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Im Bann der Dunkelheit

von

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Licht und Dunkelheit

35. Licht und Dunkelheit
 

Erschrocken trat der Blonde einige Schritte zurück. „Verdammt noch mal Lavinia, was ist los mit dir?“, entkam es ihm und sein ungläubiger und verständnisloser Blick fixierte die zornigen Augen, der schwarzhaarigen Hexe.

„Ich will, dass du endlich lernst deinen Mund zu halten, wenn ich dir sage, dass ich jetzt nicht reden will. Wann kapierst du endlich, dass das für dich auf Dauer unglücklich enden könnte, wenn du mich immer wieder so provozierst und meine Hinweise ignorierst, Malfoy!“, zischte sie ihm drohend entgegen.
 

„Lavinia…“, entkam es ihm flehend und noch immer schockiert über die Kälte, die sich nun in ihrem Blick widerspiegelte, ehe sie sich wortlos von ihm abwandte, zum Klassenzimmer für Verteidigung eilte und darin verschwand.
 

Noch immer konnte Draco nicht verstehen, was mit Lavinia los war. Verstand sie nicht, wie sehr es ihn schmerze sie so zu sehen. Verstand sie nicht, dass er sah, wie sehr sie litt und dass er alles tun würde, um ihr zu helfen? Aber wie sollte er der Hexe, die er wie eine Schwester liebte und schätze helfen, wenn sie ihn nicht mehr an sich heran ließ?
 

Die Kälte, die ihn erreicht hatte, als Lavinia sich vor wenigen Sekunden von ihr weggedreht hatte, war verwirrender und bedrohlicher, als das Aufflackern ihrer rot glühenden, von Zorn erfüllten, Seelenspiegeln. Zwar war ihre Magie dann unbeherrscht, allein von dieser Wut geleitet, aber es war wenigstens eine Gefühlsregung in ihren Zügen zu erkennen. Jetzt war da Leere, Kälte, Gleichgültigkeit, ein stiller und ungreifbarer Zorn, welcher Lavinia beherrschte.
 

Irgendetwas hatte sich verändert. Lavinia war nicht mehr sie selbst. Dies hatte er schon deutlich gespürt, als er sie auf dem Eulenturm gefunden hatte. Es war etwas in ihr zerbrochen, was er bisher hatte noch nicht deuten können. Draco war unendlich froh, dass sie seine Entschuldigung angenommen hatte. Dennoch war seine Sorge nun noch größer als am Tag zuvor. Ihre Augen waren voller Schmerz gewesen. Selbst als er sie am Sonntagabend alleine in ihrem Zimmer zurückgelassen hatte und eigentlich alles geklärt zu sein schien.
 

Er musste es schaffen Lavinia wieder vollkommen zu erreichen und sie dazu bringen ihm endlich zu erzählen, was ihren derzeitigen Gemütszustand hervorgerufen hatte. Doch drängen durfte er sie nicht. Das hatte er ihr versprochen. Also musste er ihr zeigen, dass er voll und ganz zu ihr stehen würde, egal welches Geheimnis seine beste Freundin auch verbarg.
 

Am Freitag nach dem Mittagessen würde sie mit ihm ins Manor reisen. Sie würde Hogwarts das erste Mal seit längerer Zeit verlassen und er wusste, dass dieses Schloss einen Teil ihres Seelenfriedens ausmachte. Bis dahin wollte er unbedingt hinter ihre kalten Augen sehen können und verstehen, was in ihr vorging. Doch wie er dies bewerkstelligen sollte, wusste er bis jetzt immer noch nicht.
 

***
 

Laut seufzend betrat Lavinia das Klassenzimmer. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen blieb sie stehen und lehnte sich haltsuchend an die Tür. Ihre chaotische Gefühlswelt erschöpfte sie mehr und mehr und somit fiel es ihr immer schwerer Wut, Enttäuschung, Schmerz und Traurigkeit von einander zu trennen und ihre eigene Magie zu ergründen.
 

Im Grunde ihres Herzens wollte sie Draco einfach alles erklären. Ihm sagen was ihr auf der Seele brannte, doch die Wahrheit würde sein Leben in Gefahr bringen. Der Einzige mit dem sie reden konnte, war Severus. Aber auch mit ihm konnte sie ihre tiefsten und schmerzlichsten Gefühle zurzeit nicht teilen. Was würde er denken, wenn sie ihm sagte, dass es ihr unerfüllter Wunsch nach Freiheit, nach einem normalen glücklichen Leben – mit ihm – der Auslöser für ihr innerstes Durcheinander war.
 

