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Der Schwarze Schatten

von

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Vorsehung

Kapitel 38: Vorsehung
 

Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 38: Vorsehung
 

Es war mitten in der Nacht, als ein stürmischer Wind aufkam und durch die Straßen der japanischen Hauptstadt fegte. Es goss in Strömen und hin und wieder zuckten hell leuchtende Blitze durch das wirbelnde Weiß am Himmel. Das Unwetter hatte ganz Tokyo fest im Griff. Es war ein Gewitter wie es die Stadt seit langem nicht mehr erlebt hatte.

Ein Mann im einem dunkelblauen Anzug, einer Marke an seinem Gürtel und einen Halfter an seiner Seite, in der eine 9mm Pistole ruhte, ging gemächlich durch den breiten Flur, eines großen Bürokomplexes, während draußen die Natur ihre Macht demonstrierte. Er passierte Türen auf beiden Seite des Ganges, bei der eine der anderen glich und sie auch sonst recht unscheinbar wirkten. Der Boden war mit einem matten grauen Vinylbelag überzogen und die Wände waren in einem neutralen weiß gestrichen.
 

Der Agent patrouillierte durch den Flur, als das Licht über ihn zu flackern begann. Er blieb stehen und betrachtete die Leuchtstoffröhren über seinem Kopf, welche immer heftiger zu flimmern schienen, bis sie schließlich vollends erloschen. Stromausfall, der Mann war nun komplett von Dunkelheit umgeben. Nur durch das aufzucken der Blitze draußen, konnte man stets für einen kleinen Augenblick seine Silhouette und seine Umgebung wahrnehmen. Der Mann griff an seinen Gürtel und zog eine kleine kompakte Taschenlampe hervor, welche er sogleich anknipste. „Nicht auch das noch.“, seufzte er genervt und leuchtete den dunklen Flur hinunter. Er setzte sich in Bewegung, auf dem Weg zum Stromkasten. Vielleicht war es nur eine Sicherung, die rausgeflogen ist.

Was der Mann allerdings nicht bemerkte, als er sich wieder in Bewegung setzte, war eine zweite Person, welche plötzlich im Flur etwas weiter hinter ihm aufgetaucht war und dessen Schatten, durch das Leuchten eines erneuten Blitzes, an die Wand geworfen wurde. Das laute Donnern draußen, unterband jegliche Geräuschkulisse. Die schwarze Schattengestalt atmete schwer und starrte dem Mann hinterher, welcher den Flur weiter hinab ging und schon bald um eine Kurve bog. Sie trug lange schwarze Sachen, ein ebenso schwarzes Cap und Lederhandschuhe. Nachdem die Gestalt sich sicher war, dass der Agent verschwunden und auch sonst niemand mehr in der Nähe ist, richtete sie ihre Konzentration nun auf die Türen, welche durch den langen Korridor erschlossen wurden. Auch sie schaltete eine Taschenlampe ein und richtete das Licht auf die beschrifteten Schilder, welche an den Seiten der Türen angebracht waren. Die Person überflog flüchtig die Namen, die darauf standen und schwenkte das Licht von einer Tür zur nächsten. Dies wiederholte sich ein paar Mal, bis sie vor einem Raum stehen blieb mit der Aufschrift: Büro Agent Starling. Die schwarze Gestalt grinste breit und betrat leise und vorsichtig das Bürozimmer.
 

Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, ließ sie das Licht durch den Raum wandern. Zu sehen waren Regale, Aktenschränke, ein Schreibtisch, der Computer von Agent Starling und ein Bild daneben, von einem kleinen blonden Mädchen mit blauen Augen und einem Mann mittleren Alters mit Hornbrille, welche vor einem prächtigen Anwesen standen und in die Kamera lächelten. Kurz leuchtete das eingerahmte Foto im Schein der Taschenlampe auf, bevor der Lichtkegel weiterwanderte. Die Gestalt ging auf den Aktenschrank zu und öffnete mehrere Schubläden. Sie nahm die Taschenlampe in den Mund und richtete das Licht auf die Ordner, während sie begann diese durchzublättern. Blitzschnell ließ sie die Aktenbeschriftungen durch ihre Finger gleiten. Zielgerichtet arbeitete sie sich immer weiter durch, bis sie bei einem Ordner Halt machte. Erneut machte sich das boshafte Grinsen auf ihrem Gesicht breit.

