Indianer Sommer von Sakushikalove ================================================================================ Kapitel 3: Pferdeduft --------------------- Langsam wurde ich wach. Ich spürte weichen Untergrund und fuhr langsam darüber. Der Stoff war weich und glatt. Eine leichte Bettdecke lag über mir. Die Stimmen gehörten zu einem Mann und einer Frau. Die Frau klang älter und ihre Worte, die ich nicht verstand schimpfte sie. Der Mann erwiderte immer mal wieder etwas. Ihre Sprache verstand ich nicht. Aber sie klang vertraut und beruhigend. Ich versuchte mich aufzurichten und stechende Schmerzen durchfuhren meinen Kopf. Die Stimme der Frau wurde leise und endlich schaffte ich es die Augen zu öffnen. Eine Frau um die 50 stand vor mir. Sie lächelte mich freundlich an. Ihre braunen Augen glichen denen einer Rehmutter und sie wirkten beruhigend. Ihre Braune Haut war von kleinen Falten überzogen was ihr ein sehr Großmütterliches Aussehen gab. Ihre dunkelbraunen dicken haaren hatte sie zu zwei Zöpfen geflochten. In ihren Haaren formten sich einige feine silberne Fäden. „Hallo meine Liebe. Wie geht es dir?“ Ihre Stimme war warm und eindeutig dieselbe von gerade eben. Doch sie hatte alle schärfe verloren. „Danke. Es geht!“ gestand ich. Ein schnauben aus der Ecke verriet das auch der Junge noch da war. Es war derselbe den ich auf seinem Pferd gesehen hatte. Er stand an den Türrahmen gelehnt und hatte seine Haare verschränkt. Die Frau vor mir richtete sich auf und drehte sich wütend zu dem Jungen um. „Reis dich zusammen. Du hast sie verletzt.“ fauchte sie. Jetzt richtete sich der Blick des Jungen eisig gegen mich. Seine Augen sprühten funken. Ich wich automatisch etwas zurück. „Wäre sie nicht einfach aufgetaucht wäre Spirit nicht gestiegen und sie nicht umgefallen.“ Wütend stampfte der Junge aus dem Zimmer. Die Frau ließ die Schultern hängen und seufzte Tief. „Du musst ihn entschuldigen, liebes. Yuma meint es nicht so er…!“ sie verstummte und drehte sich zu mir um. „Entschuldige. Ich möchte mich dir erst einmal vorstellen. Mein Name ist Rayiana. Ich bin deine Tante Majara. Es freut mich das du gekommen bist.“ „Majara? Mein Name ist Maja.“ Sie ging vor mir in die Hocke und lächelte freundlich. „Nein, dein richtiger Name ist Majara. Haben dir das deine Pflegeeltern nicht erzählt?“ Ich schüttelte den Kopf und fühlte mich gekränkt. Nicht mal meinen Namen hatten sie mir gesagt. Meine Tante lächelte und stand wieder auf. „Bleib bitte Erstmal noch im Bett. Ich werde dir einen Tee kochen und morgen führe ich dich etwas herum. Alle sind schon ganz gespannt darauf dich kennen zu lernen.“ Ich nickte und versuchte zu lächeln. Mein Bauch krampfte sich zusammen bei der Vorstellung das ganze Dorf kennen zu lernen. So klein wie es aussah kannte sich hier jeder und niemanden blieb etwas verborgen. Also was hatte ich erwartet? Müde sank ich in meine Kissen zurück und verfiel in einen Traumlosen schlaf. Leise trommeln weckten mich. Der Rhythmus klang angenehm und vertraut. Das war der selbe Rhythmus den ich bei der Wanderung gehört hatte. Dann hatte ich mir das nicht eingebildet. Die Melodie kam von diesem Dorf. Neugierig stand ich auf und zog meine Jeans und eine Jacke an. Leise schlich ich aus dem Haus. Das Haus stand etwas abseits der anderen aber hatte einen schönen Blick über die restlichen Häuser. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ebenfalls ein Haus etwas höher und Abseits. Von hier aus sah ich das es dass einzige Haus war das um diese Uhrzeit beleuchtete war. Von dort schienen auch die Trommelklänge zu kommen. Ich marschierte darauf zu. Niemand begegnete mir. Leise und unauffällig schlich ich mich an. In einem Stahl nahe des Hauses waren die Trommeln sehr laut und ich brauchte nicht mehr allzu sehr darauf achten das mich niemand hörte. Ich ging leise einmal um die Scheune herum. Vor mir waren ungefair 13 Männer und, halb nackt. Sie tanzten um ein Feuer das seltsam bläulich schimmerte. Der Dichte Rauch stieg über ihre Köpfe und bildete eine Art Dach über den Tänzern. Zwei von ihnen schlugen mit der flachen Hand auf Trommeln ein. Der Rhythmus steckte die Tänzer an und sie wirbelten, drehten und sangen miteinander. Es waren Männer in Jungen alter. Keiner schien älter zu sein als Dreißig. Ich betrachtete es eine weile. Die Trommeln verklangen und die Männer blieben stehen. Außer Atmen lachten sie miteinander. Ihre nackte Haut glänzte im Schimmer des Feuers. Dann räusperte sich hinter mir jemand. Erschrocken fuhr ich herum. „Spannst du gerne, kleine Fremde.“ Yuma grinste mich spöttisch an. Seine Augen funkelten. Mein Herz raste und ich war sprachlos. Endlich setzte sich der Schock und ich konnte wieder antworten. „Ich spanne nicht. Was machen die da?“ meine Neugierde überdeckte sogar das Bedürfnis einfach abzuhauen. „Wir tanzen.“ antworte Yuma. In seiner Stimme lag trotz. Erst jetzt bemerkte ich das er ebenfalls fast nackt war. Mein Blick huschte über seinen Bauch. Er war muskulös und an den einzelnen Muskeln rann der Schweiß entlang. Es war ein atmen beraubender Anblick. Yuma verschränkte die Arme vor der Brust. Endlich konnte ich mich auch wieder von seinem Körper abwenden. „Gefällts dir, Fremde?“ ich funkelte ihn an. Mir reichts. Neugierde hin oder her. Wütend aber hoffentlich noch würdevoll stampfte ich an ihm vorbei. Sein blödes Lachen hörte ich noch als ich bereits bei meiner Tante angekommen war. „Rayjana?“ ich saß am Küchentisch und aß mein Rührei. Meine Tante wuselte durch die Küche und bereitete einen Reiserucksack her. Anscheinend wollten wir nun Wandern. „Ich habe gestern Nacht Trommeln gehört.“ Ray drehte sich um. Etwas säuerliches trat in ihr Gesicht. Hatte sie gemerkt das ich mich leise davon gemacht hatte? Durfte ich das? „Das war die Dorfjugend. Weißt du Majara unsere Jungen Indis sind noch sehr unbedacht. Fast jede Nacht rufen sie die Geister für dumme Ratschläge. Es sind halt nun mal leider noch Jungs. Und du weißt ja, Jungs sind immer etwas zurückgeblieben.“ Sie zwinkerte mir zu. In mir musste ich über ihre aussage laut lachen. Ja, und wie diese Jungs zurückgeblieben waren. Zumindest einer. „Ich habe gar keine Mädchen gesehen.“ rutschte es mir heraus. Meine Tante grinste. „Tut mir leid. Ich wollte nicht…!“ „Kind hier bist du frei. Du darfst gehen wann du willst und kommen wann du willst. Aber sobald es dunkel wird musst du die Wälder um uns herum meiden, hörst du?“ Ich nickte brav. Anscheinend war sie nicht böse auf mich. „Aber zurück zu deiner Frage. Mädchen hast du keine Gesehen weil es außer dir jetzt nur zwei andere Mädchen in diesem Dorf gibt. Ihr name ist Scheneen und Kenai. Schenee ist so alt wie du und Kenai gerade mal zwei.“ „Das heißt wir sind nur zwei erwachsene Mädchen hier?“ meine Tante nickte. „Wieso? Gibt es dafür einen Grund?