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Der Abend vor dem Turnier

Yugi, Joey, Herr Muto und meine Wenigkeit saßen gemeinsam im Wohnzimmer von Yugis Großvater, mit Plätzchen und Tee. Es war der letzte Abend vor Turnierbeginn. Ich war ehrlich gesagt weit weniger nervös, als ich befürchtet hatte. Natürlich, die Last der ganzen Welt lag auf meinen Schultern, aber hey – ich war wohl nicht ganz böse, und hatte starke Freunde, die an meiner Seite standen.
 

„Ich habe dein Duell damals mitverfolgt“, riss Herr Muto mich aus meinen Gedanken und schnappte sich lächelnd einen Keks. „Wie du gemeinsam mit Kaiba die Gebrüder Paradox besiegt hast, das war schon eine starke Leistung.“
 

„Wissen Sie, Herr Muto, ohne Yugi und Joey wäre ich dazu nie in der Lage gewesen. Sie haben mir vor Kaiba ein wenig die Angst genommen.“
 

Das stimmte auch so. Mittlerweile war ich in der Lage, mich auf Augenhöhe mit Kaiba zu bewegen, wenn wir uns unterhielten. Nicht, dass er mich nicht spüren ließ, dass ich nur ein geduldeter Gast in der Kaiba-Villa war, aber unser Verhältnis hatte sich doch verändert. Er schien mich ähnlich wie Yugi zu respektieren, und das galt auch umgekehrt. Wir würden nie enge Freunde werden, Kaiba und ich, aber der CEO war weit weniger schlimm zu mir, als zu Beginn. Außerdem war da noch Mokuba, und den wollte er nicht verärgern.
 

„Du wirst beim Turnier abräumen, bis du an mich gelangst“, tönte Joey großspurig und nippte an seinem Tee.
 

„Schatz, glaube mir, in deinem Duell hast du keine guten Karten gegen mich – welch Wortwitz“, lachte ich und schnappte mir die Hand meines Freundes. Vor Herrn Muto und Yugi schämte er sich nicht, und auch wenn der Schritt, sich zu outen, noch nicht erfolgt war, so ertappte ich den Blondschopf immer öfter, wie seine Finger zuckten, wenn wir nebeneinander durch die Stadt gingen, oder in der Schule gemeinsam an einem Tisch saßen.
 

„Du hast wohl was von Kaiba angenommen. Gewöhne dir das gleich wieder ab, sonst…“
 

„Sonst was?“, fragte ich herausfordernd und zuckte mit meiner rechten Augenbraue. „Soweit ich weiß, Mister Wheeler, bin ich der, der beim Vö…“
 

„Schon gut, es langt“, rief Joey und wurde puterrot im Gesicht.
 

„Das glaube ich auch“, schmunzelte ich und sah zu Yugi, der nur grinsend den Kopf schüttelte.
 

„Ich bin gespannt, wie die Raritätenjäger dieses Mal zuschlagen wollen“, lenkte Herr Muto das Gespräch wieder auf ein ernsteres Thema und knusperte dabei ein weiteres Plätzchen. Der alte Mann war ein hervorragender Zuckerbäcker. Seine Schokoladenplätzchen waren die Wucht.
 

„Ich will es gar nicht wissen. Kaibas Verhalten ist unverantwortlich. Es können sich auch andere Duellanten auch an diese semibewachten Orte verirren. Was ist dann?“ Das war sowieso etwas, das mir sauer aufstieß, aber Kaiba war von seinem Plan nicht abzubringen. Er wollte unbedingt, dass den Raritätenjägern die Gelegenheit dazu gegeben wurde, sich zu bedienen, oder uns zumindest aus der Reserve zu locken.
 

„Dann müssen wir eben einspringen“, murmelte Joey.
 

„Ich bereue es ein wenig, mich darauf eingelassen zu haben. Nichts gegen dich, Yugi“, fügte ich hastig an und erntete ein verständnisvolles Nicken. „Aber es ist schon verdammt viel gewesen dieses Jahr. Zuerst der Ring, dann die Sache mit Mei, Joeys Vater – ich möchte keine Sekunde missen, nur…“
 

Beinahe zeitgleich schlossen sich zwei weitere Hände um meine und die von Joey. Yugi und sein Großvater sahen mich entschlossen an, voller Wärme und Güte, genauso wie mein Freund, der meine Finger fest drückte.
 