Die mysteriöse Gestalt schrak jedoch kurz auf und das Selbstgefällige verschwand aus ihrem Gesicht, als das Licht im Flur wieder eingeschaltet wurde. Schnell zog sie eine Karteikarte aus dem Ordner und ging damit zum Computer hinüber. Über den Bildschirm gebeugt begann sie, auf der Tastatur Befehle einzugeben. Es erschien ein digitales Suchprogramm, welches mit den Archiven vernetzt war. Die Person tippte konzentriert die Nummer auf der Karteikarte ein und drückte Enter. Wie zu erwarten, öffnete sich ein rotes Fenster mit den Worten: Zugriff verweigert, Passwort benötigt.

Die Gestalt knurrte genervt, doch ließ sie keineswegs nicht von dem PC ab. Stattdessen zückte sie eine externe Festplatte hervor und schloss diese an den Computer an. Wild tippte sie willkürlich wirkende Tasten, bis ein Programm durchlief, welches für kurze Zeit die Firewall umging und es ihr somit erlaubte alle erforderlichen Daten aus dem geschützten Archiv hinüber zu kopieren. Bevor der Eingriff entdeckt werden konnte, wurde die Verbindung auch schon wieder gelöst und die Daten auf die Externe transferiert. Zufrieden über das Ergebnis, zog die Gestalt aus einer schmalen Tasche, einen Laptop hervor und zog nun die Informationen auf diesen. Von dort aus brauchte es nur noch ein paar kurze Handbewegungen auf dem Touchpad und die Daten waren verschickt.
 

Schritte waren im Flur zu hören.

Eilig packte die Gestalt sein Equipment zusammen und fuhr den Computer wieder herunter. Sie schaltete die Bildschirm aus, sodass dieser den Raum nicht länger mit seinem gleißenden Licht durchflutete. Die Kartei legte sie ebenfalls zurück an ihren Platz und verstaute diese wieder mitsamt dem Ordner im Aktenschrank. Nun schaltete die Gestalt auch ihre Taschenlampe aus und schlich sich in geduckter Haltung durch die Dunkelheit Richtung Tür. Nur ein schwaches Leuchten, welches von den Deckenlampen im Flur über eine kleine getrübte Glasscheibe in der Tür hineinschien, spendete ihr etwas Licht. Die Person presste sich gegen die Wand und lauschte nach draußen, wo die Schritte immer näherkamen. Sie beobachtete die Umrisse eines Mannes, vermutlich die des Agenten von vorhin, welcher erneut durch die Flure marschierte. Als er das Büro von Agent Starling passiert hatte und die Geräusche draußen wieder leiser wurden, öffnete die Gestalt vorsichtig die Tür einen Spalt breit und späte hinaus. Anschließend schlich sie sich zurück in den Flur und bewegte sich auf leisen Sohlen in Richtung der Treppe. Als sie diese erreichte verstaute sie Cap und Handschuhe in der Laptoptasche und eilte die Stufen hinunter ins Erdgeschoss. Sie kramte ihr Handy aus der Jackentasche und tippte in wenigen Sekunden eine Nachricht, welche sie an ihren Kontakt verschickte.
 

Etwas später erreichte die Person den Parkplatz hinter dem Gebäude.

Vollkommen unbeeindruckt von den Kameras, welche überall auf dem Gelände angebracht waren, steuerte sie auf einen schwarzen Cadillac zu. In der Rückscheibe vom Kofferraum blinkte eine Apparatur mit Antenne, welche seit ihrer Ankunft, die Übertragung der Überwachungskameras störte, wodurch diese nicht mehr als ein flimmerndes Bild sendeten.

Als die Gestalt die Fahrertür entriegelte und einsteigen wollte, rief jemand nach ihr.

„Harper, hey Harper.“

Ein etwas pummeliger Wachmann mit Taschenlampe stapfte durch die tiefen Pfützen, welche sich durch das andauernde Unwetter gebildet hatten, auf die Person zu und leuchtete diese an.

Langsam drehte sich der Mann, namens Harper, um und schaute den Wachmann gespielt freundlich an, hielt dabei aber seine Hand vor das Gesicht, um nicht in den grellen Schein der Lampe sehen zu müssen.

„Äh, kann ich ihnen helfen Mister?“, fragte er.

