Tora's (Big) Bang Theory von korai-chan ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Kapitel 12   So. Und das ist meine Geschichte. Ich habe eine wundervolle Freundschaft genommen und sie mit viel Sex und ungewollten Gefühlen ruiniert. Und wahrscheinlich habe ich währenddessen noch dabei geholfen, eine Beziehung zu zerstören. Multitasking auf ganz hohem Niveau.   Der Katastrophen-Abend in Chiba ist inzwischen 2 Wochen her und seitdem gehe ich Reita, Ruki und allen weiteren Gazette-Membern gekonnt aus dem Weg.   Ich hatte die Befürchtung gehabt, dass Reita am Morgen nach dem Tourfinale vor meiner Wohnungstür stehen würde mit Pralinen, Blumen und einem schnulzigen Liebesgeständnis. In dieser Fantasie knalle ich ihm dann meistens die Tür vor der Nase zu. In meinen nicht so starken – und oft auch betrunkenen – Momenten schlinge ich meine Arme um seinen Nacken und küsse ihn, als würde mein Leben davon abhängen.   Das sind wahrscheinlich normale Gefühle, wenn man in einen Kerl verliebt ist, der sich als Arschloch entpuppt. Das macht die Situation leider nicht weniger frustrierend. Reita hatte sogar noch die Nerven gehabt, mir an dem Abend zu schreiben und mich zu fragen, ob ich noch in Chiba sei. Wahrscheinlich war Ruki weiterhin sauer gewesen und er suchte nach einer Aufheiterung. Ich hatte ihn ignoriert. So wie ich auch seine 8 weiteren Nachrichten und 10 Anrufe ignoriert habe. Nicht, dass ich mitzähle…     ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~   „10 Anrufe ist ganz schön viel. Findest du nicht, du solltest mit ihm sprechen?“, fragt Saga mich, aber ich schüttele bestimmt den Kopf. Ich muss hart bleiben. Und außerdem … „Du hättest Ruki hören müssen. Der war wirklich ziemlich sauer. Ich hab keine Ahnung, was genau zwischen den beiden abgeht, aber ich möchte da in nichts reingeraten. Naja, zumindest nicht noch tiefer als ich schon bin.“ „Oh… aber du bist schon tief reingeraten, mein lieber Freund“, merkt Saga an und ein dreckiges Lächeln ziert sein Gesicht. „Immer und immer und immer wieder.“ Ich stöhne auf und rolle mit den Augen. Ich glaube, ich bekomme Kopfschmerzen. „Saga, kannst du diese perversen Anspielungen einfach sein lassen? Das ist ein ernstes Thema.“   Wieso muss ich mich auch gerade diesem Deppen anvertrauen? Ach ja, weil er der einzige ist, der von dem Geheimnis weiß. Aber das ist jetzt auch egal. Keine Geheimnisse mehr. Keine verstohlenen Blicke auf den Gängen und keine geflüsterten Flirtereien in der öffentlichen Küche. Keine heimlichen Treffen spät nachts und keine Ausreden, weshalb man morgens zufällig zur gleichen Zeit im Gebäude erschien. Das ist jetzt alles vorbei.   „Da Saga und Tora schon vor 15 Minuten aufgehört haben mir zuzuhören, können wir jetzt alle genauso gut eine Pause einlegen“, seufzt Nao und zieht mich damit aus meinen Gedanken. Ich will ihm gerne widersprechen, aber ich habe tatsächlich schon vor einiger Zeit aufgehört der Band-Besprechung zu folgen, in der ich mich gerade befinde, und habe stattdessen Saga über den neuesten Stand meines traurigen Lebens informiert. Während ich wenigstens noch den Anstand habe beschämt auf den Boden zu blicken, erhebt sich der Bassist fröhlich von seinem Stuhl und schlägt uns allen vor, in die Küche zu gehen. Ich lasse mich von Saga eher lustlos aus dem Zimmer ziehen. Ein Kaffee wird mir jetzt sicher gut tun.     In der Küche angekommen atme ich ein paar Mal tief durch und starre in meine Tasse, in die ich fünf Löffel Zucker gekippt habe. Ich fühle mich jetzt wirklich etwas besser. Wahrscheinlich dramatisiere ich meine ganze Lage zu sehr.     