Scatter and Howl von yezz ================================================================================ Kapitel 1: Scatter and Howl --------------------------- Renji wachte von dem Gefühl auf, wie Finger abwesend seine Haare kämmten und von dem Geräusch von einer raschelnden Zeitung. Da war ein starker Geruch von Tee in der Luft, aber er war nicht stark genug, um den Geruch von Sex zu überdecken, der überall klebte. Renji lächelte, auch wenn sein Kopf pochte. Sein Hintern fühlte sich empfindlich an, als hätte er einen Klaps bekommen oder wäre gespankt worden… oh, richtig, denn das war genauso gewesen, dachte er mit einem fröhlichen, kleinen, nasalen Glucksen, als er seine Nase noch weiter in den Körper neben sich drückte. Eine der Seiten der Zeitung wurde umgedreht und Renji legte den Arm, den er irgendwann über Byakuyas Schoß geschobenhatte, etwas anders hin. Ein leises Nippen am Tee und dann: „Die neue Ausgabe der Seireitei-Nachrichten ist raus. Verfolgst du nicht Shunsuis dämlichen Roman, Renji?“ „Oh!“, Renji schoss nach oben, um sich den Abschnitt der Zeitung zu schnappen, die Byakuya ihm hinhielt. „Das ist richtig! Der Rivale konfrontiert… ähm, wie war sein Name! Und alles sah super-tragisch aus, weil sein Liebhaber glaubt, dass er es die ganze Zeit war, aber in Wirklichkeit…“ „Ja, ja, danke für diese Zusammenfassung“, seufzte Byakuya. „Um ehrlich zu sein finde ich die ganze Geschichte lächerlich und schwerfällig.“ „Shhh“, mahnte Renji und versuchte den Schlaf lange genug weg zublinzeln, damit er sich auf die Worte konzentrieren konnte. Der fiese Kater half da nicht. Er verengte seine Augen für einige Sekunden über den Zeilen, doch er war entweder gezwungen, jede Silbe einzeln zu lesen oder aufzugeben. Er schloss seine rebellischen Augen, ließ seinen Kopf mit einem gedämpften Knall gegen das Kopfende prallen und legte die Zeitung geschlagen über sein Gesicht. „Ugh. Zu schwer.“ Byakuya ließ ein liebevolles, aber auch abschätziges Seufzen heraus. „Gerechte Strafe, Renji Abarai.“ Ein kleines Zungeschnalzen und dann wurde das Papier von Renjis Nase gezogen und durch einen kurzen Kuss auf ebendiese ersetzt. „Soll ich dir vorlesen?“ Renji öffnete argwöhnisch ein Auge. „Ich dachte, du hasst es.“ „Tue ich“, sagte Byakuya, faltete das Papier wieder und ließ es in die Zeitung wandern, dort wo es hingehörte. „Aber ich habe kein Problem damit, es dir vorzulesen. Wir haben noch ein bisschen Zeit, bis du zu deinen Dienst antreten musst.“ „Ugh, eine Doppelschicht!“, grunzte Renji, rutschte im Bett hinunter und zog die Decke über den Kopf, als versuche er sich zu verstecken. „Warum muss ich mir den Scheiß immer selbst antun?“ Byakuya schüttelte den Kopf, seine Finger strichen über die Haare, die unter der Decke hervorlugten. „Womöglich, weil du ein Idiot bist.“ Renji blickte unter der Decke hervor und lachte. „Oh, richtig. Das hatte ich glatt vergessen.“ „Haben deine Freunde…?“, Byakuya hielt, bei was auch immer er sagen wollte, inne und blätterte eine Seite um, bevor er fragte: „Hattest du Spaß?“ Renji setzte sich auf. Er schaute sich um und entdeckte das Tablett mit Tee, welches auf dem Nachttisch stand. Er krabbelte über Byakuyas Schoß und bediente sich selbst am Tee. Vermutlich fragte sich Byakuya, ob Renji die post-traumatische Sache hatte verarbeiten können oder nicht, aber es war nicht so, als würde eine einmalige Sauftour das Ganze reparieren. Aber um ehrlich zu sein, fühlte er sich gut. Nun ja, außer dem massiven Kater. Als sich Byakuyas Hand auf seinen Hintern legte, war Renji so überrascht, dass er beinahe seine Teeschale durch den Raum geworfen hätte. „Hey, was machst du da hinten? Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen!“ „Tut mir leid“, sagte Byakuya, klang aber keineswegs entschuldigend und bewegte auch seine Hand kein bisschen. „Aber du hast mir dieses attraktive, tätowierte Ziel überlassen.“ Dann verließ der Humor seine Stimme ein wenig und Renji spürte, wie Byakuya einen Bereich seines Oberschenkels umfasste. „Und es scheint, ich hätte einen perfekten Handabdruck auf dir hinterlassen.“ Das war irgendwie überraschend. Mittlerweile verletzte kaum noch etwas seine Haut – zumindest konnte das kein Feind. Vielleicht war das der Unterschied. Vielleicht, wenn er offen und verletzlich war, wie während dem Sex, verhärtete sein Reiatsu seine Haut nicht instinktiv. Byakuya hatte ihn immerhin schon einmal verletzt. „Ah, mach dir deswegen keine Sorgen. Wir hatten Spaß und das geht weg“, sagte Renji und bewegte sich zurück auf seinen Platz. Byakuyas Hand glitt Renjis Rücken nach oben, als er sich wieder niederließ, doch verließ ihn schlussendlich, um die Seite der Zeitung umzublättern. Renji umschloss die Tasse und hielt sie sich ans Gesicht und versuchte sich vorzustellen, dass der Dampf das heilende Wasser von dem magischen Sentō von Lady Yoruichis unterirdischem Trainingsplatz sei. Byakuya räusperte sich und begann zu lesen: „Sie blickte zwischen den zwei Männern hin und her, ihre strahlenden, grünen Augen funkelten vor Leidenschaft…“ Byakuya stoppte abrupt. „‘Funkelten vor Leidenschaft‘. Lieber Himmel. Und grüne Augen? Sogar noch strahlend. Könnte die Heldin nicht weniger offensichtlich Ukitake sein? Schau dir das an“, er schlug leicht auf die Zeitung. „Sie hat schneeweiße Haare und alles.“ Renji hatte die Augen voller Vorfreude geschlossen, doch öffnete sie nun, um Byakuya anzublicken. „Wirst du das Ganze jetzt noch lektorieren? Denn ich möchte schon irgendwie wissen, wie es weitergeht.“ „Richtig, entschuldige bitte“, sagte Byakuya und klang tatsächlich verärgert. „Also gut. Trink deinen Tee. Ich fange noch einmal an.“ Er klappte die Zeitung auf und begann erneut: „Sie blickte zwischen den zwei Männern hin und her…“ Renji hatte es nicht gewollt, aber der Klang von Byakuyas Stimme hatte ihn wieder einschlafen lassen. Er wachte auf, als die Teeschale aus seinem Griff glitt. Zum Glück war sie fast leer, doch sie rollte seine Brust hinunter und landete an einer eher empfindlichen Stelle. „Himmel“, murmelte er, während er die Spur Flüssigkeit von seiner Brust wischte, die die Tasse hinterlassen hatte. „Jetzt wird mein Schritt zusätzlich zu allem anderen auch noch wund sein.“ „Du siehst tatsächlich ziemlich fertig aus“, stimmte Byakuya liebevoll zu. „Hast du überhaupt die Hälfte der Geschichte mitbekommen? Ich glaube, du hast schon angefangen zu Schnarchen, da waren wir noch nicht einmal beim Schwertkampf und dem großen Monolog des Rivalen.“ „Warte, was?“, Renji rieb sich das Gesicht. Er muss halb gedöst und halb geträumt haben, denn er hat eine leichte Vorstellung von der Geschichte, die Byakuya ihm gerade erzählt hatte. „Also hat er gewonnen?“ „Wer?“ „Der Held, natürlich“, sagte Renji. „Es ist ein Cliffhanger“, sagte Byakuya mit einem leicht enttäuschten Blick auf die Zeitung. „Wir werden es erst nächsten Monat erfahren.“ „Verdammt“, sagte Renji und unterdrückte ein Gähnen. Der Tee und das kurze Nickerchen schienen ihm aber gut getan zu haben. Er fühlte sich ein bisschen weniger benommen. „Ich muss sagen“, fuhr Byakuya nachdenklich fort. „Ich habe mehr Sympathie für diesen Rivalen-Charakter, als ich gedacht hätte. Seine Hintergrundgeschichte ist sehr tragisch. Ich musste feststellen, dass ich mir unsicher bin, ob ich mir seine komplette Niederlage wünsche.“ „Siehst du“, sagte Renji mit einem ausladenden Nicken. „Es ist eine gute Geschichte.“ „Sie ist kitschig“, sagte Byakuya und legte die Zeitung zur Seite, um aus dem Bett aufzustehen. Er ging hinüber zu dem Platz, an dem seine Uniform für ihn bereit lag. „Und übertrieben.“ „Bedeutet nicht, dass sie nicht gut ist“, gab Renji zurück, lehnte sich zurück um den Anblick von Byakuya zu genießen, wie er den Schlafyukata zu Boden gleiten ließ und sich den Fundoshi anzog. Byakuya schien immer Unterwäsche zu tragen, wenn sie für ihn ausgelegt worden war. Renji dachte darüber nach, mit Eishirō zu reden, denn die meiste Zeit in seinem Leben trug er keine und offen gesagt war es viel einfacher, wenn man schnell Pinkeln musste oder etwas anderes schnell machen wollte. Dennoch sah sie an Byakuya überraschend gut aus. Fundoshi waren nicht wirklich viel mehr als ein Tanga und es sollte lächerlich falsch aussehen, aber ja, nein, Byakuya schaffte es, sie zu rocken. Genauso wie er es mit allem anderen schaffte. Es war immerhin auch ein altbekannter Fakt, dass Byakuya sogar in einer nassen Papiertüte gut aussehen würde. Renji war wirklich ein glücklicher Bastard. "Du solltest aufhören, mich zu begaffen und dich anziehen. Sonst wirst du zu spät kommen." "Ist nicht meine Schuld", grinste Renji, als er sich pflichtbewusst aus dem Bett erhob. Trotz der Tatsache, dass er wusste, dass er dadurch zu spät kommen könnte, musste Renji einfach hinter Byakuya treten, die tintenschwarzen Haare von seinen Schultern schieben und den schlanken Nacken küssen. In Byakuyas Ohr murmelte er: "Es ist, wie du es schon sagtest: Du hast mir ein unwiderstehliches Ziel präsentiert.“ Byakuya machte ein glückliches Geräusch, doch schlug Renji verspielt auf die Nase. „Geh. Du darfst nicht zu spät kommen. Nicht heute.“ Nicht heute, wenn uns jeder beobachten wird, dachte Renji. Er huschte durch den schneebedeckten Garten und ging ordnungsgemäß durch das Haupttor des Anwesens zur Division. Renji war zu spät, um Frühstück mit Byakuya essen zu können, also entschied er sich, schnell ein Tablett in der Kantine zu holen. Er wusste, dass das vielleicht ein Fehler sein würde, mit dem ganzen Geschwätz über sie, das jetzt vermutlich rumging, aber seinen Magen interessierte es einen Scheißdreck, was vielleicht irgendwer heute Morgen über ihn dachte. Sein katergeplagtes Hirn stimmte zu. Denn: starker, ordentlicher Tee und Essen – das waren in diesem Moment seine Prioritäten. Dieses Mal schien der Raum statt der schweren Stille vor gemurmelten Getratsche zu explodieren, als er hindurch ging. Auch wenn er die Blicke in seinem Rücken spürte, benahm sich Renji so, als würden sie alle denken, was für ein toller Vizekommandant er war, statt daran, wo er letzte Nacht geschlafen hatte und was er getan hätte und mit wem. Er griff nach dem Nattō, ein bisschen Reis, zwei hartgekochte Eier, eingelegtem Nozawana und einer kleinen Schale Miso-Suppe. Am Ende der Reihe bestellte er eine Kanne Tee zum Mitnehmen. „Mach ihn bitte extra stark bitte, ja?“, fragte er die Angestellte, die seine Bestellung entgegen nahm. Er deutete auf seine Nase. „Kater.“ Sie lächelte ihn freundlich an und verschwand dann, um die Kanne zu holen. Renji überlegte, ob er sich an die Wand lehnen und warten sollte, doch sein Magen hatte Anspruch auf die Eier erhoben, also setzte er sich an den nächsten Tisch. Nur ein paar Soldaten waren in der Nähe. Renji nickte ihnen kurz grüßend zu, was sie ohne irgendwelche Eigenheiten erwiderten. Huh. Nun ja, vielleicht wussten sie bereits alle dreckigen Details. Mit ein bisschen Glück würde es einige der Leute nicht sonderlich interessieren. Vielleicht noch besser, dachte Renji, es war sogar möglich, dass mit ihrer Offenheit dazu niemand mehr das brennende Verlangen spürte, einen auf Klugscheißer zu machen oder abfällige Bemerkungen zu machen. Er hatte die Eier, das Meiste des Eingelegten und die Miso-Suppe fast gegessen, als die Teekanne kam. Die Angestellte verbeugte sich leicht und sagte: „Das gute Zeug für den Kopf des Vizekommandanten.“ Er verbeugte sich ebenfalls. „Das ist nett von dir. Vielen lieben Dank.“ Sie kicherte, ganz klar nicht gewohnt, eine solche Wertschätzung zu erhalten. Sie warf ihm ein flirtendes Lächeln zu und wurde dann knallrot und verschwand in der Küche. „Nun, das ist nicht gerecht“, sagte einer der Shinigami am Ende des Tisches, ein rangloses Mitglied, den Renji nicht direkt einordnen konnte. „Du kannst nicht oben und unten abschöpfen, Vizekommandant. Sonst bleibt niemand für uns übrig.“ Der Typ lächelte, also beschloss Renji, dass es eine freundliche Neckerei war. „Heh, nun ja, ich war nur nett. Ich werde zu jedem Nett sein, der mir heute Morgen Tee bringt.“ Er deutete bedeutungsvoll auf seinen Kopf. Der gesprächige Typ verstand die Andeutung und lachte. „Eine Party in der Elften?“ Renji nahm sein Tablett und die Kanne auf. „So etwas in der Art.“ „Du musst uns mal zu einer dieser Partys mitnehmen, Vizekommandant“, sagte der gesprächige Typ und deutete mit einer Geste auf sich und seine Kumpels. „Ich wette, das macht Spaß.“ Renji stoppte am Ende des Tisches. Der gesprächige Typ war von der jüngeren Sorte mit einem weichen, frischen Gesicht. Ansonsten war er ein typischer Rekrut der Sechsten, mit einer ziemlich konservativen Frisur und kaum Verzierungen an seiner Uniform. Er schien um sein Handgelenk O-juzu zu tragen, eine Reihe von runden, grünlichen Gebetsperlen. „Die Tore der Elften sind nach Feierabend für jeden geöffnet, als ich das letzte Mal geschaut habe“, sagte Renji. „Ihr braucht mich nicht, damit ich euch dort einführe.“ Er schaute zur Gruppe und entschloss sich, noch hinzuzufügen: „Aber seid vorsichtig. Der Sake ist billig, aber gehaltvoll.“ Sie nickten ihm dankbar zu, wie ein Haufen übereifriger Halbstarker. Als er weiterging überlegte Renji ernsthaft, ob er nicht besser alle Besuche bei der Elften überwachte. Sie lagen immerhin in seinem Verantwortungsbereich. Aber Renji hatte immer Ikkakus 'Freiheit zum Scheitern'-Modell zu schätzen gewusst. Es war schwimmen oder untergehen und scheiße, wenn er auf diese Weise nicht in Windeseile gelernt hatte, wie man schwamm. Alles in allem, dachte Renji, als er zum Gebäude mit seinem Büro ging, kein schlechter Start – Eine kleine Hänselei, aber nichts Beleidigendes. Ja, vielleicht würde es doch nicht so schlimm werden. Byakuya hatte tatsächlich ein wenig Angst, das Geschenk auszupacken, welches Eishirō ihm überbracht hatte. Nicht größer, als ein Stapel von Anforderungsformularen aus der Division und mit dem Kuchiki-blauen Papier und dem gefalteten Kranich darauf, sah es harmlos aus, doch er hielt es eine Armeslänge von sich, als würde es vielleicht explodieren. „Von Tante Masama, sagst du?“ „Ja, mein Herr. Es ist erst vor ein paar Stunden von einem Kurier geliefert worden.“ Byakuya war immer noch in seinem Schlafzimmer, da es schwer für ihn gewesen war, sich schnell weiterzubewegen. Renjis Küsse waren ablenkend gewesen und ehrlich gesagt hatte Byakuya auch einen leichten Kater. Es war nicht viel, nur ein nagender Kopfschmerz, doch es war genug, um ihn soweit zu verlangsamen und eine zweite Kanne Tee zu bestellen, bevor er zur Division ging. Er saß an seiner Frisierkommode und war gerade damit fertig geworden, seine Haare zu machen und den Kenseikan anzulegen. „Es ist drei Tage zu früh“, bemerkte Byakuya und beäugte das Päckchen immer noch kritisch. „Sollten wir es zu den Anderen legen?“ „Wie sie wünschen, mein Herr“, sagte Eishirō mir einer Verbeugung. „Ich habe nur gedacht, dass sie vielleicht eine... vorherige Warnung wünschen.“ Obwohl Eishirō seine Hände ausgestreckt hatte, um das Geschenk zu übernehmen, drehte es Byakuya weiter herum. „Es ist auf jeden Fall merkwürdig, ist es nicht? Es ist biegsam. Tatsächlich fühlt es sich wie eine Sammlung von gebundenen Blättern an. Glaubst du, dass es ihr letzter Wille oder ihr Testament ist? Hat sie mich aus ihrem letzten Willen gestrichen?“ „Das wäre wohl kaum ein Geschenk, oder mein Herr?“ Byakuya erlaubte sich selbst ein kleines Lächeln. „Vermutlich nicht. Auch wenn es bedeuten würde, dass sie aus meinem Leben verschwindet und das würde mich ganz sicher erfreuen.“ Eishirō ließ seine Hände fallen und verschränkte sie auf seinen Knien. Er warf Byakuya einen geduldigen und doch verzweifelten Blick zu – einen, den Byakuya seit seiner ungeduldigen Kindheit nicht mehr bekommen hatte. Es war die Art von Blick, die einem über dem Brillenrand zugeworfen wurden, falls Eishirō eine tragen würde. „Vielleicht sollte mein Herr es einfach öffnen.“ „Ich nehme es mit in die Division“, entschied Byakuya. Er legte das Päckchen auf den Tisch und starrte es weiter an, während er an seinem Tee nippte. Was hatte diese listige alte Frau vor? Was würde es tatsächlich sein? Sicherlich würde es, trotz des Erscheinen als Geschenk, unerfreulich sein. Falls sich Tantchen Massa treu bleiben würde, würde es etwas sein, um sich über Byakuya lustig zu machen oder ihm etwas zu nehmen oder ihn für die schlechte Behandlung zu bestrafen. „Vielleicht öffnen Renji und ich es zusammen beim Mittagessen.“ „Ah, ja. Geteiltes Leid ist halbes Leid“, Eishirō lächelte freundlich. Und dann, als machte ihn dieser Gedanke darauf aufmerksam, fragte er: „Brauch mein Herr frischen Tee?“ Byakuya lachte schnaubend. „Wenn ich noch mehr trinke, schwimme ich zur Division.“ Renjis Vertrauen in die Menschlichkeit begann sich zu bessern. Die Atmosphäre im Büro war fast vollkommen arbeitsorientiert – oder zumindest so sehr, wie es auch sonst war. Vielleicht hatte es geholfen, dass er den Leuten gesagt hatte, dass sie die Schichten tauschen konnten. Er hatte ein paar personelle Änderungen bemerkt. Aber zumindest bei einem dachte Renji, dass es mehr die Möglichkeit war, den geplanten Urlaub zu verlängern, als dass es bösartiger Natur war. Aber er bemühte sich sehr, sich nicht zu merken, wer alles abwesend war und herauszufinden, welche Motivation dahinter steckte. Immerhin hatte er versprochen, dass es keine Anschuldigungen gab. Er beugte seinen Kopf und war fest entschlossen, seine Arbeit zu erledigen. Tatsächlich hatte er die erste Schicht schon fast hinter sich, als Aio auftauchte. Er stand vor dem Aktenschrank und sortierte die letzten Papiere ein, als sie ihm Türrahmen erschien. Sie sah sehr nervös darüber aus, im Viezkommandantenbüro zu stehen und weil alle anhielten, um zu starren, als sie auf die Knie ging. Der Raum war still, also hörte jeder ihr gestammeltes, Fast-Geflüster: „Der Herr erfragt deine Anwesenheit zum Mittagessen, Vizekommandant Abarai.“ Ok. Wow, Byakuya. Das könnte wirklich kaum unangenehmer werden, besonders mit der 'Herr'-Sache. Und doch konnte Renji schon beinahe Byakuyas Denkweise nachvollziehen. Vermutlich würde es aussehen wie ein Date, falls er selbst auftauchte und ihn zum Essen einlud. Natürlich sah das hier aber auch so aus. Nur, dass sich dies mehr wie eine... Hofsondervorstellung anfühlte. Und musste sie unbedingt das Wort 'Herr' verwenden? Denn das fügte sich zu einigen negativen Vorstellungen und Anmerkungen hinzu, von denen Renji nicht brauchte, dass die Leute darüber nachdachten... vor allem weil ein Funken Wahrheit darin lag, als er plötzlich einen wunden Punkt auf seinem Hintern spürte. Scheiß drauf. Er zog sich am Ohr und versuchte wirklich, wirklich ernsthaft, nicht die Röte auf seinen Wangen zu zeigen. „Ah, danke, Aio. Du kannst... uh, dem Kommandanten sagen, dass ich in einer Minute in seinem Büro bin.“ Sie beugte ihren Kopf fast bis zum Boden, was alles nur noch seltsamer machte und zog sich rückwärts zurück, als wäre er der Herr und nicht Byakuya. Der Raum war für eine lange Zeit still. Nanako, gesegnet sei sie, seufzte schlussendlich und sagte: „Hui, das war eigenartig.“ Renji schloss den Aktenschrank und nickte. Sein ganzer Körper fühlte sich heiß vor Verlegenheit und als sich diese Verlegenheit in seinem Schritt sammeln wollte, schien sich alles plötzlich nur noch um Sex zu drehen. Mit einem Husten verlagerte er sein Gewicht und sagte: „Ja. Sehr.“ Einer von den anderen Offizieren in dem Raum schüttelte ihren Kopf und murmelte genau das, was Renji befürchtet hatte, dass es einer laut aussprechen würde: „Lädt er dich immer so ein? Hat es so angefangen? Hat er einen Diener mit einer Einladung geschickt?“ Nein, dachte Renji: Das erste Mal war so viel schlimmer. Es war ein Befehl. Ein betrunkener Befehl, sich auszuziehen. Im Büro. „Uh. Ja. Darüber reden wir nicht, ok?“, sagte Renji und steuerte blindlings zur Tür. „Ich bin zurück-“, begann er, doch hielt dann inne und fragte sich, ob 'in einer Stunde' das Ganze nach einem Quickie klingen ließ. „Uh, ich komme wieder. Später.“ Als er aus der Tür huschte, dachte er, dass er Nanako seufzen hörte: „Armer Idiot.“ Renji fühlte sich sehr auffällig, als er über den Hof huschte, doch der Schnee, der in der Nacht gefallen ist, ließ alle schnell an ihm vorbeihetzen. Als er vor der Tür vom Büro des Kommandanten stand, konnte Renji nicht anders, als noch einmal über die Schulter zu blicken. Zum Glück schaute ihm niemand nach. Im Gegenteil, die Division war friedvoll. Der pulvrige Schnee hatte sich über die Landschaft gelegt, die Kanten weicher gemacht und schien mit dem blendenden Grau des wolkenbehangenen Himmels zu verschmelzen. Nur eine Reihe von Fußspuren zeugte die Aktivität in der Division, durchkreuzte den Hof und machte den Boden vor der Kantine matschig. „Planst du, für immer da draußen stehen zu bleiben, Renji?“, Byakuyas Stimme erklang hinter der geschlossenen Tür. Renji schob die Tür auf und steckte seinen Kopf hinein. „Weißt du, ich habe noch nicht einmal die Chance bekommen, ‚Shitsureishimasu‘ zu sagen.“ Byakuya saß hinter seinem Schreibtisch, sah dabei fast so aus, wie er es in ihrer ersten, schicksalshaften Nacht getan hatte: Das Weiß von Haori und Kenseikan bildete einen krassen Kontrast zu dem trüben Winterlicht. Eine Lampe auf seinem Tisch tauchte die Papiere auf seinem Schreibtisch in ein sanftes Licht, strahlte vor allem eine Art Päckchen an, das in blaues Papier eingeschlagen war. „Was ist das?“, fragte Renji. Nachdem er seine Sandalen ausgezogen und die Tür geschlossen hatte, kam er herein, um sich gegenüber von Byakuya hinzusetzen. Renji saß im Schneidersitz, wie sonst auch immer, die empfindlichen Stellen an seinem Hintern machten ihn nur ein wenig zu schaffen. Er hatte den ganzen Tag darauf gesessen und hatte sich an das Gefühl soweit schon gewöhnt, doch Byakuya zu sehen, schien einen kleinen Phantomschmerz zu erzeugen. „Hast du ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk von jemandem bekommen?“ Byakuya blickte auf, eine Augenbraue hochgezogen. „Es ist von Tante Masama.“ „Verdammt“, schnaubte Renji, fragte sich, ob er ein oder zwei Schritte Abstand halten sollte, falls es eine Bombe war. „Hast du es der Zwölften gegeben, um sicherzustellen, dass es keine Bombe ist?“ Byakuya runzelte die Stirn. „Das ist mir nicht in den Sinn gekommen, aber ich bezweifle wirklich, dass Tante Masama so direkt ist, oder?“ „Vermutlich nicht“, stimmte Renji zu. In diesem Moment kündigte ein leises Klopfen die Ankunft des Essens an. Aio kam mit einem Tablett hinein und Byakuya dirigierte sie zu ihrer gewohnten, mit Kissen ausgelegten Ecke hinter dem Bücherregal. Als Renji aufstand, um sich an dem neuen Platz wieder niederzulassen, sagte er: „Ja, ähm, Kommandant, es steht wirklich nicht in Aios Berufsbezeichnung, mich im Büro abzuholen, oder?“ Byakuya und Aio blickten beide neugierig auf. „Die Sache ist die, ich meine, ich weiß, dass ich nicht in der Stellung bin, dir zu sagen, wie du dein Personal und so einsetzen sollst, aber es war ziemlich unangenehm, da ja alle von uns als Pärchen denken.“ Aio schien überrascht, blinzelte zwischen ihnen hin und her. Es schien, als hätte sie nicht gewusst, dass sie es öffentlich gemacht hatten. Scheibenkleister, in Anbetracht ihrer Verlegenheit, war sich Renji sicher gewesen, dass sie es wusste. Nun ja, das machte das, was er sagte, dann nur noch wahrer. Sie hat es noch nicht einmal gemocht, ihn zu holen, als es normal und nicht extra-unangenehm war. Doch Byakuya verstand es nicht. Er schüttelte seinen Kopf. „Sicherlich war es besser, als selbst zu kommen. Würde nicht über jeden Blick und jede Geste getratscht werden?“ „Vielleicht?“, sagte Renji und setzte sich, als Aio sich vom Tisch entfernt hatte. Mit einem Seufzen gab er zu: „Ja, vermutlich wäre alles Scheiße gewesen. Ich hatte nur das Gefühl, nun ja – es hat unseren unterschiedlichen Stand betont.“ „Ah“, sagte Byakuya mit einem Hauch von Verwirrung. Nachdem Aio sich den Weg hinaus verbeugt hatte, sprach Byakuya einen schnellen Segen über das Essen und fügte dann hinzu: „Ich vermute, ich hätte das bei meiner Entscheidung berücksichtigen sollen. Doch ich war mehr darüber besorgt, wie ich dich informell bitten konnte, zu kommen. Ich wollte nicht, dass es wie ein Befehl aussieht.“ Oh? Byakuya hatte darüber nachgedacht? Renji nickte und versuchte, den Gedankengang eines Adligen nachzuvollziehen: Denn er hatte ihn auch so hofiert, richtig? Da war immer diese Distanz und die Diener fungierten als Bindeglied. Es fühlte sich vermutlich angemessener für ihn an, ‚informaler‘. „Richtig, in Ordnung“, bestätigte Renji und schob ein wenig Reis auf Byakuyas Teller. Das Essen war einfach, ein mild riechendes Curry mit Tofu und Gemüse. „Entschuldige“, sagte er mit einem Schnauben. „Ich denke, ich habe den ganzen Tag darauf gewartet, dass die Bombe platzt und dann kreuzte Aio auf und sagte ‚Herr‘, das fühlte sich einfach an, wie ein Tritt in den Schritt. Außerdem würdest du nicht wissen wollen, dass einer der Soldaten direkt wissen wollte, ob du mich auch zu unserem ersten Date über einen Diener eingeladen hat.“ „Dieses Vorgehen wäre gängig genug“, sagte Byakuya und bestätigte damit das, was Renji vermutet hatte. „Was hast du gesagt?“ Renji warf ihm einen scharfen Blick zu. „Ich habe ihnen gesagt, dass du dich bei unserem ersten Date betrunken hast und mir befohlen hast, mich auszuziehen.“ Als Byakuya entsetzt aussah, winkte Renji seine Proteste weg. „Scheiße, natürlich nicht! Ich habe ihnen gar nichts gesagt. Es geht sie nichts an.“ Byakuya schenkte Renji Tee ein. „Das sagst du, aber manchmal ist es eher schwierig zu wissen, was du mit deinen Kollegen teilen würdest und was nicht, Renji.“ Renji wüsste, dass das Thema kommen würde. „Schau, das liegt nicht an mir! Du hast angefangen. Das ganze Büro war voll mit Gerüchten, wegen dem, was auch immer du mit dem Höllenschmetterling verschickt hast. Ich hätte wie ein dreister Lügner ausgesehen, wenn ich es abgestritten hätte.“ Byakuya setzte die Teekanne ab und setzte sich im Seiza hin. „Ich bin deswegen nicht sauer mit dir. Ich bin mir nur immer noch nicht sicher, was auf uns zukommen wird, aber ich denke wirklich, dass es die beste Taktik war. Es war die richtige Entscheidung, besonders da Isoroku unsere Beziehung ohne Zweifel gegenüber jedem hinausposaunen wird, der zuhören möchte. Besser, wenn es keine Waffe ist, die er nutzen kann.“ Renji blickte zum Geschenk und zu Byakuya zurück. „Wenn wir von Waffen sprechen, möchtest du das Ding öffnen?“ „Wird es unser Mittagessen ruinieren?“ Mit einem Achselzucken goss sich Renji etwas Curry über den Reis. „Könnte es, denke ich. Wie lange wartest du schon darauf, es zu öffnen?“ Byakuya lächelte, da Renji scheinbar dachte, dass er ungeduldig war. „Stunden“, gab er zu. „Ich muss gestehen, dass die Neugierde mich umbringt.“ Renji gluckste. „Du weißt, dass sie uns damit den Marsch blasen möchte, ja? Es wird nicht irgendwas Nettes sein.“ „Nun ja, richtig“, sagte Byakuya. „Doch in welchem Ausmaß wird es ‚uns den Marsch blasen‘?“ Renji lachte darüber, Byakuya so sprechen zu hören. „Das klingt irgendwie unartig, wenn es von dir kommt. Du weißt das, oder? Dein adliger Mund…“, Renji hielt sich selbst mit einem Zucken auf, denn adliger und Mund blasen… Er hegte den Moment immer noch in seinem Kopf, als Byakuya im Diesseits auf die Knie… Oh, scheiße, er musste ganz schnell aufhören daran zu denken. Byakuya versteckte ein Lachen hinter seiner Teeschale. „Oh, Renji. Ich sehe, dass es nicht nur die gemeinen Soldaten sind, die gequält wurden.“ „Ja, es war den ganzen Tag hart.“ Als er realisierte was er da gerade gesagt hatte, verdeckte Renji den Mund. „Ah, ich meine, Ständer… oh scheiße.“ Byakuya musste ein lauteres Lachen unterdrücken. „Vielleicht sollten wir uns mit dem Geschenk ablenken. Würdest du es uns holen?“ Dankbar für den Vorwand, etwas anderes zu tun, stand Renji auf und holte das Geschenk vom Schreibtisch. Es fühlte sich auf jeden Fall komisch an, total biegsam. „Huh, wenn deine Tante bei den Hofgarden wäre, würde ich sagen, dass sie dir ein Pony angefordert hat. Das fühlt sich wie ein Stapel Papier an.“ „Ja, Papier. Genau mein Gedanke“, sagte Byakuya und nahm das Geschenk von Renji entgegen. Als Renji sich wieder niedergelassen hatte, drehte Byakuya das Päckchen nachdenklich in seiner Hand. „Ein Pony wäre sicherlich eine Unannehmlichkeit. Ich habe die größten Teile meines Stalls vor langer Zeit abgeschafft. Früher machte es Sinn, ein großes Bataillon an Pferden hier zu haben. Sie waren ein strategischer Vorteil, wenn wir an der finalen Verteidigungslinie angelangt waren, ein Teil der äußeren Mauer, aber jetzt… Nun ja, sie sind schwer, angemessen zu pflegen, also habe ich nur noch ein paar.“ Er blickte das Paket finster an. „Ich hoffe auf jeden Fall, dass es kein Pony ist.“ „Das war auch ein Scherz“, sagte Renji. Er überlegte kurz, ob er versuchen sollte, dass ein Pony normalerweise eines der Dinge war, die für die meisten Kinder außer Reichweite war. Doch dann entschied er sich, dass es viel interessanter war, herausgefunden zu haben, dass es Byakuya war, der viele Kuchiki-Pferde verhökert hatte, wenn man doch an seine Vorliebe für Stalljungen dachte. Renji hatte immer gedacht, dass die fast leeren Ställe eine Sache waren, die Byakuya nach seiner Rückkehr aus dem Exil vorgefunden hatte. Ein finales ‚schau, was deine Perversion mich hat machen lassen‘ von seinem Großvater oder wem auch immer. Es war seltsam zu denken, dass Byakuya die Entscheidung getroffen hatte, aber vielleicht war es auch eine Zurschaustellung seiner Disziplin gewesen. Eine Weise, seiner Familie zu versichern, dass da wesentlich weniger Verführungen vorhanden waren. „Öffne es schon“, ermutigte ihn Renji. „Lass uns sehen, was es ist.“ „Also gut“, sagte Byakuya und klang ein wenig aufgeregt. Fast schon, wie ein Schuljunge. Renji reckte seinen Hals, um zu sehen, wie er das Papier vorsichtig entfaltete. „Himmel, reiß es doch endlich auf!“ Byakuya warf Renji einen vernichtenden Blick zu, der ganz klar nach etwas Geduld fragte, doch es war egal, denn das Papier gab plötzlich nach. Alles, was Renji sehen konnte war, dass es ein Stapel Papiere war. Auch wenn er es nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, sah es für ihn ein wenig aus, wie ein alter Computer-Ausdruck. Als Byakuya die Worte überflogen, wurde sein Gesicht blasser. Seine Hände begannen zu zittern. „Was zum Teufel ist das?“, verlangte Renji zu wissen. Byakuya blickte auf. „Renji. Das ist dein Seelenbericht.“ Kapitel 2: Soul Record ---------------------- Renji konnte nur kurz Byakuyas elendigen Blick ertragen, bevor er sagte: "Mein Seelenbericht, huh? Nun ja. Das ist ein seltsames Geschenk, aber doch eigentlich nett?" "Nett? Renji, nein, das ist nicht nett", sagte Byakuya, sein Blick ging wieder zu den Seiten, um sie zu überfliegen. Renji kratzte sich hinter dem Ohr, denn ehrlich gesagt, war 'nicht nett' kaum eine Überraschung. Teile seiner Seele hatten sich als Dämon des Unglücks manifestiert, also erwartete Renji nicht, dass er eine Art Heiliger in seiner Vergangenheit gewesen ist. Offen und ehrlich, vom ersten Tag, an dem er Inuzuri zugewiesen wurde, hatte Renji gedacht, dass er für irgendetwas bestraft worden war, das er getan hatte. Irgendein furchtbares Verbrechen oder eine Sünde. Aber was auch immer. Es war nicht so, als ob das jetzt von Bedeutung war. "Spoiler", sagte Renji, beobachtete, wie Byakuya die Seiten hektisch durchblätterte. "Das Ende ist verblüffend gut", sagte er und deutete auf seine Nase. "Ich kann dir jetzt sagen, dass egal was der traurige kleine Ficker war, egal was er in seinem hundsmiserablen Leben getan hatte, es hat sich für ihn alles zum Guten gewandt. Ich habe gehört, er hat den Rang des Vizekommandanten und alles." Als Byakuya noch nicht einmal einen bestätigenden Laut machte, fuhr Renji fort: "Und einen super-heißen Liebhaber. Und das beste Zanpakutō der ganzen Hofgarden." Zabimaru machte einen stolzen 'verdammt richtig'-Laut bei den Worten. Mit einem Seufzen wandte sich Renji wieder seinem Essen zu. Byakuya las, Renji staubte das restliche Curry, die eingelegten Zwiebeln und das Meiste vom Reis ab. Er ließ Byakuya den Tee übrig. Er wartete noch ein wenig länger, doch Byakuya machte keine Anzeichen, dass er bald fertig wäre, also stand Renji auf. „Ich muss zurück zur Arbeit, sonst reden die Leute“, sagte Renji. „Wenn du herausfinden möchtest, wie die Geschichte endet, komm vorbei, um mich zu sehen.“ Er war halb aus der Tür heraus, als Byakuya sagte: „Warte. Du möchtest das nicht?“ „Ich?“, sagte Renji, wandte sich um, damit er zurückblicken konnte. „Warum sollte ich das wollen? Ich habe bereits genug Probleme, meine verschissene Vergangenheit hinter mir zu lassen. Ich habe mich aus Inuzuri hochgekämpft, aber es klebt immer noch an mir wie Dreck. Du möchtest versuchen, mich ein oder zwei Leben zurückzuversetzen? Ich verzichte, vielen Dank auch.“ Byakuya blickte ihm für eine lange Zeit in die Augen und sagte dann, mit einer Ernsthaftigkeit, die Renji überhaupt nicht mochte. „Ja. Das ist das Beste.“ Renji runzelte daraufhin für einen Moment die Stirn, seine Hand immer noch an der Tür. „Die Tatsache, dass sie eine Schleife drum gemacht hat, bedeutet, dass es hässlich und furchtbar sein musste. Versuche dich nur daran zu erinnern, dass das nicht ich bin.“ Er legte sich eine Hand auf die Brust und ließ sie dann zu Zabimaru fallen, um ihn einzuschließen. „Das ist alles, was jetzt zählt.“ „Du hast natürlich recht“, sagte Byakuya und legte die Papiere zur Seite. „Ich werde es verbrennen lassen.“ Renji ließ die Luft hinaus, von der er nicht bemerkt hatte, dass er sie angehalten hatte. „Ja, bitte. Vielen Dank dafür.“ Als Renji gegangen war, blickte Byakuya zu der Stelle, an dem er den Seelenbericht abgelegt hatte. Er schenkte sich eine Schale Tee ein und dachte darüber nach, was er gelernt hatte. Genau wie Tante Masama die letzten Monate angedeutet hatte, war Renji tatsächlich ein Hollow gewesen. Eine menschliche Seele, ein hingerichteter Krimineller, der sich fast sofort hollowfiziert hatte, doch am Hinrichtungsort gebunden geblieben war, bis ein viel größerer Hollow ihn verschlungen hatte. Dauerschleife wie man sie kannte, hatte er für einige Jahre Chaos und Verwüstung angerichtet, bis ein Konsō schlussendlich die Seelen im Inneren befreit hatte. Alle davon, einige geringere, manchem mit mehr Macht, wurden dem Rukongai zugewiesen, doch nur Renji war wieder aufgetaucht. Sonst gab es keine Informationen von den anderen und es wurde vermutet, dass sie tot waren – oder, wie der Seelenbericht freiheraus ausdrückte: "wiederverwertet". Das einzige weitere Detail war, dass der Todesstoß einem 4. Offizier der 3. Division angerechnet wurde, auch wenn es scheinbar viele Kidō-Attacken benötigt hatte, um das Biest zu unterwerfen. Zwei Tote und einige Verletzte wurden gemeldet. Es schien wie ein roter Faden für Renjis Seele. Jede Wiedergeburt war im Kampf geendet. Fast immer hatte er mindestens einen Gegner mit sich gerissen. Selbst seine letzte menschliche Wiedergeburt hatte erfolgreich seinen Henker auf dem Weg verletzt. Er hatte es wohl geschafft, zu beißen und zu schlagen, als sie ihm zur Hinrichtungsstätte geführt hatten. Über den Nue gab es wesentlich weniger Informationen. Zabimarus bekannte Namen, Spezifikation und die Assoziation zu der Seele, die nun als Renji Abarai gelistet war, natürlich. Beschreibungen der Macht und Techniken waren vergleichsweise klinisch aufgezählt. Ansonsten gab es nur noch die Notiz zu Zabimaru, dass die Zanpakutō-Seele erschien, als der Hollow zerschlagen worden war. Byakuya Gefühle über diese Informationen waren jedoch schlecht zu beschreiben. Er musste Renji zustimmen, dass in einer Weise, keine davon eine große Überraschung waren. Nicht im Geringsten, wenn man das Aussehen von Hihio Zabimaru betrachtete. Auf der anderen Seite war die Bestätigung... beunruhigend. Nicht unbedingt, weil es ein schlechtes Licht auf Renji warf, sondern deswegen, was es im Allgemeinen über die Seelen im Rukongai andeutete. Byakuya verstand nun, warum es vielleicht für eine reine Seele gegen das Gesetz war, jemanden vom Rukongai zu heiraten. Und warum er und Hisana eventuell keine Kinder hatten bekommen können. Er trank seinen Tee leer, nahm den Seelenbericht und ging Richtung Anwesen. In der Küche gab es immer ein Feuer, vermutete er. Die Flammen würden kurzen Prozess mit diesem Nonsens machen. Trotz seiner eigenen Worte gegenüber Byakuya, verbrachte Renji den Rest seiner zweiten Schicht angespannt. Seine Laune wurde noch durch den Fakt verschlimmert, dass er früher am Tag schon so verdammt effizient gewesen war, dass nun nicht mehr viel zu tun war. Nachdem er den Stapel, für den er normalerweise keine Zeit hatte, angegangen war, entschied sich Renji dafür, eine spontane Trainingsstunde im Dojo zu organisieren. In den Stunden nach dem Mittagessen war es im Dojo am vollsten und dank dem 'Geschenk' von Byakuyas Tantchen hatte Renji irgendwie sogar vergessen, dass alle aus den verschiedensten Gründen über sie tratschten. Und das Dojo, auch in dem eines Kuchiki, war immer die Art von Orten, an denen sich die Leute frei genug fühlten, jemandem einen Spruch zu drücken. „Also du und der Kommandant, huh?“ Es war eine von Kinjos Freunden, ein weiteres Mitglied von Renjis Stoßtrupp, Akako. Sie war groß und breit gebaut mit zotteligem Haar, das immer so aussah, als würde sie eine vorherige Frisur rauswachsen lassen. Sie legte eine Hand auf ihre Hüfte und legte ihr Holzschwert auf die Schulter. „Wie ist das?“ „Es ist wie: großartig“, scherzte Renji. „Was zum Teufel erwartest du? Er ist der Kommandant. Glaubst du, dass er etwas halbherzig macht?“ „Ja, aber macht er es dir?“, rief jemand anderes, eine männliche Stimme, aus. Renji blickte sich schnell um, doch er konnte nicht erkennen, wer es war. „Was denn sonst?“, sagte Renji, drehte den Leuten den Rücken zu und stellte Zabimaru zur Seite, um sich ein Übungsschwert zu holen. Er drehte sich wieder um und sagte ihnen: „Der Kommandant hat mir im Bankai den Arsch aufgerissen. Ihr denkt, ich besorg es ihm? Ich weiß, er sieht hübsch aus und all das, aber verarscht euch nicht selbst. Außerdem habe ich eine Schwäche für skrupellose Arschlöcher. Wer möchte mich herausfordern und es sehen?“ Es überraschte Renji, wie schnell und effizient das Eis brach. Er hatte ein paar Freiwillige zum Trainieren und die meisten Leute schienen zufrieden, so viele Informationen darüber bekommen zu haben. Außer ein Typ; denn da gab es immer Diesen Einen Typen. „Du solltest festgenommen werden“, sagte ‘Dieser Typ’, als Renji die Schwerter zurücklegte. „Ich hoffe, der Generalkommandant sperrt dich wegen Unzucht für den Rest deines Lebens weg.“ Renji richtete sich auf, ließ Zabimaru an seinen Platz gleiten. Er schaute zu ‘Diesem Typen’ hinüber. Ein Rangloser, natürlich, denn Renji konnte schwören, dass umso niedriger der Rang der Person war, desto mehr interessierte er sich dafür, was in den höheren Rängen abging. Dieser Typ war ein Jüngling, obwohl er schon langsam eine Glatze bekam, und sehr dünn – fast schon zu dünn, obwohl es ihm nicht an Muskeln fehlte. „Das würde nicht mich treffen“, bemerkte Renji. „Wenn der Generalkommandant irgendjemanden wegen Unzucht festnehmen würde, dann wäre das Kuchiki-taicho. So funktioniert das Gesetz, mein Freund. Es beschützt die mit niedrigerem Rang, die von ihren Höhergestellten misshandelt werden könnten. Der Kommandant hat zehn Mal mehr spirituellen Druck als ich und jeder weiß das. Du denkst, ich bin derjenige mit der Möglichkeit zur Erpressung oder ihn zu etwas zu zwingen? Wie genau funktioniert das in deinem Kopf?“ Dieser Typ verzog sein Gesicht zu einem Schmollen. Schlussendlich platzte aus ihm heraus: „Es funktioniert, weil du unseren adligen Kommandanten beschmutzt!“ Renji gluckste. „Oh, nun ja. Ja, natürlich, das ist ein Fakt, richtig? Denn, du weißt, so heiß ich auch sein mag, keine Chance, dass unser 'adliger Kommandant' widerstehen könnte, sich selbst an mir zu beschmutzen.“ „Er hat eine Schwäche für deine Gattung.“ „Meine Gattung? Was zum Teufel meinst du mit 'meine Gattung'?“, wollte Renji wissen und spürte die zornige Hitze. Doch ‘Dieser Typ’ öffnete seinen Mund so schnell, dass Renji sich die dumme Verbindung denken konnte: Inuzuri, natürlich. „Hey, wenn du mit deinem nächsten Atemzug Lady Hisana oder Rukia mit etwas anderem als dem allerhöchsten Respekt erwähnst, werde ich dich persönlich ins Büro des Kommandanten schleppen, damit du es dort in sein Gesicht wiederholen kannst.“ Der Mund von 'Diesem Typen' schloss sich schnell. Doch, weil die Leute sie beobachteten, legte Renji sanft eine Hand auf die Schulter von Diesem Typen. Dieser Typ zuckte etwas zusammen, doch Renji sah ihm ernst in die Augen und er wich nicht zurück. „Damit sage ich nicht, dass du nicht zum Generalkommandanten gehen kannst, wenn du meinen elendigen Hintern im Gefängnis sehen willst“, sagte Renji deutlich und behutsam, mit so wenig Zorn, wie möglich. „Geh los, wenn es das ist, was dein Gewissen dir sagt. Ich bitte dich nur darum, dass du das mit Respekt tust. Das kannst du zumindest für unseren Kommandanten tun, richtig?“ „Ja, Vizekommandant“, Dieser Typ war clever genug, so zu antworten. Renji ließ seine Hand fallen. Er blickte sich im Dojo um. „Also gut, wenn jemand noch was sagen will, schießt los. Denn ihr müsst in der Lage sein, mit mir zu arbeiten. Das ist hier das Problem, richtig? Los geht’s. Wer hat etwas zu sagen? Irgendjemand?“ Das einstimmige und donnerndes „Nein, Vizekommandant!“ berührte irgendwie Renjis Herz ein wenig, vor allem da so viele sein Blick mit einer Art wildem Stolz erwiderten, als wären sie erfreut, dass er bereit und gewillt war, die Konsequenzen zu tragen und das er von ihnen wollte, dass sie vor allem sich selbst gegenüber ehrlich waren. Darum ging es in der Sechsten, nicht wahr? Renji überlegte: Stolz und Ehre. Ok, eigentlich war es eine höchst seltsame Sache 'noble Beweggründe', aber was wirklich der Kern davon war, war eben: Stolz und Ehre. So lange es Ehre gab, könnten sie das vielleicht durchstehen. Byakuya verließ sein Büro in dem Vorhaben, direkt in die Küche zu gehen und den Seelenbericht zu verbrennen, doch als er in den eisigen Wind hinaustrat, überlegte er noch einmal. Woher hatte Tantchen Masama das? Das Wasserzeichen darauf stammte von den Hofgarden, nicht vom Palast des Seelenkönigs und das Papier sah aus und fühlte sich an, wie das auf denen die Berichte der 12. Division gedruckt waren, daher hatte Byakuya so eine Vermutung. Er war aber überrascht, dass Kurotsuchi sich um die Interessen einer alten, närrischen Frau kümmerte. Doch offenbar hatte Tante Masa viel Geld geboten, vermutlich genug, um alle möglichen Forschungsprojekte zu finanzieren. Interessanterweise musste das Geld aus ihrem persönlichen Vermögen kommen, denn er als Familienoberhaupt prüfte alle Ausgaben jeder Größenordnung und genehmigte diese. Sogar die Regelmäßigen, für alle Fälle. Er hoffte, dass sie nicht ihr Hab und Gut veräußert hatte, um dieses Bisschen an, nicht furchtbar überraschenden, Informationen über Renji zu bekommen. Um ehrlich zu sein, war dieser Bericht für die 12. Division eine schäbige Arbeit. Byakuya hätte gedacht, dass Zabimaru sie mehr interessierte und doch wurde kaum etwas über das Zanpakutō erwähnt, außer die grundlegenden Dinge, von denen jeder Soldat in der Sechsten in der Lage sein sollte, sie vorzutragen. Dieser Mangel ließ Byakuya vermuten, dass die Zwölfte seine Tante unterbezahlt hatte. Byakuya wandte seinen Blick in die Richtung von Kurotsuchis... Schlupfwinkel und seufzte. Er fühlte sich nicht vorbereitet, sich in diesem Moment mit Kurotsuchi herumzuschlagen. Außerdem, um schon lediglich hineingelassen zu werden, musste Byakuya seine Anfrage sehr behutsam vortragen. Kurotsuchi war ein viel zu ungeduldiger Mann, um nur aus purer Höflichkeit eine Frage eines Kollegen zu beantworten. Byakyua musste da schon etwas Interessantes vorweisen, ein Angebot zum Handel. Vielleicht war dieser, ihm zugespielter Seelenbericht schon genug. Sicherlich hatte Kurotsuchi ihn nicht selbst angefertigt. Mit so wenig über Zabimaru, konnte sich Byakuya nicht vorstellen, dass er Kurotsuchis hohen Ansprüchen gerecht wurde. Jemand anderes aus der Division hatte ihn dann erstellt. Entweder hatte diese Person es mit Kurotsuchis Einverständnis getan und war daran gescheitert, etwas mit Qualität zu erstellen oder er hatte es heimlich gemacht, was Kurotsuchi nicht tolerieren würde. Wenn es eine Sache gab, die Kurotsuchi mehr hasste, als unvollständige Nachforschungen, konnte sich Byakuya vorstellen, dann war es jemand, der seine behutsam gehüteten Unmengen an Informationen ohne Erlaubnis anfasste. Byakuya beschwor einen Schmetterling und erklärte seine Bedingungen. Er würde ein kurzes Treffen mit dem Kommandanten gegen Bericht tauschen. Byakuya stimmte sogar zu, zur Zwölften zu gehen, aber er würde es am nächsten Tag tun, wenn es ihm passte. Byakuya verabschiedete sich natürlich mit einem: „Ich bin überrascht über deine Arbeit, Kommandant. Es ist unvollständig und unausgeglichen. Kaum Bemerkungen über Zabimarus vorherige Inkarnationen? Ich hätte Besseres erwartet.“ Das, wusste er, würde ihm eine sofortige Antwort einbringen. Als er den Schmetterling losgeschickt hatte, wandte sich Byakuya stattdessen zur Dreizehnten um. Er hatte immer eine Ausrede dort, dass er nach Rukia schauen würde, doch was er wirklich wollte, war zu sehen, was Ukitake von Renjis Seelenbericht hielt. Byakuya erinnerte sich daran, dass er mit ihm schon einmal über Hollows und Seelen gesprochen hatte, vielleicht würde sein früherer Kommandant in der Lage sein, etwas von seiner verbleibenden... Anspannung zu lösen. Er steckte die Papiere unter seinen Haori und setzte zum Blitzschritt an. Als er anhielt, fand er Kommandant Ukitake... in einer Schneeballschlacht vor. Die gesamte Division schien bei dieser Eskapade mitzumachen und Byakuya musste Shunpō nutzen, um einen der eisigen Geschosse auszuweichen, der auf sein Rücken gerichtet gewesen war. Das konnte nur von Rukia oder Ukitake kommen, also wirbelte er schnell herum, schöpfte schnell etwas Schnee und feuerte zwei hintereinander folgende Bälle in Richtung des kichernden Paars. Rukia wich aus. Ukitake wurde an der Seite seines Kopfes getroffen. Byakuya hatte keine Illusionen, dass Kommandant Ukitake es einfach zugelassen hatte, getroffen zu werden. Vor allem, als er sich aus der Hocke aufrichtete, seinen Haori und die Haare ausschüttelte und in die Hände klatschte. „Leute, Leute, wir haben einen Besucher! Wir sollten das in die Division verlegen.“ Die Ladenbesitzer, die mitgemacht hatten, sahen enttäuscht darüber aus, dass sie ausgeschlossen wurden, aber jeder war in einer guten Laune und zumindest eine geschäftstüchtige Seele hatte heiße Schokolade aufgesetzt und stand direkt am Tor und machte ein gutes Geschäft bei denjenigen, die gerade zur Arbeit zurückkehrten. Zwei vorbeigehende Shinigami beäugten Byakuya ganz offensichtlich von oben bis unten und gingen dann weiter, während sie in ihre Ärmel kicherten. Byakuya prüfte seinen Haori. Hatte er etwas darauf verschüttet? Hatte ihn ein unbemerkter Schneeball doch getroffen? Da er nichts fand, runzelte er die Stirn. Was hatten sie so lustig gefunden, vor allem da sie ihm weiterhin Blicke zuwarfen und lachten. Ukitake, seine Wangen von der Kälte errötet und mit einem Lächeln, dass so hell war wie der frisch gefallene Schnee, nahm Byakuya an den Schultern. „Willkommen! Bist du gekommen, um Rukia zu sehen?“ „Euch beide, tatsächlich“, sagte Byakuya mit einem sanften Lächeln zu Rukia. „Exzellent“, sagte Ukitake. „Ich kaufe etwas heiße Schokolade für uns. Wir können die Kohlen unter dem Kotatsu schüren.“ Tatsächlich klang das wirklich behaglich, also neigte Byakuya seinen Kopf. Er bot Rukia einen Arm an, die ihn mit einer leichten, überraschten Röte im Gesicht annahm. „Du musst dir nicht noch Zeit nehmen, um nach mir zu schauen, Nii-sama.“ „Ich weiß“, sagte Byakuya freundlich. „Außerdem kann ich sehen, dass du dich gut erholt hast. Was ist mit Ichigo. Wird er bald erwachen?“ Rukia sah verwundert aus, als wäre sie überrascht, dass Byakuya wusste, dass sie regelmäßig nach Ichigo schaute. „Oh, nun ja, das kann ich nicht sagen, aber Urahara denkt, dass es vielleicht schon diese Woche soweit sein wird. Wir haben nur eine sehr kurze Zeit, bevor...“ „Ja“, sagte Byakuya und tätschelte verstehend ihren Arm. Er erinnerte sich daran, dass Ichigo seine Fähigkeit die Toten zu sehen, verlieren würde und dass er nicht mehr in der Lage sein würde, seine Rolle als stellvertretender Shinigami fortführen zu können. Er würde nicht weiter in der Lage sein, Rukia zu sehen und Byakuya war sich sicher, dass es ihr das Herz brechen würde. Sie gingen zu Ukitakes Büro. Ukitake war zurückgeblieben, um ihnen einen Arm voll heißer Schokolade zu besorgen. „Ich sollte beten, dass er zu meinem Geburtstag erwacht. Es wäre ein sehr schönes Geschenk.“ Rukia lächelte zu ihm hinauf. Doch dann machte ihr Mund ein 'o'. „Was, falls es an deinem Geburtstag passiert? Was, wenn er am 31. aufwacht?“ Byakuya drückte ihre Hand. „Zögere nicht einmal. Deinen älteren Bruder kannst du jederzeit sehen. Aber dein...“, oh je, waren sie Liebhaber? Er konnte sich nicht erinnern, dass sie es gestanden hatte, also fuhr er fort: „... besonderer Freund hat nur noch dieses eine Mal, um mit dir zu reden. Du musst gehen. Du solltest auch Renji mitnehmen oder er wird mir das niemals verzeihen.“ „Oh, Nii-sama!“ Sie hatte vor tiefgreifenden Emotionen seinen Arm fest umschlungen. „Meine 3. Offiziere tratschen über dich und Renji“, sagte Ukitake, erschien an Byakuyas Seite und händigte ihm einen der Becher mit heißer Schokolade aus. „Sie scheinen eines der erstaunlichsten Dinge gehört zu haben. Sie sagen, ihr beide habt es öffentlich gemacht.“ „Es ist wahr“, sagte Byakuya und nahm den Styroporbecher. Er war ein wenig besorgt, dass es bereits so weit in die Seireitei verbreitet war. Renji hatte es klingen lassen, als hätte nur die Sechste diese Information erhalten. Hatte dieser Pavian eine Notiz an alle Divisionen gesendet? "Oh, schau mich nicht so an. Andere Divisionen auszuspionieren ist wohl kaum mein Stil", lächelte Ukitake und schob die Tür zu seinem geräumigen Büro auf. "Eine von uns hat zufällig letzte Nacht seinen Liebhaber über Nacht besucht. Offensichtlich hatte sie es für nötig befunden, damit zu ihrer Freundin Kiyone zu laufen. Du weißt, wie Frauen mit Dingen wie diesen sind!" Rukia machte ein kleines Geräusch. "Die Meisten! Die meisten Frauen, nicht alle!", korrigierte Ukitake sich schnell. "Du weißt, dass ich das mit Zuneigung sage, Rukia." "Ja, Kommandant", sagte sie mit einem neckenden Ton. Sie teilten ein kleines, geheimes Lächeln aus, als hätten Rukia und Ukitake zu diesem Thema eine bereits länger bestehende Neckerei zwischen sich. "Doch ich sage immer noch, dass dein Partner ein schlechter Einfluss ist." Kyōraku. Kyōraku war jedoch ein Thema für ein anderes Mal. Ein anderes Mal, wenn Byakuya darauf vorbereitet war, seine Verbindungen mit diesen beiden ein für alle mal einzureißen. Zuerst musste er Informationen sammeln. Ukitake gab Rukia die anderen beiden Becher mit heißer Schokolade und bereitete den Kotatsu vor. In kürzester Zeit saßen sie alle am niedrigen Tisch, ihre Beine unter der Decke, die die Farbe einer stürmischen See hatte und streckten ihre Füße in Richtung der wärmenden Kohlen. Ukitake atmete tief durch und nahm die heiße Schokolade, die Rukia ihm reichte und lächelte. „Das ist angenehm. Es gibt nichts, was an Aufwärmen nach einem Spielchen im Schnee herankommt.“ Rukia nickte, als wären 'Spielchen im Schnee' etwas, was sie häufiger machte. Byakuya hingegen versuchte sich an das letzte Mal zu erinnern, als er einen Schneeball vor dem heutigen Tage in der Hand gehabt hatte. Jahrhunderte mögen vergangen sein. Sein Vater hatte Schnee gemocht. Doch auch wenn er sich nicht erinnern konnte, ob er jemals in eine Art Schneeballschlacht mit seinem Vater involviert worden wäre, hatte er noch sehr präsente Erinnerungen an die eine Nacht, an dem sein Vater darauf bestanden hatte, dass sie alle einen Ausflug mit dem Pferdeschlitten machten. Er erinnerte sich an seine Mutter auf der einen und seinen Vater auf der anderen Seite, einen großen, dunklen Himmel und riesige, schimmernde Schneeflocken. Es war magisch gewesen. Danach hatte es auch heiße Getränke gegeben, doch nichts derartiges wie heiße Schokolade aus dem Diesseits. Byakuya trank noch einen dankbaren Schluck. „Du musst deine Bezugsquelle von der heißen Schokolade aus der Welt der Lebenden mit mir teilen, Ukitake-taicho“, sagte Byakuya. „Sie ist köstlich.“ Ukitake rieb sich wie ein Schuljunge den Hinterkopf. „Oh, nun ja, der Ladenbesitzer bekommt seine Güter von unseren regelmäßigen Einkaufsreisen. Für meinen persönlichen Gebrauch fragte ich einfach meine Untergebenen, ob sie mir ein paar Pakete zurück schmuggeln! Diese sind vielleicht aus der Vorratskammer der Kurosakis!“ „Ich habe sie gekauft!“, beharrte Rukia mit einer Art schuldigem Blick, der Byakuya sich fragen ließ, ob es wirklich wahr sei oder ob sie einen Rückfall von ihren Angewohnheiten in Inuzuri gehabt hatte. „Egal“, sagte Byakuya. „Rukia oder Renji können mir auch etwas davon kaufen, wenn sie von ihrem Besuch bei Ichigo zurückkommen.“ Ukitakes Lächeln verschwand. „Armes Lämmchen“, sagte er. „Ich sollte euch auch eine lange Einkaufsliste schreiben. Es hilft euch vielleicht, eure Gedanken zu ordnen.“ Rukia sah elendig aus. So sehr, dass Byakuya den Drang verspürte, zu sagen: „Ich weiß, dass Urahara sagt, dass es unabänderlich ist, aber ich glaube, dass Ichigo einen Weg finden wird.“ Ukitake sah schockiert aus. Sowohl er als auch Rukia fragten gleichzeitig: „Das tust du?“ „Bei allen Göttern, ja“, sagte Byakuya ohne zu zögern. „Urahara ist so schlau, wie der Junge entschlossen. Ich wäre überrascht, wenn er länger als ein Jahr benötigt, um das Problem zu lösen.“ Ukitake sah bei weitem besorgter aus. „Ich weiß nicht, Byakuya. Was Ichigo getan hat... es ist nichts, was man einfach überwinden kann.“ „Ich suggeriere auch nicht, dass er das wird“, sagte Byakuya nach einem weiteren Schluck. „Ich glaube nur einfach, dass er einen anderen Weg finden wird. Er ist nicht... lass uns einfach sagen, Ichigo bringt mehr für einen Kampf mit, als wir voraussehen können. Er sollte kein Vizard sein, doch ist er einer. Und eine Zanpakutō-Seele, kann sie ihn wirklich für lange Zeit verlassen?“ „Oh“, sagte Rukia. „Darüber habe ich nicht wirklich nachgedacht. Was ist mit Zangetsu passiert? Sicherlich wurde er nicht zerstört? Das ist ein Teil von Ichigo.“ „Wenn wir über solche Dinge sprechen“, sagte Byakuya und griff in seinen Haori und legte Renjis Seelenbericht auf den Tisch, „Ich würde sehr gerne auch deine Meinung über all das hören, Ukitake-taicho.“ Ukitake schaute zwischen den beiden mit einem Blick hin und her. Er zog sich am Ohr, lächelte und sagte: „Nun ja, ich werde mein Bestes geben, um euch beiden zu antworten!“ Vorschau Kapitel 3: Byakuya, Rukia und Ukitake sprechen über die interessante Natur der Seelen. Renjis ruhiger Tag erleidet einen hässlichen Schock. Kapitel 3: The Curious Nature of Souls -------------------------------------- Byakuya wärmte seine Zehen unter dem Kotatsu in Ukitakes Büro, während Rukia über ihre eigenen Fragen spekulierte und Ukitakes Renjis Seelenbericht las. "Wir wissen, dass man ein Zanpakutō gewaltsam seinem Eigentümer entreißen kann, aber gibt es Fälle, in denen ein Zanpakutō jemanden abgewiesen hat oder ihn willentlich verlassen hat?“, Rukia sah erst ihren Kommandanten an, der sich über den Seelenbericht gebeugt hatte und darin völlig versunken war, und dann zu Byakuya. „Nichts, wovon ich gehört habe“, sagte Byakuya. „Wir werden die Archive der Kuchiki prüfen müssen. Wenn es schon mal passiert ist, hätte jemand darüber geschrieben und so hätten wir einen Bericht darüber. Aber der Unterschied hier ist, dass Zangetsu sich für seinen Eigentümer geopfert hat. Wenn überhaupt, dann war es eine Tat aus purer Loyalität.“ „Wahr“, sagte Ukitake. „Doch Zangetsus Ursprung ist sehr undurchsichtig. Wir können wohl kaum vergessen, dass Kurosakis erste Klinge tatsächlich nur eine verschobene Manifestation von Sode no Shirayuki war.“ Rukia wurde ein wenig blass, als sie hörte, wie ihr eigener Kommandant so ruhig ihr Verbrechen besprach. „Aber das ist nicht wahr“, sagte Byakuya. „Sein Schwert hatte weder die Form noch die Macht von Sode no Shirayuki. Ichigo Kurosaki hätte wohl kaum mit einem temporär geborgten Schwert Bankai erreichen können. Immerhin hat er nicht nach Sode no Shirayuki gerufen. Genauer gesagt, Sode no Shirayuki hatte niemals Rukia verlassen, falls doch, dann nur kurz. Offenkundig ist Sode no Shirayuki zurückgekehrt, sobald Rukia von den Fesseln befreit worden war. Was Rukia in dieser schicksalshaften Nacht getan hatte, war nicht mehr, als Ichigos eigenes Potential zu erwecken. Das bedeutet, dass unterm Strich kein Verbrechen begangen wurde.“ Und Ichigo hatte so oder so seine Kräfte von Isshin Shiba geerbt. „Die Tat an sich war ein Verbrechen, Nii-sama“, sagte Rukia elendig. „Auch wenn es nicht so funktioniert hatte, wie ich es vorhatte.“ „Die Sieger verdrehen immer die Geschichte, damit sie ihnen passt, Rukia“, sagte Ukitake. Doch als Byakuya seinem früheren Kommandanten einen scharfen Blick zuwarf, hob Ukitake wie zur Aufgabe seine Hände und lächelte. „Du musst zugeben, dass es wahr ist, Byakuya!“ „Tatsächlich tue ich das nicht. Als Bewahrer unserer Archive glaube ich, dass die Wahrheit zurückbleibt, obgleich auch manchmal verborgen“, sagte Byakuya ziemlich ernsthaft. „Außerdem war es nicht meine Intention, die Wahrheit zu verdrehen, eher sie aufzudecken. Wir alle wissen nun, dass Aizen kurz nach Rukias Aufbruch ins Diesseits die Kontrolle von Central 46 übernommen hat. Dies hat er uns selbst erzählt. Wir können nicht sagen, was das echte Central 46 in diesem Fall beschlossen hätte und was sie als mildernde Umstände angesehen hätte.“ Ukitake schnaubte. „Du erinnerst dich, dass niemand mit den Augen gezuckt hat, als sie ihre Entscheidungen verkündet haben, richtig? Noch nicht einmal als die Zeit bis zur Hinrichtung willkürlich geändert wurde, was uns hätte verdächtig vorkommen müssen. Und doch hat niemand von uns irgendetwas darüber gedacht. Wir haben offensichtlich das Gefühl gehabt, dass Central genauso entschieden hat, wie sie es immer taten.“ Da war ein überraschender Ton von Bitterkeit in Ukitakes Stimme. Es war gut möglich, dass Ukitake sich schuldig fühlte, dass er nicht derjenige gewesen war, der seine Untergebene gerettet hatte oder Aizens Pläne früher durchschaut hatte. „Ja“, sagte Byakuya vorsichtig. „So war es.“ Rukia musste auch etwas gemerkt haben, denn sie kehrte zu ihren Ursprungsgedanken zurück: „Ich hoffe, all das bedeutet, dass Zangetsu immer noch bei Ichigo ist oder er darum kämpft, zu ihm zurückzukehren.“ „Sie haben so viel zusammen erreicht und das in so kurzer Zeit“, versicherte Byakuya ihr. „Ich habe daran keine Zweifel. Tatsächlich denke ich, wenn Sode no Shirayuki schon einmal in der Lage war, seine Kräfte auszulösen, dann könnte sie es noch einmal tun, sobald genügend Zeit zur Heilung vergangen ist. Verliere nicht deine Hoffnung, Rukia.“ Ukitake beobachtete Byakuya neugierig. „Ich hätte gedacht, dass du Ichigo als Anomalie, als Abweichung empfindest und erfreut bist, dass seine Macht verbraucht und verschwunden zu sein scheint.“ Byakuya blinzelte überrascht. „Nein“, sagte er knapp. „Ich stehe in Kurosaki Ichigos Schuld, dass er meine Augen geöffnet hat und für seine hartnäckige Unterstützung für meine Familie, meinen Stolz und meiner Freude.“ „Ah“, lächelte Ukitake und klatschte in die Hände. „So herzerwärmend!“ Rukia errötete. Byakuya nippte an seiner heißen Schokolade, während Ukitake sie weiter anlächelte. Als Ukitake sich wieder beruhigt hatte, fragte Byakuya: „Was hältst du von Renjis Seelenbericht, Taicho?“ „Renjis?“, Rukia verschluckte sich fast, während sie versuchte, ihr Getränk nicht auszuspucken. „Warum hast du Renjis Seelenbericht, Nii-sama?“ „Es war ein 'Geschenk' von unserer lieben Tante Masama“, sagte Byakuya. „Ich glaube, sie hatte gehofft, mich damit ausreichend erschrecken zu können, damit ich meine romantischen Interessen aufgebe.“ „Hat es funktioniert?“, fragte Rukia. „Es war für mich keine Überraschung, dass Renji eine rebellische, mühselige Seele ist“, sagte Byakuya einfach. „Oder dass er das vielleicht schon immer gewesen ist.“ „Das ist ein wenig mehr als das und, wie ich bereits sagte, sollte es unmöglich für deine Tante sein, das in die Hände zu bekommen“, sagte Ukitake, doch er nahm die Seiten in die Hand und blätterte sie durch. „Ich frage mich, warum so wenig über Zabimaru darin vorkommt? Ich hatte gedacht, der eigentliche Zweck dieser Berichte sei es, dass wir die Natur der Zanpakutō besser verstehen, besonders diese, die aus dem Rukongai kommen.“ Deswegen existierten sie? Byakuya vermutete, es würde weniger Fragen geben, warum sich Zanpakutō unter den reinen Seelen manifestieren. Doch es war, wenn Byakuya darüber nachdachte, interessant, dass sie sich scheinbar zu den vermeidlich uninteressanten, 'wiederverwendeten' Seelen hingezogen fühlten, bei denen sich niemand darüber sorgte, sie zu füttern oder zu beherbergen. „Vielleicht ist es Zabimarus erstes Erscheinen?“, bot Rukia an. „Es scheint so“, sagte Ukitake und legte die Seiten wieder ab. „Aber eine neue Zanpakutō-Seele? Man möchte meinen, dass das weitaus interessanter ist als alles, was Renji vielleicht in seinen menschlichen Leben gewesen ist oder getan hat.“ „Deutest du an, dass Zanpakutō... mehrfach verwendet werden?“ Byakuyas Hand glitt dorthin, wo Senbonzakura neben ihm auf dem Boden ruhte. Seine Handfläche bedeckte sein Zanpakutō schützend. „Das ist die Frage, die der Seelenbericht beantworten soll!“, strahlte Ukitake. „Werden Rukongai-Zanpakutō mit den dazugehörigen menschlichen Seelen wiederverwendete? Wohin gehen sie? Werden sie hier von einer Zwillingsseele weiter benutzt oder lösen sie sich auf oder verstecken sie sich in der Seele ihres Eigentümers und warten auf die Wiedergeburt in der Soul Society? Warum bleiben ihre Namen nicht gleich? Bewegen und verändern sie sich automatisch, während die Seele ihrer Eigentümer wiedergeboren wird? Wenn nichts davon stimmt und jedes Zanpakutō einzigartig ist, warum binden sich so viele, machtvolle Neue an...?“ Ukitake hielt inne, um von seiner heißen Schokolade zu trinken und Rukia kurz anzuschauen. „Nun ja, du verstehst! Da gibt es so vieles an ihnen, was wir noch nicht wissen, außer die Tatsache, dass sie unsere vertrautesten Gefährten sind.“ Ukitake war zu gutherzig, um die Frage zu vollenden, die Byakuya schon genug innerhalb der Adelshäuser gehört hatte: Warum so viele wichtige Kommandantenränge von denen ausgefüllt wurden, die aus den Weiten vom Rukongai kamen? Warum sind da nicht mehr Adlige mit der gleichen Stärke und den gleichen Fähigkeiten? Warum sind solche abscheuliche, unreine Kreaturen von niederer Geburt überhaupt mit einem Zanpakutō gesegnet? Das konnte Byakuya zumindest in der schrillen Stimmlage seiner Tante hören – auch wenn er sich irgendwann einmal sicher das Gleiche gefragt hatte. „Grundsätzlich“, fuhr Ukitake fort und klang sehr nach dem älteren Kommandanten, „ist die Frage, die der Seelenbericht stellt: 'Woher kommen die Kräfte eines Shinigami? Wer manifestiert sie und warum?'“ „Könnten die Kräfte, die ich bei Ichigo geweckt habe, aus einem früheren Leben in der Soul Society stammen?“, fragte Rukia. Sie hatte ihre heiße Schokolade bereits getrunken und riss nun kleine Stücke aus ihrem Styroporbecher. Byakuya wollte ihr sagen, dass sie das unterlassen soll, dass es nicht damenhaft war, doch Ukitake sprach zuerst. „Es ist eine Möglichkeit, nicht wahr?“, sagte Ukitake. „Und er ist so jung. Es könnte jemand sein, den wir kannten.“ „Das erscheint nicht möglich. Da war so viel Friede. Kaum jemand...“, Byakuya hielt inne, denn ihm fiel auf, dass sowohl sein Vater als auch sein Großvater vor nicht allzu langer Zeit verstorben waren. Renjis Seelenbericht zeigte deutlich, dass der Zeitpunkt zwischen den Wiedergeburten nicht unmittelbar war. Das Blut wich aus Byakuyas Gesicht. „Nein. Ich möchte diesen Gedanken nicht in Erwägung ziehen.“ „Oh, Nii-sama, da ist nichts an Ichigo, dass wie ein Kuchiki wirkt!“, sagte Rukia. „Vertraue mir.“ Sie sagte es mir einer solche Gewissheit, dass sich Byakuya kurzzeitig hin und hergerissen fühlte, ob er sich vom Gedanken, dass Ichigo eine Wiedergeburt eines Verwandten sein könnte, beleidigt fühlen sollte oder von Rukias Entschiedenheit, dass Ichigo keine ihrer Qualitäten teilte. „Du kanntest Byakuyas Vater nicht“, sagte Ukitake freundlich. „Sōjun war eine Freude-“ „Doch nicht als Ichigo Kurosaki wiedergeboren“, beharrte Byakuya und stand auf. Er streckte seine Hand nach Renjis Seelenbericht aus und sagte: „Ich werde euch beiden euren fantasievollen Spekulationen überlassen. Ich habe Arbeit zu erledigen“, sagte er, doch falls er das hatte, war es nur welche mit seiner Familie. Sein Dienst war mit dem Mittagessen zu Ende gegangen. Doch Byakuya konnte nicht noch eine Minute ertragen, Geschichten von einem Vater zu hören, von dem ihm gelehrt wurde, ihn für seinen eigenen Tod verantwortlich zu machen oder diese lächerlichen Ideen über Wiedergeburt. Es war schon schlimm genug gewesen, Hisana/Hana im Diesseits über den Weg zu laufen. Byakuya vermisste seine Eltern oft genug genauso stark. Wenn er daran dachte, sie noch einmal sehen zu können... Ukitake stand auf und händigte ihm den Seelenbericht aus. „Oh, Byakuya, du weißt, dass ich dich nur geneckt habe.“ „Bitte nicht, Taicho“, sagte Byakuya, wie er es schon tausende Male getan hatte, als er noch in der Dreizehnten stationiert war. „Du solltest mittlerweile wissen, dass ich es niemals gut aufnehme.“ Ukitake sah traurig aus und tätschelte unerwünscht Byakuyas Schulter. „Ah, ja. Das sollte ich. Das sollte ich wirklich.“ Rukia wollte gerade eine formale Verbeugung vollführen, doch Byakuya nahm ihre Hand und drückte sie zum Abschied. „Wirst du zum Abendessen kommen?“ Sie sah verwirrt aus. „Ich... ist das nicht vorgeschrieben? Ich meine, mit all der Familie im Haus?“ Byakuya schüttelte den Kopf. „Das ist meine Bürde. Ich möchte dich nur gerne dabei haben, da ich deine Gesellschaft bevorzuge und ich dachte, dass du gerne deine Cousine Hirako im Rot der Akademie sehen würdest. Doch du hast deine Pflichten hier und bei Ichigo Kurosaki.“ „Oh, Nii-sama, natürlich kann ich kommen. Ich gehe normalerweise immer sehr spät zu Ichigo und ertrage es nicht, lange zu bleiben. Er kann mich ja eh nicht hören.“ Ukitake hat sie beide alleine zum Tor gehen lassen. „Du gehst nicht im Gigai?“ „Oh, ähm, ich habe ein paar Vertrauensprobleme mit dem Gigai, den Urahara-san herstellt“, sagte sie mit ein wenig Röte im Gesicht. „Ah, natürlich“, sagte Byakuya. „Aber wie willst du ihn besuchen, wenn seine Kräfte ihn verlassen haben?“ Rukia sah sehr traurig aus, auch wenn ihre Augen trocken blieben. So entschlossen, dachte Byakuya, wie Hisana. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das tun werde. Ich denke, dass es vielleicht das Beste für uns beide ist, wenn wir einen klaren Schnitt haben.“ Byakuya war überrascht, andererseits, wenn sie wollte, dass er seine Kraft wiedererlangt, war es wohl der sicherste Weg zu einer prompten Reaktion, wenn sie sich sträubte, Ichigo wiederzusehen. Immerhin hatte Rukia, als sie festgenommen worden war, Ichigo gesagt, dass er ihr nicht folgen solle. Vielleicht wusste sie am besten, wie man den Jungen motivierte. „Wie du meinst“, sagte Byakuya. Am Tor verabschiedeten sie sich. Die Wachen schienen sie mit einem kleinen Lächeln zu beobachten, was Byakuya nicht ganz verstand. Als er ging, hätte Byakuya schwören können, hinter seinem Rücken ein Kichern zu hören. Als Renjis Schicht vorbei war, überquerte er die Straße, um in das örtliche Izakaya zu gehen. Er wusste, dass Byakuya ihn vermutlich zum Abendessen einlud, also aß er dort nicht viel. Doch der Tag war lang genug gewesen, dass ein paar ruhige Bierchen in Ordnung sein mussten. Als Renji ein paar Stunden später die Straße wieder überquerte, wusste er, dass irgendwas richtig falsch war. Spiritueller Druck, der sich mehr als ein wabbernder Nebel anfühlte und sich wie Feuchtigkeit auf allen Oberflächen festsetzte. Nicht äußerlich, aber… innerlich, so dass sich Zabimarus Fell sträubte. „Hey“, rief Renji der Torwache zu. „Was zum Teufel geht hier vor?“ „Kommandant Kurotsuchi. Er sagt, er hat einen Termin mit dem Kommandanten, aber…“ „Aber?“, nun war Renji ziemlich nervös. Die Torwache sah schuldbewusst aus. Ironischerweise erkannte Renji ihn als Diesen Typen wieder, der Typ mit all seiner Meinung über Renjis Grad an spiritueller ‚Reinheit‘. „Komm schon, spuck es aus“, forderte Renji. „Ich… war so aufgeschmissen. Ich meine, Kommandant Kurotsuchi stand da und kniff diesen Schmetterling und er flatterte so… erbärmlich, ich… Ich konnte ihm nicht sagen, dass Kuchiki-taicho vor einiger Zeit in Richtung der Dreizehnten gegangen ist.“ Renji konnte diesem Idioten nicht glauben. „Sagst du gerade, dass Mayuri Kurotsuchi gerade ohne Eskorte durch unsere Division wandert?“ Echter Schrecken begann sich in Renjis Knochen festzusetzen, denn er erinnerte sich, wie dieser kranke Wichser die Wachen der Vierten immer wieder an der Nase herumführte, sobald er gehört hatte, dass eine größere Menge an Soldaten der 11. Division aus welchen Gründen auch immer eingeliefert worden waren. Es war noch nicht einmal seine Division und doch verschwanden manchmal Leute… Leute, die niemals zurückkamen. Nun spukte dieser Typ in der Sechsten umher? Renjis Sechsten? Selbst wenn er wegen etwas anderem als Körper herkam, war es Renji egal. Was auch immer er suchte, er konnte es sich nicht einfach nehmen. Und er würde es sich vor allem nicht unter Renjis Blicken holen, selbst wenn seine Schicht vor einigen Stunden zu Ende gegangen war. „Also?“, verlangte Renji von der, immer noch schlotternden, Wache zu wissen. „Hast du deine verschissene Pflicht getan und zumindest sichergestellt, dass er eskortiert wird oder nicht??“ „Uh...“ Das war alles, was Renji benötigte, um loszulaufen. Er bewegte sich, so schnell er ohne Shunpō konnte, auf den Ort zu, von dem der stärkste spirituelle Gestank ausging. Zabimaru dirigierte ihn direkt zum Kommandantenbüro, in das sich Mayuri scheinbar selbst hineingelassen hatte. Die Tür stand sperrangelweit auf. Im Inneren konnte Renji das Rascheln von Papier hören. Was zum Teufel? Bediente sich Mayuri an den Formularen des Kommandanten? Renji trat ein, nur um plötzlich gestoppt zu werden. Er fand sich Brust zu Gesicht mit Vizekommandantin Nemu vor. Sie hatte die Dreistigkeit, sich zwischen ihm und dem, was ganz klar der ungeheuerlichste Hausfriedensbruch jemals in der Geschichte war. „Hey“, sagte er zu ihr und Mayuri. Er schaute über ihren Kopf zu Mayuri, der sich förmlich durch den Aktenschrank von Byakuya grub, der am Ende der Bücherregale stand. Seine Finger gingen die Papiere durch, wie eine Spinne, die ihr Opfer einwickelte. „Du kannst nicht einfach hier reinmarschieren und dich an unseren Sachen bedienen. Was zur Hölle glaubst du eigentlich, was du hier tust?“ Mayuri schaute noch nicht einmal auf. Wobei eine klauenähnliche Hand lange genug damit aufgehört hatte, durch die Akten zu blättern, um einen zerquetscht aussehenden Nachrichten-Schmetterling von irgendwo aus dem Inneren seines Haori hervorzuholen. Das arme Ding zuckte zwischen seinen Fingern, als ringe es mit dem Tode. „Ich wurde eingeladen“, sagte er. „Schwachsinn“, spie Renji wütend. Daraufhin blickte Mayuri ihn an. Renji bereute kurz seine Vehemenz. Da war nichts so angsteinflößend und widerwärtig, als von diesem voreingenommenen Blick fokussiert zu werden. Es brauchte Renjis vollständige Entschlossenheit, so wütend zurückzublicken, wie er konnte. Zabimaru zischte ebenfalls warnend. Mayuri knallte den Aktenschrank mit einer unheimlichen Endgültigkeit zu. Er drehte sich um und steckte seine knöchrigen Ärmchen in die Ärmel seines Haori. „Zabimaru zum Labor zurückzubringen wäre eh weitaus interessanter als dieser dreckige Seelenbericht.“ Renji konnte nicht anders, als ein Schritt aus der Tür hinauszugehen. Er schirmte Zabimaru mit seiner Hand ab. Der Pavian heulte im Protest auf. „Warte, was?“ „Jemand hat einen Seelenbericht gestohlen, der mit gehört. Ich möchte wissen, woher er kommt und ob dort meine privaten Notizen vermerkt sind oder nicht. Dein Kommandant hat angedeutet, dass er irgendwie unvollständig oder mangelhaft sei“, sagte Mayuri, als dachte er, das alles wäre irgendwie Renjis Schuld. „Ich empfinde das als unvorstellbar. Der Mangel muss eklatant sein, wenn ihn jeder Narr sehen kann. Daher kann ich nur vermuten, dass der Dieb ein schwachsinniger Mitarbeiter ist, der zu dumm ist, die Verschlüsselung meiner persönlichen Daten zu knacken. Aber ich muss die Daten vergleichen, um sicher zu sein.“ Renji dachte, dass es vage vernünftig klang. Oder zumindest könnte, wenn es nicht gerade aus dem Mund von seinem Typen kam, der angemalt war, als wäre er ein Clown in einem Horrorzirkus. „Wie hast du davon gehört? Der Kommandant hat ihn erst heute morgen bekommen.“ Mayuri rollte mit den Augen, was sowohl ekelerregend als auch unglaublich beleidigend war. Er seufzte sehr lange und sprach dann langsam, wie zu einem Kind: „Ich habe dir den Schmetterling gezeigt, Abarai. Dein Kommandant gibt mir den Seelenbericht.“ „Was?“ Mayuri schlug sich gegen die Stirn, fast als würde er sein Gesicht verzweifelt verdecken wollen. „Nemu, versuche es diesem trotteligen Biest langsam genug zu erklären, damit er es begreift.“ „Fick dich“, sagte Renji, bevor sie auch nur ihren Mund öffnen konnte. „Ich weiß, was du gesagt hast, aber ich verstehe nicht, wie das sein kann. Kommandant Kuchiki hat mir gesagt, er würde es verbrennen.“ „Offensichtlich hat er dich angelogen“, sagte Mayuri. Dann, als sei er nicht mehr an ihrem Gespräch interessiert, ließ er seine Schultern hängen und drehte sich zu den Aktenschrank, um ihn anzustarren. Sein Zeh peitschte hervor und schlug dagegen, während er „Dieb“ murmelte. Auch wenn es Renji zu schaffen machte, dass Mayuri wohl recht hatte und Byakuya ihn tatsächlich angelogen haben könnte, sah Renji eine Möglichkeit, es Tante Masama heimzuzahlen. Er würde sie nicht verstreichen lassen: „Hör zu, die Person, die du möchtest, ist Lady Masama Kuchiki“, sagte Renji. „Sie hat deinen Dieb angeheuert. Ich gebe dir ihre verfluchte Adresse, wenn du mir 5 Minuten gibst.“ Mayuris Augen hellten sich auf. „Akzeptabel.“ Kapitel 4: Like a Ghost ----------------------- Renji schaffte es, Mayuri aus der Division zu hetzen, bevor Byakuya zurückgekehrt war. Wie sich herausstellte, war es schwierig, Tante Masamas Adresse... Adressen herauszufinden. Nun ja, nicht so sehr, wie vage verbrecherisch. Renji wusste, dass er eine Linie überschritten hatte, als er seine alten Inuzuri-Diebeskünste nutzte, um das Schloss vom Schrank zu knacken, um Byakuyas privates Adressbuch hervorzuholen. Nicht dass Mayuri auch nur zusammengezuckt wäre, als er ihn beobachtet hatte. Als er die Adresse abschrieb, war Renji überrascht herauszufinden, dass Masamas Hautpanwesen tatsächlich draußen im Rukongai war. Er erklärte Mayuri, dass aufgrund ihrer Einstellung zu diesem Ort es viel wahrscheinlicher war, dass sie dort verweilte, was als ihr 'Sommerhaus' innerhalb der Seireitei angegeben wurde. Renji fühlte einen zweiten, scharfen Stich voller Schuldbewusstsein, als er ihnen am Tor mit einem "Viel Spaß!" hinterher winkte. Doch Mayuri würde nicht wirklich etwas widriges gegenüber einer alten Dame machen, oder? Konnte er nicht, versicherte Renji sich selbst. Sie war eine hochrangige Kuchiki. So jemanden ließ man nicht so einfach verschwinden. Außerdem hatte sie nicht einmal irgendeinen nennenswerten spirituellen Druck, also war es nicht so, dass Mayuri überhaupt interessiert daran war, sie... zu 'studieren', richtig? Richtig, sagte Renji sich selbst, er schickte gerade nur den gruseligen Kommandanten, um Masama einen Schrecken einzujagen. Einen absolut verdienten Schrecken, nach Renjis bescheidener Meinung. Trotzdem erschrak sich Renji, als Byakuya vor ihm erschien. Der Kommandant kam aus dem Shunpō, materialisierte sich wie ein Geist, sein weißer Haori hinter ihm vom Wind aufgebläht. Renji hätte beinahe alles gestanden, als Byakuya begann: „Renji, hast du...“, doch er schluckte alles hinunter, als Byakuya endete: „bereits Abendessen gehabt?“ „Uh... nein“, sagte Renji, mit einem letzten schuldbewussten Blick zu dem Tor, durch das Mayuri erst vor Momenten gegangen war. „Ich hatte drüben ein paar Bier, aber ich habe mir gedacht, dass du vielleicht etwas Gesellschaft möchtest.“ Byakuya ging in Richtung des hinteren Tores und Renji fiel einen Meter hinter ihm in den Gleichschritt. „Ich befürchte, unsere Gesellschaft wird meine Familie beinhalten. Ich war in der Lage, sie letzte Nacht zum Theater zu schicken, aber ich kann sie nicht länger meiden. Es ist das Beste, wenn wir uns heute Nacht als eine Einheit vor ihnen präsentieren. Gerüchte über Isorokus Haft werden herumgehen.“ Renji wischte sich über sein Gesicht und wünschte sich, etwas Tapferkeit in seinen Gesichtsausdruck reiben zu können oder so komplett ausdruckslos zu gucken, wie es Byakuya immer tat. „Himmel, ich habe fast geschafft, das Alles zu vergessen.“ „Meine Familie wird dich daran erinnern“, sagte Byakuya. „Frühzeitig und oft.“ Renji bemerkte, dass sie auch einige Blicke von Leuten ernteten, während sie durch die Division gingen. Es schien so, als würde sie heute niemand viel von irgendetwas vergessen lassen. Zumindest nahmen weiterhin alle Soldaten Haltung an, sobald sie ihren Kommandanten sahen. Renji nickte ihnen zustimmend zu. Es waren die ersten Tage, vielleicht würden sich die Leute an den Gedanken gewöhnen, dass sie beide zusammen waren. Mit etwas Glück würde jemand anderes ihnen etwas Besseres bescheren, worüber sie sich ihre Mäuler zerreißen konnten oder es würde jemand wieder in die Seireitei eindringen... Himmel, die Dinge standen schlecht, wenn er schon auf einen Krieg hoffte, um die Leute abzulenken. Renji versuchte, sich seine Grimasse zu verkneifen, als sie durch das Hintertor das Grundstück des Anwesens betraten. „Ich darf dein Schweigen also so verstehen, dass seine Schicht ereignislos verlaufen ist?“, sagte Byakuya. „Eh, teils teils“, sagte Renji. Er überlegte, den Mayuri-Scheiß für sich zu behalten, entschied dann jedoch, dass das dumm wäre. Jemand würde mit Sicherheit irgendetwas zu Byakuya sagen und dann saß Renji professionell in tiefer Scheiße... und persönlich. Doch er vermutete, dass er das langsam ausarbeiten konnte. Vielleicht ein paar Dinge auslassen – wie die ganze Adressnummer. Vorerst zumindest. Er schob die Hände in die Taschen seines Hakama und begann: „Ich habe viel Papierkram erledigen können. Du wirst morgen eine Tonne an Dingen zu genehmigen haben, aber ein paar Sachen sind Dinge, für die ich seit meiner Rückkehr aus Hueco Mundo noch nicht wirklich die Zeit gefunden hatte. Also ist das schon mal gut, denke ich. Lass mal überlegen, da wurde im Dojo ein wenig Müll über das Unzucht-Gesetz geredet, was ich unterbinden musste. Und, uh, oh ja, Kommandant Kurotsuchi hat herumgeschnüffelt.“ „Verdammt sei dieser Mann“, sagte Byakuya leichthin, fast schon, als hätte er diese Neuigkeit erwartet. „Er hat keinerlei Geduld. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn morgen besuchen würde.“ Ok. Also hatte Mayuri die Wahrheit erzählt und Byakuya hatte gelogen. „Also... planst du wirklich, ihm mein Seelenbericht zu geben?“, Renji versuchte, dass seine Stimme nicht verletzt klang, was dazu führte, dass er streitlustig klang. „Ah.“ Da er mittlerweile Byakuyas wortkarge Art gewohnt war, konnte Renji schon fast das 'Oh Scheiße' aus dieser einzigen Silbe heraushören. „Natürlich hast du recht“, fuhr Byakuya fort. „Es ist nicht wirklich meine Entscheidung, den Bericht wegzugeben.