Was würde er denken, wenn sie sich danach sehnte offen zu ihm stehen zu können, sich nicht mehr verstecken zu müssen und einfach Lavinia Riddle sein zu dürfen, ohne darüber nachdenken zu müssen, welch verheerende Folgen es haben könnte, einfach die Hexe zu sein die sie war. Die Tochter des Dunklen Lords, mit einer Seele, die die Magie von Licht und Dunkelheit vereinte, die einen Mann liebte, der dazu bereit war sein eigenes Glück aufs Spiel zu setzen, nur um eine Schuld zu begleichen, obwohl dieser Preis eindeutig zu hoch war und ihm tiefste seelische Schmerzen zufügte.
 

War es denn so abwegig den Wunsch zu haben, sich selbst einfach so annehmen zu dürfen wie man war? Sie hatte es einfach satt ihre dunkle Seite zu leugnen, sie als einen unerwünschten Makel zu sehen. War ihre Dunkelheit, welche sie von Geburt an in ihrem Innersten mit sich trug, denn überhaupt das, was sie so gefährlich machte?
 

Diese Magie war schließlich immer präsent, umhüllte ihre innerste helle und verletzliche Seele wie ein ruhiges friedliches, starkes und schützendes Meer. War es nicht allein der schwarze und dunkle Fluch ihres Vaters, welches diesen schützenden und bewahrenden Teil ihrer Seele zu dieser unkontrollierbaren Welle des Zornes und der Gnadenlosigkeit machte?
 

Sie hatte noch nie so deutlich wahrnehmen können, wie warm und vertraut sich ihre Dunkelheit anfühlen konnte. Seid ihrem Zusammenbruch in der Eulerei, hatte sich etwas in ihr verändert. Sie spürte, wie ihre Magie sich immer mehr zu einem Ganzen verband. Wie sich Licht und Dunkelheit in ihren Gedanken und in ihrem Geist verbündeten und sich gerade ihr Dunkles Ich immer wieder schützend vor ihre verletzbare helle Seele stellte und alle aufwühlenden, schmerzlichen und kräftezehrenden Auseinandersetzungen von diesem sanften, nach Schutz und Geborgenheit suchenden Licht, fernhielten.
 

Obwohl Lavinias Bewusstsein immer klar vor Augen hatte, dass Draco – neben Severus – der wichtigste Mensch in Lavinias Leben war, hatte die Dunkelheit ihrer Seele ihn vor wenigen Augenblicken von sich gestoßen. Damit hatte dieser Teil ihrer Seele dafür gesorgt, ihr eigenes Seelenheil zu behüten, Draco vor ihren zurzeit sehr unsteten Gefühlen zu bewahren und sich selbst davon abgehalten zu viel und zu gefährliches Wissen weiterzugeben.
 

„Du bist früh“, riss Severus tiefe Stimme sie aus ihren Gedanken. Seit wann war er hier? Hatte er sie beobachtet? Unsicher blickte sie zu ihm und sah in seinen Augen, dass er sie sehr wohl sofort bemerkt hatte. Allerdings sagte sein warmer ruhiger Blick auch, dass sie keine Fragen zu erwarten hatte, wenn sie nicht antworten wollte.
 

Und auch jetzt spürte sie die Veränderungen in ihrem Geiste. Nur Severus schien ihre Dunkelheit an sie heran zu lassen. Nur Severus schaffte es Sicherheit und Geborgenheit in ihr zu wecken und nur er hatte bisher die undurchdringliche Kälte ihrer Finsternis nicht miterleben müssen.

Die Siebzehnjährige nickte schließlich stumm und bewegte sich auf den Tränkemeister zu, welcher gerade vom Schreibtisch aufstand und ebenfalls auf sie zukam. Immer noch wortlos fiel sie ihrem Meister der Zaubertränke in die Arme und atmete tief ein. Er hatte wohl kurz vorher noch in seinem Tränkelabor gestanden. Er roch ganz leicht nach verbranntem Pergament, was sie vermuten ließ, dass sich einige Schüler wohl nicht sonderlich geschickt angestellt hatten. Aber da war noch der vertraute Geruch nach Minze, Sanddorn und Anis, welcher Lavinia langsam ruhiger werden ließ.
 