Das Knallen der Küchentüre lässt mich zusammenzucken und ich blicke, genau wie meine Bandkollegen auch, erschrocken Ruki an, der zielstrebig auf mich zuhält. Und er sieht ungefähr so wütend aus wie während der Chiba-Katastrophe.   Ok. Ich nehme alles zurück. Mein Leben ist absolut schrecklich und ich will jetzt sofort nach Hause.   „Du!“, ruft Ruki und zeigt dabei auf mich, sodass all meine Freunde und wahrscheinlich halb Tokio auch wissen, wer jetzt gleich einen Einlauf bekommen wird. „Ich hab keine Ahnung, was du mit Rei angestellt hast, aber ich will gefälligst, dass du das klärst!“ Ich sehe den Sänger einige Sekunden verwirrt an, bis es aus mir rausplatzt: „DU wolltest, dass ich ihn in Ruhe lasse und das mach ich auch. Was zum Teufel ist dein Problem?!“ „Ich hab doch nie gewollt, dass du den Kontakt abbrichst und eure Beziehung beendest. Ich war nur eifersüchtig…“ Die Wut ist wieder aus der Stimme des Sängers verschwunden. Dafür erscheinen jetzt die anderen Gazette-Mitglieder leicht verwirrt in der Küche. Na toll, mehr Publikum ist genau das, was wir brauchen.   Ruki sieht mich verzweifelt an: „Das wollte ich so gar nicht. Ich hab mich in letzter Zeit nur ausgeschlossen gefühlt.“ Ausgeschlossen gefühlt? Das klingt nicht unbedingt nach betrogenem Freund. Ist das zwischen Reita und Ruki also auch nur eine lockere Sache?   „Ich dachte mir“, setzt der Sänger leise an. „Vielleicht können wir auch mal zu dritt…“   Was zum Teufel passiert hier gerade…   Saga unterbricht die Worte des Sängers, indem er seinen Kaffee in einem hohen Bogen ausspuckt. Mein Beitrag wär auch nicht sehr viel intelligenter gewesen. „Kann uns mal jemand aufklären, was dieses ganze Spektakel soll?“, will Kai jetzt wissen, worauf Saga nur zu gerne antwortet: „Ruki hat gerade einen Dreier mit Tora und Reita vorgeschlagen!!“   Stille.   „Wie bitte?“, fragt Ruki und versucht Blickkontakt mit Reita aufzubauen, der uns alle nur mit großen Augen anstarrt. Kai massiert sich mit einer Hand die Schläfe, als wolle er eine einsetzende Migräne verscheuchen und fragt im ruhigen Ton: „Ruki, muss das wirklich sein?“ „Ich hab überhaupt keinen Dreier vorgeschlagen! Wir kommt ihr Idioten darauf?“ Ich habe inzwischen auch genug von diesem Gespräch. Können mich nicht einfach alle in Ruhe lassen? „Wir kommen darauf, weil du mit Reita schläfst und ich mit Reita schlafe und du deshalb eifersüchtig geworden bist und du gerade eben einen Dreier vorgeschlagen hast!!“ „Ich bin eifersüchtig geworden, weil mich mein bester Freund seit Wochen wegen dir versetzt und sich von mir distanziert, da er mit dir irgendwelche komischen Geheimnisse hat. Weshalb ich vorgeschlagen habe, dass wir mal zu dritt etwas unternehmen. Etwas nicht-sexuelles. Ich schlafe nicht mit Reita … Warte, du schläfst mit Reita?!“   Alle Blicke richten sich auf den Bassisten, der versucht, sich hinter Uruha zu verstecken, welcher das aber nicht zulässt. Eine gute Entscheidung. Bei Rukis bohrendem Blick möchte ich auch nicht als menschliches Schutzschild herhalten.   „Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass du jetzt endlich mit Tora zusammen bist?“ fragt der Sänger Reita. „Weil wir nicht zusammen-zusammen sind.“ Ruki ist ein paar Sekunden still und dann bricht er wieder aus wie ein Vulkan. Vielleicht wäre eine Wut-Therapie eine gute Investition. „Willst du mich verarschen?! Seit einer halben Ewigkeit weinst du mich voll wegen deiner dummen Gefühle für Tora und jetzt hast du mit ihm eine Fick-Beziehung? Wolltest du die Gefühle etwa wegvögeln?“ „Vielleicht“, antwortet Reita kleinlaut, woraufhin Ruki in wieder anschreit: „Was für eine bescheuerte Idee ist das denn bitte?!