ihm noch immer nicht so ganz glauben konnte.   „Was, darf ich denn etwa nicht meine Meinung ändern?“, konterte Yuu mit einem kleinen Lächeln, das seine Lippen umspielte, als er ihn ansah.   „Natürlich darfst du das. Es ist nur…ich meine…warum?“   „Weiß nicht. Ich…aus irgendeinem Grund ist mir einfach gerade…wirklich, wirklich danach, das ist alles.“   „…“   Nachdem er ihm für einige weitere Sekunden in seine strahlenden smaragdgrünen Augen schaute, wandte Mika seinen Blick erneut von ihm ab und so schwiegen sie für eine weitere kurze Weile, in der Mika versuchte sich etwas einfallen zu lassen um sich selbst wieder aus dieser Situation herauszuholen, während er noch immer Yuu’s Blick auf sich ruhen spüren konnte.   Es war nicht so, dass er nicht dieser seltsamen Bitte nachkommen wollte, eigentlich hätte er es auch wirklich gerne getan…aber er wusste, dass es dann kein Zurück mehr gegeben hätte, dass sie dabei waren eine Grenze zu überschreiten, die sie nicht überschreiten sollten, zumindest nicht als einfache beste Freunde.   Dieser Kuss von gerade eben war aus einer Laune heraus passiert, mehr nicht. Er hatte in diesem Moment nicht nachgedacht, konnte nicht denken. Und bevor er es wusste…war es bereits passiert.   Aber nun war es anders. Sie konnten immer noch kehrt machen, so tun als ob nichts davon je zwischen ihnen passiert wäre…als ob sie wirklich noch immer nur beste Freunde wären…     Es tut mir Leid, Yuu-Chan. So sehr ich es auch will…ich kann das nicht tun. Ich…will nur nicht das, was wir bis jetzt hatten, ruinieren…es zerstören…unser Band, das mir alles bedeutet, gefährden indem ich-     Plötzlich wurde Mika aus seinen Gedanken gerissen, als er spürte wie etwas leicht an seinem Haar zog.   Nachdem er seinen Blick wieder nach unten richtete, sah er erneut Yuu an, der irgendwann seine Hand nach ihm ausgestreckt hatte und zurzeit mit einer seiner blonden Strähnen spielte, die er um seinen Finger zwirbelte.   Ihre Blicke trafen sich und für einen kurzen Moment sahen sie sich einfach nur gegenseitig tief in die Augen, nicht mehr in der Lage voneinander wegzusehen…bis eine Frage Yuu mit einer sogar noch sanfteren Stimme als zuvor über die Lippen kam.   „…Darf ich dich anfassen?“   „Was?“, wollte Mika völlig ungläubig wissen.   „Ich hab gefragt, ob ich dich…anfassen darf.“, wiederholte er, während er seine Strähne losließ und seine Hand wieder zu sich zurückzog.   „I-i-ich hab dich beim ersten Mal schon verstanden, aber…es ist nur…verdammt noch mal, warum?!“   „Um ehrlich zu sein…gibt es eigentlich keinen besonderen Grund. Ich hab keine Erklärung dafür, ich…ich hab gerade einfach nur das Bedürfnis danach.“   Bei dieser kryptischen Antwort blinzelte ihn Mika nur ein paar Mal an, während er sichtlich darüber nachdachte, bevor er schwer seufzte.   „Weißt du, Yuu-Chan, das bist so typisch du. So urplötzlich auf so eine Idee zu kommen und einfach aus einer Laune heraus zu handeln! Ernsthaft, da ich dich jetzt schon lange genug kenne, ist es okay es mir gegenüber so zu formulieren, aber du solltest das wirklich nicht jeden Dahergelaufenen fragen! Ansonsten ist es ziemlich wahrscheinlich, dass es missverstanden wird. Ich meine, zum Henker, das klingt, als ob du das auf romantische Weise meinst, oder so!“   „…Und…wenn ich will, dass es so interpretiert wird?“   „Dann solltest du es auch nur so formulieren, wenn du mit jemanden sprichst, von dem du willst, dass er es auf diese Weise versteht.“   „…Und wenn diese Person es nicht versteht?“   „Yuu-Chan.“, sagte Mika seinen Namen mit einem weiteren schweren Seufzer, da er nicht verstand warum er ihn all diese Dinge überhaupt fragte, „Ich bezweifele stark, dass es auch nur irgendjemanden gibt, der das nicht verstehen würde. Ich meine, niemand kann so schwer von Begriff sein.“   „Offenbar gibt es da wohl doch jemanden.“   „Und wen?“   „Dich.“   „Als ob.“, verteidigte er sich mit einem kleinen Lachen und empfand diese Anschuldigung äußerst lächerlich, „Natürlich würde ich es sofort verstehen, wenn mich jemand nach so etwas Offensichtlichem fragen würde und-“   Plötzlich verstummte Mika, als er bemerkte wie Yuu ihn ausdruckslos anstarrte.   „…Was?“   „…“   „Yuu-Chan.“   „…“   „Yuu-Chan, ernsthaft, was zur Hölle soll das alles über-“   Und erneut stockte Mika mitten im Satz, als Yuu seine Hand nach ihm austreckte und wieder anfing mit einigen seiner Strähnen zu spielen, ein seltsamer Blick sichtbar in seinen Augen, der etwas nervös, sogar irgendwie schüchtern und verlegen wirkte.   „Weißt du…“, begann Yuu nach einigen Sekunden mit leiser und etwas zögerlich klingender Stimme, „Du bist wirklich schwer von Begriff, wenn du es immer noch nicht verstehst…“   „Huh?“   In diesem Moment hatte Mika wirklich keine Ahnung mehr über was er redete. Warum nannte er ihn plötzlich ‘schwer von Begriff’? Schwer von Begriff von was? Und was verstand er offenbar nicht?   Während er in seinen Augen nach irgendeiner Art von Antwort auf diese Fragen suchte, ging Mika jedes einzelne Wort ihrer momentanen Unterhaltung noch einmal durch und versuchte sich einen Reim darauf zu machen.     „…Darf ich dich anfassen?“     Was für eine Frage soll das überhaupt sein? Ernsthaft, er sollte aufpassen, was er zu anderen sagt…und wie. Nicht nur seine Wortwahl, aber auch in welchem Tonfall.   Viel zu sanft…und auch sein Blick in diesem Moment…   Wenn ich es nicht gewesen wäre, sondern jemand anderes, dann hätte das sicherlich zu einer Menge Missverständnisse geführt. Er sollte wirklich vorsichtiger sein um so etwas zu vermeiden.     „…Und…wenn ich will, dass es so interpretiert wird?“     Verdammt noch mal, dann sag es auch jemanden, der es so verstehen soll!     „…Und wenn diese Person es nicht versteht?“     Jeder würde so etwas verstehen. Ich meine, es ist ziemlich offensichtlich, oder? Das ist definitiv etwas, das du nicht jeden fragen würdest. Selbst wenn es auf unschuldige Art und Weise gemeint war, was eher nach ihm klingt, ist es dennoch etwas, das man nicht einfach fragt ohne zumindest ein paar romantische Hintergedanken und-     „Du bist wirklich schwer von Begriff, wenn du es immer noch nicht verstehst…“     …     „…Darf ich dich anfassen?“     Mit dieser Frage, die ihm erneut durch den Kopf schoss, begleitet vom Bild seines Blickes und dem Tonfall seiner sanften Stimme, der in seinen Ohren wiederhallte, sah Mika ihn weiterhin für einen kurzen Moment verwirrt an…bis es ihm endlich dämmerte und sich seine Augen langsam überrascht weiteten, während ein mehr als sichtbarer Rotschimmer augenblicklich seine Wangen bedeckte.   Als er Mika’s Gesichtsausdruck sah, der ihm verriet, dass er es anscheinend endlich verstanden hatte, schenkte ihm Yuu ein kleines Lächeln, bevor er seine Hand erneut zu sich zurückzog.   Langsam setzte er sich auf und während Mika ihn noch immer völlig überrascht anschaute, zog Yuu seine Beine, die die ganze über der Armlehnte baumelten, an sich, und drehte sich um, sodass er nun auf derselben Augenhöhe mit Mika war, wobei seine Füße nun den kalten Holzboden unter ihnen berührten.   „…Darf ich?“, fragte Yuu erneut mit sanfter Stimme und einem zärtlichem Blick, der auf ihn fixiert war, nach seiner Erlaubnis.   „…“   Nicht in der Lage auch nur ein einziges Wort herauszubringen, sah ihm Mika einfach nur in seine atemberaubenden smaragdgrünen Augen, während er spürte wie sein Gesicht mit jedem Moment, der verging, wärmer und wärmer wurde, und ohne, dass er es zunächst überhaupt realisierte, was er tat, zu gefesselt von seinem Blick und der Art wie seine Augen leuchteten…nickte er zögerlich.   Da er nun seine Erlaubnis hatte, schenkte ihm Yuu ein weiteres kleines Lächeln…bevor er plötzlich den Augenkontakt unterbrach, indem er seinen Blick weiter runter wandern ließ und bevor Mika sich darüber wundern, oder seinem Blick folgen konnte, spürte er wie seine Hand, von der er zuvor den Handschuh ausgezogen hatte, von Yuu ergriffen wurde.   Langsam führte Yuu seinen Daumen über die kalte und weiche Haut seiner Hand und dann über seine Handinnenfläche, immer und immer wieder auf zärtliche Art und Weise, bis er ihrer beide Hände hochhob und sehr vorsichtig spreizte er Mika’s Finger einem nach dem anderen, sodass er seine Hand gegen seine lehnen konnte.   Kalt gegen Warm.   Handinnenfläche gegen Handinnenfläche.   Finger gegen Finger.   …Wie ein Spiegel…   Und mit der gleichen Vorsicht wie zuvor, ließ Yuu seine Finger in die Zwischenräume von Mika’s gleiten und verschränkte sie.   Mika konnte dieses Spektakel nur schweigend beobachten. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nicht mal ein einziges Wort herausgebracht, fast als ob ihm die Sprache von dem Jungen vor ihm geraubt wurde, der kurz darauf, dasselbe mit seinem Atem für einen Moment tat, als er seinen Blick wieder auf ihn richtete und ihn ansah.   Während ihre Hände noch immer miteinander verschränkt waren, legte sie Yuu auf die Couch, bevor er seine andere Hand nach ihm austreckte und sie ihm auf die Wange legte, wobei er spürte wie Mika ganz leicht bei dem Gefühl seiner warmen Hand, die leicht seine eiskalte Haut berührte, zusammenzuckte.   Auf zärtliche und beruhigende, aber für Mika eher nervenaufreibende, Art und Weise begann Yuu ihm über die Wange zu streicheln, während er jedes einzelne Detail seines Gesichts in sich aufnahm, ohne den Augenkontakt auch nur einmal zu ihm zu unterbrechen, oder eher…konnte er von ihm nicht mehr wegesehen.   Dasselbe konnte allerdings nicht für Mika gesagt werden, der nicht lange in diesen faszinierenden smaragdgrünen Farbton vor ihm blicken konnte und nur kurz darauf den Blick abwandte.   „Mika.“, sagte Yuu seinen Namen mit solch zärtlichem und sanftem Ton, der bei ihm eine mehrfache Gänsehaut auslöste, „Bitte…schau nicht weg. Schau mich an…“   Als er ihn das mit leiser, fast flüsternder Stimme bitten hörte, und spürte wie jede einzelne seiner Streicheleinheiten sein Gesicht mehr und mehr zum Brennen brachte, richtete Mika zögerlich seinen Blick wieder auf ihn.   