„Ich hatte gehofft, dich noch für ein paar Minuten für mich zu haben“, entgegnete sie nach einigen Minuten, in denen sie einfach nur Severus Umarmung genossen hatte und schaute mit traurigen Augen zu ihm auf.

„Was ist los Lavinia?“, erkundigte sich der aufmerksame Spion, dem Lavinias niedergeschlagenes Auftreten sofort aufgefallen war.
 

„Ich vermisse dich“, entgegnete sie knapp.

Severus schaute die junge Hexe vollkommen verdutzt an. Sie vermisste ihn? Sie war erst gestern Morgen aus seinen Räumen verschwunden und seit dem hatte er das Schloss nicht verlassen. Schon beim Frühstück heute Morgen hatte er bemerkt, dass Lavinia mit ihren Gedanken ganz woanders gewesen war.
 

Der Tränkemeister hatte sogar problemlos in ihre Gedanken eindringen können. Lavinias innere Schutzmauern waren völlig aufgehoben gewesen und obwohl er sich zurückgehalten hatte, hatte er sofort erkannt, dass Lavinias Magie und auch ihr Geist sich verändert hatten. Heute Morgen war er noch davon ausgegangen, dass sie ihre Mauern für ihn hatte absichtlich fallen lassen und dass sein Eindruck ihn getäuscht hatte. Aber womöglich, hatte sein Instinkt und seine Auffassungsgabe genau das Richtige wahrgenommen. Irgendetwas beschäftigte seine Hexe und machte sie angreifbar und unkonzentriert.
 

Sanft legte er einen Finger unter ihr Kinn und führte ihr Gesicht zu seinem heran.

„Ich bin für dich da Lavinia, immer!“, hauchte er ihr entgegen, wollte sie küssen, um ihr dies noch deutlicher zu machen und sie so dazu bringen, ihm ihre derzeitigen Sorgen zu erklären. Doch lautes Gelächter, machte ihm bewusst, dass in wenigen Sekunden eine Meute nerviger Fünftklässler den Raum betreten würde.
 

Blitzschnell entfernte er sich von der schwarzhaarigen Hexe, eilte zum Lehrerpult und blickte mit nichtssagendem Blick zu Lavinia.

„Miss Reed! Sie scheinen sich die Unterrichtszeiten genauso wenig merken zu können, wie Zaubertrankrezepte. Setzen Sie sich endlich an einen der Tische und stehen Sie ihren Mitschülern nicht im Weg!“, teilte er ihr in übermäßig genervtem Ton mit, als die anderen Schüler den Klassenraum betraten.
 

Severus fing dabei Lavinias Blick für Sekunden ein und es schien ihm, als wäre ein rotes Flackern in ihren Augen zu erkennen gewesen.

„Natürlich Professor!“, erwiderte sie mit monotoner eiskalter Stimme, ehe sie auf einen Platz im hinteren Teil des Unterrichtsraumes zusteuerte und sich am allerletzten Tisch der Schülerreihen niederließ. Ihr Blick richtete sich starr nach vorne und beobachtete ohne jede Regung, wie sich Slytherins, als auch Gryffindors teilweise euphorisch, teilweise unverkennbar murrend und meckert auf ihre Plätze begaben.
 

Nur wage registrierte sie, wie sich ausgerechnet Harry und Ron direkt vor sie setzten. Kaum saßen alle Schüler auf ihren Plätzen ließ Severus ein paar Seitenzahlen an der Tafel erscheinen.

„Lesen! Sie haben eine halbe Stunde, danach werde ich Fragen stellen und stichprobenartig die beschriebenen Zauber ausführen lassen!“, erklärte er knapp und setzte sich mit wachsamen Augen ans Lehrerpult.
 

Sofort war das Geräusch von eilig aufgeschlagenen Büchern zu hören. Auch Lavinia hatte die entsprechenden Seiten bereits aufgeschlagen und wie andere Schüler schnell festgestellt, das sie diese Seiten bereits für Umbridge zusammengefasst hatten. Es war das Thema von Lavinias erster Unterrichtsstunde mit der pinkfarbenen Kröte: Verschiedene Verteidigungszauber und wie sie zu verwenden sind.
 