“ Byakuya hielt an. Sie waren im Garten. Das morgendliche Schneegestöber war nicht geschmolzen und so bedeckte der Schnee alles wie einen Schleier. Ihre Fußspuren waren die ersten, die die stille, leere Decke aus purem Weiß durchbrachen. Byakuya war den Weg schon so oft gegangen, dass er wusste, wohin er treten musste, um auf dem Pfad zu bleiben. Renji wollte gerade sagen 'Verdammt richtig, es ist nicht deiner', doch Byakuya sprach zuerst: „Dennoch war mir klar, dass die Informationen ursprünglich aus der Zwölften stammten. Da steht nichts drin, von dem sie nicht bereits wissen, Renji.“ Byakuya schaute ihn tatsächlich an, was Renji als Zeichen der Ernsthaftigkeit betrachtete. Also schloss Renji den Mund. Byakuya hatte zugegeben, dass er es vergeigt hatte. Zumindest in dieser nicht-wirklich-entschuldigenden Art, die typisch für ihn war. Vielleicht weil Byakuya einfach nicht daran gedacht hatte, wie es sich vielleicht anfühlte zu wissen, dass deine persönlichsten Informationen einer gruseligen Division ausgehändigt wurden, auch wenn sie ursprünglich von dort kamen. Ok, das war verständlich. Vielleicht. Aber warum wollte Byakuya überhaupt mit Mayuri sprechen? „Ja, ok“, stimmte Renji vorsichtig zu. Um seine Fühler in alle Richtungen ausstrecken zu können, sagte er: „Kommandant Kurotsuchi sagte etwas über einige persönlichen Notizen und beleidigt worden zu sein, weil du nicht glaubst, dass er alle Informationen zusammengetragen hat – oder so etwas in der Art?“ „Das habe ich“, bestätigte Byakuya. „Ich wusste, dass eine solche Anschuldigung ihn motivieren würde, mit mir zu sprechen.“ „Ja, nun ja, der Teil hat gut funktioniert“, sagte Renji. „Es motivierte ihn so sehr, dass er direkt vorbeigekommen ist.“ „Durchaus“, sagte Byakuya mit einem kleinen Lächeln, als hoffe er darauf, dass ihm vergeben wurde. „Ich bin froh, dass du dort warst, um ihn in seine Schranken zu weisen.“ „Ja, nun ja.“ Renji versuchte nicht schuldbewusst auszusehen, denn er begann sich vorzustellen, wie das alles mit Mayuri abgelaufen war und er mochte das nicht – kein bisschen davon. „Ich dachte, du würdest diese blöden Seiten verbrennen. Aber du musst Mayuri wohl direkt benachrichtigt haben, da er so schnell vorbeigekommen war. Aber warum würdest du das tun?“ Renji brauchte für seine Vermutung nicht lange. „Du tauschst die Papiere gegen mehr Informationen über mich ein, oder nicht?“ Byakuyas Mund öffnete sich und, zur gleichen Zeit, er blickte weg. Als er das sah, war Renji sich ziemlich sicher, dass seine nächsten Worte ihn nicht wirklich glücklich machen würden. „Vergiss es“, sagte Renji, bevor Byakuya etwas sagen konnte. „Ich will nur – Lass mir gegenüber kein verdammtes Wort fallen. Ich will es wirklich nicht wissen. Knips dir das Licht aus, wenn du dich durch meine Seele graben möchtest, wenn das wirklich das ist, was du willst. Ich denke, dass das eine unglaublich schlechte Idee ist. Ich sehe keinen Weg, wo uns beiden das jemals helfen könnte, besonders mit den Problemen, die wir bereits haben. Aber ich denke, weißt du was? - Es ist eh schon zu spät. Du hast es bereits gelesen. Vielleicht ist es besser, wenn du die Fragen beantwortet bekommst, die du hast.“ Renji atmete aus und spürte, wie er die Schultern geschlagen hängen ließ. Im schwindenden Licht war der Schatten des Hauptgebäudes lang und dunkel. Gott, wie sehr ihn der Gedanke nervte, da hineinzugehen und seine Zähne zusammen zubeißen, während er den Leuten zuhören musste, wie sie in ihre Ärmel murmelten, was für ein dreckiger Köter er war und den Hausherren beschmutzte. Und zu wissen, dass Byakuya die ganze Zeit darüber nachdachte, was auch immer für ein Scheiß sein verdammter Seelenbericht aussagte. Wie konnte Byakuya trotz ihrer ständigen Probleme daran scheitern, das zu erkennen? Der Unterschied zwischen ihnen. War es nicht Byakuya, der es zuerst klar machte? 'Ich sage es dir, soll ich? Es ist sozialer Stand'. Es ist Abstammung. Es ist, wo du geboren wurdest. Was du bist, tief in deinen Knochen. Renji dachte beinahe 'Müll', doch bevor er das konnte, knurrte Zabimaru über seiner inneren Stimme: Stark! „Ja, schau, das ist die Sache, die mich am meisten anpisst“, sagte Renji, als könne Byakuya Zabimarus Protest hören. Seine Hand glitt zum Griff seines Zanpakutō, um ihn zu tätscheln, bevor er leise sagte: „Man braucht kein Genie dafür, weißt du? Ich habe es direkt bemerkt. Dein Bankai ist nur Senbonzakura – nur mehr und Senbonzakura selbst ist so rein, so scharf. Wirklich einfach.“ Byakuya blickte dabei auf und Renji fügte schnell hinzu: „Nicht in einer beleidigenden Weise, aber wie ein reiner Gedanke, eine reine Idee, richtig? Rein. Mein Zabimaru… Er ist groß und schwerfällig und unbeholfen und zerstörerisch. Ich weiß, was du siehst, wenn du ihn anschaust – alles Knochen und Fangzähne. Ich bin nicht blöd. Ich habe die Ceros in Hueco Mundo gesehen. Ich weiß, dass die Pavian Knochen Kanone nicht viel anders ist. Aber das ist es eben, nicht wahr? Ich werde mich nicht für die einzige Sache in meinem Leben schämen, auf die ich stolz bin. Mein Zabimaru ist der einzige Teil meiner Seele, der irgendeinen Wert hat.“ „Renji“, sagte Byakuya schlussendlich. „Hör auf. Hör auf, mir Wörter in den Mund zu legen.“ Sie standen lange genug da, dass Renjis Füße kalt geworden waren. „Also gut. Schön“, sagte Renji und bewegte die Füße ein wenig, um sie zu Wärmen. „Du sagst, du denkst nicht so? Also was denkst du?“ „Ich denke, dass wir zum Abendessen zu spät kommen“, sagte Byakuya. Dann drehte er sich auf den Absatz um und ging in Richtung des Anwesens. Renji konnte sehen, dass Eishirō an der Treppe mit warmen Decken wartete, doch er zögerte. „Das ist es, was du sagst? Wir kommen zu spät zum Abendessen?“ Über seine Schulter hinweg erklärte Byakuya: „Du hast mir ausdrücklich gesagt, dass ich dir nichts über den Seelenbericht sagen soll. Ich kann wohl kaum ein Wort dazu sagen, ohne Inhalte zu bestätigen oder abzustreiten. Du hast mir Fesseln angelegt. Wie soll ich dich beschwichtigen, wenn ich nichts zu diesem Thema sagen kann?“ Scheiße. Nur Byakuya würde ein Versprechen auf diese Ebene der Ernsthaftigkeit bringen. Verdammt, wenn das nicht auch einer seiner Vorzüge war. Renji beeilte sich, um zu Byakuya aufzuschließen, dem gerade eine der Decken um die Schultern gelegt wurde. Byakuya hatte auf einer Weise Recht. Wenn Renji wissen wollte, was zum Teufel Byakuya angespornt hatte, zu Mayuri zu gehen, würde es auch bedeuten, dass er herausfand, was in diesem verschissenen Seelenbericht stand – zumindest teilweise. Wollte er das? Er hatte keinen Ton dazu hören wollen, weil er Angst hatte, dass es zu wissen einen Einfluss darauf hatte, wie er selbst zu sich stand. Aber man musste ihn nur anschauen. Die Wahrheit war, dass seine Gefühle bereits durcheinander waren. Verdammt sei diese Frau. Renji hoffte, dass sie sich, beim Anblick von Mayuri vor ihrer Tür in diesem Moment, durch jede Lage ihrer Kimonos schiss. Renji nahm die Decke von Eishirō an. Die Wärme fühlte sich wunderbar an. Er dankte Eishirō und ließ seine Schuhe im Vorraum zurück. Sie gingen zu Dritt den Korridor entlang. Auch wenn Renji und Byakuya eigentlich durch die Hintertür gekommen waren, war es der Eingang der Hausherren, nicht der von den Dienern. Kaku-andon, quadratische, lackierte Laternen aus Holz und Papier waren in regelmäßigen Abständen aufgestellt und beleuchteten den Fußweg in der abendlichen Dunkelheit. Nach der schonungslosen Kälte draußen, fühlte sich das Licht der Laternen warm und gemütlich an. Das Pflanzenöl, das sie als Brennstoff verwendeten, roch auch beruhigend, wie Lavendel. Renji hatte es nicht geschafft, sein Bandana zu finden und heute war keiner dieser Tage, an denen er am großen Tisch sitzen und seine Tinte offen zeigen konnte. Er griff nach oben und öffnete seine Haare. Er fuhr mit seinen Fingern durch die steifen Strähnen, versuchte sie dazu zu bringen, dass sie sich benahmen und dachte über das Problem nach. „Ok“, sagte er ohne Umschweife. „Ich denke, du musst mir zumindest etwas davon sagen, was das dumme Ding über mich ausgespuckt hat. Ich wollte es nicht wissen, weil ich gedacht habe, dass wenn ich die Details nicht kenne, es mich nicht berührt. Aber es ist zu spät, nicht wahr? Ich werde mich vor jedem Schatten erschrecken. Ich meine, du hast mich draußen im Garten gehört, das tue ich also jetzt schon.“ Byakuya hielt vor der Tür zum Esszimmer an. Er bedeutete Eishirō, einen Moment zu warten, bis er sie ankündigte und wandte sich Renji zu. Er schaute zu ihm hinauf und richtete Renjis Haare und Kragen, während er sprach: „Bist du dir dabei sicher? Ich dachte, dass deine Entscheidung es nicht zu lesen, sehr weise von dir war.“ „Ja, aber du hast es gelesen, richtig?“ Renji blies sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, die nach Byakuyas Berührungen in seine Augen gefallen waren. „Es ist nicht gut, wenn einer von uns es weiß und der andere nicht. Ich werde mich immer fragen, was du gerade denkst, wenn du mich anschaust.“ Byakuya lächelte leicht, seine Wimpern flatterten ein wenig kokett. „Ich denke eine Menge Dinge, wenn ich dich anschaue.“ „Heh“, grinste Renji. Er hätte sich vielleicht auch noch einen Kuss abgeholt, wenn Eishirōs kleines Räuspern sie nicht daran erinnert hätte, dass sie vor der Tür zum Esszimmer standen, worin fast wortwörtlich Byakuyas gesamte Familie wartete. Byakuyas Seufzen schien das Zeichen für Eishirō zu sein. Er ging auf die Knie und verkündete ihre Ankunft. Sie schritten ein, genauso wie Byakuya es gesagt hatte, als würden sie sich ihre Plätze von einer feindlich gesinnten Macht zurückholen. Renji war so fokussiert, niemanden in die Augen zu sehen und Byakuya zu folgen, dass sie bereits am Tisch angekommen waren, bis er bemerkte, dass Rukia aufgestanden war, um sie zu begrüßen. Der Erbe war dort, genauso wie ein paar andere Leute, die an dem 'großen Tisch' saßen, die Renji aber nicht wirklich kannte. Eine junge Frau im Rot der Akademie, ein älterer Mann – der sehr nach Kuchiki aussah, der vielleicht ihr Vater sein konnte. Doch wegen der Weise, wie Seelen alterten, konnte sich Renji da nicht sicher sein. Er dachte, dass er sie vielleicht einmal zufällig getroffen hatte. In der Mitte eines Streits? Hirako könnte der Name der jungen Kadettin sein, doch sein Hirn war leer. Zum Glück stellte Byakuya die beiden noch einmal formell vor. „Ich darf euch meinen Vizekommandanten, Renji Abarai, vorstellen. Die junge Kadettin ist meine Cousine Hirako Kuchiki und ihr Vater Hayate Kuchiki. Renji nickte der Kadettin zu, verbeugte sich aber tief vor dem älteren Kuchiki. Da waren nicht viele mit dem tatsächlichen Nachnamen in der Familie, wie der Vater, also war er vermutlich ziemlich nah verwandt. „Es ist eine Freude, sie beide kennenzulernen“, sagte Renji so formal, wie er konnte. Da der Punkt nun abgehakt war, setzten sich alle. Renji blickte sich am Tisch umher und überlegte, was er tun sollte, sobald das Essen kam. Das Militär nahm eine gute Anzahl an Plätzen an dem Tisch ein, dank Rukia, die sich heute Abend auch für die Uniform entschieden hatte. In diesem Fall wäre es der Job der Kadettin, ihnen allen Essen und Getränke zu reichen. Doch alles wurde ein bisschen durcheinander, wenn man die Anzahl an Kuchiki bedachte – es waren vier – fünf, wenn man den Erben als zukünftigen Kuchiki mit einberechnete. In diesem Fall sollte Renji diese Rolle übernehmen. Es war schwer zu wissen, was die cleverere Idee war. Auf der einen Seite hatte Byakyua gesagt, dass sie Seite an Seite stehen sollte, wie eine militärische Einheit. Ohne Zweifel wollte Byakuya ein kämpferisches Bild bei seiner Familie abgegeben, um die Leute zu erinnern, dass Isoroku einen hochrangigen Offizier – einen Vizekommandanten – belästigt hatte. Einen Rang unter dem höchsten Rang in den Hofgarden, den man erreichen konnte, mit Ausnahme des Generalkommandanten. Doch auf der anderen Seite könnte ein bisschen Demut im Sinne des Frieden eine große Hilfe sein. Wenn Renji zeigte, dass er Respekt vor dem Namen Kuchiki hatte, trotz seines Rangs...? Scheiße. Er würde einfach seine Hände auf den Knien behalten und hoffen, dass ihm jemand zu nickte oder ein anderes Zeichen gab, damit er wusste, was zu tun war. Doch unter diesen Umständen war er sich noch nicht einmal sicher, ob er einen Kuchiki anschauen durfte. Also behielt er den Kopf unten und starrte auf seine Hände. Warum hatte er dem Abendessen zugestimmt? Er hätte in der Kneipe bleiben und zig mehr Bier trinken sollen. Renjis Knie begannen schon, gegen den Seiza zu protestieren. Er hatte keine Ahnung, wie es Rukia schaffte, so lange so zu sitzen. Übung, vermutete er. Die Hofgarden erwartete gesittetes Sitzen nur in seltenen Fällen von ihm. Er konnte das tun, er verlor nur das Gefühl in den Unterschenkeln. Er war für diese Art von Leben nicht gemacht. Vielleicht war er nicht dafür gemacht, Punkt. Wenn er zum Beispiel ein Hollow zuvor gewesen war, dann gehörte er noch nicht einmal zur selben Spezies, wie einige Leute an diesem Tisch. Seltsamerweise ließ das Renji grinsen. Immerhin hatte er sich nicht vorgestellt, wie Hollows sich zum Tee hinsetzten und sich verdammt noch mal darüber sorgten, wer von wem bedient wurde. Es wäre frei für alle, ein verrücktes Greifen nach den besten Bissen, bevor ein anderer ihm zuvor kam. Heh, dem Abendessen in der Elften nicht unähnlich. Was ihn zurück zum ursprünglichen Gedanken brachte: Keiner dieser Schläger war eine 'reine Seele'. Alle kamen aus dem Rukongai, genauso wie er – das bedeutete, sie alle waren Hollows gewesen. Nah, Zaraki musste ein verdammter Vasto Lorde gewesen sein – oder was auch immer an der Spitze der Nahrungskette gestanden hatte, bevor Aizen seine verschissenen Spielchen mit ihnen getrieben hatte. Die Appetizer trafen ein. Jeder hatte seinen eigenen Teller, welcher ein kleines Stück marinierten Tintenfisch, eine einzige, geschälten und entdarmten Shrimp und ein paar Frühlingszwiebeln zu enthalten schien. Ok, das wäre in einem Bissen weg. Leider stellten die Diener auch noch eine Karaffe mit etwas zu trinken hin. Welcher in der Mitte des Tisches stand und wartete. Renji blickte bedeutungsvoll zu der Kadettin. Er plante, dem Kuchiki-Mädchen Zeit zu geben, bis er bis Zehn gezählt hatte. Wenn sie dann nicht danach gegriffen hatte, würde er es tun. Er war noch nicht einmal über die Zwei hinweggekommen. In der Sekunde, in der sie gemerkt hatte, dass Renji sie anschaute, nickte sie ihm verstehend zu und nahm die Karaffe auf, um ihnen einzuschenken. Sie begann mit Byakuya, natürlich, doch dann zögerte sie. Zu Renjis vollkommener Überraschung, steuerte sie erst ihren Vater an, doch brach dann ab, um Renji als nächsten einzuschenken. Danach Rukia und dem Erben und ihrem Vater zuletzt. Ein Dis ihrem Vater gegenüber? Stritten sie sich immer noch? Oder war das genau die richtige Reihenfolge gewesen? Sie war die militärischen Ränge hinuntergegangen und hatte dann eine Art Entscheidung zwischen dem Erben und ihrem Vater getroffen. Da sie sich nicht selbst bedienen konnte, entschied Renji sich, seine Wertschätzung zu zeigen, dass sie die Bürde auf sich genommen hatte und schenkte ihr ein. Er war überrascht zu sehen, dass der Erbe nach der Karaffe griff... Denn das schien seltsam. Oh, warte, sie waren jetzt verlobt, um irgendwann zu heiraten? Byakuya hatte etwas über einen Heiratsvertrag gesagt. Ah, nun ja, er überdeckte das mit einem: „Wie gefällt dir die Akademie, Kadett?“ „Oh, sehr gut, Vizekommandant. Vielen Dank“, sagte sie. „Tatsächlich habe ich eben erst Cousine Rukia erzählt, wie wundervoll es ist, endlich eine Möglichkeit zu haben, meine Forschungen weiter zu verfolgen.“ „Forschungen? Du machst bereits Forschungen?“ „Cousine Hirako ist an Metallurgie interessiert, genauso wie an Chemie und einigen anderen wissenschaftlichen Dingen“, erklärte Byakuya. Sie strahlte. Ihr Vater machte ein unglückliches Geräusch. „Ich bin beeindruckt“, sagte Renji und ignorierte ihren Vater. Er entschied sich, das seine generelle Annäherung an den Kuchiki-Faktor am Tisch strikt nach der 'greife nicht ein'-Regel verlaufen sollte. Renji entschied, dass sollte der Typ die Hofgarden, Akademie oder irgendetwas in der Art beleidigen, er es Byakuya überlassen würde. „Wissenschaft war niemals mein bestes Fach.“ Der Vater schnaubte etwas, als dachte er nicht, dass Renji in der Lage war, überhaupt ein bestes Fach zu haben. Renji wollte das gerade unter den Tisch fallen lassen, in dem er sich absichtlich den winzigen Appetizer in den Mund geschoben hatte, damit er auch nicht in Versuchung kam. Byakuya jedoch sprang schnell und entschlossen ein: „Ah, vielleicht ist meinem geschätzten Verwandten die Tatsache nicht bekannt, dass mein Vizekommandant mit Bestnoten abgeschlossen hat.“ Renji zog sich ein wenig verlegen am Ohr. „Ich hatte Glück, dass ich Kidō bestanden habe.“ „Und doch hast du es“, bemerkte Byakuya. „Ich bin schon lange der Meinung, dass du mehr gemeistert hättest, wenn Aizen ein angemessener Kommandant gewesen wäre und Zaraki nicht so lächerlicherweise gegen dessen Benutzung ist.“ Renji warf Rukia einen 'Hilf mir hier raus'-Blick zu, denn er wollte nicht an diesem Kuchiki-Tisch über sich selbst reden. Doch es war seine Cousine, die fragte: „Du hast unter Kenpachi Zaraki gedient? Wie war das, wenn ich fragen darf, Vizekommandant?“ „Uh, blutig?“, sagte Renji, nicht sicher, wonach sie da suchte. „Du überlegst nicht, dich bei dem Kenpachi einzuschreiben, oder?“ „Lieber Gott, sag, dass das nicht wahr ist“, keuchte ihr Vater. „Wie man hört enden Wissenschaftler für gewöhnlich in der Zwölften“, sagte Hirako, ignorierte weitestgehend ihren Vater, auch wenn sie ihm einen 'Bitte, als ob!'-Augenrollen angedeihen ließ. „Doch es wurde angedeutet, dass die Zwölfte vielleicht nicht passent für mich wäre“, sie blickte zu Rukia. „Aus... Gründen.“ Rukia musste erwähnt haben, dass die Soldaten der Zwölften die Tendenz dazu hatten, mit einem Bauch voller Bomben aufzuwachsen. Renji nickte und nahm einen Schluck von dem Getränk. Er hatte Sake erwartet, doch falls es einer war, hatte er einen starken Pflaumengeschmack, was ziemlich gut zu dem Geschmack passte, zumindest von dem, woran er sich erinnerte. „Nun ja, Kenpachi rekrutiert nicht. Ziemlich sicher, dass er an jeden interessiert ist, der mit Shikai in die Akademie kam, aber... uh“, wie sollte Renji anmerken, dass vielleicht die Tatsache, eine Adlige zu sein, nicht unbedingt ein großer Anreiz wäre. „Sie haben mich ohne Ende schikaniert, weil ich von der Akademie ausgebildet worden bin. Also, du weißt schon. Ich würde eine Division wählen, die dich mehr für das Wissenschaftszeug respektiert.“ „Wie die Vierte“, boten der Vater und Byakuya fast sofort an. Rukia und Renji tauschten einen 'was zum Teufel'-Blick aus. Rukia fragte: „Die Vierte, Nii-sama?“ Gleichzeitig kam Renji die Erkenntnis: „Oh, richtig, denn sie kämpfen nicht. Also wie: Niemals.“ Nun war Renji an der Reihe, den 'was zum Teufel'-Blick zu ernten. Byakuyas Augenbrauen waren gehoben und Rukias Mund hing ein wenig offen. Selbst Hirako, ihr Vater und der Erbe schauten Renji erwartungsvoll an, dass er doch erklären würde, was er meinte. Nur, dass er es nicht wirklich sagen wollte, denn was er meinte war, dass es typisch für Byakuya war, seine Verwandte beschützen zu wollen, indem er sie in irgendeine verschlafene Division steckte. Also ruderte Renji zurück. „Uh, was ich meine ist, dass du dort Zeit zum Forschen hast, uh, denke ich...?“ Nur funktionierte das überhaupt nicht. „... Wenn du dich nicht um Verletzte kümmerst oder PD in irgendeiner anderen Division machst. Ja, nein, Byakuya, möchtest du wirklich deine Cousine losschicken, um die Putzfrau der Hofgarden zu werden?“ Byakuya sah überrascht aus. „Ah, ja, durchaus. Ich vergesse immer, dass es von der Vierten verlangt wird, solche Dienste zu übernehmen. Sie sind selten hier, da wir Mitarbeiter für so etwas haben.“ Außer, wenn wir Gefangene zu verpflegen und Zellen zu wischen haben, dachte Renji mit einem Blick zu Rukia. Sie schien sich auch an Hanataro zu erinnern, denn ihr Gesicht nahm einen schwermütigen Ausdruck an. Er musste dem Jungen immer noch demnächst ein Mittagessen spendieren, weil er ihm das Leben gerettet hatte. Wären Hanataro und Rikichi nicht direkt da gewesen, nachdem Byakuya Renji mit Bankai den Arsch aufgerissen hatte, wäre er jetzt tot, würde durch die große Wiederverwertung gehen, wieder ein Hollow werden... oder was auch immer. „Es gibt eine Division, von der verlangt wird, die Diener der anderen Divisionen zu sein?“, fragte Shinobu. In diesem Moment kamen die Diener des Haushaltes mit dem nächsten Gang herein: Eine Schale mit Miso-Suppe mit Pilzen, Karotten, Spinat und einem größeren Ball aus gehacktem Seeigel. Renji entschied, das Thema Byakuya zu überlassen und haute rein. „Ja“, sagte Byakuya knapp. Ich habe keine Ahnung, warum oder wie es zu dieser Gepflogenheit gekommen ist. Ich vermute, es ist als eine Art Erkenntlichkeit für die kämpfenden Divisionen gedacht. Doch ich denke, dass die Leben, welche die Heiler retten, genug Bezahlung sein sollten“, Byakuya wandte sich an Renji. „Du glaubst doch nicht, dass Unohana irgendeine Schuld zurückzahlt, oder?“ Renji zuckte mit den Achseln und setzte die Schale lange genug ab, um zu sagen: „Ich kann mir nicht vorstellen, was das sein sollte. Doch weißt du, ich habe schon immer gedacht, dass es seltsam ist, dass von ihnen erwartet wird, so ehrerbietig zu sein, auch zu denen, die im Rang unter ihnen stehen.“ „Wofür sollte sich Unohana zu entschuldigen haben?“, wunderte sich Rukia laut, nachdem sie einen grazilen Schluck von ihrer Suppe genommen hatte. „Und für eine so lange Zeit? Und ihre ganze Division zahlt auch dafür?“ „Sie ist sehr alt“, erinnerte sie Byakuya. „Vielleicht irgendeine vergangene Sünde?“ Renji schüttelte den Kopf und setzte die, nun leere, Schale ab. „Kommandantin Unohana? Sie ist die Sanfteste.“ Doch dann erinnerte er sich an das Feuer in ihren Augen, als sie losgegangen ist, um sich für ihn gegen Isoroku zu stellen. „Wenn auch ein wenig heftig. Dennoch kann ich mir nicht vorstellen, was sie getan haben sollte.“ „Ich auch nicht“, stimmte Byakuya zu. „Es ist ein Rätsel“, sagte der Erbe mit einem kleinen Lächeln. Es wurde noch mehr Essen gebracht. Diesmal war es ein Fischgericht: Gegrillte Makrele, ein Stück Zitrone, Sushi von der Seebrasse und eine Aprikose in Honigsirup. Alle waren für ein oder zwei Momente ruhig, während sie aßen. „Du scheinst unverletzt, Vizekommandant Abarai“, sagte der Vater wie aus dem Nichts. Doch Renji wusste, worauf er anspielen wollte. Das hatte mit Isoroku zu tun. Ohne Zweifel konnte sich der Kuchiki-Vater nicht vorstellen, wie es im Sentō gelaufen war, als er seine Größe gesehen hatte. Selbst wenn er nicht sicher war, wie er antworten sollte, öffnete Renji den Mund. „Manche Verletzungen sind für das Auge nicht sichtbar“, sagte Byakuya ruhig, ohne von seinem Fisch aufzublicken. „Ah“, sagte Hirakos Vater. „Ist es üblich für Vizekommandanten, jemanden wegen verletztem Stolz ins Gefängnis zu stecken?“ Renji wollte aufspringen und den Typen erwürgen, doch dass würde ihre Lage nicht verbessern, also behielt er den Kopf gebeugt. Er konzentrierte sich darauf, den Fisch in mundgerechte Stücke zu portionieren. Außerdem wollte er nicht wirklich in Rukias Gesicht schauen oder die Fragen beantworten, die mit Sicherheit in ihren Augen geschrieben standen. „Isoroku hat mehr getan, als meinen Vizekommandanten zu beleidigen“, sagte Byakuya. „Doch der Ausmaß von Isorokus Verfehlungen sind kaum ein Thema für ein höfliches Abendessen mit weiblicher Gesellschaft. Solltest du Fragen haben, die die Details dazu betreffen, können sie im Privaten beantwortet werden.“ Eine intensive, feindselige Stille legte sich über sie. Scheiße. Das war ein Gesprächskiller. Renji hoffte, dass die nächsten Gänge mit einer ordentlichen Beigabe von Sake kamen. Kapitel 5: Coiled up Like a Snake --------------------------------- Renjis Gesicht brannte vor Scham. Byakuya hatte das Gespräch abgewürgt, doch Renji war sicher, dass ihn jeder anschaute und sich fragte, was zwischen ihm und Isoroku passiert war. Er konnte aber nicht mehr allzu lange auf seinen Teller blicken. Der Fisch war schon lange weg, da er ihn in 3 Bissen gegessen hatte. Renji wagte einen Blick. Wie erwartet starrte Rukia ihn mit einem sehr besorgten Ausdruck in ihren violetten Augen an. Sie formte 'Was ist passiert?' mit ihrem Mund. Offensichtlich hatte sie die Gerüchte noch nicht gehört. Er schüttelte den Kopf. Was sollte er da überhaupt sagen? Wie könnte er das erklären? 'Oh ja, der super-schwuchtelige Ex-Liebhaber deines Bruders musste sich entschieden haben, dass ich eine einfache Beute wäre und so hat er sich an mich rangemacht, aber seine pinken Haare haben mich an diesen bescheuerten Espada-Wissenschaftler erinnert, den ich selbst mit Ishidas Hilfe nicht besiegen konnte... also bin ich ausgeflippt und habe beinahe das Dach über ihn einstürzen lassen.' Rukia war eine gute Freundin. Sie hörte zu und war sehr unterstützend, doch sie würde ihn mitleidig, nicht verständnisvoll, ansehen. Sie hatte Espada Nummer 9 platt gemacht. Es hätte sie fast getötet, doch sie hatte es ganz alleine getan. Ohne Hilfe. Der Typ, der ihm gegenüber gestanden hatte war nur eine Nummer höher gewesen und Renji hatte ihm noch nicht einmal eine verschissene Delle zufügen können. Er hatte Bankai. Und er hatte Hilfe von dem Quincy und seinen deutsch-klingenden Superkräften. Und noch zwei wirklich seltsame... Leute, diese Freunde von Nel, trotzdem mussten sich von Mayuri-verdammte-Scheiße-Kurotsuchi gerettet werden. Scheiße, war er der einzige Shinigami, der nach Hueco Mundo gegangen war und niemanden besiegt hatte? Zabimaru zischte, wandte sich eng um seine Eingeweide. Du denkst, dafür dass wir in unseren früheren Leben mal übelste Hollows waren, hätten wir dort durch den Heimvorteil zäher sein müssen, mutmaßte Renji. Wir waren eingeschränkt, grummelte der Paviankönig. Richtig, das Quincy-Kondom – wie hatte er das vergessen können? Sie hatten sich erst vor ein paar Tagen aus Versehen davon befreit. Vielleicht sollte Renji nicht ganz so hart mit seinem – mit ihrem – Auftritt in Hueco Mundo sein. Sie hatten nicht ihre gesamte Kraft gehabt. Tut mir leid deswegen, sagte Renji. Zabimaru grunzte. Du schmollst besser nicht, mahnte Renji. Du hast zugestimmt. Scheiße, du hast mir immer wieder gesagt, dass es das wert ist. Diener kamen und nahmen die Fischteller und stellten dafür Schalen mit gedämpften Bambussprossen, Taro-Wurzel, Okra und einem Stück Getreideküchlein in Form einer Kirschblüte und einem Oktopus-Bällchen. Alle warfen Byakuya einen Blick zu, als sie das Küchlein sahen. Es war äußerst ungewöhnlich, im Winter etwas mit einer Kirschblüte zu haben, daher war er ganz deutlich eine Andeutung auf Byakuyas bevorstehenden Geburtstag. „So süß!“, schwärmte Rukia. Renji hingegen dachte, dass wenn die Köchin etwas machen wollte, das wirklich Senbonzakura darstellte, dann hätte sie kleine Klingen machen sollen, alle in Blut getränkt, sodass sie nach Stahl und Tod rochen. Hirako traute sich, das Gespräch wieder aufzunehmen: „Hast du neben der Feier noch spezielle Pläne für deinen Geburtstag, Byakuya-sama?“ Byakuya warf Renji ein winziges Lächeln zu. „Das hoffe ich.“ Rukia sah entsetzt aus. „Bitte sag mir, dass du Renji nicht die Planung deines Geburtstags übertragen hast, Nii-sama.“ „Hey, es war nicht meine Schuld, dass die Piñata voller Bienen war", sagte Renji und wusste sofort, auf was sie anspielte. „Du hattest sie von der Müllhalde, Renji“, bemerkte Rukia. „Woher sollte ich sie denn sonst bekommen?“, fragte Renji. „Ich denke immer noch, dass der Gedanke alleine zählte. Es war ein Hase, Rukia. Ein Hase! Ich habe eine Piñata gefunden, die wie ein Hase geformt war.“ „Voller Bienen!“ „Nun ja, das wusste ich ja nicht“, grummelte Renji. „Hast du gedacht, das waren die Süßigkeiten, die summten?“, mahnte Rukia. „Ehrlich!“ Sie wandte sich zu Hirako und erzählte den Rest der Geschichte: „Gott sei Dank habe ich sie nicht beim ersten Versuch kaputt bekommen! Es war dieser Grobian“, sie deutete zu Renji, „der entschied, dass wir nur einen größeren Stock brauchten, um ein Loch hineinzubekommen.“ Renji wollte gerade bemerken, dass er mit dem letzten Punkt recht gehabt hatte, als Hirako fragte: „Tut mir leid, was ist eine Piñata?“ Byakyua sagte: „Es ist ein Teil eines Spiels, Suikawar nicht unähnlich, außer dass das, was du aufschlagen sollst, keine Wassermelone, sondern ein mit Papier dekoriertes Behältnis voller Süßigkeiten ist.“ „Ich habe niemals davon gehört“, sagte Hirakos Vater. „Es ist in der Welt der Lebenden beliebter, vor allem in Mexiko“, sagte Byakuya. „Ich bin überrascht, dass du etwas in der Art gefunden hast, Renji.“ „Ganz genau“, bemerkte Renji. „Und es war ein Hase.“ „Ich dachte, es sah mehr wie eine Kröte aus“, gab Rukia mit einem Lächeln zu. „Hase“, beharrte Renji. Rukias Grinsen war sehr wissend: „Du hast nicht einfach Ohren an eine halb geschmolzene Kröten-Figur geklebt?“ „Das habe ich vielleicht“, sagte Renji grummelig. „Aber das hat daraus einen Hasen gemacht, nicht wahr?“ Rukia wandte sich zu Byakuya. „Siehst du, Nii-sama. Siehst du, warum ich mir so Sorgen um dich mache?“ Byakuya hob eine Augenbraue. „Durchaus.“ Renji versuchte selbstbewusst auszusehen, doch er dachte an seine Pläne für den 'Tanz'-Club und begann sie wirklich ernsthaft in Frage zu stellen. Vielleicht wäre es schlauer, Schulden zu machen und einen Kinbakushi, einen Bondage-Meister, anzuheuern, der einfach eine Schleife um seinen Arsch machte und ihn an Byakuya übergab. Hmm, er sollte das ernsthaft als 'Plan B' in Betracht ziehen. „Wie viele Tage habe ich noch?“, fragte Renji. „In Anbetracht, dass dieser Tag ziemlich verplant ist, würde ich 3 sagen“, informierte ihn Byakuya. Mehr als er gedacht hatte, was gut war. Renji war versucht zu fragen, ob er sich ein paar Millionen Ken leihen konnte, doch er entschied, dass das wohl eines der niveaulosesten Dinge war, die er machen konnte: danach zu fragen, dass Byakuya sein eigenes Geburtstagsgeschenk bezahlte. Doch wenn Renji ihm von dem Kinbakushi erzählen würde, war er sich ziemlich sicher, dass Byakuya so schnell ja sagen würde, dass sich alle nach ihm umschauen würden. Da Byakuya ihm immer noch einen nervösen Blick zuwarf, zuckte Renji mit den Achseln. „Alles gut. Ich habe alles im Griff.“ „Au weia“, seufzte Rukia. „Die Feier sollte so zumindest nett werden“, bot der kleine Erbe Shinobu an und versuchte damit zu helfen. Renji wollte sagen: 'Für Byakuya? All das Zwischenmenschliche wird die reine Hölle für ihn sein!'. Doch er nickte nur und aß das Oktopus-Bällchen. Denn wenn er darüber nachdachte verlangte seine eigene, ursprüngliche Geburtstagsidee irgendwie genau das Gleiche von Byakuya... Ja, je mehr Renji darüber nachdachte, desto besser schien der Plan, einen solchen Kinbaku-Meister zu engagieren. Er musste einen besser bezahlten Job bekommen. Renji seufzte. Er bezahlte immer noch bei der Tätowiererin für ihre letzte Arbeit ab, wie könnte er genug Geld beschaffen? Ein Kinbaku-Meister kostete vermutlich um die hunderttausend Ken. Iba kannte vermutlich jemanden, der das als Nebenbeschäftigung machte, doch dann würde er wahrscheinlich seine einzige feste Lebensregel brechen: Niemals wissentlich mit der Mafia zusammenzuarbeiten. Natürlich hatte es Renji wahrscheinlich oft genug getan, ohne es zu wissen, damals in Inuzuri, aber das war seine Regel. Nicht, wenn es nicht anders ging, nicht, wenn du mit Sicherheit wusstest, dass der Job schmutzig war. Vielleicht musste er diese Regel brechen, dieses eine Mal, denn sonst würde es eine etwas andere 'Bienen im Piñata' für Byakuyas Geburtstag geben. Rukia konnte jetzt vielleicht darüber lachen, aber das war ein echtes Desaster gewesen. Zumindest waren die Gespräche nun zu den Festivitäten rund um Byakuyas Geburtstag übergegangen. Je mehr Renji über alles auf der Agenda hörte, desto sicherer war er, dass sich selbst einpacken lassen ein wesentlich besseres Geschenk wäre, als zu erwarten, dass sich Byakuya noch einmal unter die Menschen mischte, egal wie süß die Gefühle dahinter waren. Tanzhaus streichen; Kinbakushi engagieren. Renji musste Hisagi sagen, dass sich die Pläne geändert hatten. Doch Hisagi hatte seine eigene Agenda, um den Club zu öffnen, also würde Renji auch einfach nur zu einem stillen Partner bei der Nummer werden. Das war er eigentlich schon sowieso, da das Einzige, was er wirklich getan hatte, ein paar potentielle Plätze zu suchen, die man günstig mieten konnte. Also war alles, was er in den nächsten 3 Tagen tun musste, einen guten Kinbakushi finden, herauszufinden, wie weit die Sitzung ihn zurückwarf und das Geld verdienen. Wie schwer konnte das sein? Noch mehr Essen wurde gebracht. Zum ersten Mal musste Renji seine Reste noch schnell in den Mund schaufeln, bevor die Diener seine Schale wegholten. Der nächste Gang schien aus frittierter Garnele und Kai-lan, einem chinesischen Brokkoli, zu bestehen. Zu Renjis Entsetzen lag eine frittierte grüne Chili oben drauf. Er konnte es nicht unangetastet lassen. Das war viel, viel zu unhöflich. Mit einem Blick hinüber zu Byakuya fragte sich Renji, ob ihm eine Möglichkeit einfallen würde, die Chili unauffällig auf seinen Teller zu schieben. Die Gespräche waren wieder verstummt, also hatte er da wenig Hoffnung. Vielleicht konnte Renji es sich in den Schoß fallen lassen und unter den Tisch treten? Das funktionierte vielleicht. Er hatte schon einmal versucht, Scharfes einfach runterzuschlucken und... er entkam einfach der Hitze von den Sachen nicht. Entweder ärgerten sie dich beim Verdauen oder am nächsten Tag – nach dem Verdauen. Also setzte Renji auf ein ungeschicktes Herumfummeln und versuchte verlegen darüber auszusehen, dass er wie ein Depp mit den Essstäbchen hantierte. Er spürte, wie die Chili seine schmerzenden Knien streifte und es war erledigt. Nun musste Renji nur noch hoffen, dass der Rest nicht zu scharf war. Ein vorsichtiger Biss offenbarte einen Hauch von Schärfe, sehr tolerierbar, im Tempura-Teig. Zumindest war Hirako Herr der Sake-Situation. Seine Schale war niemals leer. Doch wenn Renji so schnell trank, wie sie nachfüllte, wäre er in kürzester Zeit betrunken. Er spürte bereits leicht die Hitze in seiner Nasenspitze. Während die Gespräche um Renji herum aufgenommen wurden, spürte Renji einen Blick in seinem Rücken. Er sagte zu sich selbst, dass er paranoid sei. Immerhin musste die gesamte Kuchiki-Familie mit ansehen, dass ein Köter aus Inuzuri in der Mitte am großen Tisch saß. Da mussten Leute starren. Doch etwas daran ließ seinen Rücken jucken. Schlussendlich gab er nach und schielte über seine Schulter. Eine Frau mit sehr unnatürlichen grell orange-roten Haaren starrte ihn an, als hätte er ihre Familie mit einer Axt niedergemetzelt. Als sich ihre Augen trafen, wurde ihr Blick sogar noch wilder. Renji hingegen wollte fragen 'Kenne ich dich, Lady?'. In einem kurzen, panischen Moment versuchte Renji sich zu erinnern, ob er aus Versehen mal mit jemandem außerhalb der Hofgarden geschlafen hatte. Doch er schüttelte den Gedanken schnell ab, denn er hätte sich auf jeden Fall an diese Haare erinnert. Außerdem war es ja nicht so, als hätte er jemals einen Adligen an der Schulter gestreift, bevor er zur Sechsten gekommen war – geschweige denn, dass Renji fast seit seinem ersten Tag in seinem Job mit Byakuya zusammen war. Als Hirako und Shinobu über einen Sport, oder etwas in der Art, zu reden begannen, lehnte sich Renji zu Byakuya und flüsterte: „Ist die rothaarige Dame eine Ex von dir oder so etwas? Sie schaut mich richtig stinkig an.“ Byakuya blickte in die Richtung, die Renji mit einem kleinen Ruck seines Kinns angedeutet hatte. Seine Augen weiteten sich leicht, als er bemerkte, welche Frau Renji meinte. „Das ist Isorokus Frau.“ Renji schaute noch einmal. Er versuchte sich vorzustellen, wie sie nebeneinander standen, doch sein Hirn rebellierte bei dem Zusammenstoß von Pink und messingfarbenem Orange. „Er ist verheiratet?“ „Ich dachte, ich hätte das erwähnt“, sagte Byakuya. „Tante Masama hatte gehofft, dass sie die passende Heiratskandidatin für mich ist. Ich bin überrascht, dass sie ihre Haare nicht geschnitten hat, um es herauswachsen zu lassen. Es ist nur die Farbe, da ich Tante Masama gesagt habe, dass ich nur jemand Rothaariges möchte.“ „Oh, ja“, sagte Renji und erinnerte sich mit einem Lachen. „Das war dumm.“ Byakuya runzelte die Stirn. „Ich habe gedacht, dass es sehr schlau war von mir. Zumindest hat sie die Verbindung bemerkt.“ „Ich bin irgendwie überrascht, dass sie dir Matsumoto nicht auf den Hals gehetzt hat, allerdings ist sie noch von weiter außerhalb als ich“, sagte Renji. „Soweit ich das weiß, hat der Ort, woher sie kommt, noch nicht einmal einen Namen.“ „Das hätte Tante Masama nicht gepasst“, stimmte Byakuya zu. Endlich kam der Nachtisch. Tee kam mit einer Anzahl verzierten Plätzchen aus Reismehl. „Goshikiitō", erklärte Byakuya, als er Renjis neugierigen Blick gesehen hatte. „Du hast die Wahl zwischen eingelegter Pflaume, Minze, Zimt, Ingwer oder Zitrone.“ „Sieht gut aus“, sagte Renji enthusiastisch. „Sehr, du wirst sie lieben.“ Und dann, ohne nachzudenken, wählte Byakuya ein paar aus und legte sie auf Renjis Teller. Renji vergeudete daran keinen Gedanken, bis er bemerkte, dass absolut jeder, selbst Rukia, ein wenig schockiert aussah. Byakuya musste genau gewusst haben, wie intim diese Geste wirkte, doch er handelte komplett unbeeindruckt. Und als wolle er alle warnen, nicht auch nur ein einziges Wort zu atmen, nahm Byakuya die Teekanne auf und schenkte Renji ein, als wären sie alleine. Nun ja, wenn wir das schon tun..., dachte Renji und tat für Byakuya das Gleiche. Hirako und Shinobu wurden rot, als hätte sich Byakuya gerade gestreckt, um Renji einen Kuss auf die Wange zu geben. Hirakos Vater sah blass aus, als würde er vielleicht sogar ohnmächtig werden. Rukias Augen funkelten vor Belustigung, doch sie verdeckte ihren Mund, denn selbst sie wusste, wie absolut schockierend das vor allen an diesem Tisch... und dem Raum war. Yep. Mit dieser einfachen Sache hatten sie sich gerade vor der gesamten Familie geoutet. Später im Schlafzimmer, nachdem Renji die letzten Kleidungsstücke auf den Boden geworfen hatte, musste er fragen: „Hast du das vorgehabt? Die Plätzchen auf meinen Teller zu legen?“ „Natürlich nicht“, sagte Byakuya gereizt von der Frisierkommode. Der Kommandanten-Haori war gefaltet und lag oben auf dem Byōbu. Er hatte sich einen silbernen Schlafyukata mit einem hellen, sich wiederholenden Muster mit blühenden Strelitzien, angezogen. Er entfernte das Kenseikan und stellte es weg. Nun bürstete er sich die Haare. „Es ist einfach passiert. Ich habe entschieden 'drüberzustehen', wie du es sagen würdest.“ „Du hast die Kinder schockiert“, sagte Renji mit gespielter Ermahnung. Er warf sich auf den Rücken und breitete sich nackt auf dem Bett aus. „Ziemlich“, stimmte Byakuya zu. Renji verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Der Wind drückte gegen die geschlossenen Fensterschirmen und rüttelte an deren Rahmen. Trotz der fest verschlossenen Schirme konnte Renji den Schnee und die Feuchtigkeit riechen. Ein Sturm braute sich zusammen, ein weiteres Gestöber, dass ihnen sicherlich noch ein paar Zentimeter Schnee brachte. Im Inneren sorgten die geschürten Kohlen im Irori vom Wohnzimmer, dass die Kälte nicht zu groß wurde. Obwohl das Heulen vom Wind durch die Äste ihm das Gefühl von Kälte geben müsste, fühlte sich Renji wohl – sogar ohne Decke über seinem Körper. „Es ist erstaunlich, dass ich es war, der uns so impulsiv an meine Familie verraten hat“, grübelte Byakuya, seine Stimme war direkt über Renji. Renji öffnete seine Augen in dem Moment, in dem Byakuya sich auf die Bettkante setzte. „Du liegst hier so schamlos.“ „Eigensinnig“, korrigierte ihn Renji sanft. „Meinst du nicht 'eigensinnig'?“ Ein kleines Lächeln zog an Byakuyas dünnen Lippen. Er legte eine kühle Hand auf Renjis Brust. „Ja, natürlich“, stimmte er zu. „Du bist immer eigensinnig und rebellisch.“ „Heh“, sagte Renji und errötete von der leichten Heiserkeit in Byakuyas Stimme. „Du lässt das sexy klingen.“ „Ist es.“ Byakuya lehnte sich hinab und fing Renjis Lippen in einem Kuss ein. Ohne zu überlegen zog Renji seine Arme hervor, um sie um Byakuyas Schultern zu schlingen und näher an sich heranzuziehen, doch er hielt gerade noch rechtzeitig inne. Er lenkte seine Bewegung um und vergrub seine Fäuste etwas ungeschickt neben sich in den Kissen. Doch es gab ihm genug Hebelwirkung, um sich weiter in den Kuss zu drücken und ihre Lippen aufeinander zu pressen. Er öffnete auch seinen Mund und grummelte kehlig, hoffte so, ein bisschen mehr Leidenschaft von Byakuya zu bekommen. Doch Byakuya unterbrach ihren Kuss. Das Lächeln, dass auf seinen Lippen lag, war sehr amüsiert. Als er Renjis Nase berührte sagte er: „Eigensinnig, aber gut trainiert.“ Renji grinste und ließ seinen Kopf zurück auf das Kissen fallen. Er wollte etwas darüber sagen, dass er einen guten Meister hatte, aber das Wort 'Meister' ließ etwas in seinen Eingeweiden drehen und winden, daher war er sich nicht sicher, ob er den Klang mochte. Also warf er Byakuya stattdessen ein breites Grinsen zu und sagte: „Eh, nur für den Moment. Ich könnte mich ohne Warnung gegen dich wenden und dir in die Hand beißen.“ „Ah“, lächelte Byakuya, seine Finger fuhren Renjis Hals hinab. „Jetzt versuchst du mich nur zu erregen.“ Renji gab ihm einen 'Was würde ich wohl sonst wollen'-Wackler mit den Augenbrauen. „Möchtest du böser Hund spielen?“, fragte er. „Ich könnte mir das Halsband anlegen lassen, wenn du mich beißen lässt...?“ Byakuya hielt tatsächlich inne und ein tiefes Rot breitete sich auf seinen Wangen aus. Renji vermutete, dass er einen Volltreffer gelandet hatte und gluckste über Byakuyas Reaktion. Er richtete sich auf, um das Halsband zu holen. „Ich vermute, dass ist ein 'scheiße ja'?“ Byakuya schaffte es, sich ein wenig zusammenzureißen und nickte wortlos. Während Renji zum Tansu hinüberging, um ihre Sachen zu holen, entschied er, dass es ein viel besseres Geschenk für Byakuya war, sich kunstvoll von einem Kinbakushi einpacken zu lassen, als jeder Tanz-Club. Er lächelte zu sich selbst, warf sich die schwere Kette vom Halsband über die Schultern und kehrte dann mit ihren Dingen zum Bett zurück. Er warf Byakuya das Gleitgel zu und ließ ein paar andere Dinge, von denen er dachte, dass sie ihnen nützlich sein konnten, auf das Ende vom Bett fallen. Es war eine Art der Verhandlung ohne zu reden. Renji hatte nur die Dinge ausgesucht, von denen er dachte, dass er dafür zu haben war, sollte Byakuya irgendwelche Ideen damit haben: ziemlich einfache Handschellen mit einer so dünnen Kette, dass Renji vermutete, dass er sie wahrscheinlich sogar kaputt bekommen könnte, ein paar, etwas intensiver aussehende Nippelklammern, bei denen sich Renji nicht vollständig sicher waren, aber nun ja... sie hatten einen gewissen Reiz, weswegen er gewillt war, es auszuprobieren. Und da war natürlich auch noch etwas, dass ihn davor bewahrte, den Spaß vorzeitig zu beenden. Renji würde niemals zugeben, dass er vermutlich immer eine Art Penisring benötigte, denn alleine dabei dort zu stehen und sich durch ihr Inventar an Spielzeugen durchzudenken, zogen sich seine Hoden bereits vor Erregung zusammen und er bekam das Gefühl, schon direkt einsteigen zu können. Er wandte sich um, damit Byakuya zusehen konnte, wie er das steife Lederhalsband öffnete. So ein verrücktes Ding mit all den Nieten an der Innenseite und den Ringen und Nieten außen. Doch es ließ Byakuya so stark erröten, dass Renji sicher war, dass es die Art von Röte war, die sich über den ganzen Körper zog. Scheiße, Byakuyas Mund hing offen, während er beobachtete, wie Renji die Schnallen öffnete. Für Byakuya war das, als würde er darum betteln. Renji würde niemals ganz verstehen können, was an dem Halsband und der Leine war, dass es so gut für Byakuya funktionierte. Doch das hatte es schon immer. Für seinen eigenen mentalen Trost sagte er zu sich selbst, dass es keine Hunde-Sache war, sondern viel mehr die Aufregung des Kommandierens oder etwas Wildes, Unzähmbares zurückzuhalten. Er sagte das zu sich selbst, denn 'Hund' könnte er nicht tun - nicht ohne eine Menge Gepäck aus Inuzuri, welches ihn erdrückte und ihm den Spaß daran nahm. Aber wildes Tier? Eh. Das war seine Seele, richtig? Er schob sich die Haare aus dem Nacken und legte sich das Halsband um den Hals. Er sog die Luft ein, als er die Schnallen festzurrte, denn aus irgendeinem Grund ließ ihn der Druck von dem, sich schließenden, Leder seinen Atem etwas flacher gehen. Er schloss die Augen und zog die Lasche nach Gefühl fest. Er schüttelte seine Haare aus und zog versuchsweise an der Leine. Die abgerundeten Spitzen im Inneren bissen ein wenig in seine Haut, aber nicht zu schmerzhaft. Seine Haut war zäh geworden, so wiederstandsfähig wie die von Kenpachi... oder das Hierro eines Arrancars. Mit einem kleinen Kopfschütteln verbannte Renji diese Gedanken aus seinem Kopf. Es würde ihm keinen Gefallen tun, wenn er jetzt darüber nachdachte, irgendeine befleckte Hollow-Seele zu haben, wenn er die niederliegende Bestie war. Renji schaute zu Byakuya, der aufrecht und stocksteif auf der Bettkante saß, seine Hände ruhten auf seinen Knien. Seine Augen machten diese abgewendet-aber-ganz-klar-aufmerksam-beobachtend-Sache, die er oft tat. Sein Gesicht war ausdruckslos, er sähe gelangweilt aus, wenn da nicht die deutliche Röte auf seinen Wangen zu sehen wäre, wie seine Unterlippe hinunter hing und seine Wimpern leicht bebten. Zumindest war es keine totale Unterwerfung, nach der es Byakuya heute Abend verlangte. Er schien ein wenig Schnauben und Kämpfen zu wollen. Renji konnte das spielen. Er ging vor Byakuya in die Knie und bot ihm die Leine mit einem breiten Grinsen an. „Denkst du, du kannst mich zähmen?“ Finger schlossen sich fest um die Kette. Byakuyas Augen sprangen förmlich nach oben, um in Renjis zu sehen. Kühle, sturmgraue Iriden funkelten und seine Stimme war so tief, ein wenig kehlig, als würde er sie normalerweise verstecken: „Das hoffe ich ganz sicher nicht.“ Renji legte seine Hände auf Byakuyas Knie, spreizte sie und streckte sich dann die Länge von Byakuyas Körper hinauf. Sein Griff an der Leine war lose genug, dass Renji problemlos an Byakuyas Lippen kam. Er knabberte an Byakuyas Unterlippe, ein Versuch, einen Kuss zu bekommen. Die Kette rasselte, schwankte gegen Renjis nackter Brust. Nach beharrlichen Bemühungen von Renji, gab Byakuya mit einem Seufzen nach und öffnete seinen Mund für einen Kuss. Renji spielte die Rolle des gierigen Tiers und nutzte die Gelegenheit, seine Zunge hineingleiten zulassen und seine Lippen fest gegen Byakuyas zu pressen. Byakuya schmeckte nach Minze-Zucker-Plätzchen, erinnerte Renji an Byakuyas versehentlicher Intimität beim Abendessen. Seltsamerweise war es eine süße Erinnerung, die dafür sorgte, dass Renjis zuckendes Glied vollständig zum Leben erwachte. Knurrend umfasste er Byakuyas Knie fester. Wie erwartet war ihm nur ein kurzer Kuss erlaubt, bevor die Leine ihn weiter hinunter zog. Es machte kein Sinn, eine unzähmbare Bestie zu sein, wenn man tat, was von einem erwartet wurde, oder? Also statt zu wimmern, sich gegen die Kette zu lehnen und langsam hinunterzugehen, tauchte Renji mit dem Gesicht in Byakuyas Schoß ab. Als er dort war, benutzte er seine Zähne, um den Knoten des Obi zu öffnen. Er ließ seine Hände Byakuyas Knie fest umgreifen, damit er mehr Stabilität hatte. Mit seinem Mund schob er den Stoff zur Seite, ein hektischer Versuch, Byakuyas Schritt zu entblößen. Bedauerlicherweise für Renjis Plan hatte er vergessen, dass Byakuya eine freie Hand hatte, dessen Finger sich um die Haare auf Renjis Oberkopf schlossen. Er fand sich selbst wieder, wie er gewaltsam von seinem Preis weggezogen wurde. Nun ließ er es zu, dass er wimmerte und ein wenig vor Frust stöhnte, als Byakuyas Hand ihn zu Hals und Schulter dirigierte. Als er die weiche, blasse Haut sah, wandelten sich Renjis wehklagende Laute in ein dunkles Glucksen. Kurz bevor Byakuya ihn an seinen verwundbaren Hals presste, wisperte Renji mit einem Schnauben: „Ich habe dir gesagt, dass ich beißen werde.“ Der Druck verließ Renjis Kopf zu spät. Er ließ seine Zähne einsinken, hart genug, um eine verspielte Warnung zu sein, aber nicht annähernd fest genug, dass es mehr als einen Hauch von eunem blauem Fleck geben würde. Byakuyas überraschtes Keuchen war eine wundervolle Sache. Renji lachte gegen Byakuyas Haut, als er Zähne und Zunge benutzte, um sich direkt den Weg frei zu Byakuyas Brustwarze zu machen, in dem er den Yukata etwas löste. Wieder einmal wurde er von seinem Ziel fortgerissen, kurz bevor er es erreicht hatte. Dieses Mal nutzte Byakuya die Leine so, dass Renji sich über Byakuyas Knie lehnen musste. Renji hob seinen Hintern, um den Druck von seinem Hals zu erleichtern, damit es nicht zu ernst war oder es ihn würgte. Natürlich hatte Byakuya diese Reaktion bedacht, denn in der Sekunde, in der Renjis Hintern nach oben ging, ging seine Hand hinunter. Da Renji in der Nacht zuvor gespankt worden war, war es ein heftigerer Schock, als Byakuya geplant hatte. Ein Zischen und ein 'Au' entkamen Renji ungewollt. Auch der Griff um Byakuyas Knie wurde fester. „Ah“, murmelte Byakuya, verstand scheinbar die Situation. „Und ich habe mich schon darauf gefreut, dich über mein Knie zu legen.“ Byakuya hielt Renjis Gesicht weiter in der Matratze, während er überlegte. Etwas musste ihm eingefallen sein, denn Renji konnte hören, wie er durch ihre Spielsachen suchte. Als Renji das Klicken der Handschellen hörte und den billigen Kirschduft roch, wusste er, was kam. Renji ließ Byakuyas Knie los und nutzte die Kante des Bettes zwischen Byakuyas gespreizten Beinen, um sich soweit aufzurichten, dass er quer über Byakuyas Schoß lag. Er musste glucksen, bei dem Druck, den er sehr hart und steif gegen seinen Hüftknochen spürte. Als er seine Handgelenke hinter seinem Rücken verschränkte, hätte Renji schwören können, dass er Byakuyas Glied in plötzlicher erregter Aufregung zucken spüren konnte. Also war eine Kombination aus Gehorsam und Eigensinn das Ticket, eh? Eh, das war vermutlich ziemlich offensichtlich, wenn Renji darüber lange genug nachdachte. Immerhin beschrieb das sein Leben so ziemlich genau. Renji grinste und spürte, wie das kalte Metall um seine Handgelenke klickte. Er spreizte seine Beine eifrig, aber auch um seinen Oberkörper weiter ins Bett zu drücken und so mehr Stabilität zu gewinnen. Es wäre nicht schwer, von Byakuyas Schoß zu rollen und wie ein gigantischer Depp auf dem Boden zu liegen – und das wäre das Gegenteil von sexy und Renji versuchte wirklich, das sexy heute Nacht klappen zu lassen. Er wollte nicht das Sicherheitswort auskrächzen müssen, weil er sich in den Ketten verhedderte, während er auf den Boden lag. Byakuya wollte scheinbar auch ein besonderes Arrangement und so wurde Renji ein wenig in die eine Richtung geschoben und mit einem leichten Ruck am Halsband in die andere Richtung dirigiert, bis er zu Byakuyas Zufriedenheit positioniert war. Renji fühlte sich jetzt ein wenig unkomfortabler, da Byakuya ihn dazu gebracht hatte, dass sein Oberkörper nun in der Luft hing, auf seinen Knien balancierte, ohne Arme zur Unterstützung und nur den Druck von Byakuyas Griff an der Leine, die seinen Kopf hoch und seinen Rücken gewölbt hielt. Ein Bein war nun fester mit dem Bett verhakt. Die Knie, die immer noch auf dem Boden waren, würden Renji entlasten, hätte Byakuya ihn nicht so zurecht geschoben, dass sein Hintern – nicht überraschend – nach oben gerichtet war und noch viel erreichbarer für Byakuya war. Bei der körperlichen Nähe drückte nun Byakuyas harter Penis gegen seinen Bauch. Und doch hatte Renji eine perverse Freude daran, dass während Byakuya so ziemlich die Kontrolle über alles hatte, jede seine Bewegungen – scheiße sogar seine Atmung – gegen Byakuyas empfindliche Spitze reiben würde. Und Byakuya musste irgendwie seltsam sitzen, was auch ein Vorteil war, denn Renji konnte wirklich nicht mehr sehen, als das, was vor ihm war – der Nachttisch, auf dem Byakuyas Bücher standen. Er hätte nicht überrascht sein brauchen, doch Renji keuchte und wölbte sich trotzdem, als Byakuyas Finger in ihn hinein glitt. „Da ich dich nicht spanken kann, wird das deine Bestrafung für das Beißen sein“, sagte Byakuya. Und wieder hätte Renji schwören können, dass etwas mit den Worten mitschwang, etwas Furchtsames und Dankbares, dass froh war, zum Spielen herausgelassen worden zu sein. Renji fand das nicht wirklich anstrengend, bis er bemerkte, wie frustrierend es war, geduldig vorbereitet zu werden. Byakuyas Finger waren lang und da waren auch genug, damit er die Dehnung in sich spürte, doch sie waren nicht ganz lang genug, nicht wahr? Trotz der unangenehmen Position versuchte Renji, sie weiter in sich zu bekommen, in dem er sich - so gut wie es eben ging – nach hinten drückte. Doch es war nicht viel mehr als ein frustrierter Wackler. Er grunzte und keuchte, bis sich endlich ein Wimmern aufbaute. „Gott verdammt, fick mich. Du bist so grausam. Ich kann es nicht... mehr aushalten. Fick mich.“ „Ich bin mir nicht sicher, ob du lange genug gelitten hast“, sagte Byakuya. Renji stöhnte elendig und versuchte in allen möglichen Weisen gegen Byakuyas Glied zu reiben. Vielleicht könnte er Byakuya auch ein wenig leiden lassen. „Komm schon“, bettelte Renji, rutschte mit seinem Bauch herum. „Bitte!“ Ein kleiner Ruck an der Leine beendete die Idee schnell. Renji schluchzte ein wenig, doch Byakuyas Finger glitten hinaus und es schien, als wolle er sie wieder neu ausrichten. Renji brauchte eine Sekunde, bis er verstand, was Byakuya wollte, doch als Byakuya ihn so lenkte, dass er aufrecht vor ihm stand, verstand er es sofort. Das würde viel Führung verlangen, wenn Byakuya wirklich das wollte, was Renji dachte. Byakuya ließ die Leine los und benutzte beide Arme. Er schlang sie um Renjis Taille und manövrierte ihn so, dass Renji rittlings auf Byakuyas Schoß saß. Eine Hand glitt hinunter, um Renji über seinen Penis zu positionieren und die andere – nun ja, Renji war so darauf konzentriert, nicht vom Bett zu fallen, dass er die Nippelklammer erst bemerkte, als sie dran war. „Oh, heilige Scheiße!“ Er sprang beinahe aus Byakuyas Kontrolle und hätte sie beide vom Bett geworfen, doch Byakuya hatte einen überraschend starken Griff. Doch da er sah, wie sich Renji so plötzlich an das, fast explosive, Brennen gewöhnen musste, das direkt bis in sein Glied schoss, legte Byakuya eine beruhigende Hand auf Renjis Brust. „Bist du in Ordnung? Ist das zu viel?“ „Ich... ich... nur eine Überraschung“, sagte Renji, doch er bewegte sich immer noch, wölbte und streckte sich, als versuche er, es abzuschütteln. Es war nicht unangenehm, aber sehr... intensiv. Er musste zu Atem kommen. „Es ist ok. Ich bin ok.“ „Vielleicht mit mehr Vorbereitung für die andere“, sagte Byakuya und ermahnte sich leise selbst. „Ich hätte es wissen müssen.“ „Es ist ok. Es ist in Ordnung. Es ist gut. Yay“, war wirklich alles, was Renji hervorbringen konnte und selbst das war peinlich piepsig. Doch dann spielte Byakuya mit seiner anderen Brustwarze, zog daran, rollte sie zwischen seinen Fingern und die Vorahnung war fast schon zu viel für ihn. „Uh! Oh, scheiße! Tu es einfach! Spiel damit nicht rum. Zu viel, zu viel. Mach schon!“ „Wie du wünschst.“ Metall schloss sich um Fleisch und was darauf folgte, war eine Menge Zucken, Keuchen und unzusammenhängende Laute der Lust. Renji war sich ziemlich sicher, dass er seine Chance auf sexy-cool so ziemlich versaut hatte, doch Byakuya schien voll dabei zu sein. Tatsächlich war der nächste Gedanke, den Renji zusammenhängend formulieren konnte: 'Oh, dieser Druck gegen meinen Hintern, oh gut, jetzt geht es endlich los'. Er dachte, dass er vielleicht auch ein „Yay!“ gebrabbelt hatte, doch er hoffte es nicht. Das Gefühl von Dehnung und Eindringen erdete Renji. Auch wenn seine Brustwarzen jede Muskelzuckung und Bewegung spürten, war Byakuyas Glied plötzlich das Wichtigste, besonders als Renji sich hinunterdrückte und endlich diesen Punkt traf. Er schrie auf bei dem Gefühl endlich ausgefüllt zu sein. Sein Rücken war gewölbt, seine Hände zu Fäuste geballt, während sich seine Brust gegen Byakuyas drückte, was dafür sorgte, dass die Klammern wieder an ihm zerrten. Hitze durchfuhr ihn und er kam, explosiv, schoss es zwischen ihnen hoch, verschmierte sie beide mit seinen Samen. Doch er konnte jetzt nicht aufhören. Seine Stimme wurde zu einem verzweifelten Wimmern, während er sich wieder aufrichtete, um sich wieder hinunterzudrücken. Byakuya stoppte ihn. Er griff die Leine und Renjis Hüfte, schlug ein anderes, langsameres Tempo an. An diesem Punkt war sich Renji ziemlich sicher, dass Byakuya so viel wildes Tier bekam, wie er wollte, denn Renji kämpfte gegen ihn an. Er versuchte in jeder erdenklichen Weise einen schneller und härter Rhythmus zu bekommen, selbst wenn jeder Ruck die Nerven in seinen Brustwarzen kniff und an seinen Halsband zerrte. Sein Glied versuchte wieder steif zu werden und er fühlte sich, als könnte er jeden Moment wieder kommen, während er schnaubte und zeterte, doch schlussendlich nur schluchzen konnte: „Fick dich, fick dich, fick dich...“, während Byakuya in langsam, aber energisch nahm. Gerade als Renji dachte, dass er es nicht mehr aushalten konnte, dass er vielleicht 'Sakura' rufen und Byakuya unbefriedigt zurücklassen musste, beschleunigte sich das Tempo, Byakuyas Hand glitt in Renjis Haare, als er heißen Atem an seinem Hals spürte. Einen Moment später fühlte er Byakuyas Erguss in sich. Renji erwartete halb, mit Byakuya auf das Bett zu fallen. Stattdessen ließ Byakuya die Leine los, schlang beide Arme um Renjis Hals und zog sein Gesicht für einen nachlässigen, enthusiastischen Kuss hinab. Sie saßen immer noch aufrecht, Byakuya in ihm. Byakuya hatte Renji niemals zuvor so geküsst. Es war unbedacht, ungeplant und verdammt nachlässig. Renji liebte es. Er lehnte sich in den Kuss, wünschte sich, dass seine Hände frei wären, sodass er Byakuya in eine feste Umarmung ziehen konnte – die er vermutlich hassen würde, also war es wohl gut so. Die einzige unangenehme Sache war, dass ihn seine Nippelklammern ablenkten, sobald etwas gegen sie rieb oder bewegte, sendeten sie direkt einen Schock in den fiebrigen Teil von Renjis Gehirn, was ihn unkontrollierbar beben ließ. Er musste Geräusche gemacht haben oder zusammengezuckt sein, als Byakuyas Hand von seiner Schulter zu seiner Brust fuhr, denn Byakuya unterbrach den Kuss. Renji stöhnte tatsächlich ein „Awwww“, bevor er sich selbst stoppen konnte. Gott, heute war die Nacht der zufälligen Blödheiten. „Aber die“, sagte Byakuya mit einem Blick auf die Klammern. „Ja“, stimmte Renji zu. „Ja, vermutlich: ja.“ „Definitiv ja“, sagte Byakuya mit einem Zungeschnalzen. Ich hätte es wissen müssen, da du besonders empfindlich bist. Du reagierst so stark auf alles.“ Renji wollte gerade sagen, dass das unfair und überhaupt nicht wahr war, als das plötzliche Fehlen einer Klammer ihn aufschreien ließ. „Ahhhhh!“ Doch Byakuyas Mund legte sich auf die wunde, schmerzende Brustwarze mit der richtigen Menge an Wärme und massierte, sodass aus dem Schrei ein „Ahhh---oh“, wurde. Byakuya schien sehr gewillt zu sein, diese leckende Art von Massage-Sache viel länger zu machen, als Renji es benötigte. Also sagte Renji, mit einem kleinen Zucken seines Brustmuskels: „Die andere?“ Obwohl er es erwartet hatte, verlief die zweite Klammer fast genauso wie die Erste, nur das Renji nur noch atemlos keuchte: „Ha. Ha. Ha.“ Byakuya hob den Kopf von Renjis Brust und lächelte. „Du reagierst so erstaunlich.“ „Halt die Klappe“, sagte Renji aus Reflex. „Das sollte mein Spruch sein. Außerdem ist es nicht meine Schuld, dass du so...“, er dachte daran 'pervers' zu sagen, doch entschied sich, dass es korrekter wäre zu sagen „... einfallsreich bist. Es sind immer die Stillen. Immer.“ Byakuya hatte beide Hände um Renjis Taille, stützte ihn immer noch auf seinem Schoß. Die Kette der Leine hing zwischen ihnen, lag um Renjis erschöpftem Glied und auch Byakuya war vor einer Weile schlaff geworden, doch er machte keine Anstalten, sich von ihm zu trennen. Er küsste sanft Renjis Brust und Bauchmuskeln, soweit er sie erreichen konnte, bis er, mit einem Seufzen, losließ um den Schlüssel für die Handschellen zu finden. Kurz hatte Renji die Befürchtung, dass er sie im Tansu gelassen hatte, doch Byakuya fand sie unter den Dingen auf dem Bett. Die Handschellen glitten mit einem Klick von seinen Gelenken. Renji bewegte die Arme langsam, vorsichtig und war wieder überrascht, als Byakuyas Hände über Bizeps und Arme massierten, also wolle er helfen, dass das Gefühl in die Körperteile zurückkam. Renji lächelte zu ihm hinunter. „Du hast schon wieder gelesen, nicht wahr?“ „Tatsächlich kannst du dich bei Isoroku bedanken.“ „Was? Warum?“ Byakuya blickte bei dem Gift in Renjis Stimme auf. „Alles was passiert ist. Ihn wiederzusehen hat mich daran erinnert, wer ich war...“, Byakuya hielt inne und runzelte unglücklich die Stirn. Dann rieb er wieder energisch Renjis Arme und fügte hinzu: „Auch zu sehen, was für ein Mann er wirklich ist. Das alles hat sich zusammengefügt und die Tatsache unterstrichen, dass ich mich daran erinnern muss, was du mir beigebracht hast, Renji. Die Dinge, die wir gemeinsam gelernt haben.“ „Ja?“, fragte Renji und hob die Hand, um durch Byakuyas Haare zu streichen. „Was ist das denn?“ „Das dies ein Spiel ist“, sagte Byakuya und schaute zu ihm auf. „Mit Regeln. Aber die Regeln machen es... besser, mehr Spaß für jeden.“ „Das war Spaß, ja“, sagte Renji und stupste Byakuya ein wenig nach hinten, sodass sie beide endlich auf das Bett fielen. Mit einem unterdrückten Gähnen rollte sich Renji hinunter und murmelte: „Verrückter Spaß.“ „Wir sollten uns säubern“, sagte Byakuya. „Nah, ich werde schlafen.“ Byakuya ließ ein kleines, frustriertes Seufzen hinaus und Renji dachte, dass er doch aufstehen musste, doch Byakuya sagte nur: „Gute Idee.“ Renji war schon fast eingeschlafen, als er Byakuyas Atem an seinem Ohr und eine Hand um seine Taille spürte. „Gute Nacht, Renji. Ich liebe dich.“ Ein weiterer Moment der reflexartigen Intimität, das Renji dahinschmelzen ließ. Lächelnd sagte er zurück: „Ich liebe dich auch.“ Kapitel 6: The Quiet Rattle of Chains ------------------------------------- Renji träumte davon, dass Zaraki auf seiner Kehle stand. Er konnte die Glocken in seinen Haaren klirren hören... Nein, das war nicht richtig. Rasseln? Rasseln wie... Ketten? Überrascht wachte Renji auf und stellte fest, dass er das Halsband nicht ausgezogen hatte und die Leine aus Ketten sich um seinen Hals gewickelt hatte und ihn würgte. Byakuya schien auch auf einem Teil davon zu liegen. In dem er sich in einem unangenehmen Winkel aufrichtete, war er in der Lage, die Schnallen um seinem Hals zu lösen. Er sog tief die Luft ein, als er sich befreit hatte. "Nun ja, das war unglaublich dämlich", murmelte Renji in die Dunkelheit hinein. Er setzte sich richtig auf und zog die Kette langsam aus allen Plätzen, in denen sie sich verhakt hatte. Es schien, als sei das größte Problem, dass sich eines der Kettenglieder im Bettrahmen eingehakt hatte. „Himmel, ich hätte mich wirklich damit erwürgen können. Nackt mit einem Halsband ist so gar nicht die Art, wie ich irgendwann einmal tot aufgefunden werden möchte.“ Byakuya murmelte etwas verschlafen. Er rollte sich auf die andere Seite, als Renji die Kette unter ihm wegzog. Nun war sein Rücken Renji zugewandt. Nachdem er die Decke wieder um Byakuyas Schulter gelegt hatte, stieg Renji aus dem Bett. Er musste pinkeln wie ein Rennpferd. Nachdem er sich mithilfe des Nachttopfs auf dem Abort erleichtert hatte, der direkt am Ankleideraum angrenzte, wägte Renji ab, ob er wieder ins warme Bett krabbeln oder sich auf die Suche nach einem Bad begeben sollte. Während er überlegte, lehnte er im Türrahmen zum Ankleideraum und beobachtete, wie das Licht der Morgendämmerung auf Byakuyas schlafende Form fiel. Das Bett war ein Chaos. Byakuyas Rücken war Renji zugewandt, doch selbst die Silhouette war elegant und lang. Eines von Byakuyas Beinen schaute unter der Decke hervor, eine cremefarbene Wade der Kälte ausgesetzt. Seine Haare waren ein tintenschwarzes Gewirr, fast vom Schatten nicht zu unterscheiden. Renji war wirklich versucht, sich von hinten an diesen langen, schlanken Körper heran zu kuscheln und ihn so lange in den Armen zu halten, bis der Morgen Renji zwang, den Dienst anzutreten. Aber da war etwas wirklich ekliges auf seinem Bauch. Tatsächlich wusste Renji ganz genau, was es war und das ließ ein Bad viel notwendiger erscheinen. Um ehrlich zu sein? Etwas davon war vielleicht sogar in seinen Haaren. Außerdem roch er überall nach dem billigen Gleitgel mit Kirschduft. Nachdem er Byakuyas entblößten Fuß eingepackt hatte, sammelte Renji leise seine Sachen zusammen. Er fand seinen Kirschblüten-Yukata, schnappte sich Zabimaru sowie seine Uniform und ging dann zum Sentō. Das Badehaus wäre noch für Stunden für die Öffentlichkeit nicht zugänglich und der Schlüssel für den Eingang des Hausherren hing direkt draußen neben der privaten Dusche. Er wusste, dass er alleine sein würde. Was, so sehr er hasste, es zuzugeben, gerade jetzt wichtig war. Es war nicht so, als hätte er Angst, dass er es nicht mit jemanden aufnehmen konnte, der es bei ihm versuchen wollte. Sondern vielmehr, dass er vielleicht die ganze Zeit aufmerksam war und sich so nicht entspannen konnte. Er schlich sich so leise wie möglich hinaus, versuchte Byakuya nicht zu wecken. Renji schob die Tür zu Byakuyas Räumlichkeiten leise zu und ging in den stillen Flur. Die nahegelegenen Türen waren verschlossen und die Flure waren leer und dunkel. Erst als Renji in die Nähe der Küche kam, vernahm er einen Hauch von Aktivität. Noch bevor er die Geräusche von den Messern hörte, die Gemüse schnitten, roch er das köchelnde Miso und frittierten Fisch. Gedämpfte Stimmen organisierten die Reinigungskräfte und dirigierten die Wäscher und Lieferanten. Renji ging an den Dienern vorbei und grüßte sie mit routiniertem Nicken und gemurmelten ‚Guten Morgen‘. Jemand, den er nicht kannte, schürte das Feuer und wollte Haltung annehmen, als dachte er, irgendein hoher Adliger wäre hineingekommen, aber ein älterer Mann hing ein einen Pott heißes Wasser auf den Haken, lächelte Renji an und sagte: „Ah, es ist nur Renji-kun, nicht wahr? Du musst dir keine Sorgen machen.“ Renji lächelte und nickte. „Auf dem Weg zum Sentō“, erklärte er mit einem Blick auf seinen verschlissenen Yukata. „Ah, nett für manche“, neckte der alte Mann. Mit einem Nicken schlängelte er sich durch die geschäftige Küche, winkte Miki zu, die Chefköchin, die ihm sagte: „Komm in einer Stunde wieder und ich habe euer Frühstück fertig, dann kannst du es gleich mitnehmen. Du sparst Eishirō damit einen Gang.“ „Sehr gerne“, sagte Renji und stibitzte sich ein Stück zur Seite gelegte, frittierte Fischflosse auf dem Weg hinaus. „Hey! Iss nicht den Abfall!“, rief sie ihm hinterher. „Ich wollte das für die Fischbrühe verwenden!“ Der kurze Lauf über den schneebedeckten Garten ließ Renjis nackte Füße kalt werden, vor allem, da er den Weg nicht so gut kannte wie Byakuya. Der Schnee verdeckte den Pfad, daher musste er einmal kehrt machen, da er beinahe in Richtung der kleinen Insel mit dem Tanuki-Schrein gegangen wäre. Auch wenn es draußen eine Dusche gab, entschied sich Renji, dass es zu kalt dafür war. Seine Zehen waren bereits ein wenig rot vom Schnee. Nachdem er kurz nach dem Schlüssel gesucht hatte, ließ er sich selbst ins dunkle Sentō hinein. Natürlich war er seit Isorokus seltsamen... Übergriff nicht wiedergekommen. Der Ort schien dunkel und widerhallend. Der Klang der gurgelnden heißen Quelle war in der Leere ungewöhnlich laut. Ein Hauch von Metall hing in der Dampf erfüllten Luft. Nachdem er seine Klamotten und Zabimaru auf einer nahegelegenen Bank abgelegt hatte, ertastete sich Renji seinen Weg zur Dusche. Statt ein Streichholz zu suchen, um die Laternen anzuzünden, suchte er sich lieber im Dunkeln den Weg zu den Duschen. Auch wenn die Sonne bisher nicht wirklich aufgegangen war, ließen die hohen Fenster gerade genug Licht vom beginnenden Sonnenaufgang hinein, damit er nicht gegen etwas zu Schmerzhaftes stieß. Er schaffte es, seinen Yukata an den Haken zu hängen und hatte ihn dabei nur zwei Mal vorher fallen gelassen. In der Nähe der Dusche, die am weitesten vom Eingang des Sentō entfernt war, hing ein Korb mit Fundsachen, der außerdem als eine Art gemeinschaftlicher Hygieneartikel-Sammelbehälter diente. Renji nahm sich daraus ein Stück Seife. Er ließ das Wasser über seinen Körper laufen und schrubbte sich sauber. Dann legte er die Seife zurück und durchsuchte den Korb, bis er Shampoo fand. Da war nicht viel übrig. Er drückte die Tube aus, rollte sie wie eine Zahnpastatube auf. Selbst dann war die Menge, die er herausbekommen hatte, kaum genug, um seine Haare damit einzuschäumen und es roch stark nach Maiglöckchen. Doch es reichte, um alles zu erledigen. Er fühlte sich danach sauber genug. Das Meiste von dem ekelhaft süßen Blumenduft lief den den Abfluss hinunter. Renji stand eine lange Zeit unter dem heißen Wasser. Er fühlte sich ungewöhnlich... erschöpft, obwohl der Sex letzte Nacht gar nicht so hart gewesen war. Vielleicht war es auch nur der Ort und seine neuen Geister und der Gedanke daran, was passierte, wenn Isoroku vor Gericht stehen würde. So wie er Central 46 kannte, würde niemand ein Wort hören, bis das Urteil gefällt worden war. Sie waren so verdammt willkürlich – sie könnten auch Isoroku davon kommen lassen. Immerhin war Isoroku ein Adliger, genau wie sie alle es waren. Und es war so eine geringfügige Sache. Renji fühlte sich dumm, dass er so reagiert hatte. Ein kleines, ungewolltes Spielchen mit seinem Nippel? Die Anklage schien aufgeblasen, wenn man bedachte, dass da viele Male gewesen sind, in denen Byakuya schlimmeres getan hatte. Ugh, da kam ihm ein Gedanke. Renji drehte am Hahn, um das Wasser zu stoppen. Dann nahm er ein Handtuch vom Regal und trocknete sich ab. Er dachte daran, sich kurz in der heißen Quelle einzuweichen, aber er hatte keine Lust darauf – oder zumindest sagte er sich das selbst. Er zog sich an, band seine Haare zurück und legte Zabimaru an. Er steckte die Tabi in seine Tasche. Er würde noch einmal durch den Schnee laufen müssen, denn seine Sandalen standen noch neben Byakuyas Sandalen auf dem Anwesen. Shunpō brachte ihn in Windeseile an die Tür der Küche. Im Vorraum zog er, statt die Sandalen aus, seine Tabi an. Als sie ihn sah, schüttelte die Chefköchin ihre orangenen Locken. „Setz dich ein wenig ans Feuer“, befahl sie. „Das Essen ist noch lange nicht fertig.“ Renji tat, was ihm gesagt wurde und zog sich einen Stuhl nah an den Herd und hoffte, dass er nicht im Weg saß. Jemand drückte ihm eine Tasse Tee in die kalten Hände und er hielt sein Gesicht in den aufsteigenden Dampf. Das Geschwätz der Küchenangestellten hüllte ihn angenehm ein. Er deckte seinen Mund beim Gähnen mit dem Handrücken ab, in dem Moment bemerkte er einen sehr mürrisch aussehenden Diener am Ende des Frühstückstiches der Angestellten, der ihn anstarrte. Als sich ihre Augen trafen, stand der junge Mann auf und kam hinüber. Die Tellerwäscherin versuchte den Arm des jungen Manns zu greifen, als wolle sie ihn zurückhalten, und sagte: „Mach es nicht noch schlimmer, Natsou!“ Aber der junge Mann – Natsou, offensichtlich – schüttelte sie ab und kam näher. Renji überlegte, aufzustehen, doch er würde den Jungen bei weitem überragen, denn er war nicht viel größer als Hanataro. Er hatte auch einen ähnlichen Haarschnitt, doch seine Locken waren heller, ein honigbraun und seine großen Augen hatten ein dunkles Kastanienbraun. Als Natsou vor Renji stand, bebte er. Renji nippte an seinem Tee und beobachtete Natsou aufmerksam. Nach einem Moment fragte er: „Hast du ein Problem, Sohn?“ „Ich habe heute nichts zu tun, dank dir.“ Renji war nicht wirklich versiert was die Hierarchie anhand der Kimonos der Dienerschaft anging, aber... Natsou schien weniger Lagen zu haben als Eishirō, allerdings einige mehr als die Köchin. Also war der Junge vielleicht so etwas wie ein persönlicher Diener? Renji hatte keine Ahnung. Genauso wenig, wie er das Problem sehen konnte. Natsou war ihm irgendwie sauer, weil er wegen ihm einen freien Tag hatte? „Ich... was? Sollte mir das Leid tun?“ Der Junge stand dort und bebte, als wäre er zu emotional, um zu sprechen. Es war Miki, die erklärte: „Natsou ist Lord Isorokus Kammerdiener.“ „Oh“, sagte Renji verstehend. Nachdem er einen tiefen Schluck von seinem Tee genommen hatte, lehnte sich Renji gegen die Wand des Feuerplatzes, als sei er desinteressiert. „Es tut mir immer noch nicht leid für dich, Junge. Wenn dein Herr seine Hände bei sich behalten hätte, wärst du nicht in dieser Lage. Es hat mit nichts zu tun, was ich nicht getan hätte.“ Natsou blinzelte schnell. „Oh!“ Seine Augen glitten über Renji und dann errötete er stark. Seine Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern: „Ich habe etwas anderes gehört... Ich...“, er verbeugte sich. Seine Stimme wurde fast von dem Knistern und Knacken des Feuers übertönt. „Es tut mir leid, dass es ihnen auch passiert ist.“ Bevor Renji fragen konnte, was Natsou damit meinte, sagte einer der Fuhrmänner, der an der nahegelegenen Tür gefaulenzt hatte: „Du sagst, dass du so heiß bist, dass sogar Kerle ihre Finger nicht bei sich behalten können, Renji? Denn ich hab's auch anders gehört. Ich hab' gehört, es war 'en Kampf.“ „Wo hast du den Scheiß gehört?“, fragte Renji. „Nun ja, das ist die offizielle Anklage, nicht wahr?“, sagte der Fuhrmann. „'Übergriff'. Was zum Teufel ist das? Das Einzige, worauf wir uns keinen Reim machen können ist, warum du nicht hinter Gittern bist. Es war bisher nie ein Verbrechen, wenn einer von denen uns geschlagen hat.“ Miki und viele der anderen Frauen in der Küche wurden jedoch merklich blasser, ihre Arbeit wurde langsamer oder kam vollständig zum Erliegen. Mikis Augen waren nach unten gerichtet und blickten fest auf den Teller, den sie hergerichtet hatte, als sie sagte: „Da gibt es andere Arten von Übergriffen, du Dummkopf.“ Der Fuhrmann, der weiter das Zaumzeug polierte und Unruhe verbreitete, blickte auf und runzelte die Stirn. „Was labberst du, Frau? Bei einem Mann gibt es keine solchen 'Übergriffe'.“ „Das geht auch“, stammelte Natsou, sein Gesichtsausdruck war nun ein völlig anderer, aber immer noch entschlossen. „Ah, vielleicht ein kleiner Schwächling wie du“, schnaubte der Fuhrmann. „Aber schau dir den Vizekommandanten an. Er ist doppelt so groß wie du. Er ist ein trainierter Kämpfer, eine Tötungsmaschine.“ Renji starrte für eine Minute in seine Teetasse, wusste, dass alle Augen auf ihm lagen. Er wollte nicht wirklich weiter darüber reden, doch er blickte Natsou in die Augen und hielt den Blickkontakt. „Das ist genau das, was er zu mir sagte. Er sagte, in Anbetracht unserer Unterschiede – meiner Größe, meiner Kraft, meiner Abstammung – würden die Leute mich beschuldigen. Ich hatte ihn bereits verletzt, als ich ihm sagte, er solle aufhören und er meinte, er würde das als Beweis nutzen, dass ich mich nicht an die Regeln gehalten habe und es gewagt hatte, einen Adligen zu verletzen. Also habe ich zugelassen, dass er weitermachte.“ Renji schüttelte den Kopf und zog bei der Erinnerung eine Grimasse. „Aber wir haben beide meinen spirituellen Druck vergessen, nicht wahr? Und als er zu weit ging... nun ja, ist er ohnmächtig geworden.“ Renjis Stimme wurde nun lauter. „Ich hätte ihn in diesem verschissenen Sentō ertrinken lassen sollen. Aber das konnte ich schlecht machen, oder? Wie du sagtest, ich bin ein Soldat.“ Renji blickte dem Fuhrmann in die Augen. „Ich habe einen Eid geleistet, dass ich die Seireitei beschütze und alle in ihr... selbst Arschlöcher wie ihn. Also habe ich nach der Vierten geschickt und nun ist er dort im Knast. Ich habe keine Anklage erhoben, Kommandantin Unohana tat das. Also fick dich.“ Renji wollte nicht das Mitleid, Entsetzen oder Verwirrung der Anwesenden haben oder was auch immer in ihren Augen war, also ging er geradewegs zur Tür. Auf den Weg hinaus hämmerte er seine Teetasse auf den Tisch. Das zerbrechliche Porzellan kam so fest auf, dass es in seiner Faust zerbrach. Doch er hielt nicht an. Er schüttelte die Scherben aus seiner Hand und stürmte zur Tür hinaus. Er hielt nicht an, bis er die Division erreicht hatte, nicht einmal als die Tabi die Feuchtigkeit vom Schnee aufsaugten oder das Blut aus seiner Handfläche tropfte. Byakuya wartete, erwartete, dass Renji jeden Moment ins Bett zurückkam. Er drehte sich um und starrte auf den Platz, an dem Renji normalerweise lag und runzelte die Stirn. Vielleicht hatte Renji ein frühmorgendlichen Termin, von dem er vergessen hatte, Byakuya zu informieren. Byakuya wäre viel glücklicher, wenn sich der Rhythmus der Schichten in ein paar Wochen änderte und Renjis Dienst erst am Nachmittag anfing. Es wäre weitaus erfreulicher, zusammen ein wenig länger zu schlafen. Als er sich wieder umdrehte, fiel die Kette zum Halsband klirrend zu Boden. Vor allem nach letzte Nacht, dachte Byakuya. Er setzte sich auf und suchte nach dem anderen Spielzeug – Gleitgel, Handschellen und den Nippelklammern. Er öffnete die Schublade des Nachttischs und legte die Dinge, die klein genug waren, um dort hineinzupassen, dort ab. Seine Finger glitten über die Nippelklammern. Sie hatten einen wunderbaren Effekt gehabt, doch Byakuya machte sich Sorgen, dass es unsensibel gewesen war, sie zu benutzen. Nicht nur, weil er Renji nicht ausreichend auf die plötzliche Zugabe vorbereitet hatte, was ganz gewiss ein Fehler gewesen war. Ein Lehrbuch hatte so etwas behandelt. Aber vor allem auch, weil er von den wenigen Details, die Byakuya über das wusste, was mit Isoroku passiert war, Nippel beinhaltet hatte. Und nun war Renji gegangen, ohne auch nur eine Notiz zu hinterlassen. Nachdem er das Bett gerichtet und die verschmutzten Laken entfernt hatte, klingelte Byakuya nach Frühstück. Tatsächlich machte Byakuya sich keine Gedanken, dass Renji endgültig gegangen sei, nur dass er schlecht gelaunt gegangen wäre und schmollte oder es irgendwie anders in sich hineinfraß. Byakuya hatte das Gefühl, dass während Renji sehr redselig war, er manchmal fröhliches Gerede verwendete, um seine wahren Gefühle zu verdecken. Natürlich war Renji entgegenkommend in Angelegenheiten, die ihm einfach fielen, wie Liebe und Zuneigung. Doch Byakuya dachte, als er aus dem Bett aufgestanden war und die schwere Kette und das Halsband an seinem Platz im Tansu legte, dass Renji es hasste, Schwäche zuzugeben – immerhin war das einzige Mal, als er das Sicherheitswort im Schlafzimmer verwendete, als er fast erstickt wäre. Die Schublade schloss sich mit einem Klick. Wie hart musste es für einen Mann wie Renji sein, von jemandem wie Isoroku erniedrigt zu werden? Renji hatte in letzter Zeit viele Niederlagen einstecken müssen. Es konnte nicht einfach für ihn sein. Obwohl es Byakuya schmerzhaft bewusst war, dass dieser tollkühne, wilde Narr jedes Mal exponentiell stärker wurde, wenn sie kämpften, würde Renji Schwierigkeiten haben, das so zu sehen. Er schaute immer zu weit nach oben, verglich sich mit jemanden wie den unaufhaltsamen Ichigo Kurosaki und seiner Gruppe von magischen Freunden, ohne jeden Zweifel. Und Renji war mit einem Nachteil in den letzten Kampf gegangen. Er hatte keine Zeit gehabt, sich von diesem Reinigungsritual zu erholen. Es ärgerte Byakuya immer noch, in welchem Ausmaß dieser Prozess Renji irgendwie stumpfsinniger erscheinen lassen hat, als hätte es nicht nur seine Klinge, sondern auch seinen Verstand auf einer Weise weniger scharf gemacht. Zumindest schien er sich davon erholt zu haben. Nichts ließ Byakuya schuldiger fühlen, als die Weise, wie Renji nach dem Reinigungsritual nicht anwesend erschienen war, als wäre er in einem Nebel verloren gewesen. Als das Frühstück eintraf, bemerkte Byakuya, dass es auf einem größeren Tablett ausgelegt worden war und es schien ihm, als wäre es schnell neu hergerichtet und ausgebreitet worden, um die fehlende Hälfte zu kaschieren. „Das Personal hat Renji gehen sehen“, vermutete Byakyua. „Wie war er, als er gegangen ist?“ „Oh...“, begann Eishirō vorsichtig. „Ich bin mir nicht ganz sicher, mein Herr. Doch das Küchenpersonal hat mir von... Reibereien zwischen einem Fuhrmann und dem Vizekommandanten berichtet.