Der Wachmann kratzte sich etwas verwirrt am Hinterkopf und schob damit seine Dienstmütze etwas tiefer ins Gesicht.

„Warum denn so formell Ethan?“, reagierte der Uniformierte belustigt.

Die Augen von Harper hatten sich in der Zwischenzeit an das Licht der Taschenlampe gewöhnt, welche nun von ihrem Besitzer auf den Boden gerichtet wurde. In ihrem Schein gelang es ihm, das Namensschild auf der Brust des Wachmanns zu lesen.

„Ah, hey Joseph, gar nicht erkannt, noch so spät Schicht?“, erwiderte Harper ruhig.

„Das Gleiche könnte ich wohl von dir behaupten.“, entgegnete der Wachmann Joseph, welcher sein Gegenüber neugierig betrachtete.

„Mal wieder extra Stunden geschoben was?“

Harper lachte gezwungen. „Ja, ja, ist wie immer viel los. Du weißt schon.“

„Mmmh, sag mal, hast du auch diesen Stromausfall vorhin mitbekommen und schon den ganzen Abend über spinnen die Kameras herum.“

Harper tat so, als wäre er überrascht. „Naja, das liegt wahrscheinlich am Unwetter. Ist heute schon an einigen Stellen was eingeschlagen. Sicherlich nur eine Störung.“, reagierte er kühl.

Joseph rieb sich die Stirn und drückte sich mit dem Daumen die Mütze wieder aus dem Gesicht.

„Auf diesen ganzen Hightechkram kann man sich eben nicht verlassen, dass habe ich schon immer gesagt. Immer wenn sowas Eintritt und die Technik versagt, müssen leider altmodische Mittel greifen. Du müsstest also kurz mit mir kommen und deine Daten hinterlegen, damit wir wissen, wann du das Gelände verlassen hast. Das routinemäßige Zeug eben.“

„Äh, musst das unbedingt sein, ich meine es ist doch schon recht spät Joseph.“

„Ich weiß, ich weiß und ich finde es ebenso lästig wie du, aber so verlangt es halt nun einmal das Protokoll, wenn die Kameras im Außenbereich versagen. Ich brauche übrigens auch noch deine Personalien, aber das kennst du ja alles.“, fügte der Wachmann hinzu und drehte sich bereits um, um voraus zu gehen, da bemerkte er das Gerät im Kofferraum, welches weiterhin vor sich hin blinkte.

Er hielt kurz inne und schien zu überlegen, was es mit dieser Apparatur auf sich hatte.

Harper bemerkte seinen Blick und seine Züge wurden düster.

„Ich denke das wird nicht nötig sein.“, antwortete er kalt und packte Jospeh von hinten, wobei er ihm mit der Hand gewaltsam den Mund zupresste. Dieser war vollkommen überrumpelt und zögerte für wenige Sekunden, die sein Schicksal besiegeln sollten. Harper zückte seine Waffe und drückte dem Wehrlosen zwei Kugeln in den Rücken. Das erneute Grollen des Gewitters ließ das Geräusch der Schüsse im Keim ersticken. Jedweder Schrei des Opfers, wurde von Harpers festen Griff unterbunden.

Noch bevor der Wachmann zu Boden sinken konnte, packte Harper ihn unter den Armen und verstaute ihn im Kofferraum. Um das Blut machte er sich keine Sorgen, würden alle Beweise schließlich in wenigen Minuten vom andauernden Regenguss ausgelöscht werden.

Er stieg ins Auto, startete den Motor und verließ kurz darauf das Gelände des geheimen FBI-Hauptquartiers. Mit einem ordentlichen Tempo raste er über die leer gefegten Straßen, raus aus der Innenstadt. Harper wischte sich angespannt, das nasse Gesicht trocken, als sein Handy vibrierte. Er nahm es in die Hand und lass die soeben erhaltene Nachricht: Gute Arbeit, Auftrag ausgeführt.
 

Zur gleichen Zeit legte Rum sein Handy auf seinen Schreibtisch ab, worauf er noch gerade eben die Nachricht verschickt hatte.

Er sah zufrieden auf den Monitor vor sich, wo er die ihm geschickten Daten einsah.

„Operation Panacea also.“

Er fuhr sich nachdenklich durch den grauen Bart, als sich seine Bürotür öffnete und Inspektor Shiratori eintrat.