Genervt überflog Lavinia die einzelnen Überschriften, tat so als würde sie lesen. All das hatte sie mit Severus bis zum erbrechen in praktischer Art und Weise erlernt. Wozu sollte sie sich die Mühe machen diesen ganzen Mist noch einmal zu lesen. Mit kalter Miene wanderte ihr Blick zum Tränkemeister der mittlerweile durch die Schülerreihen ging, um sich davon zu überzeugen, dass alle seine Anweisungen befolgten.
 

Nur kurz blieb er dabei vor ihrem Tisch stehen und schaute ihr wohl wissend, dass sie es nicht für nötig empfand die Seiten zu studieren, in ihre grünen Seelenspiegel. Doch in diesem Augenblick fiel ihm auf, das das strahlen ihres Blickes heute fehlte. Es lag eine unbekannte Kälte und Teilnahmslosigkeit darin. War das nur weil das Thema sie langweilte? Oder lag diesem Blick mehr zu Grunde?
 

„Boa als ob diese rosa Filzkugel uns nicht schon genug damit genervt hätte! Ich kann diese Seiten fast auswendig. Ich frage mich, warum sie uns vom Regen in die Traufe geschickt haben. Die Stunde hätte doch auch einfach ausfallen können!“, flüsterte Ron währenddessen seinem besten Freund Harry zu. Dabei schien der rothaarige Zauberer gar nicht bemerkt zu haben, dass der Tränkemeister nur eine Reihe hinter ihm stand.
 

Kurz signalisierte Severus seiner Hexe, mit einem kurzen Blinzeln, dass er ihr „Nichtstun“ bemerkt hatte, ihr dies jedoch sehr wohl durchgehen lassen würde, solange kein anderer Schüler davon etwas mitbekommen würde und wand sich dem nörgelnden Gryffindor zu.
 

„Mister Weasley! Sie können diese Seiten also schon auswendig? Nun dann hoffe ich, Sie sind im Stande uns zu erhellen und uns einmal den einfachsten Abwehrzauber, den Protego zu demonstrieren“, zischte er als er sich nun Ron zuwandte.
 

Dieser fuhr erschrocken herum und blickte dem Professor mit aufgerissenen Augen entgegen.

„Ähm…natürlich, aber…ich bin doch nicht der Einzige Professor! Da Lavinia macht doch auch nichts und starrt Löcher in die Luft“, stotterte der Rothaarige und erfasste im letzten Moment Lavinias starren Blick, um sein Verhalten mit dem Ihren zu rechtfertigen.
 

„Nun Mister Weasley, ich kann mir durchaus vorstellen, dass Sie für Miss Reed eine Bereicherung sein könnten! Schließlich haben Sie ja einige Schuljahre Vorsprung. Also bewegen Sie Ihren vorlauten, vertrottelten Hintern nach vorne und zeigen Sie, wie sehr Sie mit den entsprechenden Zaubern im Bilde sind“, teilte Severus mit tonlosem Befehl mit.

//Wie soll ich ohne, dass mich jemand angreift nen Protego vormachen? Die alte Fledermaus hat doch echt nicht mehr alle Tassen im Schrank//, schoss es Ron durch den Kopf, während er vor die Klasse trottete.

Gerade war auch Severus wieder an seinem Pult angelangt, als er Lavinias erhobene Hand wahrnahm.

„Miss Reed?“

„Professor! Mr. Weasley ist der Auffassung, dass er ohne einen Gegner den Zauber nur schlecht demonstrieren könnte. Er meinte, dass Sie als alte Feldermaus dies wohl kaum bedacht hatten“, erklärte sie Severus kalt lächelnd.
 

Sofort klappte Ron der Mund weit auf. Woher wusste sie das? Vor allem woher wusste sie, dass er den Tränkemeister als alte Fledermaus betitelt hatte? Ron schluckte hart, als er in das vor Zorn kurz aufblitzende Gesicht von Professor Snape blickte und danach wieder in die kalten Augen dieser merkwürdigen Hexe schaute.
 

„Nun wenn das so ist, Mister Weasley kann sich ihr Haus von 50 Punkten verabschieden. Der Grund versteht sich wohl von selbst. Des Weiteren können Sie sich den Rest der Woche bei Mr. Filch einfinden, um einige Strafarbeiten abzuleisten und ich stelle Ihnen nun gerne Miss Reed als Übungspartnerin zur Verfügung“, verkündete Severus dem immer nervöseren Schüler mit bedrohlich ruhiger Stimme, seine Aussichten für die nächsten Tage.
 