In dem Moment, in dem sich ihre Blicke erneut trafen, konnte Yuu spüren wie sein Herz kurz aussetzte und nachdem er ihm ein liebevolles Lächeln schenkte, unwissend, dass er damit erneut Mika mit dieser kleinen Aktion für einen Augenblick den Atem raubte, ließ er seine Hand auf seiner Wange etwas höher wandern.   Vorsichtig strich er ihm etwas Haar hinters Ohr, wobei er sicher stellte in seinen Augen nach irgendeinem Anzeichen zu suchen, dass er sich unwohl dabei fühlte, oder es nicht mochte, sodass er jederzeit aufhören konnte, falls es etwas war, was er nicht wollte, da Yuu wusste wie unangenehm es ihm eigentlich war, wenn es um seine Vampirohren ging.   Aber nichts.   Nichts außer diesem zärtlichen, verlegen und schüchtern scheinenden Blick war in diesem Moment in seinen blutroten Augen sichtbar und das war alles, was er als Ermutigung  brauchte.   Behutsam und mit größter Vorsicht begann Yuu sein spitzes Ohr mit dem Zeigefinger entlangzufahren, während er spürte wie Mika sich dabei leicht verkrampfte, da er dort überaus empfindlich war, und bemerkte wie die Farbe seines Gesichtes langsam anfing mit jeder Sekunde, die verging, mehr und mehr zu seinen Augen zu passen.   Ein Anblick…von dem Yuu nicht anders konnte, als ihn absolut bezaubernd zu finden…und wunderschön, sogar atemberaubend.   Keiner von ihnen verspürte das Bedürfnis in diesem Moment etwas zu sagen. Sie saßen nur da, fast bewegungslos, während sie einander tief in die Augen schauten und die Bewegungen des jeweils anderen beobachteten, und das einzige, was man hören konnte, war ihr leises und beständiges Atmen, während alles andere um sie herum schon längst vergessen war.   Und obwohl ihre beiden Köpfe fast vollständig leer waren, sie nicht einmal einen klaren Gedanken fassen ließen und ihre Gesichter vor Verlegenheit gerötet waren…fühlte sich nichts davon unangenehm an. Es war auch nicht angenehm, nicht wo sie doch spüren konnten wie ihre Nervosität mit der Zeit immer mehr und mehr zunahm…aber trotz dessen, fühlte es sich dennoch überaus schön für sie an. Auf eine nervenaufreibende Art und Weise…aber doch schön, irgendwie richtig…sogar natürlich.   Während er sich mehr und mehr in Yuu’s smaragdgrünen Augen verlor, die mit solch Ruhe, Zärtlichkeit, Freundlichkeit…und auch etwas anderem erfüllt waren, dem er in diesem Moment nicht ganz einen Namen geben konnte, kam es Mika so vor, als ob er einer Art Traum wäre.   Weir, weit weg von der Realität, in einer eigenen Welt wo nur er und Yuu existierten und die Zeit komplett still stand…   Erst als Yuu irgendwann den Augenkontakt unterbrach, indem er seinen Blick etwas weiter runter wandern ließ, wurde Mika wieder aus seiner Trance gerissen, und sogar ohne ihm zu folgen, konnte er sofort sagen, auf was Yuu’s Blick in diesem Moment fixiert war.   „…Willst du…immer noch, dass ich dich küsse?“, fragte er mit leisem und sanftem Ton und schenkte ihm dabei ein kleines Lächeln.   Überrascht von dieser plötzlichen Frage, stoppte Yuu die Bewegung seines Fingers, der noch immer sein Ohr entlangfuhr, und schaute ihm wieder zurück in die Augen, bevor er seinen Blick von ihm abwandte und zögerlich entgegnete:   „Äh, ähm…n-nicht ganz…“   „…Nicht mehr?“, wollte Mika wissen, mit einem Hauch von Enttäuschung, aber auch Traurigkeit in seiner Stimme.   „D-das ist es nicht.“, verneinte Yuu schnell und richtete seinen Blick wieder auf ihn, „Es ist nur…Eigentlich…“, er verstummte, während er hinuntersah.   „Was?“   „…“   Nachdem er tief ausatmete und danach tief Luft holte, während er sein eigenes Herz hören konnte, das wie wild in seiner Brust schlug, nahm Yuu allen Mut zusammen und sagte, als er seinen Kopf wieder hob und ihm erneut in die Augen schaute:   „…Ich…will nicht, dass du mich küsst. Es ist eher…Ich will dich küssen…“   „…“   Mika’s Augen weiteten sich langsam überrascht als er das hörte, bevor sein Gesichtsausdruck wieder weicher wurde und er sich ein kleines Kichern nicht verkneifen konnte, was seinen Lippen entwich bei dem seltenen Anblick von Yuu’s Gesicht, das in ein tiefes rot getaucht war.   „Also wirst auch selbst du von Zeit zu Zeit rot wie eine Tomate, was?“   „H-halt die Klappe!“, zischte Yuu aus Verlegenheit, während er bei dieser Bemerkung sogar noch roter wurde, „D-du hast leicht Reden! D-du warst derjenige, der beim Vorlesen einer verdammten Kuss-Szene schließlich rot geworden ist o-ohne wirklichen Grund, a-also spiel dich nicht so auf und-“   „Nur zu.“, unterbrach ihn Mika plötzlich mit leiser Stimme.   „H-huh?“   „…Du…hast gesagt, dass du mich küssen willst, also…nur zu…“, wiederholte er, wobei seine Stimme sogar noch leiser wurde, während er spürte wie seine Rötung auch intensiver wurde.   „…“   Yuu konnte ihn nur für einen kurzen Moment leicht überrascht und ungläubig ansehen, als er das hörte…bis sein Gesichtsausruck langsam erneut weicher wurde…und vorsichtig, bedeckte er sein Ohr mit seinem Haar, bevor er seine Hand wieder etwas weiter runter wandern ließ zu seiner Wange.   