„Herr Polizeirat, sie sind immer noch hier? Es ist schon spät. Sie sollten am besten für heute Schluss machen.“, sprach dieser besorgt.

Kuroda sah auf und blickte seinen Untergebenen an. „Schon gut Shiratori, danke. Warten sie kurz draußen, ich begleite sie gleich.“

Der Inspektor nickte. „Wie sie möchten.“, damit schloss er die Tür wieder hinter sich.

Kuroda leitete die Informationen mit einigen Mausklicks weiter und fuhr seinen Computer anschließend herunter. Er erhob sich aus seinem Stuhl, steckte sein Handy in die Brusttasche seines Anzugs und richtete seine Krawatte. Ohne eine Miene zu verziehen löschte er das Licht und verließ den Raum, um sich Shiratori anzuschließen.
 


 

Grelles Neonlicht flutete die gesamte Sektion. Laut surrten die Aggregate und die Rechner in den Serverräumen, welche eine große Anzahl an Informationen speichern und verarbeiteten mussten.

Der Raum in denen sie sich befanden, war vollkommen abgeschottet von dem, was außerhalb lag. Es herrschte ein leichter Unterdruck und durch die sterilere und stark gefilterte Luft der Klimaanlage, roch es überall nach Desinfektionsmittel. Nur in einer hundertprozentigen keimfreien Umgebung konnten ihre Experimente Früchte tragen.

Mehrere Menschen in weißen Kitteln bewegten sich durch den isolierten Untersuchungsraum. Sie wirkten alle wie schweigsame Geister, die einfach nur ihrer Bestimmung zu folgen schienen.

Ein leichtes Brummen war zu vernehmen, als die Zentrifuge eingeschaltet wurde. Zwei Wissenschaftler standen daneben und dokumentierten jede Kleinigkeit. Sie trugen Handschuhe und hatten Schutzbrillen auf.

Als die Apparatur ihre Arbeit abschloss, nahm eine junge Frau eines der Reagenzgläser heraus und bereitete eine Probe vor, um diese im Anschluss unter dem Mikroskop zu begutachten. Die beiden anderen Weißkittel, mit ihren Notizblöcken, wichen ihr dabei nicht von der Seite. Die Frau sah durch die Linse auf ihr Untersuchungsobjekt.

„Durch das Trennverfahren wurden nun die roten und weißen Blutkörperchen erfolgreich zum Blutplasma separiert. Als nächstes müssen die Blutkörperchen extrahiert werden, damit sie mit der neuen Version unseres Wirkstoffes versehen werden können.“, erklärte die Forschungsleiterin, während die anderen fleißig notierten.

Über Lautsprecher wurde plötzlich eine Durchsage gemacht: „Amarula soll sich bitte sofort in ihrem Büro einfinden.“

Die junge Frau hob ihren Kopf und machte einen genervten Eindruck. Mit einem Seufzen wandte sie sich zu ihren Arbeitskollegen.

„Führen sie die nächste Phase bitte weiter durch. Injizieren sie den Wirkstoff und beobachten sie die folgende Entwicklung weiter. Die weißen Blutkörperchen sollten ihren Dienst weitestgehend einstellen, während die roten Blutkörperchen sich hoffentlich exponentiell vermehren. Dokumentieren sie alles, was sie in Erfahrung bringen können, ich komme später wieder vorbei.“

„Verstanden.“, gab einer der beiden Wissenschaftler zu verstehen und alle widmeten sich wieder ihrer Arbeit.
 

Amarula verließ über eine kleine Luftschleuse den isolierten Untersuchungsraum und ging nun einen langen weißen und ebenso steril wirkenden Flur entlang. Sie setzte ihre Schutzbrille ab und streifte sich die Gummihandschuhe von den Fingern.

Das permanente Neonlicht reizte auf Dauer ihre Augen, ebenso die Tatsache, dass sie ununterbrochen unter der Erde arbeiteten und nicht einmal die Sonne zu Gesicht bekamen. Frühs, noch bevor es hell wurde, saß sie schon wieder im Labor und sie würde erst wieder ihren Arbeitsplatz verlassen, wenn die Nacht so langsam vom Tag abgelöst werden würde. Vom eigentlichen Tag bekäme sie dann allerdings nicht viel mit, da sie ihre kurze Auszeit, wie immer dazu verwenden würde, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu bekommen.