“ Reibereien? Was in aller Welt sollte das bedeuten? „Sagst du, sie haben sich gerauft? Was für einen Streit würde Renji mit einem Fuhrmann haben?“ „Es war umgekehrt, mein Herr, und offensichtlich hat es was mit den Gerüchten um Lord Isorokus Haft zu tun“, sagte Eishirō, sein Kopf war gebeugt. Das klang unheilvoll. Byakuya schenkte sich selbst Tee ein. „Wurde der Fuhrmann schwer verletzt?“ „Es war ein Austausch scharfer Worte, keine Schläge, mein Herr“, versicherte ihm Eishirō. „Ich verstehe. Zum Glück“, sagte Byakuya. Erleichterung überkam ihn. Er hatte nicht bemerkt, wie besorgt er darüber gewesen war, dass Renji wieder einmal seinen Kopf verlieren konnte. „Weißt du, wie die Gerüchte lauten?“ Eishirōs Kopf hatte sich für eine lange Zeit nicht gehoben, doch nun blickte er kurz auf. „Ich befürchte, ich kann in höflicher Gesellschaft die Worte des Fuhrmanns, die er mir mitteilte, als ich nachgehakt hatte, nicht wiederholen, mein Herr. Es wäre eine Beleidigung der höchsten Ordnung.“ „Gegenüber wem? Wer würde beleidigt werden?“ Eishirōs Stimme war sehr leise, als er sagte: „Jeder Mann, der einen anderen liebt.“ „Ah“, sagte Byakuya mit einer Erkenntnis, die seine Zähne fest zusammenbeißen und seinen Magen leer fühlen ließ. Vielleicht sollte er nach dem Frühstück diesen Fuhrman fragen, was genau er gesagt hat und ob es ihm etwas ausmachen würde, es noch einmal in Byakuyas Gesicht zu wiederholen. Renji war in einer furchtbaren Laune, als er am Vizekommandantenbüro ankam. Zu der ersten Person, die er sah und immer noch im Dienst zu sein schien, schnaubte er: „Hey, du da! Hol mir ein paar Waraji aus meinem Raum!“ Die Frau sah perplex aus. „Du möchtest, dass ich in deinen Raum gehe? Also rein?“ „Die Sandalen stehen direkt auf der Truhe, verdammt noch mal. Ah, scheiß drauf“, sagte Renji und drehte sich um und stapfte wieder in den Schnee hinaus. Er konnte das Holz vom Feuerplatz im Pausenraum riechen und alles, was Renji wollte, war endlich seine Zehen für fünf Sekunden dort zu wärmen. Was war der Sinn dahinter, Vizekommandant zu sein, wenn man noch nicht einmal die Leute dazu bringen konnte, einem Sachen zu holen? Als er die Tür zu seinem Quartier aufschob, seufzte er. Es war vielleicht gut so, er brauchte ja auch noch neue Tabi. Sie waren total nass. Da er einen blutigen Handabdruck an der Tür hinterlassen hatte, sollte er wohl auch ein altes Bandana finden und es notdürftig als Verband verwenden. Nach 5 Minuten war er fertig. Er band sich auch ein Bandana um, denn Renji fühlte sich heute nicht danach, dass jeder auf seine Tinte starrte. Und egal wie oft die Leute seine Augenbrauen-Tattoos sahen, sie schienen immer noch mit offenem Mund zu gaffen. Dann wollte er immer sagen: „Meine Augen sind hier unten.“ Er dachte, dass er vielleicht auch ein bisschen wusste, wie sich Matsumoto immer fühlte. Eh, vermutlich nicht. Außerdem hatte Renji das Gefühl, dass die meisten Leute auf seine Gesichtstattoos mit einer Mischung aus Horror und ‚Was ist das überhaupt?‘ schauten. Renji machte sich auf den Weg zurück zum Büro. Er hielt im Pausenraum kurz an, um sich eine frische Kanne Tee zu kochen. Das meiste der Süßigkeiten von Urahara waren vom Tisch verschwunden, nur das Schild mit ‚Essen auf eigene Gefahr‘ und ein paar sehr unappetitlich aussehenden, grünlichen Jawbreakern waren übrig geblieben. Zumindest hoffte Renji, dass es Jawbreaker waren. Sie waren zu groß für Soul Candy, nicht wahr? Das führte dazu, dass sich Renji fragte, was passierte, wenn er im Jenseits Soul Candy nahm. Würde man sterben, weil die Seele hinausgezogen wird? Oder was auf der anderen Seite raus kam, wäre… was, so eine Art untote Form vom tatsächlichen Körper? Nope, nope… zu heftig zum Nachdenken, bevor er nicht noch viel mehr Tee getrunken hatte. Als der Tee fertig war, schenkte er sich eine große Tasse aus ihrer Sammlung im Schrank ein. Die meisten davon kamen aus dem Diesseits und Renji favorisierte die mit der Werbung für den Tokyo Tower. Bräunliche Streifen zierten mittlerweile das Innere des weißen Porzellans, doch Renji hatte das Gefühl, als würden die Ränder einen gewissen Geschmack hinzufügen. Die warme Tasse fühlte sich gut gegen die kleinen Schnitte auf seiner Handfläche unter dem Verband an. Die Leute kamen langsam wegen dem Schichtwechsel hinein. Renji nahm den Platz neben der Wand und nahe am Feuer ein und nippte an seinem Tee. Er sollte ins Büro gehen, doch er wusste, dass wenn nichts Schlimmes über Nacht passiert war, nicht viel Arbeit auf ihn wartete. Vielleicht sollte er endlich mal herumgehen und eine vollständige Inventur vom Lager machen. Nach den Einträgen, die Renji gefunden hatte, hatte dieser Schlendrian von Ginjirō Shirogane das für zwei Jahre ausgesetzt. Nun ja, wer konnte ihm das vorwerfen? Er musste total beschäftigt damit gewesen sein, super coole High-Tech-Sonnenbrillen zu entwerfen und sich um seine einzige Tochter kümmern. Außerdem hatte Renji die Gerüchte gehört. Alle sagten, dass es im Lager spuken würde. Andererseits, was zum Teufel war das in der Soul Society? Ein Geist unter Geistern? Renjis persönliche Theorie war, dass es tatsächlich mit Ratten verseucht war – oder allerhöchstens ein winziger Hollow – vielleicht so ein seltsam goldiges, kleines Bürschchen, wie diese Echsen und den Scheiß, den er in Hueco Mundo gesehen hatte. Als Renji gehört hatte, dass Yammy einen Welpen hatte, wollte er ihn irgendwie adoptieren und mitnehmen. Doch bevor er auch nur über diesen Gedanken mit Byakuya reden konnte, war der Welpe verschwunden. Er hoffte, dass er weggelaufen war und nicht Mayuri in die Klauen gefallen ist. Oh, ja, wenn man schon davon sprach, da fragte sich Renji direkt, ob sie heute von Tante Masama hören würden. Mit einem breiten Grinsen auf seinen Lippen machte er sich zur Arbeit auf. Das gesamte Küchenpersonal fiel auf die Knie, als Byakuya eintrat. Er fühlte sich ein wenig schuldig, als er bemerkte, dass das Frühstück für das Personal auf dem Tisch stand. „Ich suche nach dem Fuhrmann, der heute morgen mit Renji gesprochen hat.“ „Oh scheiße“, keuchte jemand. Byakuya ging hinüber, um sich vor die Person zu stellen, die gesprochen hatte. Entweder war es selbst der Mann oder jemand, der ihn kannte. Er hatte den typischen Körperbau eines Fuhrmanns: fest und schlank und robust. Seine Haare waren ein Gewirr aus grau-weiß-melierten Locken und einem dunklen Kinnbart. „Bist du derjenige?“ „Ich habe nicht respektlos sein wollen, mein Herr.“ „Durchaus“, sagte Byakuya trocken. „Ich wünsche, diese Diskussion im Privaten weiterzuführen. Komm.“ Damit ging Byakuya zur Tür für die Bediensteten hinaus und wartete direkt auf der kleinen Veranda. Einige Sekunden vergingen und Byakuya fragte sich bereits, ob der Fuhrmann in die andere Richtung geflohen war. Doch dann glitt die Tür auf und der Mann kroch auf seinen Knien hinaus. Er warf sich in flehende Verbeugung. „Haben sie Gnade, mein Herr!“, bettelte er. „Dafür bin ich nicht bekannt“, gab Byakuya zu. Der Wind war eisig und sein Atem bildete Wolken. Der Saum seines Haoris flatterte. Der Himmel war hell und blau, so klar, dass es schon fast ein Schock für die Augen war. Die Sonne brannte auf die weiße Schneedecke hinunter. „Du wirst mir sagen, was du zu meinem Hausverwalter gesagt hast.“ „Das würde ich lieber nicht“, sagte er. „Ich bereue es! Ich bereue alles, mein Herr. Bitte denken sie an meine Familie. Meine Ehefrau! Meine zwei Jungen!“ „Du bist es, der nachdenken sollte, bevor er spricht“,erinnerte ihn Byakuya. „Ich wusste nicht, dass der Vizekommandant ihr Partner ist, mein Herr. Ich schwöre es.“ „Dann bist du vermutlich die allerletzte Seele in der Seireitei, der das entgangen ist“, sagte Byakuya. „Ich bin mir ebenfalls sicher, dass du nicht erwartet hast, dass der Hausverwalter dich so eilig betrügen würde. Vielleicht bist du für meinen Haushalt bereits ein Ärgernis? Würde deine Verbannung vielleicht ein Gefallen sein?“ „Aber... aber... Ich gehöre nicht zu ihrem Haushalt, mein Herr. Ich gehöre zu-“ „Mit meinen Augen ist alles in Ordnung, Fuhrmann. Du trägst die Livree meines Cousins. Doch du scheinst heute sehr vergesslich zu sein“, sagte Byakuya. „Dein Herr ist Gast in meinem Haus, ich bin sein Familienoberhaupt. Dein Schicksal liegt direkt in meinen Händen.“ Der Fuhrmann sog die Luft ein und kniete zitternd im Schnee. „Es tut mir leid. Bitte lassen sie es mich nicht noch einmal sagen.“ „Weil du ernsthaft beschämt darüber bist oder weil du weißt, wie sehr es mich erzürnen wird?“ „... Ja?“ Byakuya schaute finster. Es war nicht im Geringsten zufriedenstellend, diesen Mann zu unterwerfen, zumal Byakuya keine Ahnung hatte, wie tief seine Schuld war. Hatte der Fuhrmann lediglich etwas harmloses über Männer beisammen gemurmelt oder hatte er sich gewagt anzudeuten, dass Renjis Interesse in Männern im Allgemeinen es irgendwie akzeptabel gemacht hat, dass ein gewisser Jemand sich ihm aufgezwungen hatte? In Anbetracht, dass Eishirō es nicht wiederholen wollte, war es wohl eher etwas in Richtung des Letzteren. Was Byakuya wirklich wollte, war, dem Fuhrmann ins Gesicht zu schlagen. Doch das war unmöglich, so wie er auf dem Boden lag, zitternd und stöhnend vor Furcht. Ihn zu treten schien... unehrenhaft. Stille würde ihn genug quälen, entschied Byakuya und ging weg. Kapitel 7: Meeting at the Gates ------------------------------- Weit vor der Mittagszeit hatte Renji nicht nur die alltäglichen Arbeiten erledigt, sondern war auch noch so gelangweilt gewesen, dass er seinen Schreibtisch aufgeräumt und den Pausenraum gesäubert hatte. Er hatte sogar das Waschbecken geschrubbt und die Böden geputzt. Als er sich selbst wiederfand, wie er die Brettspiele alphabetisch sortierte, hielt er sich selbst auf. "Scheiß drauf, ich geh frühzeitig in Mittag. Ich nehme mir eine zusätzliche Stunde frei", informierte er den 5. Offizier. "Ich hole die Stunde nach, aber ich habe einige persönliche Dinge zu erledigen." Der 5. Offizier, der beschäftigt aussah, obwohl Renji wusste, dass er einen Brief an ein jüngeres Geschwisterteil in der Akademie schrieb, nickte und winkte ihn weg. Sein erster Halt war die 9. Division. Renji musste Hisagi über die Planänderung informieren. Er machte sich auf den Weg und passierte die Tore der Sechsten. Die Sonne versteckte sich hinter schweren, grauen Wolken. Eine schneidende, feuchte Kälte hing in der Luft und ließ Renji wünschen, dass er immer noch den schweren Reiseumhang besitzen würde, den Byakuya ihm für die Reise nach Hueco Mundo geliehen hatte. Ah, scheiße. Was ist überhaupt mit diesem Ding passiert? Renji hoffte, dass er nicht zu teuer gewesen war. Er erinnerte sich nicht daran, ihn verloren zu haben, doch er war sich ziemlich sicher, dass er niemals mit ihm in die Seireitei zurückgekehrt war. Er schüttelte über sich selbst den Kopf und machte sich mit Shunpō auf zur Neunten. Als er aus dem Shunpō heraustrat, kamen gerade der breitbrüstige, bloßarmige, weißhaarige Kommandant mit der wibbeligen, geschwätzigen, grünhaarigen Vizekommandantin aus der Division heraus. Renji verbeugte sich, weil: nun ja, ein Kommandant, richtig? Etwas daran ließ die grünhaarige Vizekommandantin lachen. Sie drehte sich von der Seite ihres Kommandanten ab, um unhöflich auf Renji zu zeigen: „Schau“, sagte sie, als führte sie ein vorheriges Gespräch weiter, „Nicht jeder hasst uns.“ Kommandant Muguruma schnaubte und warf Renji einen sehr höhnischen, musternden Blick zu. Obwohl der Kommandant einige Zentimeter kleiner als Renji war, hatte er diese Art von massiver Präsenz, die ihn viel größer erschienen ließ, als er tatsächlich war. „Er ist einer von Ichigos Freunden. Natürlich ist er nicht wie die Anderen!“ Das dünne, grünhaarige Mädchen – da war etwas an ihrem Benehmen, dass es für Renji schwierig machte, von ihr als 'Frau' zu denken, auch wenn er das Reiatsu fast um sie knistern hörte – stemmte ihre Hände in die Hüften und schob ihre Unterlippe hervor. „Berry-tans Freund? Ich dachte Ichi-dope hat nur Freundinnen.“ Muguruma grunzte, starrte die Straße hinunter, als würde das Gespräch ihn von irgendetwas abhalten. „Soweit ich mich erinnere, ist der Uraharas Abstellkammer-Junge.“ „Ich habe dort gewohnt, nicht... was auch immer“, Renji protestierte, da für ihn 'Abstellkammer-Junge' so ziemlich nach 'Stricher' klang. „Ich habe mit harter Arbeit dafür bezahlt, Kommandant.“ „Oh! Es spricht“, sagte das grünhaarige Mädchen. „Sei nett“, schnaubte Muguruma. „Er hat mich 'Kommandant' genannt. Ehrlich gesagt sorgt das dafür, dass er mir sofort besser gefällt.“ Der Kommandant schaute zu den Wänden seiner eigenen Division herauf und rief: „Im Gegensatz zu einigen Schwachköpfen hier!“ Dann knurrte er zu seiner Vizekommandantin: „Hör auf zu trödeln, Mashiro. Du weißt, dass ich es hasse, zu spät zu kommen!“ In einer, sich fortbewegenden Welle aus Rufen, gingen Muguruma und seine Vizekommandantin die Straße hinunter. Ihr gebündeltes Reiatsu und die Lautstärke schob die Leute wie eine Dampfwalze aus ihrem Weg. Mit einem Blick zur Torwache fragte Renji: „Ist es hier immer so?“ „Nein“, seufzte der Mann. „Normalerweise ist es lauter.“ „Und streitlustiger“, bemerkte die andere Wache. „Suchst du nach Vizekommandant Hisagi, Renji?“ „Ja, falls er in der Nähe ist“, nickte Renji. Er blickte hinauf in das finster werdende Gesicht der Torwache und versuchte sich zu erinnern, woher er die andere Torwache kannte. Er hatte die Person nicht sofort erkannt, doch eine überraschende Anzahl an Leuten nutzten seinen Vornamen so vertraut. Renji machte seine Zeit in der Elften dafür verantwortlich. Einmal im Jahr, während der Zeit, die manche 'Erprobungs-Saison' nannten, war die Elfte für alle in der Seireitei offen, um immer mindestens zweihundert Zeugen zu haben, falls Kenpachi herausgefordert wurde. Da die meisten Versuche, Kenpachi zu besiegen, schnell und uninteressant verliefen, wurden auch die offiziellen Rangkämpfe in der Zeit durchgeführt. Ein Haufen Leute behandelten das wie ein Sportfest und so hatte Renji Leute gesehen, die Banner oder Gegenstände mit seinem oder Zabimarus Namen drauf hielten . Sobald dein Name auf einem T-Shirt war, warst du der beste Freund von allen. Die Wache winkte ihn herein. „Er sollte im Büro sein. Falls nicht, ist er im Druckerraum.“ Ah, scheiße. Renji hatte diesen verdammten Artikel nie beendet, den er noch der Seireitei-Nachrichten schuldete. Nun ja, da war ein Krieg gewesen. Vielleicht räumte ihm das einen Aufschub der Deadline ein. Renji nickte den Wachen zu. „Danke.“ Selbst wenn er die Erlaubnis hatte, fühlte sich Renji ein wenig seltsam, alleine in einer fremden Division herumzulaufen. Er war nicht oft innerhalb dieser Mauern gewesen, als Tōsen der Kommandant gewesen war, doch mit der Persönlichkeit des zurückkehrenden Kommandanten schien sich die Division schnell erholt zu haben. Als er am Dojo vorbeiging, sah er wie die Leute mit Boxausrüstung trainierten. Tatsächlich blieb Renji sogar eine Weile stehen und beobachtete sie, denn verdammt, das sah nach einer Fähigkeit aus, die ihm nützlich sein konnte. Renji war immer eine Art von Schläger gewesen und diese Art von Dingen würde seine Stärke unterstreichen. Das Büro des Vizekommandanten der 9. Division war eher typisch für die Hofgarden, als Renjis. Es war ein kleiner, überfüllter Raum in der Mitte der Barracken. Das Büro war im Erdgeschoss, war auch ein wenig ungewöhnlich war, doch Renji wusste, dass das wegen den angrenzenden Räumen war, in denen der Drucker stand – eine massive, schwere Maschine. Als Renji den Kopf durch die offene Tür steckte, erwartete er, dass ein zweiter Schreibtisch in irgendeine Ecke geschoben wurde, um die neue Co-Vizekommandantin unterzubringen. Doch der Raum hätte sich nicht verändert, seit er das letzte Mal dort gewesen war. Da war nur Hisagis Schreibtisch und wie immer stapelten sich darauf die Papiere und eine seltsame Sammlung von Druckplatten. An den Wänden waren die Aktenschränke nebeneinander aufgereiht. Ein paar Seiten der Zeitung hingen an einem Gestellt zur Trocknung. Der Raum roch stark nach Druckertinte. Das rumpelnde, donnernde Klappern sagte Renji, dass er durch den Druckerraum musste, wenn er mit Hisagi reden wollte. Mit einem leisen 'Entschuldigung' betrat er das Büro von Hisagi ohne Erlaubnis und ging durch die Tür, die halb versteckt in einer Wand war. Er stand einen Moment vor ihr und fragte sich, wie er es so oft tat, ob die 9. Division um den Drucker herum gebaut worden war oder ob sie sie Stück für Stück hineingeschleppt hatten. Diese fast schon unsichtbare Tür deutete schon fast eine potentielle geheimhalterische und verschwörerische Geschichte an, doch Renji hatte noch nie ein Gerücht darüber gehört. Außerdem, nichts gegen Hisagis harter Arbeit und allem, aber es war ja nicht so, als berichteten die Seireitei-Nachrichten über irgendetwas, das wirklich als Neuigkeit durchgehen würde. „Ich komme rein“, rief Renji und hoffte, dass er laut genug war, um den Drucker zu übertönen. Hisagi drehte sich um, als sich die Tür öffnete und Renji winkte. Der Drucker war schwer zu beschreiben, aber es kam Renji immer wie eine riesige, mechanische, wütende Schlange vor... die leere Papierbögen fraß und bedruckte wieder ausscheißte. Der Raum war heiß von, was auch auch immer für ein, Prozess zum Trocknen der Papiere, bevor sie hinauskamen und Hisagis stachelige Frisur hing ein wenig hinunter und war feucht vom Schweiß. „Hey“, sagte Renji, als er nah genug dran war, um gehört zu werden. „Kann ich für eine Sekunde mit dir reden?“ Hisagi nickte. Er stellte etwas an dem Drucker ein und winkte Renji dann durch die seitliche Tür in sein Büro. Er schloss die Tür ein wenig, um die Geräusche auszusperren, doch er ließ die Tür weit genug auf, um noch ein Auge auf dieses Biest halten zu können. „Was ist los?“, fragte er. Renji deutete mit dem Daumen zum Drucker. „Byakuya hat seine Ausgabe schon vor Tagen bekommen, was ist das – eine zweite Auflage?“ „Wir sind ausverkauft. Kyōrakus Roman war diese Woche gut, also...“, Hisagi zuckte mit den Achseln. „Das ist nicht der Grund, warum du den ganzen Weg hierher gekommen bist, oder? Denn ich kann dir keine kostenlosen Kopien geben, nur weil wir Freunde sind.“ „Nah, ich bin eh auf dem neuesten Stand“, sagte Renji mit einem Grinsen. „Es geht um diese Club-Sache. Ich habe entschieden, dass es ein besseres Geschenk wäre, wenn... ähm, nun ja, ich mich einwickeln lasse und so, weißt du. Daher denke ich, ich werde eher ein stiller Partner bei dem Ganzen.“ „Weil du bereits so viel gemacht hast“, bemerkte Hisagi sarkastisch. „Genau“, gab Renji mit einem verlegenen Ziehen an seinem Ohr zu. „Das tut mir wirklich leid.“ Hisagi schaute zur Maschine und sagte: „Mach dir keine Sorgen deswegen. So nehmen sich Akon und ich die Zeit, um alles wirklich in Gang zu setzen. Es wird cool werden. Du wirst dir wünschen, ein Teil davon gewesen zu sein.“ Renji nickte. „Ohne Zweifel. Ich kann nicht erwarten, es mir anzusehen.“ Hisagi blickte zu Renji zurück, musterte ihn für einen langen Augenblick von oben bis unten. „Hast du gesagt 'doch einwickeln lassen'?“ „Uh“, Renjis Gesicht wurde heiß. „Hab ich?“ „Ich denke, das hast du.“ Hisagi blickte Renji mit einer schelmisch hochgezogenen Augenbraue an. „Also stehst du... auf so etwas?“ „Er steht drauf, also steh ich drauf“, erklärte Renji. Zu Hisagis skeptischen Blick fügte Renji schnell hinzu: „Was ich meine, ich wäre darauf nicht selbst gekommen, aber ich mag es. Wir haben Spaß.“ „Cool“, stimmte Hisagi zu. Renji bemerkte das Halsband, das Hisagi immer trug und plötzlich fragte er sich, ob er vielleicht eine Gelegenheit verpasst hatte, über dieses Bondage-Zeug bereits früher in der Akademie etwas gelernt zu haben. „Du kennst nicht zufällig einen guten Kinbakushi, oder?“ Hisagi blickte Renji lange an und sagte dann: „Tatsächlich tue ich das sogar.“ Und so kam es, dass Renji im ersten Distrikt herumwanderte und hoffte, über das Haus von Kukaku Shiba zu stolpern. Er ließ die Hütten des westlichen Distrikts hinter sich und folgte den ausgetretenen Pfad, der nicht mehr als eine kleine Schneise durch ein leeres Feld voller hoher, steifer Gräser war. Ohne Gebäude, der ihn abschwächen konnte, peitschte der Winterwind wie eisige Dornen durch die dünnen Lagen des Shihakushō. Renji umfasste seine Schultern und versteckte seine Hände in den Ärmeln. Wenn er diesen blöden Ort nicht bald fand, würde er umdrehen müssen. Wenn er die paar Menschen fragte, die auf der Straße waren und sich wagten, mit einem Shinigami zu reden, sagten sie ihm alle: „Du kannst es nicht verfehlen.“ Als er jetzt allerdings über die kargen Grasflächen blickte, die sich im Wind beugten, fragte er sich langsam aber sicher, ob er verarscht worden war. Das Donnern von Hufen kam von hinten, Renji drehte sich und zog gleichzeitig Zabimaru. Eine Schar... Schweine...?... kam mit Geschrei vor ihm zum Halten. Schweine. Ja, das waren sie wirklich: riesige Schweine mit Reitern auf ihnen. Was zum Teufel? Ihr Anführer, ein Typ, der ihm vage bekannt vorkam, sprang von seinem Schwein. Er hatte ein breites Gesicht und einen breiten Körper, dunkle Haare, die weitestgehend mit einem Bandana umwickelt waren. Er trug eine Art Sarouelhose, ein Shirt mit ähnlich weiten Armen und eine Fellweste. Mit einem willkommen heißenden Grinsen und geöffneten Armen dröhnte seine Stimme: „Vizekommandant Abarai, so treffen wir uns wieder!“ Hatten sie sich schon einmal getroffen? Ah, scheiße. Er nahm sich Zeit, Zabimaru wegzustecken und nutzte die Zeit, sein Gesicht zu mustern. Sah er ein wenig wie Ichigos Vater, der frühere Kommandant Shiba aus? Wenn das der Fall war, dann musste dies der Cousin sein... Der, der sich mit Ichigo und seiner Truppe durch die Seireitei geschlagen hatte. Der, den Yumichika hasste... mit den seltsamen Zaubern... Gandalf? „Ganju!“, sagte er, als es ihm in den Sinn kam. „Shiba. Kumpel, ich habe gerade nach deiner Schwester gesucht.“ Ganju schlang Renji in eine unbehagliche Umarmung, als wären sie tatsächlich Freunde. Renji klopfte ihm auf den Rücken, denn es schien unhöflich, das nicht zu tun. Als Ganju zurücktrat, verschränkte er seine Arme vor seiner breiten Brust und sagte: „Niemand trifft Nee-sama ohne Zustimmung. Besonders kein Shinigami mit Hofgarden-Angelegenheiten.“ „Richtig, nun ja, es ist keine Hofgarden-Angelegenheit“, sagte Renji. Er schlang einen Arm um Ganjus Schulter und drehte sie von den neugierigen Augen von Ganjus restlicher... Truppe weg. Sie waren ein elendiger Haufen, alle vier, doch Renji brauchte es nicht unbedingt, dass sich sein Anliegen im gesamten Rukongai herumsprach. Deswegen sprach er verschwörerisch: „Es ist privat. Ich habe gehört, sie ist die beste Kinbaku-Künstlerin in der ganzen Soul Society und ich möchte sie anheuern.“ „Oh!“ Ganju musterte Renji sehr neugierig von oben bis unten und seine Wangen färbten sich rot. „Ich... nicht... ich meine, dass ist Nee-samas Sache.“ „Richtig“, sagte Renji und versuchte die Verzweiflung aus seiner Stimme zu halten. „Daher versuche ich sie ja auch zu finden.“ „Niemals wird sie dir ihr Haus zeigen, egal warum du herkommst“, sagte Ganju und schüttelte seinen Arm ab. „Schau, ich kann zahlen“, log Renji. „Essen. Ken. Sag mir nur, was sie möchte.“ Ganju dachte darüber nach, ganz offensichtlich genoss er es, die besseren Karten bei der Verhandlung zu haben. Renji wartete seine lange, selbstgefällige Show ab. Der Wind blies zwischen ihnen, zog an Saum und Pferdeschwanz. Scheiße, als würde Renji diesen unbedeutenden Rowdy und seine lächerliche Schweine reitende Truppe anbetteln. Als ihm endlich klar wurde, dass er nicht mehr aus Renji herausbekommen würde, sagte Ganju: „Komm heute Nacht zum 'Bitter End'. Wenn sie einverstanden ist, wird sie um 8 Uhr da sein. Wenn sie nicht da ist, hast du Pech gehabt.“ Renji traute diesem Ganju nicht ganz, dass es ihm zustand, im Namen seiner Schwester zu verhandeln. Doch er glaubte, dass Ganju die Wahrheit damit sagte, dass Kukaku niemals ihr Haus einem uniformierten Shinigami zeigte. Also vermutete er, dass er keine andere Wahl hatte. „Abgemacht.“ Als Renji das Tor zur Seireitei passierte, passierte es zufälligerweise, dass er ein weiteres, bekanntes Gesicht sah. Es war der Fuhrmann, erkennbar an seiner, von irgendeinem Kampf geplätteten Nase und der Narbe an seinem Kinn... und einer ganzen Horde von Kuchiki-Bodyguards, die etwas trugen, dass wie Reisekoffer aussahen. Nur hatte der Fuhrmann weder Pferd noch Wagen. „Hey“, rief Renji zu einem Personenschützer, den erkannte. Rafu? „Was ist hier los?“ Der Fuhrmann hörte seine Stimme und drehte sich um, seine Augen waren rot und hart. Er löste sich von seinen Wachen und holte zu seinem Schlag aus, dem Renji geschickt auswich. „Deine Schuld. Warum zu Teufel hast du das deinem Freund gepetzt? Kannst du nicht deine eigenen Schlachten schlagen?“ „Was zum Teufel redest du da?“, wollte Renji wissen und fing den zweiten Schlag des Fuhrmanns mit der Hand ab. „Er wurde verbannt“, sagte einer der Personenschützer und kam heran, um einen Arm des Fuhrmanns zu packen. Es brauchte zwei, um ihn zurückzuhalten. „Für was?“, wollte Renji wissen. „Offensichtlich, weil ich vor dir das Maul aufgerissen habe“, schluchzte nun der Fuhrmann. „Mein Leben ist ruiniert.“ „Warte, nein“, sagte Renji. „Hebt den Befehl auf.“ Die Bodyguards, die den Fuhrmann hielten, schauten sich gegenseitig an. Den, den Renji kannte, Rafu, sagte: „Ich denke nicht, dass wir das können, Vizekommandant. Wir stehen nicht unter deinem Befehl. Wir gehören zum Anwesen.“ Renji ging einen Schritt nach vorne und ließ seine Hand auf Zabimaru fallen. „Dann bin ich ein Dieb und hole mir diesen Kerl mit Gewalt von euch.“ „Uh“, Rafu hob seine Hände und blickte den anderen Typen an, der dasselbe tat. „Oder wir könnten einfach sagen, dass du es getan hast?“ Renji nickte. „Das ist richtig. Oder wir könnten einfach sagen, dass ich es getan habe.“ Kapitel 8: A Ruthless, Cold Heart --------------------------------- Die Kuchiki-Bodyguards zogen sich zurück, ließen Renji mit dem Fuhrmann und dessen Bündel und Kisten alleine zurück. Die Leute, die das westliche Tor passierten, blickten sie misstrauisch an, da sie sich nicht sicher waren, was sie aus dieser Situation machen sollten. Der Riese, Jidanbō, beobachtete sie über seine massive Schulter hinweg. Der Fuhrmann setzte sich auf eine seiner Kisten, sein Kopf gebeugt. Renji räumte die verteilten Habseligkeiten, die die Wachen einfach fallen gelassen hatten, zusammen. Die drei Wachen waren nicht weit gegangen – Renji konnte den Haufen an einem Fenster eines nahegelegenen Izakaya sehen, wie sie die Szene beobachteten und dabei Bier von dem Geld tranken, das Renji ihnen gegeben hatte, um 'eine Pause' zu machen. „Ich werde eine Rikscha für dein Zeug besorgen“, sagte Renji. Womit war sich Renji allerdings nicht sicher. Er hatte den Wachen sein letztes Kleingeld gegeben. Er musste hoffen, dass sein Rang ihm einen Kredit einbrachte. Der Fuhrmann griff nach Renjis Ärmel, bevor er sich umdrehen konnte. Er hielt inne, wartete, doch der Fuhrmann schien Probleme zu haben, Worte zu finden. „Es tut mir leid“, sagte er letztendlich. „Das ist meine Schuld. Dieser verdammte Hausverwalter hat herausgefunden, dass wir uns gestritten haben. Ich dachte, du hättest bei ihm gepetzt, also habe ich dem Hausverwalter gesagt, was ich von jemandem wie dir halte. Ich sagte, all ihr hasenfüßigen Okama solltet euch selbst ficken und nur ein schwächlicher, weibischer Kerl würde sich selbst...“ Er schaute zu Renji auf, nur kurz, bevor er seinen Kopf wieder fallen ließ, um bedrückt auf den Schmutz der Straße zu schauen. „... am empfangenden Ende von ungewollter Aufmerksam wiederfinden.“ Renji grunzte. Offensichtlich hatte der Fuhrmann seine Wortwahl ein wenig abgeschwächt. Er schien Eishirō gesagt zu haben, dass er es verdient hatte, missbraucht zu werden, denn er war eine Schwuchtel, ein Okama. Von all dem, was Renji in seinem Leben schon genannt worden war, schmerzte 'Okama' noch nicht einmal. Und schwächlich und weibisch? Passte nicht im Geringsten zu Renji, also prallte es von Renjis Haut ab, als würde der Fuhrmann über jemanden anderes sprechen. „Nun ja“, sagte Renji, denn es schien, als wartete der Fuhrmann auf irgendetwas. „Das war dumm. Ich vermute, du wusstest nicht, dass ich mit dem großen Boss zusammen bin.“ Mit einem überraschten, erleichterten Glucksen ließ der Fuhrmann Renjis Ärmel los. „Gott, nein. Doch ich hätte es mir denken können, wenn man ihn ansieht.“ Wenn man ihn ansieht? Himmel, Arsch und Zwirn. Renji schlug den Fuhrmann auf den Kopf, nur leicht, wie er es bei einem seiner Soldaten machen würde. „Hey, kein Wunder, dass er dich rauswirft, wenn du so beschissene Behauptungen aufstellst. Lass mich nicht bereuen, dass ich dir helfe.“ Der Fuhrmann blickte zu den Hügeln des Rukongais, die durch das Tor sichtbar waren und schluckte nervös. „Tut mir leid“, murmelte er. Er glitt von seiner Kiste und fiel auf seine Knie, den Kopf bis zum Schmutz der Straße gebeugt. „Bitte vergeben sie mir, mein Herr!“ Renji konnte nicht auf den flehenden Fuhrmann schauen. Es war zu peinlich und Renji war nie von der Sorte gewesen, die es genossen, jemanden im Staub kriechen zu sehen. „Steh auf“, sagte Renji. „Ich könnte meine ganze Verwandtschaft umbringen und trotzdem könnte ich dich niemals da hinauswerfen. Töten, sicher. Aber den Rukongai? Nein. Niemand verdient dieses verrottete Höllenloch.“ Als er sich vom Boden erhob, hörte Renji den Fuhrmann wispern: „Gott sei Dank.“ „Komm schon“, sagte Renji. „Byakuya wird mich umbringen, aber ich muss dich gegenüber von der Division unterbringen. Ich würde dich weiter weg einquartieren, aber ich kann mir nichts anderes leisten. Ich bin so verdammt pleite, dass sogar meine Schulden Schulden haben.“ Mit einem Seufzen dachte er das Ganze weiter laut durch: „Sobald ich jemanden angeheuert habe, der deine Sachen schleppt, kann ich uns mit Shunpō hinbringen. Es sei denn, du möchtest mit deinen Sachen reisen?“ „Ich kann für die Rikscha bezahlen“, sagte der Fuhrmann. „Sag mir nur den Namen des Gasthauses und ich finde meinen Weg dorthin. Ich habe nicht genug, um für viele Nächte zu zahlen, aber ich kann dir die Bürde abnehmen, bis ich mit meinem Herrn alles arrangiert habe.“ „Warte, du gehörst nicht zum Haus?“, fragte Renji. „Nein, mein Herr ist Gast. Ich war für die Pferde und die Wagen zuständig.“ Renji nickte. „Weiß er, dass Byakuya dich verbannt hat? Würde er dir jetzt helfen?“ Der Fuhrmann klopfte sich den Staub von den Knien. „Ich kann es nur hoffen. Wenn Kuchiki-sama seinen Fuß aufsetzt, kann ich mich genauso gut mit meiner Familie zurück an diesem Tor einfinden.“ Familie? Wurden sie alle verbannt? Natürlich wird die ganze Sippe bestraft. So funktionierte das Gesetz. Aber, scheiße. „Sag mir nicht, dass du Kinder hast.“ „Ich habe drei. Zwei Mädchen und ein Junge.“ Renji hoffte sehr, dass sie noch nicht aus ihrem Heim vertrieben wurden. Er schüttelte seinen Kopf. Byakuya war immer so verdammt hart. Da war niemals ein gottverdammter Mittelweg. Renji sah, dass eine leere Rikscha an ihnen vorbeikam und winkte den Fahrer zu sich. „Lass mich einfach wissen, ob es etwas gibt, was ich tun kann.“ Das sonst so harte Gesicht des Fuhrmanns wurde sanfter vor Dankbarkeit. „Wenn du nicht gewesen wärst, Vizekommandant Abarai, wäre ich jetzt da draußen. Hier drinnen kann ich zumindest gewisse Dinge probieren. All diese Möglichkeiten wären verloren, sobald sich die Tore hinter mir geschlossen hätten.“ Renji nickte. Er wusste das nur gut genug. Er half dem Fuhrmann, seine Sachen zu verladen, verabschiedete sich von ihm und wünschte ihm viel Glück. Beim Mittagessen erhielt Byakuya drei Nachrichten, die er lieber nicht bekommen hätte. Zuerst überbrachte ein Kurier eine Nachricht von seiner Tante Masama. Die Nachricht war ein einziges, sprödes Pergament auf dem nur ein sehr Kryptisches und schwer Lesbares „Du bist zu weit gegangen“ stand. Er gab es dem Kurier mit einem Stirnrunzeln und einer Frage zurück: „Sie hat für deine Dienste bezahlt und weiter nichts gesagt?“ „Die Dame glaubte, dass sie es verstehen würden.“ Der Kurier steckte die Nachricht wieder in die Innentasche seiner Kosode und verbeugte sich, bis sein Kopf auf dem Boden war. Obwohl der Hof mit Schnee bedeckt war, zeichneten sich helle Lichtstreifen auf dem Tatami-Boden von Byakuyas Büro auf dem Anwesen ab. „Das tue ich nicht“, seufzte Byakuya. „Noch weiß ich nicht, wie ich ihr antworten soll.“ Gerade als er den Kurier entlassen hatte, fand ein Schmetterling seinen Weg zu ihm. Als er verkündete, dass er von Central 46 kam, nahm Byakuya Haltung an. Der Schmetterling warf seine Nachricht aus: „Das ist eine höfliche Ankündigung an den Kommandanten der 6. Division und das Familienoberhaupt der Kuchiki, Byakuya Kuchiki, von dem Sekretariat von Central 46: Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von einer Millionen Ken gegen den beschuldigten Lord Isoroku Takenaka, für den Übergriff gegen einen Soldaten erhoben. Für den Übergriff gegenüber der Adelswürde muss Vizekommandant Renji Abarai eine Strafe von 20 Millionen Ken zahlen.“ Vor Zorn ballten sich Byakuyas Fäuste an seinen Seiten. Eine Millionen Ken. So wenig hielten sie von Renji. Es übermittelte noch nicht einmal einen Staubpartikel Respekt gegenüber seines Rangs! Es war, frei heraus gesprochen, unverschämt, dass Isoroku mit einem solch leichten Klaps auf die Hand davon kam. Doch Byakuya vermutete, dass er es hätte erwarten sollen, genauso wie diese Vergeltungsmaßnahme. Offensichtlich hatte Central entschieden, ihr Urteil basierend auf den sozialen Rang zu fällen, nicht auf dem militärischen. Keine große Überraschung, wenn man bedachte, dass Central von Adligen besetzt wurde. Dennoch ärgerte er sich darüber. Hätten sie nicht Rukia auf diese Weise beurteilen können, von ihrem sozialen Stand aus? Natürlich hätten sie es nicht gekonnt. Das war damals Aizen. Das waren nur dumme alte Männer und Frauen. Bevor der Schmetterling wegfliegen konnte, hielt Byakuya ihn auf. Er flatterte in trägen Kreisen vor ihm, ärgerten ihn noch mehr. Er musste einige langsame, beruhigende Atemzüge nehmen, bevor er sagen konnte: „Ich, Byakuya Kuchiki, Kommandant der 6. Division, wünsche eine formale Beschwerde einzulegen. Eine Millionen Ken ist ein lächerlich geringer Betrag, um sie gegen die Ehre eines Mannes aufzuwiegen, doch es ist eine Beleidigung für jemanden wie Vizekommandant Abarai, der den Hofgarden bisher so kompetent gedient hat. Anzudeuten, dass mein Adjutant und Vizekommandant so wenig wert sei, degradiert meine gesamte Division und mich. Ferner mache ich von meinem Recht als Abarais Kommandant gebrauch, die Verantwortung für seine Strafe zu übernehmen. Alle Formulare bezüglich dieser Angelegenheit ist an das Kuchiki-Anwesen zu liefern.“ Damit entließ er den Schmetterling und schickte ihn auf seinen Weg. Byakuya wollte gerade nach einer Flasche Nachmittags-Sake rufen, als es an seiner Tür klopfte. Er wartete und erwartete, dass Eishirō, wer auch immer es war, ankündigte. Da war nicht viel spiritueller Druck, also war er gezwungen zu fragen: „Wer ist da?“ „Dein Cousine, mein Herr, Kazuko Hashiji“, hörte er eine Frauenstimme. „Und ihre Mägde.“ Byakuya öffnete die Tür mit einem entschuldigenden: „Erwarte ich dich, meine Dame?“ „Nein, ich bin gekommen, um euch um Milde für einen närrischen Mann, einem Angestellten meines Hauses, zu bitten“, sagte sie, als sie über die Türschwelle in sein Büro trat. Die Dame war in einem strahlenden rotem, handbemalten Uchikake, einem formellen, langärmeligen Kimono, gekleidet. Weiße Schwäne flogen hinter goldblättrigem Bambus und weißen Pflaumenblüten hervor. Ihre seidigen, schwarzen Haare hingen lose hinunter, mit nur einer einzigen Spange, um deren Länge schicklich an ihrem Nacken zu halten. Sie hatte zwei Damen bei sich, die sich hinter ihr auf die Sitzkissen an Byakuyas Schreibtisch setzten. Sie waren in gedämpften Blau- und Grüntönen gekleidet. Es war selten, dass Byakuya sein Büro als schäbig oder er selbst sich als unpassend gekleidet empfand. Doch die feinen Gewänder dieser Damen waren weitaus passender zu Hofe als in seinem Büro. Als er sich hinter seinem Schreibtisch gesetzt hatte, fuhr Lady Hashiji fort: „Mein Angestellter, ein einfacher Fuhrmann, muss an seine Familie denken, mein Herr. Ich würde niemals eure Autorität in Frage stellen, aber bitte verschont zumindest sie. Sie haben kleine Kinder.“ „Sie vor was verschonen?“, fragte Byakyua ernst. „Ich habe mit dem Fuhrmann gesprochen, mehr nicht.“ „Aber er wurde verbannt, mein Herr. Seine Sachen wurden gepackt und eure Personenschützer haben ihn hinausbegleitet.“ Byakuya runzelte die Stirn. Er hatte so etwas niemals angeordnet. Tatsächlich hatte er immer noch versucht sich zu entscheiden, was er mit diesem Mann anstellen sollte, der sich so tapfer geweigert hatte, seine geäußerte Beleidigung zu enthüllen. Das Einzige, was Byakuya vermuten konnte war, dass Eishirō es übernommen hatte, den Fuhrmann zu verbannen. Das war vermessen von ihm, allerdings, da es ein normales Schicksal für jemanden war, der innerhalb des Kuchiki-Haushalts die Grenze überschritten hatte, war es nicht vollkommen unangemessen von Eishirō, zu vermuten, dass dies Byakuyas Wunsch war. „Ich schwöre auf meine Ehre, dass ich das nicht angeordnet habe. Doch der Fakt bleibt bestehen: Dein Angestellter hat mich beleidigt“, sagte Byakuya. „Warum sollte er nicht verbannt werden?“ Lady Hashiji beugte ihren Kopf. „Wir alle dienen deinem Ermessen, mein Herr. Ich kann nicht sagen, dass ich überrascht bin zu hören, dass Machidas Mundwerk ihm den Kopf gekostet hat. Jedoch wünsche ich nur, dass seine Frau und seine Kinder verschont werden, wenn du ihnen gnädig sein könntest.“ „Natürlich ist es das“, gab Byakuya zu. „Jeglicher Befehl, sie aus ihrem Heim zu vertreiben, wird widerrufen.“ Sie verbeugte sich noch tiefer, als sie sagte: „Ich danke dir sehr, mein Herr. Du bist gütig und barmherzig.“ Als sie und ihre Damen sich verbeugend hinaus begaben, fühlte sich Byakuya... unbehaglich mit dem Wissen, dass Eishirō in voller Zuversicht gehandelt hatte, dass Byakuya die kompromissloseste und schnellste Bestrafung für solch einen dürftigen Verstoß wünschte. Was noch schwerer in seinen Gedanken wiegte war das ungemütliche Wissen, dass er vor wenigen Jahren noch nicht einmal die Bitte der Dame angehört hätte. Immerhin war es üblich, die ganze Familie für die Straftaten des Oberhauptes büßen zu lassen. Doch in ihm hatte sich etwas verändert. Tatsächlich fühlte er sich nicht wohl mit dem Wissen, dass der Fuhrmann so beiläufig in den Rukongai verbannt wurde – was, wie die Dame andeutete, ein sicherer Tod war. War das Leben eines Mannes so wenig wert? Doch Byakuya war in einer Zwickmühle. Das war tatsächlich auch der Grund, warum er den Fuhrmann vorher ohne ein Wort, ohne eine Entscheidung, zurückgelassen hatte. Nichts zu tun, war kein Weg, einen Haushalt zu führen. Von Geburt an war Byakuya darauf gedrillt worden, dass ein Herr keine Respektlosigkeit oder Ungehorsam von den Dienern dulden konnte. Es durfte sich kein Spielraum geleistet werden, sodass das nächste Mitglied des Personals dachte, dass er mit dem Gleichen oder Schlimmeren davon kommen könnte. Die Regeln galten für jeden. Es wurden keine Ausnahmen gemacht. Keine Ausflüchte angehört. Alles oder nichts. Doch Byakuyas perfekte Unbeugsamkeit hatte sich als Reinfall erwiesen, als sie Rukias Hinrichtung gegenübergestanden hatten. Renji hatte versucht, ihn zu biegen. Stattdessen war Byakuya an Ichigo Kurosakis Klinge zerbrochen. Es hatte die Verkündigung von Aizens Perversion von einem Gesetz benötigt, damit Byakuya seinen Würgegriff realisiert hatte, mit dem er das Gesetz hatte aufrecht halten wollen. Er hatte an diesem schicksalhaften Tag etwas in der Theorie gelernt, aber in der Praxis...? Byakuya wusste nicht, wie er mit den Grauzonen umgehen musste. Sollte er Eishirōs Befehl zur Verbannung des Fuhrmanns widerrufen? Oder war er zu nachgiebig? Gab es einen Mittelweg der Bestrafung, die er stattdessen hätte ausrufen sollen? Hätte Byakuya den Fuhrmann schlagen oder die Zunge herausschneiden lassen sollen... oder was? Nicht in der Lage, die richtige Antwort zu finden, war er weggegangen. Nur um herauszufinden, dass sein Hausverwalter im Namen des Mannes gehandelt hatte, der er einst gewesen war. Ein Mann, der er nicht länger sein wollte. Und doch... war dieser neue Mann jemand, von dem er nicht genau wusste, wie er es sein konnte. Kapitel 9: An Uncertain Path ---------------------------- Bevor er das Anwesen verließ, rief Byakuya nach Eishirō. Der Mann, der Byakuyas erster Betreuer in Kindertagen gewesen war und nun die Gesamtheit des Kuchiki-Anwesen verwaltete, kniete in einem warmen Fleck aus Sonnenlicht auf dem Boden seines Büros. Sei dankbar, dachte Byakuya still, dass ich tatsächlich nicht der Mann bin, von dem du es geglaubt hast, ich sei es. Schon wieder war sich Byakuya unsicher, was die Konsequenz aus diesem Handeln sein sollte. Der Fehltritt war schwerwiegend. Das Leben eines Mannes war ruiniert worden. „Jedoch“, sprach Byakuya laut aus, „kann ich es dir nicht komplett vorwerfen, dass du in Übereinstimmung der Traditionen dieses Haushalts, während meiner bisherigen Amtszeit aufrecht gehandelt hast.“ Eishirō hob überrascht den Kopf. „Mein Herr?“ „Die Verbannung des Fuhrmanns war nicht mein Wunsch, Eishirō. Falls du Wachen entsendet hast, um seine Familie zu entfernen, musst du sie umgehend zurückrufen, bevor noch mehr Schaden angerichtet wird.“ Byakuya konnte schon fast zusehen, wie das Blut aus dem schlichten und doch gutaussehendem Gesicht des Hausverwalters wich. Seine Hand flog hinauf, um seinen Mund zu verdecken und sein Kopf ging flehentlich zu Boden. „Was habe ich getan?“ „Lediglich das, wovon du dachtest, dass es mein Wunsch sei“, sagte Byakuya mit einem schweren Herzen. „Das ist es, was du jeden Tag tun musst: Meine Wünsche erahnen. Es ist ein Zeugnis für deine Dienste, dass es selten ist, dass du derart falsch liegst. Wenn wir es doch nur so abschütteln können, als wäre kein Schaden entstanden. Doch dies ist kein falsch bestellter Kuchen oder ein ungebügelter Kimono.“ Eishirō begann daraufhin zu zittern. Das sollte er auch. Doch Byakuya wusste nicht, was er tun sollte. Er wog seine Möglichkeiten sorgfältig ab. Vor diesem Tag wäre es einfach gewesen: Auge um Auge – Eishirō und seine gesamte Familie verbannen, vermutete Byakuya. Das beinhaltete auch den Teejungen, Eishirōs junger Sohn und seine Ehefrau, das Zimmermädchen. Doch das schien närrisch, da Byakuya dieses Schicksal noch nicht einmal für den Fuhrmann gewollt hatte. Er hasste es, es zuzugeben, doch Byakuya konnte keine körperliche Bestrafung durchführen. Vielleicht bei jedem anderen, doch das war der Mann, der ihm das Gesicht gewaschen hatte, als er kaum mehr als ein Kleinkind gewesen war und der ihn im Arm gehalten hatte, bis er über den Tod seiner Eltern weinen konnte. Byakuya konnte genauso wenig befehlen, diesen Mann zu schlagen, wie er es bei seinem eigenen Vater könnte. „Beurlaubung“, sagte Byakuya letztendlich. „Ohne Bezahlung. Zwei Monate.“ Byakuya wollte den Zeitraum ein wenig länger machen, denn es erschütterte ihn wieder, wie wenig das Leben eines Mannes wert war, doch es waren mehr als nur Eishirō, die unter seiner Abwesenheit leiden würden. Und wenn man schon davon sprach, Byakuya musste Vorbereitungen treffen, damit das Anwesen in seiner Abwesenheit nicht zusammenbrach. „Du wirst zum Sommerhaus gehen, du und deine Familie, und die Strafe dort absitzen. Doch zuerst wirst du dir die Zeit nehmen, damit meine Verwandten nach meinem Geburtstag sicher auf ihre Wege geschickt werden. Ebenfalls ohne Bezahlung. Doch du wirst dein Bestes geben oder die Bestrafung wird schlimmer. Hast du verstanden?“ Eishirō sog überrascht die Luft ein. „Ja, mein Herr. Ich habe verstanden.“ Byakuya hätte ihn jetzt wegschicken können, doch er tat es nicht. Stattdessen stand er auf, um ihm seinen Rücken zuzudrehen. Byakuya konnte nicht in Eishirōs Gesicht blicken, während er die verletzliche Wahrheit aussprach: „Ich wurde in vielen Kämpfen durchbohrt und gebrochen. Ich bin nicht mehr der Mann, der ich einmal war. Denke in Zukunft nicht, dass du mein Herz kennst, wenn ich selbst es noch nicht einmal kenne.“ Da war ein Keuchen und dann ein schlichtes: „Ja, mein Herr. Ich... bedauere es wirklich zutiefst.“ Byakuya bezweifelte das nicht, doch er wollte es nicht hören. „Du kannst gehen.“ Nach der unerfreulichen Angelegenheit rief Byakuya die Kommandantin der Personenschützer in sein Büro. Sie salutierte ihm in einer zackigen und ernsten Verbeugung und setzte sich dann im Seiza vor seinen Schreibtisch. Wie immer sah sie völlig zweckmäßig aus. Kurzgeschnittene, stahlgraue Haare und perfekt aufgebügelte Uniform, die der Uniform der Shinigami nicht unähnlich war, nur im Kuchiki-Blau gehalten war. Aus dem Safe im Boden hatte Byakuya vorher den Betrag entnommen, den Renji bezahlen musste. Er hatte das Geld nun in einen sorgsamen Bündel geformt und händigte es der Kommandantin mit einem kurzen Brief, der erklärte, dass dies die Bezahlung von Renjis Strafe war, aus. „Überbringe dies persönlich dem Sekretariat von Central 46“, sagte Byakuya. „Ich möchte, dass die Angelegenheit so schnell wie möglich erledigt ist.“ Sie verbeugte sich, als sie das Geldbündel annahm. „Ich werde mich unverzüglich auf den Weg machen, mein Herr.“ „Ausgezeichnet“, sagte Byakuya. „Ich vertraue auf Eishirō, dass er bereits deine Soldaten zurückgerufen hat, die die Familie des Fuhrmanns verbannen sollten?“ Sie nickte knapp, doch dann war da ein kleines Zögern. „Ja... wegen dieser Angelegenheit, mein Herr. Ich habe einen Bericht erhalten, dass ihr Vizekommandant am Tor über meine Truppe gestolpert ist und...“, sie schien nach den richtigen Worten zu suchen, bevor sie fortfuhr, „... ihre Befehle den Fuhrmann zu verbannen widerrufen hat. Da waren möglicherweise Drohungen oder Bestechung im Spiel. Meine Berichte sind... abweichend. Einer meiner Soldaten behauptet, dass sie sich wegen einer Attacke zurückgezogen haben. Der andere sagt, dass ihnen Geld gegeben und gesagt wurde, sie sollen eine Pause machen. Der Dritte scheint nicht in der Lage zu sein, eine der beiden Geschichten ohne eine Panikattacke zu bestätigen.“ Ein Schmerz keimte zwischen Byakuyas Augenbrauen auf. Noch mehr Grauzonen, mit denen er umgehen musste und er hatte einfach nicht mehr die Kraft dafür. Er deutete der Kommandantin der Personenschützer mit einer Handbewegung an, dass er ihr die Entscheidung überließ. „Ich überlasse die Bestrafung dir und deinem Ermessen, Kommandantin“, sagte Byakuya. „Doch sei dir bewusst, dass der Befehl, den Fuhrmann zu verbannen, nicht von mir geäußert wurde. Er kam von dem Hausverwalter der, zum Unglück von uns allen, meine Wünsche falsch interpretiert hat. Dass Renji Eishirōs fehlgeleiteten Befehl widerrufen hat, ist tatsächlich eine große Erleichterung für mich.“ Doch das entlastete natürlich Renji nicht, der wieder einmal auf eigene Faust gehandelt hatte und dabei Traditionen und Gesetze verletzt hatte. Würde dieser Mann es niemals lernen? „Ich werde mich selbst um den Vizekommandanten und den Fuhrmann kümmern“, versicherte Byakuya ihr. Renji hatte gerade den Fuhrmann im Gasthaus gegenüber der Division abgesetzt, als der Schmetterling von Central eintraf. „...eine Strafe von 20 Millionen Ken zahlen." Renji Knie gaben nach und er setzte sich unsanft auf den kahlen Boden. "Oh scheiße", war alles, was er sagen konnte. Er konnte sich noch nicht einmal im Zorn über diese Ungerechtigkeit verlieren, denn alles, was er denken konnte war: 'Ich kann das nicht aufbringen. Ich werde im Schuldner-Gefängnis enden, weil ich nicht zahlen kann." Er vergrub für einen langen Moment das Gesicht in seinen Händen. Der Boden knarzte, als der Fuhrmann sein Gewicht auf den anderen Fuß verlagerte, als wäre er unsicher, was er sagen sollte. Renji ließ die Hände von seinem Gesicht fallen und blickte zu ihm auf. "Da hast du's. Bist du jetzt glücklich? Du hattest die ganze Zeit recht. Überraschung, Überraschung, ich bin einen Scheißdreck wert. Und als Sahnehäubchen darf ich jetzt auch noch für das Vergnügen bezahlen, dass mich dieses Stück Scheiße belästigt hat." Ich hätte seinen verfickten Körper vergraben sollen. Der Fuhrmann versuchte nicht, das abzustreiten, doch sein Blick wandte sich von Renjis Gesicht ab, um auf den Boden zu starren. "Können du das Geld aufbringen, Vizekommandant?" Renji warf sich rücklings gegen die Matratze und starrte zur Decke, als er antwortete: "Nope." Offensichtlich hatte dieser Typ niemals zuvor etwas mit Central 46 zu tun gehabt. Es hatte einen Grund gegeben, warum niemand die irrationale, verrückte Scheiße in Frage gestellt hatte, die Aizen abgezogen hatte, indem er so getan hatte, als sei er sie. Hinrichtung ohne wirklichen Grund vorziehen? Jep. Passierte ständig. Einen Nicht-Kommandanten öffentlich wie einen Kommandanten hinrichten, selbst wenn das normalerweise nicht getan wurde? Sicher, warum zum Teufel nicht? - Nein, niemand erwartete tatsächlich, dass die Entscheidungen von Central irgendeine Art von Sinn ergeben. „Schau, das ist mein Problem, nicht deins“, sagte Renji und erhob sich. Er seufzte schwer und versuchte mit kreisenden Bewegungen, ein paar Verspannungen aus seinen Schultern zu lösen. Es knackste laut, doch er fühlte sich nicht entspannter. „Ich werde jetzt in der Kantine zu Mittag essen, so lange es mir noch erlaubt ist. Ich denke, dass ich eh nicht viel mehr für dich tun kann. Viel Glück.“ Der Fuhrmann verbeugte sich tief und respektvoll vor Renji. „Vielleicht könnten deine Freunde spenden?“ „Ja, vielleicht“, sagte Renji, als er zur Tür ging. Er musste zugeben, dass es eine gute Idee war, aber er konnte gerade keinen Enthusiasmus für irgendetwas aufbringen. Er fühlte sich, als hätte man ihm in die Eier getreten. Die Leute, denen er geschworen hatte, sein Leben für sie zu geben, hatten ihm gerade gesagt, dass seine Ehre nahezu wertlos war. Eine Millionen Ken war für jemanden wie ihn, der von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebte, kein Klacks. Doch die Vergeltungsmaßnahme in der Nachricht war klar gewesen. Ein Typ versucht sich, an Renji ranzumachen bekommt nicht mehr als ein Klaps auf die Finger. Renji verletzt die Handgelenke eines Adligen bei der Selbstverteidigung und sorgte dafür, dass er wegen einem versehentlichen Reiatsu-Ausbruch ohnmächtig wurde und bekommt 10 Mal mehr aufgebrummt? Ja. Es spielte keine Rolle, dass er seinen Arsch aus dem Rukongai gezogen und unermüdlich dafür gearbeitet hatte, dass er eines Tages für die Akademie akzeptiert wurde. Er würde für einige Leute immer noch Müll bleiben. Manchmal musst man darüber nachdenken, dachte Renji auf dem Weg zurück zur Division. Vielleicht hatte Tōsen recht: Da gibt es keine Gerechtigkeit in den Hofgarden. Byakyua versuchte nicht panisch zu wirken, als die 3. Offizierin erklärte, dass Renji noch nicht von seiner verlängerten Mittagspause zurückgekehrt war. Trotzdem musste sie wohl einen scharfen Ausschlag in seinem Reiatsu gespürt haben, denn sie fragte: "Stimmt etwas nicht, Kommandant?" Seine Lippen formten sich zu einer dünnen Linie, er war sich wieder unsicher, was eine angemessene Antwort sein sollte. Er wählte die Wahrheit... zumindest einen Teil davon. Er wollte Wörter wie 'sturköpfig' und 'fehlgeleitet' verwenden, um die Entscheidung von Central zu beschreiben, aber das war Hochverrat. "Der Vizekommandant hat unerfreuliche Nachrichten von Central 46 erhalten. Ich bin besorgt, dass er irgendwie..." Wäre Renji ein Kuchiki, würde Byakyua eine Umschreibung wie 'unvorbereitet' verwenden, doch stattdessen sagte er frei heraus: "... niedergeschlagen sein könnte." "Oh", sagte sie, ihre Augenbrauen schossen überrascht nach oben. Sie verdeckte ihren Mund und murmelte: "Oh nein, armer Renji! Er wurde wegen Unzucht verhaftet, nicht wahr?" Byakuya blinzelte, für einen kurzen Moment nicht in der Lage den Sprung von dem, was er wusste zu dem, was sie vermutete, zu machen. "Nein", sagte Byakuya schnell. "Natürlich nicht. Sei nich närrisch. Das ist eine vollkommen andere Angelegenheit. Falls ein Haftbefehl wegen Unzucht eintreffen würde, wäre er für mich, es sei denn, die Welt wäre komplett falsch herum!" Der geschockte Gesichtsausdruck der 3. Offizierin spiegelte Byakuyas eigenen wider. Er hatte nicht vorgehabt, so verzweifelt zu klingen. Er musste sein Gesicht abwenden, im Versuch, seine Emotionen wieder in den Griff zu bekommen. Es brauchte einige lange, langsame Atemzüge, bevor er wieder sprechen konnte. "Vergib mir meinen Ausbruch", sagte er. Vermutlich sollte er sich mehr erklären, aber Byakuya stellte fest, dass er es nicht konnte. Also gab er einfach einen Befehl: "Wenn du ihn siehst, sag dem Vizekommandanten, dass ich nach ihm suche." Ein Soldat, von dem Byakuya dachte, dass es der mühsame Kinjo war, kam durch die Tür und sagte: "Haben sie gesagt, dass sie nach Renji suchen, Kommandant? Ich habe ihn gerade in die Kantine gehen sehen." "Sehr gut", sagte Byakuya mit einem dankenden Nicken. Zur 3. Offizierin sagte er: "Geh zu ihm und sag ihm, dass wenn er fertig mit Mittagessen ist, soll er direkt in mein Büro kommen." Sie nahm ruckartig Haltung an. "Ja, Kommandant!" Zumindest aß Renji in der Kantine, also war er nicht irgendwo da draußen und panisch wegen der Strafe oder versuchte all seine Habseligkeiten zu verkaufen. Byakuya überlegte, ob er selbst einen Schmetterling schicken sollte, der ihm erklärte, dass er sich bereits um alles gekümmert hatte. Doch er wollte Renji keine unangemessenen Peinlichkeiten bereiten, vor allen nicht vor den Männern. Was sie wirklich brauchten waren diese lächerlichen Handys aus dem Diesseits. Eine Nachricht wäre privat und effizient. Tatsächlich konnte Mayuri Kurotsuchi Geräte erfinden, die Raum und Zeit teilten, aber sie mussten sich immer noch auf Schmetterlinge verlassen? Mayuri... lieber Himmel, Byakuya hatte seinen Termin mit dem Kommandanten der Zwölften vergessen! Verdammt noch mal. Er musste umplanen. Momentan war Renji wichtiger. Byakuya beschwörte einen Schmetterling, während er durch die Division ging. "Handys. Ich würde dieses Projekt finanzieren, das schwöre ich bei allen Göttern hier und im Rukongai-." Dann stoppte er mit einem frustierten Seufzen und brach die Beschwörung ab. Dann begann er erneut: "Ich bedauere, die Anzahl an persönlichen Angelegenheiten haben mich von unserem Termin heute morgen abgehalten..." Renji schaufelte das Essen in seinen Mund, als wäre es das letzte ordentliche Mahl, dass er jemals haben würde. Scheiße, dachte er, geben sie den Leuten im Schuldner-Gefängnis überhaupt Essen? "Vermutlich tun sie das", murmelte Renji zu sich selbst. "Und es dann in Rechnung stellen. Sodass du niemals wieder rauskommst." Die 3. Offizieren setzte sich auf den freien Platz neben ihm am langen Tisch. "Redest du wieder mit dir selbst, Renji?" "Eh, nur über mein Schicksal lamentieren." Er warf ihr ein kleines, müdes Lächeln zu. "Was ist los?" "Der Kommandant will dich, wenn du hier fertig bist." Ein paar Soldaten ihnen gegenüber schauten auf und verschluckten sich fast an ihrem Reis. Einer spuckte tatsächlich seinen Tee aus. "Nicht so, ihr Idioten!", sagte Renji zu ihnen. Doch dann fiel ihm auf, dass er außer Dienst war und so hatte er das Gefühl, dass er nachhaken sollte, um sicher zu gehen: "Richtig?" "Richtig", lachte sie und schüttelte den Kopf, was ihre Zöpfe hüpfen ließ. Sie lehnte ihren Ellbogen auf den Tisch, drehte ihren Kopf und sprach leiser: "Hast du Ärger mit Central?" Er schnaubte. "Nicht wirklich. Mein Ratschlag? Falls du mal merkst, dass ein post-traumatisches Erlebnis in der aufkommt, stelle sicher, dass kein Adliger in der Nähe ist." Nanako runzelte in einem seltsamen Gesichtsausdruck die Stirn, als habe sie keine Ahnung, wovon er redete. Nachdem sie kurz über sich selbst die Schultern zuckte, gab sie auf und sagte: "Sicher, ok. Danke, denke ich. Wie auch immer, viel Glück mit dem Kommandanten. Er schien wegen irgendetwas genervt zu sein." Hatte Byakuya bereits von dem Fuhrmann gehört? In wie viel Ärger würde Renji heute noch sein? Nun ja, er ging ja bereits in den Knast. Wie viel schlimmer konnte es denn jetzt noch werden? Renji winkte Nanako zum Abschied und seufzte mit einer kleinen Grimasse: "Wunderbar." Es schien, dass Renji besonders gelangweilt gewesen sein musste, denn da war ein Haufen Papierkram auf seinem Schreibtisch, welchen er unterzeichnen und sortieren musste, als er herein kam. Das fast fensterlose Büro war so düster, dass Byakuya eine Laterne anzündete. Danach klingelte er nach Tee. Vielleicht sollte er auch ein paar Leckereien in Erwartung von Renjis Ankunft bringen lassen. Doch vielleicht war es auch nicht weise, eine so angenehme Atmosphäre herzustellen. Er sollte Renji wirklich ermahnen für seine... nun ja, es war Eigensinn wie immer, nicht wahr? Das sollte Byakuya nicht zum Lächeln bringen und doch tat er es. Er brauchte einen Moment, um seine Belustigung wortwörtlich mit seiner Hand aus seinem Gesicht zu wischen. Es gab Gründe, warum Unzucht mit Untergebenen eine schlechte Sache war. Byakuya trimmte seinen Pinsel und goss ein wenig Tinte in den kleinen Teller, um seinen Pinsel hineinzutunken. Als er diese gewohnten Bewegungen durchging, dachte er über das Problem nach. Mit seinem raschen Handeln hatte er Renji von einer ordentlichen Menge Ärger bewahrt. Eishirō hatte keinen Mann versehentlich in den Tod geschickt, ein solcher Gedanke musste dem Hausverwalter selbst jetzt noch schwer im Magen liegen. Byakuya machte eine gedankliche Notiz, die Neuigkeiten durch Aio weitergeben zu lassen, sobald sie für seine Anweisungen eintraf. So konnte sie Eishirō informieren. Genauso gab es keinen Sinn dahinter, Soldaten zu haben, die nicht selbst denken konnten. Besonders auf der Ebene eines Vizekommandanten, war es zwar Renjis Pflicht, Befehle zu befolgen, ja, aber er musste genauso improvisieren, wenn es nötig war. Auf dem Schlachtfeld konnte Einfallsreichtum und Flexibilität entscheidend sein, um das Blatt zu wenden. Renji hatte mehr als die Meisten eine Tendenz, Befehle zu übergehen, doch... seine Instinkte waren gut. Er hatte bei Rukia richtig gelegen, obwohl die Beweise das gegenteilige zu sagen schien. Und heute war das Leben eines Mannes verschont worden – eines, das unnötig verschwendet worden wäre. Vielleicht gab es da nicht viel, was er tun musste. Außer natürlich, falls Renji Kuchiki-Personenschützer mit Gewalt gedroht... oder sie bestochen hatte. Das Letztere war zumindest mehr Schuld der Bodyguards und ihre Kommandantin würde sich um ihre Verfehlungen kümmern. Aios Klopfen ertönte leise. „Komm herein“, forderte Byakuya. Sie schien von seinem Befehl überrascht zu sein, doch sie tat, wie ihr geheißen wurde. „Tee“, sagte er, als sie sich auf den Boden gekniet hatte. „Für mich und den Vizekommandanten, der in Kürze eintreffen sollte. Auch ein paar Häppchen wären nicht verkehrt. Wichtiger ist aber, Aio, dass du eine Nachricht für Eishirō von mir überbringen musst. Sag ihm, dass Renji den Fuhrmann gerettet hat. Eishirō sollte sich nicht weiter über das Schicksal des Mannes sorgen. Dank Renjis schnellem Einschreiten ist tatsächlich kein Schaden entstanden.“ „Und hier dachte ich, dass du mich deswegen ungespitzt in den Boden rammen würdest, Kommandant“, sagte Renji von der offenen Tür aus. Er lehnte gegen den Türrahmen, seine Arme vor der Brust verschränkt. Grelles Licht schien von hinten durch seine Haare. Sein Pferdeschwanz glühte wie ein feuriger, spitzer Heiligenschein. „Das sollte ich und das mit Recht“, sagte Byakuya, nicht in der Lage, sein Lächeln aus seiner Stimme zu halten. „Auch wenn es nicht mein Befehl war, den du widerrufen hast, ist es nicht möglich, dass du das gewusst hättest.“ „Du hast das Exil nicht angeordnet?“, fragte Renji. In einer flüssigen Bewegung hatte er die Arme fallen gelassen und stand aufrecht. „Wer dann?“ „Eishirō“, sagte Byakuya. Mit einem Blick auf Aio, die ihre Augen weit aufgerissen hatte, fügte er schnell hinzu: „Er dachte, er handelte auf meinem Wunsch. Es war ein aufrichtiger Fehler. Da er die Beleidigung des Fuhrmanns gehört hat, hatte er vielleicht auch das Gefühl gehabt, es sei gerechtfertigt.“ „Nun ja, ja. Der Typ scheint kaum etwas sagen zu können, was nicht engstirnig und voreingenommen ist“, sagte Renji und betrat den Raum so locker und selbstbewusst, als wäre ein eingeladen worden. Er nickte Aio zur Begrüßung zu, als er an ihr vorbei ging, um sich vor Byakuya zu setzen. „Doch er war reuevoll genug, als ich seinen elendigen Arsch gerettet habe.“ Mit einem kurzen Blick zurück zu Aio sagte er: „Oh!, Uh, verzeih mir meine Ausdrucksweise.“ Byakuya winkte sie weg. „Der Tee, Aio. Und vergiss nicht, meine Nachricht zu überbringen.“ „Ja, mein Herr“, sie verbeugte sich auf ihren Weg hinaus. „Nun kannst du frei heraus sprechen“, sagte Byakuya, als sie gegangen und die Tür wieder geschlossen war. „Sag mir Renji, hast du die Personenschützer angegriffen? Ihre Kommandantin sagte, die Berichte würden sich widersprechen.“ Renji zuckte mit den Achseln. „Hätt' ich gemacht, wenn's nötig gewesen wär'“, gab er lässig zu. „Aber sie war'n gewillt, nachzugeben. Gibt nur wenige Leute, die den Job woll'n. Nen Typen so rauszuwerfen; kann keine gute Arbeit sein.“ Byakuya runzelte die Stirn. Renjis Akzent war weitaus heftiger als normal. Zusätzlich klang er... verbittert. Byakuya war nicht immer gut darin, Emotionen zu deuten, doch er hatte Renji schon einmal so erlebt – allerdings meistens wenn er von Inuzuri sprach. „Lass uns das für einen Moment zur Seite schieben“, sagte Byakuya und tat dasselbe mit seinem Papierkram. „Du musst die Information von Central mittlerweile erhalten haben. Falls du dir über die Strafe Gedanken machst, das ist bereits erledigt.“ Durch Renjis Gesicht gingen eine Reihe von Ausdrücke, bei keinen davon hatte Byakuya die Hoffnung, dass er sie begriff. Schlussendlich legte Renji die Hände auf seine gespreizten Knie und er beugte den Kopf. „Das ist... äußerst großzügig von dir, Kommandant. Aber das kann ich nicht akzeptieren. Ich muss auf meine eigene Weise dafür bezahlen.“ Ah, natürlich, Byakuya hätte Renjis Stolz bedenken sollen. Doch das war egal, Byakuya würde einfach so tun, als hätte er mit dieser Möglichkeit gerechnet. „Und das wirst du. Dein Lohn wird fortan um 20.000 Ken pro Monat gekürzt, bis du deine Schulden komplett zurückgezahlt hat.“ Renji blickte auf. „Oh. Richtig. Ja, natürlich“, als er das durchdachte, schien Renji ein wenig wegen der Gehaltskürzung zusammen zuzucken, doch er nickte. „Das ist gerecht.“ „Wir werden nicht weiter über die finanziellen Aspekte dieser Angelegenheit sprechen“, ordnete Byakuya an, denn ihm war nur zu sehr bewusst, dass Geld das einzige Thema war, wobei Renji und Byakuya niemals einen Nenner finden würden. Nein, es war mehr als das. Sie hatten noch nicht einmal eine gemeinsame Sprache, wenn es um das Thema Finanzen ging. „Wie auch immer, ich erwarte, dass in Anbetracht der beleidigend niedrigen Summe die er zu zahlen hat, Lord Isoroku bereits aus seiner Haft entlassen ist. Gegeben der Tatsache, dass er einen Hand für Drama hat, erwarte ich so etwas wie eine Szene beim Abendessen. Aus diesem Grund schlage ich dir vor, dass du mich heute Abend vielleicht nicht begleitest. Zumindest nicht zum Abendessen.“ Byakuya erwartete einen kurzen, verletzten Ausdruck auf Renjis immer so ausdrucksstarkem Gesicht. Doch dann hob Renji eine Schulter zum Achselzucken. „Eh, in der Laune in der ich bin, würd' ich wohl ausholen und ihm eine zimmern und das wär'n dann noch mal 50 Millionen – also ja, gute Idee.“ „Ich habe eine Beschwerde gesendet“, sagte Byakuya, er musste sich abwenden, damit Renji nicht die Emotionen sehen konnte, die in seinem Gesicht geschrieben standen. „Du bist so viel mehr wert.“ Ein Knarzen des Tatamis war die einzige Warnung, bevor Renjis Hände an Byakuyas Gesicht waren und ihn sanft zu einem Kuss zu ihm hindrehten. Renjis Mund bedeckte seinen in einer leichten, aber liebevollen Berührung. Byakuya schloss seine Augen und ließ Renjis Reiatsu gegen seines streichen. Er atmete Renjis Geruch ein: Immer so... ungewaschen, aber nicht unattraktiv – wie der Duft eines wilden, unzähmbaren Biest. Als sich Renji von ihm löste, blieb sein Gesicht nahe und er sagte: „Du hast keine Ahnung, was das für mich bedeutet. Besonders wenn es von dir kommt.“ Es bedeutet, dass ich solch ein Arsch dir gegenüber war, dachte Byakuya verzweifelt. Ich hätte niemals mit dem sozialen Stand einen Keil zwischen uns treiben sollen, wenn so viele andere das für uns übernehmen. „Dafür“, wisperte Byakuya. „Entschuldige ich mich.“ Kapitel 10: Best Laid Plans --------------------------- Nachdem er Renji nach dem Mittagessen weggeschickt hatte und seine Aufgaben am Nachmittag erledigt hatte, kehrte Byakuya für das Abendessen zum Anwesen zurück. Er ließ geduldig zu, wie Eishirō ihn aus- und wieder anzog. Ein schweres Schweigen hing zwischen ihnen, während die Lagen der Kimono angelegt und zurecht gerückt wurden. Schlussendlich sagte Byakuya: „Ich vertraue darauf, dass dich meine Nachricht erreicht hat? Wir können dankbar sein, dass dem Fuhrmann kein Unglück geschehen ist.“ „Ja, mein Herr“, sagte Eishirō einfach und deprimiert. Byakuya wünschte, er könnte sagen, wie leid es ihm tat, dass sich die ganze Sache so entwickelt hatte und wie sehr er wünschte, dass er die Bestrafung widerrufen könnte, doch das konnte er nicht. Sein Großvater würde jetzt schon entsetzt sein, wie weich er bereits geworden war. Trotzdem bereute er es und wünschte sich, dass Eishirō bleiben könnte. Zwei Monate ohne ihn würde die schiere Hölle werden. „Hast du dich schon für einen angemessen Ersatz entschieden?“, fragte Byakuya, als Eishirō sich um den Kenseikan kümmerte. „Falls du zu beschäftigt bist, kann ich auch unter den angemessenen Kandidaten wählen.“ „Wenn es meinem Herrn zusagt, meinen Sohn Yu, der bereits ein Training als persönlicher Diener und Unter-Butler absolviert hat.“ Tatsächlich? War Yu nicht viel mehr als ein schmächtiger Junge? Hatte Byakuya nicht auch die ganze Familie zeitweise verbannt? Er runzelte die Stirn, als er darüber nachdachte und seufzte dann. Immerhin gab es hier die Möglichkeit, ein bisschen nachzugeben. „Also gut.“ „Vielen Dank, mein Herr.“ Byakuya nickte abwesend, das Herrichten der Kleidung war fast beendet. „Hat Lord Isorokus Rückkehr für viel Aufsehen gesorgt?“ Mitten im Glattstreichen des Stoffes an Byakuyas Schultern hielt Eishirō inne und blinzelte überrascht. „Seine Rückkehr?“ „Oh, ich verstehe“, sagte Byakuya und widerstand dem Drang, seine Augen über Isorokus Hang zum Drama zu rollen. „Er hat seine Frau bereits abgeholt? Mit viel Getöse davon gestürmt?“ „Nein, mein Herr“, Eishirō drapierte vorsichtig den Kommandanten-Haori über seinen Arm, um ihn mit dem Rest von Byakuyas Uniform zu den Wäschern zu bringen. „Es gab keine derartige Aktivität von irgendeinem der Takenakas.“ „Seine Frau hat sich noch nicht einmal um sein Bußgeld gekümmert? Sicherlich hat sie das Urteil erhalten?“ Eishirōs Wangen wurden rot und er beugte seinen Kopf. „Ich befürchte, dass ich es nicht weiß, mein Herr.“ Byakuyas Gesichtsausdruck wurde weicher. Eishirō konnte wohl kaum dafür getadelt werden, dass er gerade an diesem Tag nicht den neusten Tratsch kannte. „Ah, natürlich“, sagte Byakuya freundlich. „Du hattest andere Dinge im Kopf. Ist noch vor dem Abendessen Zeit, um Lady Takenaka herzurufen?“ „Es ist noch Zeit“, sagte Eishirō, auch wenn Byakuya sehen konnte, dass er im Kopf Pläne änderte, um Byakuyas Wunsch zu erfüllen. „Ich werde im Wohnzimmer warten.“ Nun da er richtig blank war, hatte er keine Ahnung, was er zu seinem Treffen mit Kūkaku Shiba mitbringen sollte. Selbst wenn es vermutlich eine Beleidigung war, endete Renji mit einer recht billigen – wenn auch großen – Flasche Sake, die er bei einem Izakaya in der Nähe seiner Division geholt hatte. Der Ladenbesitzer hatte Renji die Möglichkeit geboten, eine kleinere aber 'besser schmeckende' Flasche von einem der Kuchiki-Brennereien zu kaufen, doch Renji hatte keine Ahnung, wie Shiba und Kuchiki historisch gesehen miteinander auskamen, also hatte er abgelehnt. Er ging unter dem Schatten des Riesens durch das Tor. Das plötzliche Fehlen der Sonne ließ Renji ein wenig erschaudern. Zumindest war es das, was er sich selbst sagte. Immerhin gab es keinen Grund, wegen dem Treffen nervös zu sein. Er konnte nicht viel aufbringen, also würde Shiba ihm sagen, er solle verschwinden. Der Ort, den Ganju ihm für das Treffen genannt hatte, war einfach zu finden. Das Schild war natürlich klar und einfach. Es bedarf keiner Buchstaben, um den Namen zu verstehen. Neben dem offensichtlichen Bild war es eines der wenigen nicht staubigen und ramponierten Gebäuden in dem noch ein Geschäft war. Renji hielt an der Tür inne, als ein angemaltes Mädchen sich verbeugte und den Vorhand für ihn zur Seite hielt. Es schien auch ein Teehaus der Kuchiki zu sein. Renji starrte länger, als er sollte, seine Eingeweide zogen sich zusammen und drehten sich. "Ich bedauere, dass ich nur eine Schülerin bin, mein Herr Shinigami", sagte sie zögernd. Sie blickte auf, ihre Augen hielten bei der Flasche inne, die Renji in der Hand hatte. Sie klimperte mit ihren Wimpern, flirtend und doch scheu. "Zu meiner großen Enttäuschung ist es mir nur erlaubt, an der Tür zu arbeiten." "Uh... Nein, ich... Richtig, tut mir leid", Renji konnte noch nicht einmal sein unbehagliches Gefühl in Worte fassen, also nickte er ihr einfach nur ungeschickt zu und zwang sich, über die Türschwelle ins Innere zu treten. Offensichtlich ließ die Flasche in seiner Hand es so aussehen, als sei er ein Freier, ein Kunde, bereit für Aktion. Die Matrone des Hauses sprang irgendwo auf, ihre Augen waren gierig auf die Flasche gerichtet, sodass sie ihm kaum in die Augen sah. "Mein Herr Shinigami!", gackerte sie. "Komm doch bitte herein. Ich werde dir sofort eine Dienerin finden, wenn du mir deine Vorlieben zuflüstern möchtest." Renji fühlte sich sehr überwältigt. Er war niemals durch den Eingang in ein Teehaus gekommen und all das 'Mein Herr Shinigami' und das Gespräch über seine Vorlieben ließ ihn wirklich unwohl werden. Er hatte schon fast Angst, sich nach Kūkaku umzuschauen, doch das Vorzimmer des Teehauses war sehr... beachtlich. Das Holz war grob gehauen, wie man es vielleicht im Rukongai erwarten würde, doch es waren Mühen unternommen worden, um den Tatami sauber zu halten. Die Wände waren mit einer schönen Gartenszene bemalt, nicht ganz unähnlich von den Gemälden, die du im Kuchiki-Anwesen vielleicht sehen konntest. Nur, dass die Kunst nicht ganz so meisterlich war. Doch nahe dran. Es gab keine Fenster, doch sanftes Licht der Laternen war kunstvoll im Raum angerichtet, um ihn in ein warmes, freundliches Leuchten zu tauchen. Da waren nur ein paar Tische und sie standen weit genug auseinander, um eine angemessene Privatsphäre zu bieten. Zu dieser Stunde waren fast alle Tische von Männern belagert, die bedient wurden, viele davon mieden vorsichtig Renjis Blick. Kūkaku Shiba saß nicht unter ihnen. Die Matrone streckte ihre Hände nach Renjis Flasche aus, doch er presste sie fester gegen seine Brust. „Ich suche nach Kuka-“ Die Matrone zischte, ließ ihn verstummen. „Ah, ja“, sagte sie als würde die Flasche und seine Uniform sie plötzlich verärgern. „Hier entlang.“ Lady Takenaka glitt ohne ihre Mägde in das Wohnzimmer. Seit der Inhaftierung ihres Mannes trug sie dunklere Farben, als würde sie trauern. Doch tatsächlich war ihr Kimono protzig genug. In einem dunklen Blauton, bemalt mit hellen Strichen, die grünen Bambus und weiße Reiherfedern darstellten. Ihre gefärbten, orange-roten Haare waren ein krasser Kontrast. „Welche neue Tortur hast du für meine Familie entwickelt?“, sagte sie, bevor sie sich überhaupt hingesetzt hatte. Byakuya saß im Seiza bei den Kissen, die in der Nähe der eingelassenen Feuerstelle lagen. Sein eigener Kimono war heller als ihrer, in einem Himmelblau bemalt mit silbernen Wasseragamen, die sich über die Länge des Stoffes und seiner Schultern erstreckten. „Tortur, meine Dame?“, fragte Byakuya leichthin. „Plant dein Lord Ehemann nicht, zum Anwesen zurückzukehren? Sollte er nicht zumindest seine Sachen packen?“ Unerwarteterweise brach Lady Takenaka in Tränen aus. Byakuya erhob sich langsam, als sie hoffnungslos auf ihre Knie sank. Hatte dieser Schuft von Isoroku seine Strafe gezahlt und seine schwangere Frau zurückgelassen? Doch Byakuya konnte sich nicht vorstellen, aus welchem Grund. Er hoffte, die Dame würde mehr darüber sagen, doch sie schluchzte weiter unkontrolliert. Byakuya hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er hatte niemals viel Hoffnungen gegen eine weinende Frau. Nicht einmal die Jahre mit Hisana hatte ihm geholfen, damit besser klar zu kommen. Er kniete neben ihr und legte sanft eine Hand auf ihre bebende Schulter. Sie schüttelte sie gewaltsam ab. „Fass mich nicht an“, schluchzte sie. „Das ist alles deine Schuld!“ Byakuya setzte sich zurück. „Wie das?“ Ihr Gesicht war rot vom Weinen, doch es verdunkelte sich vor Scham. „Wir können das nicht zahlen! Mein Ehemann wird dort verrotten wegen der Strafe von einer Millionen Ken und jeder wird es wissen. Schlimmer noch, ich habe gehört dieser Barbar hat irgendwie schon seine Schulden beglichen. Die Schande überwältigt mich!“ Byakuya starrte sie verständnislos an. Eine Millionen Ken? Byakuya könnte die Hälfte davon aus dem Wechselgeld in seiner Tasche zutage befördern. „Alleine einer der Kimonos von dir...“ „Täuschung!“, schrie sie Byakuya nun an, das Zittern wandelte sich in Wut. „Diese Seide ist nicht mein Eigentum! Sie sind geliehene Theaterkostüme!“ Byakuyas Hände ruhten flach gegen seine Oberschenkel, während er mit dem Schock und der Überraschung über die Neuigkeit kämpfte. Er wusste schon lange, dass Isorokus Familie nicht weit oben im Adel stand, doch sie waren schon seit Generationen Freunde der Kuchiki-Familie gewesen. Byakuya selbst hatte die Ausmaße des Takenaka-Grundstücks gesehen. Land, welches – vorallem so unerschlossen wie ihres war – ein schwieriges Vermögen sein konnte, wenn es tatsächlich das Einzige war, was man hatte. Doch Byakuya dachte, als er seinen Blick anhob, um Lady Takenakas wilden Blick zu begegnen, dass Isoroku kürzlich geheiratet hatte. Da musste es eine Mitgift in irgendeiner Art gegeben haben. Kein Heiratskandidat kam zu Byakuya, ohne ein ansehnliches Angebot mitzubringen. Vielleicht war es weniger beeindruckend, wenn man gezwungen war, sich mit einem niedrigeren Adligen abzugeben und mit ihrer... heiklen Situation, die unter dieser geliehen Seide versteckt war. Trotzdem sollte sie immer noch eine Art Reserve haben, die sie anzapfen konnte, oder nicht? Es sei denn, dass Isorokus Schulden bereits jeglichen Profit aufgebraucht hatte, den die Heirat vielleicht eingebracht hätte? „Wie lange stehen die Dinge schon so, meine Dame?“, fragte Byakuya und versuchte sich daran zu erinnern, ob sie schon immer diese Mägde gehabt hatte, als sie zum ersten Mal bei ihm gewesen war. Hatte Isoroku sich einen Kammerdiener gemietet oder war es sein eigener? „Deine Tante und ich wurden auch an der Nase herumgeführt, Byakuya-sama, wenn es das ist, was du fragst. Mein Herr Ehemann hat seine Schulden gut versteckt gehalten. Und du alleine kennst meine Zwickmühle. Ich konnte nicht mehr kehrt machen, selbst wenn ich es rechtzeitig bemerkt hätte, um eine Mitgift zu retten.“ Ihre Wut hatte nur bis zu diesen Worten angehalten und nun schien sie wieder zu bröckeln. Ihr hübsches Gesicht fiel zusammen und die Tränen flossen aus ihren Augen. „Nun... nun sind wir ruiniert wegen dieser belanglosen Summe zu dieser lächerlichen Klage!“ Das Mitleid, welches in Byakuyas Herzen aufgekeimt war, erstarb. Lächerlich? Renji mit seinem Gesicht zur Wand zu sehen, wie er den Stoff-Nue fest umschlungen hatte, nach dem, was Isoroku getan hatte... Byakuya sog die Luft ein. Die Anklage war weit entfernt von 'lächerlich'. Er stand auf. Die Dame lag weiterhin eingerollt auf dem Fußboden und schluchzte in ihre Knie. Er wandte sich zum Gehen ab, doch sagte noch kühl über seine Schulter: „Sei vorsichtig mit deinen Tränen oder der Kabuki-Schauspieler, der sonst diese Seide trägt, wird erzürnt sein und dir dein Pfand nicht zurückgeben.“ Die Matrone des Teehauses brachte Renji zu einigen versteckten Stufen und sagte ihm, dass ‚diese Dame‘ im Raum hinter der Treppe auf ihn wartete. Die Matrone blickte noch einmal mit Verlangen auf die Flasche, die Renji fest in der Hand hielt und schien von ihrem Begehren mit einem Zungenschnalzen Abstand zu nehmen. „Viel Glück bei deinem Geschäftsprojekt.“ Renji blickte die schäbigen Treppenstufen hinauf. Wo geriet er da nur hinein? Das Holz trug sein Gewicht nur mit lautem Protest. Jede Stufe war ein Ächzen und Knarren. Es war ein Wunder, dass er klopfen musste, als er oben angekommen war. Renji bezweifelte, dass selbst einer von Soi Fons Ninjas leiser so weit gekommen wäre. „Herein“, hörte er eine barsche Frauenstimme hinter der Tür. Wie jede Rukongai-Ratte hatte Renji Geschichten über die legendäre Kūkaku Shiba gehört. Die Shiba waren noch nicht ausgestoßen worden. Sie waren immer noch eine der ersten Wahren, doch es gab das Gerücht, dass die Shiba-Familie in einer tiefen Verbindung mit den Mächten im Rukongai stände. Die einzige Macht im Rukongai war Yakuza. Nun ja, da waren andere Mächte… dunkle, altertümliche Mächte. Renji hatte Gerüchte über Ganjus seltsame Magie gehört. Hatten sie Verbindungen zu einem dieser dunklen Schreine? Es war offensichtlich, dass die Shiba einen Pakt mit dem einen oder dem anderen Teufel geschlossen hatten… oder möglicherweise auch beiden. Und, ehrlich gesagt, keiner der beiden war von der Sorte, mit denen sich Renji anlegen wollte. Seine Entschlossenheit wackelte weiter als er den schweren Geruch von Opium-Rauch wahrnahm. Was zum Teufel tat er hier? Er dachte ernsthaft darüber nach, wie weise es wohl war, sich auf dem Absatz umzudrehen, als die Tür aufgeschoben wurde. Eine einarmige Frau in einem grellroten, tief ausgeschnittenem… Outfit schaute zu ihm auf. Ihre wilden, schwarzen Haare, ihr Tattoo, die Bandagen… Das konnte nur die berühmt berüchtigte Kūkaku Shiba persönlich sein. Nur, dass Renji irgendwie gedacht hatte, dass sie größer wäre. Er hatte ganz sicher nicht erwartet, dass er sie um beinahe 30 Zentimeter überragen würde und das seine Größe bedeutete, dass er so eine spektakuläre Aussicht auf ihre voluminösen Brüste hatte. Er hatte nicht bemerkt, dass er auf ihre Brüste starrte, bis eine Hand ihn gegen die Nase schlug. „Ich sehe, dass sich Ganjus Geschmack bei Freunden nicht verbessert hat!“ „Uh, was?“, sagte Renji. „Ich bin kein Freund deines Bruders. Ich war nur...“, er hätte beinahe seinen Grund genannt, dass er nach einem Kinbaku-Künstler suchte, doch dann fiel ihm ein: „Wie knotest du eigentlich die Seile mit einem Arm?“ Sie wendete sich von ihm ab und ging wieder in den großzügig eingerichteten Raum. Tatsächlich erinnerte dieser Raum mit all den Kissen und perlenbesetzten Leinen an etwas, das er bereits gesehen hatte. Huh. Verdammt, wenn es nicht aussah wie der kleine Raum von Yoruichi über der Bar. Der, wo... Ja, wenn das kein schlechtes Omen war, wusste Renji einen Scheißdreck über Omen. Kūkaku drehte sich wieder um und es sah aus, als wolle sie ihm einen weiteren Schlag für seine unverschämte Frage verpassen. Er machte einen Schritt zurück und stolperte beinahe die Treppe hinunter. „Uh, was ich meinte ist, dass ich eh schon wieder gehen wollte“, sagte Renji und zeigte mit seinem Daumen in die Richtung der Treppe. Als er die Geste machte, bemerkte Renji, dass seine Hände leer waren. Kūkaku hatte ihn geschickt um den Sake erleichtert. „Ich denke, ich würde dich kaputt machen, Junge“, grinste sie breit über Renjis Nervosität. Dann nutzte sie die Zähne, um den Korken aus der Sake-Flasche zu ziehen. Geschickt spuckte sie ihn in eine Ecke, bevor sie einen tiefen Schluck nahm. „Du solltest wen Sanfteres nehmen, wie diesen neuen Kommandanten der Dritten. Ich habe gehört, dass er auch ein Kinbakushi ist. Wahrscheinlich auch mehr deine Wellenlänge.“ „Oh?“, sagte Renji. Er war schon dabei gewesen, die Tür zu schließen, doch öffnete sie noch einmal weit genug, um zu fragen: „Du meinst Rose? Oder wie auch immer sich der neue Kommandant von Kira nennt?