Und obwohl Ron, die Konsequenzen seiner Gedanken mitbekommen hatte, lag sein Blick fest auf den kalten von rot zu grün flackernden Augen Lavinias. Ihr kaltes Lächeln hatte sich zu einem fiesen Grinsen weiterentwickelt und als sie nun auf ihn zu kam lief es dem Schüler eiskalt den Rücken herunter.
 

//Wie hat sie das gemacht woher wusste, sie was ich gedacht habe?//

„Legilimentik du Dummerchen! Ich hatte mir einfach erlaubt, mal zu schauen, ob du deine große Klappe von vor wenigen Sekunden schon bereust, als du meintest dein Verhalten, mit einem Hinweis auf mein Handeln rechtfertigen zu müssen Ron. Denn ganz ehrlich? Das könntest du jetzt doppelt und dreifach bereuen!“, erklärte sie mit absolut kalter und aufgesetzter Freundlichkeit, ehe sie mit einigen Metern Abstand vor dem Schüler zum Stehen kam.
 

„Ich hatte ganz vergessen das Hermine so was erwähnt hat. Woher kannst du das?“, stammelte Ron und schaute hilfesuchend umher.

„Interesse…und vielleicht ein gewisses angeborenes Talent für solche Magie…“, säuselte Lavinia selbstsicher. Dabei hatte sie ihren Zauberstab bereits hervorgeholt und schlenkerte ihn amüsiert vor sich her, ehe sie sich tief verbeugte.
 

„Nun mach schon Ron. Auch wenn es nur zur Übung ist. Es ist ein Duell! Wir wollen doch Respekt vor einander haben, oder nicht?“, stichelte sie mit einem Lächeln. Doch noch immer erreichte dieses Lächeln ihre Augen nicht. Ihre grünen Seelenspiegel flackerten immer wieder für Sekunden in einem feurigen Rot auf. Ansonsten blieben sie starr und emotionslos.
 

Severus ließ Lavinia seit den letzten Sekunden nicht einmal aus den Augen. Er spürte, dass sie vollkommen von ihrem dunklen Ich geleitet wurde. Sein linker Arm pochte unangenehm und reagierte auf diesen Teil von Lavinias Magie. Es war deutlich, dass sie diese Dunkelheit weitestgehend im Griff hatte. Er vermutete sogar, dass sie diese ganz bewusst einsetzte und sich nicht von den Auswirkungen des Fluches lenken ließ.
 

Aber gerade dieser Umstand machte die Situation unendlich gefährlich. Lavinia war sich vollends Bewusst was sie tat. Suchte die Macht ihrer ganzen Magie, welche der mächtigen Magie des Dunklen Lords so ähnlich war und war bereit diese vollends zu nutzen. Er ahnte, dass es einerseits keine geschickte Entscheidung wäre, das hier unter irgendeinem Vorwand abzubrechen andererseits, wusste Severus wie weit Lavinia bereit war zu gehen, um diesem dummen, vorlauten Weasley nicht nur Respekt, sondern endlose Furcht einzubläuen.
 

Noch immer hatte er keine wirklichen Gründe herausfinden konnten, welche diese deutliche Veränderung in Lavinia ausgelöst hatten. Vorhin, als sie alleine mit ihm in diesem Klassenraum gewesen war, war sie ganz anders gewesen. Er hatte Verzweiflung, Schmerz und Aussichtslosigkeit in ihren Augen gesehen.
 

Er hatte gespürt, dass sie sich nach seiner Nähe und nach seinem Halt sehnte und dass sie diesen aus irgendeinem Grund umso mehr brauchte. Aber warum hatte sie ihm nichts erzählen können oder…nichts erzählen wollen?
 

„Ach komm schon Ron! Du wolltest mir doch zeigen, wie das mit den Schutzzaubern geht also bitte mach doch einfach den Spass mit!“, stichelte sie amüsiert weiter, bis der Rothaarige mit hochrotem Kopf vor ihr stand.

„Ron…pass ja auf…sie kann in deinen Geist sehen“, zischte Hermine in der ersten Reihe dem Gryffindorjungen zu, als dieser sich mit wütendem Schnaufen vor Lavinia verbeugte und nun ebenfalls seinen Zauberstab ergriff.
 