Sie folgte weiterhin dem Flur durch das Geheimlabor der Organisation. Weitere Weißkittel und auch einzelne bewaffnete Männer in Schwarz kamen, auf ihren Weg zu ihrem eigenen Büro, an ihr vorbei. Sie ignorierte sie alle weitestgehend, waren sie ihr schließlich allesamt gleichgültig. Sie war hier, um ihre Forschungen voranzutreiben und dieses Labor bot ihr alles, was sie dazu benötigte.
 

Endlich erreichte Amarula ihr Ziel.

Sie betrat die Räumlichkeiten, wo sie bereits jemand auf ihrem Stuhl, hinter dem Schreibtisch, erwartete, der ihre Laune schlagartig in den Keller beförderte.

„Was suchst du denn hier Ouzo?“, murrte sie, als sie den tätowierten Fels erblickte, welcher mit einem widerlich breiten Grinsen ihr Eintreffen herbeigesehnt hatte.

Mit hochgezogener Augenbrauen tippte die junge Forschungsleiterin ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden.

„Nun ich höre? Ich habe nämlich noch viel zu tun. Was ist so wichtig, dass du mich von meiner Arbeit abhältst?“

„Entspann dich Schätzchen.“, versuchte Ouzo seinen gereizten Gesprächspartner zu beruhigen, wobei er sich aber nur halbherzig Mühe gab. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und legte es vor ihr auf den Schreibtisch. Wie auf Kommando begann es zu klingeln.

„Ist für dich.“, sprach der Fels trocken.

Amarula wirkte etwas verwundert, griff aber wortlos nach dem Telefon und nahm den Anruf entgegen. Die Stimme am anderen Ende der Leitung sorgte für eine wachsende Anspannung in ihr und senkte die Temperatur im Raum gefühlt um mehrere Grade.

„Hallo Amarula, schön dass du Zeit für mich erübrigen konntest.“, vernahm sie die Stimme ihres Bosses.

„Co…Cognac, wie kann ich behilflich sein? Geht es um den Fortschritt des Wirkstoffes?“

Ouzo beobachte derweilen Amarula während ihres Telefonats und tippte mit seinen Fingern in einem gleichmäßigen Rhythmus auf die Tischplatte vor ihm.

„Was? Wie soll ich das verstehen?“, sprach die junge Frau nun, als Reaktion auf das, was ihr Cognac soeben mitteilte.

„Du hast mich schon verstanden. Es bedeutet zwar vorerst einen leichten Rückschlag für uns, doch das eigentliche Ergebnis wird uns letztendlich sehr entgegenkommen. Es wird mir auch die letzten Feinde vom Leibe schaffen und es mir ermöglichen Anokata endlich zu beseitigen. Ich erwarte also deine völlige Kooperation.“

„Ja sicher, natürlich. Ich werde alles in die Wege leiten.“, erwiderte Amarula zaghaft und klang dabei hörbar nicht begeistert.

„Hier geht es um viel mehr Amarula, vergiss das nicht und denk immer daran auf welcher Seite du stehst und wem deine Loyalität gilt, hörst du. Ich werde dir Ouzo zur Seite stellen, er wird dafür sorgen, dass alles so umgesetzt wird, wie ich es wünsche.“

Die brünette Frau sah zu dem tätowierten Glatzkopf hinüber und wirkte nicht erfreut. Dieser grinste nur zufrieden, da er sich denken konnte, dass es gerade um ihn ging. Es knackte in der Leitung und Cognac hatte das Gespräch einfach beendet. Für ihn war alles geklärt, was es zu klären gab.

Amarula nahm das Handy vom Ohr und warf es Ouzo entgegen.

„Noch Fragen?“, wollte dieser provokant wissen.

„Wir sollten aufhören zu quatschen und lieber anfangen. Wir haben schließlich nicht mehr als 24 Stunden.“, versuchte sie sich nichts anmerken zu lassen und verließ den Raum, ohne Ouzo noch eines Blickes zu würdigen.
 


 

So schwer der Sturm in der Nacht auch getobt hatte, so konnte er doch nicht den Schlaf von Shiho für nur eine Minute stören. Sie blinzelte leicht, als sie erwachte und die Sonne bereits einen herrlichen Tag ankündigte. Herrlich unter normalen Umständen vielleicht. Vielleicht für normale Leute, die ihrem normalen Alltag nachgingen so wie jeden Morgen, doch bei ihr war es etwas anders, denn heute Abend würde sich herausstellen, ob es ihnen gelingen würde, der Organisation die Stirn zu bieten.