„Hast du eigentlich noch etwas an deinem Deck optimiert, David? Yugi meinte, du würdest mit dem Herz der Karten kämpfen, was schon einmal gut ist.“ Herr Muto strich sich mit der freien Hand eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
 

„Ich, nun… Ja und Nein, ich habe eine Karte noch hinzugefügt, oder mich eher dazu entschlossen, sie zu verwenden.“
 

Neugierig starrten mich drei Augenpaare gleichzeitig an, was mir zusehends unangenehm wurde. Ich hatte eigentlich nicht damit herausrücken wollen, aber, keine Ahnung warum, mir kam der Moment gerade richtig vor.
 

„Pegasus hat mir damals im Duell einen Wunsch freigestellt. Jede Karte dürfe ich mir aussuchen, sogar einen Weißen Drachen.“
 

„Du hast einen Weißen Drachen in deinem Deck?“, platzte es aus Joey heraus.
 

„Nein“, murmelte ich und zog mein Deck hervor. „Etwas noch viel Schlimmeres.“
 

„Was soll noch schlimmer sein als ein Weißer?“
 

Ich wusste seltsamerweise genau, wo die Karte steckte. Nur ungern löste ich meine rechte Hand aus der Verschränkung, die unser Team gebildet hatte, um die absolute Rarität aus meinem Deck zu präsentieren. Als ich die Karte umdrehte, schnappte Joey nach Luft, Yugi schrägte verwundert den Kopf und Herr Muto strich sich über das Kinn.
 

„Du hast was?“ Joey wirkte, als wäre er kurz davor gewesen, mich durchzuschütteln.
 

„Eine sehr seltene Karte, wahrscheinlich sogar ein Unikat.“ Herr Muto streckte seine Hand aus, zögerte aber, sie zu berühren. Erst auf mein Nicken hin schnappte er sich die Toon World und zog sie zu sich heran.
 

„Warum hast du nichts gesagt? Sie nie eingesetzt?“ Joey löcherte mich aufgeregt mit Fragen, die ich ausblendete. Yugi wirkte, als hätte ihn etwas getreten.
 

„Yugi?“
 

„Nichts, es ist nur…“
 

„Joey, halt mal bitte kurz den Mund ja“, brachte ich meinen Freund zum Verstummen und schenkte dem König der Spiele einen besorgten Gesichtsausdruck.
 

„Weißt du, genau an dieser Karte ist damals fast alles gescheitert. Mühelos hat Pegasus damit Kaiba die Seele rauben können. Seine Toons waren nahezu unterstörbar. Ohne mein Zusammenspiel mit dem Pharao…“
 

„Ich wollte sie eigentlich dir geben“, sagte ich nach einer Weile des Schweigens, das nur von einem gelegentlichen Brummen Herrn Mutos und einem Schlürfen Joeys unterbrochen wurde.
 

„Was?“
 

„Naja, Yugi, du bist mein bester Freund, und ich hege ein wenig Zweifel daran, dass ich ins Finale komme. Irgendwie muss ich dich unterstützen. Ohne dich wäre ich auch nie über meinen Schatten gesprungen und hätte in die Finsternis in meinem Herzen geschaut. Du hast mir meine Sachen für das Rennen organisiert, du warst immer da, als ich eine Stütze brauchte. Sogar mit Joey hast du mir geholfen. Dein Buster Blader hat mich in der VR stark genug gemacht, Mei zu besiegen. Du und der Pharao, ihr habt mich so geformt, so weit gebracht, dass ich in der Lage bin, hoch erhobenen Hauptes selbst Kaiba ins Angesicht zu schauen. Du hättest sie verdient, nicht ich.“
 

Yugi rieb sich peinlich berührt die Nase und entwickelte ein großes Interesse an seinen Füßen, die unter dem Tisch herumbaumelten.
 