Innerlich wusste Ron jedoch sehr wohl, dass diese Slytherin mehr drauf hatte, als er bisher gedacht hatte. Sie war zwar noch nicht lange auf dieser Schule, aber er durfte nicht vergessen, wer sie unterrichtet hatte. Sicher hatte Snape ihr Legilimentik beigebracht und somit auch alles was sie brauchte um Abwehrzauber zu durchbrechen oder selbst welche heraufzubeschwören. Das gerade er jetzt vor ihr stand, hatte er sich wohl selbst zuzuschreiben.

//Warum kannst du auch nicht einfach mal ruhig sein//, schoss es ihm durch den Kopf, ehe er Lavinias Blick erneut einfing.
 

Dieser ruhte konzentriert auf ihm. Das Lächeln in ihrem Gesicht war wie festgemeißelt und ihre kalten, merkwürdig bedrohlichen Augen sahen ihn durchdringend an.

//Du schaffst das schon Ron! Gestern hast du dich auch nicht so blöd angestellt…dir ist sogar ein gestaltlicher Patronus gelungen//, sprach er sich selber Mut zu.
 

//Gestaltlicher Patronus?...//, wiederholte Lavinia in ihren Gedanken. Davon hatte sie bisher noch nie etwas gehört und nahm sich vor Severus bald darauf anzusprechen. Doch jetzt genoss sie die Tatsache, dass dieser einfältige Löwe keinen Schimmer davon hatte, dass sie erneut in seine Gedankenwelt eingedrungen war und sich zumindest an den aktuellen Überlegungen von Ron amüsierte. Natürlich hätte sie weiter graben können, um mehr über seine gestrigen Aktivitäten in Erfahrung zu bringen, aber erstens hatte sie keine Lust auf Rons geheimste Fantasien zu stoßen und zweitens würde er dies zweifelsfrei bemerken.
 

Sie beherrschte Legilimentik mittlerweile wirklich gut, aber wenn sie tiefer grub, schaffte sie es noch nicht dies völlig unbemerkt und für das Opfer schmerzfrei zu tun. Dabei waren es nicht die Schmerzen, die sie zurückhielten, sondern einfach die Tatsache, dass sie verhindern wollte, das Ron oder einer der anderen Zuschauer etwas davon mitbekamen.
 

„Nun, Ron ich bitte dich beginne. Ich lasse dir gerne den Vortritt!“, teilte Lavinia schief lächelnd mit.

„Du scheinst vergessen zu haben, dass es nur um Abwehrzauber geht. Wir sollen uns nicht bis aufs Messer duellieren“, erklärte Ron etwas unsicher.

„Natürlich Ron, aber dafür musst du mich schon angreifen. Wie soll ich denn sonst etwas abwehren“, wich Lavinia dieser Ausrede aus. Nun war ihr Blick todernst, konzentriert und fordernd.
 

„Nun los! Zeig, dass es Wert war, dich mit meiner Hilfe zu rechtfertigen. Zeig dass, es sich gelohnt hat Se…Snape zu beleidigen und Strafpunkte einzuheimsen, weil du dummerweise etwas zu laut gedacht hast“, provozierte Lavinia den Löwen weiter.
 

„Rictusempra!“ keifte Ron nun verärgert.

„Protego!“, murmelte Lavinia leise und mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen.

„Immer wieder die gleichen Fehler. Leise Ron, leise….“, erklärte sie mit aufgesetztem bedauern. „Rictusempra!“, zischte sie im Anschluss kaum hörbar. Sie traf.
 

Der rothaarige Zauberer wusste kaum wie ihm geschah. „Du bist dir wirklich nicht zu schade jemanden, der mal dein Freund war, so vorzuführen was?“, grummelte er, als sich Lavinias Zauber legte.

„Freund? Du warst nie mein Freund, du bist mir eher auf die Nerven gegangen, mein Lieber. Aber ich will ja nicht so sein. Schau doch ich bringe dir etwas bei, Ron“, entgegnete sie mit überzogen trauriger und betroffener Miene.
 

„Tarantallegra“, entkam es Ron nun immer wütender. Doch wieder wusste Lavinia im Vorfeld, was der Löwe geplant hatte und blockte den Zauber mit einem fast unhörbaren Protego ab. Im selben Atemzug hatte sie den Fluch Rons wiederholt und nun waren es Rons Beine, welche völlig unkontrolliert umherzappelten.
 