Shiho drehte ihren Kopf mit dem zerzausten rotblonden Haar Richtung Fenster. Auch wenn es draußen recht sonnig war, war die Scheibe immer noch mit feinen Regentropfen überzogen, die langsam begannen zu trocknen. Das Fenster war leicht angelehnt, wodurch sie das Zwitschern der Vögel in dem großen Baum, welcher neben dem Anwesen stand, hören konnte. So ruhig und friedlich war es immer, bevor ein Sturm losbrach, der eigentliche Sturm, einer, der den von gestern Nacht in den Schatten stellen würde.

Shiho streckte ihre Arme noch etwas verschlafen von sich und drehte ihren Kopf auf die anderen Seite, wo sie allerdings nicht ihren Geliebten vorfand, sondern nur eine zerknüllte Bettdecke. Er schien schon früh aufgestanden zu sein, vermutete sie und drückte ihre Nase in das Kopfkissen neben sich. Es roch noch nach ihm.

Zeitgleich nahm sie aber auch einen anderen Duft war und streckte ihr feines Näschen in die Luft. Der Geruch schien von Brötchen und anderen Köstlichkeiten zu kommen. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Er macht Frühstück, dachte sie und dehnte sich noch einmal unter ihrer Decke, während sie einen zufriedenen Seufzer ausstieß.

Ihr ging es wirklich gut, so wie es gerade war, war es schön und sie wünschte es könnte immer so sein. Sie und Shinichi, zusammen in einem großen Haus, welches sie ihr Eigen nennen konnten und jeden Morgen der angenehme Geruch der Brötchen.

Sie schwenkte ihren Kopf zum Tisch neben dem Bett, auf dem ein kleiner schwarzer Wecker stand.

„Zehn Uhr morgens.“, nuschelte sie. Das bedeutete 48 Stunden, waren seit der Einnahme von Zero vergangen. Viel Zeit hätten sie nicht mehr bis zu ihrer endgültigen Rückverwandlung, maximal einen Tag nach Beendigung der Operation. Dennoch war sie zuversichtlich das, wenn sie fündig werden sollten, diese Spanne für die Entwicklung eines endgültigen Gegenmittels alle Male ausreichen würde.
 

Shiho wandte sich zur Tür, als diese plötzlich aufging und Shinichi mit einem großen Frühstückstablett in das Schlafzimmer stolzierte.

„Guten Morgen mein Schatz.“, begrüßte er sie gut gelaunt.

Die rotblonde Frau richtete sich langsam auf und hielt sich die Bettdecke vor ihren Oberkörper, schließlich trug sie nichts am Leibe.

Komisch, dachte sich die junge Wissenschaftlerin, bildete sie sich das nur ein oder hatte sie gerade ein Déjà-vu. Shinichi kam derweil auf das Bett zu und stellte das vollbeladene Tablett neben Shiho. Er gab ihr einen liebevollen Gute-Morgen-Kuss. Seine Freundin wirkte dabei etwas verdutzt, viel mehr zerstreut. Sie könnte schwören, dass sie diese Szenen schon einmal erlebt hatte.

„Ich habe dir Frühstück gemacht, ich hoffe es schmeckt dir.“, verkündigte der junge Detektiv mit einem Anflug von Stolz in seiner Stimme. Shiho lächelte ihn dankend an und ließ ihren Blick über das ausgiebige Angebot schweifen.

„Das ist wirklich lieb von dir, aber das wäre doch alles gar nicht nötig gewesen.“

Shinichi erhob sich wieder und steuerte auf den Kleiderschrank, welcher in einer Ecke des Schlafzimmers stand, zu.

„Das ist doch das Mindeste, nach letzter Nacht.“, grinste er breit.