“ Sie blickte ihn streng an, nickte aber. Er schloss die Tür schnell. „Ähm, danke für den Tipp!“ Als Renji die Treppen hinunter ging, dachte er, dass er Kukaku nach Ganju und etwas darüber rufen hören konnte, dass er ihre kostbare Zeit verschwendet hätte. Byakuya setzte sich zum Abendessen hin und fragte sich, ob er nicht einfach auch Isorokus Strafe zahlen sollte. In einer gewissen Weise hatte Lady Takenaka recht. Das war alles seine Schuld. Byakuya hatte vorher nicht das Herz, darüber nachzudenken, doch es war möglich, dass etwas von seinen Worten gegenüber Isoroku ihn Glauben gelassen hatte, dass Renji zu einem Dreier bereit sei und folglich... gewisse Annäherungsversuche zustimmen würde. Vielleicht wäre es eine gute Buße für sein Fehlverhalten, Isorokus Strafe und den Heimweg zu bezahlen. Vielleicht würde das Isoroku sogar davon abhalten, irgendetwas davon zu erzählen. Alles, was zum Beispiel Renji zu Lasten gelegt werden könnte. „Fühlst du dich nicht gut, Byakuya-sama?“, fragte Shinobu, der junge Erbe. „Man denkt nie mit leichtem Herz über Schweigegeld nach“, murmelte er. Lauter und klarer sagte Byakuya: „Es war ein langer, stressiger Tag.“ „Hat das mit dem Hausverwalter zu tun?“ Auf Byakuyas Überraschung reagiert Shinobu mit einem kleinen Achselzucken. „Jeder redet davon.“ Byakuya öffnete seinen Mund, um zu fragen, warum ein junger Herr seines hohen Standes an Orten herumlungerte, an denen er die Diener beim Tratschen belauschen konnte. Doch dann erinnerte er sich daran, dass es ganz alleine seine Schuld war, dass der Junge Langeweile hatte. Also anstatt den Jungen für etwas zu ermahnen, was Byakuyas Fehler war, sagte er: „Morgen werde ich Unterricht für dich arrangieren. Wir werden dich im Schwertkampf und in Umgangsformen unterrichten. Dinge, die deine Familie vielleicht vernachlässigt hat“, sagte Byakuya und dann, weil es ihm plötzlich eingefallen war, fügte er hinzu: „Wir werden auch einen neuen Unter-Butler bekommen und du kannst ihn einweisen.“ „Aber“, begann Shinobu, hielt dann inne und begann von vorne: „Aber ich weiß nichts davon, wie alles in deinem Haus läuft.“ „Dann solltet ihr beide zusammen lernen.“ Byakuya nahm einen Schluck Sake, der an seinem Ellbogen erschienen war. „Tatsächlich solltest du das sogar zu deiner Priorität machen, denn eines Tages wirst du dafür verantwortlich sein. Das fühlte sich wie eine gute Wahl an und hatte dazu geführt, dass Byakuya ein paar Entscheidungen getroffen hatte. Er würde das Geld überbringen lassen, um Lord Isoroku zu befreien und Eishirō oder jemanden anderen dazu abstellen, die Dinge des Lord und der Lady zu packen und sie dann auf den Weg nach Hause schicken. Wenn notwendig, würde er sogar ein paar von Isorokus Schulden zahlen, damit er diese Angelegenheit nicht weiter erwähnte. Es war viel freundlicher, als er überhaupt verdiente, aber er würde es als Geburtstagsgeschenk an sich selbst ansehen, dass diese Angelegenheit im Guten erledigt wurde. Renji stand vor dem Tor der 3. Division und konnte nicht anders, als sich an sein letztes Treffen mit Kira zu erinnern. „Ich habe eine private Angelegenheit mit deinem Kommandanten zu bereden.“ Kira schien sich auch zu erinnern. „Renji, bist du wieder betrunken?“ Da war keine Wache, die ihnen zuhörte, also lehnte sich Renji zu Kira vor und sagte: „Nein, aber es ist unangenehm. Ich habe gehört, dass dein Kommandant wohl ein Typ ist, der mich als Geburtstagsgeschenk für Byakuya fesseln könnte.“ Kira wurde rot wie eine Tomate, als Renji sich wieder aufrichtete und hinzufügte: „Schau, ich würde nicht so spät anklopfen, wenn ich nicht in einer verzweifelten Lage wäre. Byakuyas Geburtstag ist morgen.“ Kira lächelte, trotz seiner Röte. „Also ist deine Idee, dir eine Schleife darum zu binden?“ Nun war Renji an der Reihe, zu erröten und mit der Achsel zu zucken. „Ich bin pleite.“ Kira nickte. „Nun ja, dann hast du Glück. Mein neuer Kommandant liebt Wohltätigkeitsfälle.“ Kapitel 11: The Artist and the Pauper ------------------------------------- Kira führte ihn tiefer in die 3. Division, als er jemals zuvor gewesen war. Ichimaru hatten den Ort verriegelt und isoliert, also hatte Renji niemals bemerkt, wie ungewöhnlich und schön die Gebäude und das Gelände waren. Die Architektur war ein vielseitiger Mix aus Traditionellem und Westlichen. Das Hauptgebäude war ein großes Quadrat mit einem Hof in der Mitte. Auch wenn da das gewohnte Reispapier und Tatami zu sehen war, war da etwas an der Weise, wie das Gebäude gebaut war, das Renji an die Akademie oder Ichigos Schule erinnerte. Er konnte nicht genau mit dem Finger darauf deuten, außer dass es vielleicht der einfache Punkt war, dass die Flure in der Mitte waren und die Räume links und rechts davon befanden... und über ihnen elektrisches Licht leuchtete. Kira bemerkte, dass Renji an die Decke starrte und nickte. "Ich denke nicht, dass eine andere Division die auch hat. Außer vielleicht die Zwölfte. Keiner weiß, wer sie hier hat einbauen lassen, doch denke ich, dass es Ōtoribashi während seiner vorherigen Amtszeit hier gewesen war. Er und sein Freund Kommandant Hirako sind sehr... modern.“ Kira sagte 'modern', als wäre es irgendeine Krankheit, die man sich einfach einfangen könnte. „Es ist eine gute Idee“, sagte Renji. „Laternen sind ein Kampf. Ich muss jeden verdammten Tag einem Idioten den Job zuweisen.“ „Das können Generatoren auch sein“, sagte Kira. „Wir müssen Treibstoff vom Diesseits importieren. Das wird teuer. Wenn außerdem Teile kaputt gehen oder sich verschleißen...“ Er schüttelte traurig seinen Kopf. Als sie an einer Tür anhielten, schob Kira sie für Renji auf. „Du kannst hier warten. Ich hole den Kommandanten.“ Der Flur war unheimlich leer und Renji wurde es plötzlich bewusst, wie spät es schon war... Und seine eher unangenehme, private Mission, nach der Kira noch nicht einmal gefragt hatte. Doch es konnte nicht wirklich weit nach dem Abendessen sein, oder? „Unterbreche ich das Abendessen oder... irgendeine Übung? Wo sind alle?“ Kira wurde rot. „Wir haben nachts eine Minimalbesetzung. Wir sind... chronisch unterbesetzt seit...“ Ichimarus Verrat. „Richtig“, sagte Renji schnell. Er vermutete, dass es zusätzlich zu dem Ganzen noch ein Haufen Fragen gab, die sich damit beschäftigten, was für eine Person Ōtoribashi war und warum er verbannt wurde und plötzlich wieder da war. Es hatten auch Gerüchte ihre Ankunft begleitet, über die Hollow ähnlichen Masken und dem Begriff 'Vizard'. Im Gegensatz zu den meisten Anderen, hatte Renji jede Menge Zeit gehabt, um sich daran zu gewöhnen. Außerdem war es unmöglich, vor etwas Angst zu haben, was Ichigo mit so viel Macht und Zuversicht handhabt. Doch die Rangniedrigeren hatten nichts davon in Aktion gesehen, vertrauten Ichigo nicht bedingungslos. Außerdem kannte Renji die Wahrheit, die die meisten Shinigami ignorierten: Jeder vom Rukongai mit Kräften, hat bereits einen Hollow in sich. Die Vizard trugen es nur nach außen hin. Nachdem er über all das nachgedacht hatte, brachte Renji es zu einer einzigen Phrase zusammen: „Die Leute sind dumm.“ Kiras normalerweise trauriges Gesicht hellte sich für einen Moment auf, als verstünde er alles, was Renji damit sagen wollte. Dann nickte er. „Ich bin gleich zurück“, sagte er, als er durch eine Tür glitt, die zwei Räume miteinander verband. Renji hatte die Wahl zwischen einem Haufen Sitzkissen an einem niedrigen Teetisch in einer Ecke des Raums oder einer braunen Couch mit Sessel. Da die Kissen aussahen, als würden sie nur für die spießigen, traditionellen Gästen da sein, zog Renji Zabimaru von seinem Obi hervor und nahm die Couch. Die Federn der Couch knarzten, als sich Renji darauf niederließ, doch die Polsterung war bequem genug. Er legte Zabimaru über seinen Schoß. Am Ende des Tischs lagen Magazine vom Diesseits – etwas namens Guitar World und Rolling Stone. Renji blätterte gerade in der Rolling Stone, als Kommandant Rōjūrō “Rose” Ōtoribashi hereinkam. Seine Erscheinung hatte sich geändert, seit Renji das letzte Mal die schwer definierbaren Vizards im Diesseits gesehen hatte. Er hatte seine langen, blonden Locken ein gutes Stück gekürzt, sodass sie nun bis zu seinen Schultern ging. Trotzdem, so groß und dünn wie er war, war Roses Erscheinung eine seltsame Kombination aus 'du langweilst mich jetzt schon' und 'wie überaus interessant'. Renji kam auf die Füße und hielt Zabimaru wie ein Übungsschwert, während er sich verbeugte. Da er nicht sicher war, ob er sich vorstellen musste, platzte aus ihm heraus: "Ich habe eine unangenehme, persönliche Bitte an dich, Kommandant Ōtoribashi." Ein Hauch von einem Lächeln zuckte an Roses Lippen, als er sich auf dem Sessel gegenüber der Couch fallen ließ. „Du hast Glück. Ich liebe unangenehme, persönliche Bitten, Vizekommandant. Erzähl.“ Renji stand für einen Moment da, wusste nicht, ob er sich hinsetzen sollte, bis Rose ihm träge deutete, dass er sich entspannen konnte. Er setzte sich auf die Kante der Couch und griff um Zabimarus Hülle, das über seine Knie lag. Er beugte seinen Kopf vor Verlegenheit, während er sagte: „Kūkaku Shiba hat mir gesagt, du könntest ein Kinbakushi sein. Ich habe gehofft, dich überzeugen zu können, mich als ein Geschenk für meinen...“ - oh Scheiße, was sollte er über Byakuya sagen? - „... ähm,... Liebhaber, zu fesseln. Zum Geburtstag.“ Rose betrachtete Renji für eine lange Zeit. Dieses seltsame halbe Grinsen war genauso schwer zu lesen, wie Byakuyas leere Gesichtsausdrücke. Schlussendlich fragte Rose: „Ist er schon lange dein 'ähm, Liebhaber'?“ Renji versuchte sich zu erinnern. Er kratzte sich hinter dem Ohr, während er zählte. „Ist es schon ein Jahr? Nicht ganz, wenn man das Hanami als unser erstes Date betrachtet.“ „Und du kannst immer noch nicht 'Liebhaber' sagen?“ Die Tür schob sich auf und Kira kam mit einem Teetablett hinein. „Es ist kompliziert“, gab Renji zu. Kira schaute sich nach einem Platz um, auf dem er das Tablett absetzen konnte. Rose sprang sofort auf die Beine, um den Beistelltisch von der Couch für ihn hinzustellen. Dann nahm er Kira das Tablett ab und sagte freundlich und sorgsam: „Setz dich, setz dich. Ich kümmere mich darum. Du bist mein Adjutant, nicht mein Diener.“ Kira sah sowohl überrascht als auch dankbar aus. Er setzte sich neben Renji, während sich Rose um den Sake kümmerte. „Inwiefern kompliziert?“ Als der Kommandant bemerkte, dass sie beide immer noch sehr steif dort saßen. „Entspannt euch!“ Renji warf Kira ein kleines Grinsen zu. Renji mochte seinen neuen Kommandanten, der sofort geerdeter durch das Diesseits und, nun ja,... 'menschlicher' wirkte, als Ichimaru. „Ich gehe mit Byakuya Kuchiki aus“, sagte Renji. „Er ist mein Kommandant. Er ist so empfindlich, was den lockeren Umgang mit seinem Namen angeht, dass ich ihn bis vor Kurzem noch 'Kommandant' im Bett genannt habe. Also ja, es ist nicht einfach für mich Partner oder Liebhaber zu sagen.“ „Oh, schmutzig“, sagte Rose anerkennend, als er sich auf den Sessel zurücksetzte. Er beugte sich über den Tisch und nahm sich eine Schale, die er mit dem Sake füllte, den Kira mitgebracht hatte. Da er sah, wie sich der Kommandant selbst bediente, tat Renji das Gleiche. Kira folgte ihrem Beispiel, schien dabei jedoch sowohl unwohl als auch fasziniert von der Informalität zu sein. „Ja, sehr“, stimmte Renji zu. Er blickte zu Kira hinüber und hoffte, dass nichts davon zu unangenehm für seinen Freund war. „Die Sache ist, dass Byakuya für uns Kinbaku lernt, aber wir haben noch nichts zu kompliziertes versucht. Ich dachte, dass es vielleicht ein nettes Geschenk wäre, wenn ich, du weißt schon, nett und... ähm, Geschenk ähnlich eingepackt wäre.“ Rose lehnte sich lässig zurück und beobachtete Renji über den Rand seiner Sake-Schale. Da war etwas von einem Raubvogel in seiner Haltung oder vielleicht war es auch sein Blick, fest, ohne zu blinzeln und durchdringend. Doch Renji war keine Maus. Tatsächlich konnte er spüren, wie der Nue seine Schultern straffte, seinen Kopf hob und ihn genauso ruhig und fremdartig zurückstarrte. Ein herausforderndes Brüllen und ein rasselndes Zischen hallte in seinem Innenohr wider. Das ließ Rose ein wenig lächeln, die Winkel seines Mundes hoben sich. „Ist es in Ordnung für dich, vor mir nackt zu sein?“, fragte er locker. „Dass ich dich berühre? Würde das für dein 'ähm, Liebhaber' in Ordnung gehen? Ist dieser Kommandant Kuchiki von der eifersüchtigen Sorte?“ „Oh“, Renji hatte darüber kein bisschen nachgedacht. Er nahm einen Schluck Sake. Er war leicht und fruchtig, doch er schmeckte nach Massenproduktion, als könnte er vom Diesseits sein. „Uh, nun ja, normalerweise ist Byakuya sehr eifersüchtig, doch ich denke eher in der traditionellen Weise, wenn du weißt, was ich meine. Ich denke, er macht für gewisse Vorlieben eine Ausnahme. Wir hatten auch schon über einen Dreier gesprochen.“ Renji bemerkte plötzlich, wie das klang und hätte sich beinahe an dem Sake verschluckt, von dem er gerade getrunken hatte. „Nicht, dass ich danach frage, dass du... ähm, ich meine nur, ähm... das Fesseln und so.“ Rose half da nicht. Er saß nur da, hörte zu wie Renji sich abmühte und nippte an seinem Sake. Ein wortloses, unheimliches Lied erklang am Rande von Renjis Bewusstsein, etwas das er kennen sollte, aber es nicht wirklich tat. Da war mehr von Roses nachdenklichem Betrachten, bevor er fragte: „Wann ist der Geburtstag des Kommandanten?“ „Morgen“, sagte Renji und sackte ein wenig zusammen, als er bemerkte, was für eine Zumutung das Alles sein musste. „Schau, ich kann dich nicht wirklich bezahlen und nun ja, all das, aber vielleicht könnte ich irgendeinen Handel anbieten...?“ Rose winkte den Gedanken angewidert weg. „Ich bin ein Künstler, Vizekommandant Abarai.“ Das schien das Ende zu sein, es war entschieden. „Nun“, sagte er, lehnte sich vor und füllte Renjis Schale von der er nicht gemerkt hatte, dass er sie geleert hatte. Danach schenkte er auch Kira nach. „Du musst mir eine Liste mit Dingen geben, die dein Kommandant mögen würde.“ Renji konnte spüren, wie seine Nase rot wurde, doch sagte: „Ich habe da vielleicht schon ein wenig drüber nachgedacht. Ich habe ein paar Ideen...“ Nachdem das Abendessen beendet war und er eine angemessene Zeit damit verbracht hatte, nach dem Leben und der Gesundheit seiner Verwandten zu frage, huschte Byakuya aus dem Anwesen und machte sich auf den Weg zur 4. Division. Da waren keine Wachen an dem Tor der Vierten. Das Tor war, wie immer und trotz der Uhrzeit, weit geöffnet und einladend. Eine junge Offizierin in der Uniform einer Krankenschwester grüßte ihn mit einem Lächeln und einer tiefen, respektvollen Verbeugung. „Wie kann ich ihnen heute Abend helfen, Kommandant Kuchiki?“ „Kannst du mir sagen, wo Lord Isoroku Tanaka festgehalten wird? Ist er immer noch in eurer Obhut oder wurde er transferiert?“ Sie blinzelte verwirrt, als sie durch die Papiere auf ihrem Klemmbrett blätterte. „Ist er ein Patient?“ „Er ist Gefangener.“ „Oh. Er“, sagte sie mit einem entsetzten Blick. Byakuya bezweifelte, dass nicht viele Gefangene für eine längere Zeit in der Vierten einbehalten wurden. „Ja, er ist immer noch bei uns. Bitte folgen sie mir.“ Isoroku war immer noch in dem Gebäude wie beim letzten Mal: Eine Zelle die etwas abseits von der Station für die Erstversorgung lag. Die Krankenschwester sprach eine Version von 'Shitsureishimasu', bevor sie den Vorhang zur Seite schob. Isoroku war ein Wrack. Falls er überhaupt gebadet hatte, während seiner Zeit im Gefängnis, sah man es ihm nicht an. Pinke Haare hingen in schlaffen Strähnen herab. Dunkle, braune Haare sprießten an seinem Kinn. Dunkle Ringe umringten seine Augen, vom Schlafmangel lädiert. Er saß auf seinem Feldbett, mit dem Rücken gegen die Wand. Er umarmte seine blanken Beine. Der Yukata, den er trug, war nicht ganz lang genug, um ihn mit Anstand bedenken zu können. „Bist du gekommen, um mich zu verspotten, Byakuya?“ Warum vermuteten sowohl seine Frau als auch er ein solches Verhalten von Byakuya? „Nicht im Geringsten. Ich bin mit einem Vorschlag gekommen, der für beide Seiten vorteilhaft wäre.“ Bevor Isoroku protestieren konnte, sprach Byakuya weiter. „Ich werde für deine Befreiung und alle deine weiteren Schulden zahlen. Du und deine Frau werden sofort gehen und Renji oder mich niemals wieder belästigen.“ Isoroku wurde sehr still. Er schien zu warten, unruhig, ob noch mehr kam. Als Byakuya nichts mehr hinzufügte, streckte Isoroku langsam seine Beine aus. Sein ganzer Körper schien sich auszustrecken. „Du... du würdest auch für meine Schulden bezahlen? Für alle? Warum? Warum würdest du das tun?“ Ich habe diese ganze Sache gründlich leid und ich möchte, dass sie verschwindet, dachte Byakuya, konnte es allerdings nicht so sagen. Unerwarteterweise fing Isoroku zu weinen an. Zum zweiten Mal in wenigen Stunden stand Byakuya vor einem wimmernden Takenaka, unsicher was er mit diesem plötzlichen Gefühlsausbruch tun sollte. „Ich verdiene deine Freundschaft nicht“, sagte Isoroku zwischen Schluchzern. „Ich... ich bin so ein furchtbarer Mann! Ich habe niemals... ich meine, es sollte so nicht sein. Dein Kerl, er sollte kapitulieren oder sich gegen mich wehren. Egal wie, er sollte hinter Gittern sein. Ich hätte es besser wissen müssen, als das zu glauben, was sie über ihn gesagt hat. Oder mich für so wenig zu verkaufen! Sie hat mir nur ein paar Millionen versprochen! Und ich hätte wissen sollen, dass es in die Hose gehen würde. Direkt bei unserem ersten Treffen habe ich gespürt, dass dein Renji ein zu ehrbarer Mann ist, um -“ „Sie?“, Byakuya unterbrach Isorokus unzusammenhängendes, wimmerndes Geplapper. „Wovon redest du? Wer ist 'sie'?“ Isoroku sah kurz ertappt aus, nahm dann jedoch ein paar zitternde Atemzüge und bewegte die Schultern. „Deine Lady Tante Masama. Sie hat meine... Situation nach der Hochzeit herausgefunden und mir gesagt, dass sie mir helfen würde, wenn... ich diese Sache für sie machen würde.“ Diese Sache? „Tante Masama hat dich bestochen, damit du auf Renji losgehst?“ „Verführen“, korrigierte Isoroku, als wäre er beleidigt. Dann schien es, als hätte sich irgendetwas in seiner Einstellung geändert, denn er ließ die Schultern hängen. „Nein, ich sollte nichts davon verteidigen. Der ganze Plan war dumm. Als ich ihr gesagt habe, dass es keine Garantie gibt, dass ich der Typ von deinem Renji bin – tatsächlich gab es da eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ich das genaue Gegenteil von dem bin, was er wollte. Und, also dann, sie... sie hat sein Temperament erwähnt und wie einfach er vielleicht manipuliert werden könnte, in Anbetracht seiner... Klassendifferenz in deinem Haushalt.“ Byakuya hatte genug gehört. Tatsächlich würde, wenn er noch mehr davon hören würde, sein ansteigendes Reiatsu wahrscheinlich preisgeben, wie zornig er wirklich war. Doch das wahre Ziel seines Zorns war nicht hier. Die vorherigen Zweifel daran, ob er für Isorokus Freilassung bezahlen sollte, waren in Luft aufgelöst. Zu wissen, dass Tante Masama hinter diesem furchtbaren Szenario steckte, entlastete Isoroku nicht von seinem Fehlverhalten, aber es kam schon sehr nahe ran. „Du musst deine Spielsucht in Zaum halten oder was auch immer deine Finanzen in diese Situation gebracht hat“, mahnte Byakuya. „Oder du wirst für immer auf die Gnade von alten, bösartigen Frauen angewiesen sein.“ Isoroku errötete und sah aus, als sei er wieder am Rande der Tränen. „Ja.“ Er bewegte plötzlich wieder die Knie und es sah aus, als würde Isoroku anfangen, sich zu entschuldigen. Byakuya war nicht bereit, ihm zu vergeben, also drehte er sich um. Über seine Schulter sagte er: „Ich werde alles arrangieren, dass du noch heute frei kommst. Ich möchte dich vor Morgendämmerung aus meinem Haus haben.“ Als er wegging dachte Byakuya, dass er Isoroku „Alles Gute zum Geburtstag“ hat murmeln hören. Als er Kira und Kommandant Ōtoribashi verließ, hatte Renji einen schmerzhaften Ständer. Der dumme Hakama machte es auch für jeden offensichtlich. Renji hatte versucht, das Anzeichen während sie sprachen zu überdecken, doch Rose lächelte nur nachsichtig und machte ein paar Kommentare über Enthusiasmus oder Reaktionsfähigkeit oder Wertschätzung der Kunst – oder vielleicht über alle drei. Renji war sich nicht wirklich sicher. Er war viel zu verlegen gewesen, um richtig hören zu können. Renji würde in diesem Zustand sicherlich keinen Shunpō versuchen, aber gehen war nicht besser. Bei seinem Glück gab es auch eine Art Nachbarschaftsfest um die 3. Division herum. Die Straßen waren voll mit Leuten in bunten Yukata. Laternen hingen überall und tauchten die Straßen in einen warmen Schein. Da waren einige Essenshändler, doch die meiste Aktivität schien in den vielen Tavernen zu sein. Überall warben Schilder mit Musikwettbewerben und billigem Bier. Renji grummelte vor sich hin, während er ungeschickt weiterhumpelte und dabei spürte, wie der Stoff schmerzhaft gegen sein Steifes Glied streifte. Er war bisher nie so gewesen. Das war alles Byakuyas Schuld. Vorstellungskraft war in der Vergangenheit niemals Renjis Stärke gewesen. Oh, er wurde schon als einfallsreich bezeichnet, aber das war meist seine vergangene Abenteuerlust als Geschicklichkeit maskiert gewesen. Er war schon immer der sinnliche Typ gewesen – wenn er es sah, es roch, es schmeckte oder es hörte, ja, dann konnte ihn das in Bewegung setzen. Aber nur daran zu denken? Nope. Nicht vor Byakuya. Scheiße, auch wenn er es versucht hatte, konnte er nicht so tun, selbst wenn er damit seine Seele hätte retten können. Schlimmer noch, wenn jemand von ihm wollte, dass er schmutzig redete oder dieses 'sexting' machen sollte, worauf Ichigos Freunde so standen. Keine Chance. Er war viel zu direkt für so etwas. Rukia war gut in diese Art von Dingen. Renji war deswegen immer eifersüchtig gewesen. Es machte ihn zu einem beschissenen Flirter, das wusste er. Allerdings bevorzugte er eh immer das direkt „Möchtest du?“. Jedoch war seine Vorstellungskraft offensichtlich exponentiell angestiegen. Renji glaubte nicht, dass er sich jemals zuvor eine Erektion 'erdacht' hat. Es war eine Schande, dass er es nicht auf gleiche Weise rückgängig machen konnte. Besonders mit den Leuten um ihn herum. Er blickte die wenigen Straßenabzweigungen hinunter, nur um zu sehen, wie sich Pärchen gegen die Wand pressten, im Versuch ein wenig Privatsphäre zu bekommen. Scheiße, das bedeutete, dass Renji eine öffentliche Toilette oder einen privaten Platz finden musste, denn dieses lächerliche Ding wurde jede Sekunde steifer. Gehen war eine Lehrstunde in Tortur und er konnte all die Bilder nicht verbannen, die in ihm aufgekommen waren, während er mit Rose geredet hatte. Und Kira. Wie konnte Renji Kira vergessen, der sonst so sittsam war und plötzlich Vorschläge machte, die Renjis Wangen brennen und sein Glied zucken ließen? Verdammt noch mal. Es gab einen Grund, warum Kira eine exzellente Wahl für einen Dreier gewesen wäre. Zu schade, dass er offensichtlich bereits von seinem Kommandanten eingelullt, wenn nicht sogar in Beschlag genommen war. Und dieses Mal schien es, als würde das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruhen. Gut für sie. Hoffentlich trieben sie es jetzt wie die Karnickel, wie es auch Renji wollte. Aber scheiße, Byakuya war auf der anderen Seite dieser gottverdammten Seireitei. Renji würde sich um sich selbst kümmern müssen. Endlich hatte er ein Schild gesehen, dass eine nahe, öffentliche Toilette auswies, also änderte Renji den Kurs, um dorthin zu gehen. Die Nachbarschaft sah gehoben genug aus, dass er vielleicht eine dieser halbwegs privaten Toilettenkabinen vorfinden würde. Um die Elfte herum bedeuteten 'öffentliche Toiletten' manchmal nicht mehr als ein halb eingebuddelter Eimer in einer Sackgasse eines dunklen Weges – die Art von Orten, wohin du entweder dein eigenes Toilettenpapier mitbringst oder du dich auf Chūgai gefasst machen musst. Das waren Holzstöckchen, die die meisten Leute einfach 'Scheiße-Spatel' nannten. Das einzige Mal in seinem Leben, in dem er das Gefühl gehabt hatte, dass er es ihm Rukongai besser gehabt hatte war, als er verzweifelt genug gewesen war, um einen davon zu benutzen. Denn verdammter Mist, du konntest in die Büsche in Inuzuri scheißen und hattest wenigstens Blätter zum Abwischen! Doch alles, was Renji gerade brauchte, war ein bisschen Privatsphäre und, anhand der heißen, ablenkenden Lage in seiner Hose, ein paar Minuten alleine, wenn überhaupt. Er hielt die Luft an und öffnete die erstbeste, freie Kabine. Da waren 5 von ihnen in einer dichten Reihe. Sie waren nur vom Namen her 'Kabinen', denn es waren nicht mehr als hüfthohe Boxen, die einen langen, flachen Graben im Boden abschirmten. Zwei flache Bretter, schulterbreit von einander entfernt, lagen links und rechts über dem Graben. Auf der einen Seite war ein Eimer mit schmuddeligem Wasser, wohl zum Händewaschen, aber Renji vermutete, dass man sich so die Hände nur schmutziger machte und auf der anderen Seite das furchtbare Werkzeug, der Chūgai. Er zog sich die Waraji aus und trat auf die Bretter. Auch wenn es dunkel war, sollte er das Ding richtig benutzen. Byakuya würde ihm den verfluchten Hals umdrehen, wenn er in der Nacht vor seinem Geburtstag wegen anstößigem Verhalten in der Öffentlichkeit festgenommen und degradiert werden würde. Er stütze sich mit einem Arm gegen die Wand ab und schob ein Bein seines Hakamas nach oben. Er war gerade dabei, hineinzugreifen, als er bemerkte, dass er zu groß für diese Position war. Vielleicht käme er damit klar, wenn er wirklich nur pissen müsste, doch nicht mit alldem, was da stand. Der Gedanke daran, dass er versuchen würde, sich einen von der Palme zu wedeln, während er über einer Grube voller Scheiße hockte, schien zu gefährlich. Renjis Gleichgewichtssinn war immer gut und da er gelernt hatte, auf Hihio Zabimaru zu reiten, hatte ihn auch ein paar kniffelige Tricks meistern lassen, aber es war viel zu einfach, sich vorzustellen, was passieren könnte, wenn er wirklich abgelenkt werden würde. Besonders im großen Moment. Renji blickte sich um und konnte sehr leicht erkennen, dass die anderen Kabinen leer waren. Das Licht der belebten Seireitei-Straßen drang an dieser abgelegenen Straße nur als Flackern hindurch. Gut genug für Regierungsarbeiten, dachte er. Er beugte sich vor und fing an. Oh Gott, es fühlte sich gut an, endlich seine Hände an den Preis legen zu können. All das Gerede über Seile und was Byakuya vielleicht tun würde, hatten ihn halb verrückt gemacht. Und so beschissen Renji in der Vorstellungskraft war, so sehr schien Rose das Gegenteil zu sein. Renji konnte fast schon fühlen, wie sich die Kinbaku-Seile um jedes seiner Körperteile festzog, wie Rose es beschrieben hatte. Dann sich vorzustellen, wie er in diesem Zustand der Erregung zurückgelassen wurde und warten müsste, bis Byakuya in den Raum kam und ihn sah... Renji drückte seine Stirn gegen den Arm, der ihn an der Wand abstützte. Er biss auf die Innenseite seiner Wange, um sich vom Stöhnen abzuhalten. Er erhöhte das Tempo und versuchte seine Hüften nicht zu offensichtlich zu bewegen. Es war seltsam, diese Idee die in Renjis Kopf kreiste, denn es war nichts, von dem er gedacht hätte, dass er es wirklich wollte: Byakuya, nicht glücklich ihn so vorzufinden sondern stattdessen zutiefst eifersüchtig. Und dann würde die Sache dunkel und gewaltsam und hart und schmerzhaft und... Oh Gott! Seine Samen schossen in einem langen, heißen und klebrigen Schwall hinaus und spritzten gegen die Wand. Er bebte gestützt gegen die Wand, versuchte zu Atem zu kommen, als er ein rauflustiges Klappern von Füßen hörte, gefolgt von einem unverkennbar brutalem Beben aus Reiatsu. Die Elfte. Renji war sich sicher genug, dass er noch genug Zeit hatte, um sich abzuschütteln und sein Hosenbein fallen zu lassen, bevor seine frühere Einheit die Toilettenkabinen an beiden Seiten in Beschlag nahmen: Ikkaku zu seiner Linken und Yumichika zu seiner Rechten. Renji dachte, er hatte Probleme, doch Kenpachi war so groß, dass es da nicht viel gab, was man nicht sehen konnte... zu viel von allem. Alle schienen wie auf Geheiß loszulegen und es klang wie tausend Wasserfälle. Renji wandte die Augen schnell ab. Ikkaku bemerkte seine Bewegung. „Hey, Abarai, was machst du hier?“ „Ich wurde mitgeschleppt, erinnerst du dich?“, kam eine Stimme von weiter unten. Seichi. Konnte die Nacht noch unangenehmer werden? „Nicht du, du Idiot“, rief Ikkaku, drehte sein Gesicht zu Seichi und vom Klang her bespritzte er nun die Wände mit seinem Strahl. „Den anderen Abarai.“ „Abarai“, sagte Kenpachi, blickte sich über die Köpfe vom Rest seiner Truppe hinweg, als versuche er jemanden zu sehen. „Wo ist deine bessere Hälfte?“ „Ich bin alleine“, sagte Renji abgelenkt. Der Typ, der hinter der von Renji besetzten Kabine stand, machte den 'Klotanz', doch Renji betrachtete die Wand und versuchte auszumachen, ob es jemand im Dunkeln bemerken könnte. Es half nicht, dass die zähe Flüssigkeit immer noch von einer Werbung runterlief, die eine Kräutertinktur gegen Haarausfall bewarb. „Scheiße, würdest du dich mal beeilen?“, bettelte der tanzende Typ. Er würde es bemerken, da konnte man nichts machen. Renji trat von den Brettern zurück und zog seine Sandalen an. Als er das tat, kam ihm eine Idee. Er beugte sich hinunter, um so zu tun, als würde er sich die Hände waschen, doch spritzte fast nur mit dem Wasser und hoffte, dass es die Kabine einfach generell ekelig aussehen ließ und weniger... speziell danach. Als sich Renji umschaute, ob ihm irgendwer Aufmerksamkeit schenkte, traf er auf das sehr wissenden Lächeln von Yumichika Ayasegawa. „Wenn du gehen musst, musst du gehen, richtig Abarai?“ Renji war froh, dass es so dunkel war. Es versteckte seine Röte. „Richtig“, murmelte er. Renji stand schnell auf, um den nächsten Typen hineinzulassen. Er versuchte nicht so zu handeln, als würde er sich fliehend mit den Ellbogen seinen Weg durch die Meute der Elften bahnen. Er war fast frei und erleichtert, als eine Hand seinen Ärmel festhielt. Es war Seichi. „Sagst du noch nicht einmal Hallo?“ Sie waren fast am Rande der Straße und die Laternen, die über den Läden hingen, beschienen Seichis Gesicht. Er war ohne Bandana unterwegs und die Kanji für 'Hund' war schwarz auf seiner Stirn zu sehen. Seine Dreadlocks aus einem dreckigen Blond sahen besser gepflegt aus, als jemals zuvor und Renji war überrascht, wie sehr Seichi seinen Shihakushō ausfüllte. „Hey“, Renji schlug leicht gegen Seichis Schulter. „Du siehst gut aus. Sie geben dir 3 Mahlzeiten, sehe ich.“ „Ja“, grinste Seichi. „Und ich trainiere jeden Tag, wie du gesagt hast.“ Oh, scheiße. Renji hatte versprochen, ihm dabei zu helfen. „Hey, es tut mir leid, ich...“ Gerade da kam ein Schrei von den Toilettenkabinen. „Oh mein Gott, du ekelhaftes Schwein! Ist das deine verdammte Wichse?! Bei den Eiern von Buddha! Was zum Teufel!“ „Ich war es nicht...“, protestierte der Typ, der den Klotanz aufgeführt hatte, doch er machte dabei den Fehler, zu verteidigend statt streitlustig zu klingen. In der Sprache der Elften hättest du also genauso gut direkt deine Schuld eingestehen können. Es war vorherzusehen, dass die Fäuste flogen. Zumindest war das der Grund, vermutete Renji, warum die ganze abgelegene Straße in Chaos ausbrach. Kenpachi schritt selbstbewusst um die Körper herum, Ikkaku und Yumichika flankierten ihn. Seine Arme fingen Renji und Seichi ein, wirbelten sie hinaus in die Straße. „Wir können genauso gut noch was trinken gehen, während wir warten, bis der Haufen seinen Mist geregelt bekommt“, verkündete Kenpachi. „Du bezahlst, Abarai.“ Renji hoffte, dass Kenpachi Seichi meinte, denn sie würden mit dem Nichts, was er hatte, nicht weit kommen. Kapitel 12: Birthday Blues -------------------------- Als die Wache Mitternacht verkündete, entschied Byakuya, das Warten aufzugeben. Falls Renji überhaupt nach Hause kommen würde, würde es in den frühen Morgenstunden sein. Byakuya legte sein Buch zur Seite und löschte das Licht der Laterne. Der Winterwind heulte durch die Äste. Mit der angefangenen Stunde war nun eigentlich sein Geburtstag angebrochen. Er konnte sich nur an eine einzige Zeit erinnern, in der er seinen Geburtstag genossen hatte. Zu dieser Zeit war er noch ganz klein und seine Eltern noch am Leben gewesen. Und auch diese Erinnerung war mit der Zeit auf das Gefühl der Vorfreude und dem klebrig-süßen Geschmack von eingemachten Pfirsichen reduziert worden. Für Byakuya waren Geburtstage ziemlich schnell unangenehm geworden. Das Missfallen seines Großvaters war der Hauptteil von seinen Gefühlen, während seiner Jugend. Das Wort ‚verwöhnt‘ hatte ihn all die Zeit verfolgt. Nach dem Tode seines Großvaters war jeder Geburtstag eine ernste Gedenkfeier seiner bestehenden Amtszeit als Familienoberhaupt. Die Geschenke waren oberflächlich. Mahlzeiten und Feierlichkeiten wurden mit Pracht und Herrlichkeiten vollgestopft und neuerdings belastet mit interner Familienpolitik. Selbst als Hisana noch lebte hatte er nur das Nachher genossen, als ihnen endlich Privatsphäre erlaubt war. Im letzten Jahr ihres Lebens war sie bereits zu schwach für irgendwelche Feierlichkeiten gewesen und sie hatte so sehr wegen ihrer Reue geweint, alles ‚ruiniert‘ zu haben. Doch er hatte ihr gesagt, dass dieses Jahr das Beste von allem war, denn er würde ihr eine Ausrede schenken, sich von all diesen formalen Anforderungen zu drücken. Er hatte den ganzen Tag neben ihr gelegen, seine Arme schützend um ihre zerbrechliche Form geschlungen und nichts anderes getan, als zu reden, zu träumen und sich fest im Arm zu halten. Es sprach Bände, dass Byakuya immer noch solch einen tragischen Tag dem gegenüber bevorzugen würde, was an diesem Tag für ihn geplant wurde. Doch zumindest würde er nun wieder jemanden haben, der darauf wartete mit ihm im Privaten zu feiern. Am Ende von alldem, was von ihm erwartet wurde. Das einzige, das Byakuya mit einem beklemmenden Gefühl erfüllte war der Gedanke daran, was dieser törichte Pavian vielleicht als Geschenk mitbrachte. Ohne Zweifel war es das, was Renji heute Nacht aufhielt, was nur zu Byakuyas Sorge beitrug. Was könnte er planen? Rukias Geschichte von der Wespen gefüllten Piñata spukte noch durch Byakuyas Kopf. Renji hatte ein gutes Herz, gute Absichten, aber seine Durchführung konnte… weniger gut geplant sein. Zumindest würde es amüsant werden. Byakuya konnte das Lächeln auf seinen Lippen, nur vom Gedanken an Renji, spüren. Der Wind rasselte wieder durch die Äste. Das Wetter begann in menschenfeindlich und scheußlich umzuschlagen. Es würde vielleicht sogar noch einen Schneesturm geben. Das war die andere Sache, die Byakuya an seinem Geburtstag hasste; er verbrachte einen Großteil davon fröstelnd, gekleidet in steifer, formaler Garderobe, weit weg von der Wärme eines gemütlichen Feuers, während Wind, gefrorener Regen oder Schnee gegen die Türen und Fenster hämmerten. Er wünschte, Renji wäre da. Mit dem Wind, der seinen Weg ins Innere fand und trotz der aufgehäuften Kohlen im Irori wäre es angenehm, sich gegen Renjis ausstrahlende Körperwärme zu kuscheln. Außerdem wollte Byakuya Renji unbedingt davon erzählen, was mit Isoroku passiert ist und wie er herausgefunden hatte, dass Tante Masama hinter diesem erneuten Versuch stand, sie auseinander zu reißen. Gott, diese Frau kannte keine Grenzen. Sie sollte diejenige sein, die im Gefängnis ist. Wenn Byakuya nur eine Möglichkeit einfallen würde, sie dorthin zu manövrieren. Bedauerlicherweise glaubte er nicht, dass seine Enthüllungen vom Interesse der Hofgarden sei. Sie war nicht vom Militär und ihr Plan hatte schlussendlich militärisches Personal nicht beeinträchtigt oder zumindest nicht signifikant geschwächt. Sie würden sie nicht als eine Gefahr für den Frieden oder dem Seelenkönig sehen. So befriedigend es auch sein würde, die Gefangennahme von ihr zu fordern, sie würde niemals vor dem Militärgericht stehen. Zivilrechtliche Schritte waren ebenfalls kompliziert. Die Soul Society hatte ein sehr… unpräzises zivilrechtliches System. Da gab es keine zentrale Autorität, wie die Polizei, an die sich Byakuya wenden könnte, um Gerechtigkeit einzufordern. Doch er hatte als Familienoberhaupt die absolute Macht über sie. Leider wurden seine Möglichkeiten dadurch limitiert, dass sie eine Frau war und mehr sogar, sie war Witwe und war die Schwester seines Vaters. Wäre sie eine Frau, könnte Byakuya sie einfach herbeizitieren. Selbst wenn sie ein Mann ohne spirituellen Druck wäre, wäre es akzeptabel, sie herauszufordern und umfassende Gerechtigkeit auszuüben. Doch... wäre Tante Masama ein Mann, wäre sie das Familienoberhaupt. Und das war schlussendlich das Problem. Sie war eine ältere Tante bei der es sich Byakuya nicht leisten konnte, sie als tyrannisch darzustellen. Viele der Familie würden mit ihrer Notlage mitfühlen. Es war lächerlich, dass in einer Zeit, in der Frauen Shinigami werden konnten und viele Familien von einer Frau angeführt wurden, sie für einen jüngeren Bruder, Byakuyas Vater, im Erbrecht übersprungen worden war. Um gerecht zu bleiben, ihr Ehemann war ein Verräter gegenüber der Familie und viel mehr sogar noch, gegenüber der Soul Society. Auch wenn es niemals zuvor einen weiblichen Familienoberhaupt bei den Kuchiki gegeben hatte, wäre ihre Wahl nicht gänzlich unwahrscheinlich gewesen, hätte Kouga nicht den Namen der Kuchiki so vollständig entehrt. Wäre Kouga einfach einen ehrenvollen Tod gestorben, hätte sie vielleicht Erfolg dabei gehabt, der nächste Erbe zu werden. Sicherlich hätte Sōjun dies bevorzugt. All diese Geschichten erschwerten es für Byakuya, sie zu bestrafen. So viele in der Familie verspürten Mitleid für sie. Genauso sehr stimmten die meisten davon überein, dass Byakuya Schande über die Familie gebracht hatte, in dem er Hisana geheiratet hatte. Renji war, ihrer Meinung nach, noch viel schlimmer. Sicher hatte Byakuya die Autorität, Masama zu verhaften, selbst sie öffentlich hinrichten zu lassen. Doch wenn er das tat, wäre er der Tyrann. Seine Familie könnte sich noch weiter gegen ihn wenden. Die Macht die er besaß, konnte schnell ins Wanken geraten, sich sogar verflüchtigen oder noch schlimmer, einen Krieg in der Familie auslösen. Als ein Kommandant der Hofgarden war er gut genug ausgerüstet, um Attentäter persönlich abzuwehren, doch sein Haushalt wäre angreifbar, wenn er gezwungen war, seine Personenschützer auszusenden, um die verbliebenen Güter zu verteidigen oder die Steuern und Abgaben einzutreiben. Tante Masama wusste dies. Darum konnte sie ungestraft handeln. Das war auch der Grund, warum er seine Rache sorgfältig überdenken musste und warum er nicht einfach ihr Eigentum und Land an sich reißen konnte. Doch er konnte ihr zumindest finanziell den Hahn zudrehen. Es würde seine erste Handlung werden, entschied Byakuya. Es wäre eine blutlose Salve und eine, die er leicht vor seiner Familie verstecken konnte. Ebenso war es eine angemessene Bestrafung, da er Isoroku finanzieren musste. Also entschied sich Byakuya, sich umzudrehen und sich ein paar Stunden Schlaf zu gönnen. Natürlich kam in diesem Moment Renji durch den geheimen Gang der Bediensteten gestolpert, stieß einen Tisch um und lallte: „Warum hassen mich die Möbel so verdammt viel. Scheiß Ding.“ Ah, seufzte Byakuya innerlich: Betrunken – welch eine Freude. Laut sprach Byakuya aus: „Ich hoffe nicht, dass das deine Idee von einem frühen Geburtstagsgeschenk ist.“ Im Wohnzimmer herrschte Schweigen. Trotz der Entfernung und der Dunkelheit konnte Byakuya schon fast sehen, wie Renji 'Oh, Scheiße' mit dem Mund formte, bevor er es mit einem schwachen „Oh, ja, hey, alles Gute zum Geburtstag!“ versuchte. Etwas mehr Gestolpere und gemurmelte Flüche und dann stand Renji plötzlich im Türrahmen zum Schlafzimmer. Er lehnte sich schwerfällig gegen den Türrahmen, als bräuchte er Hilfe, um aufrecht zu stehen. Das schwache Licht von der gedimmten Lampe ließ Renji die Augen zusammenkneifen, doch ansonsten sah er nicht zerzauster aus als sonst. „Ähm, ja, deswegen... Schau, ich weiß, dass ich etwas betrunken bin, aber kann ich reinkommen? Ich müsste dich etwas Wichtiges wegen dem Geburtstagszeug fragen.“ Renji musste nüchterner als erwartet sein, da er um Erlaubnis gefragt hatte. Normalerweise, wenn er betrunken war, würde er einfach ins Bett klettern, munter und bereit zum Loslegen. Merkwürdigerweise enttäuschte das Byakuya vielleicht ein klein wenig. Ein betrunkener Renji war unterhaltsam und meistens offen für alles – manchmal sogar für Poesie. „Rede weiter“, sagte Byakuya. „Deine Seite vom Bett erwartet dich, wie immer.“ Renji schien erleichtert, als er sich auf dem Weg ins Bett machte. In langsamen, übervorsichtigen Bewegungen, die Betrunkene gerne machten, entfernte Renji Zabimaru und stellte das Zanpakutō gegen die Wand ab. Dann begann er, sich auszuziehen und dabei zu reden. „Also zuerst, was hältst du generell von Überraschungen? Ich meine keine Überraschungspartys. So dämlich bin ich nicht.“ Der Obi schleuderte zur Seite, landete irgendwo in der Nähe der Kommode von Byakuyas Mutter, und der Hakama fiel zu Boden. Er trat ihn zur Seite. „Ich meine, wie... ok, hier ist mein Problem.“ Er hielt inne, während er ungeschickt die Knoten der Shitagi löste und dabei länger als gewöhnlich brauchte. Sobald Renji sie besiegt hatte, kam er auf den Gedanken zurück: „Also ich habe diese Überraschung für dich geplant, eine private Überraschung und ich möchte irgendwie sicherstellen, dass du es magst, aber ich möchte es dir nicht verraten, damit du, du weißt schon, überrascht bist.“ Byakuya richtete sich in eine sitzende Position auf und dachte ernsthaft über Renjis Frage nach. Tatsächlich versuchte er sogar die größer werdende Ablenkung durch Renjis wachsender Nacktheit zu minimieren, in dem er auf seine Hände starrte, die verschränkt in seinem Schoß lagen. „Ich mag Überraschungen als solche nicht übermäßig“, gab er zu. „Vor allem nicht, wenn es Raum für...“, Byakuya wollte nicht 'Enttäuschungen' sagen, selbst wenn es wahr war, also fuhr er mit einem anderen Wort fort: „... Peinlichkeiten gibt.“ Renji gluckste. Es war ein warmer Laut und Byakuya blickte zu ihm auf, um sein schiefes Grinsen zu sehen. Er war nun auch komplett nackt, was immer ein Leckerbissen war. Wie eine Motte von den Flammen angezogen wird, so suchten Byakuyas Augen die bekannten und doch immer so faszinierenden Linien der Tattoos. So einfache Linien sollten nicht so viel Macht über ihn haben, dachte Byakuya. Und doch taten sie es, er konnte niemals seine Augen davon losreißen, sobald sie sichtbar waren. „Nun ja, wenn das Geschenk für jemanden peinlich sein könnte, dann für mich“, sagte Renji und lächelte immer noch zu sich selbst. Byakuya beobachtete, wie die dunklen Streifen der Tattoos sprangen und sich beugten, während Renji hinüber kam, um auf seine Seite des Bettes zu krabbeln. „Aber schau, ok, ich brauche hier ein Stück weit deine Erlaubnis, um die Dinge überhaupt in Gang zu setzen und so habe ich, richtig, ich habe diesen Kinbaku-Meister gefunden und ich möchte sicher gehen, dass es für dich ok ist, wenn er, du weißt schon, mich berührt, damit ich total bereit sein und auf dich warten kann.“ Byakuya konnte nicht anders, als ein kleines Geräusch von sich geben und die Augenbrauen hochzuziehen, als die Bilder vor seinem geistigen Auge hervorkamen. „Du planst, dich fesseln zu lassen?“, Byakuya hoffte, dass seine Stimme die Vorfreude auf diese Idee übertrug, denn auch wenn er die Resultate definitiv genoss, empfand Byakuya den Prozess des Knotens und Fesselns sehr... langwierig, vor allem mit jemandem so zappeligem und ungeduldigem wie Renji. Außerdem konnte Byakuya nur lernen, was die Bücher ihm beibrachten. Sobald er ein wenig freie Zeit hatte, las Byakuya alles zu diesem Thema, was er finden konnte, studierte den Inhalt und lernte es auswendig. Doch in Wahrheit konnte es keine praktische Übung ersetzen. Sie hatten einfach nicht viel Zeit für diese besondere Kunst aufgewendet und daher hatte er auch nur geringe Fortschritte gemacht. Es frustrierte ihn, dass er nicht weitergekommen war. Der Gedanke daran, dass jemand anderes auf einer hohen Ebene dieser Kunstform die Arbeit ausführte und von Byakuya nur verlangt wurde, das Ergebnis zu genießen, erschien ihm tatsächlich als sehr reizvoll. „Ich weiß, dass ist eine totale Typensache“, sagte Renji deprimiert. „Eine Schleife um den Schwanz binden und es ein Geschenk nennen, aber-“ „Nein“, schnitt Byakuya ihm schnell die Worte ab. „Es ist perfekt. Ich kann nicht erwarten, dich zu sehen.“ Trotz seiner Bemühungen konnte Byakuya alleine bei dem Gedanken spüren, wie sich sein Atem beschleunigte und seine Kehle sich hungrig zusammenschnürte. Also fügte er etwas heiser hinzu: „Das einzige Problem ist nur, nachdem du mir erzählt hast, was mich erwartet, werde ich den ganzen Tag daran denken.“ Renji lachte. Er rollte sich rum und richtete sich mit dem Ellbogen auf. „Erzähl mir davon! Alleine die Vereinbarungen mit Rose haben mir den heftigsten Ständer beschert.“ „Rose?“, fragte Byakuya. „Kommandant Ōtoribashi ist ein Kinbakushi?“ „Das ist das, was mir Kūkaku sagte“, nickte Renji. „Ich habe versucht, sie anzuheuern, doch sie war teuer. Außerdem glaubte ich nicht, dass ich es schaffe würde, sie in die Seireitei hineinzumogeln. Noch weniger in dein Anwesen, weißt du?“ „Kūkaku Shiba?“, Byakuya konnte nicht einmal darüber nachdenken, was für ein möglicher Familienkrieg damit ausgelöst worden wäre. Stattdessen blieb sein Hirn bei dem Gedanken hängen, dass Renji unterwegs gewesen war, um mit der berüchtigten Kūkaku Shiba über einen sexuellen Gefallen zu verhandeln. „Bitte sag mir nicht, dass du meinen Namen erwähnt hast.“ Renjis Brauen zogen sich zusammen. „Ähm…“ Byakuya winkte mit der Hand die Möglichkeit weg. „Wenn du dich nicht erinnerst, sagen wir einfach, du hättest es nicht getan. Nur damit meine Gedanken Ruhe finden.“ „Dann habe ich es absolut nicht getan“, stimmte Renji zu. Seine Hand schloss sich um eine Hand von Byakuya und zog sie zu seinem Mund. Nachlässig und doch enthusiastisch drückte er Küsse auf die Fingerknöchel. Gegen Byakuyas Haut murmelte Renji zwischen den Küssen: „Habe ich den heftigen Ständer erwähnt? Ich habe heute Nacht sehr oft an dich gedacht.“ „Oh, tatsächlich?“, erfolglos hielt Byakuya sein Grinsen zurück. Im Versuch, ein wenig ernster zu klingeln, sagte er: „Solltest du dir deine Energie nicht für die nächste Nacht aufheben?“ Renji blickte von Byakuyas Fingerknöchel auf und grinste teuflisch. „Ich habe jede Menge Energie.“ „Ja, deine Ausdauer ist außergewöhnlich“, stimmte Byakuya zu. „Bei weitem deine beste Qualität.“ „Verdammt richtig“, stimmte Renji zu. Er öffnete Byakuyas Hand und saugte an zwei Fingern. Seine Augen fixierten Byakuya, die Geste hätte nicht obszöner sein können. Der gewollte Effekt kam sofort: heftige Erregung durchfuhr Byakuyas Venen. In der Hoffnung, Renji zu mehr davon zu ermutigen, erlaubte Byakuya, dass ein leises Stöhnen seinen Lippen entkam. Renji schien erfreut darüber zu sein, eine solche Reaktion provoziert zu haben. Seine Augen hellten sich auf und er war nun sogar noch fester entschlossen, da er Mund und Zunge ebenfalls zur Hilfe nahm. Die Pantomime war außerordentlich provozierend. Die beide bemerkten den Effekt zwischen Byakuyas Beinen. Renji, immer ein Mann der Handlungen, saugte noch einmal kräftig an Byakuyas Fingern, glitt mit der Zunge an ihnen entlang und ließ sie dann los. Wie ein Tier schob er mit der Nase die Decke und die Lagen des Yukata zur Seite, um an Haut zu gelangen. Er begann, sich den Weg hinunter zu bahnen, doch blickte auf, zögerlich und aufgeregt. Byakuya nickte. Nun, da seine Hände frei waren, nutzte Byakuya die Gelegenheit, um Renjis Pferdeschwanz zu öffnen. Er brauchte beide Hände, um die feste Schnur zu öffnen. Sobald er das Band geöffnet hatte, fielen blutrote Haare hinunter und kitzelten gegen die bereits empfindlichen Stellen von Byakuyas erhitzter Haut. Als Renji ihm wieder in die Augen blickte, erlaubte Byakuya ihm zu sehen, wie erregend er den Blick von diesen raubtierhaften Augen fand, die ihn durch den rubinroten Vorhang anfunkelten. Die Tattoos auf seiner Stirn betonten den Eindruck von einem wilden Tier, dass sich auf seine Beute fokussiert hatte. Die Zunge fuhr beharrlich hungrige Linien weiter hinunter. Byakuya erhob sich ein wenig, um sich dem unersättlichen, eifrigen Mund entgegen zu strecken. Die heiße Nässe von Renjis Mund verschlang ihn aufreizend langsam. Byakuya griff mit einer Hand in die Laken, die andere legte sich in Renjis Nacken. Zu beobachten, wie sich Renjis Kopf bewegte, das Kitzeln seiner Haare zu spüren, das Gleiten der Zunge, das Spiel der Zähne, der stärker werdende Geruch seiner eigenen Erregung... Byakuya musste wegschauen und auf die Innenseite seiner Lippe beißen, um nicht zu stöhnen. Die Mühe, das Verlangen zu unterdrücken, in Renjis Mund zu stoßen, ließ seine Haut erröten. Schweiß brickelte auf seinen Armen. Seine Muskeln bebten leicht. Atem kam in abgehakten Zügen. Renji war so gut... darin. So... ehrlich verlangend danach. Byakuya kannte viele Frauen und Männer, die bei diesem besonderen Akt nur das Mindestmaß an Enthusiasmus gezeigt haben, als würden sie nur einem Drehbuch folgen: Erst a, dann b. Renjis Ausdruck und Körper erzählten eine andere Geschichte. Er hebelte sich selbst hinauf und seine gesamte Form bewegte sich bei jedem Saugen und Stoß. Seine eigene Haut war heiß und glitzerte vor Schweiß und Verlangen. Nippel waren so erregt wie sein Glied. Byakuya konnte die Erektion durch seine leicht gespreizten Beine hindurch sehen. Sein Hintern bewegte sich auch im Rhythmus, als stelle er sich Byakuya dort vor. Und auch Renjis Hand, so gehorsam, dass er sich nicht selbst berührte, da er wusste, dass Byakuya es genoss, ihn so zu sehen – begierig, erregt und unbefriedigt. Byakuyas Finger schlangen sich um Renjis kraftvollen Nacken, massierten dort die Muskeln und er versuchte so, sein Verlangen nach einem schnelleren Tempo zu übermitteln. Renji grummelte kehlig, tief und glücklich und bestätigend. Byakuyas Hoden reagierten durch den plötzlichen Angriff der Lust. Bald schon würde das Gefühl in überwältigen. Es würde zu viel werden. Er kramte in der Schublade von seinem Nachttisch. Ungeschickte Finger fanden das Gleitgel. Er zog es heraus und presste es in die Hand von Renji, die ihm am Nächsten war. „Bereite dich vor“, schaffte es Byakuya zu krächzen. Augen schauten von seiner Arbeit hinauf und, obszön sexy, grinste Renji um Byakuyas Glied in seinem Mund herum. Bebend fügte Byakuya hinzu: „Beeil dich.“ Renji schaffte es, das Gleitgel mit einer Hand zu öffnen und etwas davon in seine Hand zu geben. Am nächsten Morgen wären zwar Flecken auf den Laken, aber mit etwas Glück wäre das der Kleinste von allen. Mit ein bisschen Gewichtsverlagerung fand Renji sein eigenes Loch und, während er daran herumspielte, erlaubte sich Byakuya eine seltene Freude. Er nahm Renjis Kopf in beide Hände und glitt mit den Fingern durch die Haare dort. Er dirigierte auch Renjis Bemühungen nun kräftiger, da es von den Lauten, die Renji machte, klar war, dass er die Arbeit an seiner Kehrseite... ablenkend war. In aller Fairness, es war ein atemberaubender Anblick. Zuzusehen, wie Renji sich selbst fingerte, während er immer noch an Byakuyas Penis saugte, drohte Byakyua vorzeitig kommen zu lassen. Er musste seine heftigen Atemzüge lange genug kontrollieren, um zu sagen: „Jetzt. Dreh dich jetzt um.“ Renjis Mund verließ Byakuyas Glied mit einem traurigen, klagenden Stöhnen, doch er wirbelte schnell herum. Er presste sein Gesicht in die Matratze, griff in den Stoff dort und präsentierte seinen Hintern. Obwohl Byakuyas Bedürfnis schwer und schmerzhaft war, nahm er sich die Zeit, um Renji noch ein wenig mehr vorzubereiten. Er glitt mit glitschigen Fingern hinein, presste und spreizte. Renji drückte sich genussvoll gegen ihn, wackelte und stieß, sein Glied tropfte vor Lust. „Gott verdammt“, grunzte Renji. „Fick mich endlich, ich bin so verdammt bereit.“ „Du solltest dankbar sein, dass ich die Geistesgegenwart dazu besitze“, sagte Byakuya, doch sein Ton war neckend. „Scheiß drauf!“, schnaubte Renji. „Mach schon endlich, du Trottel!“ Byakuya runzelte die Stirn, als er seine Finger hinauszog und sich selbst vorbereitete. War das ein Zitat für irgendetwas? Es klang so, als könnte es das sein und Byakuya mochte es nicht, dass er Zitate aus dem Diesseits nicht verstand, die wohl eine Sache zwischen Renji und seinen Freunden war. Nun ja, Renjis Bestrafung dafür, dass es so weltgewandt war, würde ein starkes und hartes Tempo sein. Auch wenn Renji wie ein verwundetes Tier bellte, als Byakuya in ihm versank, stieß Renji hart zurück, ließ Byakuya so noch tiefer hineingleiten. So eng, so wundervoll war Renjis Körper, der sich für ihn öffnete. Er griff nach Renjis Hüfte und schob sich bis zum Schaft hinein. Renji klang, als wäre er zwischen Lust und Schmerz gefangen, doch zischte: „Ja! Gib mir alles!“ Als sie sich zu bewegen anfingen, Byakuya hinein und hinaus glitt, legte Renji den Kopf in den Nacken. Die blitzförmigen Tattoos auf seinem Rücken bewegten sich und tanzten, während er seinen Rücken wölbte. Renji ballte die Fäuste in den Laken. Schweiß glänzte auf seinem perfekt definierten Muskeln, vom Krieg geformt, härter als Stahl. Renji warf seinen Kopf in Leidenschaft herum, im matten Licht wirkten seine Strähnen rostrot mit einem blutigen Glanz in ihnen. Jedes Mal, wenn Byakuya sich zurückzog, krümmte sich Renji, als wollte er ihn festhalten. Die Muskeln im Inneren von Renji schlossen sich fast schon schmerzhaft um Byakuyas Glied, doch mit so viel Leidenschaft. Byakuya liebte die Weise, wie Renji sein ganzes Herz und seine ganze Leidenschaft jedes Mal aufs Neue hineinwarf. Es schien niemals Routine für ihn zu werden, egal wie oft sie sich so wiederfanden. Byakuya streckte eine Hand aus und zog an Renjis Brustwarze, um dessen schluchzende, leidenschaftliche Schreie zu hören. Dieser Mann gehört in diesem Moment mir, dachte Byakuya besitzergreifend und spielte wieder grob mit Renjis Nippel, um einen weiteren markerschütternden, animalischen Ruf zu hören. Byakuya stieß härter und härter zu. Renji nahm alles und drückte sich zurück. Selbst als sein Körper bebte, kämpfte Renji und machte in all den richten Weisen mit, um Byakuyas Leidenschaft weiter ansteigen zu lassen. Es gab keine größere Freude für Byakuya, zu wissen, dass Renji alles andere als passiv war, er gab und forderte gleich heftig, wenn nicht sogar heftiger, als Byakuya forderte. So viele rohe Kraft unter meinem Kommando. Dieser Gedanke schickte Byakuya über die Klippe, die Wellen der Lust waren unmöglich zu unterdrücken. Sein Körper bebte und er machte beschämende Laute, die nur dazu dienten, dass eine weitere, heiße Welle durch seine Seele krachte. Es gab keine Zurückhaltung mit Renji, nicht einmal, wenn es Byakuya versuchte. Emotionen schienen ebenfalls überhand zu nehmen. Verletzlichkeit, Besitzgier, Kummer – Byakuya hielt sich eng an Renji fest, als wollte er versuchen, dass seine Emotionen nicht wie ein volles Glas überliefen. Als er sich endlich wieder unter Kontrolle hatte, bemerkte Byakuya, das Renji noch nicht gekommen war. Byakuyas Pause, um wieder zu Atem zu kommen, hatte Renji verzweifeln lassen. Er bewegte sich, wölbte und drehte sich gegen Byakuya, als wolle er versuchen, weiterzumachen. Sein Atem ging in Schüben und er wimmerte. So sexy, wie dieser Mann immer so viel wollte. In einer seltsamen Weise war das der Grund, warum Byakuya es mochte, ihn so zu sehen... zu wissen, dass das alles auf ihn wartete, auf Byakuya. Das alles, was Renji hatte, was so gewaltig war, nur eine einzige Sache wollte. Ihn. Seine Befehle. Seine Lust. Also war es an der Zeit, diesem kraftvollen , treuen Mann das zu geben, was er brauchte. Dieser Mann, der normalerweise andere besiegt, den nur Byakuya alleine gezähmt hatte. Er entspannte sich gegen Renjis Rücken und ließ seine Hand von Renjis Hüfte gleiten, um den Weg zu Renjis Glied zu finden. Da er für gewöhnlich ignoriert wurde, brauchte es kaum mehr als eine neckende Berührung, um Renji aufkeuchen und bebend kommen zu lassen. Byakuya küsste Renjis Nacken und Schultern, während er durch die Ausläufer des Orgasmus keuchte und zitterte. Als er hinaus glitt, gab Renji einen weiteren, unglücklichen Laut von sich. „Meiner“, flüsterte Byakuya, da er nicht anders konnte. „Immer“, sagte Renji. Er ließ sich lachend fallen, was sie unangenehm auf dem Matratze hüpfen ließ. Byakuya entwirrte sich und stand auf, um sich ein wenig zu säubern und umzuziehen. Als er ging, sprang Renji auf und zog das Bett mit militärischer Präzision und Geschwindigkeit ab. Die neuen Laken waren fast an Ort und Stelle, als Byakuya zurück ins Schlafzimmer kam. „Ich denke, du wirst meine nicht mehr überraschende Überraschung morgen mögen“, sagte Renji. Er warf sich auf die frischen Laken und breitete sich, wie immer, schamlos aus. Byakuya tat so, als wäre er von dem Anblick der Tattoos und dem Mann nicht verzückt und glitt auf seine Seite des Bettes. Renji machte Platz für ihn, sprach aber immer noch. „Ich meine, mit all dem 'Meiner'. Es wird nur darum gehen, du weißt-“ Byakuya legte eine Hand über Renjis Mund. „So wirst du es auf jeden Fall verraten.“ „Nnrichtig“, schaffte er es, gegen Byakuyas Hand hervorzupressen. Und dann, weil er unverbesserlich war, begann er gegen Byakuyas Handfläche zu lecken und zu knabbern. Byakuya zog seine Hand weg, bevor Herr betrunkene Ausdauer erregt genug war, um eine 'zweite Runde' anzubieten. Byakuya schüttelte seinen Kopf und strich ein paar schweißnasse Haare aus Renjis Gesicht. „Wie kommt es, dass ich jemals einen Barbaren von der Elften abgeschleppt habe?“ Renji warf Byakuya ein schiefes und breites Grinsen zu, als er sagte: „Du hast mich rekrutiert.“ „Oh, tatsächlich“, lächelte Byakuya. „Ich dachte, du hättest mich verfolgt.“ Renji Lippen lagen blitzschnell auf Byakuyas. Als er sich von dem überraschenden Kuss zurückzog, tippte er gegen Byakuyas Nase. „Hab dich.“ Byakuya dachte über eine Vielzahl von Antworten nach, doch entschied dann stattdessen, die Nachttischlampe auszuschalten. Er kuschelte sich gegen Renjis warmen Körper und sagte einfach: „Ja, das hast du.“ Kapitel 13: In a Master's Hands ------------------------------- Sonnenlicht stach Renji, wie ein Messer in die Augen. Er rollte sich herum, um sich vor der schmerzenden Helligkeit zu schützen. Er vergrub sein Gesicht in die nächstgelegene Kluft im Bett und so presste Renji seine Nase in Byakuyas Hintern. Hintern? Renjis verkatertes Hirn versuchte zu enträtseln, warum Byakuyas Hintern wohl auf dem Kissen lag. Er brauchte viel zu lange, bis er zu der Erkenntnis kam, dass dies vielleicht bedeutete, dass Byakuya wach war. Renji öffnete ein Auge etwas und tatsächlich saß Byakuya aufrecht und las einen Stapel von Papieren in seinem Schoß. Er hielt gerade eine dampfende Tasse Tee unter seine Nase. Gelegentlich nahm er einen Schluck. Dünne Lippen teilten sich, sein Mund war geöffnet. Wenn er einen Schluck nahm, hüpfte Byakuyas Adamsapfel beim Schlucken. Verdammt. Unvergleichlich. Renji wollte gerade sagen, dass es verdammt unfair war, dass Byakuya so beiläufig atemberaubend war, als Byakuyas Hand abwesend nach unten glitt, um auf Renjis Kopf zu ruhen. Finger kräuselten sich in Renjis Haaren. Ein sanftes Ausatmen war in dem Moment zu hören, als Byakuya ihn berührte. Ohne zu wissen, dass Renji wach war und ihn beobachtete, entspannten sich Byakuyas Schultern und das Gesicht wurde weicher. Als sich die Finger in einem Knoten in Renjis Haaren verhedderten, hoben sich die Mundwinkel zu einem liebevollen Lächeln. In diesem Moment blicke Byakuya hinunter und ihre Augen trafen sich. Sie hielten den Blickkontakt und Renji sog die Luft ein, wartete darauf, dass die Maske wieder auf ihren Platz fiel, dass Byakuya diesen unverfälschten, offenen Moment beendete. Doch Byakuya schaute mit einem leichten Beben zurück, da er bei dieser Geste erwischt worden war… beim Glücklich und Zufrieden sein? Renjis Herz hämmerte, wartete auf etwas, aber was? Dann zog Byakuya seine Hand zurück, wandte sein Gesicht ab und fragte: „Wie lange hattest du geplant so zu tun, als würdest du schlafen?“ Renji rollte sich von Byakuya weg, da der Moment vergangen war. Mit einem Gähnen streckte er sich, bis seine Knochen knacksten. „Ich habe irgendwie gehofft, wir könnten den Tag im Bett verbringen.“ Byakuya machte einen Laut, der ein Stöhnen hätte sein können. „Hast du keinen Dienst?“ „Nah“, sagte Renji. Er verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und starrte die Decke an, erfreut über seine Voraussicht. „Ich habe mit Nanako getauscht. Ich muss nicht vor Mittag gehen. Im Austausch für eine Doppelschicht später in der Woche, mache ich heute eine kurze Schicht, also habe ich jede Menge Zeit, Kommandant Ōtoribashi hierher zu bekommen und alles für dich vorzubereiten.“ Als Byakuya nichts daraufhin sagte, blickte Renji zu ihm hinüber. Er betrachtete die Papiere sehr sorgsam. Doch da war etwas in der Weise, wie er scheinbar sehr flache Atemzüge machte, was Renji breit grinsen ließ. Er zog sich in eine sitzende Position hinauf und stieß Byakuya leicht mit seiner Schulter. „Freust dich drauf, eh?“ Ein sehr heiseres „Durchaus“ war alles, was Byakuya herausbrachte, was Renji tief glucksen ließ. Der Wind heulte durch die Äste. Ein kalter Wind pfiff durch die Öffnungen. Renji erschauderte. Er lehnte sich zu Byakuya hinüber und versuchte zu lesen, was er sich da anschaute. Dann musste er sich wieder zurücklehnen, um sich die Größe des Stapels anzuschauen und dann noch einmal draufzublicken. "Ist das ernsthaft deine Agenda für heute?" Byakuya ließ das Schriftstück sinken, welches er gerade am Lesen war und nickte ernst. Er schloss die Augen und nahm noch einen weiteren, tiefen Schluck von seinem Tee, als würde er den letzten Tropfen Sake aufsaugen und nickte dann. "Leider ja." Selten fühlte Renji Mitleid für jemanden, der so astronomisch reich war wie Byakuya, doch nun tat er es. In Inuzuri würde es keinen Kuchen geben, kein Essen, aber Leute würden dich anlächeln und alles Gute wünschen. Manchmal würde jemand etwas stehlen, um es dir zu schenken. Aber niemand erwartete irgendetwas zu strapaziöses von dir. Da gab es vielleicht ein Treffen am Feuer und ein paar Lieder. Nichts war wirklich toll in Inuzuri, aber deine Geburtstage gehörten zumindest dir – du konntest die Agenda erstellen. "Das sieht verdammt nach Arbeit aus." "Ist es", stimmte Byakuya zu. "Ist es immer so", fragte Renji. "Seit ich Familienoberhaupt bin, ja", sagte Byakuya, seine Augen waren immer noch geschlossen. Er hielt die Teeschale mit beiden Händen unter seine Nase. Er nahm einen weiteren Schluck, genoss ihn und warf Renji dann einen kurzen, ernsthaften Blick zu. „Ich bin sehr dankbar, dass ich nach Hause kommen kann und du da bist.“ „Ja, du wirst ein bisschen Stressabbau benötigen“, stimmte Renji zu. „Und da fühle ich mich schlecht, dass ich so derb bin.“ „Nicht im Geringsten“, sagte Byakuya mit einem kleinen Lächeln. „Dein Geschenk ist sehr durchdacht.“ Renji kratzte sich verlegen den Nacken. „Wenn du das sagst.“ Eine Hand fuhr hinunter und legte sich auf Renjis Oberschenkel, um ihn kurz zu drücken. „Tue ich. Es ist sehr tröstend zu wissen, dass du zu Hause auf mich wartest.“ Renji grinste und fügte still hinzu: in deiner liebsten, perversen Art und Weise eingepackt. Ja, das Tanzen wäre in die Hose gegangen. Vor allem bei den vielen sozialen Verpflichtungen, die heute von Byakuya erwartet wurden. „Und danach“, begann Renji und unterdrückte mit dem Handrücken ein Gähnen. „Werden deine Verwandten endlich ausziehen?“ Byakuya nickte, doch seine Schultern sanken ein wenig hinab, sodass er sehr dankbar über diese Tatsache aussah. „Hast du jemanden gefunden, der sich Daisuke annimmt?“, fragte Renji. Er hätte den Kagema fast vergessen, den Kyōraku versucht hatte zu vergiften, aber als er Seichi gestern Nacht gesehen hatte, hatte er sich an einen Haufen Versprechen erinnert. „Ich denke“, Byakuya blickte von seinem Schriftstück auf. „Wenn Daisukes Gespräche gut laufen, und ich vermute, dass sie das werden, habe ich eine Cousine, die einen gutaussehenden Diener benötigt.“ Renjis Augenbrauen schossen in die Höhe. „Gutes Aussehen benötigt? Bedeutet das, was ich denke, was es bedeutet?“ Byakuya rollte nicht wirklich mit seinen Augen, aber er seufzte in einer Weise, die Renji klar zu verstehen gab, dass er viel zu schmutzig dachte. „Der Haushalt trifft eine Menge wichtiger Händler. Ein gutaussehendes Gesicht unter den Dienern zu haben, der Essen serviert und Türen öffnet, wird als wertvolle Bereicherung angesehen. Renji machte einen „Ja, sicher“-Laut. „Hör auf“, mahnte Byakuya. „So ist es nicht.“ Natürlich verkündete in diesem Moment Eishirō, dass er mit dem Frühstück kam. Renji setzte sich so hin, dass er gegenüber von Byakuya war. Da er nackt war, benötigte es einiges an Zurechtzupfen, doch er schaffte es, bevor Eishirō den Weg durch die Räumlichkeiten zu ihrem Bett zurückgelegt hatte. „Alles Gute zum Geburtstag, mein Herr“, sagte Eishirō mit einem scheuen Lächeln und einer agilen Verbeugung, bei der er es schaffte, alle Inhalte des Tabletts aufrecht zu halten. „Vielen Dank“, sagte Byakuya ehrlich, doch in einer Weise, die Renji vermuten ließ, dass er es bereits müde war, die vielen Geburtstagswünsche für den Tag zu akzeptieren. Andererseits schien Byakuya weitaus überraschter von dem Geschenk, dass neben dem Frühstück auf dem Tablett lag, als er die Abdeckung anhob. Er klang bestürzt, als er das obligatorische „Eishirō! Das hättest du nicht tun müssen“ sagte. „Es ist eine Kleinigkeit“, sagte Eishirō. Er hatte die Dinge auf dem Tablett fertig angerichtet und kniete sich nun neben das Bett und beugte seinen Kopf. „Es entspricht nicht im Geringsten den Wert meines Herrn.“ Schon gut, vermutlich ist nur sein Monatsgehalt dafür draufgegangen, dachte Renji als er sich auf das übliche Hin und Her von 'Ich kann das nicht annehmen' und 'Es ist wirklich nicht der Rede wert' vorbereitete, was normalerweise eine Geschenkübergabe mit sich brachte. Byakuya überraschte jeden, in dem er dieses Protokoll übersprang. „Ich bin sicher, dass es perfekt und durchdacht ist“, sagte Byakuya. „Ich bin nur über den Zeitpunkt bekümmert. Von dir und deiner Familie wird schon bald erwartet, ohne Gehalt zu gehen.“ Renji machte tatsächlich einen kleinen 'Autsch'-Laut. Denn, wirklich Byakuya? Du fängst jetzt von Geld an? Bei deinem Diener? Der dir gerade ein Geschenk machte? Doch Eishirō winkte Byakuyas Protest ab. „Deine Sorge rührt mich, mein Herr. Doch denke nicht so weit. Ich habe dies schon eine lange Zeit geplant, was, wie ich glaube, sehr offensichtlich werden wird.“ „Ah, ja, natürlich. Das hätte ich wissen müssen“, sagte Byakuya und hob das Geschenk auf. Es war eine flache Schachtel. Sie hatte ungefähr die Länge von Renjis Unterarm, war leicht breiter als länger. Perfekt und akkurat in Kuchiki-blaues Papier eingefasst. Ansonsten war es schmucklos, doch diese Einfachheit hatte ihre eigenen Schönheit. Als Byakuya begann, die Ecken aufzufalten, fügte Eishirō hinzu: „Ich habe mich mit der Näherin zusammengetan, also siehe es auch als ein Geschenk von ihr an.“ Nun war Renji wirklich neugierig und er lehnte sich so weit über das Tablett, wie er sich traute. Die Matratze beugte sich schon so weit, dass Renji das Tischchen für das Tablett mit der Hand sicherte. Ein Bilderrahmen glitt aus dem Papier heraus und was auch immer dort zu sehen war, ließ Byakuya keuchen. Tränen formten sich sofort in seinen Augen, was er überspielte, in dem er wegschaute. „Was? Was ist es?“, wollte Renji wissen. Byakuya schloss die Augen, überwältigt von Emotionen, doch er drehte den Bilderrahmen so, dass Renji ihn sehen konnte. Auf einen Streifen reiner, weißer Seide war etwas mit grauen und silbernen Fäden gestickt – durchzogen mit Blutrot. Renji erkannte es sofort. Es war ein Bild seines Nues von Byakuyas Beerdigungskimono: der Schlangenschwanz war gebeugt und zischte die fallende Pflaumenblüte an, die Hisana darstellte. Renji setzte sich zurück, wie vom Blitz getroffen. Es war wundervoll. Es war... vertraut und... ein bisschen tragisch. Und doch waren die Stickereien so wunderschön und atemberaubend, wie sie Renji in Erinnerung hatte. Das Bild war eine kraftvolle Erinnerung an ihre Liebe – wie viel sie überlebt hatte, selbst in ihren Anfängen. „Ist es in Ordnung?“, fragte Eishirō nervös. „Die Arbeit war so wundervoll, ich empfand es als eine Schande, sie vollständig zu...“ Byakuya schnitt ihm die Worte ab. Er nahm mit seiner freien Hand kurz Renjis Hand auf, doch die Geste strahlte Emotionen aus. „Es ist perfekt. Ich werde es für immer in Ehren halten.“ Nachdem sich Eishirō seinen Weg hinaus verbeugt hatte, fragte Renji: „Es wird dich nicht traurig machen, wenn du daran denkst, dass ich durch deine Hände hätte sterben können?“ Byakuya runzelte über den Streifen Seide eine lange Zeit die Stirn und stellte dann den Bilderrahmen zur Seite. „So viel meines Lebens bestand aus Tragödie und Verlust. Das hier beweist zumindest deine Widerstandsfähigkeit.“ Byakuya schaute von dem leeren Teller auf, den er angeschaut hatte und warf Renji ein kleines Lächeln zu. „Du hast sogar meinem Versuch, dich zu töten, getrotzt.“ Das angedeutete 'Und wenn ich dich nicht töten kann, kann es niemand' hing unausgesprochen in der Luft. Renji gluckste. Arrogant wie immer. Allerdings hatte Byakuya diesen siebten Espada – Zommari war es, oder? - besiegt. Es hatte ihn ein verdammtes Stück mehr als einen Haori gekostet, doch er hatte es mit, fast wortwörtlich, einem Arm auf dem Rücken zurückgebunden geschafft. Humpelnd. Den Schaden selbst zugefügt. Badass. Unvergleichlicher Badass. „Es verstört mich, wie dich das zum Grinsen bringt“, sagte Byakuya und wandte seine Aufmerksamkeit dem Essen zu. Da war die gewohnten Schalen mit gedämpftem Reis und Miso-Suppe aus Fischbrühe. Daneben war eine kleine Portion Winterspinat, blanchiert und mit irgendeiner Sauce mariniert und mit geröstetem Sesam garniert. Das eingelegte Gemüse war 'Fukujinzuke', Engelegtes der sieben Glücksgötter: Daikon-Rettich, Aubergine, Lotoswurzel, Gurke, Schwertbohnen, Shiso und Shiitake-Pilzen. Eine geschnittene Rolle Tamagoyaki, gebratene Eierrolle, war das Hauptgericht, was Renji glücklich machte. Das Omelett war eines seiner Lieblinge, da es meistens süß war, da es aus Zucker oder Mirin, einem weißen Reiswein, gemacht wurde. Renji wartete ungeduldig, bis Byakuya seinen Segen gesprochen hatte und haute dann rein. „Du musst mich mehr mit dir trainieren lassen“, sagte Renji, um den Gedanken wieder aufzugreifen. „Ich habe mir von Nummer 8 der Espada in den Arsch treten lassen und ich hatte den Quincy-Jungen zur Hilfe bei mir.“ Renji zuckte ein wenig bei dem Phantomschmerz zusammen, wie seine Organe zerschmettert wurden. Eine Welle der Hilflosigkeit drohte ihn zu überwältigen, doch er lenkte sich damit ab, eine oder zwei Stücke der Eirolle in seinen Mund zu stopfen. Beim kauen murmelte er: „Ja, ernsthaft. Ich muss stärker werden.“ Byakuya aß hingegen elegant von dem Eingelegten. „Wen erwartest du zu bekämpfen?“ „Aizen“, sagte Renji ohne groß drüber nachzudenken. „Renji, Aizen ist lebenslänglich im Verlies.“ Renji schnaubte. „Ja, nun ja, wir werden sehen, wie lange das anhält.“ „Normalerweise würde ich sagen, dass du ohne Gründe paranoid bist“, sagte Byakuya, nachdem er nachdenklich einen weiteren Bissen genommen hatte. „Aber deine Instinkte gegenüber Aizen waren immer gut gewesen. Wir werden Zeit finden, um zu trainieren.“ „Nett“, sagte Renji und bediente sich bei dem Eingelegten. „Außerdem“, sagte Byakuya beiläufig, aber mit abgewandten Augen. „Je mehr wir kämpfen, desto weniger fürchte ich deinen Dämon.“ Renji hatte einen großen Schluck Tee genommen und musste ihn für einige Momente im Mund behalten, um nichts falsches zu sagen. Renji konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als sie über Dämonen und all das gesprochen hatten. Und Byakuya warf das Wort 'fürchten' in den Ring, als wäre es Nichts...? Erst der offene, verweilende Blick und nun das? Fühlte sich Byakuya heute, an seinem Geburtstag besonders verletzlich und ehrlich? Byakuya könnte auch über den Fetzen des Beerdigungskimono grübeln. Das waren... harte Zeiten gewesen, um es milde auszudrücken, und der Nue war im Mittelpunkt ihres Kummers gewesen. Wenn das so war, dann würde es Renji wirklich begrüßen, wenn sie die Sache hinter sich lassen könnten. Endlich schaffte es Renji, den Mund zu leeren und wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Ich schätze, da hat jeder was von, eh?“ „Genau mein Gedanke“, sagte Byakuya und schien sich ein wenig zu entspannen, als er Renjis Teeschale nachfüllte. Seine Augen waren immer noch nach unten gerichtet und obwohl das nicht wirklich ungewöhnlich war, fühlte Renji den Drang zu fragen: „Bist du in Ordnung?“ Byakuya hielt inne und überlegte. Die leere Maske, die er normalerweise trug, wackelte ein wenig. Dann seufzte er. „Ich hasse meinen Geburtstag. Er macht mich rührselig, lässt mich fragen, was ich erreicht habe, das es wert ist, zu feiern. Ich bin stolz auf meine Dienste in den Hofgarden, aber ein großer Krieger zu sein bedeutet, dass meine größte Errungenschaft ein Schatten voller Gräber in meinem Rücken ist. Ein fähiger Krieger zu sein ist nicht, als sei man ein fähiger Komponist oder Künstler oder selbst ein großzügiger Wohltäter. Ich habe all die Jahre gelebt und habe nichts vorzuweisen, außer Blut und Kummer.“ Er atmete tief durch, drehte sein Gesicht weg und die letzten Worte, die er sprach, waren kaum mehr als ein Wispern: „Noch nicht einmal ein Kind, welches meinen Namen trägt.“ Wow, ok, also tickte Byakuyas biologische Uhr? Das war das Letzte, womit Renji gerechnet hatte. Der Rest machte keinen Sinn für ihn. Theoretisch hatte er das schon irgendwie begriffen. Doch woher Renji kam, war Ruf das allerbeste, was eine Person hoffen mag, zu erreichen, bevor er starb. Renji hatte alles geopfert, um es wert zu sein, Zabimaru zu tragen. Er hatte immer erwartet, dass seine größte Errungenschaft sein würde, im Dienste der Hofgarden zu sterben. Seine einzige Ambition auf die er hoffte war, dass sein Opfer genug wert war, dass jemand sein Ableben vermerkte und seinen Namen auf einen Stein gravieren ließ, damit man sich an ihn erinnerte. Aber ein Baby? Fühlte sich Byakuya deswegen so seltsam? Renji hatte keine Ahnung, was er damit anfangen sollte. Keine einzige. Da waren immer ein paar Kinder in Inuzuri. Sie kamen und gingen, wie jeder andere, aber... es gab kein Essen in Inuzuri. Du konntest einem Kind erklären, auch wenn es eine große Lüge war, dass der Hunger weggehen würde, denn im Land der Toten bringt dich Hungern nicht um. Babies... Babies starben an dem Bedürfnis. Selbst wenn Wasser hätte genug sein müssen, konnten Babies aus welchen Gründen auch immer, nicht damit überleben. Liebe und Hoffnung funktionierten auch nicht, egal wie sehr man es versuchte. Immer wenn es ein Baby nach Inuzuri geschafft hatte, war es furchtbar. Die Ankunft eines Babys war jedermanns Albtraum. Die Idee davon, eines in diese Welt zu bringen war absolut fremd für Renji, ein Gräuel sogar. Aber Byakuya sah so... verloren aus. Renji hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. „Was ist mit Shinobu? Ich meine, ist das nicht der Grund, warum er hier ist?“ „Ja, natürlich“, sagte Byakuya, sein Gesicht war immer noch abgewandt. „Aber hast du niemals selbst ein Kind gewollt, Renji?“ Nicht einmal eine Millisekunde. Renji mochte Kinder ganz gerne, aber Babies nicht wirklich. Doch Byakuya schaute ihn gerade an, also sagte er: „Ich brauche mich nicht wirklich darum zu sorgen, dass der Name Abarai weitergegeben wird. Da wird es immer eine Abarai-Gang draußen in Inuzuri geben. Es ist nur ein Phänomen wie der grausame Pirat Roberts. Und für den Rest“, Renji zuckte mit den Achseln. „Ich denke ich habe niemals vermutet, dass ich lange genug leben werde, um brüten zu wollen. Oh, ähm, ist nicht böse gemeint!“ Byakuya blickte finster drein. „Brüten?“, wiederholte er und machte einen schnaubenden, angewiderten Laut. „Ich rede von meinem Erbe.“ „Sicher“, sagte Renji, als würde er das für eine Sekunde glauben. Warum sprach Byakuya überhaupt mit Renji über Babies, es war ja nicht so, als könnten sie... „Oh. Ist es das? Fragst du mich nach meiner Erlaubnis, dass du irgendeine Frau schwängern kannst? Denn ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich meine, meine Erfahrungen waren bisher, dass wenn du einmal den Weg für eine Familie frei machst, bekommst du es nie wieder zurück.“ Oh, scheiße. Hatte er das laut gesagt? Byakuya sah perplex aus, als wäre es ihm niemals in den Sinn gekommen, dass Renji vielleicht wegen Rukias Adoption am Boden zerstört gewesen sein könnte. „Uh“, Renji versuchte, das Gespräch in eine etwas andere Richtung zu lenken. „Was ich meine ist, dass ich ziemlich eifersüchtig werden würde, wenn du mit einem Baby und seiner Mutter rumturteln würdest. Ich sehe keinen Platz für mich bei einer solchen Verbindung und auch nicht, wie ich dazwischen kommen könnte. Keine Chance.“ „Das habe ich nicht angedeutet“, sagte Byakuya, sein Gesicht war immer noch blass, weiß wie ein Bettlaken. „Tatsächlich bin ich mir noch nicht einmal sicher, was ich angedeutet habe. Ich wünschte nur...“ Was auch immer Byakuyas Gedanken sein mochten, sie wurden von einer knallenden Tür und schnellen Fußschritten abgeschnitten. Renji war aus dem Bett gesprungen und hatte nach Zabimaru gegriffen, bevor er realisierte, dass es von allen Menschen dieser Welt, ausgerechnet Rukia war. Tränen füllten ihre Augen und sie hielt nur inne, um Renjis Nacktheit einen neugierigen Blick zuzuwerfen. „Nii-sama“, sagte sie, ihre Stimme hatte Probleme, nicht zu brechen. „Ichigo wacht auf. Es tut mir so lei-“ „Sei das nicht einmal für einen Moment“, sagte Byakuya mit einem Wink seiner Hand. „Geht, ihr beide. Schnell, bevor ihr die Möglichkeit verpasst.“ Rukia umarmte Byakuya spontan und flüsterte etwas in sein Ohr. Währenddessen griff Renji nach seinen Klamotten und Zabimaru, begann hektisch, sich anzuziehen. Als Byakuya sagte „Ja, ja, aber du musst dich beeilen“, hatte Renji bereits Kosode und Shitagi verknotet. Der verdammt komplizierte Hakama konnte warten, bis sie vor dem Senkaimon standen. „Lass uns gehen“, sagte Renji, zog Rukia von Byakuya weg. „Dein Bruder hat recht. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ „Aber sein Geburtstag!“ „Wird nächstes Jahr wieder sein“, sagten Byakuya und Renji unisono. Renji blickte Byakuya mit einem kleinen Lächeln an. Er hielt lange genug inne, um Byakuya auf den Scheitel zu küssen und zu sagen: „Der Junge hat nur ein paar Minuten. Also ist es nicht so, als würde ich nicht rechtzeitig heute Abend zurückkommen.“ „Ich werde dich erwarten“, sagte Byakuya liebevoll. Dann wurde sein Ton befehlend: „Nun geht oder ich werde euch mit Gewalt rauswerfen.“ „Ah, das ist Liebe“, sagte Renji mit einem Lachen, während er Rukia aus der Tür schob, sie mit „Zieh dir deine Hose an, du Depp“ protestierte und er mit „Sei nicht so ein Mimöschen, mein Arsch ist bedeckt. Da ist Nichts, was die Leute hier noch nicht gesehen haben“ antwortete. Als ihre Zankerei außer Hörweite war, seufzte Byakuya. Er wäre sauer auf das erstaunlich unhöfliche Timing von Ichigo Kurosaki, doch Byakuya war tatsächlich froh zu wissen, dass Rukia ein mehr als triftigen Grund hatte, sein... Geburtstagsprocedere zu verpassen. Oder vielleicht, dachte Byakuya als er auf die seidigen Stickereien seines Beerdigungskimonos schaute, wäre der Begriff 'Prozession' noch treffender. Es würde eine trostlose, langweilige Angelegenheit werden. Jeder, den er liebte, sollte es gut haben und dem Ganzen fernbleiben. Er füllte seine Schale bis zum Rand und stellte sie auf seinem Nachttisch ab. Dann stellte er das Tablett auf die Seite und wollte aufstehen, um sich anzuziehen. Ah, aber er konnte sich heute kaum selbst anziehen, oder? Da waren zu viele Lagen des formalen Kimono, mit denen er kämpfen müsste. Mit einem weiteren, bedauerndem Laut klingelte er nach einem Diener. Er nippte an seinem Tee und wünschte sich in einer seltsamen Anwandlung, dass er Renji und Rukia hätte begleiten können. Heute würde furchtbar für sie werden, vor allem für Rukia – aber auch für Renji. In einer noch seltsameren Anwandlung war Byakuya neidisch auf Ichigo. Sein Weg stand nun weit vor ihm. Er konnte nun entdecken, welches Vermächtnis jenseits von Blut, Tränen und Schmerz auf ihn wartete. Ja, sein Schwert wurde ihm gewaltsam genommen, doch Ichigo konnte sich jetzt darauf konzentrieren, aufzuwachsen und alt zu werden. Ichigos Leben war nun zum ersten Mal seines und frei von der Verantwortung, die Welt zu retten. Vermutlich würde Ichigo gegen ein solches Schicksal mit jeder Faser seines Daseins ankämpfen. Er würde niemals die Freuden daran sehen, ein normales, ereignisloses Leben zu führen. Solche Geschenke, dachte Byakuya, sind an die Jugend verschwendet. Renji band sein Hakama, während sie darauf warteten, dass die Kidō-Wache das Senkaimon bereit machten. „Ist es, weil Hisana krank war? Ist das der Grund, warum dein Bruder niemals Kinder bekommen hat?