“ „Und deshalb hab ich dir davon nichts erzählt und bin dir aus dem Weg gegangen. Weil ich genau wusste, dass du so reagieren wirst“, brüllt Reita zurück. „Und kannst du bitte die Klappe halten?! Ich hab dir das im Vertrauen erzählt.“ „Nein! Ich kann nicht die Klappe halten, weil deine Unfähigkeit mit deinen Mitmenschen zu kommunizieren dazu geführt hat, dass ich deinem Lover gerade ausversehen einen Dreier vorgeschlagen habe!!“   „Den ich noch immer ablehne… aber… Danke“, werfe ich in die Diskussion ein, die ja irgendwie auch meine Diskussion ist. Oder es zumindest sein sollte.   Mein Beitrag scheint Ruki und Reita kurz aus dem Konzept zu bringen. Eine seltene Gelegenheit, auf die Kai wohl nur gewartet hat. „Auch wenn es immer wieder schön ist mit euch Alice-nine-Mitgliedern die Pause zu verbringen, würde ich das Schauspiel gerne hier beenden, bevor ich noch mehr Dinge erfahre, die ich nicht wissen will oder Ruki noch mehr Kollegen sexuell belästigt.“   Ein leises „Ohhh…“ geht durch den Raum, aber Nao nickt zustimmend: „Sehr gute Idee. Und ich würde sagen, wir lassen Tora und Reita fünf Minuten Zeit, damit sie ihr Missverständnis klären und dann können alle wieder PRODUKTIV und PROFESSIONELL weiterarbeiten.“ Dieses Mal ist das „Ohhh …“ unserer Kollegen noch lauter, aber sie lassen sich dennoch alle aus der Küche schieben, bis nur noch Reita und ich da sind.     Mein Gehirn versucht sein bestes, alle Informationen zu verarbeiten. Ruki und Reita schlafen NICHT miteinander. Und wenn ich Rukis Schreierei glauben kann, dann hat Reita schon seit einer Weile romantische Gefühle für mich.   Ok. Die Quantität der Informationen ist doch überschaubar. Mit den Konsequenzen muss ich nur noch klarkommen.   „Ich guck erstmal im Kühlschrank, ob wir Bier haben“, informiert mich Reita und macht sich auf die Suche. Kurz danach öffnet er eine Flasche und leert sie in einem Zug. „Ok… Jetzt bin ich soweit“, setzt der Blonde an. „Du dachtest also, ich würde mit Ruki schlafen und bist mir deshalb die letzten Tage aus dem Weg gegangen?“ Ich zucke mit den Schultern. „Eure Reaktionen bei unserem letzten Treffen waren ziemlich heftig.“ Reita sieht mich lange an, bis er seine nächste Frage stellt: „Warum warst du in Chiba, Tora?“ Ich atme tief durch. „Ich war aus dem Grund in Chiba, aus dem du Ruki nicht erzählen wolltest, dass wir beide miteinander schlafen.“   Wir sehen uns einen Moment an und dann lächelt Reita. Es ist ein kleines Lächeln, fast schüchtern. Aber ehrlich. Es fängt an in mir zu kribbeln. „Cool“, sagt er. „Cool“, erwidere ich. „Dann sehen wir uns heute Abend bei dir!“   Ich grinse bei den Worten erleichtert. Die Krise ist überwunden und wir können so weitermachen wie bisher. Alles bleibt beim Gleichen und …   Moment mal.   „Warte kurz.“ Ich greife nach Reitas Hand, der gerade seine leere Bierflasche auf der Küchentheke abgestellt hat. Der Blonde sieht mich fragend an und ich ringe mit mir. Ich könnte einfach alles so weiterlaufen lassen. Ungezwungene Treffen. Kleine Intimitäten. Keine Verpflichtungen. Kein Risiko.   Ach, scheiß drauf. Zeit für einen echten Big Bang.     Ich ziehe Reita ruckartig an mich und mache, was schon seit Wochen überfällig ist. Ich küsse ihn. Es ist nicht perfekt. Sogar sehr weit davon entfernt. Der Winkel ist falsch, meine Unterlippe schmerzt, weil ich unsere Gesichter zu stark aufeinander gedrückt habe und Reita steht mir auf dem Fuß. Aber ich spüre das Adrenalin, ich spüre mein Herz rasen und ich spüre das Leben und zum ersten Mal seit langer Zeit, weiß ich genau, was ich will und bin bereit dafür ein Risiko einzugehen.   