Für ein paar Sekunden schaute Yuu ihm in seine blutroten Augen und sah in ihnen weder ein Anzeichen von Unwohlsein, oder Unruhe, sondern nur Zuneigung, Zärtlichkeit und vor allem seine eigene Reflektion…und während sich sein Körper von ganz alleine bewegte, ertappte er sich dabei wie er sich langsam vorbeugte, während sich seine Augen schlossen.   Er kam Mika näher und näher bis er seinen Atem, der ihm nur als unregelmäßiger kleiner Hauch entwich, auf seinen Lippen spüren konnte, was ihm signalisierte, dass sie nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt sein mussten aber kurz bevor diese Lücke zwischen ihnen geschlossen werden konnte, hielt Yuu kurz inne und öffnete wieder halb die Augen und sah, dass Mika seine bereits geschlossen hatte, während seine Lippen leicht geöffnete waren.   Als er spürte wie sein Herz kurz aussetzte, aufgrund ihrer Nähe und wegen dem, was er im Begriff war zu tun, schluckte Yuu ein letztes Mal und hoffte, dass er damit auch seine Nervosität loswerden konnte, bevor er nicht länger zögerte, als er seine Augen wieder vollständig schloss…und zärtlich seine Lippen auf Mika’s legte.   Der Kuss dauerte nur bloße Sekunden, nur so lang wie der erste von zuvor, bis er wieder von Yuu gelöst wurde, indem er leicht Abstand nahm.   „Sag…fühlt sich das nicht unangenehm an?“, fragte Mika mit einem verlegenen Lächeln, nachdem sie beide wieder die Augen geöffnet hatten, ihre Gesichter noch immer so nah beieinander, so dass ihr Atem sich noch immer miteinander vermischte, „Du weißt schon…da meine Lippen ziemlich kalt sind und so…“   „Nein, überhaupt nicht…“, widersprach Yuu leise mit einem Kopfschütteln, „Wie ich schon sagte, es…fühlt sich eigentlich schön an…wirklich, wirklich, schön sogar…und auch…warm…“   „Yuu-Chan, ich hab keine Körpertemperatur, überhaupt keine. Ich kann mich nicht warm anfühlen.“   „Ich meinte nicht dich.“, sagte er in einer noch leiseren Stimme als zuvor, was es zu einem bloßen Flüstern machte, und realisierte nicht einmal, was er da sagte, da sein Kopf in diesem Moment einfach völlig leer war, „Mir ist warm. So wie immer, wenn ich bei dir bin…mit dir rede…dein Lachen höre…oder dein Lächeln sehe. Immer…mir ist immer so…so warm…“   War alles, was Yuu hauchte, kurz bevor er seine Augen schloss und erneut ihre Lippen zusammenführte.   Zunächst überrascht davon, dass er von ihm noch ein zweites Mal so unerwartet geküsst wurde, verkrampfte sich Mika und blinzelte ihn nur ein paar Mal ungläubig an…aber nur kurz darauf begann sich sein Körper wieder zu entspannen und seine Augen schlossen sich von ganz allein, als er spürte wie er mehr und mehr dahinschmloz…wobei er tief in den Kuss hineinseufzte, bevor er sich dabei ertappte wie er ihn erwiderte.   Da es Yuu gewesen war, der ihn begonnen hatte, beschloss Mika sich nicht einzumischen, ihn die Führung übernehmen und das Tempo entscheiden zu lassen.   Und sehr zu seiner Überraschung…war der Kuss das völlige Gegenteil von Yuu’s sonst so hitzköpfiger und direkter Natur.   Eher geduldig, zaghaft und so langsam. Fast, als ob sich alles in Zeitlupe bewegte, oder sogar noch langsamer.   Weder war es auf irgendeine Art und Weise gehetzt, noch fühlte es sich überstürzt an…sondern vorsichtig. Als ob man Angst davor hatte zu viel Druck bei etwas zu verwenden, das sehr leicht zerbrechen konnte.   Mika hätte es sogar schüchtern nennen können. Ein Wort, das er ausgerechnet mit Yuu nie assoziiert hätte.   Nicht, dass es ihm etwas ausmachte so von ihm behandelt zu werden. Er mochte es…sogar mehr als das. Und auch solch eine ungewöhnliche und seltene Seite von Yuu zu sehen, der sonst immer so mutig und selbstsicher schien, der nie zögerte, oder schwankte…eine Seite, von der er nicht mal wusste, obwohl er ihn schon seit seiner Kindheit kannte…   Alles an diesem Moment…Vom Lernen dieser unerwarteten Seite an ihm…der Kuss selbst…bis hin wie es ihn sich tief im Innern fühlen ließ…Mika liebte es.   Er konnte sogar ein kleines Lächeln nicht davon abhalten sich auf seinen Lippen zu bilden, die noch immer Yuu’s berührten, was bei ihm eine Gänsehaut auslöste, sogar ihm für einen Moment den Atem raubte.   Yuu war sich nicht mal mehr sicher, was er da tat. Es war nicht seine Absicht gewesen ihn noch ein zweites Mal zu küssen. Sein Körper hatte sich völlig von allein bewegt und sein Kopf…war in diesem Moment einfach leer gewesen und bevor er realisierte, was er da tat…hatte er bereits das Gefühl von Mika’s kalten Lippen erneut auf seinen eigenen gespürt.   Einmal kam es ihm sogar in den Sinn wieder Abstand zu nehmen, da er befürchtet hatte, dass er etwas tat, das Mika nicht wollte, dass er sich ihm aufzwang…aber verdrängte diesen Gedanken augenblicklich wieder in dem Moment, in dem er spürte wie er den Kuss erwiderte.   Bis dahin musste sein Herz mindestens viermal so schnell als sonst geschlagen haben, was ihn sich wundern ließ, wie er davon noch nicht ohnmächtig werden konnte.   Aber auch dieses warme und kribbelnde Gefühl in seinem Bauch, das Yuu mehr als nur vertraut war, was sehr deutlich spürbar.   