“ „Nun ja, unsere Familien gebären seid Generationen nur Männliche Nachkommen. Die Frauen die du hier siehst sind alles angeheiratete. Nur ganz selten kommt es vor das Mädchen auf die Welt kommen.“ Ich grübelte. Konnte das sein? War es vielleicht eine Art Fluch. Ich schmunzelte bei dem Gedanke. „Majara. Deine Mutter und ich sind die beiden Letzten weiblichen Stammesträger. Und du!“ ich sah sie an. Langsam dämmerte es mir wieso ich hier war. „Wieso habt ihr mich hergeholt?“ fragte ich vorsichtig. Meine Tante hob die Hände. „Ach Majara. Nicht das was du denkst. DU bist einzig und allein hier um deine Wurzeln kennen zu lernen.“ Sie lachte und drehte sich dann wieder um. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los das sie nicht ganz die Wahrheit sagte. Aber ich ließ das Thema und machte mich fertig. „Das dort ist mein Pferd. Es heißt Donner.“ erklärte Ray mir. Sie pfiff einmal und das helle Pferd kam angelaufen. Ich hatte wirklich keine Ahnung von Pferden. Aber es war ein wunderschönes Pferd. Sein Fell glänzte in der Sonne und es schnaubte erwartungsvoll als es bei uns ankam. „Kannst du reiten?“ fragte meine Tante. „Nein, nicht wirklich.“ Meine Tante lachte freudig. „Na dann ab zum Hof. Sue hat bestimmt einen geeigneten Jungen da der dir helfen kann.“ „Nein danke. Ich will nicht nochmal mit jem…!“ „Ich kann das übernehmen, Ray.“ sagte plötzlichen eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich zu der unbekannten Stimme um. Ein Junge stand vor mir. Seine Braune Haut glänzte vom schweiß in der Sonne. Er hatte wahnsinnig schöne dunkelgrüne Augen die perfekt mit dem dunkelbraun seiner Haare harmonierten. Beim lächeln entblößte er zwei reihen perlweißer Zähne. Ich lächelte unsicher zurück. „Hallo, Talof. Freut mich das du dich Majara annimmst.“ antwortete meine Tante. Talof gab Ray ein Halfter und Zaumzeug und sie legte es ihrem Pferd an. „Na dann ihr beiden. Viel Spaß ich werde dann mal ausreiten.“ „Wolltest du nicht mit mir irgendwohin?“ fragte ich verwirrt aber meine Tante winkte ab. „Das hat alles seine Zeit meine Liebe.“ Sie lachte schallend und ritt davon. Verwundert sah ich ihr nach. „Lass sie, sie ist ein wenig anders, deine liebe Tante.“ Ich drehte mich zu Talof um. „Was?“ Er fuhr sich durchs lange Haar. Es gab nicht viele Männer denen diese Länge stand aber Talof sah echt verdammt gut damit aus. „Nun ja, deine Tante ist manchmal einfach nicht leicht zu verstehen. Das wollte ich damit sagen.“ Ich nickte nur und lächelte wieder. „Komm ich zeig dir erstmal die Ställe und die Pferde.“ Ich folgte ihm über den Hof zu den Ställen. Einen davon kannte ich als den Stall in dem Gestern die Jungs getanzt hatten. Mit einem Seitenblick auf Talof versuchte ich mich daran zu erinnern ob er ebenfalls dabei gewesen sein konnte? Halb nackt. Ich erschrak über meine Eigenen Gedanken. Noch nie hatte ich mir über das Thema Gedanken gemacht. Zuhause war ich ein Spätzünder, das wusste ich aber nur weil es andere taten musste ich das nicht auch. Meine Meinung vertritt ich da sehr genau. Ich wollte das erste mal wirklich besonders, mit einem Besonderen Menschen. Zwar hatte ich schon ein paar Freunde gehabt doch nie hatte es einer verdient das ich es überhaupt in Betracht gezogen hätte. Der Tag verging wahnsinnig schnell. Talofs Gesellschaft war sehr angenehm und ich fühlte mich wohl bei ihm. Er war sehr offen und erzählte mir viel von seinem Leben und seiner Arbeit auf dem Hof. Im Gegenzug wollte er aber auch viel von mir wissen. Woher genau ich kam, was mich hierher gebracht hat, wie lange ich blieb und so weiter. „Du weißt wirklich nichts über Indianer? Deine Eigenen Vorfahren?