„Du hast Recht behalten, es war wirklich schön und ich bereue nichts.“

Shiho verschluckte sich bei seinem Satz an einem Stück Pfannkuchen. Nicht, dass sie sich nicht mehr an das, was gestern passiert war, erinnern könnte, es war vielmehr, dass sie nun endlich begriff, woher sie dieses Gespräch bereits kannte. Shinichis Traum war am Abend zuvor Wirklichkeit geworden und sie hatte es zuerst gar nicht glauben wollen. Es entzog sich aller wissenschaftlichen Grundlagen, mit denen sie so vertraut war. Sie konnte es sich einfach nicht erklären, wie so etwas nur sein konnte und nun, der nächste Traum, welcher eintraf. Dieses Mal war es ihr eigener Traum, der, in dem sie eine Gefangene von Gin war, doch letztlich im Bett von Shinichi aufgewacht ist, genau wie jetzt. Dieselbe Umgebung, dieselben Ereignisse, derselbe Dialog. Erneut ist etwas, was sie glaubten nur geträumt zu haben, wirklich eingetreten.
 

„Alles in Ordnung?“, fragte Shinichi etwas besorgt.

Shiho lachte peinlich berührt und wollte sich nichts anmerken lassen. Sie hatte ihm schließlich nie etwas über diesen Teil ihres Traums erzählt. Die rotblonde Frau musste sich eingestehen, dass auch das ein kleines Geheimnis war, welches sie vor Shinichi hatte.

„Jaja, es ist nichts, alles super.“, erwiderte sie hastig und schob sich schnell das nächste Stück Pfannkuchen mit Ahornsirup in den Mund, um weiteren Fragen auszuweichen. Ihrer Meinung nach, war dies sowieso nicht von allzu großer Bedeutung.

Ihr Freund kam vom Kleiderschrank zurück und legte ihr einige Anziehsachen auf das Bett.

All ihre neu gekauften Sachen, waren von ihr, am Tag zuvor, in dem Schrank deponiert worden. Da sie hier zurzeit wohnte, wieso sollte sie hier auch nicht ihre Klamotten unterbringen.

„Hier bitte, sobald du fertig gefrühstückt hast, kannst du duschen und dich anziehen, wir haben heute ja noch einiges vor.“ Er strahlte sie herzerwärmend an.

„Ach und bevor ich es vergesse…“, er zog etwas aus seiner Hosentasche und legte Shiho ihr ihre Kette um den Hals, welche sie gestern noch auf dem Nachttisch abgelegt hatte, „…mein Herz, welches auf immer dir gehört.“

Shiho legte eine Hand an ihre Wange, stützte ihren Ellenbogen gegen ihr angewinkeltes Bein und sah ihn wortlos, mit einem zuvorkommenden Lächeln an.

„Was ist?“, frage er lachend. „Etwa zu kitschig?“

Nein, das ist es nicht, dachte sich die Wissenschaftlerin vergnügt. Shiho war im Vorfeld sich bereits im Bilde gewesen, dass dies nun als nächstes folgen würde und es war ganz lustig auch mal einen Schritt voraus zu sein, genau wie Shinichi am Abend zuvor.

Sie streifte die Decke von ihrem Körper und bewegte sich, so wie Gott sie geschaffen hatte, auf einen Stuhl an der Kommode zu, worüber ein Handtuch lag. Dieses nahm sie an sich und wickelte es sich um.

„Ich gehe lieber gleich duschen. Dauert auch nicht lange, versprochen. Dann können wir in Ruhe zu zweit frühstücken.“, sagte sie sanft und huschte, leisen Schrittes, zur Tür hinüber.

Shinichi legte sich quer auf das Bett und verfolgte die Bewegungen seiner anmutigen Freundin. Sie stand schon im Türrahmen, als er zu ihr sagte: „Das sollten wir unbedingt wiederholen, meinst du nicht auch?“
 

Shiho war mit dem Rücken zu ihm gewandt, als ihr, bei seinen Worten, der Atem stockte und sich alles in ihr zu verkrampfen begann. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht sehen, welcher nun völlig panisch und verängstigt war.

Erneut hatte sie ein Déjà-vu, aber war dies keins aus einem ihrer Träume, sondern aus einer Zeit in ihrem Leben, welche sie sich wünschte für immer vergessen zu können.

Der Angstschweiß lief ihr regelrecht den Rücken hinunter, sie spürte ihren erhöhten Puls am Hals und drehte sich zaghaft zum Bett um. Sie war hier, überall im Raum, die Aura der Organisation.

Sie war nicht mehr in ihrem und Shinichis Schlafzimmer, sondern blickte auf ein schlichtes Bett in einem bescheidenen Hotelzimmer.