Schmetterlinge, oder wie er es gerne nannte, ein Nebeneffekt.   Ein Nebeneffekt…davon, dass er in Mika verliebt war.   Es war nicht etwas, das er erst in dieser Nacht realisierte. Nein, Yuu wusste über seine Gefühle, die er für seinen besten Freund hegte, schon seit einer ganzen Weile Bescheid.   Nachdem sie vom Flughafen in Nagoya geflohen waren, und Unterschlupf in einem verlassenen Haus fanden, hatten sie jede einzige Minute, die sie hatten, miteinander verbracht, versuchten die Zeit wiederaufzuholen, die sie in diesen vier letzten Jahren getrennt voneinander verbracht hatten.   Und eines Nachts…als sie im Bett lagen, Seite an Seite, in völliger Dunkelheit, ihre Hände sich fast berührten, während sie über alle möglichen Dinge sprachen, witzelten und herumalberten, wie sie es als Kinder immer taten…als Mika plötzlich in Gelächter ausbrach wegen irgendeinem dummen Witz, den Yuu gemacht hatte, und sich nicht einmal mehr daran erinnern konnte, worüber er eigentlich ging…den Raum mit seinem Lachen füllte…ein Geräusch, das er all diese Jahr so sehnlichst wieder hören wollte…   Da dämmerte es ihm.   Wie sehr er ihn öfters wieder so sehen wollte, so sorglos und glücklich…nach Herzenslust lächelnd und lachend…wie sehr er ihn eigentlich beschützen und ihn glücklich machen wollte…der Grund dafür sein wollte, dass er glücklich war und diesen traurigen Blick in seinen faszinierenden blutroten Augen, den sie manchmal enthielten, verschwinden lassen wollte…   Als all diese Dinge und Wünsche ihm durch seinen Kopf und sein Herz schossen…wurde es Yuu zum aller ersten Mal in seinem Leben so richtig klar…   Dass er sich verliebt hatte.   In seine Familie, seinen besten Freund, den er seit Kindertagen kannte, seinen Schutzengel, seine wichtigsten Person, der er so viel zu verdanken hatte, sogar sein Leben, in denjenigen, der sein Ein und Alles war…   Er realisierte es genau in diesem Moment…dass er in Mika verliebt war.   Zuvor, als Mika ihn gefragt hatte, ob er schon mal in jemanden verliebt gewesen war, war Yuu wirklich dieser Frage ausgewichen, hatte die Tatsache versteckt, dass er tatsächlich dieses Gefühl nur allzu gut kannte.   Er war sich mehr als im Klaren darüber, dass es eigentlich die perfekte Gelegenheit gewesen war ihm von seinen Gefühlen zu erzählen. Selbst die Stimmung war die richtige dafür gewesen.   Nur sie zwei…in einem solch intimen Moment…der Raum vom wunderschönen Mondlicht erleuchtet…   Aber irgendwie…in der letzt‘ möglichsten Sekunde…hatte Yuu kalte Füße bekommen.   Ob es daran lag, dass er befürchtet hatte, dass Mika ihm nicht geglaubt hätte, oder ob er Angst hatte von ihm letztendlich abgewiesen zu werden, wusste er nicht.   Er brachte es einfach nicht fertig es zu sagen.   Und besonders nachdem er Mika dieselbe Frage gestellt hatte, ihn damit etwas aufziehen wollte, aber auch aus Neugier, hatte sich Yuu wirklich nicht mehr getraut ihm die Wahrheit zu sagen.   Dieser schüchterne Blick…wie sein Gesicht langsam von einem wunderschönen Rot-Ton bedeckt wurde…we er generell nicht darauf antwortete…   Seine ganze Reaktion hatte ihn mehr oder weniger verraten. Dass er bereits verliebt gewesen war.   Ob es bereits der Vergangenheit angehörte, oder…ob es etwas war, das noch immer präsent war, traute Yuu sich nicht ganz zu fragen und auch nicht nach besagter Person, da er befürchtete, dass es verdächtig geklungen hätte, wenn er plötzlich so viel Interesse an so etwas zeigte, also drängte er ihn nicht weiter.   …Über eine Sache allerdings hatte Yuu nicht gelogen.   Er hatte wirklich zuvor noch nie darüber nachgedacht ihn zu küssen. Obwohl er in ihn verliebt war, hoffnungslos sogar…kam ihm dieser Gedanke nie, nicht ein einziges Mal.   Aber das bedeutete nicht, dass er ihn weniger liebte.   Für ihn…reichte es bei ihm sein zu können, ihm Wärme zu geben, Zuneigung…ihn sich menschlich fühlen zu lassen. Ihm all diese Dinge, die er von ihm damals erhalten hatte, als sie noch Kinder waren, zu geben. Ihn zum Lächeln und Lachen zu bringen, zu wissen, dass er der Grund dafür war, ihn seine Sorgen vergessen zu lassen, den Schmerz zu linden, den er nie jemanden zeigte und diese unsichtbaren Narben, die er mit sich rumtrug, etwas erträglicher zu machen.   Das war mehr als genug für Yuu. Es bestand nicht die Notwendigkeit für mehr als das, besonders nicht für etwas wie 'küssen', was er wirklich für langweilig und trivial hielt.   …Oder zumindest bis Mika ihn so urplötzlich zum aller ersten Mal geküsst hatte.   Seine Lippen waren eiskalt gewesen, keine einzige Spur von Wärme konnte man in ihnen spüren…aber sie waren weich, so weich, und trotz ihrer Kälte, verspürte Yuu Wärme, innerlich wie äußerlich. Sogar mehr als sonst, wenn er bei Mika war.   Es fühlte sich schön an. Wirklich, wirklich schön sogar. Wahrscheinlich das nervenaufreibendste, aber zu selben Zeit wunderschönste und atemberaubendste Gefühl, das er je in seinem Leben gespürt hatte. Dieses einfache ‘Lippen berühren’, wie er es zuvor genannt hatte…   Ob es sich generell so anfühlte, oder ob es daran lag, dass es Mika war…wusste er nicht. Was er allerdings wusste war…das er ihn noch einmal küssen wollte. So sehr.   