“ „Was jammerst du da?“ Sie sah aus, als wäre sie Kilometerweit weg gewesen oder vielleicht am Rande der Tränen. Ah, scheiße, natürlich hatte Rukia andere Dinge im Kopf. Er zog noch einmal am Obi und rückte Zabimaru zurecht. „Vergiss es.“ Renji legte eine Hand auf ihre dünne, schmale Schulter und drückte sie, wie er hoffte, tröstend. „Weißt du, was du sagen wirst?“ Ihre Lippen wurden dünn, doch ihr Ausdruck wurde ruhiger. „Ich denke schon.“ Er nickte beeindruckt. In ihrer Situation hätte er nicht eine verdammte Ahnung. Aber ihre Zuversicht machte seine Rolle einfacher. „Richtig“, sagte er und nickte der Kidō-Wache zu, dass sie bereit waren, sobald das Senkaimon bereit war. „Ich werde sicherstellen, dass du die Möglichkeit dazu hast.“ 3 Stunden verbrachte Byakuya bereits mit dem, was er in Gedanken Geburtstags-'Prozession' nannte und Eishirō hatte bisher noch nicht einmal alle Familienmitglieder verkündet, die anwesend waren. Die Diener hatten den größten Raum im Anwesen abgestaubt und poliert. Genau genommen waren es 4 große Räume, die kombiniert worden, ihre Fusuma-Wandschirme entfernt und gut verstaut. Die Bemalung der verbliebenen Wände ergaben so einen nahtlosen Wechsel der verschiedenen Jahreszeiten. Das Podium, auf dem Byakuya saß, stand natürlich im Winter-Raum. Vor ihm ausgebreitet saßen die Repräsentanten seiner kompletten Familie, angemessen des Rangs organisiert und angeordnet. Ihm am Nächsten waren die mit dem höchsten Rang. Rukias Fehlen war auffällig, da sie einen Platz neben ihm auf dem Podium einnehmen würde. Genauso wie das Fehlen von Tante Masama, die eine Ebene weiter unten sitzen würde, welche sie mit dem Erben, Shinobu geteilt hätte. Dieser saß nun alleine dort und versuchte verzweifelt still zu sein und angemessen interessiert/desinteressiert zu wirken. Das war schwierig, selbst für einen erfahrenen Veteranen, was diese Dinge anging. Der Junge machte sich in Anbetracht dessen wirklich gut. Byakuya unterdrückte den Drang zu Gähnen, während die Liste der Namen und Ränge weiter vorgelesen wurde. Der Herbstraum, der am weitesten weg war, hatte sich endlich angefangen zu füllen. In dieser Entfernung konnte Byakuya nur Andeutungen von Kleidung und Farbe erkennen. Es faszinierte ihn, dass es scheinbar einen direkten Zusammenhang zwischen den dürftigen und niedrigen Verwandschaftsgrad und dem greller und auftragender werdenden Kimonos bestand. Es war, als wären die 'armen' Verwandten die Paradiesvögel, die verzweifelt mit Federkleid und Spielereien auffallen wollten. Er wollte sich zur Seite lehnen, um seine Beobachtung mit Rukia zu teilen, nur um sich selbst aufzuhalten und zu erinnern, dass sie nicht dort war. Es war eh kein so schlauer Gedanke. Die Namen gingen weiter... Zumindest wäre zu irgendeinem Zeitpunkt eine Tanzaufführung und vielleicht auch Gesang. Leider wurde die Liste der Namen wiederholt, wenn jeder seine Geschenke zu seinen Füßen ablegen würden. Es wären alles 'Geschenke', die Byakuya niemals auch nur öffnen würde, denn es waren mehr Abgaben als Geschenke... Warenhäuser voller Reis, Seidenballen, Grundbesitz von Feldern und so etwas in der Art. Was Byakuya wirklich wollte war Kaugummi oder ein Handy aus dem Diesseits, irgendetwas das zumindest vage persönlich war. Ironischerweise war die einzige Sache auf dem heutigen Programm, die Byakuya zumindest irgendwie genossen hätte, ein Auftritt gewesen, welches von Isoroku geschrieben wurde und bei dem er die Leitung übernommen hatte. Doch das war natürlich gestrichen worden, da er nach dem heutigen Tage weggeschickt werden würde. Mehr Namen, mehr Titel zum Vorlesen. Und in dieser Entfernung musste Byakuya noch nicht einmal mehr genug Beachtung schenken, um zu nicken oder sich die Mühe machen, wirklich Aufmerksam zu sein. Und doch konnte er kaum ein Nickerchen halten oder desinteressiert wirken. Der Tag versprach, endlos zu werden. Renji war erschöpft, als er endlich zurück in der Soul Society war. Er hatte nicht viel getan. Tatsächlich war er hauptsächlich auf dem Weg gegangen, vor allem als er gemerkt hatte, dass die meisten von Ichigos besten Freunde für ihn da gewesen waren. Also hatte sich Renji zurückgehalten, mit Urahara geplaudert und ihm Gesellschaft geleistet und dann als moralische Unterstützung für Rukia gedient, als es klar war, dass Ichigo sie nicht mehr sehen konnte. Es war hart. So viele Tränen. Um wirklich ehrlich zu sein, Renji hatte auch ein klein wenig geweint. Nichts war härter als zuzusehen, wie ein Typ wie Ichigo jedes Gramm an Stärke verliert, die ihn einmal ausgemacht hatte. Renji war ziemlich sicher, dass er lieber sterben würde, als ohne seine Kräfte zu leben. Es nur zu hören, hatte dafür gesorgt, dass Renji Zabimaru fester umschlossen hielt und dass seine Eier versucht hatten, irgendwo in sein Inneres zu kriechen, um sich zu verstecken. Er war nur froh, dass er den tatsächlich Anblick davon verpasst hatte. Rukia hatte danach eine Menge Bier gebraucht. Sie hatten über verwundete Veteranen gesprochen und wie es für einen Soldaten war, aber es war offensichtlich, dass es nicht viel geholfen hatte. Es ging ihr schlecht wegen Ichigo. Renji konnte nicht viel tun, außer zu versuchen, ein guter Freund zu sein und zuzuhören. Er wäre genauso am Boden zerstört, wenn nicht sogar mehr, wenn es Byakuya statt Ichigo wäre. Alleine beim Gedanken daran fühlte sich Renji schlecht. Aber er blieb nüchtern, damit er sie zur Dreizehnten zurücktragen konnte, falls notwendig. Was er am Ende tatsächlich hatte tun müssen – sie hatte mitten im Diesseits die Fähigkeit zu gehen verloren und vermutlich auch einen Teil ihres Willens. Doch Kommandant Ukitake hätte nicht verständnisvoller sein können, also fühlte es sich für Renji richtig an, Rukia in seine Pflege zu übergeben. All das hatte nur bis zum Späten Nachmittag gedauert, also hatte Renji immer noch jede Menge Zeit, um in der Sechsten nach dem Rechten zu sehen, sich für die verpasste Schicht zu entschuldigen, ein wenig Arbeit zu erledigen, etwas zu essen, ein Bad zu nehmen und... sich auf den Weg zur Dritten zu machen, um Kommandant Ōtoribashi einzusammeln. Wo er auch gerade saß und wartete. Wieder einmal bevorzugte Renji die Couch. Doch dieses Mal war die Dritte viel geschäftiger. Soldaten kamen und gingen. Der Geruch von frischem Kaffee, ein Duft, den Renji sehr mit dem Diesseits in Verbindung brachte, kam von irgendwoher aus der Nähe. Der Ort summte vor angenehmen, leisen Geräuschen, Gesprächen in den Fluren vermischten sich mit Befehlen und dem Training auf dem Übungsplatz. Allerdings kam es Renji erst jetzt in den Sinn, als er unter all diesen Leuten saß, die ihren normalen, banalen, ausgesprochen unperversen Tag durchlebten, was er im Begriff war, mit Rose – einem Typen, den er kaum kannte – zu tun und das es vielleicht ein wenig unangenehm werden würde. Es war nicht unbedingt das nackt sein, was Renji zum Überlegen brachte. Er dachte, dass er ein verdammt gutaussehender Kerl war, mit oder ohne Klamotten. Also war es nicht, als würde er sich schämen, wenn Rose irgendetwas davon sehen würde – wenn überhaupt war er stolz auf seinen Körper: Zwischen der harten Arbeit und der Tinte, war sich Renji ziemlich sicher, dass er ohne Probleme gegen den nächstbesten Typen ankommen könnte. Aber Rose würde es tun, während er vollständig bekleidet war, vermutlich sogar in Uniform. Um 100 Prozent ehrlich zu sein: Es war nicht so, als wäre Renji noch nie der einzige Nackte gewesen unter Leuten in Uniform, doch das hatte immer im Kontext zu mitternächtlichem Unfug in der Elften gestanden. Normalerweise hatte Renji Zabimaru mit sich und noch wichtiger, all die Typen waren... Nun ja, sie waren alle von der gleichen Sorte, nicht wahr? Aber was war Rose? Der Typ sah zierlich genug aus, um ein Adliger zu sein, doch Renji hatte keine Ahnung. Yumichika war ein feingliedriger, hübscher Mann, doch er kam geradewegs aus der gleichen Hölle, wie der Rest der Elften. Es war nicht so, als könnte man es rein vom Anschauen sagen. Also, mitternächtlicher Unfug, selbst wenn es gewalttätig und vage ernst wurde, war nicht zu vergleichen mit der möglichst verwundbaren und verfügbaren Weise gefesselt zu werden, oder? Nun ja, Renji hatte dem Mann sein Sicherheitswort gesagt. Er musste ihm einfach vertrauen. Außerdem schien der Kommandant nett genug. Selbst wenn Kira ein beschissener Richter war, was Charakter anging, es war offensichtlich, dass Rose nicht Gin war. Dennoch konnte Renji das Gefühl von einer Puppe an Fäden nicht ganz abschütteln, wie sie zu dem Takt herumtanzte, die von dem Spieler diktiert wurde. Er hatte keine Ahnung, woher das Bild kam, aber es blieb dort hängen, am Rande seines Bewusstseins. Renji war sich sicher, dass er nur paranoide Ideen von Roses wohlbekannten musikalischen Neigung ableitete. Vermutlich war es nichts, eine Ausrede für seine eigenen, kalten Füße. Die Tür öffnete sich mit einem Rascheln. Kommandant Ōtoribashi steckte seinen Kopf durch den Türrahmen und warf Renji ein verhaltenes Lächeln zu. „Tut mir leid, dass ich dich warten lasse, Vizekommandant“, sagte er freundlich. „Es hat länger gebraucht, als ich dachte, um alle meine Sachen zusammenzusuchen. Du hast solch-“, er wedelte mit seiner Hand Renjis Körper hoch und runter, „- interessante Farben. Das ist schwer zu treffen.“ „Richtig“, sagte Renji, wusste aber nicht, was er daraufhin überhaupt sagen sollte. Er stand auf, denn der Kommandant stand ebenfalls, doch war sich nicht sicher, ob es ein Vorgehen danach gab. Sollte er salutieren? Verbeugen? Stattdessen zuckte er mit den Schultern: „Byakuya nimmt normalerweise rot.“ Rose nickte. „Ja, aber welches rot? Es hat eine Ewigkeit gedauert, ein blutrot zu finden, dass dunkel genug war. Deine Haare sind sehr... ungewöhnlich. Ich gebe zu, dass ich mit schwarz überlegt habe, was vermutlich etwas langweilig und uninspirierend ist, aber Kira hat mir gesagt, dass du noch mehr als die sichtbaren Tattoos hast und so habe ich gedacht, dass schwarz am Ende vielleicht etwas zu viel und zu abhängig wäre...“ Der Blick des Kommandanten hing an Renjis Uniform, als wolle er herausfinden, was darunter lag. „Nun ja, du wirst es früh genug sehen“, sagte Renji mit einem weiteren Schulterzucken. Der Kommandant ging in Richtung Tür und, da Renji nicht wusste, was angemessen oder nicht war, ging er automatisch einen Schritt hinter ihm. „Ich hoffe, du bist nicht beleidigt, aber die Diener erwarten uns am Händlereingang.“ Rose sah für einen Moment überrascht aus, als er seinen Beutel über seiner Schulter zurecht schob. Er warf das Haar von seinem Gesicht zurück und fragte: „Warum sollte mich das beleidigen?“ Renji entschied, dass er den Typen mochte, seltsames noch vorhandenes Gefühl von Puppenspieler hin oder her. „Das kann ich dir wirklich nicht sagen, Kommandant. Aber manche Leute kümmern sich um solche Sachen.“ „Ich habe mehr als hundert Jahre in der Welt der Lebenden verbracht. Wenn ich mich um solche Dinge scheren würde, hätte ich es dort nicht lange ausgehalten.“ Rose blickte zur Seite, um Renji anzuschauen und musste zwei Mal hinschauen, um zu bemerken, dass er hinterher hing. „Was tust du immer da hinten?“ In eine Schlacht gehen? Renji war sich nicht sicher. Zu sagen 'hier erwartet mich Byakuya' klang auch seltsam, als sagte Renji: „Ich weiß nicht. Ich denke, es ist nur natürlich.“ „Ich vermute, du bist schon eine lange Zeit Adjutant“, sagte Rose und winkte Renji heran, um neben ihn zu gehen. „Ähm, nicht länger als ein Jahr.“ Auf Rose neugierigem Blick hin erklärte Renji: „Aber ich wollte auch nie in Kenpachis Schusslinie stehen, wenn er loslegte. Wenn du weißt, was ich meine.“ „Ich befürchte, ich kenne den aktuellen Kenpachi nicht gut, aber alleine von Ruf und Titel her, kann ich mir nur vorstellen, dass es wahr ist“, sagte Rose. „Du warst in der Elften?“ „Ja, Kommandant“, sagte Renji. „Den größten Teil meiner Karriere.“ Rose kicherte. „Du bist furchtbar... respektvoll für jemanden, der den größten Teil seiner Karriere in der Elften verbracht hat.“ „Ich denke, meine Mama hat mich gut erzogen“, sagte Renji. Rose lachte. Sie gingen über den Übungsplatz. Der Wind, der den ganzen Tag über schon recht kühl war, war eisig geworden. Jegliche Feuchtigkeit in der Luft fühlte sich wie Eis an. Ein schwerer Dunst tauchte alles in gedämpftes, graues Licht. Der Übungsplatz war gut besucht, trotz des Wetters, doch die meisten Leute huschten von einem Ort zum Anderen und hielten sich nicht lange auf. Soldaten kamen vorbei und grüßten ihrem Kommandanten mit einem Nicken oder leichten Verbeugungen. Rose schien respektiert zu werden, dachte Renji. „Ich vermute, dein Kommandant Kuchiki gehört zu der Sorte, die auf Förmlichkeiten wert legt“, sagte Rose. „Das könnte man so sagen“, stimmte Renji zu. „Wie funktioniert das?“, Rose schien von seiner eigenen Direktheit überrascht zu sein. Er schüttelte seinen Kopf und begann noch einmal: „Ich meine, ist es schwierig für euch, Beruf und Vergnügen auseinanderzuhalten? Oder führt ein striktes Protokoll auf der Arbeit dazu, dass es zu Hause offensichtlich entspannter zugeht?“ Renji überlegte seine möglichen Antworten, doch dann entschied er, dass er in weniger als zwanzig Minuten nackt vor dem Kerl stehen musste, also sollte er wohl ehrlich sein. „Eh, wünschte ich. Die Sache ist, dass wir uns immer noch unseren Weg ertasten – im Allgemeinen. Selbst unbeschadet durchs Frühstück zu kommen kann kompliziert für uns sein. Ich denke, das ist der Grund, warum diese Dinge mit den Fesseln für uns funktionieren. Es gibt Regeln. Er weiß, wie er sich benehmen muss, wenn da klare Regeln sind, weißt du?“ „Und du?“ „Ich? Nun ja, sagen wir einfach, dass ich keine Möglichkeit habe, es zu vermasseln, wenn ich gefesselt bin, oder?“ Auf Roses besorgten Blick hin sagte Renji: „Und es ist nicht immer so. Es ist nur einfacher und er mag es – es ist seine Vorliebe. Für mich ist die Denkarbeit erledigt. Ich muss nicht viel nachdenken, weißt du? Normalerweise bin ich ein Typ, der mit allem klar kommt, also funktioniert das auch für mich.“ Rose machte einen unverbindlichen Laut. „Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen. Und ehrlich gesagt verstehe ich den Anreiz daran, einem Manuskript zu folgen. Es ist wie sich in einem fertig komponiertes Stück zu entspannen, einfach seine Gedanken schweifen lassen, während man den Noten folgt, die für einen bereits zu Papier gebracht wurden. Nichts ist falsch daran. Sehr vergnüglich.“ Renji nickte. Sie waren am Tor angekommen. „Du kennst den Weg zum Kuchiki-Anwesen?“ Als Rose nickte, atmete Renji kurz durch und ging in den Shunpō über, vertraute darauf, dass der Kommandant folgte. In wenigen Minuten waren sie am Hintereingang. Eishirōs junger Sohn Yu erwartete sie mit je einer Tasse heißem Tee. „Willkommen auf dem Kuchiki-Anwesen, Kommandant“, sagte Yu sehr formal. Er lächelte Renji an und fügte hinzu: „Willkommen zu Hause, Vizekommandant.“ Mit all der Aufregung des sich langsam zum Ende neigenden Tages waren die hinteren Korridore voller Diener. „Wie lange noch, bis Kommandant Kuchiki sich zurückziehen kann?“, fragte Renji ein wenig nervös. Er hatte keine Ahnung, wie lange all diese ausgefallenen Knoten brauchen würden. Er wollte genug Zeit für all das, aber er wollte auch nicht dort, wortwörtlich zu lange, hängen gelassen werden. Das könnte... nun ja, Renji war sich nicht sicher. Das war immerhin ein großer Schritt in ihrem Spiel. „Oh, nicht länger als eine Stunde, würde ich sagen, Vizekommandant“, sagte Yu. Renji blickte zu Rose, der nickte und sagte: „Das sollte perfekt sein.“ Eine Stunde? Rose warf Renji ein beruhigendes Lächeln zu. „Viele Sitzungen dauern länger, aber du bist ein Novize. Und viel wichtiger ist, dass es für jemanden anderen ist, nicht du und ich.“ Jep. Das würde unangenehm intim werden. Renji schob es aus seinem Kopf, denn das war alles Teil des Geschenks. Er hatte nichts anderes zu geben, also nicht wirklich. Yu verbeugte sich, nachdem er die Tür zu den Räumlichkeiten des Hausherren geöffnet hatte. Er sammelte die Tassen ein, Renjis unberührte und Roses leere. „Der Herr sagte, dass es ihnen frei steht, jegliche Räumlichkeiten zu nutzen, die eurer Ästhetik entspricht, Meister.“ Das war an Rose adressiert, der dankend nickte. „Klingeln sie einfach, wenn sie fertig sind.“ Sobald die Tür geschlossen war, öffnete Renji seine Haare und begann, sich auszuziehen. Rose erkundete währenddessen die Räumlichkeiten. Er schien das Schlafzimmer fast sofort auszuschließen und kehrte ins Wohnzimmer, mit dem eingesunkenen Feuerplatz und, wie Renji jetzt erst bemerkte, robusten Stützen, zurück. Es gab vier davon, symmetrisch platziert und aus irgendeinem polierten Holz – vermutlich Kirschholz – und ein Teil davon gehörte zur Architektur, die für Augen unsichtbar das Dach stützten oder was auch immer über dieser Decke war. Nun blickte Renji sie mit wachsender Beklemmung an, während er seinen Obi vom Hakama wegzog. Zeitgleich glitt Roses Hand über das Holz, streichelnd, testend... Dann ging er zurück zu der Tür, die sie hineingekommen waren und sein Blick glitt durch den Raum. Er ging hinüber, blies eine Laterne aus, stellte eine andere um und ging dann zurück zur Tür, um den Effekt zu überprüfen. Er versucht herauszufinden, wo der dramaturgisch beste Platz ist, mich zu drapieren; der Platz der sofort Byakuyas Blick einfängt, wenn er hereinkommt, erkannte Renji, während er den Hakama ins Schlafzimmer brachte, damit sein Kleidungsberg nicht Roses künstlerische Version, oder was auch immer, störte. Diese behutsame Planung erinnerte Renji ein wenig an das eine Mal, als Byakuya Eishirō hatte 'überraschen' wollen. Nun ja, zumindest würde dieses Mal die Person, die hereinkam, mögen was er da sah. Sehr sogar. Außerdem ließ dieses Auge für Details Rose sehr kompetent, künstlerisch und professionell aussehen. Renji war entschlossenen, seinen Teil genauso gut zu erledigen: Sich zu fügen. Zu schade, das Fügsamkeit komplett unnatürlich für ihn war. Aber was wäre es für ein Geschenk, wenn es einfach werden würde? Als Renji zurückkam, saß Rose auf einem Tisch und sicherte die Seile mit einer Schleife, die er irgendwie an den Balken der Pfeiler befestigt hatte. Als er Renjis offenmündige Faszination bemerkte, lächelte Rose entschuldigend. „Du bist ein bisschen größer als ich“, fügte Rose hinzu und warf Renji einen sehr wissenschaftlichen, abschätzenden Blick zu. „Signifikant schwerer. Das wird die Physik komplizierter machen. Aber nicht unüberwindbar. Nur einfach komplizierter.“ Renji nickte. Hebelwirkung. Er hatte vage Erinnerungen von der Akademie daran und diese furchtbaren Wochen Schule. Er fragte sich, was er in der Zwischenzeit mit sich anstellen sollte, doch Rose deutete mit dem Kinn in Richtung Badezimmer. „An deiner Stelle würde ich mich erleichtern.“ Renji hatte nicht das Gefühl, pinkeln zu müssen, doch er vermutete, dass es dennoch ein guter Rat war. Als er vor dem Nachttopf stand, versuchte Renji sich daran zu erinnern, was Rose ihm letzte Nacht alles erzählt hatte. Leider war vieles davon dem heftigen Trinken mit der Elften zum Opfer gefallen. Renji erinnerte sich daran, Rose viel zu sehr erzählt zu haben, was Byakuya mochte. Er hatte 'Verfügbarkeit' immer wieder betont. Vielleicht hatte er sogar sein persönliches Gefallen an dem Humbler gestanden. Der Typ im Spiegel sah sich nicht sicher dabei aus. Nicht ein bisschen. Renji sagte sich selbst, dass er sich zusammenreißen musste. Sobald sich Renji frisch gemacht hatte, ging er zurück in die Behaglichkeit des Wohnzimmers, die Rose herzustellen schien. Zumindest war der Tisch an seinem Platz zurück und einige Seile hingen von den Deckenbalken. Moderne, aber beruhigende Musik kam von irgendwoher. Zuerst wunderte sich Renji, ob der Kommandant sein Shikai freigesetzt hatte, doch dann bemerkte Renji in einer Ecke, dass Rose dort eines dieser i-Dinger platziert hatte, die Ichigo immer in seinen Ohren hatte. Dieses hier hatte nur zwei kleine Lautsprecher. Der Kommandant warf irgendetwas in die Kohlen des Irori, das gut roch. Vielleicht Süßgras. Ein Nebel aus gut riechendem Rauch füllte den Raum. Sehr dramatisch – vor allem mit den behutsam platzierten Laternen, die eine Art sanftes Rampenlicht um die Pfeiler zauberten. „Bist du bereit?“, fragte Rose. „Ich weiß nicht“, antwortete Renji ehrlich. „Vermutlich nicht, aber lass es uns trotzdem angehen.“ Rose nickte ernst. „Das ist eine gesunde Einstellung. Ich werde dich immer mal wieder nach deinem Befinden fragen, während wir dran sind.“ „Habe ich mir gedacht.“ Sie starrten sich gegenseitig für einen Moment abwartend an, bevor Rose sagte: „Es ist so was wie eine Tradition, dass du am Anfang erst einmal kniest. Ist das bequem für dich?“ „Oh, ähm, nicht für eine sehr lange Zeit, aber ja, natürlich.“ Renji setzte sich im Seiza an die Stelle, die Rose ihm deutete. Er legte seine Hände auf die nackten Oberschenkel. Renji war sich ziemlich sicher, dass diese Position weniger unterwürfig war, aber versuchte sich zu gedulden, wenn schon nichts anderes. Renji atmete aus und entspannte seine Schultern. Rose hatte seine Tasche am Rande des Tatami zurückgelassen, als wäre er außerhalb eines Trainingsrings im Dojo. Er durchsuchte nun die Tasche in aller Seelenruhe. Über seine Schulter fing er ein Gespräch an. „Kira kennt dich sehr gut, denke ich“, sagte er. „Er erzählte mir, dass du mehr an die aktive Rolle gewöhnt bist. Wird das sehr hart für dich werden?“ Renji dachte darüber ernsthaft nach. „Es ist wahr. Vor Byakuya hab ich ihn immer reingesteckt. Vielleicht ist es seltsam. Ja, ich bin aktiv, nehme die Zügel in die Hände und bin ein hitzköpfiger Typ, aber ich funktioniere am besten unter Befehlen, wenn du weißt, was ich meine? Ich bin ein guter Kämpfer, aber ein starker Kommandant macht mich zu einem besseren Soldaten.“ Rose setzte sich zurück, Seile in seiner Hand und hörte zu. „Ein sehr philosophischer Ansatz. Ich stimme zu“, sagte er. Dann nickte er: „Du wirst klar kommen.“ Rose kam Renji nun näher, die Seile in seinen offenen Handflächen, fast wie ein Angebot. Er kniete sich hinter Renji, legte seine Hand auf Renjis Arm und hob ihn. Da war keine Eile in seiner Berührung, keine Forderung. Er war einfach nur da, eine solide Präsenz, geduldig. „Es erscheint eine Schande, dass dein Mann es mag, dass deine Hände auf dem Rücken sind“, bemerkte Rose, als er sanft Renjis Arm dorthin dirigierte, wohin er ihn haben wollte. „Die Tattoos auf deinem Bizeps sind so bemerkenswert. Vielleicht kann ich eine Möglichkeit finden, ihm zu zeigen, was er verpasst.“ Ein Seil glitt um Fleisch, schnell, bündig. Das Geschick in Rose Bewegungen ließ Renji sagen: „Ich bin mir sicher, dass du das kannst.“ Dieser Teil war wie die Dinge mit Byakuya, nur entscheidend schneller. Rose arbeitete schnell, aber mied Renjis Oberarme, wickelte das dicke Seil stattdessen um Handgelenke und Unterarme. Während er arbeitete, plapperte er freundlich: „Kira hat sehr liebevolle Erinnerungen von dir zu Akademiezeiten. Doch er hat dich als ziemlich grob beschrieben.“ Renji begann zu lachen, doch es wandelte sich in ein Grunzen, als Rose irgendetwas festzog. „Darauf wette ich.“ Rose ließ Renji für einen Moment zurück und begab sich wieder zu seiner Tasche und warf sich ein paar geschlungene Kordeln über die Schulter. Als er zurück kam, kniete er sich vor Renji. Er legte eine Hand auf Renjis Brust. Wieder war die Hand nur da, als sagte sie 'Hier. Jetzt.'. Ihre Augen trafen sich. „Wie stehen die Dinge mit um den Hals?“ „Nicht super“, gab Renji zu. „Aber ich kann es tolerieren.“ „Lass uns schauen, wie du dich schlägst.“ Renji wusste genau, wie er sich schlagen würde. Alles was in Richtung Halsband ging, machte ihn leise und still... abwartend und vorsichtig. Renji musste sich selbst vorbereiten, doch das Seil glitt weg. Wieder die ruhige Hand an Renjis Kopf, als Rose aufstand. „Wir machen erst andere Sachen, eh? Ein bisschen Vertrauen aufbauen. Ich könnte dich vermutlich auch ohne stützen. Ehrlich gesagt hasse ich die Idee, die Linien deiner Tattoos über der Schulter zu brechen. Kann ich aber machen, falls notwendig.“ „Ich kann das aushalten“, sagte Renji. „Mmm, Augen und Körper sagen 'Nein'.“ Seile wandten und festigten sich um Renjis Brust. Renji wurde mit festen und entschlossenen Bewegungen positioniert. „Du bist eine lustige Person, Vizekommandant“, sagte Rose, als er begann, etwas anderes hinter Renjis Rücken zu machen, was ihn aufrechter sitzen und seinen Rücken wölben ließ. „Du bist die meiste Zeit sehr ehrlich und offen, doch du hast immer noch den Alpha-Stolz in dir, nicht wahr? Das ist das Problem, wenn Aktive den passiven Part einnehmen.“ „So ist es nicht“, grummelte Renji. „Ich habe mich schon mal durchgebissen.“ „Ich bin mir sicher, dass du das hast“, sagte Rose. „Aber du und ich sind noch nicht bereit dafür.“ Da war eine Art Einfädlung und plötzlich wurde Renji in eine stehende Position gezogen. Es war seltsam, von etwas anderem als seinem Willen hochgezogen zu werden. Die Seile festigten sich und übten mehr Druck auf gewisse Regionen aus. Es war unbequem, aber nicht schmerzhaft. Die Dinge begannen körperlich unangenehm zu werden. Renji wurde weit genug oben gehalten, dass er auf Zehenspitzen stehen musste und hatte so sein Gleichgewicht nicht wirklich unter Kontrolle. Er versuchte sich selbst zu stabilisieren, doch Roses besockter Zeh fegte ihn, fast schon verspielt, von den Füßen. Eine klare Nachricht: 'Süß, aber versuch es erst gar nicht. Du stehst unter meiner Kontrolle'. Renji atmete aus und schloss die Augen. Richtig, sagte er zu sich selbst, nicht kämpfen. Mehr Einfädlungen und festziehen, hinein und hinaus, um Oberschenkel, Hüfte, seine Beine spreizen, ihn in die eine oder andere Richtung drehen. Renji machte unbewusst Geräusche, doch nichts ließ Rose zögern. Aber auch nichts davon machte Renji jetzt im Besonderen an. Die Seile fühlten sich einengend, festsetzend an, aber... es war wie als Rose seine Hand auf Renjis Kopf gelegt hatte. Sie waren einfach da, seltsam tröstend, trotz der Dehnung der Muskeln hier und ein unangenehmes Wölben dort. Er würde sich seltsam bei der Weise fühlen, wie sein Glied und Eier nur herumhingen, wenn Rose nicht seinen ganzen Körper in dieser Art behandelte: Wie ein Sack Kartoffeln, der in Position gebracht wurde. Aber dann, ganz plötzlich, ruhte eine Hand auf seinem Bauch, nur ein Stück über Renjis Schambehaarung. 'Hier. Jetzt.' Und Renji wusste, dass sich die Dinge nun drastisch ändern würden. „Wir sind nun soweit gekommen, ohne etwas um deinen Hals“, sagte Rose locker, als würde Renji nicht gerade von der Decke hängen mit seinen Arschbacken und Beinen gespreizt. „Vertraust du mir?“ Renji war sich ziemlich sicher, dass die einzige Person, die er gerade nicht traute, er selbst war. Tatsächlich begann bereits sein Körper ihn zu betrügen. Sein Penis zuckte bereits bei der bloßen Vorstellung seines eigenen Bondages. Rose lächelte, als sähe er bereits die Antwort in Renjis Augen und Körper, doch er wartete. „Ja“, Renji versuchte so locker wie möglich zu klingen, doch seine Stimme war tief heiser. „Tue ich.“ Doch Renji musste seine Augen schließen und sich selbst sagen, dass die Hände an ihm Byakuyas waren, vor allem, als sich die Seile um seine Hoden und sein Glied wandten, was sich sehr ähnlich zu dem Humbler anfühlte. Renji versuchte ein Stöhnen zurückzuhalten, aber es glitt hinaus. Er konnte sich auch nicht bewegen. Nicht einen Zentimeter. Die Seile hielten ihn fest. Plötzlich spürte er seinen Körper in einer Weise, wie er ihn nie zuvor gespürt hatte. Sein Atem beschleunigte sich. Haut war errötet. Er fühlte sich sowohl gefangen, als auch fest umarmt. Er wollte heraus, wollte bleiben. Sein Glied war steinhart und tropfte bereits. Als die Dinge noch enger wurden, schrie Renji auf. Der erste Laut der Wertschätzung kam dann von Rose und es war ein leises „Oh“ und dann „Perfektion“. Nachdem Roses Hand Renjis Körper verließ, hätte er beinahe aufgeschluchzt. Die Abwesenheit ließ Renji die Augen öffnen, ihn suchen, doch er war unfokussiert durch die Reizüberflutung. Als Renji Rose sah, wie er einen Moment im Türrahmen stand, sein Blick – welcher professionell und distanziert gewesen war – hatte sich in etwas Besitzergreifendes und Begehrendes geändert. Dann kam er zurück und machte ein paar Korrekturen, inklusive einem Ruck an ein paar von Renjis Haaren, was Renji Knurren/Stöhnen ließ. Das ließ Rose breiter Lächeln und sein falkenartiger Blick verengte sich. „Ah“, sagte er, seine Hand lag auf Renjis Gesicht. „Jetzt verstehe ich den Reiz.“ Dann war da ein kleines, verspieltes Tätscheln auf Renjis Wange und ein fröhliches: „Ich klingel besser nach dem Diener. Du wirst nicht lange aushalten.“ Renji knurrte trotzig, doch dachte: Korrekt. Kapitel 14: A Body on Fire -------------------------- Die letzte Stunde seiner Geburtstagsprozession fühlte sich für Byakuya an, als würde sie Tausend Stunden dauern. Der Gedanke daran, dass irgendwo in seinen Räumlichkeiten Renji für ihn vorbereitet wurde, ließ jede Faser seines Daseins in Flammen stehen. Die Zeit kroch. Noch schlimmer war, dass je langweiliger das Prozedere wurde, desto mehr Zeit hatte Byakuyas Gedanken, sich GENAU vorzustellen, was vielleicht auf ihn warten würde. Gott sei Dank hatte er viele Jahre Übung daran, seine Gedanken von seinem Körper abzukoppeln, denn sonst hätte er sich bereits tausende Male alleine in den letzten zwanzig Minuten in Verlegenheit gebracht. Byakuya hatte noch niemals auf ein einziges Geburtstagsgeschenk so sehr gewartet. Eishirō schien es zu genießen, Byakuya mit Informationsfetzen zu quälen. „Sie sind angekommen, mein Herr“ und „Ich glaube, die Dinge sind in Arbeit, mein Herr“. Schlussendlich, nach den längsten zwanzig Minuten seines Lebens, sagte Eishirō: „Wir sollten sie umkleiden gehen, mein Herr, damit sie sofort aufbrechen können, wenn die Information kommt.“ „Ja“, sagte Byakuya, doch er war sich sicher, dass es viel mehr nach 'Oh, Gott. Bitte!' klang. Das Entfernen der Lagen der Kimonos war ihre eigene, spezielle Tortur, doch mit jeder Lage, die ausgezogen und verstaut wurde, fühlte sich Byakuya leichter... und ungeduldiger. Als Yu an der Tür klopfte, musste Byakuya sich ein wütendes 'Das hat besser wichtig zu sein' verkneifen. Er hatte vorgehabt, ein wenig höflicher zu sein, doch er brachte nur ein knappes „Was?“ zustande. „Der Kinbakushi, Kommandant Ōtoribashi ist hier, um sie zu sehen, mein Herr“, stammelte Yu. Unbekümmert von seinem halb ausgezogenen Zustand, sagte Byakuya: „Ja, ja, natürlich. Komm herein.“ In dem Moment, in dem der schlaksige, blonde Kommandant über die Türschwelle getreten war, fragte Byakuya: „Ist alles in Ordnung?“ „Oh, ja. Die Dinge liefen gut. Doch ich fragte mich, ob wir einen privaten Moment haben könnten, Kommandant?“ Byakuya brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern, dass sie nicht alleine waren. Byakuya scheuchte die Diener ungeduldig weg. Zu Eishirō fügte er hinzu: „Ich bin in der Lage, meine Kleidung alleine auszuziehen. Ich werde sie dir ordentlich hinlegen.“ Lippen wurden dünner, während Eishirō ohne Zweifel an die zusätzliche Bügelarbeit dachte, die Eishirō für notwendig halten würde, doch er verbeugte sich seinen Weg hinaus. „Natürlich, mein Herr.“ „Da die Zeit drängt, lass mich direkt auf den Punkt kommen“, sagte Ōtoribashi, stand dabei immer noch in Uniform auf der Türschwelle. Er verschränkte seine Hände und sein Gesicht zeigte Reue in einer Weise, die Byakuyas Herz beinahe zum Aussetzen bewegte. „Ich muss mich entschuldigen. Ich werde eure Nachsorge stören müssen. Dein Vizekommandant und ich haben sehr gut zusammengearbeitet – überraschend gut für jemanden, der so neu dabei ist und den ich überhaupt nicht kenne – aber ich befürchte, dass seine Einsatzbereitschaft meine Kunst beeinflusst hat. Es wäre also unratsam für dich, ihn selbst zu befreien. Es könnte Schaden angerichtet werden. Ich hatte vorgehabt, alles einfach zu halten, sodass die Erfahrung für euch zwei so privat wie möglich bleiben würde, aber... nun ja, ehrlich gesagt habe ich mich hinreißen lassen. Das war unprofessionell. Es tut mir leid.“ Erleichterung überkam Byakuya. Er hatte befürchtet, dass Renji bereits eine Verletzung erlitten hatte oder aus anderen Gründen nicht in der Lage sein würde, das Ganze durchzustehen – nicht das Byakuya ihm das wirklich vorwerfen könnte, doch wäre das der Fall gewesen, wäre es… enttäuschend gewesen. „Das ist akzeptabel, Kommandant. Ich schätze deine Aufmerksamkeit. Was ist dein Rat, Kinbakushi?“ Ōtoribashi hob eine Schulter. „Wie ich sagte, Kommandant Kuchiki, werde ich eure Nachsorge stören müssen. Dein Vizekommandant wird dich dort benötigen, aber ich muss einfach auch dort sein. Ich werde soweit wie möglich aus dem Weg gehen.“ „Oh, ich verstehe“, sagte Byakuya. Er wollte die Wahrheit gestehen: Die Nachsorge lag nicht im Geringsten in seinen Fähigkeiten und er konnte, geradeheraus gesagt, dahingehend Ratschläge von jemanden Erfahrenen brauchen. Sein Stolz hielt ihn davon ab, es auszusprechen, aber er stellte fest, dass er mit abgewandtem Gesicht sagen konnte: „Ich bin ein schlechter Schüler dieser Kunst. Dich dort zu haben erlaubt mir, zu lernen. Lass uns das als Gelegenheit ansehen, nicht als Störung.“ „Ah, exzellent“, sagte Ōtoribashi, seine Miene hellte sich auf. „Dein Vizekommandant hat dich als weitaus eifersüchtiger beschrieben. Ich bin erfreut. Ich denke übrigens, dass du jetzt gehen solltest. Dein Mann ist sehr… nun ja, sauer und frustriert, deswegen hatte ich das Gefühl, ich sollte vorbeikommen. Er sollte jetzt in einem besseren Zustand, da er die Möglichkeit hatte, die Situation einige Minuten alleine zu verarbeiten.“ Rose musste die Frage in Byakuyas Augen gesehen haben, denn er fügte hinzu: „Ihm geht es gut. Es ist natürlich für… Alpha-Persönlichkeiten. Jedenfalls habe ich bemerkt, dass er schlauerweise sein Zanpakutō im Raum gelassen hat. Er ist weder alleine, noch, sollte es nötig sein sich zu erinnern, vollständig hilflos.“ Byakuya nickte. Er hatte fast alle restlichen Lagen ausgezogen, hatte nur noch die letzte Lage an. „Soll ich nach dir rufen, wenn wir fertig sind?“ Er redete, während er zur Tür ging. „Ich werde auch Eishirō bitten, dir etwas von dem Geburtstagsessen zu bringen. Es war ziemlich gut.“ „Das wäre wunderbar“, sagte Ōtoribashi, doch er machte eine scheuchende und beeilende Geste mit seinen Händen. Doch an der Tür hatte Byakuya eine letzte Frage. Es würde nicht lange dauern, bis er die Räumlichkeiten erreichen würde. Zurzeit gab es in der Soul Society niemanden, der schneller war als er. „Du sagtest, Renji war sauer? Woher weißt du das?“ „Er hat mich angeknurrt“, sagte Rose. „Und ich glaube, er wollte mich beißen.“ Byakuya lächelte zu sich selbst. „Knurren? Kommandant Ōtoribashi, Renji ist nicht sauer, er ist erregt.“ Innerhalb von Gebäuden war das Nutzen von Shunpō zwar schwierig, doch Byakuya war hochmotiviert, so schnell wie möglich und ohne Unfall in seinem Schlafzimmer anzukommen. Er war so aufgeregt, dass seine Hände mehr vibrierten, als zitterten. Er lehnte sich an das Reispapier und lauschte. Die Laute vom Inneren waren fast schon genug, um Byakuya über die Klippe zu schicken. Ein gefangenes Tier. So viele Dinge, die Byakuya an Renji sexy fand, waren in diesen drei Worten enthalten. Vor einiger Zeit hatte Byakuya realisiert, dass was er an diesen Spielen attraktiv fand, nicht Renji unterworfen und unterwürfig war, sondern Renji, wie er kämpfte, widerstand – und ja, ultimativ befehligt wurde. Mit einem bebenden Atemzug schob Byakuya die Tür auf. Gedimmtes Licht und ein rauchiger Nebel gaben dem großen Raum eine intime, private Atmosphäre. Was an Beleuchtung vorhanden war, konzentrierte sich auf den Körper, der an dicken, roten Seilen gefesselt von der Decke hing. Hintern, mehr als Körper, war der erste Eindruck. Byakuya fühlte, wie der Schweiß vor lauter Erregung auf seiner Haut kribbelte. Renji war perfekt positioniert, eine Pose schmerzender Leidenschaft mitten in der Luft. Waden an den Oberschenkeln gebunden und weit gespreizt, Rücken gewölbt, aber leicht nach unten gerichtet, als würde er darum betteln, gefüllt zu werden. Sein Körper war in einer Weise gedreht, die es erscheinen ließ, als würde er hinter sich gucken, danach fragen, befriedigt zu werden. Ein Schweißfilm bedeckte Renjis bloßes, nacktes Fleisch. Irgendwie hatte es Kommandant Ōtoribashi geschafft, die Linien der Tattoos kaum zu durchbrechen. Wenn überhaupt betonte das Muster der Fesseln die Tinte, zogen das Auge sogar noch mehr auf die faszinierenden Markierungen. Byakuya konnte das Beben der Muskeln und das Heben durch die Atemzüge sehen. Die Fesseln knarzten unter Renjis Gewicht und den verzweifelten Zuckungen, die sein Körper machte, während er unbewusst gegen die Fesseln kämpfte. Sein Kopf war gebeugt und lange, blutrote Haare, feucht vom Schweiß, hingen in sein Gesicht. Sein Blick wurde zurück auf den reizenden Hintern gezogen und Byakuya bemerkte die Fesseln, die um Hoden und fest um die Länge von Renjis Glied gewickelt waren. Das Ausmaß der Tortur wurde durch die dunkle Farbe der entblößten Spitze erkennbar. Da er gehört hatte, wie die Tür aufgeglitten war, ließ Renji ein klagenden Laut heraus und fragte dann keuchend: „Byakuya?“ „Ja, ich bin es.“ Byakuya ging auf ihn zu, doch rutschte beinahe auf ein Stück Papier aus, das auf dem Boden lag. Er hätte es ignoriert, wenn er nicht das Wort ‚Wichtig‘, welches in sehr großen Buchstaben darauf geschrieben stand, gesehen hätte. Er griff danach und ging weiter zu Renji, der begonnen hatte, vor Lust zu schluchzen. Schnell überflog Byakuya den Brief. Du kannst jederzeit seinen Schritt befreien. Die Fesseln sind jeweils separat. „Gott sei Dank“, murmelte Byakuya. Er ignorierte den Rest der Notiz und war den Zettel zur Seite. Es sagte etwas darüber, dass er sich aus irgendeiner Tasche mit Spielzeug bedienen könnte, doch das schien gerade nicht so wichtig zu sein, als Renji zu küssen und ihm ein wenig Erleichterung zu beschaffen. Er kniete sich vor Renjis Kopf und nahm sein Gesicht in beide Hände. Byakuya schob das feuchte, offene Haare aus dem Gesicht und zog sein Mund in einen tiefen Kuss zu sich. Renji warf sich in den Kontakt, wie ein ertrinkender Mann, der nach Luft schnappte. Seine Zunge spielte verzweifelt mit Byakuyas. Während sie sich küssten entkamen klagende Laute aus Renjis Nase und Byakuya war nicht im Geringsten überrascht, dass Renji, sobald sie den Kontakt brachen, zischte: „Oh, Gott. Ich muss kommen.“ Byakuya blickte hinunter, um die Situation abzuschätzen. Die Kordel um Renjis Glied war mit einer einfachen Schleife gesichert. Byakuya ließ eine Hand in Renjis Haaren, um den Kopf oben zu halten, während er ihn küsste. Zeitgleich löste die andere die Kordel. Natürlich hinterließ Renji eine riesige Sauerei auf dem Unterkimono, den Byakuya trug, doch Byakuya lächelte zu sich selbst, denn das war eine Sache, die Renji tat: Kimono zerstören. Und überhaupt war es Zeit, ihn auszuziehen. Er ließ Renjis Haare los und begann, sich auszuziehen. „Du hast dich so gut geschlagen“, sagte er Renji. Er ließ den Kimono seine Schultern hinuntergleiten und nahm Renjis Gesicht erneut in seine Hände. „Schau mich an“, forderte Byakuya. „Kannst du weitermachen oder soll ich den Kinbakushi rufen?“ Renjis Augen hatten Probleme, sich zu fokussieren, doch erstaunlicherweise warf er ihm einen draufgängerisches, breites Grinsen zu. „Das wäre ein beschissenes Geburtstagsgeschenk, wenn ich bereits am Ende wäre, nicht wahr?“ Es klang wie ein Anfeuerungsruf, auch wenn es Byakuya erregte. „Du wirst das Sicherheitswort sagen, wenn du es brauchst?“ „Versprochen“, sagte Renji, seine Stimme war kratzig und seine Augen verloren wieder den Fokus. „Was glaubst du überhaupt, warum ich so heiß und scharf bin? Ich habe hier fertig vorbereitet darauf gewartet, dass du mich vögelst.“ Byakuyas Hand versteckte sein Gesicht, um den Ansturm seiner Gefühle zu verdecken, doch er senkte seine Finger weit genug, um zu sagen: „Ich liebe dich in diesem Moment mehr als nur ein bisschen, Renji Abarai.“ „Ebenso“, sagte Renji, seine Stimme ein kratziges Quieken. „Aber meine Eier spüren es langsam, also je eher du anfängst, desto besser.“ Byakuya stand mit dem Vorhaben auf, schnell das Gleitgel aus dem Schlafzimmer zu holen, doch er realisierte, dass das, wogegen er getreten hatte, als er den Raum betreten hatte, eine neue Tube von eben jenem Zeug war. Schlauer Kommandant Ōtoribashi, dachte Byakuya mit einem Lächeln. Trotz der vorzeitigen Erleichterung, fühlte sich Renjis Körper in der seltsamsten Weise an, als stünde er in Flammen. Byakuyas Finger fuhren die Linien der Fesseln nach, seine Augen voller Bewunderung, Sehnsucht und Verlangen. Jede federleichte Berührung, selbst die unsichtbaren von Byakuyas Blick, zündeten Renjis Nervenenden an. Seine Brustwarzen hatten sich zu steifen Spitzen erhärtet. Byakuya war auch nackt. Byakuya war niemals nackt. Nicht so. Er hatte einfach seine Kleidung abgestreift, als wäre es keine große Sache, dass Renji seine Samen über den teuren Stoff ergossen hatte. Renji war wirklich überrascht, dass Byakuya die ganze Sache nicht als Vorwand genommen hatte, Renji für sein Fehlverhalten zu 'bestrafen'. Es war ein Zeugnis dafür, wie weit sie schon waren, dass Renji ein klein wenig enttäuscht darüber war, dass Byakuya daran nicht gedacht hatte. Aber dennoch, wer sagte, dass er Renji nicht in irgendeiner anderen Weise etwas quälen würde? Was eine Tortur war, war Byakuyas harten Penis direkt vor sich zu sehen, aber ihn nicht schmecken oder fühlen zu können, wie er tief in ihm war. Renji grunzte aus Frustration, lehnte sich gegen die seltsame tröstende/frustrierenden Umarmung der Fesseln auf. Renjis erschöpftes Glied bebte elendig, während es versuchte, sich aufgrund der wachsenden Erregung über diesen Gedanken, wieder aufzurichten. Als Byakuyas Finger schlussendlich sein weit gespreiztes Loch erreichten, stöhnte Renji. Endlich! Doch statt der Gewalt, die Renji wollte, waren dort sanfte Erkundungen. Kühle, glitschige Finger spreizten und neckten. Mit seinen Hoden, die immer noch fest verschnürrt waren, Renjis Penis, der versuchte, sich aufzurichten, doch das Gefühl reichte, um intensive weiße Blitze der Lust durch seinen Körper zu jagen. Wie mit dem Humbler konnte Renji nichts tun, um Byakuya zu einem schnelleren Tempo zu ermutigen, außer zu betteln. Leider hatte Renji bereits alle seine zusammenhängenden Worte aufgebraucht. Das Einzige, was aus seinem Mund kam waren nun schluchzendes Stöhnen und kehliges Schnauben. Etwas an dem Schnauben ließ Byakuya glücklich schnurren: „Magst du das? Möchtest du mehr?“ Renji schaffte ein halbwegs zusammenhängendes „Uh-huh“, doch es klang mehr erstickt und verzweifelt. Finger glitten in ihn, zwei auf einmal. Die plötzliche Dehnung ließ Renji zischen. Sein unbewusster Ruck zog an seinen Hoden. Sein halb aufgerichteter Penis sprang zurück in Aktion und zerrte noch schmerzhafter an dem Gebinde. Tränen kitzelten in seinen Augenwinkeln. Jeder Vorstoß von Byakuyas Fingern war ein brennender Stoß mit einer Kombination aus Schmerz, der in Lust überging, all das noch dadurch vergrößert, da er komplett bewegungsunfähig und offen war, durch die Fesseln, die ihn hielten. Letztendlich glitten Byakuyas Finger hinaus und wurden durch einen festen, fleischigen Druck ersetzt. Schmerzlich langsam schob sich Byakuya in ihn. Das dehnende Gefühl brannte, wie das alles aufzehrende Feuer der Lust. Renjis Kopf flog von der einen zur anderen Seite, während er versuchte sich gegen ihn zu drücken, damit er ihn schneller nahm, doch er stand vollkommen unter Byakuyas Kommando. Byakuya stieß vollständig in ihn hinein. Renji dachte, dass er durch die Reizüberflutung sterben könnte. Er wurde von den Seilen vollständig festgehalten und seine Hoden fühlten sich an, als wären sie bereit zu explodieren. Und dann begann Byakuya, sich zu bewegen. So quälend langsam. Byakuyas Stöße schwangen ihn hinauf in die Luft, doch Renji konnte auch Byakuyas Hand aus seinem Körper fühlen, die ihn festhielt. So viel Schmerz und Lust tobten durch ihn, dass er noch nicht einmal mehr seinen Kopf oben halten konnte. Er wurde geschaukelt und gevögelt und gevögelt und geschaukelt. Genau wie bei dem einen Mal mit dem Humbler brach etwas in Renji frei, fiel heraus... oder hob vielleicht ab, flog in die Lüfte. Er verlor das Zeitgefühl oder vielleicht wurde alle Zeit Gegenwart. Bis ihn plötzlich Hitze füllte und der Klang von Byakuyas ungezügelter, ungefilterter Lust in einem wilden, ersticktem Aufschrei aus ihm herausbrach. Der Klang trug Renji davon und mit der Leidenschaft, die er noch aufbringen konnte, kam er erneut. Dann waren da noch zu Atem kommen und gemurmelte 'Oh Gott's und 'Ich liebe dich so sehr' und Renji kam langsam zu einer anderen Art des Schmerzes zurück. Diese Art die sagte 'Du hast zu lange in der Luft gehangen'. Und dann zog sich Byakuya in einen anderen Raum zurück. Renji hob seinen Kopf bei dem Laut von blanken Füßen auf dem Boden, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Byakuya nach den Dienern klingelte. „Hey“, rief Renji ihm nach. „Hast du nicht etwas vergessen?“ Byakuya kam zurück und legte die Hände wieder auf beide Seiten von Renjis Gesicht. „Wir benötigen den Kinbakushi, Renji. Ich kann das nicht selbst machen. Ich würde dich verletzen.“ „Oh“, lachte Renji vor Erleichterung. „Ich dachte, dass du vielleicht nach Nachtisch rufst oder so etwas und mich einfach so hier lässt.“ Byakuya küsste ihn. „Rukia hat recht bei dir, weißt du. Du bist ein Idiot.“ „Nur für dich, Babe.“ Byakuya machte einen glücklichen Laut und küsste ihn wieder, als ein leises Klopfen an der Tür zu hören war. „Ich bin es nur“, ertönte Roses Stimme. „Tut mir leid, dass ich störe.“ Byakuya begann sich aufzurichten, um aus dem Weg zu gehen, doch Rose musste irgendeine Bewegung gemacht haben und Byakuya ließ sich wieder nieder. „Was du da machst ist tatsächlich gut.“ Er schien ein wenig mehr befangen bei dieser Bestätigung zu sein, doch Byakuyas Hände fuhren weiter über Renjis Gesicht, während Rose schnell dazu kam und mit den bekannten Berührungen wie 'dieses Bein jetzt' begann. „Es wird ein bisschen wie ein Tanz“, sagte Rose. Als sich Renjis Beine endlich bewegten, musste er auf die Lippe beißen, damit er nicht aufschrie. „Es ist notwendig, dass etwas Blut in gewisse Bereiche zurückfließt. Es wird vielleicht ein wenig Zeit brauchen.“ Renji hatte sich dem bereits ergeben. Außerdem schien es nett, dass Byakuyas große Rolle in alldem darin zu bestehen schien, seine Finger durch Renjis Haare gleiten zu lassen, ihn zu küssen und süße Worte darüber zu murmeln, wie stark und wunderschön Renji war. Und er saß nackt dort, vor einem anderen Kommandant und war... ein Liebhaber. Ein Liebhaber, dessen Augen hinüberglitten, um zu beobachten, was Rose da tat. Renji lächelte darüber. „Du kannst hingehen, stell dich zu ihm“, beharrte Renji. „Ich weiß, dass du dir Notizen machen möchtest.“ Byakuya errötete daraufhin. „Ich biete Nachsorge an.“ Renji gluckste und sagte: „Dann küss mich noch einmal.“ Rose machte dann wunderbare Sachen, wirbelte irgendwie sanft Renjis Körper, sodass die ganze Welt sich zu drehen schien, während er geküsst wurde und plötzlich fand er sich in Byakuyas Schoß wieder. „Er ist magisch“, sagte Renji, als sie den Kuss unterbrachen. „Können wir ihn behalten?“ „Er gehört leider schon zu jemandem anderen“, sagte Rose. Seine ruhige Hand rieb Renjis Muskeln in einer sehr festen, unaufdringlichen und unsexuellen Weise. „Doch mein Kira ist ein flexibler Gefährte. Vielleicht können wir die Dinge mal gemeinsam machen.“ Byakuya lachte leise und murmelte zu Renji: „Direkt zu einem Vierer übergehen, eh?“ „Mmm“, stimmte Renji zufrieden zu. Er rollte sich gegen Byakuyas nacktem Oberschenkel zusammen und genoss die sanften, zögerlichen Berührungen von Byakuyas Fingern auf seinem Gesicht und Haaren und Roses konstante, gemütliche Massage. Renji war solche Aufmerksamkeit nicht gewohnt, doch er konnte sich sicherlich daran gewöhnen. Er wollte es eigentlich nicht laut aussprechen: „Ich fühle mich besonders.“ Zwei Stimmen erklangen gleichzeitig, als Byakuya und Rose sagten: „Das bist du.“ Byakuya blickte zu Rose auf, der Renjis Schultern am Kneten war. „Er ist eingeschlafen.“ Rose lachte. „Er ist wirklich besonders. Viele Leute weinen, wenn die Seile gelöst werden. Alles kommt einfach raus, weißt du. Deiner? Er schläft mit einem Lächeln auf den Lippen ein. Du solltest auf ihn aufpassen. Behandle ihn gut.“ Byakuya schob Renjis Haare aus seinem Gesicht. „Das habe ich vor.“ Kapitel 15: Rose by Any Other Name ---------------------------------- Kommandant Ōtoribashi half Byakuya, Renji ins Bett zu bekommen. Es machte es wesentlich einfacher, als Renji wach genug wurde, um sich selbst ins Bett zu befördern. In kürzester Zeit lag er ausgebreitet unter der Decke und schnarchte wie ein Pavian. Das ließ Byakuya zurück, der nackt dort stand und unsicher war, was er noch zu dem Kommandanten sagen sollte, außer: „Vielen Dank für deine Expertise, Kinbakushi.“ „Oh, kein Problem. Es war mir eine Freude“, wandte Ōtoribashi ein. Er stand weiterhin im Türrahmen zum Schlafzimmer und lächelte eher nachsichtig zu Renji hinüber. Byakuya begann sich zu fragen, ob irgendeine Bezahlung fällig war oder ob noch ein anderes Protokoll zu befolgen war, welches Ōtoribashi auf seinen Weg schickte, von dem er nichts wusste. Sollte er sich anziehen? Nach Tee klingeln? Er vermutete, Tee anzubieten wäre nett, aber um ehrlich zu sein, war das, was Byakuya nun am liebsten wollte, ein schnelles, privates Bad und dann neben Renji ins Bett zu krabbeln. Nackt dort zu stehen war kühl und unangenehm und er klebrig und erschöpft und wurde mit jeder verstreichenden Sekunde verärgerter. Doch Byakuya hatte hunderte von Jahre Training gehabt, Geduld vorzugeben. Das war wirklich nicht anders, wenn auch wesentlich kühler. Außerdem war eine der wenigen Dinge von Wert, die sein Großvater an Byakuya übergeben hatte das Konzept, dass wenn man während einer Situation so tat, als würde sie einen nicht ärgern, tat sie es auch nicht. Ōtoribashi seufzte letztendlich und sagte: „Ich verstehe nicht ganz, wie du das schaffst. Ich bin normalerweise nicht wirklich interessiert an Alpha-Männern. Schlagt ihr euch oft die Köpfe ein?“ „Gelegentlich“, gab Byakuya zu. „Ich vermute, dass macht das Erobern befriedigender?“ Ernsthaft? Sie würden über zwischenmenschliche Beziehungen reden? Byakuya versuchte, ein frustriertes Seufzen zurückzuhalten. Er musste sich daran erinnern, dass dieser Mann ihm tatsächlich einen großen Dienst erwiesen hatte, trotz des nachträglichen nervenden Bettgeflüster. Byakuya würde gerne von ihm lernen. Doch wenn er schon zu nutzlosen Tratsch gezwungen war, hatte Byakuya nicht vor, es nackt zu tun. Er wandte sich zum kleinen Bereich des Ankleidezimmers um und sprach über seine Schulter, während er einen Yukata auswählte, den er tragen wollte. „Ich vermute“, sagte Byakuya. „Doch 'Erobern' ist nicht wirklich mein Ziel. 'Erobert' hat einen Geschmack von 'besiegen' und Renji ist unmöglich wirklich zu besiegen. Er kann von den Beinen geholt werden und wurde es bereits oft, aber glaube mir, wenn dort noch Kampfgeist vorhanden ist, wird er dich mit seinen Augen töten, wenn nicht mit irgendetwas anderem. Der Gedanke, das unter meinem Kommando zu haben, nun ja, das ist es, was ich...“, Byakuya band die Robe und plötzlich erinnerte er sich, dass er nicht nur zu sich selbst redete und er spürte einen Stich der Verlegenheit, als er endete. „... sexy.“ „Ah“, Ōtoribashi applaudierte glücklich. „Nun, vielen Dank für diesen Einblick. Leider befürchte ich, sollten wir uns jemals zu einem Vierer entscheiden, dass ich nicht viel habe, was mich amüsiert. Kira, denke ich, wäre begeistert mit seinem Freund wiedervereint zu sein, in den er, wie ich glaube, für einige Zeit ziemlich verliebt war. Dich hingehend findet er furchteinflößend, doch ich glaube auch, dass er ziemliche Angst vor Ichimaru gehabt hatte.“ Byakuya nickte, versuchte nicht den Stich der Eifersucht zu spüren und einen leichten Ekel davon, wenn auch wohlwollend mit dieser Kreatur Ichimaru verglichen zu werden. Zumindest war Ōtoribashi nun auf dem Weg zur Tür. Ihn gehen zu sehen sorgte dafür, dass Byakuya sich großzügig fühlte: „Ist da etwas, dass ich mit dir Heim schicken kann? Einen zusätzlichen Teller mit etwas für deinen Freund?“ „Nein, nein, ich bin zufrieden, danke“, sagte der Kommandant und trat endlich über die Türschwelle in den Flur. Er blickte sich um. „Doch ich brauch vielleicht Hilfe, um meinen Weg hinaus zu finden. Dieses Haus ist riesig.“ „Ja, natürlich“, sagte Byakuya und fühlte sich niedergeschlagen bei dem Gedanken, dass er wohl noch mehr persönliches Geschwatze ertragen musste. „Wenn du einfach wieder hineinkommst, kann ich nach einem Diener klingeln, der dir den Weg hinaus zeigt.“ „Sind das nicht die Stufen, die ich hinauf kam?“, fragte Ōtoribashi. „Wohin führen sie?“ Byakuya blickte in die Richtung, in die Ōtoribashi deutete. „Oh, das ist die Treppe der Diener. Sie führt in die Küche. Aber sicherlich bevorzugst du eine Begleitung, die dich angemessen hinausführt? Etwas, das deinem Rang als Kommandant und unser Gast angemessen ist?“ Ōtoribashi war bereits auf den Weg die Treppe hinunter und winkte Byakuya mit abgewandtem Rücken. „Nein, nein, das ist in Ordnung. Nun ja, dieser Abend war unerwartet erfreulich, Kommandant Kuchiki. Ich hoffe wirklich, dass du es ernst meinst und wir das noch einmal tun können!“ „Ja, natürlich“, sagte Byakuya doch er bezweifelte, dass Ōtoribashi ihn hören konnte. Ein komischer Geselle. Das Diesseits hatte ihn ganz klar beeinflusst, doch vielleicht in einer nicht ganz unerfreulichen Weise. Renji hatte fest geschlafen, doch er wachte am Ende eines Traumes auf, in dem er in ein Kokon einer riesigen Spinne gerollt und gewickelt wurde. Das Gefühl von Enge und dem eingeschnürt sein... Nun ja, er wusste, woher der Teil kam, aber eine Spinne? Da war nichts an Rose, das wie eine Spinne war. Sogar ziemlich das Gegenteil: Renji fühlte sich sicher eingepackt und geknuddelt, fest gehalten. Er rollte sich zur Seite und kuschelte sich an Byakuya, der zu irgendeinem Zeitpunkt leider einen Yukata angezogen hatte. Der Raum war dunkel, doch da war ein Hauch von Licht, als würde die Sonne schon leicht den Horizont küssen oder hinter einer dicken Schicht von Wolken versteckt sein. Wind rüttelte durch die kahlen Kirschbaumäste und ließ sie einsam erklingen. Renjis Finger fuhren das Muster von Byakuyas Yukata nach. Er hatte ein Blumenmuster, irgendeine Art gebogene Glockenblume waren in schimmernden Wellen mit Gold gemalt worden. Libellen hatten sich hier und da auf einer Blüte niedergelassen. Die Schwielen an Renjis Fingerspitzen verhedderten sich in der weichen Seide. Byakyua kräuselte die Nase im Schlaf, als wäre er von dieser federleichten Berührung gestört worden. Er gab auf und legte einen Arm um Byakuyas feste, schlanke Taille. Byakuya schnaubte erneut genervt, doch er schien sich daran zu gewöhnen, als Renji stockstill hielt und sich nicht weiter rührte. Renji blickte finster in Byakuyas tintenschwarze Haare. Letzte Nacht war ein großer Fehler gewesen. Renji wusste jetzt, was er verpasste. Feste Hände – geduldig, freundlich, achtsam – hatten solch Stärke und Macht in den einfachsten Gesten übertragen. Auch wenn Rose Renji nicht im Geringsten romantisch angefasst hatte, war es wirklich abgrundtief sexy gewesen. Wenn die Dinge schon so waren, wenn alles bewusst klinisch und professionell gehalten wurde, was würde es sein, wenn... Renji stoppte sich selbst. Nichts Gutes würde dabei herauskommen, wenn er sich das fragte. Es war schlimm genug, dass er auf den Hinterkopf von Byakuya starrte und sich wünschte, dass er nicht so verdammt verkrüppelt wäre, dass er noch nicht einmal ein anständiges Nach-Sex-Kuscheln hinbekommen konnte und dass Renji sich mit solchen gestohlenen Momenten zufriedenstellen musste, wenn Byakuya nicht wach war und es selbst dann noch zu hassen schien, berührt zu werden, wenn er fest schlief. Um dem Mann gerecht zu werden, Byakuya war besser geworden. Viel besser. Mehr und mehr war ihm erlaubt, mehr liebevolle Worte wurden ausgetauscht und es gab sogar einen gelegentlichen, ungeschützten, liebevollen Blick. Scheiße. Dafür war er dankbar? Er war wirklich nur irgendein verhungernder Köter, der dankbar für den kleinsten Bissen war. Renji schloss die Augen, gewillt nicht mehr nachzudenken. Es würde ihn immerhin nur weiter deprimieren. Stattdessen hörte er dem Pfeifen des Windes und dem Klackern der Äste zu. Der Raum roch immer noch nach dem süßen Gras oder was immer Rose in die Kohlen des Iroris geworfen hatte. Ein Phantomgefühl bebte durch Renji, trotz des Versuchs, seinen Kopf leer zu halten. Die Knoten, die Rose um Renjis Glied und Hoden gebunden hatte, waren sehr fachmännisch gewesen, doch sie waren mit einem so offensichtlichen Verstehen des Gefühls gemacht worden, das es ihn am Verrücktesten vor Lust/Schmerz gemacht hatte. Es war fast zu viel gewesen. Byakuya ignorierte diese Teile an seinem Körper oft, erwartete von Renji, auch ohne Stimulation seine Leistung abzuliefern. Plötzlich war es alles. Hier. Jetzt. Und Renji war an Orte gegangen, die er nicht gemocht hatte, seit... Er hätte beinahe 'vor Byakuya' eingefügt, aber das war nicht wirklich gerecht. Sie waren auch manchmal dort, aber bei weitem nicht oft genug und nun, nun konnte Renji nur noch daran denken, wie er Das wollte. Dort. Überall. Letzte Nacht war ein Fehler gewesen. Ein wirklicher, verdammter großer Fehler. Byakuya wachte auf, weil es zu heiß war. Renji war fest gegen ihn geschlungen und atmete heiße Luft in seinen Nacken. Byakuya lag dort eine Weile, versuchte es zu tolerieren, aber es fühlte sich zu beengt und erstickend an. Sein Herz begann zu rasen, gab auf und drückte sich selbst weg. Nachdem er wieder zu Atem kam, saß er auf und klingelte nach Frühstück. Renji rollte sich mit einem Grunzen weg. Byakuya erwartete, ein kompliziertes Muster von seilförmigen Striemen auf seinem Körper zu sehen, doch Renjis steinharte Haut hatte ihn beschützt, wie das Hierro eines Arrancars. Selbst ohne die Bestätigung aus dem Seelenbericht wäre es unmöglich, diese Ähnlichkeiten nicht zu bemerken. Seltsamerweise war es nicht der Gedanke daran, dass Renji Hollow-ähnlich war, die Byakuya störte. Es war mehr die Tatsache, dass es etwas war, dass Renji mit Kenpachi Zaraki gemeinsam hatte. Byakuya würde wirklich bevorzugen, in seinem Schlafzimmer niemals an diesen Barbaren erinnert zu werden. Renji ließ ein langes Schnarchen heraus, dann ein Weiteres und noch eins. Byakuya schüttelte sanft seine Schulter. „Renji, wach auf.“ „Hm ok“, sagte er verschlafen und schoss dann in die Höhe, wenn auch ungeschickt und halb blind. Er griff nach Zabimaru, bevor er sich zu erinnern schien, dass sein Zanpakutō im anderen Raum war. „Warte, warum? Was ist passiert?“ „Nichts“, sagte Byakuya liebevoll. Die Decke war von Renjis Schultern gefallen und Byakuya bewunderte die Weise, wie sich die Linien der Tattoos auf Renjis Körper bewegten. Wäre es nur angemessen, ihn zu fragen, sich niemals anzuziehen. Byakuya seufzte wegen dem Gedanken. „Du hast geschnarcht.“ „Oh, richtig“, sagte Renji, kämmte mit den Fingern durch seine rubinroten Haare, verfing sich und zog sie durch die dicken Locken. Renji saß aufrecht, seine Schultern hingen ein wenig nach unten, während er den Schlaf wegblinzelte. „Noch kein Tee?“ „Ist auf dem Weg“, sagte Byakuya und griff nach dem Buch, das er am lesen war. Es war seichte Unterhaltung, um ehrlich zu sein – zu viel höfische Politik und nicht genug Schwertkampf für seinen Geschmack, doch es vertrieb ihm die Zeit... zumindest etwas. „Was auch immer mit dem Manga passiert ist, den ich im Diesseits gekauft habe“, fragte er sich laut. „Ich denke, Eishirō hat ihn zu meinen gepackt. Er ist vermutlich irgendwo unter meinem Feldbett“, gähnte Renji. Er kuschelte sich zurück unter die Decke und schloss die Augen. „Ich kann ihn wahrscheinlich für dich ausgraben.“ Byakuya legte die unzufriedenstellende Lektüre wieder zur Seite. „Bitte. Ich habe nichts Gutes zum Lesen.“ Eine Stille legte sich zwischen sie und Byakuya dachte, dass Renji vielleicht wieder eingeschlafen war, außer dass sein Gesicht sich in dieses wilde 'Denker-Gesicht' verzogen hatte, auch wenn seine Augen geschlossen waren. „Du bist entweder wütend auf mich oder denkst nach“, mutmaßte Byakuya. „Oder beides.“ Renjis Augen gingen auf – ein wenig schuldbewusst, wie Byakuya dachte. „Ich habe... ähm, an letzte Nacht gedacht.“ Renji runzelte wieder die Stirn und sagte dann: „Ich denke nicht, dass der Vierer eine gute Idee ist.“ „Warum nicht?“ Das erschien wie eine überraschende Entwicklung. Byakuya hatte gedacht, dass letzte Nacht für alle sehr gut verlaufen war. Hatte Renji keine gute Zeit gehabt? Hatte Ōtoribashi etwas Unerwünschtes getan? Renji grunzte und kämpfte sich wieder in eine sitzende Position. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und streckte seine langen Beine vor ihm aus. Ungewöhnlicherweise starrte er in seine Hände und blickte Byakuya nicht in die Augen. Das bereitete Byakuya Sorgen. Er schien damit zu kämpfen, etwas zu sagen. Schlussendlich machte er ein finsteres Gesicht und hob seinen Kopf, um die Wand anzublicken und sagte: „Es ist einfach eine schlechte Idee, ok?“ Byakuya kräuselte die Lippen. „Nein“, sagte er schließlich. „Es ist nicht ok, es dabei zu belassen. Ich brauche mehr Informationen, Renji. Ist letzte Nacht etwas passiert?“ „Nein, nein, nichts dergleichen“, murmelte Renji. Wenn er nichts weiter anbot, seufzte Byakuya vor Frustration. Warum war es so, dass er Renji normalerweise nicht davon abhalten konnte, über belanglose Dinge zu quatschen, aber wenn es plötzlich um etwas Wichtiges ging, er gehemmt war? „Also gut. Ich werde deine Entscheidung hinnehmen, selbst wenn ich sie nicht verstehe“, sagte Byakuya. „Ich bin dennoch enttäuscht. Kommandant Ōtoribashi schien all das zu sein, in dem ich nicht gut bin, betreffend seiner... Kunst und ich hatte gehofft, dass ich von ihm lernen könnte.“ Etwas in Renjis Schweigen änderte sich. Als Byakuya ihn anblickte, beobachtete Renji ihn mit neugierigen Augen. „Ja?“ „Ja“, Byakuya faltete die Ecke seiner Decke, wünschte sich dabei, dass der Tee und das Frühstück bald kommen würde. Und wenn es nur dafür war, dass er gerne etwas für seine Hände zu tun hätte, während sie dieses heikle Thema besprachen. Herumzappeln erschien nicht angemessen. Er atmete tief durch, beruhigte seine Hände, indem er sie ineinander verschränkte und sagte: „Wenn du dich mit Rose nicht wohlfühlst, sollten wir überlegen, ob wir zu diesen Seminaren im Diesseits zurückkehren.“ „Whoa, du würdest zurück zu den Seminaren gehen?“ Warum überraschte Renji das so sehr? Byakuyas Unzulänglichkeiten in dieser Angelegenheit waren offensichtlich, besonders nach letzter Nacht. Es war demütigend zu realisieren, wie wenig er davon verstand. Vielleicht hatte Renji nicht bemerkt, dass es Byakuya sehr wohl bewusst war, woran es ihm mangelte? Oder dachte er, dass er es nicht zugeben würde? „Renji, ich bin furchtbar in Nachsorge. Ich habe dich einmal beinahe erwürgt mit meinem Amateur-Kinbaku. Und trotz allem kann ich es nicht aufgeben, genauso wenig wie ich meinen rechten Arm abschneiden könnte. Was sonst würdest du vorschlagen?“ Byakuya hielt den Atem an, denn er befürchtete so oft, dass Renji vorschlagen würde, diese besondere... Kunst komplett aufzugeben. Was würde Byakuya dann tun? Renji zwingen, diese Spiele mitzumachen, würden schnell im Desaster enden. Doch wenn er sich verweigerte, war das alles, woran Byakuya denken konnte, bis sein brennender, hungriger Dämon wieder auftauchte. „Ich... ich bin nur besorgt“, sagte Renji. Und natürlich war das der Moment, in dem Eishirō mit dem Frühstückstablett erschien und so erschien es wie eine Ewigkeit, bis das Essen ausgelegt war und Renji sich ihm gegenüber niedergelassen hatte. Sobald alles erledigt war und Byakuya eine dampfende Schale Tee in seinen Händen hatte, fragte er: „Besorgt? Was besorgt dich?“ Renji schaufelte gerade Reis und Fisch in seinen Mund in der offensichtlichen Absicht, nicht mehr darüber zu reden. „Renji, bitte“, sagte Byakuya. Renji wischte sich die Haare aus dem Gesicht und runzelte die Stirn, zog seine Tattoos auf der Stirn hinunter in etwas Dunkles und Animalisches. „Ich bin besorgt, dass wenn wir diese Sachen mit jemandem wie Rose machen, ich vielleicht, du weißt schon, anfangen könnte, ihn zu mögen.“ Ihn zu 'mögen'? Renji meinte offensichtlich mehr als das. „Ich verstehe“, sagte Byakuya. Er nippte an seinem Tee und dachte über den Aspekt nach. „Ōtoribashi ist ein sehr gutaussehender Mann.“ Ein Blick zu Renji sagte Byakuya, dass es das nicht wahr. Byakuya hatte falsch gedacht, es war keine körperliche Zuneigung. „Und so anders als ich.“ Offen. Gutherzig. Liebevoll. Renji sah so am Boden zerstört aus, wie sich Byakuya fühlte, doch was konnten sie deswegen tun? Byakuya konnte nur sein, was er war. Er hatte nur wenig Zweifel, dass Renji ihn trotz allem liebte, doch nun verstand er Renjis Zweifel vollständig. Wenn sie Zeit mit einem turtelnden Pärchen verbrachten, könnte es Renji belasten. Und selbst wenn Byakuya versuchte, das Verhalten nachzuahmen, würde es falsch und unangenehm sein. „Wir werden ein Kinbaku-Lehrer finden, der absolut unfreundlich ist“, entschied Byakuya. „Jemand kälteres als ich.“ Renji lachte, aber nicht grausam. „Oder unzurechnungsfähig. Kūkaku Shiba war meine erste Wahl, wie du weißt.“ Byakuyas Hirn brauchte mehrere Ansätze, um zu versuchen sich vorzustellen, wie er Renji mit dieser Shiba-Frau teilte und noch mehr, wie er mit der Intimität von diesem Moment klar kam. „Sie hat einen Arm verloren. Wie ist sie dazu überhaupt in der Lage?“ Renji gluckste. „Ich habe keine Ahnung.“ Byakuya war sich sicher, dass er es nicht länger als eine Minute in der Gesellschaft von Kūkaku Shiba aushalten würde und der Gedanke daran, wie selbstgefällig sie ihn unterrichten würde... Byakuya glaubte nicht, dass er das angemessene, demütige Verhalten eines Schülers im Angesicht dessen aufrecht halten könnte. „Nein“, sagte Byakuya traurig. „Es wird jemand anderes sein müssen. Das Diesseits ist vielleicht unsere beste Option. Sicherlich würdest du die Gelegenheit begrüßen, nach Ichigo Kurosaki zu sehen?“ Zu Byakuyas Überraschung zuckte Renji unglücklich die Achseln. „Ich weiß nicht.“ Dann schienen ihm einige Dinge durch den Kopf zu gehen. Er blickte auf und sah aufgeregt aus, als er fragte: „Glaubst du, dass Lady Yoruichi oder Urahara etwas über die Sache wissen? Urahara ist möglicherweise kälter als du. Er jagt mir eine Scheißangst ein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich auf ihn einlassen würde.“ Er aß etwas von seinem Fisch und dachte über die Option nach. Yoruichi würde eine interessante Lehrerin sein. Sie würde selbstgefällig sein, aber es würde in der Weise sein, die Byakuya herausfordern würde, besser zu sein. Sie hatte immerhin schon lange diesen Effekt auf ihn. Alles an ihr war zum Verrückt werden, doch er hatte immer von ihr lernen können. Urahara... Byakuya war sich da weniger sicher, doch vielleicht wenn es die beiden waren? „Ich werde fragen“, sagte Byakuya, obwohl er wusste, dass diese Höllenkatze ihn in Verlegenheit bringen und demütigen würde. „Wenn nicht, wissen sie vielleicht, wen wir fragen könnten.“ Renji nickte. Er legte ein bisschen eingelegtes Gemüse auf Byakuyas Teller und nahm sich dann eine große Portion davon. Er kaute darauf herum und sagte: „Und, weißt du, wenn wir gewappnet sind und all das. Wir können Rose und Kira auch ausprobieren.“ Byakuya war darüber überrascht, doch erfreut. „Ja, natürlich. Vielleicht, wenn wir einen Plan haben, meinen Mangel an Romantik in Angriff zu nehmen...“, doch plötzlich versagte Byakuya die Stimme und er ließ den Satz offen. Glücklicherweise hatte Renji die Antwort. Seine Miene hellte sich auf und er sagte: „Ja, wie eine Art Date. Du könntest mich zum Essen oder, wenn du es ertragen kannst, noch einmal ins Diesseits zum Tanzen ausführen.“ „Würde das funktionieren?“, Byakuya war erstaunt. Renji hatte nicht nach Kuscheln gefragt. „Ich wüsste keinen Grund, warum nicht“, sagte Renji und schob eine handvoll Reis in ein Nori. „Du bist gut darin, mich in dieser Weise zu verwöhnen.“ Genauso wie es sein sollte, dachte Byakuya mit ein wenig Stolz. Es war die einzige Art der Romantik, die er wirklich verstand. Er war tatsächlich darin trainiert worden, mit Geschenken, Blumen und Ähnlichem zu hofieren. „Wenn du mir erlaubst, gelegentlich von Rose zu lernen, werde ich dich wie ein Prinz verwöhnen.“ „Heh“, Renji grinste draufgängerisch. „Ich denke, ich mag das.“ Kapitel 16: Perchance to Dream ------------------------------ Hallo zusammen! Ich hoffe, ihr seid gut ins Wochenende gekommen und könnt es genießen. Auch wenn es jetzt morgens wieder kühler wird (endlich! Juhuuu! xD), scheint es dennoch erst einmal noch überwiegend Wetter zum Rausgehen zu geben. Also genießt die Natur noch, so lange es nicht regnet! ;D Unten gibt es auch mal wieder eine kleine Anmerkung von junko, für alle, die gerne ein wenig hinter die Kulissen schauen wollen ;) Viel Spaß beim Lesen! yezz _________________________________________________________________________________ Renji stand auf und gähnte, danach blickte er sich im Schlafzimmer nach seiner Kleidung um. Er fand sie auf dem Tansu aufgehäuft, wo er sie letzte Nacht zurückgelassen hatte. Er griff danach, wurde jedoch von Byakuyas Frage gestoppt: „Hast du Zeit für ein Bad? Da alle mit Packen beschäftigt sind, wird das Onsen verlassen sein.“ Renji würde eine doppelte Schicht heute einlegen. Er wollte auch nicht wieder zu spät erscheinen, denn er hatte das schon ein paar Mal mit Nanako gemacht. Er wollte schon ‚Nein‘ sagen, doch überlegte noch einmal, als er über die Schulter zu Byakuya blickte. Da war nichts auf Byakuyas Gesicht, kein Anzeichen von Emotionen, natürlich. Seine Augen machten diese Nach-unten-blicken-Sache, bei der sie fast geschlossen aussahen, als wäre er sitzend eingeschlafen. Doch etwas daran, wie er sich zusammenriss und so stocksteif hielt, ließ ihn etwas bemerken. Nach dem Scheiß, den Renji gesagt hatte, brauchte er so etwas. „Ja“, sagte Renji. Er musste nur sicherstellen, dass er es irgendwie bei Nanako wieder gutmachte. Er hob die Schultern, um die steifen Glieder knacksen zu lassen. „Nach letzter Nacht hört sich ein Bad in den heißen Quellen verdammt gut an. Außerdem habe ich noch nicht gehört, wie dein Geburtstag gelaufen ist.“ Byakuya schien erfreut. Er stieg aus dem Bett und auch wenn er einen Yukata trug, ging er ins Ankleidezimmer und begann, dort herumzusuchen. „Es war langweilig“, sagte Byakuya. Er fand, wonach er suchte und gab Renji seinen zerschlissenen Kirschblüten-Yukata. „Ich war einsam. Ich habe die ganze Zeit damit verbracht, mich auf dich zu freuen.“ Ein draufgängerisches Grinsen breitete sich auf Renjis Gesicht aus, als er daran dachte, wie Byakuya den ganzen Tag mit Gedanken verbrachte, mit ihm Sex zu haben. Als Renji seinen Yukata entgegen nahm, ergriff er Byakuyas Hand. Er zog ihn näher und stahl sich einen Kuss. Doch mit seinen offenen, unordentlichen Haaren, drückte er fast nur sie gegen Byakuyas Lippen. Er bließ sie aus dem Weg, küsste ihn erneut und fragte: „War's wert, eh?“ Byakuyas Augen öffneten sich und blickten in seine. „Sehr.“ Byakuyas Finger glitten nach oben und legten sich um Renjis Kiefer, zogen sein Gesicht nach unten. Sie standen beinahe Nase an Nase da. Um Renji anzusehen, hatte Byakuya seinen Kopf ein wenig in den Nacken gelegt, in dieser Weise, die Renji sich sexy fühlen ließ. „Hey, schau mich nicht so an, huh? Ich bin nur ein wenig unsicher aufgewacht.“ Die Kirschblüte-Robe fiel zu Boden und Byakuyas Finger schlangen sich um Renjis Hand. Sein anderer Daumen strich weiter über Renjis Kiefer, kratzte über den Hauch von Bartstoppeln dort. „Ich vermute, wir hätten den psychologischen Aspekt von Kinbaku bedenken sollen. Ich gebe zu, dass ich da sehr nachlässig sein kann, da du sonst so stark bist.“ „Sagt der Typ, der mich mit seinem Reiatsu zu Boden drücken kann“, lachte Renji und löste sich. Byakuya ließ es zu. Leise sagte er: „Das vergesse ich auch.“ Renji runzelte die Stirn, da er Byakuyas verzweifelten Ton nicht mochte. Er wusste, dass er den Scheiß mit Rose niemals hätte sagen sollen. Doch Byakuya hatte ihn dazu gedrängt und die Leute sagten immer, dass Ehrlichkeit am Längsten währen würde. Er beugte sich und hob seinen Yukata auf. Er warf ihn über die Schulter und sagte: „Komm schon, ich möchte deinen ganzen Körper einseifen und meine Hände darüber...“ Er verstummte, denn das war mehr, als ihm normalerweise erlaubt war und ein 'Wenn du mich lässt' hinzuzufügen würde alles unangenehmer machen, denn es würde nur noch den Unterschied zwischen Byakuya und... anderen Leuten betonen. Scheiße, warum redete er überhaupt? Manche Leute nutzten Knebel während dem Sex, doch Renji vermutete, dass er eher einen danach brauchte. Byakuyas Gesicht war wieder eine Maske, doch er nickte. „Ja. Das wäre nett.“ Byakuya verbrachte den kurzen Weg durch den, von Schneeregen matschigen, Garten, um sich mental auf Renjis Zuneigung vorzubereiten. Er mochte es nicht, übermäßig betatscht zu werden, doch Renji hatte sich selbst über die letzten Monate hinweg als vertrauenswürdig erwiesen. Es war sehr selten, dass er sich selbst vergaß. Außerdem hatte Byakuya ein Sicherheitswort, das er nutzen konnte. Doch er fühlte sich lächerlich dabei, 'Ichigo' sagen zu müssen, nur weil er mit der Überlastung durch Gefühlen oder der furchterregenden Unberechenbarkeit von ungezügelter Lust nicht zurecht kam. „Ich würde mich besser schlagen“, sagte Byakuya, als sie die Hintertür des Sentō erreichten. „Wenn du langsam machen würdest.“ „Was?“ Renji hatte die Tür für Byakuya aufgeschoben, also duckte er sich um Renjis Arm herum, um zu passieren. Byakuya atmete aus. Er hasste es, sich zu wiederholen, denn es waren oft die Worte, bei denen er schon beim ersten Mal Schwierigkeiten hatte, sie hinaus zubekommen. „Langsam. Wenn du mich berührst, mach langsam.“ Der Blick, den Renji ihm zuwarf, war für Byakuya schwierig zu lesen. War es Traurigkeit? Dann lächelte er liebevoll. „Babe, ich habe nichts geplant. In der gleichen Minute, in der ich es gesagt habe, wusste ich, dass es ein Fehler war.“ Nun spürte Byakuya eine seltsame Welle der Enttäuschung, wenn auch mit Erleichterung gemischt. „Oh.“ Renji glitt im Türrahmen aus den Sandalen und ging über die feuchten Fliesen zum Umkleideraum, ließ Byakuya zurück, der ihm nachstarrte. Byakuya hatte seine Kleidung und Senbonzakura fest im Griff und blickte stirnrunzelnd an die Wand, die Renji nun vor seinem Blick verdeckte. Der heiße Dampf des Onsen füllte die Luft mit einem leicht metallischen Geschmack. Die Quelle gurgelte und blubberte in dem, mit Steinen umrandeten, Becken. Ein leises, friedliches Geräusch, doch Byakuya konnte sein Herz wie ein Stein ins Wasser fallen hören, sinkend, gemütlich, immer weiter abwärts. Renji liebte ihn. Bykauya hatte keine Zweifel. Byakuya hatte auch nie Hisanas Liebe angezweifelt und doch... Es tut mir leid. Ich kann dir die Liebe, die du mir geschenkt hast, nicht vergelten. Das war es, was sie gesagt hatte. Ihre allerletzten Worte, die alles untergraben hatten, von dem er dachte, was sie all die Jahre gehabt hatten. Sie hatte gesagt, dass ihre Zeit zusammen wie ein wundervoller Traum gewesen wäre, doch ein Traum ist nicht die Realität, nicht wahr? Selbst jetzt noch, Jahrzehnte später, sorgte er sich darüber, was damals von ihm unbemerkt und zwischen ihnen unausgesprochen geblieben war. Warum hatte sie das Gefühl gehabt, ihm irgendetwas zu schulden? Hatte sie ihm nicht alles gegeben? Hatte sie irgendetwas zurückgehalten, von dem er nichts bemerkt hatte? Machte sich Renji darauf gefasst, das Gleiche zu tun? Anwesend zu sein und doch ihm zu entgleiten, wie ein Traum? Würde irgendwann in Zukunft ein Tag kommen, an dem sich Renji entschuldigte, nicht mehr anwesend zu sein oder, noch schlimmer, dafür dass er irgendeine Art Auflistung von erhaltener und gegebener Zuneigung geführt habe? Renjis Kopf erschien am Ende der Mauer. „Hey, bist du in Ordnung?“ „Es wäre in Ordnung“, beharrte Byakuya, entschlossen, nicht bei einer solch einfachen Sache zu scheitern. Er würde keine Schulden machen, wenn er eine Berührung verweigerte. „Ich kann das für dich tun.“ „Aw, Byakuya“, sagte Renji und kam nackt aus der Dusche, seifige Bäche flossen die scharfen Linien seines Körpers hinunter. Feuerrote Haare waren durch die Feuchtigkeit zu einem tiefen rot geworden und trotz der schwere des Wassers, schienen sie der Erdanziehung in steifen Strähnen trotzen zu wollen. „Ich möchte nicht, dass du etwas machst, was du nicht bist. Scheiße. Ich glaube, ich habe so etwas in der Art von dir erfragt, aber ich war ein verdammter Idiot, als ich das gesagt habe, ok?“ Renji streckte seine Hand aus und legte sie auf Byakuyas Schulter. Heiße Feuchtigkeit sickerte in die Seide, doch Renjis Griff war angenehm fest und erdend. All seine Emotionen waren in seinem Gesicht zu erkennen, jede einzelne. „Wenn du wirklich willst, können wir es tun. Aber ehrlich, es macht mir keinen Spaß, wenn es kein Spaß für dich ist.“ Ja, natürlich. Vielleicht war es genauso einfach: Renji versuchte respektvoll und liebenswürdig zu sein. Doch was ist, wenn Liebenswürdigkeit genau das war, was ihn immer weiter von ihm abwenden ließ, Stück für Stück, bis nichts mehr übrig war? Es war nicht so, als würde Byakuya nicht wissen, dass Renji weggehen und die Liebe aufgeben würde, wenn er dachte, dass es das war, was die andere Person brauchte. „Ich möchte“, beharrte Byakuya und dann, ehrlicher: „Nur ein wenig. Wie du vorgeschlagen hast. Du kannst meinen Rücken waschen.“ Renji lächelte, drückte Byakuyas Schulter noch einmal, bevor er losließ. „Du weißt, dass ich dafür immer offen bin.“ Renji hielt seine Hand ausgestreckt und Byakuya starrte ihn für einen Moment an, bevor er realisierte, dass das, was Renji wollte war, seine Kleidung für ihn zu tragen. Und doch sah Renji überrascht aus, als Byakuya ihm alles übergab, sogar Senbonzakura. Er starrte auf das Zanpakutō mit großen Augen und errötete dann auf unerklärliche Weise. Er schüttelte seinen Kopf über irgendetwas und folgte dann Byakuya in den Umkleideraum mit Dusche. „Weißt du“, sagte Renji schüchtern, nachdem er Byakuyas Kleidung in einen Korb gelegt und Senbonzakura ehrfürchtig neben Zabimaru an die Wand gestellt hatte. „Ich... würde dich liebend gerne ausziehen.“ Er räusperte sich, als versuche er die Heiserkeit aus seiner Stimme zu verbannen. Seine Augen waren verschämt und scheu, nicht in der Lage, in Byakuyas überraschtes Gesicht zu schauen. „Die Sache ist die, ähm... ich habe mich irgendwie... ich meine, ich habe mich gestern Nacht sehr verehrt gefühlt. Es wäre cool, wenn ich den Gefallen zurückgeben könnte.“ „Oh?“ Verehrt? Was würde diese neue Entwicklung beinhalten? Ging es um Sex oder war es etwas vollkommen anderes? Noch wichtiger: „Wird es langsam sein?“ „Ja“, versicherte Renji ihm. Sein Augen glitt hinauf, um Byakuyas Blick ruhig zu treffen. „Sehr.“ „Sehr gut. Fahre fort.