Auf dem Bett, in derselben Haltung, wie Shinichi, lag Gin mit freien Oberkörper und einem finsteren Grinsen im Gesicht, während er an einer Zigarette zog.

„Das sollten wir unbedingt wiederholen, meinst du nicht auch, Sherry?“, sprach der Mann mit dem langen blonden Haar dunkel und mit kehliger Stimme, als er seinen Blick auf ihren knappbedeckten Körper fixierte. Eingeschüchtert und verängstigt blickte sie zu Gin hinüber. Es war ein Fehler, ein großer Fehler. Sie hat seine Gier nach ihr nur noch mehr gefüttert. Viel zu spät wurde es ihr damals klar. Wieso musste sie, genau jetzt, erneut mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Sie wollte ihre Liebe nicht mit diesem Monster vergleichen.

Schnell wandte sie sich ab und verließ eilig das Zimmer. Shinichi blickte ihr dabei nichtsahnend nach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Blue_StormShad0w
2018-09-11T14:38:24+00:00 11.09.2018 16:38
Hallo und guten Abend.
Wow, der Anfang dieses Kapitels hier war wirklich superspannend!
Beschreibung der Umgebung und allgemein die Atmosphäre kam sehr gut an. (^^)b
Na klasse! Harper, ein Mitglied des Einsatzteams ist also ein Verräter. Ganz toll. Und er hat alle wichtigen Daten zum bevorstehenden Einsatz kopiert und an Rum gesendet. Und damit Vorhang auf, zur bevorstehenden Katastrophe. Denn das wird bestimmt die Teams gehörig in Schwierigkeiten bringen.
Ja, Rums Identität ist bis heute ja noch ein großes Geheimnis. Und wer es von den drei Rum-Kandidaten es ist, bin ich schon sehr, sehr gespannt. Hier in der Story ist es Kuroda, der ja schon in der Geschichte seinen kurzen Auftritt hatte.
Hm, Amarula scheint der Befehl von Cognac gar nicht zu schmecken, dass er ihr Ouzo zur Seite stellt. Auch wird deutlich, dass sie wenig Sympathien für diesen empfindet.
Ja, ja, jetzt ist auch der Teil von Shihos Traum eingetreten, den sie Shinichi damals nicht offenbart hatte. (^-^)
Oh … mein … Gott! Das Ende war wirklich überraschend gewesen - auf die geschockte weise. Die diese unbedachten Worte von Shinichi die selben waren, wie die von Gin damals … Bwah! Will mir das nicht weiter ausmalen! (>.<) Was Shinichi dazu sagen wird, wenn sie es ihn irgendwann mal erzählen wird?
Okay, dann bis demnächst mal wieder. Angenehmen Abend noch, ciao! (^^)/
Antwort von:  Cognac
11.09.2018 23:10
Nabend
Ups, da hat die Organisation die Pläne zur Operation Panacea erbeutet.
Harper wird bei dem Einsatz ebenfalls dabeisein. Auch er könnte eine mögliche Bedrohung darstellen. Allerdings hat er sich auch recht merkwürdig verhalten, findest du nicht?
Fakt ist, Cognac weiß das sie kommen werden, dank Rum, welcher bei der Polizei die Stellung hält. Die Möglichkeiten, was alles beim Finale passieren könnte, werden immer zahlreicher und alle Charaktere werden an einem Ort aufeinander treffen. Sicherlich bleibt diese Konfrontation nicht ohne Folgen.
Bei Kuroda bin ich ehrlich gesagt der Meinung, dass er nicht Rum ist, obwohl ich es in meiner Geschichte so darstelle, aber mal schauen, auch ich bin gespannt, wer es denn nun wirklich ist.
Tja und Shihos Vergangenheit, wohl ein weiteres düsteres Kapitel. Sicherlich wird sie Shinichi nicht ewig von der traurigen Wahrheit bewahren können, aber es soll ja auch noch genug Erzählstoff zwischen den. Beiden für den zweiten Teil geben.
Bei dreht sich auch alles, wenn ich daran denke, dass Shiho und Gin etwas hatten und sei es auch nur für eine Nacht.
Aber gerade weil das auch solch eher negativen Stimmungen in einen auslöst, passt es gut zu der Story. Nicht alles ist schön.

Gut dann noch eine gute Nacht.
Cognac


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