Erweckte sogar plötzlich das Bedürfnis in ihm ihn berühren zu wollen.   …Ihn auf die unschuldigste und kindlichste Weise berühren zu wollen…   Mika’s Hand in seiner zu spüren, zu bemerken wie gut sie ineinander passten, so wie Puzzlestücke…die kalte, aber weiche Haut seines blassen Gesichtes zu berühren…und sein nun spitzes Ohr…   Und je mehr er Mika’s Reaktionen auf all das beobachtet hatte…je mehr er in seine blutroten Augen geschaut hatte, in denen er sich langsam verlor…desto mehr hatte Yuu gespürt wie er sich sogar noch mehr in diesen Jungen vor ihm verliebte.   Besonders in dem Moment, in dem Mika den Kuss erwidert hatte…und er sein Lächeln hatte spüren konnte, war es um Yuu endgültig geschehen.   Deshalb ließ er langsam seine Hand, die zu diesem Zeitpunkt noch immer auf Mika’s Wange ruhte, runter zu seinen Schultern wandern und zog ihn näher an sich, wobei er spürte, wie Mika sich bei dieser Aktion leicht verkrampfte, bevor er sich kurz darauf wieder entspannte, und spüren konnte, wie sein Lächeln etwas größer wurde, genauso wie er spüren konnte, wie er seiner Hand, die noch immer mit seiner eigenen verschränkt war, einen leichten Druck gab…und das war all die Ermutigung, die sein Herz brauchte um über das letzte bisschen seiner verbliebenden Vernunft die Oberhand zu gewinnen und ihn sich vollständig seinen überwältigen Emotionen hingeben zu lassen.     ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------     Zeit schien für sie beide völlig still zu stehen, deshalb konnten sie nicht sagen wie lange genau dieser Kuss dauerte.   Nicht, dass es ihnen etwas ausmachte.   Nachdem sie sich in beidem verloren hatten, dem Gefühl und in einander, waren ihre ganze Umgebung, ihre momentanen Umstände, Sorgen und Ängste…einfach nicht mehr von Bedeutung.   Nur dieser eine Moment…   Aber alles musste früher, oder später sein Ende finden. Besonders die guten Dinge. Und egal wie sehr Yuu für den Rest der Nacht weitergemacht hätte, so wusste er, dass er es nicht konnte und auch nicht sollte.   Deshalb war er es auch, der irgendwann beschloss vorsichtig den Kuss zu lösen, indem er wieder Abstand nahm, und ihn aus der Umarmung befreite, aber ihre Hände noch immer verschränkt ließ.   Während er noch immer das Gefühl seiner warmen Lippen auf seinen eigenen kalten spüren konnte, obwohl sie sich schon bereits voneinander gelöst hatten, öffnete Mika seine Augen, aber in dem Moment, in dem sie vollständig offen waren, vergrub Yuu plötzlich sein Gesicht in seiner Schulter und war der erste, der mit leiser Stimme wieder das Wort ergriff:   „…Tut mir Leid…“   „Dachte, dass…man sich nicht entschuldigen sollte, nachdem man jemanden geküsst hat?“, bemerkte Mika mit einem kleinen Lachen, während sein Gesicht noch immer in rot getaucht war, aufgrund ihres Kusses von gerade eben, „Und außerdem…Ich hab’s dir erlaubt, oder? Also für was entschuldigst du dich dann?“   „…Ich…bin es nicht, den du eigentlich küssen wolltest, hab ich Recht?“   „…Huh?“   „Vorhin, als…“, begann Yuu zögerlich mit ungewöhnlich traurig klingender Stimme, „…ich dich gefragt hab, ob du schon mal in jemanden verliebt warst, da…hast du meine Frage nicht beantwortet…“   „…“   „Ich bin nicht blind, Mika.“, fuhr er mit einem kleinen, aber erzwungenem Lachen fort, bevor er seinen Kopf wieder von seiner Schulter hob und ihn ansah, „Deiner Reaktion nach zu urteilen…warst du es schon mal, oder? Oder eher…nehme ich an, dass du’s noch immer bist…“   „…“   „…Tut mir Leid. Du…wärst wahrscheinlich lieber von dieser Person geküsst worden, statt von mir, richtig? Ich schätze, ich…ich hab’s echt vermasselt, was? Tut mir Leid…“   „Yuu-Chan, du…“, sagte Mika und sah ihn dabei ungläubig und überrascht an, „…bist ein dummer, verdammt dämlicher Idiot.“, fügte er ausdruckslos hinzu.   „Huh?! Was soll das denn jetzt plötzlich bedeuten?!“   „Genau das, was ich sagte. Du bist ein dämlicher Idiot. Der dümmste, den ich je kannte! Ich meine, ernsthaft! Wie viele Leute kenne ich überhaupt?! So richtig kennen. Nicht nur flüchtige Bekanntschaften. Vampire ausgeschlossen?!“   „Ähm…Shinoa?“, begann Yuu zögerlich aufzuzählen, unsicher, ob die anderen nicht nur als flüchtige Bekannte zählten, aber da Mika nichts dazu sagte, fuhr er fort, „Yoichi, Kimizuki, Mitsuba, Narumi, Guren, Akane…und die Kinder´?“   „Und?“   „…Mich?“   „Ganz genau.“, sagte Mika und verdrehte dabei die Augen, „Und jetzt denk mal drüber nach. Mit wem von all diesen Leuten verbringe ich die meiste Zeit? An wem klebe ich im Grunde genommen? Wen kenne ich so gut wie keinen sonst? In wen…hab ich mich wohl über all diese Jahre so sehr verliebt…und tue es sogar jetzt noch immer?“   „…“   Yuu sah ihn nur schweigend an, sein Gesichtsausdruck eine Mischung aus Unglaube und Verwirrung, während er sich sichtlich den Kopf über all diese Fragen, die er ihm gestellt hatte, zerbrach.   