“ Renji dachte, dass Byakuya sehr unsicher bei diesem ganzen Vorschlag aussah. Um fair zu sein, die Idee war irgendwie in Renjis Kopf aufgeploppt und dann total sexy geworden, denn es war viel zu einfach sich vorzustellen, wie er auf die Knie ging und den Yukata mit seinen Zähnen aufknotete. Doch vielleicht wollte Byakuya nicht so weit gehen? Vielleicht wollte er es selbst auch nicht. Immerhin waren sie in letzter Zeit oft von 0 auf 180 gegangen. Langsam klang gut. Renji mochte immer eine Ausrede, um seine Hände lange auf Byakuyas Körper zu halten. Renji hakte sanft seine Daumen unter die Falten von Byakuyas Yukata am Kragen. Er tat erst einmal nichts anderes. Er ließ seine Hände nur für einen Moment dort ruhen, spürte die Kühle von Byakuyas Haut unter seinen Knöcheln und den Klopfen seines eigenen Herzens. Scheiße, ja. Renji hatte vergessen wie sexy und aufregend es war, nur in Byakuyas Nähe zu sein. Nah bei ihm zu stehen und ihn zu berühren. Ohne den Kenseikan, die sie am Platz hielten, sahen Byakuyas Haare wie verschüttete Tinte aus. Der beißende Winterwind oder ihr Gespräch hatte einen Hauch von Farbe auf die blassen Wangen gebracht. Die Kombination ließ Byakuya besonders jung und verwundbar aussehen. Er lehnte sich vor und atmete tief diesen speziellen 'Byakuya'-Geruch ein. Ja, selbst mit dem metallischen Geruch des Onsens war da diese Kombination aus Jasmin und kräftigen Geruch von Mann. Renji lächelte. Byakuya sah ihn seltsam an, irgendwie sehr neugierig, als Renji sich wieder ein wenig zurücklehnte. „Ich hätte mittlerweile gedacht, dass du meinen Geruch aufgenommen hast, Renji. Entziehe ich mich dir immer noch?“ „Heh“, gluckste Renji. „Dein Geruch ist kompliziert. Ich kann niemals genug davon bekommen.“ Dunkle Augenbrauen zogen sich kurz zusammen. „Ist das so? Schätzt du meine... Komplexität?“ Renji nickte. Er ließ seine Hände ein paar Zentimeter auf Byakuyas Brust hinuntergleiten und wieder hinauf. Er wurde mit einem fast unmerklichen Schaudern von Byakuya belohnt. „Wenn ich deine Komplexität nicht mögen würde, wäre nicht viel mehr für mich übrig, nicht wahr?“ Was ihm ein Lächeln entlocken sollte, ließ Byakuya traurig wirken, als er zustimmte: „Ich vermute nicht.“ „Hey, was ist das? Glaubst du, ich suche nach einer einfachen Affäre?“ Byakuyas Blick traf Renjis ruhig. „Ich kann schwierig zu lieben sein.“ „Ohne Scheiß“, sagte Renji mit einem Grinsen, um seine Worte abzuschwächen. „Aber das ist es eben, nicht wahr? Ich bin verliebt.“ Er spielte mit seinen Fingern am Kragen des Yukata, während er redete. „Glaube mir, ich wollte es erst nicht. Als mich die Realität eingeholt hatte, habe ich mich übergeben, erinnerst du dich?“ Byakuya sah skeptisch aus. „Du behauptest, du warst bereits in der Nacht von deinem furchtbaren Gedicht in mich verliebt?“ Renji hob eine Hand, um mit einem Finger Byakuyas Lippen nachzufahren. „Jep.“ Er tippte in gespielter Ermahnung gegen Byakuyas Unterlippe. „Und lüg nicht. Du hast mein Gedicht geliebt.“ „Tue ich“, sagte Byakuya mit einem autoritären Schnauben. „Und du weißt, dass ich es tue. Und doch habe ich jemals mehr erhalten? Hier stehen wir nun, nach meinem Geburtstag und noch nicht einmal einen Stanza, um ihn vorzuzeigen.“ Renji konnte spüren,wie sich das weite Grinsen in seinem Gesicht ausbreitete. „Du sagst mir, dass ich einfach nur irgendwelche beschissene Gedichte für dich hätte schreiben sollen, statt mich letzte Nacht fesseln zu lassen?“ „Nicht 'beschissen'“, korrigierte Byakuya. „'Aufrichtig'. Und ich sehe nicht, was daran verkehrt ist, beides zu erhalten.“ Das brachte Renji zum Lachen. „Alles klar, das nächste Mal, wenn du mich fesselst, arbeite ich daran, ein Haiku für dich.“ „Mach das“, sagte Byakuya, als wäre es entschieden, doch Renji konnte das Necken in seiner Stimme hören und das funkeln in seinen Augen sehen. „Verdammt, du bist wundervoll, wenn du ein höhnischer Arsch bist“, sagte Renji und lehnte sich vor, um Byakuyas Lippen zu küssen. Byakuyas Mund öffnete sich, zog ihn zu sich. Die Hand, die an Byakuyas Lippen gelegen hatte, fand ihren Weg in die seidigen Strähnen an der Seite von Byakuyas Kopf. Zungen neckten und tasteten. Nicht zum ersten Mal fragte sich Renji, was Byakuya erlebte, wenn sie sich so küssten, vor allem, wenn Byakuyas Mund irgendwie immer einen Hauch von etwas Delikatem hatte – Tee, Manga und salzigem Fisch. Byakuyas Reiatsu strich leicht gegen Renji, während sie sich küssten. Eine zaghafte Art der Berührung, nicht unähnlich dem Tanz ihrer Zungen. Renji hatte nie das Gefühl, sonderlich gut in den Reiatsu-Spielchen zu sein, doch er entspannte sich hinein, versuchte mit der Kraft, die er hatte, Byakuya zu signalisieren, dass er einfach weitermachen und erkunden solle. Doch Byakuyas Reiatsu stupste ihn an, bis er nachgab und versuchte, dem leichten vor und zurück entgegenzukommen. Das Reiatsu fühlte sich an, als würden sich tausend Finger ineinander verschränken... Nein, viel mehr wie Schlangenzungen, die hervorschnellten und sich wieder einzogen, federleicht, in einer fühlen-schmecken-riechen-Berührung. Ranken kreisten und tanzten. Byakuya führte sowohl den Kuss als auch den Reiatsu-Tanz, denn Renji fokussierte sich so sehr darauf, nicht einfach in den Shikai-Modus zu gehen oder die Fliesen von der Wand zu rütteln. Pfft, du hast mehr Können, als du denkst, grummelte Zabimaru. Der andere zischte, Was sind unsere Bindeglieder, wenn nicht Reiatsu? Byakuyas Hände, die an seinen Seiten gehangen hatten, hoben sich und griffen um Renjis nackte Hüfte. Seine Finger zuckten dabei, scheinbar zuerst überrascht, als hätte er vergessen, dass Renji nackt war, doch dann legten sich seine Hände glücklich auf seine Haut. Sie küssten sich für eine lange Zeit, vermischten ihr Reiatsu. Renji traute seinen Fähigkeiten weit genug, um Byakuya eine mentale Umarmung zu geben und dann, endlich seufzte Byakuya glücklich gegen Renjis Zähne. Er löste sich, blickte Byakuya in die Augen und hielt den Blickkontakt. Es sah aus, als hätten sie sich selbst an einen besseren Ort gebracht, doch Renji hatte einen Geistesblitz. „Hey, ich habe etwas für dich“, sagte er ernst. Er räusperte sich und zitierte: „Soll ich dich mit einem Sommertag vergleichen... Denn du bist verdammt heiß.“ Byakuya lachte und Renji wusste, dass alles zwischen ihnen wieder gut sein würde. „Komm schon“, sagte er und zog Byakuya beiläufig den Yukata aus. „Lass uns ins Wasser gehen.“ Kapitel 17: Paperwork and Problems ---------------------------------- Renji und Byakuya badeten für eine lange Zeit in der heißen Quelle, ohne viel miteinander zu sprechen. Die Zärtlichkeit ihres Reiatsu-Spiels hing zwischen ihnen in der Luft, ließ die Stille angenehm und entspannt werden. Renji wäre gerne den ganzen Tag geblieben, aber er wusste, dass er bereits zu spät zu seiner Schicht war. Er zog sich aus dem Wasser. Byakuya blickte auf. "Sehe ich dich beim Mittagessen?" "Sicher", grinste Renji. "Freue mich darauf." Byakuya nickte, schien noch verhaltener als sonst zu sein. Es war ein rauer Morgen für sie gewesen und Renji gab sich dafür die ganze Schuld. Also hockte er sich auf den Beckenrand des Sentō und küsste Byakuyas Scheitel. „Hey, ich liebe dich, weißt du.“ Byakuya belohnte Renji mit einem sanften Lächeln. „Ich weiß. Und ich liebe dich auch.“ Nanako schien sich nicht an Renjis Verspätung zu stören. Sie winkte seine Entschuldigungen mit einer Frage weg: „Wie lief es gestern mit Ichigo?“ Die anderen Shinigami im Raum verstummten erwartungsvoll. Es überraschte Renji immer, wie beteiligt der Rest der Soul Society an Ichigos Leben war. Doch er vermutete, dass es Sinn machte. Keine andere Seele hatte für eine lange, lange Zeit einen solchen Eintritt in die Soul Society gehabt und Ichigos Ankunft hatte viele Dinge für so viele geändert. „Nun ja“, sagte Renji und setzte sich auf einen dieser Bürostühle aus dem Diesseits, der hinter seinem Schreibtisch stand. „Ich war nicht wirklich an der Bettkante, als er erwachte – denn ihr wisst ja, privat – aber Rukia sagte mir, dass er guten Mutes war. Dieser Junge hat ein großes Herz. Er ist froh, alles für uns gegeben zu haben.“ Einige nickten, als erwarteten die Leute genau das von dem berühmt/berüchtigten Ichigo Kurosaki. Nanako hängte den neuesten Dienstplan auf und sagte dann: „Und Rukia?“ Renji grunzte und zog sich am Ohr. „Ja, nein. So, wie ihr es erwartet. Ichigo kann sie nicht mehr sehen. Nicht einmal ein Flackern.“ „Wird sie ihn in einem Gigai besuchen?“ Das war auch in Renjis Kopf die Eine-Millionen-Euro-Frage. Er zuckte mit den Schultern. „Wäre er mein... ähm, Freund, würde ich es tun. Aber es ist schwer, zu wissen was das beste ist. Macht es sein Leben nur schlimmer, wenn sie sich sehen? Ichigo hat endlich eine Chance bekommen, als Mensch zu leben. Vielleicht sollte er einfach versuchen, ihr wisst schon, ein normales Leben zu führen.“ Kinjo, der gegen den Schreibtisch des 3. Offiziers gelehnt stand und eine Schale Nattō aß , schüttelte den Kopf. „Nach all den Dingen, die er getan und gesehen hat? Keine Chance.“ Renji nickte. Es war eine unmögliche Situation. Ichigo war nicht der Typ, der aus irgendeinem Kampf zurücksteckte, egal ob groß oder klein. Doch er war verwundet. Aber er wäre im Nachteil im Kampf gegen einen Hollow, da er nun praktisch blind, taub und stumm war. Und jedes Mal, wenn einer von ihnen zu Besuch kam, würden sie mehr Hollows in das Gebiet einladen. Gleichzeitig schien es, ihn wie einen Stein fallen zu lassen, nachdem er all ihre Ärsche aus dem Feuer gezogen hatte... wie ein beschissener Weg, einen Veteranen zu behandeln. Er konnte verstehen, wenn Rukia einen klaren Schnitt machen wollte, denn sie würde ihn vielleicht für die nächsten 70 oder 80 Jahre nicht wiedersehen. Es wäre nicht gerecht, ihn darum zu bitten eine wortwörtliche Lebenszeit zu warten, besonders wenn das Trauma des Todes alle seine Erinnerungen von ihr aus seinem Gedächtnis wischen würde. „Eh“, machte Renji und hob einige Papiere auf, um sie zu sortieren. „Ich habe was im Diesseits vor, also plane ich, ab und zu mal nach ihm zu schauen. Falls Ichigo sagt, ich soll mich verpissen, werde ich es respektieren.“ Das schien alle Anwesenden zufrieden zu stellen. Was sonst könnte ein Freund tun? Da waren viele Shinigami in ähnlichen Situationen, doch mit Kriegsverletzungen umzugehen war ein fester Bestandteil ihres Lebens. Manche Leute wollten während der Regeneration in Ruhe gelassen werden, andere brauchten eine Hand, um sie zu halten. Man musste die individuellen Wünsche respektieren, besonders wenn ihre Pflicht mit einem hohen Preis einher gegangen war. Heiler konnten eine Menge hinbiegen, doch da waren auch immer Dinge, die nur stabilisiert werden konnten. Nur Orihime konnte Glieder nachwachsen lassen. Die Vierte nahm sie auf, die Soldaten mit Amputationen und... nun ja, manche von ihnen wollten auch einfach nur eine klare Trennung von ihren Hofgarden-Freundschaften. Die Schande, zum Dienstpersonal reduziert worden zu sein, war sonst nicht zu ertragen und mit all den Arbeiten im Untergrund würden sie niemals mit normalen Soldaten interagieren. Es war irgendwie gruselig, um ehrlich zu sein. Mit der Gnade des Schicksals gehe ich, sagte Renji unbehaglich. Scheiße, das war auch halb der Grund, warum er immer wieder aufstand, auch wenn er ernsthaft verwundet war. Er starb lieber auf seinen Füßen, als ein halbes Leben so zu verbringen. Er tätschelte Zabimaru beruhigend und beugte seinen Kopf über die Arbeit. Zum ersten Mal war er dankbar, dass er mit seiner Arbeit zwei Tage zurücklag. Irgendwann um die Mittagszeit herum steckte Renji seinen Kopf durch die Tür des Kommandantenbüros. „Wie ist die Lage?“, fragte er und glitt an der Tür aus seinen Sandalen. Byakuya hielt sich nicht damit auf, von seiner Papierarbeit aufzuschauen. „Meine Familie treibt mich weiter in den Wahnsinn“, sagte er mit einem kleinen Seufzen. „Ich habe gehofft, dass sie alle leise gehen würden, aber da ist so viel Trubel und kurzfristige Treffen, bei denen ich dabei sein musste, dass ich mich früher herausgeschlichen habe. Ich bin tatsächlich schon einige Stunden im Büro.“ Renji erwähnte nicht, dass er es bereits wusste. Die Torwachen hatten Byakuyas frühes Erscheinen in der Division angekündigt und Renji hatte irgendwie vermutet, dass Byakuya einfach der Verrücktheiten im Anwesen entfliehen wollte. Immerhin war der Kommandant der Personenschützer nicht nur einmal, sondern gleich drei Mal in Renjis Büro gewesen, da sie verschiedene Kuchiki Shinigami-Ehrenwachen ‚gefordert‘ hatte. Er hatte am Ende ein Handel mit ihr herausgeschlagen, dass sie jeden ranglosen Offizier, der sich freiwillig meldete, nehmen konnte, aber die Kuchiki mussten mindestens die Hälfte der Überstunden bezahlen. Wenn sie einen Offizier wollten, mussten sie einen entsprechenden zusätzlichen Betrag zahlen, um den Personalverlust in der Division zu kompensieren. Es war keine Überraschung, dass sie in den nächsten Wochen wenige ranglose Offiziere haben würden. Doch es zahlte sich für die Division aus. Ranglose gierten normalerweise nach Abenteuer und sie blieben ihnen oftmals verwehrt, da die Leute mit mehr Können eingesetzt wurden. So wurde es zu seinem eigenen Teufelskreis, denn wie konnte jemand Erfahrungen sammeln, wenn es ihnen niemals erlaubt ist, etwas halbwegs Gefährliches oder Aufregendes zu tun? Nachdem er die Tür geschlossen und die Kälte hinter sich gelassen hatte, kam Renji hinüber und steckte die Papierarbeit von Byakuya in die Ausgangspost. Er hatte es nicht vorgehabt, doch er blickte auf den Brief auf Byakuyas Schreibtisch. „Du schreibst Isorokus Frau?“ Byakuya verdeckte schnell den Brief. „Ja.“ Renji wartete, doch Byakuya sagte nichts weiter. Und er weigerte sich, Renji anzuschauen, sondern drehte sich stattdessen um und klingelte nach den Dienern. „Ich rufe nach Essen.“ Oh, als wäre das nicht verdächtig. Renji setzte sich auf seinen gewohnten Platz. „Ok, was ist es, was du mir nicht erzählen möchtest?“ Byakuya blickte zu ihm auf. Ärger zuckte kurz durch sein Gesicht. „Renji, der Punkt daran, dass ich nicht möchte, dass du es weißt ist, dass ich nicht will, dass du es weißt.“ „Ja, ich weiß“, lächelte Renji. „Also, was ist es?“ Byakuya runzelte die Stirn. „Komm schon, es kann nicht so schlimm sein“, neckte Renji. „Es ist nicht so, als wüsste ich nicht, dass du meine Strafe bezahlt hast. Wir sind darüber hinweg, nicht wahr?“ Byakuyas Gesicht spannte sich sichtlich an. Also hatte es etwas mit der Bezahlung zu tun? Es war ja nicht so, als würde Byakuya Probleme haben, eine Millionen Ken zusammenzukratzen, also könnte es nicht das Problem sein, oder? Renji war sich ziemlich sicher, dass er etwas vom Personal gehört hätte, wenn die Konten der Kuchiki trocken wären. Außerdem, selbst ohne die Seidenraupenfarmen, Schmieden und so weiter, hatten die Kuchiki immer noch die unglaublich lukrativen Teehäuser. Renji sollte es wissen. Tante Masama hatte ihm eins angeboten, als sie gehofft hatte, ihn ausbezahlen zu können. Er hatte den monatlichen Ertrag gesehen, mit dem er hätte leben können. Also konnte es das nicht sein. Dann etwas anderes, was mit dem Gericht zu tun hatte? Wenn der Brief an den Generalkommandanten gerichtet wäre, dann hätte Renji vermutet, dass es irgendein militärischer Schlag wäre, statt irgendeine törichte Strafe für ‚ungebührendes Verhalten‘ oder so etwas. Aber er war für die Frau… Was für eine Angelegenheit hatte Byakuya mit der Frau von seinem Ex? Byakuya hatte ihm gesagt, dass sie tatsächlich eine Heiratskandidatin gewesen war, doch Renji hatte gedacht, dass all diese losen Enden in eine nette Schleife gebunden worden waren, als sie jemanden anderes geheiratet hatte. Sie mag vielleicht verbittert sein, dass sie sich mit jemanden niederlassen musste, der nicht wirklich den Status eines Kuchiki hatte. „Hat sie gedroht, dich anzuschwärzen?“, fragte Renji, auch wenn er sich verdammt sicher war, dass die Kuchiki irgendeine niedergeschriebene, formale Vorgehensweise für potentielle Erpressungen hatten, falls sich eine Familie in einer solchen Situation wiederfinden sollte. Sie mussten, oder nicht? „Etwas, das mit uns zu tun hat?“ „Warum, von allen Möglichkeiten, gehst du so weit, Renji?“, wollte Byakuya wissen. Seine Stimme war ruhig und leicht enttäuscht, also vermutete Renji, dass seine Schätzung falsch war. „Ich weiß es nicht“, Renji zuckte mit den Schultern. „Schien genauso möglich, wie alles andere, denke ich. Also wenn es das nicht ist, was ist es?“ Byakuyas Lippen wurden dünn. „Ich halte einen sehr unhöflichen Kommentar über einen Hund auf einer Spur zurück.“ „Nun ja, du hast ihn nicht sonderlich weit zurück gehalten“, lachte Renji. Er legte die Papiere zur Seite, mit denen er versucht hatte, den Brief zu verstecken und legte diesen vor sich hin. „Wenn du es wissen musst, ich habe sie ausbezahlt. Sie beide. Ich bin es leid, Renji. Ich würde mein gesamtes Vermögen dafür ausgeben, wenn ich damit all die bösartigen Gerüchte und den schmerzhaften… Bockmist unterdrücken könnte.“ Bockmist? Schaut den Taicho an, wie er flucht. Er muss wirklich verärgert sein. Tatsächlich riss Byakuyas Sprache Renji aus seiner ersten, gerechten Empörung. Er hatte immer noch einige Einwände, aber er nahm sich einen Moment, um alles ins richtige Licht zu rücken. „Nun ja“, sagte er dann nach einigen Momenten. „Wird es funktionieren? Ich meine, ich habe keine Erfahrung von so etwas außerhalb der Schutzgebühr und ich kann dir sagen, dass das niemals so funktioniert hat, wie es sollte. Je mehr Geld du der Yakuza in den Rachen schmeißt, desto mehr Geld wollen sie auch. Und sie kreuzen auch niemals auf, wenn die anderen Typen dich besinnungslos prügeln.“ Byakuya blickte hinunter auf den Brief, den er schrieb, runzelte die Stirn und blickte dann wieder auf, um Renjis Blick zu begegnen. „Politische Schulden sind etwas anderes. Viele Allianzen wurden bei dieser Art von Hinterzimmergeschäften geschmiedet und halten Jahrhunderte an. Da gibt es immer noch viele Schulden, die vor Jahrtausenden beglichen wurden, die meine als Beispiele ehrt.“ Renji nickte. Byakuya konnte genauso gut recht haben. Immerhin war es nicht so, als würde es noch viele andere Familien da draußen geben, die mehr Geld anzubieten hatten, wie die Kuchiki. Und da waren diese unausgesprochenen Regeln, von denen Renji nichts wusste – Traditionen, vermutete er. Was auch immer es war, es spielte außerhalb seiner Liga. So lange Isoroku und seine Frau nach den gleichen Regeln spielten, war alles... „Hey, warte eine Minute. Warum muss überhaupt jemand ihre Schulden zahlen? Haben sie nicht jede Menge Kohle?“ Byakuya schüttelte den Kopf. „Isoroku ist offensichtlich spielsüchtig.“ Oh. Huh. Renji hatte das Gefühl, als würden ihm immer noch ein paar Puzzleteile fehlen. Zusätzlich klang Spielsucht nicht nach der Art von Dingen, die es zu einer 'politischen' Angelegenheit machte. Man überkam keine Spielsucht, in dem man eine neue Geldquelle fand. „Also schmeißt du einen chronischen Spieler mit Geld zu? Das ist der Plan?“ Byakuyas Mund öffnete und schloss sich einige Male. Als es schlussendlich so schien, als hätte er eine Antwort darauf, erschienen die Diener mit dem Mittagessen: Unajū, eine Art auf Kohle gegrilltem Aal mit braunem Reis, kunstvoll in einer Lackbox verpackt. Da waren kleine, separate Schüsseln mit Miso-Suppe und ein bisschen gesalzenes Gemüse als Beilage. Als die Diener sie verlassen hatte und der Segen gesprochen war, schenkte Byakuya den Tee ein. Angespannt sagte er: „Du missbilligst es. Ich bin nicht überrascht. Das ist der Grund, warum ich entschieden hatte, dir nicht davon zu erzählen.“ „Aw, sei fair, Byakuya“, sagte Renji und teilte den Aal auf. „Ich habe nicht gesagt, dass es dumm war. Ich habe nur gesagt, dass ich nicht verstehe, wie das funktionieren soll.“ „Ist das nicht das Gleiche?“ „Nicht unbedingt“, sagte Renji. Der gesalzene Daikon war knackig und hatte einen Hauch Pfeffer an sich. „Ich habe einfach... vielleicht sind deine Spieler anders als die, die ich kenne, ok? Die, die ich kenne hören niemals auf, bis die Meute ihn lyncht, weil er nicht mehr zahlen kann, wenn du weißt, was ich meine?“ „Ja, ich verstehe, was du sagst, Renji“, sagte Byakuya. „Isoroku ist nicht, wie diese Leute.“ „Wie hat er es dann geschafft, so pleite zu sein, dass du ihn raushauen musstest?“ Byakuyas Gesicht wurde scharf und hart, gerade als Renji etwas Neues auffiel. „Hey und wie hast du überhaupt davon erfahren? Hat er das vor dem Gericht gestanden oder...? Oh, warte eine verdammte Minute, du hast ihn nicht auch aus dem Gefängnis freigekauft, oder?“ „Bevor du herablassend wirst, solltest du wissen, dass er für uns mittellos weitaus gefährlicher war“, sagte Byakuya. Er hielt seine Teeschale an sein Gesicht und starrte Renji über den Rand an. „Diese ganze... Masche mit dir war auf Geheiß von Tante Masama. Sie hat ihn bezahlt, um dich zu provozieren, Renji.“ „Was?“ Renji verstand natürlich jedes einzelne Wort, das Byakuya gesagt hatte. Er konnte es nur nicht glauben. „Tante Masama hat Isoroku bezahlt, um dich zu belästigen“, sagte Byakuya wieder. Der gegrillte Aal steckte wie ein Knoten in Renjis Kehle. „Scheiße, ich hoffe Kurotsuchi zerlegt sie.“ „Tut mir leid, was?“ Kapitel 18: Accidental Proposal ------------------------------- Byakuyas Gesicht war so hart, dass Renji noch nicht einmal versuchte, zu lügen. „Habe ich vergessen zu erwähnen, dass Kurotsuchi vorbeigekommen war und herumgeschnüffelt hat, um nach seinem durchgesickerten Seelenbericht zu suchen?“, fragte Renji. „Nun ja, das hat er. Und ich habe dein privates Adressbuch durchgeschaut und ihn direkt zu deiner Tante geschickt.“ Renji erwartete stillen Zorn von der Art, die das Teeservice klappern ließ und ihn zu Boden drückte. Stattdessen bedeckte Byakuya sein Gesicht mit seiner Hand. Es war eine sehr emotionale Reaktion, die Renji irgendwie ein wenig verängstigte. War Byakuya so wütend, dass er noch nicht einmal seine Emotionen verarbeiten konnte? „Es schien zu dieser Zeit eine gute Idee zu sein“, plapperte Renji schuldbewusst. Byakuya hatte nun beide Hände vor seinem Gesicht und Renji war kurz davor, nach einem Heiler der Vierten zu schicken. Er streckte eine Hand aus und zog sie dann zurück. „Ist es, weil ich deine Sachen durchgeschaut habe? Das tut mir leid. Ich wusste, dass es falsch war, aber scheiße, Byakuya, diese Frau macht mich wahnsinnig und ehrlich gesagt konnte ich keinen wirklichen Schaden darin sehen. Kommandant Kurotsuchi ist verrückt, aber er ist nicht dumm. Es ist nicht so, als könnte er eine Matrone der Kuchiki verschwinden lassen und von den Leuten erwarten, dass sie es nicht bemerkten.“ Als Byakuya immer noch nichts sagte, fügte Renji schwach hinzu, während er hoffte, Byakyua würde sich zusammenreißen: „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich, wirklich leid.“ Byakuya spreizte die Finger und guckte durch sie hindurch Renji an. War das…? Heilige Scheiße, war das ein Lächeln. „Du hast einen Häftling zu einer der hinterhältigsten Menschen geschickt, die ich kenne?“, sagte Byakuya, ein belustigter Ton schwang in seiner Stimme mit, fast schon als würde er ein Lachen zurückhalten. „Das würde niemals funktionieren.“ War das ein Scherz? Byakuya klang fast schon ernsthaft enttäuscht, dass seine Tante lebte. Was ging hier vor? „Um… huh?“ Byakuya räusperte sich und ließ seine Hände sinken. Seine Mimik war wieder fast normal. „Nun ja, zumindest erklärt das Tante Masamas Brief, in dem sie behauptete, dass ich ‚zu weit gegangen‘ sei.“ Renji saß für einige Minuten da, mit seinen Händen auf den Knien, hielt seinen Atem an und erwartete mehr. Byakuya hatte sich offenbar wieder erholt und aß von seinem Fisch. Renji beobachtete ihn für eine Weile und riskierte es dann: „Also… bist du nicht wütend?“ „Ich bin furchtbar wütend, Renji“, sagte Byakuya, auch wenn er nicht so klang. Nicht im Geringsten. „Beeinträchtige nie wieder meine Familie. Die sind schwierig genug für mich zu händeln, dein Gestümper erschwert meine Bürde nur noch. Das Letzte, was wir brauchen ist, noch mehr Öl in dieses besondere Feuer zu schütten und du weißt das sehr wohl. Wie auch immer, meine Tante hat den Seelenbericht irgendwoher gestohlen, vermutlich von der Zwölften, also würde ich sagen, sie hat das, was auch immer passiert sein möge, selbst über sich gebracht. Nun, da ich ihre Nachricht verstehe, werde ich ihr das auch genauso in meiner Antwort mitteilen.“ Renji kratzte nachdenklich an einer seiner Koteletten. Er begann sich zu entspannen, war aber immer noch misstrauisch. „Ich stecke wirklich nicht in der Patsche?“ Byakuya schien eine lange Zeit darüber nachzudenken. Er nippte an seinem Tee und starrte Renji an. Schlussendlich seufzte er. „Sie ist eine alte Frau, Renji – eine Zivilistin, sollte ich noch hinzufügen – die zu schlecht dafür ausgerüstet ist, sich gegen ein Monster wie Kurotsuchi zu verteidigen. Davon abgesehen ziehe ich ernsthaft in Erwägung, die alte Adelspraxis was das Vergiften von lästigen Verwandten angeht, wieder einzuführen. Also kann ich dir das schlecht vorwerfen.“ Oh, nun verstand Renji den ‚Scherz‘. Er atmete geräuschvoll aus und nickte. „Mit Vergnügen werde ich niemals wieder mit deiner Familie etwas zu tun haben. Vertraue mir, für mich ist das gut.“ Byakuya schob ein bisschen von dem gebratenen Aal auf seinem Teller herum. Seine Augen waren nach unten gerichtet, ohne sich zu fokussieren. Er dachte ganz klar über etwas nach – Familienpolitik vermutlich. Nun, da er sich sicher war, dass er nicht in Schwierigkeiten steckte, schob sich Renji noch eine Portion Reis auf den Teller. Sie saßen in ihrer gemütlichen, kleinen Ecke im Büro, direkt an der Seite von Byakuyas Schreibtisch. Byakuyas Büro roch immer in der Weise nach alten Büchern, die Renji angenehm an die Bibliothek der Akademie erinnerte. Renji konnte nicht glauben, dass Byakuya das so gut aufgenommen hatte. Er erwartete irgendwie immer noch, dass etwas passiert. Also war er ein wenig nervös, als Byakuya wieder sprach. Er setzte sich gerade hin und hörte aufmerksam zu. „Es ist ein ungerechtes Versprechen, dass du nicht mehr mit meiner Familie interagieren sollst… hineinpfuschen, sogar“, sagte Byakuya langsam, nachdenklich, als versuchte er ein größeres Konzept zu entwirren. „Eines, welches ich vernünftigerweise nicht von dir erzwingen kann. Selbst wenn du nur mein Adjutant wärest und nicht auch noch mein Partner, gäbe es keine Möglichkeit, Zusammentreffen mit den Kuchiki zu vermeiden, egal wie sehr wir uns das beide vielleicht wünschten.“ Byakuya blickte wieder auf. Ihre Augen trafen sich und Renji fühlte, dass das ein sehr wichtiger Moment war. Byakuya versuchte irgendetwas über ihre Beziehung zu vermitteln. Ein kleines Lächeln zuckte um die Winkel von Byakuyas dünnen Lippen, als er fortfuhr: „Wie wäre es mit dem Versprechen, dass du mir einen schnelleren Bericht darüber zukommen lässt, wenn du das nächste Mal einen amoralischen, soziopathischen Peiniger auf einen meiner Verwandten hetzt?“ Renji lachte schnaubend. „Ja, das kann ich machen.“ „Sehr gut“, sagte Byakuya und widmete sich wieder seinem Fisch. „Dann ist, wie du sagen würdest ‚Alles klar‘.“ „Heh“, Renji grinste breit. „Ich liebe es, wenn du dreckig redest.“ „Mmm“, murmelte Byakuya, während er einen Schluck Tee trank. „Ich sollte besser vorsichtig sein oder meine Familie wird weitere Munition haben, wenn sie sagen, dass du ein schlechter Einfluss für mich bist.“ Renji schaffte es gerade so, ein lautes Rülpsen hinter seiner Hand zu unterdrücken und nickte: „Wohl wahr.“ Byakuya schüttelte missbilligend seinen Kopf, doch seine Augen funkelten. „Ich verzweifle manchmal an dir.“ „Nur manchmal?“, grinste Renji. „Wir machen Fortschritte.“ Byakuya blinzelte, wurde wieder ernst. „Ich vermute, das tun wir.“ Renji nickte, gab Byakuya ein paar mehr von dem salzigen, eingelegten Gemüse, bevor er sich den Rest davon holte. Er wollte sich über den Tisch lehnen und Byakuya küssen, doch das letzte Mal, als er etwas in dieser Art getan hatte, war die Hölle losgebrochen. Stattdessen ging er zur Arbeit über: „Ich habe einen Haufen Rangloser als Eskorte für deine Verwandten mitgeschickt. Die Kommandantin der Personenschützer wollte Offiziere von Rang, aber ich habe ihr gesagt, dass sie für dieses Privileg zusätzlich zahlen müssten.“ „Sehr gut. Außerdem“, sagte Byakuya und schob seinen Teller zur Seite und legte die Essstäbchen in den Halter, „kein Rang bedeutet, dass es unmöglich für jemanden sein wird, sich beleidigt oder ungerecht behandelt zu fühlen. Ich habe immer noch mit der Fehde von einem halben Jahrhundert zuvor zu tun, die damit begann, dass jemand meinte, er hätte den 15. Offizier statt dem 19. Offizier haben müssen. Immerhin“, Byakuya imitierte einen hochnäsigen Ton, der überraschend nach seiner Tante klang, „Der-und-der hat den 16. Offizier bekommen, also warum verdiene ich nichts besseres?“ Renji schnaubte. „Ja und das wäre alles meine Schuld gewesen, wenn das heute passiert wäre.“ „Ja“, stimmte Byakuya zu. „Tatsächlich war es damals mein Fehler gewesen. Hisana lag im Sterben.“ Renji runzelte die Stirn. „Und sie werfen dir vor, dass du so etwas Belangloses verkackt hast, als das passierte? Was zum Teufel, haben sie nicht ein klein wenig Mitleid?“ Byakuya blickte auf. Ein kleines Grinsen spielte auf seinen Lippen. „Es war kein Fehler, geboren aus der Ablenkung meines Kummers, Renji. Ich war wütend. Es war eine absichtliche Beleidigung. Warum, glaubst du, ist es nach 50 Jahren immer noch ein Thema? Ich habe mich niemals entschuldigt. Noch werde ich es tun. Wegen dem, was er über Hisana gesagt hatte, sollte er froh sein, dass ich überhaupt eine Eskorte mitgeschickt habe.“ Renji hätte beinahe gefragt ‚Warum hast du dann?‘, aber er kannte die Antwort: Familie. Du duldest ihren Schwachsinn, denn sie waren deine Sippe. Es war ja nicht so, als könnte er das nicht nachempfinden: Rukia und Seichi hatten ihm mehr Kummer bereitet, als irgendwer sonst jemals in seinem Leben. „Ich vermute, ich kann froh sein, dass meine Familie klein ist, huh?“ Als er seine Teeschale aufnahm, stellte Byakuya fest, dass sie leer war und schenkte sich erneut ein. „Wenn Familie gewählt werden könnte, dann wäre meine Familie auch klein. Sie bestände aus niemanden mehr als Rukia und dir“, sagte er mit einem weiteren tiefen, durchdringenden Blick in Renjis Augen. Oh. Renji fühlte sich wie ein Idiot, dass er es jetzt erst verstand. Das war auch vorher Byakuyas Andeutung gewesen. Er konnte Renji nicht verbieten, mit seiner Familie umzugehen, denn er dachte von Renji als Teil seiner Familie. Verdammt. Sie haben wirklich einen langen Weg zurückgelegt. Dann, mit einem Seufzen, brach Byakuya ihren Blickkontakt. „Es ist nur die Verwandtschaft, die ich im Überfluss habe.“ „Nun, in diesem Fall, bin ich einfach froh, dass ich keine ‚Verwandtschaft‘ habe“, sagte Renji. Renji wollte mehr sagen, etwas um Byakuya wissen zu lassen, dass er endlich verstanden hatte, was er ihm sagen wollte. Doch ihm kam nichts in den Sinn was nicht komplett dämlich oder kitschig war. ‚Du bist auch meine Familie‘ schien unangebracht. Außerdem war es nicht wahr, zumindest wenn man es strikt sah. Es war nicht so, als hätte Renji keine starken Gefühle für Byakuya; es war mehr, dass Renji ‚Familie‘ hauptsächlich als älterer Bruder erlebt hatte. Rukia würde ihm eine runterhauen, dass er es so auslegte, denn sie hatte es niemals benötigt, dass er ihr Leben beschützte. Doch bevor sie zur Abarai-Gang dazugestoßen war, war es sein Job gewesen, sie alle im Auge zu behalten. Byakuya brauchte niemanden, der auf ihn aufpasste. Zumindest nicht so. Ja, Renji verstand, dass es auch in einer Familie um Liebe ging. Gott alleine wusste, wie sehr Renjis Gefühle für Rukia vermischt waren in einer undurchsichtigen Geschwister/Romatik/Sexy-Weise, wie sie nicht verwirrender sein konnten, doch er war sich nicht wirklich sicher, ob er Byakuya in dieses Chaos werfen wollte. Renji wusste, dass Byakuya ihre Beziehung formalisieren wollte. Sie hatten bereits darüber geredet, sogar die Idee Renji zu adoptieren lag im Raum. Renji war sich nicht so sicher. Er hatte niemals eine Ehefrau haben wollen… oder vielleicht, passender gesagt, er hatte nie ein Ehemann sein wollen. Nicht einmal, wenn er an Rukia dachte, hätte sich Renji jemals einen lebenslänglichen Schwur oder ein gemeinsames Haus oder… Kinder vorstellen können. Währenddessen war Byakuya in letztere Zeit super grüblerisch gewesen. Zum Teufel, da war sogar gestern das ganze Gespräch über Kinder! Renji wusste, nicht was er damit machen sollte. Er war heute Morgen ein solches Arsch gewesen, wie er sich seltsam darüber aufgeführt hatte, wie viel besser Rose bei dieser ganzen sexuellen-Vorlieben-Sache war. Und jetzt noch plötzlich zu sagen ‚Ich weiß nicht, was du gerade denkst, Kuchiki, aber Heirat kommt nicht in die Tüte‘ oder nicht mehr als einen ernsten Blick anzubieten schlug dem Fass den Boden aus. Doch er sollte vermutlich etwas sagen. „Also, ähm“, begann Renji, starrte in einer ähnlichen Art auf seinen leeren Teller, wie Byakuya in seine leere Teeschale geschaut hatte, und fragte sich, warum es niemals genug gab. Vor allem jetzt, wenn er etwas gebrauchen konnte, mit dem er seine Hände beschäftigen konnte. „Ich bin Familie, huh?“ Ok, das war eine blöde Bemerkung, aber Renji hoffte, das offene Ende würde ausreichen, um das Gespräch ins Rollen zu bringen. Byakuya blickte Renji über seine Teeschale an. „Nun ja, natürlich nicht formell“, sagte er nach einem Moment. „Aber in meinem Herzen.“ Das war also alles? Eine Erklärung, was er in seinem Herzen fühlte? „Oh, ok“, sagte Renji und fühlte sich seltsam erleichtert. „Das ist cool.“ „Ist es? Du wünschst dir nicht mehr?“ Ah, scheiße. Er entschied sich, sein eigenes, kompliziertes Gepäck so lange wie möglich vom Tisch zu lassen und erwiderte mit einer Frage: „Was denn?“ Byakuya schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Du hast mein Angebot zur Adoption abgelehnt.“ Renji starrte ihn mit offenem Mund an, doch Byakuya winkte seinen Protest weg. „Es frustriert mich vom Standpunkt der Erbschaft, aber ich verstehe deinen Stolz, dass du den Namen, den du dir selbst geschaffen hast, behalten möchtest. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, was es sonst noch für uns gibt.“ „Eh“, Renji zuckte mit den Schultern. „Ich brauche nicht viel, um glücklich zu sein.“ Byakuya verdrängte schnell ein Lächeln. „Durchaus. Das ist eine meiner Lieblingseigenschaften an dir.“ Renji gluckste, doch fügte hinzu: „Was ist denn mit dir? Bist du zufrieden mit den Dingen, wie sie jetzt sind?“ „Nicht vollständig“, gab Byakuya zu. „Aber es ist nicht so, als würde irgendeine Art von Ehevertrag meine Familie davon überzeugen, dich mehr zu akzeptieren. Ich habe das Gesetz umgangen und HIsana geheiratet. Wenn überhaupt haben sie sie deswegen noch mehr gehasst.“ Renji vergaß manchmal, dass es gegen das Gesetz war, dass Byakuya jemanden vom Rukongai heiratete. Gegen das verdammte Gesetz. Das war einfach total verrückt. Manchmal fühlte sich Renji, als würde er am hinterwäldlerischsten Ort des ganzen Universums leben. Warum hatten die Vizards sich entschieden, zur Soul Society zurückzukehren? Sie hatten in einer Welt gelebt, in der du verdammt noch mal denjenigen heiraten konntest, den du liebst, egal von woher er kam – Scheiße, in manchen Orten konnten sogar zwei Männer heiraten. Hey, das war eine Idee. „Du weißt“, sagte Renji, ohne sich wirklich sicher zu sein, was er dachte, als er es anbot, aber es kam dennoch heraus: „Wir könnten im Geheimen heiraten, im Diesseits.“ Byakuya machte einen hustenden Laut, da er sich an seinem Tee verschluckt hatte. Als er seinen Hustenanfall wieder unter Kontrolle hatte, fragte er: „Hast du mich gerade gefragt, ob ich dich heirate?“ „Oh, ähm…“ Das Seltsame war, dass die Idee, im Diesseits zu heiraten, Renji irgendwie faszinierte. „Ich weiß nicht, habe ich?“ „Ich denke schon.“ Sie starrten sich über die Reste des Frühstücks an. „Hast du einen Scherz gemacht?“, fragte Byakuya. „Ich meine… Ich hätte niemals gedacht, dass du überhaupt darüber nachdenkst.“ Doch Renji dachte nach. Renji dachte sehr angestrengt nach. Es war nicht so, als hätte er es nicht so mit Monogamie. Selbst wenn Renji Single und sorglos war, er war immer der ‚eine Person zur gleichen Zeit‘ Typ gewesen. Er hatte versucht, sich mit ein paar Leuten zur gleichen Zeit zu treffen, doch er fand heraus, dass er eher zu der Sorte ‚alles oder nichts‘ gehörte. Er gab demjenigen 100 %, mit dem er gerade zusammen war und zu versuchen, sich aufzuteilen, hatte nie funktioniert. Es kam Renji in den Sinn, dass der Hauptgrund für einen Widerstand gegen die Idee der Hochzeit an sich all die Erwartungen waren, die damit einhergingen. All das Zeug mit den besonderen Traditionen, vor allem an so einem engstirnigen und altbackenen Ort, wie die Seireitei. Wenn sie sich davon lösen könnten, wenn sie nur aufstanden und sagten ‚dieser Mann, für mich, für immer‘, dann hätte Renji wirklich kein Problem damit. „Ich denke, ich habe vielleicht meine Gedanken überdacht“, stimmte Renji vorsichtig zu. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust, denn… wollte er das? Er konnte sich nicht durch die Weltgeschichte vögeln. Du konntest dich nicht mit einem Typen wie Byakuya Kuchiki verloben und dann mit ‚war nur ein Scherz‘ nach einem Monat zurückrudern. „Aber, ok, also wenn ich es ernst meine, dann müssen wir darüber reden, was das bedeutet. Ich bin nicht… Ich meine, ich denke nicht, dass ich jemals mit dir auf dem Anwesen leben könnte, also permanent.“ Als Byakuya niedergeschlagen wirkte, fügte Renji schnell hinzu: „Es ist nicht so, als würde ich mich gegen das mit dir zusammenleben sträuben, es ist nur… dieses riesige Anwesen. Es fühlt sich so seltsam an. Es ist so sehr dein Ort – der Ort deiner Familie.“ „Ah, ja, das macht Sinn“, nickte Byakuya. „Wir könnten nach einem gemeinsamen Ort suchen.“ Als er Renjis aufsteigende Panik spürte, hob Byakuya eine Hand. „Später. Da ist keine Eile. Selbst wenn wir morgen heiraten würden, haben wir ein Leben lang, um diese Dinge zu besprechen. Huh, ja. Das war wahr, richtig? Und ihre Lebenszeit konnte ein weiteres Jahr oder weitere Tausend sein. Renji fühlte selbst, wie er sich bei dem Gedanken entspannte und ließ ihn weiter einsinken. Verheiratet. Mit Byakuya. Das wäre schon ein Kracher. „Wirst du meinen Namen annehmen“, scherzte Renji. „Nur, wenn du auch meinen annehmen wirst“, sagte Byakuya ohne zu zögern. „Ich wünschte, du würdest es dir überlegen. Ich möchte, dass für dich gesorgt ist, sollte ich sterben.“ „Hey, nichts davon jetzt“, sagte Renji. „Wenn wir ins Gras beißen, dann machen wir das gemeinsam, hast du verstanden?“ Byakuya grinste und sagte: „Ja, der Herr.“ „Gut“, sagte Renji. „Ich sollte zurück ins Büro gehen, aber kannst du uns ein nettes Restaurant heute Abend reservieren? Wenn ich das tue, dann sollte ich es vermutlich auch richtig machen.“ Byakuya konnte ein Lachen nicht vollständig unterdrücken. „Renji, ich brauche keinen Ring.“ „Ich rede nicht von einem Ring“, brauste Renji auf. Um ehrlich zu sein, hatte er noch nicht einmal daran gedacht. Aber er konnte sich auch keinen verdammten Ring leisten. „Ich meinte Romantik. Du weißt schon, mit Blumen und… Poesie.“ „Ah“, Byakuya gab dem Lächeln nach. „Poesie. Ja, wenn du einen richtigen Antrag machst, muss da auch Poesie sein.“ Byakuya stand auf und Renji folgte ihm. „Also gut, geh und schreibe deine Poesie. Ich werde die Reservierung vornehmen.“ Renji fragte sich nur noch, was zum Teufel er sich eigentlich dabei dachte. Renji verbrachte seine zweite Schicht in einem benebelten Zustand. Er dichtete seine Poesie, während er Kinjos Schädel während der Trainingseinheit einschlug. Papierkram war geordnet und überbracht und auf dem Weg zurück von der Ersten gab Renji dem Impuls nach, zur Dreizehnten zu gehen. Der See, den man vom Ugendo überblicken konnte, war gefroren. Steife Rohrkolben schauten am Ufer heraus. Die Sonne schien durch die eisüberzogenen Pflanzen, beleuchtete ihr grünliches Inneres. Der See, normalerweise so lebhaft mit den neugierigen Fröschen und dem Summen von Insekten wirkte, war gespenstig still. Das einzige Geräusch war ein seltsames Knacken, wenn das Wasser unter dem Eis sich bewegte. Wind wehte über die polierte Oberfläche, schob die pulvrigen Schneekristalle zu Renjis Füße, die in Sandalen steckten. Der reichhaltige, willkommen heißende Geruch von brennendem Feuerholz ließ ihn zur Tür huschen. Trotz der Kälte hatte Kommandant Ukitake die Tür geöffnet, um den Ausblick genießen zu können. Renji konnte das warme Leuchten des Feuers sehen. Rukia und ihr Kommandant saßen nahe an der Feuerstelle, ihre Hände umfassten heiße, dampfende Getränke. Ihre Hände waren zusammengesteckt, offensichtlich tief in einem Gespräch versunken. Er hielt in einiger Entfernung der Tür an und klopfte gegen einen nahegelegenen Balken, damit er nicht irgendeine private Unterhaltung störte. „Wer ist da?“, rief Ukitake. „Ich bin es nur“, sagte Renji und steckte seinen Kopf durch die Tür. „Bin vorbeigekommen, um zu sehen wie es dir geht, Rukia. Und, ähm, den Kommandanten vielleicht um einen kleinen Gefallen zu bitten?“ Rukias Gesicht zog sich zu einem tiefen Stirnrunzeln zusammen. Ihre eleganten Augenbrauen, die Byakuyas so ähnlich waren, schoben sich zusammen. „Ich bin in Ordnung“, log sie und setzte ein falsches Lächeln auf. Renji kannte den Ausdruck gut genug. Es war der Gleiche, den sie damals in Inuzuri benutzt hatte, wenn sie behauptet hatte, sie sei nicht hungrig. Doch er hatte niemals das Herz gehabt, ihr das zu sagen. Damals nicht und auch nicht heute, deshalb nickte er nur. „Sicher“, sagte er. „Gut.“ Ukitake ließ sich auch nicht zum Narren halten. Er stand auf, um für Renji Platz an der Feuerstelle zu machen und blickte sie nun mit einem mitleidigen Blick an. „Ich weiß nicht, warum du ihm keine Nachricht senden möchtest. All die jungen Leute bleiben so heutzutage im Kontakt.“ Renji warf Ukitake einen ungläubigen Blick zu. Hatte er gerade Rukia vorgeschlagen, Ichigo zu sexten? Mit einem SEELENTELEFON? Als würde Urahara das nicht innerhalb von maximal 10 Sekunden auf Twitter stellen. Rukia schüttelte ihren Kopf. „Ich denke, er möchte einen klaren Schnitt.“ „Du denkst so, aber du weißt es nicht“, sagte Renji, sprang zu Ukitakes Unterstützung ein. Ukitake wandte sich ab, um an irgendeiner Vorrichtung in der Ecke des großen Raumes herumzufummeln. Es war eine Art kleine, batteriebetriebene oder elektrische Herdplatte. Ein Topf mit heißer Schokolade blubberte dort vor sich hin. Der Kommandant schenkte einen Becher ein und gab ihn Renji. Rukia blickte die Schokolade in ihrem eigenen Becher finster an. „Ich kenne ihn.“ Renji sagte „Ja, das tust du“, in der gleichen Zeit, wie Ukitake zustimmte: „Natürlich tust du das.“ Nun ja, dachte Renji, als er sich neben den heißen Kohlen niederließ, das war ein Reinfall. Er hätte wissen sollen, dass Rukia nicht wusste, wie sie über Ichigo reden sollte. Er verstand immer noch nicht ganz diese ‚klarer Schnitt‘ Sache, obwohl er ihr am ersten Tag schon von ihrem Plan erzählt hatte. Er hatte versucht ihr zu erzählen, dass Byakuyas Briefe wirklich toll gewesen waren und sie und Ichigo so etwas absolut tun sollten, doch hatte gejapst und gesagt: „Zu schmerzhaft.“ Und ehrlich gesagt, wer würde darüber diskutieren? „Also, ähm, Kommandant“, sagte Renji und wandte sich zu Ukitake. „Wenn wir von Seelentelefonen sprechen, sie haben nicht zufällig noch eines irgendwo herumliegen, oder? Ich muss mit Urahara sprechen und ich kann nicht auf die Seelenpost warten.“ Ukitake blinzelte Renji über den Becherrand an. Seine dunklen Augenbrauen hoben sich. Sie waren immer so ein krasser Kontrast zu den schneeweißen Haaren. „Würde die Zwölfte keine geschäftliche Leitung für dich öffnen?“ „Uh, nun ja, es ist nicht wirklich geschäftlich – mehr privat“, sagte Renji. „Und die Sechste hatte ein kleines Zerwürfnis mit der Zwölften, müssen sie wissen.“ „Oh?“, Ukitake saß aufrechter, wie ein Bluthund auf der Fährte eines guten Gerüchts. Renji wusste plötzlich, dass er tauschen musste. „Wenn ich es ihnen sage, kann ich mir ein Seelentelefon leihen?“ Ukitake winkte es ab, als wäre das nie ein Thema gewesen. „Natürlich, natürlich. Nun sag mir, was um Himmels Willen sich Byakuya dabei gedacht hat, sich mit Mayuri in die Wolle zu kriegen?“ „Es ist ein bisschen komplizierter als das“, sagte Renji. Er bemerkte, dass er auch Rukias Aufmerksamkeit hatte, also erklärte er: „Und es beinhaltet eine lästige Tante von dir, Rukia.“ „Lass mich Kekse holen“, sagte Ukitake schon fast vergnügt. Etwas später stand Renji außerhalb vom Ugendo und lehnte sich gegen die Wand. Sein Atem hinterließ kleine Wolken in der kalten Luft, während er Uraharas Erklärungen zuhörte. „Es tut mir leid, das zu sagen, Vizekommandant, aber Adoption ist die legalste Methode. Doch wenn du wirklich nach etwas wie Heirat suchst, ist es wahr, dass Shibuya ein Zertifikat an gleichgeschlechtliche Paare ausstellt. Doch das beachten nicht viele“, sagte Urahara. Renji konnte hören, wie am anderen Ende der Leitung der Fächer nervös hin und her wedelte. „Darf ich fragen? Was genau hoffst du zu erreichen? Die Leute benutzten so etwas hauptsächlich, um die Besuchsrechte im Krankenhaus zu bekommen. Ich hasse es, dir das sagen zu müssen, Vizekommandant, aber du bist bereits tot.“ „Ja, das habe ich bemerkt“, sagte Renji. „Es ist einfach eine Sache, die wir tun möchten. Kannst du die Details darüber herausfinden, was wir tun müssen?“ Da waren ein langes, leidendes Seufzen und der Klang von einem zusammenklappenden Fächer. „Ich werde dich angemessen entlohnen“, bot Renji an. „Ich weiß, dass es Zeug gibt, dass du von hier haben möchtest. Ich kann es dir bringen.“ „Du bist mein ‚Packesel‘? Geht klar!“ Renji blickte den braunen Kimono finster an, den der vorübergehende Hausverwalter über einem Arm trug. „Warum ist meine Uniform nicht in Ordnung?“, wollte Renji wissen. „Uniformen werden in den meisten Plätzen als formale Kleidung angesehen.“ „Ich glaube, seine Herrschaft sagte, er möchte ‚nicht von einem Untergebenen einen Antrag erhalten‘.“ „Aua“, murmelte Renji, doch er konnte das Argument nachvollziehen. „Bist du dir sicher, dass ich nicht immer noch einer bin, wenn ich in zivil gehe?“ „Natürlich bist du das“, sagte der neue Kerl, dessen Namen Renji noch nicht gelernt hatte, ohne jedes Mitleid. „Tausende Male. Eine Million! Aber wir unterhalten ihre Herrschaft damit, nicht wahr?“ Renji seufzte nur und ließ sich von diesem Fremden ankleiden. Zumindest war das stilisierte Nue-Wappen cool, selbst wenn er beim letzten Mal, als er dieses Ding getragen hatte, damit geendet war, vor Tantchen Masama zu katzbuckeln. Vielleicht war es ja gut, bessere Erinnerungen darin zu machen. Als Byakuya die Treppe hinunterkam, verschlug es Renji fast den Atem. Byakuya hatte sorgsam alle Andeutungen auf die Kuchiki vermieden, daher war kein königsblau in seiner Kleidung und kein Kenseikan in seinen Haaren zu sehen. Stattdessen hatte er einen dunklen, wald grünen Kimono ausgesucht mit perlmutt weißen Malereien von weißen Reihern im Flug ausgesucht. Die unteren Lagen bestanden aus Silber und grau, die die sturmgraue Farbe seiner Augen betonten. Seine Haare waren ein tintenschwarzer Fluss, ungebunden, uneingeschränkt… wundervoll. Scheiß drauf. Der Mann war unvergleichlich. Renji wollte das Abendessen überspringen und Byakuya auf den Arm nehmen, ihn nach oben tragen und über ihn herfallen. Stattdessen krächzte er ein Ehrliches: „Wow, schau dich an. Du bist… wow. Umwerfend.“ Byakuyas Wangen wurden ein winziges bisschen rot und er blickte weg. „Danke“, sagte er. „Du siehst auch sehr gut aus. Ich habe ein kleines Restaurant in der Seireitei gefunden, das zu uns passen sollte.“ „Oh, ja?“, sagte Renji. Er wollte Byakuya irgendwie einen Arm anbieten, wie ein Gentleman. Doch wenn sie durch die Straßen der Seireitei gingen, konnte er sich kaum sehen lassen, wie er sich an seinen Kommandanten kuschelte. Also hielt er Byakuya stattdessen die Tür auf. Eishirō warf Renji einen genervten Blick zu, da er ihm den Job abgenommen hatte, doch Renji ignorierte ihn. „Habe ich schon mal davon gehört?“ „Es ist neu“, sagte Byakuya. „Doch sowohl Kommandantin Unohana als auch Kommandant Kyōraku haben ihn empfohlen.“ Das war ein ziemlich unterschiedlicher Geschmack. Vielleicht. „Also gibt es gutes Bier?“ „Das Beste“, sagte Byakuya. „Das Essen ist hauptsächlich… klein? Offensichtlich versuchen sie dort eine Sache aus dem Diesseits. Tapas?“ Renji dachte nach, sagte dann aber: „Ich habe keine Ahnung, was das ist.“ „Ich auch nicht“, sagte Byakuya, als sie durch den gefrorenen Garten des Anwesens gingen. Schnee hing schwer in den immergrünen Ästen und beugte die Köpfe des großen, trockenen Grases. Der Steinpfad war frei gekehrt. Es war gerade breit genug, dass sie nebeneinander gehen konnten. Die Luft war kühl, doch der Wind war mild. „Shunsui sagte mir, es wäre wie Dim Sum. Appetitanreger.“ „Klingt nach Spaß“, stimmte Renji zu, bemerkte dass Kommandant Kyōraku plötzlich Shunsui war, als würden sie normal miteinander reden und nicht versuchen würden, gegenseitig ihre Diener zu töten oder betrunken in die Division einzudringen. „Dim Sum ist irgendwie gewöhnlich, oder nicht? Sind wir nicht zu gut angezogen?“ Byakuya blickte verwirrt auf ihre Kleidung. „Zu gut angezogen? Nicht im Geringsten.“ Renji schüttelte nur den Kopf über ihre unterschiedliche Auffassung von so etwas. Byakuya führte sie die Straße hinunter. Es reihten sich hochklassige Kleidungsläden aneinander, hauptsächlich mit Seide. Die Sonne ging unter und die Schatten wurden länger. Tavernen öffneten; Läden schlossen. Restaurants bereiteten sich für den abendlichen Trubel vor. Leute kehrten vor ihren Türen, zündeten Laternen an und lieferten Waren und Essen aus. Eine vorbeikommende, gut gekleidete Familie verbeugte sich tief vor Byakuya, der sie nicht zu bemerken schien. Als Renji ihnen grüßend zunickte, sahen sie leicht beleidigt von seiner Aufmerksamkeit aus. Musste eine geringe Adelsfamilie sein, vermutete Renji. Die Nachbarschaft der Sechsten schien niederen Adel anzuziehen, als hofften sie, dass sie durch die Tatsache, in der Nähe der Kuchiki zu leben, durch Osmose oder so etwas einen besseren sozialen Stand erhalten würdem. „Also… wir reden Kommandant Kyōraku wieder mit Vornamen an?“, fragte Renji, nachdem sie einige Schritte gegangen waren. Byakuya nickte. „Scheinbar. Er ist heute Mittag mit einem Paket mit Tee aus dem Diesseits aufgetaucht, ich vermute als eine Entschuldigung, doch er sagte, es sei ein Geburtstagsgeschenk. Es war, als hätte er entschieden, dass sobald meine Familie weg war, Daisuke in Ordnung sein würde und unsere Probleme aus der Welt seien.“ „Ich vermute, ein Stück weit hat er recht“, sagte Renji. „Es tut der Sechsten nicht gut, wenn wir eine Fehde mit der Achten hätten, genauso wenig wie zwischen den Kuchiki und den Kyōraku“, sagte Byakuya. Sie ließen die extravaganten Läden hinter sich und wandten sich in die Richtung der gelasseneren und arbeitenden Nachbarschaft der Siebten. „Es ist das Beste, es ruhen zu lassen.“ Renji konnte die Weisheit darin sehen. Außerdem jagte Kyōraku ihm eine Heidenangst ein. Als Byakuya um eine weitere Ecke bog, eine enge Gasse entlang, sah Renji das, was das Restaurant sein musste. Auf einem handgemalten Schild waren Laute ‚Tapas‘ in Katakana geschrieben. Da war eine bunte Mischung von Leuten in einer Schlange: Shinigami in Uniform, Händler und Familien. Renji dachte, dass er sogar das Blau der Akademie gesehen hatte. „Wow“, sagte er. „Beliebt.“ Renji wollte sich an das Ende der Schlange stellen, doch Byakuya zog an seinem Ärmel. „Ich habe reserviert.“ Die Leute in der Schlange schauten sie an, als sie vorbeigingen. Byakuya, der so etwas natürlich gewohnt war, hielt seinen Kopf erhoben, als sie vorbeigingen. Renji zog an seinen Haaren, nicht wirklich verlegen, doch zur gleichen Zeit hätte er auch auf die fokussierte, leicht feindliche Aufmerksamkeit verzichten können. Natürlich kam Byakuya ohne Probleme rein. Der Oberkellner schaute auf die Reservierungsliste, sah den Namen Kuchiki und schaute sie noch einmal an, dann scheuchte er sie schnell ins Innere. Zu Renjis Überraschung sagte der Oberkellner zu ihm: „Vizekommandant Abarai, willkommen. Ich habe sie erst nicht erkannt.“ Das war das Fehlen der Uniform, da war sich Renji sicher. Außerdem hatte er seine Haare offen und seine vielen Tattoos versteckt. Natürlich hatte er Zabimaru dabei, aber es wäre zu viel von einem normalen Bürger verlangt, sein Zanpakutō in versiegelter Form zu erkennen. „Ja“, grinste Renji. „Ich bin inkognito unterwegs, denke ich mal.“ „Wir sind sehr geehrt, sie hier zu haben“, sagte der Oberkellner. Dann, mit einem Blick zu Byakuya: „Sie beide natürlich.“ Renji tauschte einen Blick mit Byakuya aus – oder zumindest versuchte er es. Byakuya hatte sein Gesicht unter Kontrolle und seine Augen nach unten gerichtet. Sobald sie sich in einer privaten Nische niedergelassen hatten, verschwand der Oberkellner mit mehreren Verbeugungen und Renji fragte: „Was glaubst du, hatte das zu bedeuten?“ „Renji, viele Leute bewundern dich. Bist du wirklich überrascht?“ „Irgendwie…?“ Renji dachte von sich nicht wirklich als jemanden, den man ‚bewunderte‘. Sicher wusste er, dass es Leute gab die dachten, dass Zabimaru cool war – zumindest damals in der Elften, wenn er regelmäßig angab. „Es ist nicht so, als würde ich die meisten meiner Kämpfe gewinnen.“ Byakuya blickte von der Karte auf. „Vielleicht. Aber deine Tapferkeit und Widerstandsfähigkeit ist bewundernswert. Du stehst wieder auf, Renji. Die Leute mögen diese Art von Willenskraft.“ Renji lächelte, denn es war klar von dem Ton in Byakuyas Stimme, dass er sowohl stolz als auch ein bisschen eifersüchtig war. Das Restaurant war im westlichen Stil eingerichtet. Auch wenn die Tische groß waren, war Renji nicht wirklich sicher, was er mit seinen langen Beinen anstellen sollte. Er stieß immer wieder mit seinen Zehen gegen Dinge, bis er sie schlussendlich zu einer Seite wegstreckte. „Oh, hey, möchtest du meine Poesie hören?“ Byakuya legte die Speisekarte weg und nickte: „Sehr sogar.“ „Rosen sind rot, Veilchen sind blau, ich weiß es klingt seltsam, aber ich will dich heiraten.“* Byakuyas Gesicht zuckte zwischen Vergnügen und etwas Tiefgründigerem. Dann sagte er: „Das ist perfekt. Ich akzeptiere.“ Kapitel 19: Trouble with Tapas ------------------------------ Renji mochte die Vielfalt der ‚Tapas‘, doch die Portionen reichten ihm nicht. Das Bier jedoch war gut und reichhaltig. „Wie klappt es mit dem neuen Hausverwalter?“, fragte Renji, als er das letzte Cojonudo aufspießte, ein kleines Sandwich mit gebratenem Wachtelei und einer Art würziger Wurst. „Ah… Hitoshi“, Byakuya hatte sehr daran gearbeitet, dass sein Name ihm wieder einfiel. „Ja, ich denke, das war es. Hitoshi. Ich vermute, er ist freundlich genug, doch ich vermisse bereits Eishirō.“ Renji nickte. Eishirōs Bestrafung war schlecht für das ganze Anwesen. Und Byakuya. Doch zumindest war der Hausverwalter nicht verbannt worden. Niemand war tot. Dafür konnte man dankbar sein. „Woher kommt dieser Hitoshi-Typ?“ Byakuya schien von Renjis Frage verwirrt zu sein, daher versuchte er es erneut: „Ich meine, was hat er vorher gemacht? Du weißt schon, in deinem Haushalt.“ „Ich habe keine Ahnung“, gab Byakuya mit einem kurzen Stirnrunzeln zu. Seine Finger fuhren am Rand der Menükarte entlang, als würde er gerne wieder einen Blick hineinwerfen. „Eishirō hatte mir versichert, dass Hitoshi eine angemessene Vertretung sei. Und so ist es gewesen.“ Das schien genug für Byakuya zu sein, doch Renji war mehr als ein wenig besorgt über seine ‚Einstellung‘. Da war kein offensichtliches Schnauben oder ‚du verdienst dieses Wappen nicht‘ von dem neuen Typen gekommen, doch Renji erinnerte sich daran, wie lange Eishirō gebraucht hatte, sich an den Gedanken von ihnen beiden zusammen zu gewöhnen. Zumindest war mittlerweile der Großteil des Personals vom Anwesen an Bord, was das anging. Daher hatte sich Renji gefragt, woher Hitoshi kam. So lange es eine interne Beförderung war, war er nicht im Geringsten besorgt. Aber wenn sie ihn von irgendeinem adligen Haushalt geliehen hatten…? Nun ja, es war eben so, wie es war. Eishirō würde bald genug zurück sein. Die Wurst war so würzig-scharf, dass Renji einen großen Schluck Wasser brauchte, um die Schärfe ein wenig einzudämmen. Er hätte die Cojonudo überhaupt nicht bestellt, wenn der Kellner ihnen nicht zugezwinkert und gesagt hätte, dass es spanisch für ‚super männlich‘ war. Renji hätte wissen sollen, dass alles spanisches ‚männliches Männer‘-Essen zu scharf für ihn sein würde. „Glaubst du, sie haben irgendetwas Mildes auf der Liste?“ Dankbar nahm Byakuya die Karte auf und schaute. „Die Oliven waren recht gut. Offensichtlich besteht dieses ‚queso con anchoas‘ nur aus Käse und Anchovis.“ „Das klingt sicher“, stimmte Renji zu. Er nahm seine eigene Karte auf und blickte sie durch, übersprang alles, was die Worte ‚Salsa‘ oder ‚Paprika‘ beinhaltete. „Hey, wie wäre es damit: solomillo al whisky? Es ist mit Whiskey mariniertes Schweinefleisch.“ „Ja, da scheinen einige nicht so scharfe Dinge zu sein“, sagte Byakuya. „Hier noch: ensaladilla russ, das scheint gekochtes Gemüse, Thunfisch und Mayonnaise zu sein.“ „Du weißt schon, dass du das schärfere Zeug holen kannst, wenn du möchtest“, bemerkte Renji. „Ja, natürlich. Doch ich würde lieber teilen. In Anbetracht deines Antrags scheint es vielversprechend zu sein“, lächelte Byakuya. Renji lächelte daraufhin, doch Byakuya schaute ihn nicht an. Er schien damit beschäftigt, das Menü zu studieren. Auch wenn das Essen spanisch war, war das Bier mexikanisch. Byakuya hatte etwas bestellt, das ‚Bohemia Obscura‘ genannt wurde, nachdem ihm nicht nur versichert wurde, dass es das Beste im Angebot war, sondern auch der Favorit sowohl von Kommandant Kyōraku als auch Kommandantin Unohana war. Renji hatte echte Schwierigkeiten, sich vorzustellen wie die goldige, alte Unohana trank. Vor allem etwas so Kräftiges, doch offensichtlich tat sie es. Beim ersten Schluck konnte Renji schon sagen, dass es die Art von Gebräu war, die einem die Schuhe ausziehen konnte. Er war irgendwie überrascht, dass er nicht mehr Leute von der Elften hier sah. Sie würden es, sobald sie von diesem Bier erfuhren, denn es war stark, lecker und tatsächlich nicht so teuer, wie man hätte annehmen können. Renji ließ sein Blick durch die Leute gleiten. Es waren Tische für zwei, vier oder mehr. Es wurde gelacht oder über die lustigen, kleinen Häppchen gesprochen. Niemand warf ihnen einen zweiten Blick zu. Es war seltsam, so auszugehen, in der Öffentlichkeit und niemand starrte das Familienoberhaupt der Kuchiki ehrfurchtsvoll an. Sie waren ins Schweigen verfallen, während Renji nach einem guten Gesprächsanfang suchte. Er wollte nicht wirklich mit Byakuya teilen, dass er sich zu einem Botengang ins Diesseits bereit erklärt hatte, damit Urahara im Austausch Informationen beschaffte, wie man ein Zertifikat für eine gleichgeschlechtliche Ehe erhielt. Nicht nur würde Byakuya sicherlich missbilligen, dass Urahara involviert war, aber aktuell konnte er auch nicht viel mehr als diese Dinge darüber sagen. Die Division machte sich gut. Aktuell gab es keine großen Probleme. Die meisten Leute waren immer noch in Schockstarre nach der Niederlage von Aizen. Die Seireitei hielt kollektiv den Atem an. Nun, da Aizen sicher in Kidō verwahrt wurde, begannen die meisten Leute wieder zu ihrem Alltag zurückzukehren. Generell hatte niemand viel Zeit, sich schlecht zu benehmen. Da sowohl Byakuya als auch Renji nicht in der Division gewesen waren, war es eine ‚alle Mann an Deck‘-Situation gewesen. Außerdem war Nanako eine gute Verwalterin. Es half vermutlich, dass sie mit dem störenden Kinjo ausging. Sie hielt ihn im Zaum. Doch Renji wollte schon ein paar Details darüber, was Byakuya mit Kyōraku besprochen hatte und er vermutete, dass er einen Weg kannte, wie er das bekommen würde. „Ich habe heute kurz in der Dreizehnten gehalten, um nach Rukia zu schauen.“ „Oh?“, Byakuya legte die Karte hin. „Sie hat sich zurückgezogen und mit Arbeit beschäftigt. Ich habe nicht viel von ihr gehört. Wie macht sie sich?“ „Ich habe wegen Ichigo gefragt und sie hat ihre tapfere Mine aufgesetzt. Du weißt, wie sie ist“, sagte Renji. „Ich vermute, es schmerzt sie. Doch sie möchte es nicht zeigen. Sie ist da so wie du.“ Tatsächlich vergaß Renji manchmal, dass in Rukia nicht das Kuchiki-Blut floss, selbst wenn er es, von allen Leuten, am besten wissen müsste. Sie sah ihrem Adoptivbruder überraschend ähnlich und hatte schnell gelernt, dass Kuchiki-Mimik-Spiel zu spielen, wenn es ihr passte. „Ich denke, sie plant den kalten Entzug. Sie kappt alle Verbindungen zu Ichigo. Ich könnte das nicht tun.“ „Du könntest es nicht?“, fragte Byakuya und nahm ein weiteres, kleines Sandwich, was mit geräuchertem Lachs, Zitronenfrischkäse, Kapern und roten Zwiebeln belegt war. „Was, wenn ich dich bitten würde, mich niemals wiederzusehen? Was, wenn ich dir sagen würde, es sei zu schwierig?“ Renji zögerte nicht. „Ja, nein. Wir würden uns streiten, denke ich. Denn ich glaube, dass es nichts gibt, was zu schwer für die Liebe ist.“ Byakuyas Augenbrauen zuckten amüsiert. „Wer hätte gedacht, dass du so ein sturer Romantiker bist?“ Renji lachte. „Nun ja, du solltest es wissen! Ich bin immer noch hier, nicht wahr?“ „Guter Punkt.“ Byakuya nippte an sein Bier. Er schien ein wenig überrascht von dem Alkoholgehalt zu sein, doch trank noch einen Schluck. „Aber ernsthaft, wenn du Ichigo wärst… Ja, ich würde Urahara überreden, mir einen Vollzeit-Gigai zu machen. Ich meine, ich weiß, dass sie nicht einfach die Hofgarden verlassen kann, aber wofür zum Teufel gibt es Wochenenden?“, fragte sich Renji. „Und es ist nicht so, als wäre es schwierig, ein Senkaimon zu finden. Sowohl du als auch Ukitake haben eins.“ Byakuya biss von dem letzten Sandwich mit Olive ab, offensichtlich eines seiner Favoriten unter den kleinen Häppchen. „Sollte Ichigo nicht mit seinem normalen Leben weitermachen?“ „Nun ja, sicher“, sagte Renji um einen Schluck Bier herum. „Aber warum können sie es nicht gemeinsam tun? Ja, verschiedene Welten und all das, aber ich weiß nicht. Ich würde es zumindest versuchen.“ „Ist es möglich, dass wir sie falsch eingeschätzt haben?“, fragte Byakuya nachdenklich. „Könnte es sein, dass sie nur Freunde sind?“ Renji verwendete ein bisschen Brot, um das restliche Olivenöl auf seinem Teller aufzusaugen. Während er kaute, dachte er über die Frage nach. Er dachte nur einfach nicht so, aber wer wusste, wie Rukias Kopf funktionierte. Hatte sie jemals wirklich gesagt, dass sie den Jungen mit den verrückten Haaren liebte? Schlussendlich gab er mit einem Schulterzucken auf. „Nun ja, wenn sie es ist nicht, weiß ich irgendwie nicht, was Liebe ist.“ „Das ist es vielleicht, oder? Vielleicht ist das nur unsere Perspektive“, sagte Byakuya. „Doch um ehrlich zu sein, die Shiba sind problematisch… auf vielen Ebenen. Ich wäre genauso froh, wenn sie jemanden anderen für die Liebe finden würde. Zumindest einmal.“ Renji lachte. Rukia schien eine Vorliebe für Shiba zu haben. Renji entschied sich, nicht zu bemerken, dass es nicht seltsamer war, als Byakuyas Inuzuri-Fetisch. „Ja, also Ukitake schien mir, als habe er sich komplett erholt und sei bei guter Laune. Ich denke, ich bekomme demnächst das Rezept von seinen Buchweizen-Honig-Cookies per Schmetterling, auch wenn ich ihm gesagt habe, dass ich nicht wirklich eine Küche habe.“ „Gib es an Miki weiter, wenn du sie wirklich mochtest, Renji“, sagte Byakuya. „Wie lustig, dass du bei Ukitake warst, als mich Kyōraku besucht hat.“ „Ja, er ist einfach vorbeigekommen, huh?“, Renji schüttelte verwundert seinen Kopf. „Wie kommt es, dass der Kerl einfach so durch unsere Tore marschiert?“ „Es ist nicht so, als hätten wir ihn ausgesperrt“, bemerkte Byakuya. „Er ist ein Kommandant. Er wirkt immer angenehm und harmlos genug.“ ‚Wirkt‘. Genau, dachte Renji. „Eh und abhängig davon, wer am Tor ist, hätten ihm Schmeicheleien und Flirtereien das Tor vielleicht auch geöffnet. Er ist ein ziemlicher Charmeur. Du weißt, dass er mich einmal überredet hat, ihn zu küssen.“ Byakuya blinzelte. Dann verengte sich sein überraschtes Gesicht in etwas… Kälteres und Gefährlicheres. „Kyōrakus Geburtstagsparty in der Elften.“ Warte, war Byakuya fort gewesen? Das Bier, das Renji gerade am Trinken war, ging nur schwer hinunter. Byakuyas Laune hatte sich ziemlich radikal geändert. „Du bist nicht wirklich eifersüchtig auf einen harmlosen, betrunkenen Kuss, oder? Der Typ ist haarig wie ein Bär. Ich werde das ganz bestimmt so schnell nicht noch einmal machen.“ „Nein, das ist es nicht“, sagte Byakuya. Er starrte Renji über sein Bierglas hinweg an, als wolle er Renji zwingen, sich an etwas Kritisches zu erinnern. Dann erinnerte er sich. Er hatte sich richtig, richtig betrunken in dieser Nacht und war mit Isane ins Bett gefallen. Aber… Byakuya wusste davon nichts, richtig? „Wir waren in einer schwierigen Zeit, du und ich“, sagte Byakuya. Die Worte schienen beiläufig genug, doch er fischte ganz klar nach etwas. Aber war es etwas, das er bereits wusste? Oder etwas, das Renji geradewegs in die Welt des Ärgers schicken würde? „Rich…tig“, gab Renji vorsichtig zu. Aber dann gab er auf. Er ließ die verspannten Schultern sinken und fragte: „Worüber redest du? Versuchst du zu schauen, ob ich irgendwas gestehe?“ „Ich bin in dieser Nacht nach dir schauen gegangen. Tatsächlich hätte ich mich wohl nur nach deiner Seele ausgestreckt, als mich Yachiru gefunden hat“, sagte Byakuya. Er füllte sein Bierglas mit dem Krug wieder auf. Renji erinnerte sich nicht, wie er sein erstes Glas geleert hatte. Byakuya nahm einen weiteren, langen Schluck und sagte: „Ungeachtet davon, wie ich dorthin gekommen bin, ich war auf dieser Party. Du bist furchtbar darin, den Reiatsu-Ausbruch bei einem Orgasmus zu verbergen.“ Renjis Gesicht lief rot an. „Himmel, Byakuya! Sag nicht einfach…“, er dämpfte die Lautstärke seiner Stimme zu einem Wispern und blickte sich um, falls ihnen irgendwer gelauscht haben sollte. „... ‚Orgasmus‘ auf diese Weise!“ „Meine Wortwahl ist hier wohl kaum das Problem.“ „Es war eine einmalige Sache“, murmelte Renji verteidigend. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und lehnte sich im Stuhl zurück. „Ich habe gedacht, wir machen Schluss. Oder zumindest dachte ich, dass das Einzige, was du von mir wolltest dieses – wie war das – Wakashū war. Ich habe nach Spaß gesucht, einmal unkomplizierten Sex.“ In dem Moment, als es aus seinem Mund war, hätte es Renji am liebsten wieder zurückgestopft. „Uh, ich meinte, zu diesem Zeitpunkt“, versuchte Renji es zu retten. „Ich meinte nicht, dass es jetzt keinen Spaß macht. Es war nur, zu dieser Zeit, waren die Dinge so… nun ja, du weißt schon, die Sache war kompliziert, wie du eben gesagt hast.“ Ah, scheiße. Das Schlimmste daran war, dass Byakuya nichts sagte. Sein Gesicht war leer und blank. Seine Augen waren verdeckt und nach unten gerichtet und er trank sein Bier mit langsamer Bedächtigkeit. Währenddessen versuchte Renji verzweifelt zurückzurudern. Warum musste er so einen Mist gerade heute raushauen, wenn er bereits am Morgen so eine verdammte Nummer aus Rose gemacht hatte? Eine Weise, um Byakuya nicht nur ein Mal ins Herz zu stechen, sondern gleich zwei Mal! Er wartete, doch Byakuyas Schweigen war betäubend. „Ich möchte dich heiraten“, sagte Renji ernst, wenn auch mit einem verzweifelten Zittern. „Kann ich das einfach noch einmal sagen?“ Byakuya blickte daraufhin kurz auf. Sie schauten sich für weniger als eine Millisekunde in die Augen, bevor Byakuya den Blick wieder fallen ließ, doch Renji hatte darin alles lesen können, was er wissen musste. Byakuya war verletzt. Tief. „Können wir…“, Renji stolperte über die Worte und setzte daher erneut an. Er hob seine Serviette aus seinem Schoß und schob seinen Stuhl etwas zurück. „Können wir heim gehen und darüber reden?“ „Was gibt es da zu bereden, Renji?“, fragte Byakuya, seine Stimme flach und hohl. Er trank das Bier, als wäre es Wasser. „Es ist ja nicht so, als wären mir meine Unzulänglichkeiten als Liebhaber nicht bewusst.“ „Ok, schau, das ist es, worüber wir reden sollten. Ich finde nicht, dass dir irgendetwas als Liebhaber fehlt“, erklärte Renji, seine Hände beschwichtigend nach oben gerichtet. Er lehnte sich vor, hielt seine Stimme gedämpft, während Byakuya ihn immer noch nicht anschaute und sein Bier trank. „Es war nur dieses eine Mal. Als die Dinge, wie du weißt, schwierig waren. Ich habe mich nicht wirklich… wertgeschätzt gefühlt, damals. Wenn du verstehst, was ich da sage. Die Dinge stehen jetzt anders.“ „Ja, das tun sie“, sagte Byakuya leise und fügte hinzu: „Aber es war immer mein Fetisch, nicht deiner.“ Renji begann zu protestieren, aber alles was rauskam war eine Art seufzender Grunzer der Zustimmung. Es abzustreiten wäre nicht gut, also was sollte er sagen? „Ja, vielleicht. Aber da gibt es Dinge, die ich sehr mag. Können wir über den Humbler reden?“ Das entlockte Byakuya ein kurzes, grimmiges Lachen. Mehr Bier verschwand und Byakuya blickte sein leeres Glas finster an. „Ist es genug, dass du Dinge fandest, die du magst?“ „Ja“, sagte Renji ohne eine Sekunde zu zögern. „Ist es nicht das, worum es überhaupt geht? Herauszufinden, was wir beide mögen?“ „Ich mache keine Kompromisse“, sagte Byakuya. Er schenkte sich ein weiteres Bier ein. Was war das, sein Drittes? „Ich habe dir am Anfang schon gesagt, dass ich zu hart für dich bin.“ „Ja, nun ja, du hast damit falsch gelegen“, bemerkte Renji. „Du hast mir auch gesagt, ich solle mich von jemandem anderen brechen lassen und zu dir zurückkommen. Ich habe das auch nicht gemacht, den Göttern sei Dank.“ Byakuya war still, seine Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Seine Augen waren nach unten gerichtet und er wirkte weit weg und entglitt ihm mit jeder Sekunde mehr, wie es schien. Renji lehnte sich über den Tisch. Er streckte seinen Finger aus und tippte gegen Byakuyas Nase, der erschrocken zu ihm aufschaute. Renji hielt seinen Blick. „Du möchtest weniger hart sein? Du möchtest mir etwas im Bett geben, das ich mag? Ich habe ein paar Ideen für dich.“ Byakuya beobachtete ihn, doch sein Gesicht war skeptisch und achtsam. „Oh?“ „Jep“, Renji grinste breit. „Komm ein bisschen näher und ich flüstere sie dir ins Ohr.“ Stattdessen zog sich Byakuya zurück und lehnte sich weiter zurück. Seine Augenbrauen waren unerfreut erhoben und er griff nach seinem Glas. „Sollten wir das nicht besprechen? Ist es nicht ernst?“ „Vermutlich“, sagte Renji und stand auf. „Aber ich habe dich eben gefragt, mich zu heiraten und es scheint, als hättest du ja gesagt. Also denke ich, dass wir nach Hause gehen und darüber sprechen können. Nach einer lauten Runde Versöhnungssex.“ Byakuya stand auf. Seine Kälte wandelte sich in Belustigung – zumindest dachte Renji, dass es das war. „Funktioniert Ehe so?“ Renji nickte. Er bot Byakuya seinen Arm an und war positiv überrascht, als er ihn trotz der Menschenmenge annahm. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Ehe so funktionieren wird.“ Die Luft draußen war wie ein kalter, ausnüchternder Schlag ins Gesicht nach dem warmen, gemütlichen Treiben im Restaurant. Als sie sich auf den Weg zurück in Richtung der 6. Division machten, fühlte Renji Zuversicht, dass sie erfolgreich ein Desaster abgewendet hatten. Dann fragte Byakuya: „Wie war sein Name?“ „Wer?“ „Dein Liebhaber, dein… One-Night-Stand.“ Das Schnauben in Byakuyas Ton war scharf. „Mit welchem Herrn du auch immer ‚angebandelt‘ bist.“ Renji blickte zu Byakuya hinüber. Sie gingen immer noch Seite an Seite, Arm in Arm. Mit ihrem Größenunterschied von 8 Zentimetern war alles, was Renji sehen konnte, Byakuyas schmucklosen Scheitel. Es war immer noch erstaunlich für ihn, wie nackt Byakuya ohne den Kenseikan aussah. Und jünger. Und eifersüchtig. „Es war kein Herr“, gluckste Renji. „Schläger, dann“, sagte Byakuya schnell. Es war offensichtlich, dass er nicht vorhatte, seine Nachfrage einzustellen. „Einer von deiner schmutzigen 11. Division Landsleute, vermute ich?“ Schmutzig. Er würde sich darauf einlassen müssen. „Das ist eine schlechte Idee, Byakuya“, warnte Renji. „Es ist besser, wenn du es nicht weißt.“ „Ist es?“, fragte Byakuya, klang dabei fast schon rational. „Ich befürchte, dass meine Vorstellungskraft ziemlich unfreundlich ist. Es hilft nicht, dass ich nicht gesehen habe, mit was du da rummachst, wenn du eine kleine Chance dazu hast.“ Renji hielt an. „Ok, das ist einfach uncool. Immer meine Freunde. Du beschimpfst sie immer.“ Byakuya war einen Schritt weitergegangen und drehte sich nun auf der Straße um, damit er Renji ansehen konnte. Sie waren immer noch in der Nachbarschaft der Siebten. Die Häuser gehörten Tagelöhnern, die meisten davon waren am Abend zu Hause. Sanftes Laternenlicht leuchtete in den Fenstern, doch die meisten Läden waren geschlossen. Die Straßen waren ruhig, nur ein paar Seelen kamen vorbei, um in Bars oder Restaurants zu gehen. Die Nacht war dunkel. Sterne schienen über ihnen. Über Byakuyas Schulter erhob sich der kalte, leere, silberne Mond. „Vielleicht“, stimmte Byakuya zu, aber vom Klang her war es wohl kaum eine Entschuldigung. Mehr eine Feststellung. Zustimmung. Graue Augen, vom Schatten der Nacht verdeckt, waren auf Renji gerichtet. Auch wenn er sie nicht sehen konnte, fühlte er das Gewicht des durchdringenden Blicks. „Ich möchte meinen Rivalen kennen. Sag mir, wer es ist, Renji.“ Renji brachte ein Lachen heraus. Der konnte nicht anders. Schlaksige, süße Isane als ein Rivale für Byakuya? Das war lächerlich. „Du hast keine verdammten Rivalen, du Depp. Du bist unvergleichlich.“ Der Boden bebte ein wenig. Kleine Splitter des Kopfsteinpflasters rasselten durch die Luft. Renji war sich nicht sicher, ob es wegen seines Lachens war oder weil er gerade das 28. Familienoberhaupt der Kuchiki einen ‚Deppen‘ genannt hatte. Das Reiatsu jedenfalls war ganz klar eine Warnung und Nichts, was Renji nicht mit seinem Eigenen hätte kontern können. Zumindest im Moment. Dann schien Byakuya beruhigend durchzuatmen. Die Steine klackerten zurück auf den Boden, was so klang wie heftiger Regen oder ein Graupelschauer. „Wenn ich so ‚unvergleichlich‘ bin, warum bist du mit einem anderen Mann ins Bett gegangen?“ „Es war ein betrunkener Ausrutscher!“, rief Renji verzweifelt. „Ich habe es dir schon 16 Mal gesagt und, gottverdammt, es war kein verdammter Kerl. Es war Isane, ok? Es war Vizekommandantin Kotetsu von der Vierten.“ Byakuya stand da, für eine lange Zeit bewegte er sich nicht. Renji konnte fast schon spüren, wie Byakuya versuchte, sich ihr Gesicht in Erinnerung zu rufen. Dann sagte er mit einer nachdenklichen Stimme: „Tatsächlich? Die große Schlaksige, mit den grauen Haaren? Ich hätte eher vermutet, dass sie lesbisch sei.“ „Nun ja, offensichtlich nicht“, sagte Renji, rief immer noch halb. „Zumindest nicht die ganze Zeit.“ „Ja, ja“, sagte Byakuya und drehte sich in Richtung des Anwesens, als sei nichts geschehen. „Du hättest einfach sagen sollen, dass es eine Frau war, Renji. Ich verstehe, dass es für dich mit Frauen nicht das Gleiche ist.“ „Was?“ Renji stand in der Mitte der Straße, während Byakuya weiter ging und scheinbar erwartete, dass Renji aufholte. Über seine Schulter sagte Byakuya: „Frauen bedeuten dir nicht so viel.“ „Was?“, wiederholte Renji. Er hasste sich ein wenig dafür, dass er loslief, um zu Byakuya aufzuholen. „Woher zum Teufel hast du das? Du weißt, dass ich bisexuell bin. Genau wie du.“ „Nicht wie ich“, beharrte Byakuya. „Rukia hat mir erklärt, dass obwohl du mit beiden Sex hast, du dich nur wirklich in Männer verliebst.“ Renji öffnete den Mund, aber keine Wörter kamen heraus, er konnte nur wütend und fassungslos starren. Denn natürlich würde Rukia das sagen. Das würde es einfacher für sie machen, wenn Renjis Gefühle für sie nur… was waren? Jugendschwärmerei? Und was würde er zu Byakuya sagen? Nein, Kumpel, du siehst das falsch. Ich habe niemals jemanden geliebt, wie ich Rukia geliebt habe, ich habe ihr mein Herz und meine Seele gegeben, du solltest das wissen, du bist derjenige, der sie mir gestohlen hat und es unmöglich für uns gemacht hat, jemals zusammen zu sein. Nein, er konnte das nicht sagen. Es war nicht die komplette Wahrheit oder… gerecht, vermutete er. Es war nicht so, als würde nur Byakuya dem im Weg stehen, was jemals mit Rukia hätte sein können. Er war es selbst. Seine Feigheit, sein Dämon. Selbst mit offenen Augen war er gewillt gewesen, sie zu töten. Auf Befehl. Auf Byakuyas Befehl hin. Aber das war ein komplett anderes Paket Scheiße. Er schüttelte es ab, um sich auf dieses besondere, neue ‚Was zum Teufel‘ zu konzentrieren. „Also ist alles cool, wenn ich losziehe und ihn in irgendwelche weiblichen Körperteile stecke?“ „Keine Notwendigkeit, unhöflich zu werden, Renji“, sagte Byakuya. „Aber im Wesentlichen, ja.“ „Was ist mit Matsumoto? Ich kann mich gut daran erinnern, dass du uns beide einen bösen Blick zugeworfen hast“, sagte Renji. „Das war, bevor ich von deinen Vorlieben wusste.“ „Die du nur daher kennst, weil Rukia es dir erzählt hat“, stellte Renji fest. „Und du vermutest, dass sie mich besser kennt, als ich mich selbst.“ Byakuya scheiterte daran, die Ironie zu sehen. „Ja.“ „Muss ich dich jetzt daran erinnern, dass sie mich nur wirklich als junger Kerl in der Akademie kannte und wir nicht wirklich mehr als 3 Wörter innerhalb von 75 Jahren ausgetauscht haben?“ „Sagst du, sie ist nicht deine allerbeste Kindheitsfreundin?“, fragte Byakuya. „Nein, ich sage, dass sie viel mehr als das war.“ Byakuyas Schritte gerieten ins Stocken, doch er zog den Kimono fester um sich und ging weiter. „Falls du versuchst mich zu schockieren, in dem du andeutest, dass ihr beide Liebhaber gewesen seid, weiß ich, dass du mich nur ärgern willst.“ „Wir waren keine Liebhaber, aber ich habe sie geliebt“, sagte Renji und fügte still hinzu: Und ich wäre nicht ihr Liebhaber gewesen, ich wäre ihr Ehemann geworden. Der Gedanke traf ihn heftig, denn er war wahr. Rukia war die einzige gewesen, die er geheiratet hätte. Vielleicht sogar Kinder. Wenn es mit ihr war. Doch der Gedanke war… nun ja, viel zu spät. „Aber offensichtlich hatte sie keine verdammte Ahnung. Verdammter Ichigo und verdammte Rukia sind gemacht für einander. Sie sind so verdammt ahnungslos.“ Byakuya überraschte Renji, indem er nach ihm griff und seine Hand hielt. „Rukia ist außergewöhnlich. Also ist sie natürlich eine Ausnahme für dich.“ Renji blickte Byakuya von der Seite an. Offensichtlich war es nicht möglich, die Idee, die Rukia in deinen Kopf eingepflanzt hatte, abzuschütteln. So ärgerlich wie es war, vermutete Renji, dass es wohl besser war, aufzugeben und Byakuya diese Runde gewinnen zu lassen. Zumindest würde es dienlich dabei sein, die ganze ‚Affären‘-Sache zu entschärfen. Also nickte er ein wenig, als wolle er sagen ‚wow, du hast so recht, was mich betrifft‘ und murmelte: „Ja. Sie ist auf jeden Fall besonders.“ Falls Byakuya den Sarkasmus in Renjis Ton bemerkt hatte, kommentierte er ihn nicht. Stattdessen nickte er zu dem edlen Bekleidungsgeschäft einen Block weiter und sagte: „Wir sind fast zu Hause.“ Renji schäumte still eine Weile vor Wut vor sich hin, beobachtete aufmerksam, wie Byakuya die Straße entlang ging. Etwas an seinen Schritten und die Weise, wie er immer noch Renjis Hand hielt, ließ ihn fragen: „Bist du betrunken?“ Es könnte die massiven, emotionalen Wechsel erklären. Byakuya konnte sie normalerweise haben, doch er zeigte sie für gewöhnlich nicht. Nicht in der Mitte einer öffentlichen Straße zumindest. Byakuyas Lippen bewegten sich, als versuche er still eine Antwort zu formulieren. Schlussendlich sagte er ein wenig verdrießlich: „Das Bier war ungewöhnlich stark.“ „Ja, das hätten wir uns denken sollen, wenn Kommandant Kyōraku es empfiehlt, eh?“, grinste Renji, doch ihm wurde langsam unbehaglich. Als die Mauern des Anwesens in Sichtweite kamen, stellte er fest, dass er den Atem anhielt. „Du weißt, ähm“, begann Renji, nicht sicher was er sagen sollte, aber er hatte das Gefühl, dass er es riskieren musste: „Lass uns dir ein bisschen Tee besorgen, wenn wir drinnen sind, ok? Wir lassen den neuen Kerl ihn bringen, wie war sein Name?