Ich drücke Reita von mir weg. Der Blonde sieht komplett überrumpelt aus. „Ich will DAS“, ich zeige zwischen unseren Mündern hin und her. „Und DAS“, ich halte unsere Hände hoch, die sich noch immer festhalten. „Ich will dich küssen. Auf den Mund. So wie es normale Erwachsene tun, wenn nicht einer von ihnen ein Prostituierter ist. Und ich will deine Hand halten. Wenn wir alleine sind, aber auch in der Öffentlichkeit. Ich will mit dir etwas essen gehen und ins Kino gehen und es dann ein „Date“ nennen. Ich will einen Jahrestag. Mir ist egal, ob wir ihn feiern oder nicht, aber ich will ihn haben. Ich will dich mit zu meinen Eltern nehmen und dich ihnen offiziell vorstellen. Ich will, dass du deine Sachen bei mir bunkerst, ohne Angst davor haben zu müssen, dass du sie irgendwann ohne Erklärung einpackst und dich verdrückst. Ich will eine Beziehung mit dir. Eine richtige, ernsthafte Beziehung.“   „Bist du fertig?“, fragt mich Reita.   „Und ich liebe dich“, ergänze ich dann noch. Vielleicht war das die eigentlich wichtige Botschaft und den Rest hätte ich mir sparen können.   Ich höre von Reita ein ganz sanftes „Okay“, bevor er sich zu mir hochbeugt und mich küsst. Der Kuss ist zärtlicher. Seine Hände wandern in meinen Nacken und er zieht mich näher an sich. Ich schlinge meine Arme um seine Taille. Auch dieser Kuss ist nicht perfekt, aber er ist richtig.   Der Blonde beendet den Kuss und lächelt mich an. „Ich liebe dich auch.“   „Ja?“, frage ich dümmlich, was ihn zum Lachen bringt. „Ja.“ Okay, wow… cool.   „Und jetzt?“ „Und jetzt schließt du die Küchentür ab und wir beide feiern hier drin ein bisschen den Tag, an dem wir offiziell ein Paar geworden sind, damit wir in 12 Monaten einen Jahrestag haben, den wir ignorieren können“, weist Reita mich an und ich gehorche. „Sollten wir nicht lieber zu unseren Bandbesprechungen zurück?“ Der Blonde lacht. „Du glaubst doch nicht, dass die anderen tatsächlich damit rechnen, uns heute wiederzusehen?“   Ich überlege kurz, aber muss Reita dann zustimmen. Und wenn ich darüber nachdenke, wie wir uns verhalten haben, als wir noch kein Paar waren, kommen auf unsere Freunde in nächster Zeit wahrscheinlich noch einige Verspätungen, Fummeleien und öffentliche Austragungen unserer Beziehungsprobleme zu.   „Wir werden ein schreckliches Paar sein“, fasse ich meine Gedanken zusammen. Reita kommt grinsend auf mich zu und wirft wieder seine Arme um mich. „Das schlimmste“, flüstert er noch, bevor er mich in einen weiteren Kuss zieht.     ~~*~~*~~*~~*~~*~~*~~   Und das ist die Geschichte, wie ich angefangen habe mit meinem besten Freund zu schlafen, ohne zu bemerken, dass ich Gefühle für ihn entwickele und mein bester Freund angefangen hat mit mir zu schlafen, in der Hoffnung, seine Gefühle für mich würden dadurch weggehen und wir es beide nicht auf die Reihe bekommen haben, miteinander über unsere Gefühle zu sprechen, bis uns sein zweiter bester Freund ausversehen einen Dreier vorgeschlagen hat.   Mir ist jedenfalls klar geworden, dass ein „Big Bang“ in den seltensten Fällen ein großes, welterschütterndes Ereignis ist, dass über einen hereinbricht. Meistens muss man ein Risiko eingehen und die Veränderung, die man möchte, selbst herbeiführen.   Viel Ärger und Tränen wären uns erspart geblieben, wenn wir von Anfang an offen miteinander geredet hätten. Doch wahrscheinlich mussten wir genau diesen Weg gehen, um an diesen Punkt zu gelangen. Ich würde gerne sagen, dass wir viel aus den letzten Wochen gelernt haben und diese Fehler alle garantiert nie wieder machen werden, aber dafür kenne ich Rei und mich einfach zu gut. Es war chaotisch und eine Katastrophe und es bleibt chaotisch und eine Katastrophe, aber das ist okay.   Denn es ist unsere Katastrophe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)