Dieses Spiel trieb Lavinia noch einige weitere Minuten mit Ron, ehe sie nach und nach die Lust daran verlor.

„Ich glaube es ist langsam genug, was meinst du Ron?“, erkundigte sich Lavinia gespielt besorgt, als Ron nun völlig fertig vor ihr stand.

Dieser schaute kraftlos zu Lavinia.

„Sag, du hast alles gesehen, du warst die ganze Zeit in meinem Kopf…zum Schluss habe ich meine Zauber nur noch gemurmelt…du hast mich reingelegt!“, zischte er ihr erschöpft entgegen.
 

„Na da hast du ja doch noch was gelernt Wiesel…ein letzter Versuch? Diesmal greife ich zuerst an!“, erklärte sie wohl wissend, dass er nicht mehr die Kraft haben würde schnell genug einen Protego zu beschwören.

„Expelliarmus“, rief sie daher laut und deutlich. Wenige Sekunden später hielt sie Rons Zauberstab in der Hand und ging immer noch mit kaltem Blick auf ihn zu.
 

Als sie vor ihm stand hielt sie ihm seinen eigenen Zauberstab vor die Nase. Ihre Miene war ernst und klar.

„Du solltest in Zukunft besser deine Bücher lesen und tun was dein Professor aufträgt. Du siehst unsere Lehrer wissen sehr wohl, was wir noch einmal gründlich lesen sollten, um es dann auch wirklich zu beherrschen“, zischte sie ihm beschwichtigend zu und drückte ihm ohne ein weiteres Wort seinen Zauberstab wieder in die Hand.
 

***
 

Die nächsten Tage verbrachte Lavinia, soweit es ihr neben dem Unterricht möglich war, in der Bibliothek. Sie mied noch immer die Gesellschaft ihrer Freunde und vor allem Draco und Astoria ging sie vollends aus dem Weg. Sie musste zugeben, dass es ihr seid dem kleinen Duell zwischen ihr und Ron um einiges besser ging und sie war sich auch vollends bewusst dass es bereits Mittwoch war. Mittwoch bedeutete noch zwei Tage bis sie mit Draco ins Manor reisen würde, noch zwei Tag in denen sie sich einem klärenden Gespräch mit ihrem besten Freund stellen musste und auch wollte.
 

Noch immer saß der Schmerz tief. Noch immer war ihre Sehnsucht nach Normalität da und auch ihre Eifersucht auf Draco und seine Freundin herrschte in ihrem Herzen. Doch seid dieser Verteidigungsstunde hatte sie für sich etwas beschlossen, was ihr geholfen hatte wieder ein Stück mehr zu sich selbst und zu ihrer Magie zu finden.
 

Sie hatte beschlossen ihre Dunkelheit nicht mehr länger in ihrem Geist einzusperren und sie als einen Teil ihrer Persönlichkeit zu akzeptieren. Lavinia wusste, das diese dunkle Magie ihrer Seele, nicht der verheerende Sturm aus Zorn und Wut war, welcher der schwarzmagische Fluch ihres Vaters in ihr auslösen konnte.
 

Dieser verstärkte lediglich diese Gefühle und brachte somit ihrer Dunkelheit genügend Nährboden, um die Oberhand über ihr Bewusstsein zu erlangen und sämtliche Vernunft, Güte und Klarheit aus ihren Gedanken zu verbannen.
 

Doch eigentlich trug sie diese Dunkelheit seit dem Tag ihrer Geburt, als einen natürlichen Teil ihrer Seele mit sich, war mit ihr aufgewachsen, kannte sie wie ihre eigenen innersten Gedanken und Gefühle und im Grunde wusste sie also, wie sie diese Magie einzusetzen hatte. Denn ihr Dunkles Ich war genauso sie selbst wie der helle Teil, welchen ihr ihre Mutter hinterlassen hatte, um ihr am Ende eine Wahl zu geben, ein Leben, das zumindest nicht vollends vorherbestimmt werden konnte.
 