Als er sah, dass er es offensichtlich noch immer nicht verstanden hatte, seufzte Mika nur schwer, bevor er seine freie Hand auf Yuu’s Wange legte und ohne ihm überhaupt die Möglichkeit zum Reagieren, oder um etwas zu sagen, zu geben…schloss er die Augen und damit erneut die Lücke zwischen ihnen.   Und wieder waren es nur wenige Sekunden, bis der Kuss wieder gelöst wurde.   „Verstehst du es jetzt?“, fragte Mika mit leisem, flüsterndem Ton, als er Abstand nahm und seine Augen wieder öffnete, während er die Hand von seiner Wange nahm.   „…“   Yuu blinzelte ihn ein paar Mal an, versuchte zu verarbeiten, was gerade passiert war und auch seine Worte…bevor es ihm endlich klar wurde und sich seine Augen überrascht weiteten, während sein Gesicht knallrot wurde.   Als sein eigenes sich bei diesem Anblick erwärmte, war es Mika, der diesmal sein Gesicht in Yuu’s Schulter vergrub, wobei er bei dieser Aktion spürte, wie letzterer dabei sich leicht verkrampfte.   „…Idiot…“, murmelte er mit gedämpfter Stimme, „Wer hätte es denn sonst sein sollen? Natürlich bist du’s…du warst es immer. Schon seit wir Kinder waren. Immer…ich hab dich schon immer…geliebt. Und nur dich…“   „…“   Geschockt und überrascht von diesem unerwarteten Geständnis, konnte Yuu nur schweigend dasitzen, nicht in der Lage auch nur ein einziges Wort herauszubringen.   „Tut mir Leid, dass…ich es dir nicht schon vorher gesagt hab.“, fuhr Mika fort, während es sich so anfühlte, als ob ihm gerade eine schwere Last von den Schultern genommen wurde, „Es ist nur…ich hab nie die richtige Zeit dafür gefunden, mit allem was passiert ist und dem Schlamassel, in den wir ständig mithineingezogen werden…hattest du schon genug um die Ohren und ich wollte dich damit nicht belasten…“   „…“   „Und außerdem…hab ich mich auch nicht so recht getraut, da ich dachte, dass du…du weißt schon. Ich schätze ich…hab mir ständig nur irgendwelche Ausreden einfallen lassen es dir nicht zu sagen, weil ich…nicht von dir abgewiesen werden wollte…“   „…Jetzt bist du aber der Idiot.“, sagte Yuu leise, als er endlich seine Sprache wiedergefunden hatte, nachdem er Mika’s Stimme zugehört hatte.   Er ließ seine Hand, die noch immer mit seiner eigenen verschränkt war, los und legte beide Hände auf je eine von Mika’s Schultern   Vorsichtig zog Yuu ihn etwas von sich weg und ertappte sich dabei wie er direkt in Mika’s fesselnde blutrote Augen sah, die in diesem Moment mit so vielen Emotionen erfüllt waren, so voller Liebe, Zuneigung und Zärtlichkeit…nur für ihn bestimmt…aber zur gleichen Zeit auch mit Traurigkeit.   Traurigkeit…weil er sich bereits damit abgefunden hatte, dass er seine Gefühle nicht erwiderte. Dass er ihn nicht liebte…   „Mika.“, sagte Yuu seinen Namen mit sanftem und zärtlichem Ton und nahm sein Gesicht in beide Hände, „All diese Jahre hast…hast du so viel für mich getan und selbst jetzt tust du das noch.“   „…“   „Als wir uns das erste Mal trafen, da…da konnte ich dich nicht ausstehen. Ich wollte mit dir nichts zu tun haben. Wollte keine Familie haben…aber das hat dich nicht gekümmert und du hast mich dennoch zu einem Teil von deiner gemacht. Egal wie sehr ich auch abgelehnt hab…du hast mich nicht aufgegeben. Mich wie ein menschliches Wesen behandelt und mich Stück für Stück meine Vergangenheit vergessen lassen.“   „…“   „Du hast meinem Leben eine Bedeutung gegeben…mir die Kraft gegeben weiter zu leben und nie aufzugeben, egal wie schwer das auch sein mochte. Du warst immer für mich da, wenn ich dich gebraucht hab, selbst jetzt noch…und du hältst es mit meinem sturen und dummen ich die ganze Zeit aus. Ohne je etwas als Gegenleistung zu erwarten. Nicht ein einziges Mal.“, sagte er und senke dabei die Stimme sogar noch mehr, während er ihm zärtlich mit dem Daumen über die kalte Haut seiner Wange streichelte, „Du bist so nett und selbstlos. So stur, sogar mehr als ich. Und wo andere mich schon längst aufgegeben hätten, hast du die Geduld eines Gottes mit mir.“   „…“   „All die Dinge, die du für mich getan und mir gegeben hast…dein Lächeln und Lachen…dein Gesicht, wenn du schmollst, oder rot wirst…dieser Funken in deinen Augen, wenn du glücklich über etwas bist…einfach dein ganzes Wesen…die Wärme, die du mich spüren lässt…und die tausenden von Schmetterlingen…Denkst du wirklich, dass das…nicht ausgereicht hat, damit ich mich komplett bis über beide Ohren in dich verliebe?“   Bei diesen Worten, weiteten sich Mika’s Augen überrascht und er sah ihn nur völlig verwirrt an, da er seinen Ohren nicht ganz traute.   Nachdem er ihm für einige Sekunden in seine Augen sah, ließ Yuu seine Hand von seinen Wangen wieder runter wandern und kurz darauf schlang er seine Arme um seine Schultern und zog ihn an sich.   „Ich liebe dich, Mika.“, sprach er endlich die Worte in einem leisen Flüsterton aus, die er ihm all die Zeit über so sehr sagen wollte, nur für ihn bestimmt zu hören, „…Ich liebe dich, so, so sehr…Mehr als alles und jeden anderen in dieser Welt.