„Natürlich haben mich auch die anderen aufgefangen, aber egal wie finster es auch gewesen sein mag, um mich herum, du und Joey habt mich immer wieder ins Licht zurückgebracht. Früher, heute und wahrscheinlich auch im nächsten Leben. Mit euch in meiner Nähe habe ich keine Angst, dass mich die Dunkelheit übermannt.“
 

Mein Blick wanderte zwischen Joey und Yugi hin und her. Mein Freund war inzwischen auch an dem Punkt angelangt, wo er mit dem Stuhl vor und zurückwippte. Einzig Herr Muto schien vollständig mit der Analyse der Toon World beschäftigt zu sein, und uns auszublenden.
 

„Ich hätte mir nie gedacht, dass ich einmal so weit kommen würde, mich so entwickeln würde. Ich habe zuhause gute Freunde, keine Frage, aber hier, in Japan, lebt mein bester Freund, und meine große Liebe. Für jeden von euch bin ich bereit, in den Duellen mein Bestes zu geben. Der Ring und ich sind jetzt wirklich eins, genauso wie Mahad und ich. Wir sind ein Team, wie du und der Pharao. Wenn ich dir helfen kann, sei es durch Karten oder meine Teilnahme im Turnier, dann soll es so sein.“
 

Mahad erschien hinter mir und legte mir sanft lächelnd die Hand auf die Schulter.
 

„Du hast dich sehr zum Positiven verändert, David. Ich bin weit weniger Mentor und Leitfigur, als zu Beginn.“
 

„Und du mir mehr Freund, als ich jemals zu hoffen wagte. Wir sind nicht mehr nur Geist und Hülle, wir sind eins. Ich glaube an dich, deine Fähigkeiten und deinen unbezwingbaren Willen. Wenn wir ins Finale kommen, wirst du den Pharao unterstützen, und ich Yugi. Gemeinsam halten wir die Finsternis davon ab, die Welt zu verschlucken, wenn es sein muss, mit unserer eigenen Dunkelheit.“
 

„Wisst ihr“, sagte Herr Muto und ließ uns alle drei zu ihm schauen. „Ich bin stolz auf euch drei. Ihr habt euch so gut entwickelt. Ich glaube, die Raritätenjäger haben keine Chance. Wenn ihr zusammenhaltet, kann euch nichts aufhalten.“
 

Breit lächelnd schob mir der alte Mann meine Karte wieder zurück. „Ich denke aber, du solltest sie behalten, David. Die Toon World hat sich dich als Besitzer ausgesucht, dich anerkannt. Pegasus muss auch etwas in dir gesehen haben, dass er dir diesen Wunsch erfüllt hat. Spiele sie, wenn du in Not gerätst und bestaune, was so ein Zeichentrick alles anrichten kann.“ Damit erhob er sich und drückte laut seufzend seinen Rücken durch. „Ich werde aber mal zu Bett gehen. Es ist schon spät, und ich bin nicht mehr so gut in Schuss wie ihr jungen Hüpfer.“
 

Ohne zu Zögern sprang ich auf und umarmte Yugis Großvater stürmisch. Er erinnerte mich so sehr an meinen eigenen Opa, und dass er Joey bei sich aufgenommen hatte, genauso wie die Vormundschaft, würde ich ihm nie vergessen.
 

„Schon gut, schon gut“, tätschelte mir Herr Muto den Rücken. „Mach mich einfach stolz, ja? Genauso ihr zwei. Wehe, ihr kommt nicht mindestens ins Finale.“
 

„Werden wir“, sagten Joey und Yugi wie aus einem Mund.
 

Ich setzte mich wieder an den Tisch und lächelte beide an. Mein bester Freund und meine große Liebe – konnte etwas schief gehen? Mahad an meiner Seite, mit dem Glauben an mich selbst. Meine Zweifel, ob ich ins Finale kommen würde, schmolzen langsam dahin. Ich würde Yugi zur Seite stehen, ganz sicher. Der Ring an meiner Brust glühte. Morgen würde das Schicksal seinen Lauf nehmen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Satra0107
2020-07-07T05:41:36+00:00 07.07.2020 07:41
Es geht bald los mit dem Turnier und ich bin nach dem Kapitel jetzt auch aufgeregt 😊
Ich bin auf die Duelle gespannt 😁
LG Satra


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