Aus diesem Grund war Lavinia dazu übergegangen sich nicht mehr dazu drängen zu lassen, diese dunkle Magie in ihr weiter zu verbergen. Sie lief nicht mehr weg, wenn sie spürte wie ihre Dunkelheit auf Streit und Ungerechtigkeiten reagierte. Sie blickte demjenigen, der ihren Groll auf sich gezogen hatte nun auch mit ihren rot glühenden Seelenspiegeln ins Gesicht, zeigte ihm, dass er sich mit einer Magie angelegt hatte, welche er niemals verstehen würde.
 

Vergessen waren Dumbledores oder Severus Beschwichtigungen, ihre Dunkelheit einzuschließen, ihr keinen Freiraum zu lassen. Diese Entscheidung war von Beginn an ihr größter Fehler gewesen. Denn jetzt lebte sie mit ihrer Seele, mit sich selbst und sie fühlte sich – trotz ihrer innersten Wünsche – ausgeglichener denn je.
 

***
 

„Hei, Reed! Die Sperrstunde beginnt in 5 Minuten! Das schaffst du wohl nicht mehr rechtzeitig! Ich werde dich wohl Professor Umbridge melden müssen“, sprach sie eine ihr wohl bekannte Stimme an und riss Lavinia, welche seit zwei Tagen nach Schriften über die Beschaffenheit von Prophezeiungen vertieft war, aus ihren Gedanken.
 

„Pansy…“, zischte sie genervt.

„Kluges Kind! Also lass uns gleich zu Professorin Umbridge gehen. Es freut dich sicher sie noch einmal vor den Ferien zu beehren, oder nicht?“, stichelte Pansy weiter.

„Ich habe noch etwas anderes vor Pansy…als sei mir nicht böse, wenn ich dich nicht begleite“, entgegnete die Grünäugige Hexe mit tonloser Stimme.
 

„Reed! Du wirst jetzt mitkommen! Ich bin Vertrauensschülerin und du wirst…“, keifte Pansy weiter, doch ehe sie zu Ende sprechen konnte blickte sie in das glühende Rot von Lavinias Augen.

„Was wolltest du noch mal von mir Pans?“, entkam es ihr mit einem kalten Lächeln im Gesicht.

Die Vertrauensschülerin stand regungslos vor Lavinia. In den letzten beiden Tagen hatte die braunhaarige immer noch eifersüchtige Hexe alles daran gesetzt Lavinia bei den Professoren in Missgunst zu bringen. Doch immer wieder hatte die Schwarzhaarige sie ohne mit der Wimper zu zucken davon abgehalten.

„Nichts…“, entkam es ihr zitternd und Pansy verschwand mit schnellen Schritten aus der Bibliothek.
 

Breit grinsend packte Lavinia ihre Bücher zusammen und machte sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum. Als sie dort hineinkam saßen Astoria, Draco, Blaise und Daphne noch am Kamin und schienen über ihren Aufsätzen für Zaubertränke zu sitzen. Severus war wirklich der einzige Professor – außer vielleicht Umbridge – der bis zum Ende seinen Schülern schwierige und umfangreiche Aufgaben stellte.
 

Als Lavinia auf die vier zuging, war es keine andere als Astoria die sie verblüfft ansprach: „Vina? Wo warst du so lange?“, frage sie freundlich und schaute flehend zu ihrer Freundin. Die junge Greengrass-Hexe litt sichtlich unter der immer noch angespannten Situation zwischen Lavinia, Draco und ihr. Fast täglich versuchte Astoria mit ihrer älteren Mitschülerin zu sprechen und herauszufinden, was diese Stimmung ausgelöst hatte.
 

„Lavinia…ich heiße Lavinia und es geht dich nicht wirklich was an, Astoria“, zischte die Tochter des Dunkeln Lords mit emotionsloser Stimme zurück.

„Aber ich nenne dich doch immer Vina…was ist los….Lavinia…?“, versuchte die braunhaarige Hexe weiter auf Lavinia einzureden.

„Astoria!“, säuselte Lavinia nun leise und ging auf sie zu.

„L A S S E S!“, zischte sie und ihre Augen glühten im gleichen Rot wie zuvor in der Bibliothek.
 

Als Draco dies realisierte stand er urplötzlich vor seiner Freundin. „Lavinia! Das ist Astoria eine deiner Freundinnen! Was ist mit dir los!“, versuchte nun der Blonde endlich an seine beste Freundin heranzukommen.

„Ich bin endlich ich, Draco…das bin ich….Licht und Dunkelheit!“, entgegnete sie und verschwand in ihrem Zimmer…
 

tbc



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