“   „…“   Als er spürte wie ihm der Atem vom Tonfall seiner Stimme und den Worten, von denen er sich nie erträumt hätte sie je von ihm zu hören, geraubt wurde, was bei ihm eine mehrfache Gänsehaut auslöste…brachte Mika kein einziges Wort mehr heraus und er verkrampfte sich aufgrund dieser Nähe. Aber egal wie sehr er die Umarmung erwidern wollte…sein Körper wollte ihm in diesem Moment einfach nicht gehorchen.   Und so verblieben sie, während sie nichts außer ihrem gegenseitigen Atmen hören konnten…und Yuu’s Herzschlag, der wie verrückt in seiner Brust schlug und von Mika perfekt gehört werden konnte, was sein Gesicht mehr und mehr erwärmte, da er wusste, dass er der Grund dafür war.   Eine kleine Weile verging und mit der Zeit, konnte Yuu spüren wie Mika langsam anfing sich in seinen Armen zu entspannen, wobei er kurz danach diese Stille zwischen ihnen als erster mit leiser, verlegen klingender Stimme unterbrach:   „…Yuu-Chan?“   „Hm?“   „Du…erdrückst mich…“   „O-oh, ähm…tut mir Leid.“, entschuldigte sich Yuu schnell, der erst dann bemerkte wie fest er ihn eigentlich in diesem Moment umarmte und befreite ihn augenblicklich aus der Umarmung, „I-ich wollte nicht…tut mir Leid.“, wiederholte er, während er den Kopf zur Seite drehte, „I-ich schätze ich hab es etwas übertrieben. Es…Es tut mir wirklich Leid und-“   „…Nicht.“, unterbrach ihn Mika mit sanfter Stimme, streckte eine Hand nach ihm aus und legte sie auf seine Wange um ihn dazu zu bringen ihn wieder anzusehen, „Bitte, schau nicht von mir weg…“   „…“   Für einen weiteren kurzen Moment sagte keiner von beiden etwas, während sie einander schweigend ansahen.   Als er bemerkte wie rot Yuu’s Gesicht in diesem Moment vor Verlegenheit war, konnte Mika spüren wie sich sein eigenes bei diesem Anblick sogar noch mehr erwärmte und ohne seinen Blick auch nur einmal von ihm abzuwenden, ließ er seinen Daumen über die weiche und warme Haut seiner Wangen auf beruhigende und zärtliche Art und Weise gleiten, bevor er seine andere Hand auf Yuu’s andere Wange legte und sie auf dieselbe Weise streichelte, wobei er auch jedes einzelne kleine Detail seines Gesichtes in sich aufnahm.   „…Was?“, wollte Yuu mit einem kleinen Lachen wissen, irritiert von dieser Geste und seinem Starren.   „Nichts.“, entgegnete Mika leise, während er ihm tief in die Augen sah, „Will…dich einfach nur ansehen…und dich anfassen…“   Diese Worte mit schüchterner Stimme aus seinem Mund kommen zu hören, zauberten ein kleines Lächeln auf Yuu’s Lippen, als er sich in seine Berührung hineinlehnte und seine Augen schloss, während er sichtlich diese Geste genoss.   Mika hätte schwören können, dass sein Herz, das schon vor langer Zeit aufgehört hatte zu schlagen, bei diesem Anblick hüpfte, und ohne weitere Zweifel, oder Zögern, ließ er sein Gesicht los um seine Arme vorsichtig um seinen Nacken zu schlingen, bevor er seine Augen schloss…und seine Lippen erneut auf Yuu’s auf zärtliche und liebevolle Art und Weise legte.   Und es dauerte nicht lang bis es diesmal Yuu war, den in den Kuss kurz darauf hineinlächelte und seine Arme um Mika’s Hüfte schlang um ihn etwas näher an sich zu ziehen.   Aber erneut dauerte er nur für einen flüchtigen Moment, bis Mika sich wieder von hm löste und mit einem Lächeln, lehnte er seine Stirn an Yuu‘s, während ihre Arme noch immer um einander geschlungen waren.   „Weißt du…“, begann Yuu mit leisem Ton, nachdem er seine Augen geöffnet hatte, „Du hattest Recht.“   „Mit was?“   „Darüber, dass…wenn du in jemanden verliebt bist…du ihn wirklich früher, oder später küssen willst.“, entgegnete er und zauberte Mika damit ein Lächeln auf’s Gesicht, „…Besonders, wenn dieser Jemand wie ein Idiot vor sich hinlächelt…“   „Tja, zumindest weißt du jetzt, was ich all die Zeit durchmachen musste, wenn du mir dieses Lächeln von dir gezeigt hast.“, sagte Mika mit einem kleinen Lachen, als er ebenfalls wieder seine Augen öffnete und etwas Abstand nahm, „Ich musste mich wirklich jedes Mal zusammenreißen, wann immer du mich angelächelt hast. Und ich schwöre, jedes einzelne Mal.“   „…“   Für einen weiteren kurzen Moment sahen sie sich gegenseitig in die Augen, verloren sich fast erneut entweder in smaragdgrün, oder blutrot…bis Mika bemerkte wie Yuu’s Blick weicher wurde und er ihn etwas weiter runterwandern ließ, wo er für bloße Sekunden verblieb, bevor er ihm wieder zurück in die Augen schaute.   „…Dummkopf.“, flüsterte Mika, da er diese unausgesprochene, aber mehr als offensichtliche Frage verstand, „Denkst du wirklich, dass du fragen müsstest?“   Sobald diese Worte seinen Mund verlassen hatten, schloss Yuu die Augen und beugte sich vor um seinen warmen Lippen erneut zu erlauben Mika’s kalte zu berühren.   Und so teilten sie sich nur einen von vielen, vielen süßen und unschuldigen Küssen, die bald darauf folgten, während sie sich in den Armen lagen, und mit dem Mond, dessen silberne Lichtstrahlen nun einen Kreis um sie formten, als ihren einzigen Zeugen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)