“ „Hitoshi“, sagte Byakuya. Renji hörte aufmerksam zu. Byakuyas Betonung war ziemlich gut, fast klar und deutlich. Das letzte bisschen war ein wenig undeutlich, als würde er auf dem ‚shi‘, auf ‚tot‘, ein wenig verharren. Renji war über seine eigenen Gedanken verwundert. Himmel, wie kam er auf so einen krankhaften Gedanken? Musste der Streit gewesen sein. Es wühlte ihn auf, auch wenn es schwieriger war, Byakuya für seine Arroganz die Schuld in die Schuhe zu schieben, wenn er wusste, dass er betrunken war. Arroganz war eine der Dinge, die Trinken immer zu verschlimmern schien. Das und Hitzköpfigkeit. Sie hatten beide davon in dieser Nacht eine Dosis intus. „Ja“, sagte Byakuya, als würde er eine unausgesprochene Frage oder einen Gedankengang beantworten. „Wir sollten mehr zu trinken haben, wenn wir drinnen sind. Aber kein Tee.“ „Uh…“ Das war seltsam. „Du möchtest noch betrunkener werden?“ „Ja“, sagte Byakuya ruhig, als sei er stolz auf diesen Gedanken. Die Mauern des Anwesens kilometerweit in beide Richtungen. Frost hatte sich in den Fugen des Steins kristallisiert, ließ die Mauer im Laternenlicht rot und grün funkeln. Sie würden bald an das Tor kommen. Renji rieb sich wärmend über die Arme. Betrunkener Byakuya war nicht wirklich Renjis Liebling, also konnte er nicht ganz seine Meinung auf seinem Ton halten, als er fragte. „Warum?“ „Um unsere… Verlobung zu feiern, natürlich“, sagte Byakuya. „Außerdem würde ich gerne…“, Byakuya ließ seine Hand über den groben Stein gleiten, während sie gingen, als versuche er Stärke aus der Robustheit zu erlangen. „… heute Nacht mehr geben.“ Geben? Was zum Teufel? Renji kratzte sich den Nacken und versuchte das zu enträtseln. „Was möchtest du?“ Byakuyas Geduld entglitt ihm. Er hielt an, verursachte dabei fast eine Kollision mit Renji. „Warum verstehst du nie Subtilität? Ich versuche dir hier ein bisschen zu geben, du idiotischer Pavian. Nach diesem Streit und der Verlobung habe ich daran gedacht, dich…“, es schien, als suche er nach einem Wort und entschloss sich zu: „führen zu lassen.“ Führen? Oh. Wie im Schlafzimmer führen. „Du musst dich betrinken, um mich toppen zu lassen?“, platzte es aus Renji lauter heraus, als er vorgehabt hatte. Er und Byakuya blickten beide instinktiv die Mauer des Anwesens hoch, schauten, ob eine Patrouille vorbeigekommen war. Renji dämpfte seine Stimme zu einem Zischen und zog Byakuya zu sich: „Wann hat das jemals funktioniert? Normalerweise ist betrunkener Byakuya schikanierender Byakuya.“ Byakuyas Augen wurden hart. „Lass mich los.“ „Huh?“ Renji hatte nicht einmal bemerkt, dass er Byakuyas Ellbogen ergriffen hatte. Er hatte sie beide in den Schatten der Mauer geschoben und hatte sich vor Byakuya aufgebaut. Scheiße, was tat er da? Er ließ ihn los und sprang zurück, als hätte er sich verbrannt. „Scheiße. Tut mir leid.“ „Vielleicht hatten wir beide zu viel Alkohol“, Byakuya schüttelte seinen Ärmel aus, als würde er Dreck abschütteln. „Ja“, stimmte Renji zu, starrte dabei auf seine Hände, als gehören sie einem Fremden. Himmel, er wusste es besser, als Byakuya so gegen die Wand zu schieben. „Ich habe keine Ahnung, was passiert ist.“ Byakuya war bereits wieder auf dem Weg zum Anwesen. „Und du fragst dich, warum ich mich weigere, deine Leine lockerer zu lassen.“ „Was zum Teufel hast du da gerade gesagt?“ Byakuya hielt an. Er drehte sich nicht um, doch er brauchte das auch nicht. Seine Stimme war hart und klar, hallte vom Stein wieder. „Muss ich mich wirklich wiederholen? Soll ich vielleicht eine einfachere Sprache wählen?“ Die einzige Sprache, die Renji in diesem Moment wählen wollte, war seine Faust. Der Zorn pochte in seinen Ohren, doch er riss sich zusammen, fokussierte sich darauf, sein Reiatsu unter Kontrolle zu halten und atmete so ruhig wie möglich. Denn er wusste, dass es nur Byakuyas Behauptung unterstreichen würde, wenn er sich gehen ließ. „Kuchiki, das ist besser ein Scherz. Denn das funktioniert nur, wenn das ein Spiel ist.“ Außer, dass es nicht immer ein Spiel gewesen war, richtig? Sie beide wussten es und es hing zwischen ihnen in der Luft, wie der giftige Nebel von Kurotsuchis Bankai. Ja, aber er ist betrunken, sagte sich Renji. Er meint das nicht so. Er ist nur sauer, weil ich ihn provoziert habe. „Ich habe ‚Depp‘ toleriert und nun ‚Kuchiki‘. Du hast eine Grenze überschritten.“ Sein Name? Er dachte gerade verdammt noch mal über seinen wertvollen Namen nach? „Ich werde dich ganz sicher nicht ‚Kommandant‘ nennen“, schnaubte Renji. „Also ist es Bya-kun, huh?“ Renji sah es kommen. Vermutlich hatte Byakuya vergessen, dass er es sehen konnte. Doch mit einem Schub seines eigenes Shunpo hatte Renji die Hände rechtzeitig oben, um den Schlag abzulenken. Inuzuri-Schlägereien-Instinkte ließen Renji auskeilen, bevor er auch nur einen echten Gedanken fassen konnte. Zumindest hatte er einen Bruchteil einer Sekunde, um von seiner Faust zur flachen Handfläche zu wechseln, als er Byakuya direkt in die Magengrube traf. Der Treffer wurde von Byakyuas eigenem Schwung noch vergrößert und schickte ihn quer über die Straße. Byakuya traf mit lautem Klappern auf die Fensterläden eines Ladens. „Scheiße!“, rief Renji für sie beide. Scheiß Instinkte! Scheiß Byakuyas Hitzköpfigkeit. „Halt dich zurück“, rief er zu Byakuya… und sich selbst, so wie er es bei jedem Soldaten der Division tun würde. Doch es war nicht notwendig. Es kam keine Vergeltung. Byakuya schnappte nach Luft, dort wo er stand, gegen die Läden des Geschäfts. Stücke von zerbrochenen Bambus segelten um ihm durch die Luft. Renji rannte mit einer Litanei von Flüchen und Entschuldigungen zu ihm rüber. „Scheiße, es tut mir leid, was zum Teufel war das? Wolltest du mich verdammt noch mal schlagen, du Stück aufgeblasene…? Gott verdammt, es tut mir leid. Es tut mir leid. Es tut mir so leid.“ Renji Streckte seine Hände nach Byakuya aus, doch er schlug sie weg. Als er endlich wieder atmen konnte, ging es stoßweise. „Was machen wir hier, Renji?“ „Ich weiß es nicht“, sagte Renji verzweifelt. „Scheiß auf alles, lass mich dich heimbringen. Bist du in Ordnung?“ „Du hast mir die Luft aus der Lunge gequetscht“, sagte Byakuya und klang dabei überrascht und ein bisschen beeindruckt. Er schüttelte sich selbst aus, schickte dabei noch mehr Bambus zu Boden. Er nahm endlich Renjis Hand und ließ sich dabei helfen, aus dem Byakuya-großen Loch im Fensterladen zu heben. Lichter gingen um sie herum an. Renji konnte die Rufe der Patrouille hören. Er trat von Byakuya weg und hob die Hände, als würde er kapitulieren. Der Ansturm von Schritten war fast bei ihnen. Ah, scheiße, so viel zu ruhig nach Hause gehen. Er hätte es besser wissen müssen. „Schaut, ich verbringe die Nacht in der Zelle. Es ist ok. Nehmt nur nicht Zabimaru.“ Byakuyas Gesicht hatte all seine Härte verloren. Er blinzelte, als erwache er aus seiner Benommenheit. „Was? Worüber redest du?“ Die Wachen kamen in Sicht. Ein halbes Dutzend von ihnen, mit gezogenen Waffen. Er kannte jeden einzelnen von ihnen mit Namen und ein seltsamer Teil von Renji war erfreut zu sehen, dass er sie gut genug trainiert hatte, dass sie nicht einmal langsamer wurden, als sie sie erkannten. Renji hielt seine Hände in der Luft, doch er dämpfte seine Stimme. „Hier fickt uns Unzucht mit Untergebenen ins Knie, Geliebter.“ Kapitel 20: Domestic Insubordination ------------------------------------ Die Wachen wurden zwar nicht langsamer, als sie Renji sahen, doch sie erstarrten in der Sekunde, als sie Byakuya erkannten. „Uh, Kommandant?“, der Anführer der Patrouille der Sechsten war ihre 18. Offizierin Bachiko Mura. Sie war eine kleine, kompakte Frau mit dunkler Haut und kurzgeschnittenem, stahlgrauem Haar. Sie kam vor dem Kommandanten schlitternd zum Halt und steckte schnell ihr Schwert weg. Sie blickte neugierig zu Renjis erhobenen Händen und fragte: „Wie ist die Situation, Kommandant?“ „Es gibt keine Situation“, sagte Byakuya. Alle drehten ihre Köpfe, um auf das große Loch im Fensterladen zu starren. „Ich bin gestolpert“, sagte Byakuya. „Das sagen sie immer“, kam es von einer unbekannten, männlichen Stimme neben Renji. Renji drehte sich um, griff dabei automatisch nach Zabimaru. Sofort fand er sich in einem geübten Würgegriff wieder. Seine Arme wurden von jemandem anderen festgehalten – oder vielleicht zwei andere. Renji konzentrierte sich darauf, ruhig und entspannt in ihrem Griff zu bleiben. Niemand hatte versucht, ihm Zabimaru wegzunehmen, also schaffte er es, ein ‚Hey!‘ zu unterdrücken. „Ich bin Yuudai Anno, 10. Offizier der 9. Division“, drang eine weiche und gebildete Stimme in Renjis Ohr. „Und ich glaube, das ist unser Zuständigkeitsbereich. Tretet zurück, Sechste.“ Die Neunte. Scheiße. Nun ja, sie lagen richtig mit dem Zuständigkeitsbereich. Die Sechste hatte regelmäßige Rukongai-Patrouillen, doch die einzige wahre Autorität zur Inhaftierung von Renjis Leuten innerhalb der Seireitei lag nur innerhalb ihrer eigenen Division, dem Anwesen und deren Grundstück. Ihnen wurde das Recht für besondere Anlässe bewilligt, doch dies war keiner davon. Also nickte Renji seinen Leuten zu. Sie traten zurück, gingen aber nicht. Eine Frau von der Neunten kam auf Byakuya zu und gestikulierte ihm, mit ihr zur Seite zu treten. „Auf ein ruhiges Wort, Kommandant Kuchiki?“ Sie blickte zu den Soldaten im Hintergrund. „Vielleicht im Privaten?“ Byakuya nickte und winkte die Sechste weg. „Kehrt zu euren Posten zurück.“ „Ja, Kommandant.“ Das halbe Dutzend nahm Haltung an, verbeugte sich respektvoll und lief dann in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Sie verschwanden schnell in den dunklen Straßen vor dem Tor der Division. Mit dem Eintreffen der Neunten gingen die Lichter in den oberen Stockwerken der Wohnhäuser und Läden schnell wieder aus. Der Arm um Renjis Hals wurde fester. „Und du, du Stück Scheiße, kannst mit uns darüber kommen und wir haben auch mal ein kleines Gespräch“, schnaubte Anno wispernd in Renjis Ohr. Zum Teufel? Als die Gruppe Renji in den Schatten des Vordachs eines Nahegelegenen Ladens schob, konnte er nicht anders, als seine Füße dagegen zu stemmen. Er mochte es gar nicht, wonach das Ganze aussah und sein Reiatsu stieg mit einem schnaubenden Knurren an. „Hey, hey“, warnte Anno. „Bleib ruhig, Kumpel. Wir geben deinem Freund nur etwas Platz, dass er seine Geschichte erzählen kann, ohne dass du dich vor ihm aufbaust. Shizu wird versuchen ihn ein wenig zur Vernunft zu bringen, doch da er nicht so aussieht, als würde er Anklage erheben, denke ich, dass wir eine kleine Mann-zu-Faust-Diskussion haben werden, wie normale Leute ihre wertvollen Freunde behandeln.“ Super, sie hatten es als häusliche Gewalt und Renji als Aggressor deklariert. Renji schnaubte ein düsteres Lachen aufgrund der Ironie. Außerdem hätte Anno von dieser Logik her aus der Elften sein Können: Ich prügel dich windelweich, um dir beizubringen, dass man keine Leute windelweich prügelt. Dennoch musste Renji einfach murmeln: „Ich war nicht derjenige, der die Hand zuerst erhoben hatte.“ „Sicher, Kumpel. Hat sicher noch danach gefragt, nicht wahr?“, fragte Anno, als er hinter Renji zum Vorschein kam. Die anderen beiden Shinigami pressten Renjis Rücken gegen etwas Festes. Renji biss die Zähne zusammen und ließ es zu. Er kämpfte immer noch nicht gegen sie an, selbst wenn sie ihn so positionierten, dass es einfach für Anno sein würde, ihn zusammenzuschlagen. Was eine Art von Scherz sein musste. Was hatte Anno gesagt, was er war? 9. Offizier? 10.? Ja, viel Glück dabei, Kumpel, dachte Renji. Dieser Bastard konnte glücklich sein, wenn er einen blauen Fleck hinterließ. Als er vor Renji zum Stehen kam, musterte Renji ihn. Anno war ein mäßig gutaussehender Mann – lange, schwarze Haare zu einem einzelnen Zopf gebunden, der fast bis zu seinem Hintern reichte. Er teilte den ärmellosen Stil mit Hisagi nicht, seine Uniform war unverändert und schmucklos. Doch er hatte ein bisschen Gesichtsschmuck, der ein wenig nach ‚Punk‘ aussah – drei Ringe an der Augenbraue über seinem rechten Auge und einen weißen Stein am Nasenflügel, der im Laternenlicht wie ein Diamant glitzerte. Anno knackte mit den Fingerknöcheln und warf Renji auch einen abschätzenden Blick zu. Etwas, das er gesehen hatte, ließ seine Gehabe schwanken, denn er zog zischend die Luft ein. Dann trat er nähe, schob Renjis Haare aus der Stirn. Er starrte für eine Sekunde mit Entsetzen auf die Tattoos und sprang dann zurück, als versuche er aus der Schlagweite zu kommen, obwohl seine Leute Renji weiterhin festhielten. Er blickte zu Zabimaru, als wolle er etwas bestätigen und wollte wissen: „Abarai? Du bist Vizekommandant Renji Abarai? Und das ist Kommandant Byakuya Kuchiki?“ Bevor Renji seine und Byakuyas Identität bestätigen konnte, sagte Anno zu einem seiner Männer: „Schick einen Schmetterling sofort zum Vizekommandanten. Diese Situation ist gerade eskaliert zu…“, er zögerte wieder und wandte sich zu Renji um. „Was zum Teufel ist das? Von dem was wir gehört haben, war es eindeutig häusliche Gewalt. Das ist dein Kommandant, du verdammter Idiot. Warum zum Teufel stößt du ihn durch ein Fenster?“ „Himmel, Anno“, sagte der Typ zu Renjis Rechten, nachdem er den beschworenen Schmetterling losgeschickt hatte. „Wo zur Hölle bist du gewesen? Das ist nicht das erste Mal für die. Abarai hat die halbe Seireitei zerlegt, als er versucht hatte, seinen Kommandanten zu ermorden.“ „Ermorden? Hey, ich war der blutende-“, begann Renji. Doch Anno unterbrach ihn mit einem scharfen: „Was? Warum bist du nicht im Madennest? Oder gegrillt oben am Sōkyoku?“, Anno wedelte hinter ihm, wo die Spitze des Berges über die Mauern des Anwesens hervorragte. „Das Phönix-Ding ist kaputt, Offizier“, sagte der Typ zu Renjis Linken. Anno ließ ein übertriebenes Seufzen über seine Soldaten heraus. „Danke für diese Information, Schlauberger“, sagte er sarkastisch. Er trat näher zu Renji und fragte: „Also was hast du dazu zu sagen, Abarai?“ Renji versuchte mit den Schultern zu zucken. Die Typen, die an ihm hingen, versauten die Geste, also sagte er: „Nichts. Ist nicht meine Entscheidung. Es ist die meines Kommandanten.“ „Oh, hey. Schau dich an, ganz gesetzestreu, sobald es dir passt“, schnaubte Anno. „‘Gestolpert‘, sagte er“, wiederholte Anno. „Mann, du hast deinen hübschen Kommandanten irgendwie um den Finger gewickelt, richtig? Oh, ich verstehe. Du fickst ihn, nicht wahr?“ Renji war froh, dass die Dunkelheit seine Reaktion verdeckte, denn er konnte spüren, wie die Röte sofort in seine Wangen stieg. „Hey, jetzt aber“, begann Renji, doch Anno unterbrach ihn wieder. „Also ist es häusliche Gewalt“, sagte Anno mit einer plötzlichen, fast schon schadenfrohen Erkenntnis. „Und Ungehorsam. Verdammt noch mal. Ich denke, wir kommen dazu, endlich mal Kommandant Mugurumas Eifer zu testen, Jungs. Ich frage mich, was er daraus machen wird.“ Eine Frau kam herüber – Shizu? – und sagte: „Ich hoffe, ihr habt euer ‚Gespräch‘ beendet, Offizier, denn wie immer hält die Mieze die Klappe.“ Mieze? „Hey, zeig ein wenig Respekt“, rief Renji. „Das heißt Kommandant Kuchiki für euch.“ „Oh, genau“, sagte Anno ihr mit einem Seitenblick zu Renji. „Unser Schläger ist niemand geringeres als Vizekommandant Renji Abarai, Kommandant Kuchikis direkter Untergebener. Und sie haben eine Vergangenheit. Das ist außerhalb unserer Gehaltsklasse. Ich habe den Vizekommandant gerufen.“ Shizu nickte Renji zu. „Hiya, Renji. Hab dich in der Kleidung und mit offenen Haaren nicht erkannt“, sagte sie, als kenne sie ihn. Dann schüttelte sie ihren Kopf und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Nun ja, er wird gehen dürfen, Senpai. Hisagi ist ein Akademie-Kumpel von Renji.“ Anno lachte reumütig. „Man, ich wette du denkst, du bist aus dem Schneider, huh, Abarai?“ Renji hingegen versuchte herauszufinden, wohin Byakuya gegangen war. Die Frau, Shizu, schien angedeutet zu haben, dass Byakuya keine Anklage erheben würde, also wo war er hingegangen? Er streckte sich, um über alle Köpfe in die Dunkelheit zu starren. Anno griff Renji fest am Kiefer, damit er ihn ansah. „Hey, ich rede mir dir.“ Renji ließ sein Reiatsu kurz ansteigen und drehte sich aus dem Griff. „Hey, lass deine verdammten Finger von mir. Wo ist Kommandant Kuchiki?“ „Sich beim Ladenbesitzer entschuldigen, dessen Fensterläden du zerstört hast, denn scheiße“, sagte Shizu, sah dabei aus, als wolle sie Renji ins Gesicht spucken. „Er tut immer noch so, als wäre es sein Fehler. Er hat mir sogar gesagt ‚Ich hätte nicht die Dinge sagen sollen, die ich gesagt habe‘ und, darin liegt die neue Wendung, er meinte ‚Ich bin zu hart mit ihm‘.“ Die Neunte schüttelte entweder die Köpfe oder stöhnte ‚Typisch‘ oder warfen Renji einen schmutzigen Blick zu. Anno umfasste seine Hand, als hätte Renjis kleiner Ausbruch ihn tatsächlich verletzt – worüber Renji sich plötzlich sorgte, wenn man ihren Kräfteunterschied bedachte. Himmel, er könnte sogar mehr danach aussehen, von dem sie dachten, was er war. „So ist es nicht“, murmelte Renji, wusste aber, dass er genauso gut ‚Das habe ich nicht gewollt‘ hätte hinzufügen können, bei all dem, was sie von ihm glaubten. „Was geht hier vor?“, sagte Byakuya und kam in Sichtweite. „Warum habt ihr Renji noch nicht losgelassen?“ In diesem Moment zog ein Windstoß an Saum und Haaren, als Hisagi und Kommandant Muguruma aus dem Shunpo kamen. Obwohl er kleiner als Hisagi war, dominierte Muguruma die Szene ab der Sekunde seiner Anwesenheit. „Was ist hier los?“, wollte er von seinen Soldaten wissen. Er nickte Byakuya zu: „Kommandant Kuchiki.“ Byakuya nickte nicht oder würdigte Muguruma eines Blickes. Byakuyas Augen waren nach unten gerichtet, doch Renji konnte spüren, dass sein Fokus auf Renji und den Männern lag, die ihn festhielten. Anno grinste. „Es ist häusliche Gewalt oder interner Ungehorsam. Suchen sie sich es aus, Kommandant.“ Muguruma war nicht amüsiert. „Lass den Scheiß, 10. Offizier. Und hol, wen auch immer du im Schatten da drüben versteckst, ins Licht, damit ich ihn sehen kann.“ Die zwei Shinigami der 9. Division taten, wie ihr Kommandant befohlen hatte und zogen Renji unter dem Vordach auf die Straße hervor. Muguruma schielte zu Renji und fragte dann Hisagi: „Kenne ich den?“ „Ich weiß es nicht, Kommandant“, sagte Hisagi. „Das ist Renji Abarai, Vizekommandant der 6. Division.“ Muguruma schaute Renji einen Moment stirnrunzelnd an und schien ihn dann einordnen zu können. Dann blickte er kurz zu Byakuya und nickte dann, als habe er die Puzzleteile zusammengesetzt. „Richtig, also ich habe bemerkt, dass niemand meine Frage beantwortet hat, was hier los ist“, sagte Muguruma. Anno öffnete seinen Mund, doch Muguruma nickte in Renjis Richtung, schnitt ihm die Worte ab, indem er sagte: „Denn ich denke, dass sieht nach ein wenig Hinterhofjustiz aus. Sind die Dinge in der Neunten so gelaufen, während ich nicht da war?“ Niemand sagte etwas, doch Anno war zumindest schlau genug, um ein wenig angefressen auszusehen. „Scheiß Soul Society, ändert sich nie“, murmelte Muguruma zu sich selbst. Dann sprach er wieder zu seinen Soldaten: „Hört zu, Kinder. Wir machen die Dinge heutzutage nach den Regeln, habt ihr das verstanden?“ „Ja, Kommandant“, antwortete die anwesende Neunte. „Und was steht in den Regeln über Kommandanten und Vizekommandanten?“, fuhr Muguruma fort, seinen Leuten eine Standpauke zu halten. Niemand antwortete. „Die Regeln sagen, dass Kommandanten darüber entscheiden, ob sie es zulassen, dass ihre Vizekommandanten sie herumschubsen oder nicht.“ Muguruma wandte seine intensive Aufmerksamkeit zu Byakuya. „Also, Kuchiki, bist du die Art von Kommandanten, die solch ein Verhalten von seinen Untergegeben toleriert oder was?“ Himmel, wenn man es so auslegt, gab es keine gute Antwort darauf, oder? „Es war keine Gewalt“, sagte Byakuya ohne Zögern. „Es war eine Auseinandersetzung eines Paares, nicht mehr.“ Mugurumas Mund stand offen, dann schloss er ihn schnell wieder. Er schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn und kniff sich in die Nase, als hätte er plötzlich Kopfschmerzen bekommen. „Hast du gerade öffentlich Unzucht mit Untergebenen vor dem Kommandanten der Neunten in seiner speziellen Funktion als Befehlshaber der Militärpolizei gestanden, Kommandant Kuchiki?“ Byakuya sagte nichts. Die Stille war so angespannt, dass Renji seinen Herzschlag in den Ohren und seinen schweren Atem hörte. Der Griff um seine Arme wurde fester. „Hat noch jemand das gehört? Denn vielleicht höre ich nicht richtig“, fragte Muguruma seine Soldaten. Nun tauschten alle Blicke aus, als wären sie sich nicht sicher, wie die Antwort dieses Mal ausfallen sollte. Ja, wäre die ehrliche, regelkonforme Antwort, doch offensichtlich gab Muguruma Byakuya noch einen Ausweg. „Also sollte ich dich vielleicht noch einmal fragen, Kommandant Kuchiki. Ist das Ungehorsam oder Unzucht?“ Alles, was Renji denken konnte war: nicht, mach es einfach nicht, gib einfach nichts weiter zu. Muguruma wartete ungefähr 10 Sekunden. Er tippte mit dem Fuß die ganze Zeit auf den Boden und blickte auf eine nicht vorhandene Uhr. Als Byakuya nichts sagte, ließ er einen übertriebenen Seufzer heraus. „Also schön. Lassen wir das den Generalkommandanten regeln. Kommandant Kuchiki, ich nehme dich wegen Unzucht fest; Vizekommandant Abarai, du bist verhaftet wegen Ungehorsam. Hisagi, du nimmst den Vizekommandanten; ich begleite den Kommandanten.“ Hisagi murmelte etwas, woraufhin Muguruma rief: „Beide auf Kommandanten-Level? Zum Teufel noch mal, dann nimm die Patrouille mit!“ „Ich habe nicht wirklich Widerstand geleistet“, bemerkte Renji, als sie die Handfesseln brachten. „Könnt ihr mir nicht ein wenig Würde lassen? Ich muss an meinem eigenen Tor da vorbeigehen.“ Hisagi runzelte die Stirn und signalisierte, sie wegzustecken. Anno schnaubte Renji an und formte mit dem Mund „Eins“, als würde er die Dinge zählen, mit denen Renji durchkommen würde. Währenddessen kümmerte sich Muguruma hinter ihnen um Byakuya. Renji konnte Muguruma ruppig sagen hören: „Und was soll ich mit dem 28. Familienoberhaupt sonst tun?“ Renji wandte sich im Versuch, zu sehen, um. Nahe dem kaputten Ladenfenster stand Byakuya kerzengrade, seine ganze Körpersprache schrie Adelsprivilegien und Arroganz. Der Effekt wäre vielleicht noch stärker gewesen, hätte er den Keinseikan oder den Kommandantenhaori an, denn die zu gewöhnliche Seide für ihn und die offenen Haare ließen ihn mehr wie ein widerwilliges Kind neben Muguruma mit Schlägertypenfrisur wirken. Trotzdem war Byakuya irgendwie größer. Was auch immer Byakuya als Antwort auf Mugurumas Frage sagte, es war zu leise für Renji, um es zu hören. Doch Muguruma schien darüber nachzudenken. Er kratzte sich den Nacken und sagte dann: „Eh, in Ordnung. Ich glaube, das ist vernünftig, aber ich glaube nicht, dass ich nicht den Generalkommandanten informieren werde. Meine Ehre steht auf dem Spiel.“ Renji fühlte Hisagis Arm an seinem Ellbogen, zog etwas, um ihn zum Gehen zu bewegen. „Sie werden es klären“, sagte Hisagi leise. „Kommandant Muguruma ist ein ordentlicher Kerl. Er tut, was richtig ist.“ „Entschuldige, dass ich deinem Urteil über den Gerechtigkeitssinn eines Typen nicht traue“, schnaubte Renji, zog seinen Arm aus Hisagis Griff. Da war ein kollektives, hörbares Einatmen und einige der Soldaten der Neunten machte einen Schritt vorwärts, als wollen sie Renji wieder windelweich prügeln. Er hätte noch ein paar weitere Bemerkungen über ihr eigenes Benehmen gemacht, wenn er nicht einen kurzen Blick auf Hisagis Gesicht hätte erhaschen können. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er… am Boden zerstört aus, kummervoll. Plötzlich erinnerte sich Renji daran, dass Hisagi Tōsen mit eigenen Händen getötet hatte. „Ah, scheiße, Shuu“, sagte Renji. „Das war unfair. Tut mir leid. Schau, es ist einer der Nächte, in dem ich Scheiße rede, ohne nachzudenken und die Leute verletze, die mir wichtig sind. Ich möchte einfach nur wissen, was mit meinem Kommandanten passiert, bevor ich mit euch gehe.“ Hisagi akzeptierte seine Entschuldigung mit einem steifen Nicken, doch er konnte Renji nicht in die Augen schauen. Dann riss er sich mit einem tiefen Atemzug zusammen. Er blickte auf und sagte: „Warte hier. Ich schaue, was ich für dich rausfinden kann-“ Doch bevor Hisagi sich auch nur umdrehen konnte, um seinen Kommandanten anzusehen, kam Muguruma zu ihnen herüber. Byakuya folgte ihm. „Kleine Planänderung“, sagte Muguruma. „Kommandant Kuchiki wird mit Zugeständnis freigelassen. Er bleibt in seinem Anwesen unter Hausarrest, bis wir Befehle vom Generalkommandanten zu diesem Chaos bekommen.“ Da war missbilligendes Gemurmel, bis Muguruma Senbonzakura hochhielt. Renji verschluckte sich beinahe, als er das vertraute Schwert in den Händen von jemandem anderen sah. Das Grummeln der Neunten wandelte sich in erschrockenes Keuchen. „Das ist richtig“, nickte Muguruma aufgrund der Reaktion seiner Leute. „Er hat freiwillig sein Zanpakutō übergeben, also hat sein Versprechen meiner Meinung nach Gewicht. Außerdem wisst ihr alle, das er irgendeine Art Adliger ist, also habe ich dem Kompromiss zugestimmt.“ „Und Renij?“, fragte Byakuya. „Nein, dem habe ich nicht zugestimmt“, sagte Muguruma mit einem Blick zu Byakuya über die Schulter. „Von dem Bericht, den ich bekommen habe, wäre eine Nacht getrennt für euch beide schön und gut. Denk davon als eine Art Abkühlungszeit. Du kannst deine Beschwerde morgen früh einreichen. Du weißt, dass wir deinem Mann nicht viel vorzuwerfen haben. Wenn du nichts dazu sagst, ist Ungehorsam nicht Hieb- und Stichfest. Aber wenn es sich als Unzucht herausstellt – nun ja, dann ist es immer noch häusliche Gewalt. Wir können ihn für 48 Stunden einbehalten, selbst wenn du nichts dazu sagst.“ Byakuya blickte auf und hielt Renjis Blick. Renji zuckte mit den Schultern. Er hatte sich selbst in der Sekunde für eine Nacht im Knast gesehen, als Byakuya rücklings in dieses Fenster geknallt war. Neunte? Sechste? Es spielte keine wirkliche Rolle. „Also gut“, sagte Byakuya. „Doch das Benehmen deiner Soldaten war weit weg von vorbildlich, Kommandant. Ich werde keine Berichte über Missbrauch tolerieren.“ „Noch werde ich das tolerieren“, versicherte Muguruma ihm. „Richtig, dann können wir auch genauso gut gehen. Wir können den Kommandanten an die Hintertür bringen und Hisagi und ich können den Vizekommandanten, der scheinbar auf Kommandanten-Niveau ist, zur Neunten begleiten. Ihr alle“, sagte Muguruma zu den anderen. „Bewegt eure Ärsche zurück zum Dienst. Anno, ich erwarte am Morgen einen detaillierten Bericht. Alle deine ‚T’s haben besser einen Strich und alle deine ‚I’s haben einen Punkt, denn ich will nicht wie ein Trottel vor dem Generalkommandanten aussehen, hast du mich gehört?“ „Ja, Kommandant.“ Muguruma kniff sich wieder in die Nase und seufzte. „Also gut, lasst und den Zirkus von der Straße holen.“ Sie gingen schweigend zur Hintertür des Anwesens. Es war nicht viel mehr als 1 ½ Kilometer, aber sie legten die Distanz mit einer düsteren Stimmung zurück. Renji wollte etwas sagen, hauptsächlich zu Byakuya, doch er hatte Angst, dass er etwas sagte, was sie als Paar entlarvte. Doch um ehrlich zu sein, hatte er keine Ahnung, was er sagen sollte, auch wenn er die Chance dazu hatte. Es tat ihm nicht leid, dass er sich selbst verteidigt hatte und er war sich ziemlich sicher, dass er auch immer noch sauer über die Leinen-Scheiße war. Aber nichts davon würde ihnen jetzt helfen. An der Tür hielt Byakuya inne. Dann sagte er zu Kommandant Muguruma: „Ich werde es dir gegenüber wiederholen, Kommandant, dass die Anklage wegen häuslicher Gewalt unbegründet ist. Wie ich dir bereits gesagt und auch für den Bericht ausgesagt habe, war ich derjenige, der die Hand zuerst erhoben hatte.“ Muguruma nickte nachdenklich. Er blickte zur Seite und warf Renji, im überhängenden Licht an der Tür, einen langen, intensiven und abschätzenden Blick zu. „Nun ja, dann ist es doppelt so wichtig, dass Abarai ein wenig Zeit getrennt von dir hat. Ich werde ihn nicht in deine Obhut zurückschicken, wenn du mir sagst, dass du ihn schlägst, häuslich gesprochen. Scheiße, Kommandant. Das ist noch vertrackter. Nimm dir die Nacht, um dein Haus in Ordnung zu bringen.“ Byakuyas Augen verengten sich gefährlich. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und verschwand, durch die Hintertür. Sie hatten sich ungefähr drei Blocks vom Anwesen entfernt, als Muguruma sie anhielt und sagte: „Jesus Christus, Abarai. Muss ich dich fragen ‚Fühlst du dich zu Hause sicher‘? Ich wollte deinen Arsch in den Knast werfen, aber sollten wir einen Sozialarbeiter oder so etwas rufen?“ „Wir haben so etwas nicht in der Seireitei, Kommandant“, bemerkte Hisagi. „ICH WEIß“, sagte Muguruma übertrieben. „Jeder Sozialarbeiter, der sein Geld wert wäre, würde von der Hälfte der Scheiße explodieren, der hier abgeht. Und das nur innerhalb der Mauern!“ Renji fragte sich, was genau ein Sozialarbeiter machte und ob er Urahara oder Ichigo darüber fragen sollte oder nicht. „Ich bin in Ordnung“, sagte er zu Mugurumas Frage. „Ich war in der Elften. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“ Muguruma blickte zu Hisagi, der nickte. Sie gingen wieder los. Der Plan war gewesen, in den Shunpo überzugehen, sobald sie die Nachbarschaft der Sechsten hinter sich gelassen hatten. Hisagi hatte ihm bei seinem Kommandanten den Rücken freigehalten und sie hatten zugestimmt, Renji nicht mehr in Verlegenheit zu bringen als notwendig und im Shunpo hätte Renji entweder den Handfesseln zustimmen müssen oder jemand hätte ihn festhalten müssen. Doch als sie den Rand der Nachbarschaft erreicht hatten, sagte Muguruma: „Elfte oder nicht, ich glaube nicht wirklich, dass bei dir Fluchtgefahr besteht. Liege ich da falsch, Söhnchen?“ „Du kannst mir vertrauen, dass ich euch bei der Neunten treffen, Kommandant“, sagte Renji. „Ich kenne den Weg.“ Trotz all der Jahre, die er mit und in der Elften Ärger verursacht hatte, hatte es Renji noch niemals zuvor so tief in das Gefängnis der Neunten verschlagen. Er hatte die Ausnüchterungszelle natürlich gesehen, auch wenn er dort niemals selbst Zeit verbracht hatte. Der ganze Sinn hinter der Elften war immerhin, nicht lebend geschnappt zu werden. Also war er meist hier gewesen, um Leute abzuholen. Hisagi hielt vor dem Schreibtisch der Verwaltung, wo Renji normalerweise mit einem Sekretär geredet und Formulare unterschrieben hatte. Dort übergab Muguruma Senbonzakura und deutete Renji an, ihm Zabimaru zu geben. Renji wappnete sich vor der Trennung und zog pflichtbewusst sein Zanpakutō vom Obi. Sei artig, sagte er Zabimaru. Die einzige Antwort seines Zanpakutō war ein Knurren und ein Zischen. Ich mag das auch nicht, erinnerte Renji es. Als Zabimaru sich weigerte, mehr zu sagen, legte Renji das Zanpakutō in Mugurumas wartende Hand. Muguruma warf Renji einen neugierigen Blick zu. „Das ist nicht das Madennest. Wir versiegeln sie noch nicht einmal mit Kidō. Sie sind einfach nur unter Verschluss, wie du es auch sein wirst.“ Renji nickte, doch seine Augen folgten immer noch dem Sekretär, der eine Reihe von Schlüssel, die an einem Ring befestigt waren, benutzte, um eine lange, rechteckige, mit Seide ausgeschlagene Box herauszuziehen. Darin legte er ehrfürchtig Senbonzakura hinein, verschloss sie und öffnete eine weitere direkt darunter. Dann legte er Zabimaru behutsam hinein. Wenigstens sind sie nah beieinander, dachte Renji. „Nun muss ich dich um deine Schuhe und den Obi bitten“, sagte Hisagi bedauernd, als wäre es ihm für Renji peinlich. Doch nachdem er Zabimaru abgegeben hatte, bedeutete Renji die Kleidung nichts. Er überreichte schnell seine Sandalen. Für den Obi brauchte er ein wenig Zeit, aber zumindest hielten die Schleifen den Kimono oben weitestgehend an seinem Platz. Der Hakama hingegen fiel auf den Boden. Der Sekretär der Neunten schien auf diesen Fall vorbereitet zu sein, denn er nahm einfach den Hakama mit dem Obi, faltete ihn geschickt und rollte ihn auf, damit alles in eine kleine Tüte passte, die neben Renjis Schuhen gestellt wurde. Renji fühlte sich ein bisschen dämlich, in dem extravaganten Obergewand und ohne Hose dort zu stehen, doch die Länge des Shitagi bedeckte ihn einigermaßen. Nachdem alles verstaut war, kam der Sekretär um seinen Schreibtisch herum und stellte sich vor eine große Doppeltür, die mit dem Kanji der Neunten bemalt war. Er benutzte einen Schlüssel, um etwas aufzuschließen und hob dann seine Hand, um auch die Kidō-Versiegelung zu öffnen. „Der scheint mir ziemlich nüchtern, Kommandant und Vizekommandant. Bringen wir ihn zur Ausnüchterungszelle oder…?“ „Diesmal ein bisschen weiter nach hinten“, sagte Muguruma. „Technisch gesehen ist es Ungehorsam, aber er ist offensichtlich keiner von uns, also vielleicht schwere Körperverletzung…? Schau, es ist kompliziert. Vermerke ihn einfach für eine 48-Stunden-Haft mit anstehender Anklage, ja?“ „Ja, Kommandant“, sagte der Sekretär und blickte über die Schulter, plötzlich neugierig. „Wenn sie mir folgenden würden.“ Die Türen zur bekannten Ausnüchterungszelle öffneten sich. Der Ort roch nach irgendeinem industriellen Desinfektionsmittel, Kotze, Pisse und schalem Bier. Am Abend waren die Lichter auf ein Minimum gedimmt; die einzigen Laternen waren über den Haupttüren angebracht. Im Sommer waren die Shoji-Schirme geöffnet, aber im Winter war wegen der Kälte alles geschlossen. Trotz der Masse an warmen Körpern war es immer noch kalt genug im Inneren, dass Renji fröstelte. Dutzende von Soldaten teilten sich die große, offene Zelle. Die meisten hatten sich gegen die Wände gelehnt und umfassten ihren Kopf oder Kotzeimer. Einige gingen auf und ab. Einige sangen, einige weinten und keiner von ihnen hatte Hosen an. Die keine-Obi-Regel machte es seltsam. Renji konnte sofort sagen, welche Leute von der 11. Division kamen, denn nicht nur waren die verletzt und fast nackt, sondern sie sprangen auch sofort auf ihre Füße und beleidigten Hisagi und Muguruma. Schlimmer noch, mindestens einer von ihnen erkannte ihn. „Renji. Hol uns verdammt noch mal hier raus, Mann!“ Einer von seinen Kumpels schlug ihm gegen den Kopf und sagte: „Bist du blind? Er wird auch eingelocht, genauso wie wir.“ „So ein Pech, Mann“, rief der Typ, als sie an ihm vorbei gingen. Sie hielten für eine Sekunde an der zweiten Tür an, während der Sekretär wieder seine Schlüssel- Kidō-Routine vollführte. Hinter ihm konnte Renji das Gemurmel hören: „Scheiße, was hat er wohl angestellt?“ und „Harte Zeit. Scheiße.“ Renji war froh, als sich die zweite Tür endlich schloss und sich hinter ihm versiegelte. Die zweite Kammer hatte mehr Zellen, ganz klar dazu ausgelegt, einen Shinigami pro Zelle zu beherbergen. Da war nur ein weiterer Soldat hier, der tief auf seinem Feldbett an der Wand schlief. Einen Arm hatte er über das Gesicht geworfen. Der Geruch war besser, aber die Temperatur noch viel niedriger. Ohne die Wärme der Massen an betrunkener Körper, war die Luft schneidend. Wenn es nicht so dunkel gewesen wäre, hätte Renji sicher seinen Atem sehen können. Der Sekretär ging zur ersten, verfügbaren Zelle. Die, die direkt dem schlafenden Typen gegenüber lag und schloss die Tür auf. Der Klang, den die Gitterstäbe machten, als die Tür sich öffnete, war quälend bekannt. Renji hatte das kurze Verlangen, lieber über die Türschwelle zu rennen, als langsam hinüber zu gehen, aber er kämpfte es hinunter und ging durch. Die Zellentür schloss sich mit einem Knall. Kapitel 21: Origins of Demons ----------------------------- Byakuya stürmte durch die hinteren Gärten zur Vordertür des Anwesens. Er war so wütend, dass er mit Shunpo auf den Sōkyoku sprinten und dort eine riesige Reiatsu-Welle ablassen wollte. Aber er stand unter ‚Hausarrest‘. Wegen Unzucht. Und Renji war im Gefängnis der 9. Division, wegen… wegen nichts. Wegen angedichteten Anklagepunkten, die nur mit Byakuyas eigener Torheit zu tun hatten. Was nur zu seiner Verärgerung beitrug. Dann noch Mugurumas Kommentar, welcher andeutete, dass Renji in Byakuyas Obhut nicht sicher sei? Wie konnte er es wagen. Besonders, weil es… wahr war. Warum. Warum hatte er seine Hand erhoben? Hätten sie nicht die Dinge besprechen können? Sie hatten… damit begonnen – wenn auch schlecht. Dennoch, warum war es zur Gewalt gekommen? Warum begann er immer damit? Und warum wurde immer Renji dafür beschuldigt? Der neue Hausverwalter, Hitoshi, öffnete die Tür, als Byakuya näherkam. Hitoshis Mund öffnete sich, als er sah, dass Byakuya alleine war, doch sagte klugerweise nichts. Stattdessen verbeugte er sich so tief, dass sein Kopf fast seine Knie berührte. Byakuya schüttelte die Sandalen mit solchem Nachdruck ab, dass sie halb durch den Eingangsbereich flogen. Es war kindisch und nicht annähernd so befriedigend, wie Byakuya erhofft hatte. Als Hitoshi auf die Knie kam, um sie zu holen, stoppte Byakuya ihn. „Lass mich.“ Er ermahnte sich selbst, dass er sich genug wie ein verwöhntes Kind verhalten hatte. Er atmete tief durch, sammelte seine Sandalen ein und stellte sie, vorsichtig, an den angemessenen Platz. Doch er stellte fest, dass ihm die Kraft fehlte, wieder aufzustehen. Stattdessen kniete er weiter im Türrahmen, so lange, dass Hitoshi keuchte und wieder auf seine Knie fiel. „Mein Herr?“ „Ich bin in Ordnung“, log Byakuya. „Ich brauche nur…“, er zögerte, denn was er wollte, war eine metrische Tonne Sake zur Bibliothek zu ordern. Doch Trunkenheit war zumindest teilweise für diesen Abend schuld, also sagte er stattessen: „Tee – ja, bitte bringe eine große Kanne von Mikis kräftigster Mischung und etwas Ausnüchterndes zum Essen. Ich verstecke mich unter dem Kotatsu in der Bibliothek.“ Hitoshi begann ein automatisches ‚Ja, mein Herr‘, doch schien aufgrund Byakuyas letztem Zugeständnis inne zu halten. „Sagten sie ‚unter dem Kotatsu‘, mein Herr?“ Er hatte, nicht wahr? Es war vermutlich der Einfluss des Alkohols, doch es war seltsam befreiend, ausnahmsweise einfach mal zu sagen, was ihm durch den Kopf ging. „Ja“, sagte Byakuya und zwang sich mit einiger Mühe, aufzustehen. „Ich werde mich unter der Decke verstecken und schmollen. Es wird ein tiefes und hässliches Schmollen. Bitte informiere das Personal, dass sie einen großen Bogen um mich machen sollen.“ „Ähm…“, begann Hitoshi, blickte von seiner knienden Position auf dem Boden auf. Doch dann zuckte er fast unmerklich mit den Schultern und sagte: „Ja, mein Herr.“ „Sobald ich ausreichend geschmollt habe und etwas ausgenüchtert bin, werde ich nach dir klingeln und du wirst Aio den Diensthabenden von der Division holen lassen, wer auch immer das ist. Außerdem, sobald ich bereit bin, lasse einen der Personenschützer, der des Shunpo mächtig ist, die Kommandanten Kyōraku und Ukitake bitten, nein anflehen, ihre Abendpläne zu unterbrechen, um bei einem Notfall-Strategie-Treffen beizuwohnen. Er soll ein Geschenk mitbringen. Unseren besten Sake, unseren besten Tee… und lass es sehr, sehr nett einpacken. Wir waren in letzter Zeit nicht die besten Freunde, die Kommandanten und ich, doch ich habe niemanden anderen, an die ich mich wenden könnte und die Situation ist kritisch. Zu kritisch, um auch nur einen einzigen Moment länger auf meine verdammte Würde zu bestehen.“ „Es wird alles so sein, wie sie es sagten, mein Herr.“ Mit seinem Seufzen murmelte Byakuya: „Schön wäre es.“ Renji zog die grobe Wolldecke von dem Feldbett in seiner Zelle und schlang sie sich um die Schultern. Dann warf er sich auf das harte Bett und war überrascht, als er sah, dass Hisagi immer noch an der Tür stand. Hisagis Arme waren durch die Gitterstäbe gesteckt, ruhten auf einer Querstange, und er lehnte sich vor, als würde er locker herumhängen. „Möchtest du mir sagen, was wirklich passiert ist?“ Renji schnaubte. „Fragst du in deiner besonderen Funktion als Vizekommandant der Militärpolizei? Denn wenn das so ist, hab ich nichts zu sagen.“ Hisagi starrte Renji im dämmrigen Licht der Zelle für eine lange Zeit an, bevor er sagte: „Mann, du bist heute Abend ein sturer Hund. Ich werde mir selbst einreden, dass es ist, weil du verletzt bist.“ Renji verschränkte die Arme vor der Brust und ließ seinen Kopf nach hinten gegen die Wand fallen. „Heute Nacht war scheiße, ok, Shuu? Es begann ziemlich fantastisch – gutes Essen, eine Verlobung – aber jetzt sitze ich im verdammten Knast, möglicherweise am Rande davon, alles zu verlieren, inklusive meinem Rang und all das, weil ich den dümmsten, scheiße eifersüchtigsten Freund in der gesammelten Geschichte unserer Existenz habe.“ Hisagi seufzte laut. Er stand auf, drehte Renji den Rücken zu und lehnte sich gegen die Tür aus Gitterstäben. „Es tut mir leid, dass Kommandant Kuchiki das herausposaunt hat, was er gesagt hat, aber du weißt, dass Kommandant Muguruma etwas sagen musste. Er hatte gerade allen einen Vortrag gehalten, dass sie sich an die Regeln halten müssen. Er konnte offenkundige Gewalt nicht ignorieren. Wie auch immer, ich wäre überrascht, wenn der Generalkommandant nicht alle anbrüllen würde, weil sie seine Zeit vergeuden. Wenn er Anklage gegen euch beide erheben würde, hätte er einen Aufruhr am Hals. Jeder in den ganzen, gottverdammten Hofgarden betreibt Unzucht. Und überhaupt, eigentlich kann Kuchiki seine Division führen, wie auch immer es ihm gefällt. Inklusive eines ganzen Harems von Liebhabern als Vizekommandanten, falls er das will. Bei dieser Vorstellung musste Renji lachen. „Nun ja, so ist das.“ „Genau“, sagte Hisagi und blickte über seine Schulter. „Du hast keine Ahnung, wie oft Kommandant Kurotsuchi auf seine ‚Privilegien als Kommandant‘ beharrt und das in extrem dubiosen, unmoralischen Richtungen… und wir gehen einfach und lassen ihn damit durchkommen. Also denke ich, wenn so etwas akzeptabel ist, dann sollte euch beiden erlaubt sein, eine… romantische Beziehung zu führen. Renji ließ sich zur Seite auf das Feldbett fallen. Er hob die Füße von dem Boden und rollte sich auf den Rücken, um die Decke anzusehen. „Warum zum Teufel bin ich dann hier?“ Hisagi drehte sich um. „Um dich von einem Schlagabtausch mit deinem ‚dümmsten, scheiße eifersüchtigsten Freund‘ abzukühlen.“ „Oh“, sagte Renji. Er fühlte, wie die Streitlust aus ihm schwand, als er die Augen schloss. „Richtig.“ „Möchtest du darüber reden?“ „Nope.“ Hisagi wartete still für eine lange Zeit, doch dann gab er auf. „Schön, wie du willst, du sturer Hund.“ Hisagi musste seine eigenen Schlüssel für diesen Ort haben, denn Renji hörte sie klirren. Eine Sekunde später flackerte Kraft auf und die Tür öffnete sich. Sie schloss sich mit einem Knall, gefolgt von einem entfernteren Klicken eines Schlosses und dem leisen Dröhnen von Reiatsu. Renji rollte sich herum und versuchte zu schlafen. Byakuya hatte die Bibliothek zum Schmollen ausgesucht, weil er wusste, dass er seinem Temperament niemals gestatten würde, die wertvolle Büchersammlung seines Vaters zu zerstören. Also krabbelte er, nachdem er sich einen einsamen, einzelnen Schrei gestattet hatte, unter die Decke des Kotatsu und zog sich die Decke über den Kopf. Er hasste sich. Er hasste sich, weil er seinen Zorn in seinem Inneren singen hören konnte, wie ein entferntes Lied von Senbonzakura. Klingen verkleidet als Blumenblüten. Schönheit versteckte eine Bestie. Das war seine Seele, sein Kern. Er hasste, dass er wusste, dass Muguruma weise gehandelt hatte, Renji von ihm wegzuhalten, denn sich selbst überlassen würde er von seinem Dämon geschluckt, der wegen seinem eigenen, inneren Schmerz um sich schlug. Renji vermutete, dass Byakuya hauptsächlich sauer war, wegen seiner Tändelei mit… ugh, Byakuya hatte bereits vergessen, welcher Vizekommandant es gewesen war. Kotetsu? War das nicht eine von Ukitakes 3. Offizieren? Es spielte kaum eine Rolle. Byakuyas Wut war schon weit vor seiner Eifersucht ausgelöst worden. Der Moment, als Renji angedeutet hatte, dass er gestreunt hatte, weil er jemand gewollt hatte, der weniger kompliziert und mehr… Spaß bedeutete, das war der Moment gewesen, in dem Byakuya gespürt hatte, dass die Dunkelheit an die Oberfläche trat oder wie in dem Fall vielleicht richtiger: Herabgesunken war. Denn Byakuya war niemals so eine Person, der Spaßige. Sein Rang hat ihn immer distanziert, abgesondert und eingehüllt. Doch auch wenn es ihm erlaubt gewesen wäre, wusste Byakuya, dass er niemals der lässige Typ gewesen wäre. Sein Vater hatte es geschafft, obwohl er als Kuchiki geboren war, doch Byakuya bemerkte, dass er immer mehr wie seine Mutter gewesen war… ein bisschen eine Diva, fordernd, schwierig zu erfreuen. Sein Vater und sein Großvater hatten beide versucht ihn zu brechen, bevor diese Drohungen ihn zum Unterricht mit der lässigsten Adligen jemals – Yoruichi – wegzuschicken, wahr gemacht worden. Doch sie war nur erfolgreich darin gewesen, ihn schnell auf seinen Füßen zu machen. Doch seine Zeit mit ihr war nicht vollständig vergeudet gewesen. Sie war auch diejenige gewesen, die leichtfertig vorgeschlagen hatte, dass vielleicht die beste Möglichkeit mit seinem Großvater umzugehen war, ihn zu ignorieren – kaltblütig statt heißblütig zu werden. Ein Lebensretter – vermutlich in mehr als nur einer Weise. Doch die erzwungene Unterdrückung hat auch den Dämon verzerrt, ihn stärker gemacht. Nein. Niemand war dafür die Schuld zu geben, außer sich selbst, seiner Natur. Er war der Schnitt von tausend Klingen, der schlimmste, schmerzhafteste Weg zu sterben. Das war es, was er den Menschen um ihn herum antat. Antat… und genoss. Ihm wurde gelehrt, auch diesen Teil an sich zu hassen. Sein Großvater hatte ihm gesagt, es würde ihn krank machen, niederträchig, unrein, ekelerregend, abnormal, verrückt… und ein Sadist. Er hatte es wirklich eine lange, lange Zeit geglaubt. Und doch, egal wie sehr er versuchte, diesen Teil von sich zu unterdrücken oder zu umzustürzen, es ging niemals weg. Es trieb tief unter der Oberfläche und wurde immer hässlicher, je länger seine Existenz verweigert wurde. Und Renji, unabsichtlich mit seiner wilden Schönheit und Widerstandsfähigkeit und Sturheit… hatte… nein, es war nicht Renji. Er hatte nichts getan, um Byakuyas Dämon zu verdienen, doch die Kombination berauschte den Dämon. Plötzlich hatte Byakuya jegliche Ausreden dafür gesucht, ihm eine Strafe zuzumessen. Echte Bestrafung; keinerlei Spielerei. Echter Schmerz. Echte Demütigung. ‚Echte Arschloch-Handlung‘, konnte Byakuya Renji fast schon sagen hören, was ihn trotz allem lächeln ließ. Er umarmte die Decke um seine Schultern und wünschte sich, Renji wäre da. Denn Renji hatte alles geändert. In dem er endeckte, dass das, was Byakuya trieb eine Vorliebe, keine Krankheit war. Renji hatte einen Knoten gelöst, der um Byakuyas Hals geschlungen war – einer, der an dem er, wenn er auf die gleiche Weise weitergemacht hätte, eines Tages erstickt wäre. Doch als er gelöst war, war es Byakuya plötzlich erlaubt gewesen, tiefe Atemzüge zu machen, in einer Weise, die er in seinem ganzen Leben noch nicht erlebt hatte. Das war der Grund, warum er Renji liebte. Renji sah den Dämon, wie niemand anderes es jemals getan hatte. Jeder, der jemals auch nur eine Spur davon gesehen hatte, war entsetzt oder beschämt oder angewidert gewesen. Renji hatte es akzeptiert, gab ihnen Regeln, die erlaubten sicher zu spielen und… schien es meistens wirklich zu genießen. Und der Gedanke, dass all das zu kompliziert und unspaßig gewesen war… Es hatte Byakuya auf einer tiefgreifenden Ebene verletzt. Und dann war der alte, unverbesserte Dämon, der der austrat, wenn er verletzt war, an die Oberfläche getreten. Also hatte er natürlich versucht, Renji zu schlagen. Es war die Standardeinstellung dieses dummen Dämons, die Seite seines Dämons, die sein Großvater und seine Tante so sorgfältig genährt und erlaubt hatten. Natürlich kannst du sie missbrauchen; sie stehen unter dir. Schau zu, wie ich es tue. Lerne von mir. Das ist es, was dich zum Adligen macht, nicht ekelerregend oder schrecklich. Wenn du das tust, werden wir dir applaudieren oder verstehe zumindest, dass solche Dinge bedauerlicherweise von Zeit zu Zeit getan werden müssen. Es ist leider die Bürde unserer Klasse, den Pöbel zu unseren Füßen zu halten. Was auch immer nötig ist. Sie haben eine dicke Haut, dieser Haufen. Bestien die trainiert, gefesselt, kontrolliert… beherrscht werden müssen. Du musst hart zuschlagen. Halte dich nicht zurück. Wie sonst sollen sie lernen? Byakuya wusste, dass es ‚dieser Schwachsinn‘ war, wie Renji es sagen würde. Doch diese ganze ekelerregende Haltung war so bestärkt, vor allem in seinen dunklen Tagen, dass der Dämon es glaubte. Wenn der Dämon herauskam, dann auch dieser Teil von ihm. Er hasste es. Er hatte es immer gehasst, selbst wenn es ihn erregt hatte, selbst wenn es das Monster gefüttert hatte. Doch er hätte niemals Hisana lieben können, wenn er irgendetwas davon wirklich geglaubt hätte. Doch es war auch der Grund, warum er ihr niemals seine dunkelsten Sehnsüchte anvertraut hatte. Manches, weil sie eine Professionelle gewesen war, doch das Meiste hatte er hinter Schloss und Riegel gehalten. Doch Unterdrückung war nur eine Illusion der Kontrolle. Echte Kontrolle, begann Byakuya zu lernen, hatte etwas mit Akzeptanz und Führen und… Liebe zu tun. Renjis Geburtstagsgeschenk war all diese Dinge gewesen. Und es brachte ihn schier um zu denken, dass ein Teil von Renji fand, dass dies zu geben für ihn mühselig war, denn dann bedeutete es vielleicht, dass der Dämon immer noch hässlich war und absolut nicht wert war, geliebt zu werden. Wie er selbst. Unter den Umständen war es ein Wunder, dass Renji nicht von Inuzuri träumte. Stattdessen war es Aizen, der ihn verfolgte. Es war nicht der furchteinflößende Aizen von Hueco Mundo oder sogar irgendein vorgestellter Schrecken von diesem höllischen Schmetterling, in den er sich angeblich verwandelt hatte. Nein, was in Renjis Unterbewusstsein hochgekommen war, war eine Erinnerung des sanftmütigen Kommandanten, dem er so kurz gedient hatte, und seinem silberhaarigen, fuchsähnlichen Vizekommandant. Zurückblickend war so vieles von Renjis Amtszeit in der Fünften ein Test gewesen – ein Test seiner Loyalität den Hofgarden, Aizen und dem Gesetz gegenüber. Aizen hatte später gesagt, dass er der störende Charakter gewesen sei, doch es war nicht, weil er einen dieser Tests nicht bestanden hatte, was ihn zu einem Problem machte. Es war die Bösartigkeit, mit der er sie bestanden hatte. Renji war nur zwei Monate oder so in der Fünften stationiert gewesen. Immer noch ranglos, aber ambitioniert und erpicht darauf, sich selbst zu beweisen. Er hatte noch nicht einmal über die Gefahr nachgedacht – wie sehr es von Anfang an nach einer Falle ausgesehen hatte – als Vizekommandant Ichimaru ihm gesagt hatte, dass er handverlesen worden war für eine Mission… … im Rukongai. Du und nur ein paar andere, hatte Ichimaru in seinem fröhlichen Singsang erzählt. Was? Solch ein Zufall, dass wir alle vom Rukongai stammen, eh? Wie schlau von dir, das zu bemerken, Abarai-kun! Ja, Soldaten, das ist euer Befehl. Jeder, der diese Linie übertritt, werdet ihr niedermachen. Töten. Und Renji hatte nie gezögert. Er hatte sauber zugeschlagen. Seine Schwünge ernst. Es war das erste Blut, das Zabimaru gekostet hatte. Zabimaru schlemmte in dieser Nacht vom kranken, hungrigen, verzweifelten Blut von Renjis spiritueller Sippschaft, welche nach Gerechtigkeit schreiend, um Gnade bettelnd und in Verzweiflung wimmernd starben. Ihr Blut spritze in Renjis Gesicht und verschwand, als wäre es nichts anderes als Wasser, das in der Schwärze seiner Uniform verschwand. Da waren manche Shinigami, die geflohen waren. Manche wurden mental krank und schworen, dass sie das nicht tun könnten. Manche die es versuchten, doch deren Entschlossenheit so schwach war, dass jemand anderes ihren Job erledigen musste. Dieser jemand war Renji. Es war immer Renji. Renji oder… Ichimaru. Als sie sich trafen, schlugen ihre Klingen beinahe gegeneinander, als sie eine fliehende Seele gemeinsam niedermachten. Ichimaru hatte Renji ein Lächeln zugeworfen, das ihn bis ins Mark erschaudern gelassen hatte. Er sah es nun vor seinem inneren Auge ganz genau wieder. Das Grinsen, wenn sich zwei Gleiche trafen, wenn ein Monster das andere anerkannte. Renji wachte mit einem Keuchen auf. Ein leises Klopfen alarmierte Byakuya, dass er beginnen sollte, sich aus seiner depressiven Stimmung herauszureißen. Er fing an, unter der Decke hervorzukrabbeln und sich selbst präsentierbar zu machen, doch der Hausverwalter nahm ihm beim Wort und sagte hinter der Tür laut: „Ihr Tee ist hier, mein Herr, an der Tür.“ Stehen lassen und die Beine in die Hand nehmen? Nun ja. Das war unerwartet. Eishirō wäre hineingestürmt und hätte Byakuya gesagt, dass er sich zusammenreißen sollte. Er stand von dem warmen Kotatsu auf und ging vorsichtig zur Tür hinüber, da ihm bewusst war, wie unsicher seine Füße immer noch waren. Er sollte wirklich dem Alkohol abschwören. Ein guter Entschluss, befand Byakuya, ein Schritt in die richtige Richtung. Beim nächsten Mal, wenn er das Bedürfnis verspürte, die Hand gegen Renji zu erheben, würde er sich ebenfalls fragen, warum. Wenn die Antwort beinhaltete, Renji in die Schranken zu weisen, oder Gott bewahre, ihn an der kurzen Leine zu halten, dann würde Byakuya bis Zehn zählen. Oder vielleicht bis Tausend. Jedenfalls würde er nachdenken, bevor er handelte und nicht erlauben, dass ihn der Dämon so vollständig kontrollierte. Er nahm den Tee auf und brachte das Tablett zurück zum Kotatsu. Er suchte sich ein Buch von der Poesie seines Vaters heraus. Dann steckte er die Beine unter die Decke, doch saß sonst angemessen aufrecht und trank seinen Tee, verfolgte die Worte, die von sorgsamer Hand – einer von der Byakuya nun wusste, dass es nicht seine dominante, nicht bevorzugte Hand war – geschrieben waren. Und doch hatte Byakuyas Vater irgendwie die sogenannte ‚Korrektur‘ ausgehalten und die Wahrheit vor jedem gemein gehalten. Falls es ihn in irgendeiner Weise verzerrt hatte, hatte es Byakuya niemals erkannt. Doch es würde ihn nicht im Geringsten überraschen zu entdecken, dass sein Vater eigene Dämon gehabt hatte. Großvater hatte sie ganz gewiss. Byakuya lenkte sich selbst mit schönen, leeren Worten ab, bis er sich ausreichend ausgenüchtert fühlte. Er testete sich selbst an der Wand mit der Klingel. Ja, es würde ausreichen. Zeit zu klingeln und die Boten auf ihre Wege zu schicken. Renji lag auf dem Feldbett und versuchte, seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Trotz der Kälte war er schweißgebadet, sein Herz schlug, als wäre er zwei Kilometer gerannt. Er setzte sich auf und fuhr mit den Fingern durch seine Haare, wünschte sich dabei, er hätte daran gedacht, sich ein Haarband in die Tasche seines Hakama zu stecken. Nicht, dass es ihn jetzt irgendetwas gebracht hätte, denn was in seiner verdammten Hose gewesen war, war nun mit seinen Schuhen und seinem Gürtel eingeschlossen. Höllischer Traum. Renji schwang seine Füße über die Kante des Feldbettes. Er stützte seine Ellbogen auf seinen Oberschenkeln ab und ließ den Kopf hängen. Scheiße. Er hatte gedacht, er hätte die Erinnerung daran so tief versteckt, dass sie nie wieder an die Oberfläche kam. Dass sie es niemals getan hatte, als der ganze Mist um Rukia passiert war, war ein Wunder. Doch er hatte so viele Dinge gehabt, die an ihm während der Ryoka-Invasion genagt hatten, dass es irgendwie vergraben geblieben war. Es muss aufgetaucht sein, da die Rede von Gerechtigkeit und Gesetze war und zusätzlich noch die offensichtliche Missachtung von ebendiesem. Und die Tatsache, dass er nun derjenige auf der anderen Seite war. Und du wolltest in den Hofgarden nicht als der Schwache wahrgenommen werden. Oder sonst wo in der verdammten Soul Society… Soldaten folgten Befehlen, hatte Aizen ihnen sehr gerne vorgehalten und sie daran erinnert. Stellt keine Fragen, das ist nicht euer Job. Ihr seid die Schwertarme der Hofgarden, nicht die Gehirne. Renji hatte sich an diese Worte gehalten. Er hatte es zu tun. Aizen hatte die Alternativen ziemlich klar aufgezeigt. Diejenigen, die in dieser Nacht nicht hatten kämpfen können, waren verschwunden. Jeder hatte vermutet, dass sie versetzt worden, doch Ichimaru hatte Renji ein kleines kräuseln der Nase gezeigt, wie ein fuchsartiges Zwinkern, was Renji hatte vermuten lassen, dass sie in den Ruhestand versetzt worden waren. Permanent. Ichimaru hatte gedacht, dass er Renji danach unter seine Fittiche nehmen konnte. Das hatte nicht funktioniert. Hunde hassten Füchse. Mehr sogar, denn Renji hatte bemerkt, dass während seine Kosode keine Blutspuren zeigte, auf der Oberfläche, auf der Außenseite, nichts schien, als könnte es ihn berühren – innen, darunter, war die rein weiße Shitagi permanent mit dem Blut von denen getränkt, die er erschlagen hatte. Rot über seinem Herz. Sickerte in seine Seele. Also konnte Renji, trotz der ‚Ermutigung‘ von Ichimaru, niemals Freude daran finden. Renji erledigte seine Aufgabe mit grimmiger Entschlossenheit, nicht mehr. Er konnte nicht lügen oder so tun, als würde er es mögen; er konnte nicht darin versinken. Er konnte es verdammt noch mal tun, aber er konnte es niemals akzeptieren. Er war angetreten und tat es, wo andere es nicht tun konnten, doch er hatte niemals Respekt vor seiner Arbeit, nicht wenn sie von dieser Art war, die Schwachen niederschlagen und niedermachen. Renji war auch schlecht darin gewesen, seine Gefühle zu verstecken. Ichimaru wusste, dass Renji dachte, dass er ein ernsthaft kranker Wichser war. Alles was es gebraucht hatte war eine Ausrede und bäm! Versetzt. War es traurig, dass er den Blutdurst der Elften ertragbarer fan? Aber die Sache war die, dass Kenpachi keine Zeit für zu einfache oder zu schwache Gegner hatte. Er fand die gemeinsten, hässlichsten und zähesten Hollows und ließ seine Höllenhunde von der Kette. Das war die Art von Soldatentum, für die sich Renji eingeschrieben hatte. Das war die Art von Blut, von der Zabimaru trinken konnte, bis sie satt waren. Aizen hatte gesagt, dass Renji mühselig war. Renji hatte später herausgefunden, dass Aizen gehofft hatte, dass perfekte Schwert zu schmieden – und vielleicht hätte er es schaffen können. Renji hatte die Voraussetzungen dazu gehabt. Aizen hatte das in der Akademie gesehen. Renji konnte Befehlen folgen. Er war ein Hund bis tief in seine Knochen – ein Hund des Militärs. Renji war sich sicher, dass das teilweise der Grund war, warum Aizen ihn und Byakuya losgeschickt hatte, um Rukia abzuholen. Er hatte gewusst, dass Renji niemals einen Befehl nicht befolgen würde, egal wie krank er ihn machte. Außer, dass Aizen falsch gelegen hatte. Er hatte es nur einen Hauch zu persönlich gemacht. Er hatte Central nur ein bisschen zu hart, zu wankelmütig gemacht. Aizen konnte nicht anders als zu schieben, basteln und er hatte Renji geradewegs über seine Grenze geschoben. Nicht, dass es bei all dem wirklich um Renji gegangen wäre. Nichts davon tatsächlich. Verdammter Aizen und seine verdammten Kopfspielchen. Aber die verdammten Hofgarden. Aizen hatte nur all den Scheiß ausgenutzt, der bereits da gewesen war. Renji konnte nicht wirklich sagen, dass er ihn überrumpelt hatte. Er hatte für dieses Leben mit offenen Augen unterschrieben. Sicher, er hatte gehofft, dass diese Ideale, mit denen man in der Akademie gefüttert wurde, echt waren. Genauso wie jeder andere es auch getan hatte, doch Inuzuri war seine erste Schule gewesen. Die Straßen und die Gassen von Inuzuri hatten Renji gelehrt, dass Ideale nett waren, doch die Realität war öfter ein Miststück, als dass sie es nicht war. Manchmal gab es nur den Weg nach vorne, auch wenn das, was du vor dir sahst, die reine Hölle war. Und nichts davon war fair. Wenn es so wäre, dann säße Renji diese Nacht nicht in dieser Zelle. Aber hier saß er. Die Frage war: Was nun? Rollt sich der Hund auf den Rücken oder beißt er? „Mit allem nötigen Respekt, Taicho, was? Was haben sie sich überhaupt dabei gedacht, Kommandant?“, rief Nanako, ihre 3. Offizierin. Byakuya hatte diese Frau noch nie so wütend gesehen. Ihre dunkle Haut war fleckig vor Zorn und die Weise, wie ihr Reiatsu jedes Wort betonte, erinnerte ihn noch ein wenig mehr an Yoruichi. „Sie hätten diesem Bastard Muguruma sagen sollen, dass er seine verdammte Nase aus der Angelegenheit der Division herauszuhalten hat. Haben sie wirklich ‚Auseinandersetzung eines Paares‘ gesagt??!“ „Das habe ich“, gab Byakuya zu, auch wenn er wünschte, er könnte es abstreiten. „Ich habe getrunken. Bedauerlicherweise kam es heraus, bevor ich es aufhalten konnte.“ Nanako sah aus, als wäre sie bereit, eine weitere Schimpftirade loszulassen, doch ihr Mund öffnete sich und schloss sich wieder. „Getrunken? Sie trinken?“ „Nicht mehr“, versicherte Byakuya ihr. Nanako starrte Byakuya für eine Weile an, biss auf ihrer Lippe herum und ihre Hände in die Hüfte gestemmt. „Ich weiß, sie haben es mir schon einmal gesagt, aber erklären sie mir noch einmal, wie es kommt, dass Renji derjenige im Knast ist?“ Byakuya seufzte und nippte wieder an seinem Tee. Er hatte Nanako eingeladen, bei ihm am Kotatsu Platz zu nehmen. Sie hatte dort gesessen, auf der gegenüberliegenden Seite, doch als er ihr die Geschichte angefangen hatte zu erzählen, wurde sie zu aufgewühlt, um still zu sitzen. Nun ging sie in der engen Nische der Bibliothek auf und ab. Zum Glück war Byakuya jetzt schon viel nüchterner oder ihn hätte die konstante Bewegung schwindelig gemacht. „Wie ich erklärt habe, habe ich versucht, ihn zu schlagen“, sagte Byakuya. „Der Vizekommandant hat sich selbst verteidigt. Also haben sie ihn erst wegen Ungehorsam festgenommen, was sie nicht zu entscheiden haben, doch Muguruma sagte etwas von… ‚einer Zeit zum Abkühlen‘.“ Nun falteten sich Nanakos Beine unter ihr und sie sackte so fast zu Boden. „Verarschen sie mich? Sie behandeln Renji wie das Mädchen?“ Byakuyas Lippen wurden dünn. „Das ist wohl kaum angemessen, 3. Offizierin. Und ich bin überrascht, das von einer Frau wie dir zu hören.“ „Sie wissen, was ich meine“, sagte Nanako scharf. „Tatsächlich bin ich mir nicht sicher. Bist du überrascht dir Renji als Opfer mit dem Bedarf nach Schutz vorzustellen oder kannst du nicht den Machtunterschied zwischen einem Kommandanten und seinem Vizekommandanten spüren?“ „Beides“, sagte sie. „Renji hat Bankai und ist einer der fähigsten Männer, die ich bisher getroffen habe. Außerdem, wenn die Neunte als Ungehorsam fehlinterpretiert hat, würde ich mein Geld darauf wetten, dass Renji den Kampf am Gewinnen war.“ Byakuya versteckte sein Lächeln hinter seiner Teeschale. „Tatsächlich war er das.“ „Na dann, was zum Teufel? Sie müssen dort hingehen und das klären! Renji sollte keine Sekunde im Knast verbringen. So wie sie es erzählen, hat Renji nichts Falsches getan. Sie würden ihn nicht wegen Ungehorsam belangen und er ist nicht irgendeine Art von welkendem Mauerblümchen, das Schutz braucht.“ Byakuya atmete tief ein und sagte: „Nein, ist er nicht. Wie auch immer, ich habe das Gefühl, dass etwas Distanz zwischen uns im Moment… weise ist. Wir hatten… Nein, da ist niemandem die Schuld zu geben, außer mir alleine. Ich bin furchtbar eifersüchtig und mein Temperament ist mit mir durchgegangen. Renji ist sicherer, wenn er nicht bei mir ist.“ „Oh.“ „Ja“, sagte Byakuya und wollte ihren Gesichtsausdruck dabei nicht sehen. Stattdessen starrte er auf seine Reflektion in seinem Tee. Da waren schwarze Ränder unter seinen Augen. „Doch der Vizekommandant kann zu jederzeit zur Division zurückkehren, wenn er das wünscht. Du wirst zur 9, Division gehen, unter meinem Befehl. Verlasse sie nicht, bis sie ihn freigelassen haben. Wohin er danach geht, ist seine eigene Entscheidung. Doch wie du schon sagtest, ist es töricht ihn wie einen Kriminellen festzuhalten, wenn er nichts getan hat.“ „Ja, Kommandant!“ Nanako sprang auf Byakuyas Geheiß auf und kollidierte fast mit Ukitake, der außer Atem war. Nachdem sie sich mehrfach entschuldigend verbeugt hatte und einem sehr hässlichen Hustenanfall von Ukitake, machte sich Nanako auf den Weg, während Ukitake keuchte: „Notfall? Byakuya! Ich bin so schnell gekommen, wie es ging. Was ist es für ein Notfall?“ Byakuya stand auf und half Ukitake, sich am Kotatsu niederzulassen. „Es tut mir leid, dass ich dir so Sorgen bereitet habe, Kommandant“, sagte Byakuya. Er griff nach einer zusätzlichen Schale vom dekorativen Teeservice auf dem Regal hinter ihm und schaute, ob Staub zu sehen war. Da er keinen fand, schenkte er Ukitake eine Schale ein. „Ich bin dumm gewesen. Ich brauche deinen Ratschlag.“ Ukitake nahm einen tiefen Schluck Tee und dann, als wäre es ihm plötzlich in den Sinn gekommen, blinzelte er und fragte: „Wo ist Renji?“ Kyōraku erschien im Türrahmen und sagte: „Hoffentlich wurden wir nicht gerufen, um einen Körper zu verbuddeln.“ „Was?“, platzte es aus Ukitake heraus und drehte seinen Kopf zwischen seinem Partner und Byakuya hin und her. „Du hattest zu viele Zeugen, um das angemessen zu überdecken, fürchte ich“, sagte Kyōraku mit einem Lachen, griff selbst nach einer Schale von dem Service und setzte sich hin. An Ukitake gewandt erklärte er: „Unsere Jungs hatten ein öffentliches Zerwürfnis.“ Ukitake wandte sich zu Byakuya: „Oh, nein! Oh, Byakuya! Bist du in Ordnung? Hat Renji dich verlassen? Habt ihr euch gezankt, weil er dich gefragt hat, ihn zu heiraten?“ „Ho, ho! Was bedeutet das?“, Kyōraku, der gerade zur Teekanne gegriffen hatte, hielt inne und guckte Byakuya mit großen Augen an. Byakuya ließ ein übertriebenes Seufzen heraus. Nachdem er beide lange und durchdringend angeschaut hatte, fragte Byakuya: „Muss ich einem von euch überhaupt irgendetwas erzählen? Wisst ihr bereits alle Details über meine persönlichen Angelegenheiten?“ „Ich habe nichts von der Verlobung gewusst“, grummelte Kyōraku und klang dabei ehrlich enttäuscht von sich selbst. Nachdem er seine Schale aufgefüllt hatte, setzte er sich zurück, verschränkte seine haarigen Arme vor seiner Brust, die zarte, antike Schale in einer seiner großen, fleischigen Pranken. „Ich wusste nichts über den Streit“, erinnerte Ukitake seinen Partner. Er schob eine seiner schneeweißen Strähnen hinter sein Ohr und wandte sich zu Byakuya. „Und bitte sei nicht sauer, Byakuya. Renji kam am Nachmittag, um sich ein Seelentelefon zu leihen und die Vorbereitungen zu machen. Ich habe gelauscht. Wie ich es immer tue.“ Kyōraku lachte, entspannte sich genug, um seine Schale wie zum Prosten in Ukitakes Richtung zu heben. „Das ist wahr. Nicht viel passiert im Diesseits, was von meinem schlauen ‘Shiro unbemerkt bleibt! Gott segne seine Seele. Es ist einer der vielen Gründe, warum ich ihn so abgöttisch liebe.“ Ukitake errötete und winkte mit der Hand, um Kyōraku aufzuhalten. Er lehnte sich vor und berührte flehend Byakuyas Ärmel. „Bitte Byakuya, sag uns, wie wir helfen können.“ Byakuya atmete tief durch. Das würde schwierig werden, doch er hatte sich selbst aufgetragen, die ganze Geschichte zu erzählen, egal wie peinlich sie sein würde oder wie furchtbar sie ihn aussehen ließ. „Es war nicht die Verlobung, die das Ganze in Gang setzte. Es war –“, Byakuya blickte zu Kyōraku auf und fuhr fort: „Ironischerweise warst du es.“ Kyōraku machte eine ‚was - wer, ich unschuldiges Etwas?‘-Geste, die Byakuya ignorierte. „Deine Party in der Elften letztes Jahr. Renji… streunte mit… Nein, die Details sind nicht wichtig, wichtig ist, dass ich ungerechtfertigt eifersüchtig wurde. Renji ist so unbeschwert und ich bin so schwierig. Es braucht nicht viel, um mich unsicher zu fühlen. Tatsächlich kann ich manchmal nicht verstehen, warum er mich nicht bereits für jemanden weniger empfindlichen verlassen hat. Die ganze Sache geriet außer Kontrolle. Wir sagten Dinge, die wir nicht hätten sagen sollen. Nein, ich sagte Dinge, die ich nicht hätte sagen sollen. Dann habe ich meine Hand erhoben…“ Ukitakes Hände flogen nach oben, um seinen Mund zu überdecken. „Oh, nein, Byakuya. Nein. Bitte, nicht.“ „Leider ja“, sagte Byakyua. „Doch Renji hat nun Bankai. Er sah es kommen. Er hat sich perfekt selbst verteidigt. Ich war es, der zu Boden ging. Leider verursachte das genug Schaden und Geräusche, dass es die Wachen alarmiert hatte. Die Neunte war involviert. Jeder hat sofort angenommen, Renjis Größe und der Tatsache geschuldet, dass ich mir gerade den Dreck abklopfte, dass es Ungehorsam war. Dass er der Aggressor war. Als ich versucht habe, sie zu korrigieren, habe ich…“, Byakuya musste innehalten und noch einmal tief durchatmen, um den Rest zu erzählen: „Ich habe zu viel getrunken und habe aus Versehen gesagt, dass Renji und ich ein Paar sind. Der Kommandant der Neunten hat mich wegen Unzucht angeklagt.“ Nun war es Kyōraku, der seinen Hut in den Nacken schob und stöhnte. „Ah, Herr Byakuya. Manche Männer sollten nicht trinken.“ „Durchaus“, stimmte Byakuya mürrisch zu. Das Schlimmste war raus, Byakuya fuhr fort und erklärte, dass er zurzeit unter Hausarrest stand, wie er freiwillig Senbonzakura übergeben hatte und dass Renji mitgenommen wurde – entweder für Ungehorsam oder zu seiner eigenen Sicherheit – doch dass er bald freigelassen werden sollte, falls Nanako ihren Job machte. Was das anging hatte er allerdings keinen Grund, dies anzuzweifeln. Nachdem Byakuya geendet hatte und alle für einen Moment in erschrockener Stille zusammensaßen, stellte Kyōraku seine leere Schale ab und sagte: „Du musst dir keine Sorgen wegen Yama-jii machen. Er wird dir einen ernsten Blick zuwerfen, aber du wirst deinen Rang nicht verlieren. Diese Kommandanten-Eigenverantwortlichkeit ist viel zu wichtig für ihn, um plötzlich zu erwarten, dass die Divisionen irgendwelchen übergreifenden Militär-Kodex der Gerechtigkeit verfolgen. Außerdem seid ihr wohl kaum das einzige Pärchen unter den Rängen. Es wäre nur ein schlechter Präzedenzfall.“ Ukitake wrang seine Hände. „Wäre es nicht besser für Byakuya, wenn er irgendeine Art von Bestrafung erfährt – zumindest nach außen hin?“ „Was würdest du von dem Jungen verlangen, Liebling?“, fragte Kyōraku liebevoll. „Jede Art von echter Justiz würde verlangen, dass sie sich entweder trennen, dass Renji versetzt wird oder beides. Und da du deinen Posten besetzt hast, gibt es keinen freien Vizekommandanten-Rang in den Hofgarden. Willst du einen Soldaten auf Kommandantenniveau bestrafen, in dem du ihn als 3. Offizier irgendwo einsetzt? Scheiße, die einzigen freien Ränge, die ich irgendwo sehe sind in der Vierten und in der Elften. Möchtest du den armen Herr Renji direkt zurückschicken? Er hat so hart dafür gearbeitet, seine Karriere voranzutreiben. Das wäre ein Schlag ins Gesicht und genau genommen kannst du ihn für Unzucht mit Untergebenen nicht bestrafen. Nur denjenige mit dem Kraftvorteil.“ Sie beide blickten Byakuya an. „Und doch verstehe ich Taichos Anmerkung“, sagte Byakuya. „Vielleicht gibt es da etwas, das dem Generalkommandanten vorgeschlagen werden kann. Ein Bußgeld vielleicht?“ Kyōraku gluckste. „Möchtest du wirklich diese Art von Typ sein? Der, der sich seinen Weg aus dem Ärger bezahlt?“ Byakuya wollte sagen, dass er daran scheiterte zu sehen, was daran so schlecht sei, als Ukitake einwarf: „Shunsui hat recht. Es sollte greifbarer sein, meinst du nicht auch? Jeder weiß, dass du jedes Bußgeld zahlen kannst, das ausgesprochen wird.“ „Ich vermute“, sagte Byakuya enttäuscht. „Wollt ihr, dass ich Zeit absitze?“ Kyōraku hob seine Augenbrauen, doch schüttelte mit einem Lachen den Kopf. „Das ist ein bisschen radikal. Sagst du etwa, dass du dem zustimmen würdest?“ Byakuya nippte an seinem Tee und überlegte für einen Moment. „Ich würde, wenn es das ganze Problem lösen würde. Wenn wir danach zurückkehren könnten, mit Renji als mein Liebhaber und Vizekommandant. Wenn da irgendwie das Verständnis wäre, dass das, was ich da tue, symbolisch ist. Als eine Bestrafung, einen öffentlichen Fehler gemacht zu haben, keinen privaten. Ich werde Renji nicht leugnen. Noch bin ich bereit zu akzeptieren, dass er aus meinem Dienst austritt, es sei denn, es ist seine eigene Wahl. Ich war, und bin es noch, bereit diesen Mann zu heiraten. Ich werde nichts anderes vortäuschen.“ Ukitake seufzte glücklich. Kyōraku klopfte Byakuya auf die Schulter und verkündete: „Wir machen noch einen Romantiker aus dir, mein Junge! Ich rede mit dem alten Mann. Wir werden das für dich geregelt bekommen.“ Gut, dachte Byakuya. Wenn sich jetzt nur die Sache so einfach mit Renji klären ließe. Kapitel 22: Stumbling into Love ------------------------------- Renji war gerade eingeschlafen, als er durch einen Tumult bei den Hauptzellen geweckt wurde. Die Rufe waren laut genug, um den Typen in der Zelle ihm gegenüber aufzuschrecken. Er und Renji starrten beide zur Tür, als eine weibliche Stimme mit ihrer Schimpftirade fortfuhr: „Was soll diese maximale Absicherung? Seid ihr bescheuert!? Ich dachte, ihr bringt ihn zum Schutz hierher! Das sieht für mich nach einer Bestrafung aus!“ Da war das Gemurmel der Wachen auf der anderen Seite. Renji stand auf um zu schauen, ob er so etwas besser hören konnte. Denn obwohl die Stimme gedämpft war, dachte er, sie zu erkennen. Der Typ in der gegenüberliegenden Zelle nickte zur Tür hin und fragte: „Jemand von dir?“ Renji zuckte in einer unwissenden Geste mit den Schultern, doch mit jeder Sekunde war er überzeugte, dass es Nanako war. Besonders als sie fortfuhr: „Ich gebe einen Scheiß darauf, was dein Kommandant sagt. Mein Kommandant sagt, dass mein Vizekommandant rauskommt. Jetzt.“ Der Typ hob beeindruckt die Augenbrauen, sagte dann aber: „Du hast deine Uniform vergessen, Vizekommandant.“ Renji schnaubte. „War eine miese Nacht.“ Das Reiatsu-Siegel verebbte. Der andere Shinigami warf sich zurück auf sein Feldbett. Als er sich zur Wand umdrehte, murmelte er: „Ich vermute, sie wird nun besser für dich werden.“ Renji war sich nicht so sicher. Er wollte unbedingt weg von diesem Ort, doch er fühlte sich hin und hergerissen, wohin er danach gehen sollte. Das ganze Debakel zu verschlafen schien für ihn nach einer mächtig guten Option, doch nun sah er sich potentiell der Frage gegenübergestellt, ob er oder ob er nicht zurück zum Anwesen gehen sollte. Sich in seinem Quartier aufs Ohr zu hauen hatte seine eigene Gefahr, denn Byakuya würde es als Rüffel sehen. Und damit würde er nicht falsch liegen, daher musste Renji irgendeine Entscheidung treffen. Er hatte es irgendwie gemocht, dass ihm die Entscheidung abgenommen worden war. Sobald sich das Haupttor öffnete, schob sich Nanako hindurch. Sie trug ihre Uniform, auch wenn sie ihr Zanpakutō abgelegt hatte. Ihr Reiatsu pulsierte mit einer Heftigkeit, die sich auch in ihrem Auftreten widerspiegelte. Sie warf einen Blick auf Renjis nackte Beine und besockten Füße. Ihre Augen schienen einen Moment auf den Tattoos auf seinen Waden zu liegen, bevor sie zur Wache herumwirbelte. „Du hast ihn sich ausziehen lassen? Oh. Mein. Gott. Köpfe werden rollen, der Herr. Rollen.“ „Hey, hey, hey“, sagte Renji. „Würdest du den Kerl in Ruhe lassen, Nanako? Die Leute hier folgen nur dem Prozedere.“ „Verarschst du mich? Prozedere für was genau?“, sagte Nanako, immer noch empört. „Sagst du mir, dass wenn mich mein Freund zusammenschlägt, mir die Klamotten weggenommen werden und ich in den Knast geworfen werde?“ Da war einen Moment erschrockene Stille. Der Typ in der gegenüberliegenden Zelle drehte sich herum und setzte sich auf, plötzlich total neugierig. Selbst der Blick der Wache ging zwischen Nanako und Renji mit geweiteten Augen und einem ‚Ist das wahr?‘-Blick hin und her. „Uh“, machte Renji, glücklich darüber, dass der Vorhang aus seinen Haaren die Schamesröte verdeckte, die ihm plötzlich in den Wangen brannte. So konnte man erreichen, dass er sich wie eine Art missbrauchter Schwächling fühlte. Zumindest hatte sich das Haupttor wieder geschlossen, sodass nicht jede Seele in der Ausnüchterungszelle dieses Kommentar gehört hatte. „Irgendeine Chance, dass du über meine persönlichen Angelegenheiten die Klappe hältst? Für das Protokoll, ich habe ihn auf die Bretter geschickt. Das ist der Grund, warum ich auch hier bin. Weil es aussah, als wäre ich der Unruhestifter.“ „Männer“, schnaubte Nanako. „Hört euch all diesen Stolz und Testosteron an. Ist das zwischen euch beiden vorgefallen?“ Renji warf ihr einen ernsten Blick zu. „Wie wäre es, wenn du mich aus dieser sehr öffentlichen Zelle holst, 3. Offizierin, und ich erzähle dir alles?“ Nanako blinzelte, als wäre ihr gerade erst wieder in den Sinn gekommen, dass sie mit einem ranghöheren Offizier sprach. „Ja, Vizekommandant!“ Sie machte eine schnelle Verbeugung und sagte: „Du hast den Vizekommandanten gehört. Hol ihn da raus!“ Byakuya hatte wirklich gehofft, dass Ukitake gehen würde, wenn es Kyōraku tat. Doch nach einem schnellen, unschuldigen Kuss an der Türschwelle verschwand Kyōraku schnell und ließ Ukitake, der sich wieder unter der Decke niederließ, zurück. Ukitake streckte seine langen Beine in Richtung der Wärme der Kidō-geheizten Steine unter dem Kotatsu aus und schenkte sich eine weitere Schale von Byakuyas Tee ein. Das hatte die Voraussetzungen für einen Überfall… einen emotionalen Überfall. Diese Art von Überfall, denen er bereits in der Vergangenheit gegenüber ausgesetzt war, als er noch ein Offizier in der Dreizehnten gewesen war. Er seufzte innerlich und wartete. „Also“, sagte Ukitake nach einem Schluck Tee. „Was ist passiert?“ Byakuya runzelte die Stirn. „Kommandant, ich habe dir bereits alle Details erzählt.“ Ukitake blickte Byakuya mit sanften, fast schon mitleidig zusammengezogenen Augenbrauen an. „Byakuya, sicherlich verstehst du, dass ich nach der Reihenfolge frage. Nicht nach der körperlichen Auseinandersetzung.“ „Das habe ich ebenfalls bereits erklärt“, sagte Byakuya knapp. „Es war dumme Eifersucht. Meine Unsicherheiten.“ Ukitake seufzte leise. Er lächelte für einen langen Moment geduldig seine Teeschale an und fragte dann: „Planst du so, dich zu entschuldigen? Was willst du Renji sagen?“ Byakuya presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Ukitake wusste, dass Byakuya furchtbar in dieser Art von Dingen war. Warum quälte er ihn so? „Ich plane zu sagen: ‚Es tut mir leid, Renji.‘“ Ukitakes langgliedrige Finger fuhren den dünnen Rand der Teeschale nach. „Du weißt, dass du es besser machen musst.“ „Muss ich?“ Ukitake warf Byakuya einen gequälten Blick zu. „Du hast die Hand ihm gegenüber erhoben. DU und ich wissen beide, dass das nicht das erste Mal war. Renji braucht mehr als einfach ein weiteres ‚Es tut mir leid‘ von dir.“ Byakuya konnte spüren, wie sein Temperament zu brodeln begann, daher nahm er sich einen Moment, um bis Zehn zu zählen. Es war nicht einfach. Er musste seine Augen schließen und nicht in Ukitakes besorgtes Gesicht blicken. Während er zählte bemerkte er, dass die plötzliche Flut an Emotionen tatsächlich gar kein Zorn war, sondern mehr Scham, verpackt in Zorn. Es beschämte ihn zutiefst, dass ihm ein solcher Missbrauch gegenüber jemanden, den er liebte, vorgeworfen wurde. Ein Teil von ihm hatte das Gefühl, dass er eine Belohnung dafür erhalten sollte, überhaupt daran zu denken, sich zu entschuldigen. Sein Großvater hätte das niemals getan. Was es noch schlimmer machte. „Was soll ich sagen?“, fragte Byakuya, als er schlussendlich wieder in der Lage war, seine Augen zu öffnen. „Wenn das, was ich getan habe, so unverzeihbar ist?“ Ukitake lächelte Byakuya freundlich an. „Nun ja, das ist auf jeden Fall ein Anfang, nicht wahr?“ „Zu sagen, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll?“, fragte Byakuya verzweifelt. „Es ist ehrlich, richtig?“, fragte Ukitake und schenkte Byakuya eine weitere Schale Tee ein. „Ich weiß nicht, wie man so etwas macht…“, Byakuya suchte nach dem angemessenen Wort, doch da ihm nichts besseres einfiel, fuhr er fort mit: „… sozialen Dingen.“ Ukitake kicherte. „Das weiß niemand, mein lieber Junge. Wir stolpern da alle einfach durch.“ „Ich hasse stolpern“, grummelte Byakuya. „Ich weiß“, sagte Ukitake und griff nach Byakuyas Hand, um sie zu tätscheln. „Doch das Einzige, worüber du dir beim Stolpern Gedanken machen musst, ist der Fall. Und du bist bereits der Liebe verfallen, nicht wahr?“ Byakuya spürte die Tiefgründigkeit in den Worten, doch hatte Probleme, die richtige Andeutung dahinter auszumachen. „Also“, sagte er vorsichtig nach einem Schluck Tee. „Was du sagst ist, dass in der Liebe, sollte ich…“, Byakuya hasste es, wenn er an diesen Tests scheiterte, die ihm Ukitake gab, und doch scheiterte er jedes Mal. Dennoch kämpfte er sich tapfer voran. „… ihm einfach sagen, was mir in den Sinn kommt? Aber Kommandant, mein Kopf ist ein furchtbarer Ort. Wie wird er mich so noch lieben können?“ „Er wird es. Wenn du wirklich ehrlich mit ihm redest, wird er dich sogar noch mehr lieben.“ „Wie kannst du dir so sicher sein?