“ Ich schüttelte den Kopf und biss in das Sandwich das Talof mir gegeben hatte. Er musterte mich von der Seite. „Ich kann doch nichts dafür. Bis vor drei Wochen wusste ich nicht einmal das ich nicht in Deutschland geboren wurde.“ Talof nickte. Die Tür zum Stall ging auf. Ein junges Mädchen trat ein. „Talof.“ rief sie. Ihre Stimme klang schneidend, fast arrogant. „Auftritt der Zimtzicke.“ flüsterte Talof und grinste mich an. „Ja, liebste Schenee.“ er stand auf und trat um die Kleine Wand hinter der wir gesessen hatte. Ich blieb Erstmal sitzen. Ihre stimme klang nicht sehr einladend. „Da bist du ja. Ich habe gehört du gibst der fremden Reitunterricht. WO ist sie. Ich würde mich ihr gerne einmal vorstellen.“ Ich fauchen dabei ließ mir die Haare aufstehen. „Schenee, sie ist schon wieder bei ihrer Tante.“ Puh, Gott sei dank war Talof auf meiner Seite. „Außerdem was bist du den so aufgebracht wegen ihr?“ „Ich lasse mir meine Rolle nicht wegnehmen!“ fauchte sie zurück. Talof seufzte. „Glaub mir niemand will dir das wegnehmen.“ „Ha. Das werden wir sehen.“ Ich hörte schritte und dann die Scheunentür. Talof trat um die Wand und sah zu mir runter. „Welche Rolle?“ fragte ich. „Das soll dir deine Tante erklären.“ er grinste mich an. Ich sah ihn skeptisch an aber ließ das Thema fallen. Es wurde eh zeit zu gehen. Wir verabschiedeten uns und ich machte mich auf den Rückweg. Vor der Tür stand meine Tante und redete mit jemanden. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Als ich näher kam sah ich zu meinem Erstaunen nur einen Vogel. Es war der selbe wunderschöne Falke der mich schon bei meiner Ankunft begleitet hat. Er hockte auf der Kleinen Gartenbank neben den Treppen und beobachtet meine Tante. Diese redete auf ihn ein, in einer Sprache die ich nicht verstand. Als ich fast schon bei ihnen war flatterte der Falke aufgeregt mit den Flügeln und krächzte. Meine Tante fuhr herum und sah mich erschrocken an. Doch dann erkannte sie mich und lächelte. „Hallo meine Liebe.“ „Hallo.“ der Falke legte den Kopf schräg. „Was machst du da?“ fragte ich argwöhnisch und musterte den Vogel ebenfalls. Seine Augen waren so vertraut und menschlich. Es war wie als hätte ich diese Augen bereits irgendwo gesehen. Der Vogel krächzte noch einmal und hob dann mit kräftigen Flügelschlägen ab und sauste in den Wolken behangenen Himmel. „Ich habe mich unterhalten.“ sagte meine Tante belustigt und hackte sich bei mir ein. „Aber weißt du dieser Vogel hört mir eh nie richtig zu.“ Ich grinste. Meine Tante war schon ein wenig verrückt aber sie war trotzdem sehr liebenswürdig. Jetzt erst bemerkte ich das ich mich wahnsinnig wohl fühlte bei ihr. Sie gab mir eine Art neue Heimat und es fühlte sich genau so an wie ich mir das immer vorgestellt hatte. Bei Anne und Niklas war ich zwar auch daheim, aber es fühlte sich schon immer an als würde mir irgendwas fehlen. Beim Abendessen war meine Tante sehr schweigsam und als ich sie darauf ansprach sagte sie mir bloß das der Ausritt sehr anstrengend für sie war. Und so gingen wir beide auch recht bald schlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)