“ „Weil mich Shunsui immer noch liebt und ich ihn“, sagte Ukitake, ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. Byakuya nickte, unwillig zu sagen, dass diese Situation grundlegend anders war. Denn niemand von ihnen konnte Dämonen haben, die so stark waren, wie Renjis oder sein eigner. Doch dann erschauderte Ukitake und sagte fast tonlos: „Und es gibt keine Dunkelheit, wie die Seele von Shunsui Kyōraku.“ Nanako kaufte einen Krug Bier und brachte ihn zu ihrem Tisch an der Feuerstelle. Renji hatte überlegt ihr zu sagen, dass das Letzte, was er jetzt noch brauchte, mehr Bier war. Doch die Wahrheit war, dass er immer noch nicht bereit war ‚nach Hause‘ zu gehen, was auch immer das heute Nacht wäre. Das Izakaya, dass sie in der Nähe der Baracken der Neunten gefunden hatten, war gemütlich. Der Boden war aus sägerauem Holz und die Möbel waren einfach, fast schon rustikal, aber bequem. Renji beobachtete, wie das Feuer knisterte und ließ die Geräusche in der Taverne über sich einbrechen. Nanako knallte ein Glas vor ihn auf den Tisch und sagte: „Spül das runter und dann sag mir, was mit dir und dem Kommandanten los ist.“ Renji nahm einen Schluck Bier. Wie die ganze Kneipe war es einfach, aber gut. „An welcher Stelle soll ich deiner Meinung nach anfangen?“, fragte er. „Das Ganze war von Anfang an ein wenig chaotisch.“ Sie stürzte ihr Bier herunter, trank fast die Hälfte und füllte sich nach. „Weißt du, wenn Kinjo auch nur einen Finger mir gegenüber erheben würde, wäre ich sowas von weg.“ „Nun ja, gut. Denn Kinjo ist ein Idiot“, sagte Renji. Er prostete ihr zu und fügte hinzu: „Ich hab nie verstanden, was du in dem Kerl siehst.“ „Ich muss sagen, dass das auf Gegenseitigkeit beruht“, sagte Nanako und schob ihre Zöpfe über ihre Schultern, in dem sie den Kopf zurückwarf. „Der Kommandant überrascht mich. Ich hätte ihn nicht für einen dieser Sorte gehalten.“ „Das ist nicht wirklich eine normale Sache, Nanako“, bemerkte Renji. „Sollte überhaupt nicht passieren.“ Renji dachte darüber einen Moment nach, entschied dann aber, dass nicht viel zu sagen war, außer: „Wahr.“ „Du solltest etwas Selbstachtung haben, Renji“, sagte sie und stürzte eine weitere Hälfte ihres Bieres herunter. „Hey“, sagte er, doch dann erstarb der Protest auf seinen Lippen. „So ist es nicht.“ Eine Kellnerin stellte ihnen einen flachen Teller mit Spießen hin. Da war traditionelles Hähnchen, aber auch Ginkgo-Nüsse, Shishito-Schoten und Ikada-Frühlingszwiebeln. Renji nahm einen von den Hähnchenspießen und zog mit den Zähnen etwas von dem Fleisch ab. „Ok, ich verstehe, warum du das vielleicht denkst, aber ich habe das Gefühl, dass ich für mich eintrete, wenn ich es muss. Ich habe dieses Mal nicht zugelassen, dass er mich schlägt. Ich hab ihn noch nicht einmal nah an mich herangelassen. Meistens, wenn es dazu gekommen ist, war es, weil ich es nicht erwartet habe oder ihn wortwörtlich nicht hab kommen sehen. Es ist nicht so, als würde ich da stehen und sagen ‚Danke, Herr. Darf ich noch eine haben‘.“ Sie hob ihre Augenbrauen über den Rand ihres Glases. „Was?“, fragte er wegen ihrem Gesichtsausdruck. „Glaubst du mir nicht oder was?“ Sie stellte das Glas auf dem niedrigen Tisch ab, nahm den Spieß mit den Gingko-Nüssen auf, schob sie mit den Fingern vom Spieß und warf sie sich in den Mund. „Ich glaube dir“, sagte sie. „Ich habe nur gezuckt als ich hörte, wie du ‚dieses Mal‘ sagst, wenn du über so etwas redest.“ „Was auch immer“, sagte Renji mit einem Schulterzucken und einem weiteren Schluck Bier. „Der Teil pisst mich ja noch nicht einmal an. Die Sache, die ich hasse ist, wenn er diese Kontroll-Sache hat. Manchmal tut er so, als wäre ich irgendeine Art von Bestie, die an die Leine gelegt werden muss.“ Er kaute auf einem weiteren Spieß Hühnchen herum. Es war leicht mit Mirin gewürzt – einen Hauch Süße und einen milden, alkoholischen Geschmack. „Die Sache ist die, dass es für ihn sexy ist. Aber ich wünschte mir, dass es im Schlafzimmer bleiben würde, wenn du weißt, was ich meine.“ Nanako dachte offensichtlich darüber nach, was es bedeutete, denn ihr Gesicht machte allerlei Verzerrungen, bevor sie tief errötete. „Du… eine Leine…?“ „Ja“, gab Renji zu. „Und, ich meine, das ist heiß. Aber manchmal wird das alles vermischt mit jedem Mal, wenn wir eine Meinungsverschiedenheit haben oder er denkt, dass ich zu… wild oder unterschichtig oder unartig oder was zum Teufel auch immer bin. Aber darüber rede ich, wenn ich meine, dass die Dinge bei uns von Anfang an verkorkst waren. Wir hatten erst ein riesiges Chaos von Kommandant/Vizekommandant/Sub/Dom-Ding, über das wir nie wirklich hinweg gekommen sind.“ Wenn es möglich gewesen wäre, dass Nanakos Augenbrauen zu ihrem Scheitel rutschen könnten, wäre das jetzt passiert. Sie versuchten es auf jeden Fall. „Uh… wow.“ „Richtig“, nickte Renji. „Und obendrauf kommt noch die Tatsache, dass das für Byakuya – und das liegt unter strikter Geheimhaltung, verstanden? Plapper kein Wort davon gegenüber deinem Freund aus, der keine Grenzen kennt oder sonst wem gegenüber –“, Renji wartete auf ihr zustimmendes Nicken, bevor er fortfuhr: „Für Byakuya ist diese Bondage/Dominieren-Sache eine Vorliebe. Und dann noch eine, die er seit Ewigkeiten unterdrückt hat, soweit ich das beurteilen kann, also ist es… nun ja, kompliziert das ganze aus seiner Psyche zu entwirren. Teil unseres Streits heute Nacht war, weil ich es geschafft habe anzudeuten, dass manchmal unkomplizierter Sex nett ist.“ „Oh“, sagte sie mit einem leisen, warnenden Pfeifen. „Ja“, stimmte Renji traurig zu. „Natürlich war der andere Teil des Streits aus dem Grund, weil er ein Idiot ist und nicht glaubt, dass ich wirklich bisexuell bin, weil ihm Rukia irgendwann einmal irgendeinen Schwachsinn erzählt hat.“ „Weiß sie nicht, dass du sie liebst?“ „Siehst du“, lachte Renji. „Jeder andere weiß es!“ Nanako lachte. „Du hast für sie fast die halbe Seireitei in Schutt und Asche gelegt. In der Soul Society ist das ein großer Liebesbrief.“ „Guter Punkt, der einzige Kerl, der den Laden hier für sie mehr kaputt gehauen hat war Ichigo und ja… das bestätigt deine Behauptung irgendwie.“ Sie beide lachten darüber für eine Weile und tranken von ihrem Bier. Dann fragte Nanako nachdenklich: „Glaubst du, dass nach der Logik, Kenpachi heiß auf Ichigo ist?“ Renji lachte, sagte dann aber nüchtern: „Vermutlich.“ Ukitake war für eine lange Zeit in seinen eigenen Gedanken verloren. Byakuya entschuldigte sich, um die Toilette zu besuchen. Zwischen all dem Bier und Tee fühlte er sich, als würde er schwimmen. Als er zurückkam, stand Ukitake. Byakuyas Laune hob sich, in der Hoffnung, dass er endlich eine gute Nacht wünschen würde. Er öffnete seinen Mund, um einige Höflichkeiten auszusprechen, wie schade es sei zu sehen, dass sein früherer Kommandant gehen wollte, als Ukitake sagte: „Führst du mich durch den Kirschbaumgarten? Es ist eine Ewigkeit her.“ Byakuya runzelte die Stirn, doch er konnte wohl kaum unhöflich sein. „Kommandant, die Bäume sind blattlos.“ „Aber es ist Vollmond“, sagte Ukitake mit einem bittenden Lächeln. „Außerdem habe ich gehört, dass du wundervolle Kois in deinem Teich hast.“ „Und doch werden deine immer irgendwie größer“, bemerkte Byakuya. Ukitake rieb sich den Nacken und lächelte schamhaft wie ein Schuljunge. „Es ist ein Mysterium! Vielleicht gibt es beim Ugendo bessere Algen.“ Byakuya vermutete seit langer Zeit, dass jemand seine Fische stahl und in Ukitakes Teich aussetzte, doch er war sich immer noch nicht sicher, wer. Es schien unwahrscheinlich, dass Ukitake so etwas selbst tat. Vielleicht würde Kyōraku so tief sinken, aber es schien furchtbar mühselig für einen solch faulen, alten Bär. „Sollen wir?“, fragte Byakuya, schob die Tür zum Garten an der Bibliothek auf. Die kühle Luft schnappte gegen Byakuyas Nase und machte ihn mit einem Mal wach. Helles Mondlicht schien grell in der kühlen, dunklen Nacht. Die knorrige Kiefer in der Mitte des Gartens stand hoch und Unheil verkündet als Silhouette im silbrigen Licht. Irgendwo in der Nähe rief eine Eule. „Entzückend“, seufzte Ukitake. „Ich mag den Winter. Alles steht so im Kontrast, jede Linie so sauber und einfach. Wie Kalligraphie.“ Byakuya konnte diese Empfindung schätzen, doch er hatte nie viel für den Winter und seinen tötenden Frost und den langen, dunklen Nächten übrig gehabt. Obwohl er im Winter geboren worden war, hatte er immer insgeheim die wilde Buntheit des Herbstes bevorzugt, die Bäume geschmückt mit einer prächtigen Ansammlung von Farben, die mit den monotonen Farben der Kirschblütensaison wetteiferte. Doch er konnte so etwas niemals laut aussprechen. Doch vielleicht würde es Renji verstehen. Mochte Renji seinen Geburtsmonat? Das Ende des Augusts, die Hundstage des Sommers. Hmm, Hunde. Dann vielleicht eher nicht. „War es Ginrei?“, fragte Ukitake still, als sie ihren Weg zum Tor des Hauptgartens einschlugen. Die Scharniere quietschten im Protest, als Byakuya es öffnete. „War mein Großvater was?“ Ukitake atmete ein, schien einen Moment die Luft anzuhalten und atmete dann wieder aus. „War es Ginrei, der dich so hart gemacht hat?“ „Ohne jeden Zweifel“, sagte Byakuya ohne Emotionen. „Er war selbst ein sehr harter Mann. Strikt. Stolz. Unbeugsam.“ „Ja“, sagte Ukitake zögernd, als würden sie am Rande eines gefährlichen Themas entlang gehen. „Du… bewunderst ihn?“ Byakuya sagte nichts. Seine Gefühle seinem Großvater gegenüber waren kompliziert. Natürlich war Ginrei Kuchiki ein Vorbild gewesen, welches er angestrebt hatte. Er war das perfekte Familienoberhaupt und Kommandant in so vielen Arten gewesen – unbarmherzig schnell auf dem Schlachtfeld, bestimmend und ehrenhaft. Er erwartete das Beste von jedem. Verlangte es. Und doch hatte niemand diese Erwartungen erfüllen können, am wenigsten von allen ein hitzköpfiger, ungestümer Enkel. „Ich war für ihn eine Enttäuschung“, sagte Byakuya für einen Moment. Der Schotterweg unter ihren Sandalen knirschte, ein einsames Echo in der stillen, kalten Luft. „Aber ich habe ihn geliebt. Als meine Eltern starben, war er meine einzige, nahe Verwandtschaft.“ Nicht, dass dies seinen Großvater davon abgehalten hätte, Byakuya mehr als nur einmal wegzuschicken. Das erste Mal war dieses furchtbar schandvolle Exil wegen seinem katastrophalen Stelldichein mit dem Stalljungen gewesen, doch die anderen Male… Byakuya würde niemals wissen, was seine Verbannungen ausgelöst hatte, außer dass sein Großvater in irgendeiner Weise ihn leid gewesen war oder gedacht hatte, dass andere Byakuya etwas beibringen konnten, was er nicht konnte. Was auch immer es war, Byakuya schien es nie gelernt zu haben. „Es tut mir leid, das zu sagen, aber ich verfluche immer noch den Tag, an dem Sōjun starb. Ich habe ihn sehr geliebt; er hatte so ein gutes Herz. Sein Tod hat so ein großes Loch in so vielen Herzen hinterlassen“, sagte Ukitake und hakte sich in Byakuyas Arm ein, als sie am langen Gras vorbeigingen, das zum Kirschbaumgarten führte. Byakuya schob seinen Kummer zur Seite. „Mein Vater war kaum perfekt. Viele dieser Herzen, die er zurückgelassen hatte, war seine Vielzahl an Liebhabern und Mätressen.“ Auf Ukitakes geschocktem Gesicht hin erklärte Byakuya. „Es war sein Beispiel, dass mir vorgesetzt wurde, als ich mich weigerte einer Heirat aus Zweckmäßigkeit zuzustimmen. Mir wurde immer und immer wieder gesagt, dass es keinen Grund gäbe, meine Familie unter einer niedrig geborenen Frau leiden zu lassen, wenn mein Vater Dutzende von…“, Byakuyas Stimme brach von der wiederkehrenden Erinnerung, wie betrogen er sich gefühlt hatte. Er hatte es niemals gewusst. Wie jedes Kind, hatte er an wahre Liebe geglaubt, geglaubt, dass er es in den Augen seiner Eltern sah. Er nahm einen Atemzug und gluckste düster. „Auf der anderen Seite gäbe es sicher nicht so viele geheime Wege im Anwesen, wenn er keine dieser Tändeleien gehabt hätte. Wir müssen dafür dankbar sein.“ „Oh, Byakuya.“ Ukitake nahm Byakuyas Hand und drückte sie fest. „Ist das der Grund, warum du so sehr mit Eifersucht kämpfst? Bist du immer noch sauer auf deinen Vater?“ Byakuya hielt an. Es war ihm niemals in den Sinn gekommen, dass er diesen besonderen Verrat vielleicht wieder erlebte, zumindest teilweise, wenn er mit dem Gedanken konfrontiert war, dass sein Liebhaber andere Liebhaber haben könnte. Vielleicht war es so, doch er war schon eifersüchtig und besitzergreifend gewesen, lange bevor er von den streunenden Gewohnheiten seines Vaters erfahren hatte. Byakuya war blind vor Wut gewesen, jedes Mal, wenn er an Hisanas Arbeit dachte, was sie tat, als sie noch ein Oiran war. Doch er hatte ihr nie die Schuld für ihre Situation geben können. Sobald er sie von der Arbeit befreit hatte, hatte er sie entschlossen bewacht, wie einen Preis. Um gerecht zu sein, war ihre Liebe hart erkämpft und fast unmöglich zu halten gewesen. Und dann, viel zu schnell vergangen. Sie waren an der Hügelkuppe angekommen, von der man den Kirschbaumgarten überblicken konnte. Verdrehte, leblose Äste reckten sich zum Vollmond hinauf. Auf der anderen Seite schien der See silbern in der Nacht. Sterne tanzten über ihnen, kraftlos in der gähnenden Dunkelheit. „Nein“, sagte er letztendlich. „Ich mache den Tod dafür verantwortlich. Jeden, den ich je geliebt habe, wurde mir vom Tod oder Unglück gestohlen. Ist es ein Wunder, dass ich so selbstsüchtig an dem hänge, was ich habe? Nichts hält an, also halte ich es mit kalten Fäusten aus Stahl fest, doch es entrinnt meinen greifenden Fingern wie Wasser… wie Blut. Der Tod wird auch Renji holen. Er rennt darauf zu, wie eine Motte in die Flamme. Also halte ich ihn natürlich so fest wie ich kann.“ Ukitakes Gesicht wurde grimmig. Er legte eine Hand auf Byakuyas Schulter. „Du solltest das zu Renji sagen.“ Nachdem sie eine lange Liste durchgegangen waren mit wer wohl wen liebte, basierend darauf, wie viel der Welten sie zerstört hatten, bemerkte Nanako, wie viel Schaden Renji angerichtet hatte, als er gegen Byakuya gekämpft hatte. Dann fragte sie: „Was wirst du jetzt tun?“ Renji seufzte lange. Er rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. „Scheiße, wenn ich das wüsste. Ich wünschte mir irgendwie, du hättest mich in der Neunten verrotten lassen. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich mich in meinem Quartier aufs Ohr hauen soll oder versuchen soll zurückzugehen, um mit ihm zu reden.“ „Nun ja, die gute Nachricht ist, wenn du ihn für eine Weile nicht sehen willst, steht dir das völlig frei. Er kann das Anwesen nicht verlassen“, bemerkte sie. „Hausarrest. Also wenn du nicht zu ihm gehst, kann er nicht zu dir kommen.“ Renji starrte auf den Boden seines leeren Glases. Da war auch nicht mehr viel im Krug. Sie hatten alles gegessen, was die Kellnerin ihnen gebracht hatte, drei Teller voll und nun war es Zeit für Reis. Was bedeutete, dass es Zeit war, zu gehen. „Ja, aber möchte ich das?“ „Ich weiß es nicht, du?“ „Ich denke nicht, dass voneinander getrennt zu sein, wirklich das ist, was wir brauchen“, sagte Renji. „Wir haben jede Menge Stille zwischen uns, wie es jetzt ist. Zu viel.“ Nanako nickte. Sie hob die Hand, um der Kellnerin zu signalisieren, noch etwas Essen und die Rechnung zu bringen. „Was wirst du ihm sagen?“ Renji legte den Ellbogen auf den Tisch und stützte seine Wange auf der Faust ab. Mit seiner anderen Hand stapelte er die Spieße fein säuberlich. „Ich denke, wir müssen darüber reden, wie er mich außerhalb des Schlafzimmers niederdrückt, aber ich möchte das nicht wirklich. Das wird hässlich werden.“ Sie nickte mitleidig. „Aber es wird nicht besser werden, wenn du es nicht tust.“ Renji lachte. „Ja, aber es wird auch nicht schlimmer.“ „Doch wird es“, beharrte sie, stellte Blickkontakt mit ihm her und hielt ihn. „Renji, du weißt, dass das so nicht funktionieren wird. Dinge wie so etwas werden schlimmer. Es schwelt vor sich hin.“ Renji zog eine Grimasse und setzte sich auf, um an einem ihrer dicken Zöpfe zu ziehen. „Wann bist du so schlau geworden?“ „Ich bin in der Nähe der Elften aufgewachsen, falls du dich erinnerst, nur mit meinem Paps. Ich weiß wie dumm Männer sind“, sagte sie und schlug seine Hand scherzhaft weg. Er grinste daraufhin, doch fragte dann ernster: „Wenn du so viel weißt, dann sag mir, wie ein Typ wie ich einen Mann wie ihn fragen soll, du weißt schon, es sein zu lassen? Ich mag es nicht zu sagen, dass ich damit nicht klarkomme. Ich fühle mich dann dumm und schwach. Also sag ich lieber nichts.“ Sie schaute ihn an, als wollte sie mit den Augen rollen und murmelte etwas über Männer, doch seufzte dann theatralisch. „Renji, dann sag es einfach so.“ „Was? Ihm sagen, dass ich über den Scheiß nicht reden will, weil ich mich dann dumm fühle? Das bringt uns nirgendwohin.“ „Ich wette, du wärst überrascht“, sagte sie. Renji runzelte die Stirn. „Wie?“ „Ich wette, er fühlt sich verdammt noch mal genauso.“ Sie aßen ihre Schalen Chazuke, nahmen die letzten Bisse rechtzeitig zum Zapfenstreich. Nanako beglich die Rechnung, wogegen Renji schwach protestierte, doch ehrlicherweise war er komplett blank. Sie gingen zur Division und redeten dabei über sie und Kinjo, das Wetter und sonst nicht viel. Am Tor wurden sie mit einem grimmigen Gesicht von der Wache reingelassen, ohne Zweifel hatte er bereits genug gehört, um zu ahnen, wo Renji gewesen war. „Was sagen die Leute?“, fragte Renji, als sie drinnen waren. „Bin ich wieder der Böse? Ungehorsam wie immer?“ „Fass es nicht so auf“, mahnte Nanako. „Aber die Leute reden. Du weißt, dass jeder darauf wartet, dass diese Unzuchtssache hoch geht.“ Renji nickte. Er entschied sich, in seine Uniform zu wechseln, bevor er losging, um Byakuya zu sehen. Daher machte er einen Halt bei seinem lang vernachlässigten Quartier. Da er keine angemessene Möglichkeit hatte, die teure Seide zu verstauen, ließ er sie sorgsam ausgebreitet auf seinem Feldbett zurück. Er blickte durch das kleine Fenster zum Dach des Anwesens, das er über der Mauer ausmachen konnte. Das Mondlicht beschien die Winkel und ließ sie scharf hervorstehen, wie die schneidenden Blütenblätter von Senbonzakura. Er hatte ihnen gegenübergestanden und überlebt. Er sollte keine Angst davor haben, mit dem verdammten Mann zu reden. Nachdem er das Fenster geschlossen hatte, um die Kälte draußen zu lassen, band Renji sich seine Haare in den gewohnten Pferdeschwanz, als bereite er sich für einen Krieg vor. Er schob Zabimaru an seinen Platz und schob das Gefühl zur Seite. Richtig, er konnte es tun. Doch er vertraute sich nicht ganz dabei, den Gang zu machen ohne kalte Füße zu bekommen, also legte er mit Shunpo die kurze Distanz zurück, überwand dabei die Mauer. Als sich die Haupttür öffnete, sah der neue Hausverwalter so glücklich aus, Renji zu sehen, dass er schon fast mit einer Umarmung gerechnet hätte. Er riss sich gerade rechtzeitig zusammen. „Meister Abarai“, sagte er, die Erleichterung in seiner Stimme war offensichtlich. „Das gesamte Personal war krank vor Sorge. Wir hatten befürchtet, sie hatten einen Unfall!“ Renji blickte von seinen Sandalen auf, die er gerade auszog. „Unfall? Byakuya hat nicht angedeutet, dass ich einen Unfall hatte, oder doch?“ „Seine Herrschaft sagte gar nichts“, sagte Hitoshi. „Er war zutiefst bestürzt und mit all den Kommandanten und Leuten, die hier ein und ausgingen, haben wir das Schlimmste befürchtet.“ „Du kannst allen sagen, dass ich in Ordnung bin“, versicherte Renji ihm. Aber er war überrascht von all der Aktivität zu hören. Könnte es sein, dass der Generalkommandant bereits irgendeine Art von Entscheidung getroffen hatte? „Also, uh, soll ich einfach hochgehen? Ist er im Bett?“ „Oh“, stammelte Hitoshi, offensichtlich ein wenig verlegen über die Intimität von Renjis Frage. „Tatsächlich ist der Herr mit Kommandant Ukitake draußen im Garten. Ich hatte geplant, sie im Wohnzimmer warten zu lassen.“ Ukitake? Also… hatte Byakuya tatsächlich um Hilfe gebeten? Renji konnte sich nicht vorstellen, dass Ukitake glücklich darüber gewesen war, von dem Streit zu hören. Es war schwer zu vergessen, wie Ukitake das letzte Mal zwischen ihn und Byakuya gegangen war, als er die Hand erhoben hatte. Doch vielleicht hatte Byakuya nichts darüber gesagt. Könnte sein, dass sie sich nur darüber beratschlagt haben, wie sie mit dem Unzuchtsproblem umgingen. Trotzdem hatte Renji das Gefühl, dass er sie dabei nicht stören sollte. Er öffnete seinen Mund um ‚Vergiss es‘ zu sagen und zurück zu seinem eigenen Bett zu gehen, doch er hielt sich selbst davon ab. „Ja, ok. Ich warte. Aber könntest du ihm sagen, dass ich da bin?“ Byakuya konnte sich kaum daran erinnern, Ukitake angemessen verabschiedet zu haben, so schnell rannte er zurück zu Renji. Er war gekommen. Renji war tatsächlich ins Anwesen gekommen und wartete auf ihn. Er tadelte sich selbst dafür, dass ihm so schwindelig vor Erleichterung war und erinnerte sich selbst daran, dass Renji auch genauso gut hergekommen sein könnte, um ihm zu sagen, dass er fertig mit der ganzen Sache war und ihre ‚Hochzeit‘ abgeblasen sei. Das verlangsamte seine Schritte. Er griff nach Hitoshis Ärmel und fragte: „Wie ist dir der Vizekommandant vorgekommen?“ Hitoshi blickte auf Byakuyas Hand, als würde sie ihn vielleicht verbrennen. „Wie er selbst“, sagte Hitoshi nervös. „Entgegenkommend, wenn auch schroff.“ „Er schien nicht grüblerisch oder wütend?“ Byakuya sagte sich selbst, loszulassen und aufzuhören, an Hitoshis Ärmel wie ein Schulmädchen zu hängen, doch er konnte nicht. „Nicht traurig oder entschlossen?“ „Ähm, wir haben nicht mehr als zehn Worte ausgetauscht, mein Herr. Ich habe zu wenig, um das zu beurteilen.“ Byakuya ließ los. „Also gut. Es spielt wohl kaum eine Rolle. Er wird so sein, wie er ist.“ Renji bewunderte die Fusuma-Schirme, die mit einem Tiger, der sich an ein Reh im hohen Gras heranpirschte, bemalt waren, als die Tür so schnell aufglitt, dass es knallte. Renji drehte sich um, überrascht, nur um sich in Byakuyas Armen wiederzufinden. Kapitel 23: Skin of Stone/Heart of Glass ---------------------------------------- Es war eine dieser Dinge, über die sie vermutlich reden sollten – die Nicht-berühren-Regel – doch Renji konnte nicht einfach dort stehen, mit den Armen an den Seiten, während Byakuya an ihm hing. Er musste die Umarmung erwidern. Er vergrub seine Nase in Byakuya Haare, ließ seine Arme um die kraftvolle, schlanke Taille gleiten und zog ihre Körper grob zusammen. Er drückte Byakuya fest, als wolle er ihn nicht wieder loslassen. Byakuya seufzte zufrieden in Renjis Ohr. Flüsternd sagte er: „Ich entschuldige mich.“ Renji wollte fragen ‚Für was?‘, doch es so zu sagen, würde nur wieder einen weiteren Streit auslösen. Außerdem vermutete Renji, dass er wusste, für was die Entschuldigung war und es war eben für die falsche Sache. „Du weißt, dass es mir scheißegal ist, wenn du die Hand gegen mich erhebst“, murmelte Renji. Als sich Byakuya unter seiner Berührung versteifte, löste Renji seinen Griff, doch er ließ nicht los. Er streichelte Byakuyas Rücken leicht, als er sprach: „Die Leute schlagen mich schon mein ganzes Leben lang. So sehr sogar, dass meine Haut zu Stein geworden ist. Das ist es nicht, was wehtut. Was schmerzt ist, dass du damit vorhast, mich zu degradieren und unterordnen willst.“ „Ja“, hauchte Byakuya. „Darum tut es mir leid.“ Renji schmiegte zufrieden seine Nase gegen Byakuyas Ohrenspitze. Vielleicht war es keine große Entschuldigung, doch das war Byakuya. Er würde nicht viel mehr aus ihm herausbekommen und zumindest hatte Renji deutlich gemacht, wofür er Entschuldigungen wollte. „Du verstehst, dass ich das nicht wirklich wünsche – dass du gehorsam zu meinen Füßen liegst und von mir kontrolliert wirst“, fuhr Byakuya in einer gedämpften, zögerlichen Stimme fort. Renji hielt den Atem an, als Byakuya weitersprach: „Es ist nur mein Großvater, der durch mich spricht; wenn ich zornig handle oder unbedacht all das wiederhole… den, wie du es nennen würdest, ‚Schwachsinn‘ aus meinem Unterricht, meiner Erziehung. Ich sage solche Dinge, weil sie am einfachsten über die Lippen gehen und weil ich weiß, dass sie dich am meisten verletzten.“ „Ja“, lachte Renji ein wenig düster. „Ich denke, darum geht es beim Streiten. Den jeweils anderen zu verletzen.“ „Ja, aber du weißt, dass ich nicht meine, was ich sage, oder nicht?“ Renji versuchte sich ein wenig von ihm zu lösen, damit er in Byakuyas Augen sehen konnte, doch Byakuya hing fester an ihm, presste sein Gesicht in Renjis Schulter. „Du sagst, dass all der Affe und Mond Mist nur Unsinn war?“ „Ja“, sagte Byakuya und hob seinen Kopf. „Das ist genau, was ich sage. Denkst du, ich hätte Hisana heiraten und meine Familie über, jeden einzelnen Moment den wir hatten, bekämpfen können, wenn ich wirklich glauben würde, dass Seelen aus dem Rukongai geringer seien, als meine eigene?“ Renji musste zugeben, dass er diese Tatsache niemals wirklich bedacht hatte. Tatsächlich hatte er immer versucht, nicht über die Frau nachzudenken, die vor ihm war. Wenn er es tat, hatte er leider meist daran gedacht, dass Byakuya Inuzuri-Streuner zum Lieben auswählte, weil sie dankbar für jeden Fetzen waren, den er in ihre Richtung warf. Schlimmer noch, dass sie vielleicht dachten, dass es alles sei, was sie verdienten. Renji atmete durch, schloss die Augen, sodass er sagen konnte: „Ja, aber… Schau, ich denke die Sache ist die, dass ich es glaube. Oft genug an jedem verdammten Ort habe ich es gehört, an den ich gegangen bin, nicht wahr?“ Byakuyas Finger gruben sich in Renjis Schulterblätter. „Narr“, wisperte er liebevoll und doch mahnend. Doch dann fügte er hinzu: „Und doch ist es der Grund, warum es für mich solch eine mächtige und einfache Waffe darstellt. Eine, die ich nicht weiter nutzen sollte. Es vergiftet uns beide, wann immer ich es tue. Es verstärkt die Lügen, die wir erzählt bekommen haben. Wir… Ich muss widerstehen, dem Unsinn noch weiter Kraft über uns zu geben. Die Kraft, die sie mir gibt ist falsch. Genauso wie sie fälschlicherweise dich schwächt.“ Das waren mal echte Worte von Byakuya. Tiefgründig sogar. Renji blinzelte und lachte dann. „Verdammt, Byakuya. Was hat Ukitake zu dir gesagt?“ Als sich Byakuya von ihm wegdrückte, ließ ihn Renji los. Byakuya überraschte Renji ein weiteres Mal, in dem er nicht komplett die Umarmung verließ, nur weit genug zurücktrat, um ihm in die Augen zu gucken und seine Hände auf Renjis Hüfte zu legen. Als Renji bemerkte, dass Byakuya nicht weiter fortging, tat er das Gleiche. Sie standen da, ineinander gehüllt, ihre Bäuche berührten sich, ihre Arme verschlungen. „Ich sollte dich wissen lassen, dass es meine eigenen Gedanken in dieser Angelegenheit sind“, sagte Byakuya mit einem Hauch von Stolz in seinem versteinerten Gesicht. Dann glitt sein Blick weg und er gab zu: „Die Wahrheit ist… Ich habe realisiert, dass ich betrunken so klinge, wie Tante Masama. Ich… wünsche mir niemals… Ehrlich gesagt, ich hasse sie. Sie ist eine furchtbare Frau. Ich möchte lieber sterben, als die Dinge nachplappern, die sie sagt.“ Da war die kurze Erwähnung des Großvaters. Renji hatte lange vermutet, dass der Typ ernsthaft was mit Byakuyas Narben zu tun hatte. Vermutlich war es aber schon vom Blut und der Geburt her zu chaotisch, zu kompliziert. Eine so nahe Verwandte war niemand, bei dem Byakuya leichtfertig zugeben konnte, dass er sie hasste. Vermutlich. Renji hatte keine Ahnung von Blut und Geburt. Er hatte sich niemals dazu genötigt gefühlt, jemanden zu lieben, den er nicht liebte. Da war keine Loyalität in Renjis Herz für Schläge und Missbrauch. Er war jemand anderes gewesen, bevor er ein Abarai wurde und als das nicht so gut funktioniert hatte, war er gegangen. Byakuyas Fingerspitzen an seiner Wange brachte Renji aus seinen Erinnerungen zurück. „Du hast dein Denkergesicht aufgesetzt. Sollte ich mir sorgen machen?“, fragte Byakuya ihn. „Ich habe nur versucht zu verstehen, wie deine Familie funktioniert“, sagte Renji. „Ich war niemals von Blut gefangen. Wenn ich die falschen Leute ausgesucht habe, um nach mir zu schauen, habe ich ihnen nichts geschuldet. Sicher, sie haben mir manchmal Essen gegeben, doch kein löchriges Dach in Inuzuri war besser als das andere.“ Byakuya beobachtete Renjis Augen, als er sprach. „Erzählst du mir gerade, dass du… Eltern hattest?“ „Jeder der als Kind ankommt, sollte einer Familie zugewiesen werden“, sagte Renji. „Ich kam klein an.“ „Bist du? Ich hatte keine Ahnung, dass du jemals klein warst. Irgendwie habe ich mir vorgestellt, dass du voll ausgewachsen in Inuzuri ankamst“, sagte Byakuya und klang ein wenig erstaunt. „Was? Mit Tattoos und allem?“, lachte Renji und schaute zu Byakuya hinunter. „Genau so“, sagte Byakuya, seine Finger streichelten abwesend über die Koteletten. „Nun ja, das wäre einfacher gewesen, denke ich“, gluckste Renji. „Nein, zu der Zeit waren Rukia und ich ungefähr gleich groß.“ „Nein“, hauchte BYakyua. Beide Hände ruhten plötzlich auf Renjis breiter Brust, als versuche er sich das vorzustellen. „Du? So winzig? Wie hast du überhaupt ausgesehen?“ „Wie ich, denke ich mal“, lächelte Renji. „Da musst du Rukia fragen.“ Byakuya nickte ernst. Seine Hände strichen den Stoff zwischen Renjis Brust und den Schultern glatt. „Das werde ich. Diese Leute, die du verlassen hast, waren das auch Rukias Eltern?“ „Nein“, sagte Renji mit einem energischen Kopfschütteln. Er war überrascht, dass Byakuya das nicht wusste. „Rukia hat dir nie gesagt, dass sie von wandernden Mönchen aufgezogen wurde?“ „Nein“, sagte Byakuya. „Doch das macht Sinn. Ich habe mich lange gefragt, warum Hisana Rukia niemals in Inuzuri fand. Es ist ein großer Distrikt, aber nicht unmöglich, innerhalb von Monaten zu erkunden. Selbst für eine Frau alleine.“ Renji nickte. Seine Daumen strichen abwesend über die Seide an Byakuyas Seiten. „Ja, diese Mönche waren gute Onii-chans, soweit Rukia erzählt hat. Sie waren immer unterwegs, doch sie kümmerten sich gut um sie, erzogen sie von Kindesbeinen und all dem. Haben dafür gesorgt, dass sie es warm hatte und Kleidung besaß. Haben ihr ein bisschen beigebracht, wie man kämpft und liest. Sie wäre niemals zurück nach Inuzuri gekommen, wären da nicht das Pech und Banditen gewesen.“ Sie standen da für eine Weile und dachten darüber nach, immer noch ineinander verschlungen. Byakuya blickte zu Renji auf und seufzte. „Wir sind eher Experten darin, über alles andere außer uns zu reden, oder nicht?“ Renji zuckte mit den Schultern. Jedes Gespräch schien ihm gut zu sein. Vielleicht war es nicht direkt, aber solche Sachen brachten sie näher. „Möchtest du im Bett kuscheln?“ „Wenn du dir sicher bist?“ Renji lehnte sich hinunter und küsste Byakuya auf die Nase. Er wollte es dabei belassen, doch dann schien Byakuyas glatte, alabasterfarbene Stirn auch um einen kleinen Kuss zu betteln, also drückte er seine Lippen auch dorthin. „Ich habe dir gesagt, was bei alldem wichtig für mich ist. Klingt für mich so, als meintest du es auch, als du sagtest, dass du versuchen würdest, das alles nicht zwischen uns kommen zu lassen. Um viel mehr kann ich dich nicht bitten. Und es ist auch nicht so, als könnten wir irgendetwas davon über Nacht abschütteln. Ich kann mir vorstellen, dass das ein wenig Arbeit braucht. Also ist es eine gute Sache, dass wir planen, eine lange Zeit zusammen zu sein.“ „Du hast deine Meinung wegen der Verlobung geändert?“, fragte Byakuya mit einem hoffnungsvollen, kleinen Lächeln. Renji eroberte Byakuyas Lippen mit seinen eigenen und ließ seinen Körper antworten. Sie küssten sich für eine lange Zeit. Wie immer achtete Renji darauf, seine Hände ruhig zu halten. Seine Finger griffen fest an Byakuyas Hüfte und seine Zunge erkundete die bekannten Konturen und den Geschmack von starken, ausnüchternden Tee. Er presste so tief, wie er sich traute, konstant auf der Hut vor einer Änderung des Reiatsu oder der Körpersprache. Byakuya schien gelöst und offen. Seine Hände fuhren in Renjis Haare. Die Finger fanden seine Haare zusammengebunden vor und kräuselten sich daher gegen seinen Nacken und Schulter, streichelten und neckten. Renji konnte Byakuyas Herzschlag gegen seinen eigenen spüren, ein sanftes, stärker werdendes Klopfen der Lust. Schlussendlich löste sich Renji, um etwas Luft zu holen. „Komm schon. Lass uns gehen.“ Den ganzen Weg die Treppe hinauf hielt Byakuya Renjis Hand fest, besorgt, dass Renji ihn vielleicht doch noch verlassen würde. Byakuya hatte es bemerkt, während ihres Kusses, wie vorsichtig Renji gewesen war. Aber wem hatte er vorzuwerfen, dass sich Renji nicht mehr in der Leidenschaft verlor? Nur sich selbst, natürlich. An der Tür zu seinen Räumlichkeiten hielt Byakuya inne. Renji, den er nah an sich gehalten hatte, war überrascht, doch wartete geduldig, während Byakuya versuchte, Worte zu finden. Nichts Einfaches oder Knappes kam ihm in den Sinn, daher schüttelte Byakuya still den Kopf und ging hinein. Das Wohnzimmer roch immer noch angenehm nach süßem Gras, der einzig verbliebene Beweis für das Geburtstagsgeschenk. Dennoch war sich Byakuya nicht sicher, wie er jemals in der Lage sein sollte, in den Raum zu gehen ohne das Bild von Renji vor Augen zu haben, wie er dort hing, bebend… verfügbar. Tattoos und Seile… und… Renji schien zu wissen, an was Byakuya dachte, denn er gluckste leise. Er küsste Byakuyas Schopf, als er an ihm vorbei ging und murmelte „Gute Zeiten“. Als er Zabimaru aus seinem Obi zog, lehnte er das Zanpakutō an die Wand neben der Tür, als würde es Wache stehen und begann, seine Uniform auszuziehen. Es änderte sich niemals, Byakuya schien beeindruckt von Renjis Lockerheit mit seiner Sexualität zu sein. Er hatte keine Scham, als sein Hakama zu Boden fiel. Er trat ihn nur zur Seite und ging weiter, öffnete die Knoten des Shitagi, während er ging. In kürzester Zeit waren seine Kleidung wie eine ungewollte, unnötige Bürde abgelegt. Byakuya stand fasziniert da, beobachtete, wie sich Muskeln bewegten und die Tattoos sich kräuselten, als Renji die Hände hob, um seine Haare zu öffnen. Blutrotes Haar ergoss sich über seine Schultern – ein perfekter Anblick von wilder Schönheit. „Ich bin zum Teil deswegen eifersüchtig, weil du so fesselnd bist“, sagte Byakuya. Er folgte Renjis Schritte, wie ein liebeskranker Welpe. „Es ist schwer für mich vorzustellen, dass es auch nur eine Seele gibt, die dich nicht begehrt.“ Renji drehte sich um. Während er seine Haare aus dem Gesicht schob, grinste er breit, sein Gesichtsausdruck draufgängerisch. Er bewegte die Hüften in einer Weise, die es für Byakuya unmöglich machte, sich weiter auf Renjis Gesicht zu fokussieren. Stattdessen folgten seine Augen den Tattoos hinunter, straffen Muskeln zu seiner ungenierten Nacktheit hinunter. „Ja? Du kannst deine Finger nicht von all dem Tollen lassen, huh?“ „Nein, das kann ich wirklich nicht“, gab Byakuya zu. Er gab der Versuchung nach, überbrückte die Distanz zwischen ihnen und begann sein Lieblingsspiel: Das Verfolgen der schwarzen Linien mit seinen Fingerspitzen. Renji erschauderte unter seiner sanften Berührung. Sein Atem wurde wegen der Nähe sofort flacher. Selbst nach all der Zeit war es offensichtlich, dass alleine in Byakuyas Nähe zu sein, Renji zutiefst erregte. Vorsichtig, behutsam hob Renji eine Hand, um die Haare aus Byakuyas Gesicht zu schieben. Seine Finger fuhren danach den Wangenknochen hinunter bis zur Kinnpartie. Byakuya schloss die Augen und genoss das Gefühl von schwieligen, groben Händen, die so vorsichtig über seine Haut fuhren. In diesem Moment traf er eine Entscheidung. Er öffnete seinen Obi und ließ seinen Kimono aufgleiten. Bevor er seine Meinung ändern konnte, öffnete er schnell die Knoten, die die Seiten zusammenhielten. Er räusperte sich und sagte: „Nimm mich.“ Renji hatte begonnen, sich für einen Kuss nach vorne zu beugen, hielt jedoch inne und schluckte einen überraschten Laut hinunter. Er wollte ‚Was?‘ stammeln, doch er wusste, wie sehr es Byakuya hasste, sich zu wiederholen. Doch auch so musste er bei so etwas sicher gehen. „Du meinst, wie dich nehmen nehmen?“ Byakuya seufzte übertrieben, hob dann aber seine Schultern und ließ den Kimono fallen, sodass er nur noch in Unterwäsche da stand. „Ja. Ich habe eine solche Aktivität vorher schon vorgeschlagen, doch du warst viel zu wütend, um ich da ernst zu nehmen.“ Renji versuchte zurückzudenken, doch es war alles zu einem Durcheinander geworden, nachdem die Neunte erschienen war. Er hatte beinahe gefragt ‚War das vor dem Leinen-Kommentar?‘, aber er entschied, dass das nicht produktiv war. Wie auch immer, er würde diese Gelegenheit nicht verkommen lassen. Er hakte einen Finger in den Saum von Byakuyas Fundoshi und zog ihn näher in einen tiefen Kuss. Er ließ seine Zunge leidenschaftlich Byakuyas Mund plündern. Als er sich zurückzog waren Byakuyas Lippen geschwollen und seine Wangen pink. „Du meinst das besser ernst“, wisperte Renji und küsste diese Lippen erneut, sanft. „Ändere deine Meinung nicht mittendrin.“ „Habe ich das jemals?“ Renji versuchte nachzudenken. Er glaubte nicht, dass die letzte Nacht vom Hanami zählte. Byakuya hatte in dieser Nacht bekommen, was er gewollt hatte, grob und hart gegen die Wand. Was er nicht gewollt hatte, war all das Gerede danach über Liebe. Da waren auch noch ein paar andere Male gewesen, heimlich wie im Tempel des Tanuki, fast wie ein Traum. Doch Byakuya hatte niemals den Rückzug angetreten. Es hatte niemals Vergeltungsmaßnahmen in irgendeiner Weise gegeben. Renji nickte zu sich selbst und beugte sich dann nach unten, um Byakuya hochzuheben. Byakuya machte einen gedämpften, überraschten Laut und griff nach Renjis Hals. Es war nicht weit bis zum Bett, so hatte Byakuya kaum Zeit, um sich zusammenzureißen, bevor Renji ihn auf die Matratze warf. Renji stand nur für einen Moment über Byakuya, bevor er ihm auf dem Bett Gesellschaft leistete. Er arbeitete daran, Byakuya von der lächerlichen Unterwäsche zu befreien, während er jede Stelle entblößter Haut küsste, die er küssen wollte. Ellbogen, Oberschenkel, Bauchnabel… Letzteres veranlasste Byakuya, ein Kichern zu unterdrücken. Als Renji zu ihm hinaufblickte, hatte Byakuya eine Hand über seinen Mund gelegt, als wäre er achtsam oder neugierig. Ihre Blicke trafen sich und Byakuya fragte: „Würdest du mich nehmen, wie du es bei einem anderen Mann getan hättest? Wie du es getan hättest, bevor wir uns kennengelernt haben?“ Was war das? Renji setzte sich auf. Er hatte sich zwischen Byakuyas gespreizten Beinen gebeugt gehabt und sein Knie geküsst. Da er endlich das Fundoshi gelöst hatte, warf er es zu Boden. „Du möchtest, dass ich so tue, als wärst du nur ein Typ, den ich abgeschleppt hätte? Als würden wir uns nicht kennen?“ „Ja“, sagte Byakuya ernst. Er setzte sich ein wenig auf und blickte fest in Renjis Augen. „Wenn du mich so behandelst, brauche ich mir nicht länger vorzustellen, wie du mit jemandem anderen wärst.“ Nachdenklich rieb Renji Byakuyas Bein und runzelte die Stirn. Das war eine seltsame Weise, mit Eifersucht umzugehen, doch vielleicht könnte es klappen. „Du weißt, dass es mit jedem anders ist, richtig? Außerdem gibt es da kein wirkliches Szenario, in dem ich zufällig einen Adligen abgeschleppt hätte“, neckte Renji und stupste Byakuyas Knie an. „Ich wäre jetzt total verängstigt, wenn ich mich selbst in so einem Schloss wiederfinden würde und mit einem Typen, der so unglaublich gut aussieht wie du.“ „Könntest du mich einfach mal nicht auf den Arm nehmen?“, seufzte Byakuya und ließ seinen Kopf zurückfallen. Byakuyas tintenschwarze Haare ergossen sich über die weißen Kissen. Er lag ausgebreitet auf seinem Rücken, auf den Laken, wie Renji ihn dorthingeworfen hatte – Arme ausgebreitet, Beine geöffnet. Ein trügerisch dünner und schlanker Körper, in dem unvergleichliche Stärke und Schnelligkeit steckte. Renjis Finger zuckten vor Verlangen, die Konturen von jedem Muskel zu streicheln und zu liebkosen. Ihn behandeln, als würde ich es nicht besser wissen, huh? Als wäre es in Ordnung, ihn zu berühren? Als könnte ich einfach Stunden mit ihm spielen? Renji ließ seine Hände wie von selbst wandern. Finger fuhren die Linien von Rippenbogen und Bauch nach, die volle Länge der Beine hinunter und dann wieder hinauf. Er lehnte sich näher an ihn heran, ließ seine Hände über die bebende Brust gleiten. Geweitete Augen beobachteten Renjis Bewegungen. Byakuyas Atem wurde schneller und abgehackter. Sein Körper bebte und erschauderte unter Renjis Berührungen. Renji lächelte. Er wollte sagen ‚schau, meine Hände auf dir sind gar nicht so fürchterlich‘, doch er sollte so tun, als würde er Byakuya nicht kennen. Also sagte er stattdessen: „Du magst das, eh?“ „Tatsächlich treibt es mich eher in den Wahnsinn.“ Byakuya sog die Luft ein, als Renjis Hände über steife Brustwarzen strichen. Er hatte Schwierigkeiten, sein sonst so leeren Gesichtsausdruck aufrecht zu halten. Hitze färbte die Haut über den hohen Wangenknochen und seine Wimpern schlossen sich flatternd, um geweitete Pupillen zu verstecken. Wäre Byakuya ein Fremder, wäre das eine Einladung. Also lehnte sich Renji weiter vor, um an Byakuyas Ohr zu knabbern und hineinzuknurren: „Und was möchtest du stattdessen?“ Er leckte gerade genug an Byakuyas Ohr, um sicherzustellen, dass seine nächsten Worte kitzelten: „Bitte darum.“ Byakuyas ganzer Körper zuckte und er keuchte: „Oh. Gott.“ Er runzelte ein wenig die Stirn, sichtlich bemüht, sich zu konzentrieren, während Renji weiter an Ohr und Hals knabberte und tätschelte. „Uh… Lippen, Mund… Zähne? Ja, all das auf meiner Haut.“ Selbst wenn er Byakuya nicht so gut kennen würde, als er es tat, wäre der nächste Gedanke von Renji der Gleiche gewesen: Verlegen sieht süß an ihm aus. Doch um ehrlich zu sein, hätte sich Renji in diesem Moment gefragt, ob der Typ einfach nur dort liegen würde und ihn die ganze Arbeit machen lassen würde. Ah, dachte Renji, als er auf Byakuya kletterte und begann, seinen Weg hinunter zu küssen und zu lecken, solche Typen hatte er schon zuvor. Die, die sich unter ihm wandten, stöhnten und nicht einmal nach Haaren, Schulter oder sonst irgendwas griffen, sondern einfach nur in die Laken griffen und bettelten. Heh, nun ja, Renji hatte für solche Typen ein Spiel gehabt. Die Leute dachten bei Renji immer, dass er zu der Sorte gehörte, bei denen es in einer Minute vorbei war – alles rauf, rein, raus und Dankeschön. Doch er konnte immer viel, viel, viel länger durchhalten, als jeder erwartete. Tatsächlich hatte er eine perverse Freude daran, diejenigen in den Wahnsinn zu treiben, die in Eile waren oder ohne jegliche Mühen von ihrer Seite aus genommen werden wollten… Also verbrachte er eine lange Zeit damit, die Kuhle zwischen den Schlüsselbeinen, die er so sehr liebte, zu küssen und Luft dagegen zu blasen. Dann spielte er das Spiel, in dem er schaute, wie lange er die Brustwarzen necken konnte, bis das blasse Pink vor Verlangen kräftiger wurde und Byakuyas Finger das Bett verließen, um sich an Renjis Rücken festzuhalten und zu kratzen. Byakuyas Beine schlangen sich um Renjis Taille und er stieß sein steifes Glied verzweifelt in Renjis Bauch. Nun wird ein Schuh draus, dachte Renji mit steigender Erregung und war endlich gewillt, weiter nach unten zu wandern. Er hatte aber immer noch keine Eile. Er leckte über den Bauch, genau über den zuckenden, unruhigen Penis. Blind griff er nach dem Gleitgel. Als seine Finger sich um die Flasche schlossen, öffnete er sie mit einer Hand. Er verlagerte sein Gewicht ein wenig zur Seite und benutze eine Hand, um Byakuya soweit anzuheben, dass er sein Glied in den Mund nehmen konnte, während seine, nun mit Gel benetzten Finger, gegen Byakuyas Kehrseite drücken konnte. Byakuya keuchte und stöhnte: „Oh, Renji. Oh, Gott.“ Die Finger, die sich an Renjis Rücken festgehalten hatten, gruben sich nun tiefer in seine Haare. Renji hatte sich so darauf fokussiert, nicht zu viel zu machen, damit Byakuya nicht kam, dass er die Chance verpasst hatte, sein Gesicht zu sehen. Mit einem stillen Fluch entschloss er sich, nun jeden Moment genau zu beobachten. Byakuya kämpfte mit der Lust. Sein Gesicht war fast komplett rot angelaufen. Der Atem war ein gezwungenes, abgehacktes Schnauben, während er die Zähne fest zusammenbiss, um sich davon abzuhalten, irgendwelche Laute von sich zu geben. Es war heiß, Byakuya so zu sehen, doch Renji versuchte sich vorzustellen, wie er fühlen würde, wenn es jemand Neues in seinem Leben wäre. Vermutlich würde er es als Herausforderung sehen… nein, das würde er sogar definitiv so sehen. Ohne Warnung stieß er mit den Fingern tiefer hinein, so weit er kam. Renji hatte große Hände. Er war sich ziemlich sicher, dass er diesen besonderen Punkt erreichen konnte, wenn er genug ‚Schwung‘ nutzte. Falls nicht, würde er verlockend nah herankommen. Byakuyas Augen flogen auf und sein Mund formte ein wundervolles, kleines ‚o‘. Sein Finger lockerte sich für einen kurzen Moment, bevor sie wieder in Renjis Haare griffen. Renji rief sich seine frühere Regel für An-Haaren-Zieher ins Gedächtnis: Verdoppeln. Also tat er es. Tatsächlich hörte er auf, sich zu sorgen, ob Byakuya zu früh kommen würde. Er nahm so viel von Byakuya in seinen Mund, wie er konnte. Er konnte Byakuyas steigende Erregung schmecken, während seine Finger tiefer und härter zustießen. Byakuya konnte nun die Geräusche nicht mehr unterdrücken. Seine Beine drückten die Seiten von Renjis Kopf, Finger gruben sich tief in Renjis Haare. Keuchend machte er die erregendsten, kleinen Grunz-Stöhner, die Renji jemals in seinem Leben gehört hatte. Verstärkt dadurch, dass sie von Byakuya kamen, vor allem, als Renji seinen eigenen Namen unter den atemlosen Lauten erkannte – seinen Namen und scheinbar jeden Gott, den es jemals gegeben hat. Die Litanei an Göttern ließ Renji ein wenig lachen, ein Rumpeln und Schnauben gegen das empfindliche Glied von Byakuya. Er musste Renjis Gesichtsausdruck gesehen haben, denn sein Rücken wölbte sich krampfartig und er ließ ein gestöhntes „Nimm mich.“ Es war mehr ein Kommando, als eine Bitte, doch die Worte waren immer noch sehr süß in Renjis Ohren. Sanft zog er seine Finger heraus. Trotzdem ließ Byakuya ein kleines Keuchen heraus, als auch Renjis Mund ihn verließ. Renji drückte Byakuyas Bein beruhigend und nutzte seine Hand dann, um Byakuyas Bein in Position zu bringen. Er krabbelte die Länge von Byakuyas Körper hinauf und küsste sich den Weg zurück zu Byakuyas Lippen entlang. Byakuyas Arme waren um Renjis Schultern geschlungen, Finger gruben sich in sein Fleisch und drängten ihn, sich schneller zu bewegen. Renji erinnerte sich an das Szenario und sprach aus, was er zu jedem zufällig Abgeschleppten sagen würde: „Ich weiß, dass du voller Tatendrang bist, aber ich möchte dir nicht weh tun.“ Etwas schien Byakuya ernst und still werden zu lassen, trotz der Hitze seiner Leidenschaft. „Ich verstehe. Ich habe eine Lektion erteilt bekommen.“ „Was?! Nein“, sagte Renji. Er nahm sich den Moment, die dünner werdenden Lippen zu erobern und sie dazu zu bewegen, sich für einen Kuss zu öffnen. In der gleichen Zeit brachte er sich selbst in Position. Byakuyas Beine schlangen sich um seinen Brustkorb. „Erinnerst du dich? Wir haben uns gerade erst getroffen. Ich sollte dich eigentlich nicht kennen. Trotzdem kenne ich dich und ich weiß, dass wir die Dinge auf diese Weise eine lange Zeit nicht mehr gemacht haben. Und nun halt die Klappe und lass mich dich ficken, wie du mich drum gebeten hast.“ Byakuyas Finger fanden ein paar Strähnen von Renjis Haar und zogen dran. „Du weißt, dass ich es gerne hart mag.“ „Tatsächlich sollte ich das nicht wissen“, grinste Renji, stieß in ihn, während er seinen Hals küsste. „Also warum wiederholst du es nicht? Sag mir, wie du es magst.“ Renji war erfreut darüber, dass Byakuya für eine Weile nicht viel sagen konnte, während Renji tiefer in ihn eindrang. Stattdessen keuchte er und biss sich auf die Lippe, Hände umfassten seine Schultern und seine Zehen kräuselten sich. Renji hatte Byakuya so nie zuvor gesehen, sein Gesicht war so rot und seine Haare klamm vor Schweiß. Er sah beinahe aus wie von der Leidenschaft ausgewrungen und er verlor die Fähigkeit, die Emotionen zu verbergen, die ihn durchfuhren. Selbst sein Reiatsu bebte mit jedem keuchenden Atemzug. Und sie hatten noch nicht einmal richtig angefangen. Byakuya war eng in einer Weise, die sich unglaublich gut anfühlte, doch Renji begann langsam. Zog ihn fast komplett heraus und drang dann wieder ein – ja, selbst wenn er langsam machte, musste Byakuya Laute zurückhalten. Renji liebte die Weise, wie Byakuya scheinbar die Fähigkeit verloren hatte, seine Hände still zu halten. Es war, als würde jeder Stoß ihn ein kleines Stück mehr aus der Fassung bringen, bevor er sich daran erinnerte, sich an etwas festzuhalten, an irgendetwas. Es war fast so, als müsse er die Kontrolle von irgendeinem anderen Körperteil aufgeben, um sein Gesicht frei von Emotionen zu halten. Das war irgendwie dämlich aber auch süß. Und diese neue Sache über Byakuya kennengelernt zu haben, sorgte dafür, dass sich Renji ein klein wenig mehr in ihn verliebte. „Schau dich an, du bist so süß.“ „Süß?“, schaffte es Byakuya zu stammeln, als Renji wieder zustieß. „Ah! Oh…“ Ein kleiner Klaps mit der Hand und ein fester Griff. Nachdem er wieder etwas zu Atem gekommen war: „Sollte ich beleidigt sein?“ Renji schüttelte einfach nur den Kopf und leckte den Schweiß von Byakuyas Schulter. Er zog das Tempo schrittweise an und ehrlich gesagt, wenn man über Kontrolle sprach, machte seine eigene, ansteigende Leidenschaft es ziemlich schwer, sich zurückzuhalten. Byakuyas Hintern war so geil. Seine kleinen, unkontrollierten Handbewegungen schienen durch ein tiefliegendes Zusammenziehen der Muskeln begleitet zu werden, dass Renji wahnsinnig machte. „Uh, ich hoffe, du meinst es ernst mit hart…“, grunzte er, bevor er sein Gewicht so verlagerte, dass er mehr Kraft zum Stoßen hatte. „Ja“, keuchte Byakuya. „Beeil dich, Renji. Ich komme gleich.“ Renji brauchte nicht mehr Ermutigung. Er verlor sich selbst im Rhythmus ihrer Körper. Byakuyas Reiatsu pulsierte im Takt seiner Stöße und seiner eigenen, aufkommenden Lust. Die Wände wackelten und bebten. Byakuyas Maske verschwand endlich und er griff nach Renji mit Tränen in den Augen. Sein errötendes Gesicht, offen, so… verletzlich – ließ Renji härter kommen, als alles, was ihre Körper miteinander trieben. Als Byakuya kam, war es so explosiv, so außer Kontrolle, dass er einen lustvollen Aufschrei herausließ und sein Reiatsu Bilder von der Wand und Bücher aus den Regalen schüttelte. Selbst Renji hatte das Gefühl, dass er von der Welle in die Magengrube geschlagen wurde. Kollabierend keuchte Renji: „Heilige Scheiße.“ „Mmm“, machte Byakuya und rang nach Atem. „Gut?“ Renji schnaubte lachend. Er entwirrte seine Körperteile von Byakuyas, rollte sich neben ihn und murmelte: „Scheiße, das war… scheiße wow.“ „Ich denke“, sagte Byakuya zwischen zwei Atemzügen, „ich bin mehr eifersüchtig, nicht weniger.“ Renji blickte hinüber zu Byakuya und stupste ihn am Arm an. „Aber es wäre mit niemandem anderen so. Sei kein Idiot.“ Byakuya faltete die Hände auf der Brust und schloss die Augen, offensichtlich erschöpft… oder vielleicht grüblerisch. Renji rollte sie auf die Seite, richtete sich mit dem Ellbogen auf, damit er Byakuya studieren, seine Laune herausfinden konnte. „Du bist nicht ernsthaft sauer, oder?“ „Ich schlafe“, verkündete Byakuya. In diesem Chaos? Penibler Byakuya? Niemals. Auch wenn er hundemüde war, schwang sich Renji aus dem Bett. Byakuya öffnete ein Auge einen Spalt, doch bevor er irgendeinen Kommentar abgeben konnte, hatte ihn Renji aufgehoben. „Tatsächlich bringe ich dich ins Bad.“ Byakuya protestierte, wenn auch nur schwach. „Ich kann gehen.“ „Falls du das kannst, habe ich meinen Job nicht richtig gemacht“, grinste Renji zu ihm hinunter. Byakuya schnalzte mit der Zunge und schlang die Arme um Renjis Hals. „Also gut. Aber nicht das Sentō. Es gibt ein kleines Bad den Gang hinunter.“ „Alles klar, Kommandant“, nickte Renji. Er prüfte Byakuyas Gewicht in seinen Armen und verlagerte es ein wenig, damit er ihn für die Distanz tragen konnte. Bevor er die Räumlichkeiten verließ, fragte er: „Denkst du, die Diener werden sich um das Bett kümmern? Möchtest du nicht, dass ich nach ihnen klingele?“ „Glaube mir“, sagte Byakuya trocken. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die ganze Seireitei weiß, dass wir heute Nacht Sex hatten.“ Renji umfasste Byakuyas Körper so fest er konnte, während er den Gang in die Richtung hinunter ging, die ihm Byakuya deutete. Renji hätte beinahe einen höhnischen Kommentar gemacht, aber stattdessen küsste er Byakuyas Schulter, als er sich an die Geschichte von Byakuya erinnerte, dass er einen Liebhaber getötet hatte, weil er die Kontrolle über sein Reiatsu verloren hatte. „Du musst dir um mich keine Sorgen machen, weißt du. Getsuga Tenshō hat noch nicht einmal eine Spur bei mir hinterlassen. Ich habe mein eigenes, wackliges Hadō 31 aus nächster Nähe gefressen. Ich habe es geschafft, kein Haufen Fleisch nach deinem Bankai zu sein. Du kannst mich nicht verletzen.“ Byakuya legte seinen Kopf in die Kurve von Renjis Nacken und wisperte: „Du weißt, dass es nicht wahr ist.“ „Ich meine, mit deinem Reiatsu, du Idiot“, grummelte Renji. „‘türlich kannst du mein Herz brechen.“ Sie erreichten das Bad. Renji schob mit den Zehen die Tür weit genug auf, dass er seine Schulter dazwischenkam, um die Tür ganz zu öffnen. Der Raum war angenehm warm. Offenbar stellte das Personal sicher, dass das Bad immer warm und bereit für den Hausherrn war. Renji wollte Byakuya loslassen, doch Byakuyas Arme schlangen sich fester um seinen Nacken. „Ich habe dich verletzt“, wisperte Byakuya. „Körperlich und emotional.“ Renji ließ Byakuya fallen. Doch irgendwie war Byakuya vorbereitet genug gewesen, um grazil auf seinen Füßen zu landen. „Ich sage dir“, sagte Renji. „Jeder Kampf, von dem ich wieder aufstehen kann, ist ein Sieg.“ „Und ich versuche, mich zu entschuldigen“, sagte Byakuya. Er wandte sich von Renji ab und schob die Abdeckung des Furo auf. Das Bad war groß genug, dass sie beide hineinpassen würden. Es war quadratisch und so weit über den Boden, dass eine Reihe von Stufen hinaufführte. Byakuya tauchte einen Eimer in das Wasser und schüttete es sich über. Renji griff nach einem Waschlappen und einem kleinen Stück Seife aus einem nahegelegenen Regal. „Hey, lass mich“, beharrte er. Byakuya seufzte, doch stellte den Eimer ab. Renji seifte den Waschlappen ein und rieb Byakuyas Rücken. „Du hast aufgehört, mir zuzuhören und das bringt mich wieder zum Ausflippen. Wir sind darüber hinweg. Wenn du noch einmal versuchst, dich dafür zu entschuldigen, die Hand gegen mich erhoben zu haben, werde ich dir gegen das Schienbein treten.“ „Schienbein? Wirklich, Renji?“ Renji hörte das Lächeln in Byakuyas Stimme, doch sagte: „Glaubst du, ich würde das nicht tun? Ich meine es ernst. Das, was mich kränkt ist nicht, dass du die Hand gegen mich hebst, es ist der Grund, warum du es tust. Schubs mich herum, so viel du willst, aber degradiere mich nicht. Hast du das verstanden?“ „Ich denke, du schrubbst mir die Haut ab.“ „Nun gut, dann dreh dich um“, befahl Renji. Als Byakuya das tat, begann Renji seine Arbeit vorne. „Ich weiß, dass du da eine Vergangenheit mit deinem Großvater hast, die das schwer zu verstehen macht, aber meine Vergangenheit ist anders als deine. Ja, du bist stärker als ich. Du kannst mich körperlich verletzen und das hast du auch. Das muss ich dir lassen, auch wenn mein Stolz das nicht mag. Die Sache ist die, dass ich darauf ernsthaft keine weiteren Gedanken verschwende. Es ist mein Herz, das leicht verletzt werden kann. Es ist so empfindlich wie deins“, lächelte Renji, seine Hand hielt inne, um für einen kurzen Moment über Byakuyas Herz zu ruhen. Dann machte er sich weiter daran, ihn einzuseifen und fügte hinzu: „Ich hasse es, wie ein Hund behandelt zu werden, also wenn du mir auf die Nase schlägst, um mich gefügig zu machen… nun ja, scheiße, das macht mich kaputt… mehr als nur ein wenig. Aber das tut hier weh“, sagte Renji und berührte die Stelle über seinem eigenen Herzen. „Ich verstehe das“, sagte Byakuya. „Ich habe gemeint, was ich gesagt habe: Zu versuchen, aus dieser Tendenz herauszubrechen. Ich kann nicht so tun, als würde es einfach werden.“ Er nahm den Eimer wieder auf, füllte ihn und duschte sich damit selbst ab. Er ging die Stufen hinauf und ließ sich in das heiße Wasser nieder. „Du hast meine Tante kennengelernt. Ich habe dir Geschichten von meinem Großvater erzählt-“ „Nein, hast du nicht wirklich“, schnitt ihm Renji die Worte ab, denn tatsächlich wollte er etwas Konkretes hören. Er wusch sich mit dem seifigen Waschlappen selbst und beobachtete Byakuya. „Aber ich habe manches vermutet.“ Byakuyas Augen waren geschlossen, seine Arme ruhten auf dem dicken Rand des tiefen Bads. Sein Gesicht war wieder vollständig hart und leer. Es war schwer zu glauben, dass er sich nur Minuten zuvor selbst in so viel Leidenschaft verloren hatte, dass er fast so ausgesehen hatte, wie eine normale Person. „Es ist eine langweilige Geschichte über einen strikten Großvater und einem rebellischen Jugendlichen. Ich bin mir sicher, dass du in Inuzuri weitaus mehr gelitten hast.“ Renji füllte den Eimer und schüttete sich das Wasser über den Kopf. „Ich weiß nicht“, sagte er und schüttelte seine Haare aus. „Ich habe meine Tracht Prügel bezogen, sicher, aber meistens, weil jemand den Scheiß wollte, den ich von jemandem anderen gestohlen habe. Manchmal habe ich für meine Einstellung einen drüber bekommen. Doch niemand hat mir gesagt, wie ich zu fühlen habe oder wie ich handeln soll. Nun ja, nicht bis zur Akademie. Doch da war es schon zu spät. Sie konnten mich in die Form eines Soldaten prügeln, doch das hat nichts daran geändert, wer ich bin. Kenpachi hat ihre harte Arbeit eh zunichte gemacht.“ Byakuya blickte auf, als sich Renji in die Wanne niederließ. Wasser schwappte über den Rand, doch da war gerade genug Platz für sie. Es gab eine kleine Bank auf seiner Seite der Wanne und mit ein bisschen manövrieren fand er einen Weg, dass er drauf passte. Byakuya ließ seine Arme ins Wasser gleiten und Renjis Beine waren angewinkelt über Byakuyas, doch erstaunlicherweise schien es ihn nicht zu stören. „Durchaus“, sagte Byakuya mit einem kleinen Lächeln, als Renji saß. „Wie du bereits vermutest hattest, war mir noch nicht einmal die kleinste Unvollkommenheit erlaubt. Emotionen ist eine menschliche Sache; wir sind von Geburt zu überlegen für solche niederen Impulse.“ Renji nickte, doch er fand es irgendwie seltsam, dass Byakuya von sich selbst nicht als ‚menschlich‘ dachte. Natürlich war es technisch gesehen keiner von ihnen, doch Byakuya war es noch weniger als Renji es war, da er als reine Seele geboren worden war. Renji streckte eine Hand aus und schob eine feuchte, verirrte Strähne hinter Byakuyas Ohr. „Ja, aber wenn das wahr wäre, wäre es auch nicht notwendig, dass es mal aus dir herausbricht.“ Byakuyas Mund öffnete sich, doch schloss sich plötzlich wieder. Er wandte seinen Kopf ab. Renji wusste, dass es bedeutete, dass Byakuya mit den Emotionen kämpfte. „Dieser Großvater von dir lag auch bei deiner Vorliebe falsch“, Renji lehnte sich vor, um Byakuyas Gesicht zu ihm drehen zu können. Er küsste Byakuya lang und hart. „Es macht dich vielleicht kompliziert, aber es ist eine gute Komplikation.“ Byakuyas Augen blieben nach ihrem Kuss geschlossen. Seine Wimpern bebten leicht. Es schien, als wäre er nicht in der Lage zu sprechen. Also lehnte sich Renji zurück. „Außerdem, wenn du mich dich hin und wieder mal vögeln lässt, ist alles gut.“ „Durchaus“, Byakuya klang ernst, doch sein Mund zuckte schelmisch. „Einfach so?“ „Ja, weißt du, was spaßig wäre?“, fragte Renji und stupste Byakuyas Rippen mit seinen Zehen an. „Wir sollten ein regelmäßiges Spielchen daraus machen – du weißt schon, bei dem ich so tue, als würde ich dich nicht kennen und abschleppe. Das hat irgendwie Spaß gemacht.“ „Das ist mein Glück“, sagte Byakuya trocken. „Du hast endlich ein Rollenspiel gefunden, in dem du gut bist und es beinhaltet mich auf dem Rücken mit den Beinen in der Luft.“ „Ja“, grinste Renji breit. „Schwein gehabt, huh?“ „Mmm“, machte Byakuya mit gespieltem Argwohn. „Ich glaube, ich wurde ausgetrickst.“ „So verschlagen bin ich nicht“, sagte Renji und küsste Byakuya kurz. Das Wasser schwappte wieder über den Rand. „Ich habe nur vielleicht ein bisschen Erfahrung darin, ihn reinzustecken.“ „Ja, nun ja, du warst in dem Teil akzeptabel.“ Renji schnaubte. „Vorsicht, oder ich zeig dir ‚akzeptabel‘ noch einmal.“ „Deine Drohung klingt mehr nach einem Versprechen“, sagte Byakuya. Seine Finger schoben Haare aus Renjis Gesicht. Renji nahm Byakuyas Hand und brachte sie zu seinen Lippen. „Ist es. Ein Versprechen für’s Leben.“ Kapitel 24: Awaiting News ------------------------- Die Diener hatten die Bettlaken gewechselt. Renji wusste nie, wie er sich wirklich deswegen fühlen sollte. Es war höchst persönlich und ein wenig ekelhaft, doch er vermutete, dass es bei den Nachttöpfen genauso war. Er glitt unter die frische, kühle Decke und war dankbar, dass er die Arbeit nicht erledigen musste, da er nicht in der Lage dazu gewesen wäre. Er war hundemüde, bereit nach all der Verrücktheit des Abends zu kollabieren: Die Verlobung, der Streit, die Neunte, der überragende Wiedergutmachungssex… Ja, er würde in der Sekunde einschlafen, in dem sein Kopf das Kissen berührte. „Am Morgen wird der Generalkommandant vermutlich meine Inhaftierung bestätigen“, sagte Byakuya. Renji schoss sofort hoch und stammelte: „Was?“ „Oder er wird einfach nur Wachen schicken, die die Neuigkeiten verkünden und mich eskortieren“, mutmaßte Byakuya ruhig, als würden sie den morgigen Schichtplan der Division besprechen. Er saß mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Seine Haare waren immer noch feucht und offen, er hatte einen hellblauen Yukata mit einem blassgelben Blumenmuster angezogen. „Wir sollten dennoch bereit sein. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich für Unzucht einsitzen werde.“ „Whoa, whoa! Mach langsam“, sagte Renji und rieb sich die Haare aus dem Gesicht. „Ich war nur ein paar Stunden im Knast. Wie kommst es, dass du bereits vor dem Kriegsgericht stehst?“ „Ich habe einen Handel gemacht. Kommandant Kyōraku wird für mich verhandeln“, erklärte Byakuya. Er blickte kurz in Renjis Gesicht, bevor er wieder in seine Hände starrte, die er in seinem Schoß, über der Decke, gefaltet hatte. „Es macht Sinn, Renji. Die Division – vielleicht die ganze Seireitei nach der Ryoka-Invasion – erwartet von mir, dass ich die Gesetze befolge. Aber ich schäme mich nicht für unsere Beziehung, noch habe ich vor, sie zu ändern oder dich zu versetzen. Also habe ich zugestimmt, einen Fehler gemacht zu haben, es öffentlich gestanden zu haben und werde für diese Straftat bezahlen. Im Austausch kann nichts weiter von uns verlangt werden.“ Renjis Mund arbeitete für einige lange Minuten, nur unzusammenhängendes Quieken und Grunzen zu produzieren. Dann sank er mit einem lauten Knall gegen das Kopfende des Bettes zurück. Es war schlau. Renji konnte mit Sicherheit Kyōrakus Handschrift darin sehen. Aber Gefängnis? Wusste Byakuya, worauf er sich da einließ? Hat er jemals eine Minute hinter Gitterstäben verbracht? Was zum Teufel, Haferschleim essen und sich Insassen vom Hals halten…? Nein, keine Chance, dass sie ihn irgendwohin schickten, wo es heftig zuging. Er war einer der ersten Wahren. Leute wie er gingen in ein Gefängnis, welches einem Urlaubsort glich oder so etwas, nicht wahr? „Wird es Hausarrest sein?“ „Ich habe keine Ahnung“, sagte Byakuya. Ein paar widerspenstige Haare fanden den Weg ins Renjis Mund und er kaute auf ihnen herum, während er nachdachte. Die Patrouille draußen rief die Uhrzeit aus. Es war spät. Er musste in nur wenigen Stunden zum Dienst erscheinen. „Ich wünschte mir irgendwie, dass du mir das früher gesagt hättest. Wir haben einiges zum Besprechen.“ „Die Division wird einfach sein. Ich habe vor, dich als einstweiligen Kommandanten einzusetzen“, sagte Byakuya. Renji öffnete den Mund, doch Byakuya hob eine Hand. „Du hast Bankai. Einiges Tages wirst du dir vielleicht wünschen, die Prüfung zum Kommandanten abzulegen. Eine Division geführt zu haben, egal wie kurzzeitig, wird helfen, diejenigen verstummen zu lassen, die vielleicht denken, dass du zu kopflos und unerfahren bist. Außerdem bist du mehr als kompetent genug dafür. Du bist der Einzige, dem ich diese Position anvertrauen kann. Es wird niemand anderes machen oder ich werde das Urteil nicht akzeptieren.“ Byakuya hatte das offensichtlich irgendwann durchdacht und es war genauso klar, dass er keinen Widerspruch von irgendjemandem akzeptierte. Noch nicht einmal von Renji. Also hielt Renji seinen Mund und erwähnte die Tatsache nicht, dass er niemals vorhatte, die Prüfung zum Kommandanten abzulegen. Er hatte seine Ambitionen, stärker zu werden, nicht abgelegt, doch mit den Erinnerungen von Aizen, die ihn immer noch verfolgten, hatte Renji bemerkt, dass er nicht weiter in der Hierarchie der Hofgarden hinaufklettern wollte. Ein Kommandanten-Haori war ein Zugeständnis zu 100 %. Und das war weitaus mehr, als Renji in diesem Moment gehen wollte. Nach allem, was mit Rukia passiert war, konnte er da wirklich schwören, alle Entscheidungen von Central 46 auszuführen? Auch wenn herausgekommen war, dass das Meiste der Scheiße von Aizen kam, vertraute Renji ihnen dennoch nicht. Schau, wie sie mit Isoroku gewesen waren. Das tat immer noch weh. Außerdem bei allem, was ihn Aizen im Rukongai hat machen lassen – das war alles astrein gewesen, völlig legal. Und ehrlich gesagt: Scheiß drauf. Als Renji nicht protestierte, nickte Byakuya. „Ich sehe, du stimmst zu. Gut. Die verzwicktere Sache ist mein Status als Familienoberhaupt, sobald ich inhaftiert bin.“ Renji hatte darüber nicht nachgedacht. „Ja? Ich habe irgendwie gedacht, dass es keine Möglichkeit gibt, dass du nicht Familienoberhaupt sein wirst, außer nach deinem Tod.“ „Auch wenn das wahr ist“, Bykauyas Finger strichen die Falten der Decke glatt, während er sprach. „Meine Autorität, familiäre Entscheidungen zu treffen, wird für die Dauer meiner Haftstrafe aufgehoben. Das wäre weniger lästig, wenn es den Erben nicht geben würde. Da ich einen ernannt habe, sollte meine Autorität automatisch auf ihn übergehen. Doch er hatte noch nicht seine Einführungszeremonie. Ein ambitioniertes Familienmitglied könnte sich selbst als seinen Vormund bestimmen und so tatsächlich meine Macht ergreifen.“ Ein ambitioniertes Familienmitglied? Wer…? Oh. „Tante Masama.“ „Genau.“ „Nun ja, Scheiße“, seufzte Renji, ließ seinen Kopf gegen die Wand fallen. Seine Arme waren vor seiner Brust verschränkt. Er konnte spüren, wie sein Gesicht sich zu einem tiefen Stirnrunzeln verzog, wenn er daran dachte, dass Tante Masama Vollzeit ins Anwesen zog. „Wie viel Schaden könnte sie anrichten?“ „Das ist unklar“, sagte Byakuya. „Ehrlich gesagt hat mich meine Tante schon immer im politischen Sinne ausmanövriert. Als die Heiratsvermittlerin der Familie schulden viele ihr Gefallen – nicht nur innerhalb meiner Familie, sondern auch außerhalb. Bei fast jeder lohnenswerten Familie in der Seireitei. Ich hingegen bin nicht beliebt. Meine Familie empfindet mich als mühsam – starrsinnig und launisch.“ „Starrsinnig, huh?“ grinste Renji. Byakuya versuchte nicht einmal zu lächeln. Stattdessen blieben seine Lippen zu einer dünnen Linie gepresst. „Ja, da ist ein großer Teil, der mir niemals vergeben hat, dass ich meine Verlobung gelöst habe, um eine Gewöhnliche zu heiraten. Mehr sogar, ich spiele ihre Spiele nicht, noch wohne ich ihren Funktionen oder Feierlichkeiten bei oder biedere ich mich irgendwen an. Ich habe keinerlei Verbündete unter meinesgleichen.“ „Du hast immer Rukia an deiner Seite“, bemerkte Renji. „Ich… oh“, Byakuya blinzelte. „Natürlich. Rukia ist meine Schwester und eine Kuchiki. Eine nähere Verwandte könnte ich mir nicht erhoffen zu finden. Ich werde sie zum Regent ernennen.“ Byakuya stand aus dem Bett auf. „Ich werde den Brief dazu jetzt schreiben.“ Renji griff nach Byakuya, um ihn zurück ins Bett zu ziehen, um ihm zu sagen, dass er versuchen soll ein wenig zu schlafen. Doch er ließ den Arm wieder fallen. Byakuya musste das tun. Das war auch nichts, was jemand anderes für ihn tun konnte. Also schlug Renji die Decke zurück und suchte seine Shitagi auf dem Boden. „Richtig“, sagte er und zog sich den Stoff über die Schultern. „Ich hole Tee und treffe dich im Büro.“ Es war noch so früh am Morgen, dass die Küche fast leer war. Ein Fischhändler, den Renji nicht kannte, war damit beschäftigt, die Frühstücks-Makrele vorzubereiten. Er war ein gedrungener Kerl mit raspelkurzen Haaren und großen, fleischigen Armen. Doch er entschuppte den Fisch in mit schnellen, professionellen Strichen. Renji nickte dem Fischhändler kurz zu und suchte dann nach den Dingen für Tee. Er hatte gerade einen Kessel an den Haken gehangen, um das Wasser zu kochen, als Miki hereinhastete. „Renji, ich dachte mir schon, dass du es warst, der die Stufen hinunter getrampelt ist. Grundgüter, du musst uns sagen, was passiert ist!“, sagte sie atemlos von ihrem Lauf die Treppe hinunter. Sie war immer noch in ihrem Schlafgewand und ihre grellorangenen Haare standen in alle Richtungen von ihrem Kopf in, vom Schlaf geplättete, Korkenzieherlocken ab. „Und, oh du lieber Himmel, ist das das Nachmittagsservice? Was glaubst du, was du da tust?“ Renji blickte auf die Teesachen und fühlte sich schuldig. „Uh… Tee machen?“ „Nein“, sagte sie fest. „Du setzt dich hin.“ Als Renji nach den Schalen griff, um sie dorthin zu stellen, wo er sie gefunden hatte, schlug sie seine Hände weg. „Fass. Nichts. An.“ Sie deutete auf den Stuhl. „Setzen. Und erzähl mir alles. Das Abendpersonal schnatterte etwas von Arrest! Sie sagten, du hättest versucht, den Herrn umzubringen und der Kommandant der Neunten hätte dich weggeschleift.“ „Was? Ah, Gott“, Renji schüttelte den Kopf und setzte sich auf den Stuhl neben dem Feuer. „Die Gerüchteküche hier… Scheibenkleister. Ok, hör zu: Ich habe nicht versucht, jemanden umzubringen, doch die Neunte hat mich wegen Ungehorsam mitgenommen. Ich würde vermutlich immer noch im Knast sitzen, wenn Byakuya nicht entschieden hätte, allen zu sagen, dass es ein Beziehungsstreit gewesen wäre.“ „Nein!“, keuchte Miki und tauschte das Teeservice gegen eines aus, dass gottverdammt noch mal fast identisch mit dem aussah, das Renji gefunden hatte. „Hat er nicht!“ „Hat er“, sagte Renji. Er beobachtete, wie Miki ein Gehabe um das Geschirr und das Tablett machte und fragte sich, wie weise es wäre, alle auf einen möglichen Hausarrest von Byakuya vorzubereiten. Sollte er es ihnen sagen? Alle hier unterlagen den Launen des Hausherren. Renji vermutete, dass falls er hier Diener wäre, würde er eine verdammte Panikattacke bekommen, wenn er sehen würde, dass Byakuya weggeschleift werden würde. Vielleicht war es an der Zeit, wenigstens ein einziges Mal die Gerüchteküche zu ihrem Vorteil zu verwenden. Also atmete er tief durch und sagte: „Aber Byakuya hat einen Plan. Das ist ein wenig verrückt, aber ich denke, dass es schlau ist. Er wird das Urteil wegen Unzucht annehmen, aber mit der Bedingung, dass sobald er die Zeit abgesessen hat, es damit auch erledigt ist. Dass sie uns danach nichts mehr können.“ Miki hatte das Tablett angehoben, um es Renji zureichen, doch sie setzte es wieder mit einem Keuchen ab. Selbst der Fischhändler drehte sich um, um Renji anzusehen. „Sagst du, dass der Herr ins… Gefängnis geht?“ „Vielleicht…?“, sagte Renji und stand auf, um das Tablett aufzunehmen. Sie sah zu geschockt aus, um es ihm zu geben. „Könnte Hausarrest werden. Ich weiß nicht, was der Generalkommandant verlangen wird. Doch du musst Byakuya vertrauen, Miki. Alle müssen darauf vertrauen, dass er das gut genug durchdacht hat. An alle Verantwortlichkeiten gedacht hat.“ „Erleuchteter Buddha“, quiekte sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Renji füllte die Teekanne mit dem Wasser aus dem Kessel und sagte: „Hey, Byakuya ist gerade ein Stockwerk über uns und klärt die Situation mit dem Erben und wer die Befehlsgewalt hat, falls er am Ende weg muss. Keine Chance, dass er etwas zulässt, was gegen seinen Interessen ist, wenn du weißt, was ich meine.“ „Zuerst verlieren wir Eishirō und nun das?“ Renji legte sanft seine Hand auf Mikis Schulter. „Es wird alles gut werden.“ „Das kannst du nicht wissen, Renji“, sagte sie und schaute zu ihm auf, Tränen formten sich in ihren Augen. „Was, wenn diese furchtbare…“ Sie stoppte sich selbst, bevor sie etwas Beleidigendes gegenüber einem Kuchiki sagen konnte, indem sie eine Hand über ihren Mund legte. Ihre Augen sagten Renji, dass sie beide an die gleiche Person dachten: Masama. „Was ich meine ist, dass ein neuer Meister uns alle feuern könnte.“ Renji drückte ihre Schulter und sagte: „Du weißt besser, wie das funktioniert, als ich es tue. Noch hat der Erbe gar nichts zu sagen? Außerdem gibt Byakuya die Regentschaft – oder wie das heißt – an Rukia. Rukia wird keinen feuern.“ „Oh?“, Mikis Hand sank endlich wieder von ihrem Gesicht. „Oh! Lady Rukia wäre wundervoll!“ „Siehst du?“ Er ließ nach einem letzten Drücken ihre Schulter los. „Es könnte doch alles in Ordnung sein.“ „Ok, Renji“, sagte sie. „Du bringst den Tee zu deinem Kommandanten. Ich mache dem Herrn ein Frühstück, damit er uns in Erinnerung behält.“ „Das ist Kampfgeist“, sagte Renji. An der Tür zu Byakuyas Büro auf dem Anwesen hielt Renji inne, um zu klopfen. Er konnte Stimmen hören – oder genauer, eine Stimme – als Byakuya seine Befehle an den stellvertretenden Hausverwalter Hitoshi weitergab. „Komm herein, Renji“, sagte Byakuya abwesend. Byakuya trug immer noch seinen Schlafyukata, doch er musste entschieden haben, dass er sich mehr offiziell fühlte mit dem Kenseikan, da er sich die Zeit genommen hatte, ihn anzuziehen. Byakuya lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den knienden Hausverwalter und fuhr fort: „Schicke einen der schnellsten Personenschützer zu unserem Sommerhaus, um Eishirō und seine Familie zurückzuholen. Informiere ihn, dass der Rest seiner Bestrafung aufgrund der aktuellen Notfallsituation aufgehoben ist. Wenn wir irgendwelche Verbündeten innerhalb der Familie haben, wird Eishirō wissen, wer sie sind.“ Der Hausverwalter beugte seinen Kopf noch tiefer. „Ja, mein Herr.“ Renji bückte sich, um den Tee neben Byakuyas niedrigem Schreibtisch auf dem Boden abzustellen. Er setzte sich so leise, wie er konnte. Er versuchte nicht einmal, Seiza zu sitzen, trotz der furchtbar formalen Atmosphäre im Büro. Die Stunden würden sich ziehen, wenn sie alles besprachen, also dachte Renji, dass er es sich genauso gut bequem machen konnte. Byakuya arbeitete eine lange Liste von Dingen ab, die Hitoshi vorbereiten und erledigen sollte. Renji hörte aufmerksam zu, für den Fall, dass er irgendetwas erneuern oder die Leute daran erinnern musste, doch das Zeug, über das sie redeten, war in einem Bereich weit außerhalb seiner Liga. Da war das Gerede von Konten, die geschlossen werden sollten und das Vermögen umdirigiert werden. Es klang, als würde sich Byakuya auf eine finanzielle Belagerung vorbereiten. Auch, wenn Renji wusste, dass es wichtig war, war es stumpfsinnig und scheiße langweilig. Um sich selbst vom weg dösen abzuhalten, kümmerte sich Renji um den Tee und schaute den neuen Hausverwalter zum ersten Mal aufmerksam an. Es war unmöglich, das Alter von irgendwem in der Soul Society zu schätzen, doch da waren stahlgraue Strähnen in Hitoshis Haaren, die er offen, in einer Art Pagenjungen-Bobschnitt trug. Der Haarschnitt erinnerte Renji fast schon an den von Yumichika. Außer der Tatsache, dass das, was an Yumichika gut aussah, irgendwie deplatziert an Hitoshi zu wirken schien. Fast, als würde er vergeblich den Stil eines jüngeren Mannes zu kopieren versuchen. Das war besonders erkennbar, da Hitoshis Gesichtszüge runzelig und erschöpft wirkten. Zu irgendeinem Zeitpunkt in Hitoshis Leben hatte jemand seine Nase geplättet und sein ganzes Gesicht schien… in Form gedrückt zu sein, als hätte er vielleicht seine Jugend als Boxer oder Schläger verbracht. Hitoshi sah nicht direkt wie die Sorte aus, die den Butler für eine der mächtigsten Adelsfamilien in der ganzen Seireitei spielten. Doch Renji war entschlossen, mit dem Typen nicht das zu tun, was die meisten Leute taten: Irgendein vorschnelles Urteil über seine Fähigkeiten anhand seines Aussehens fällen. Wenn Eishirō diesen Kerl empfohlen hatte, dann war er gut. Gleichzeitig sah Hitoshi ziemlich panisch aus, dachte Renji. Er schien genauso erleichtert wie Renji zu sein, als Byakuya endlich seine Anordnungen stoppte und sagte: „Ich habe das meiste davon auch hier aufgeschrieben“, Byakuya hielt Hitoshi ein Blatt Papier hin. „Bitte schaue es dir aufmerksam an. Wenn du irgendwelche Fragen hast, würde ich bevorzugen, dass du sie so schnell wie möglich stellst. Ich kann nicht wissen, wann ich zum Gehen aufgefordert werde.“ Mit bebender Hand griff er nach dem Papier. „Ja, mein Herr.“ Renji reichte Byakuya eine Schale Tee, die er bereitgehalten hatte. „Frühstück kommt“, sagte er. „Ich habe Miki von der Situation erzählt. Ich dachte, dass es vielleicht besser ist, wenn das Personal weiß, was kommt und dass du einen Plan hast. Ich hoffe, das war in Ordnung.“ „Das ist in Ordnung“, sagte Byakuya und nippte fast schon gedankenverloren an seinem Tee. Er zog ein weiteres Blatt Papier von dem Stapel vor ihm. „Ich habe einige Kopien von dem Brief gemacht, der die Bestimmung von Rukia als Vormund des Erben beinhaltet. Kuriere werden die Kopien verteilen, die an die Vertreter meiner Familie gehen müssen. Doch ich möchte, dass du einen zu Rukia bringst. Überbringe einen auch bitte persönlich Central 46 zur Absicherung, falls es einen Konflikt geben sollte. Ich denke nicht, dass meine Familie darüber Krieg führen wird, aber die Hofgarden sollten von der Möglichkeit wissen.“ „Meinst du das ernst?“, fragte Renji. Er nahm die Kopien und steckte sie in die Innentasche seiner Shitagi. „Du denkst, deine Familie würde wortwörtlich Rukias Ernennung bekämpfen? Also mit einer privaten Armee?“ Byakuya nahm einen erneuten Schluck von dem Tee. Er blickte zur Schale, als wäre er über die Stärke oder den Geschmack erfreut. Dann seufzte er. „Es wäre selbst für sie heftig, doch wenn sie wissen, dass die 13 Hofgarden bereitstehen, um meine Regentenwahl zu verteidigen, wäre es doppelt so abschreckend.“ „Ugh“, grunzte Renji. „Das möchte ich schwer hoffen.“ Die Kuchikis hassten ihn bereits jetzt schon. Das letzte, was Renji wollte war, persönlich dafür verantwortlich zu sein, Nicht-Shinigami-Soldaten auseinanderzunehmen. Es wäre ein verdammtes Schlachtfest. „Alles erscheint mir klar genug“, sagte Hitoshi kleinlaut, auch wenn Renji dachte, dass er einen Hauch von wachsendem Selbstvertrauen bemerkt hatte. „Soll ich beginnen, mein Herr?“ „Ja, mach das“, sagte Byakuya. Mit einer Menge Verbeugungen machte sich Hitoshi auf den Weg nach draußen. Als die Tür zugeschoben war und die besockten Füße den Flur hinuntergingen, schloss Byakuya die Augen und beugte den Kopf. „Ich wünschte, Eishirō wäre hier. Ich befürchte, dass Hitoshi für die Aufgaben nicht bereit ist.“ „Ja, nun ja, das ist schon irgendwie zu viel für einen Stellvertreter. Aber manche Stellvertreter wachsen damit“, sagte Renji und dachte dabei an Ichigo. Er nahm einen Schluck von seinem eigenen Tee und fuhr fort: „Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass auf Hitoshis persönlicher Agenda ziemlich weit oben steht, Eishirō hierhin zu bekommen, pronto.“ Byakuyas Augen waren nach unten gewandt, seine Lippen dünn und hart. Würde er die kleinen Wellen auf der Oberfläche des Tees nicht sehen, wäre Renji sich nicht sicher gewesen, ob Byakuya überhaupt atmete. „Du musst dich ein wenig entspannen, Kommandant“, sagte Renji. „Eishirō wird in kürzester Zeit hier sein. Das Gerücht verbreitet sich nicht so schnell. Ich vermute, deine Familie wird davon erst in ein paar Tagen erfahren. Selbst die ambitionierteste Person wäre nicht in der Lage, irgendeine strategische Attacke innerhalb so kurzer Zeit zu fahren. Du hast mindestens noch eine Woche Zeit.“ Byakuyas graue Augen blickten auf. Es war kaum nicht bemerkbar, doch Renji konnte spüren, wie sich Byakuya leicht entspannte, seine Gesichtszüge änderten sich von steinhart zu nicht-ganz-so-hart-wie-steinhart. „Ja, du hast natürlich recht.“ „Ich weiß, dass es nicht dein Stil ist, dich bei uns anzulehnen, aber du brauchst nur Rukia oder mich zu rufen, wenn dir etwas einfällt, was du hättest tun müssen oder was auch immer. Ich meine, selbst im Madennest lassen sie jemanden Besucher haben, wenn es wichtig ist, weißt du?“ „Ja, ich habe deinen Bruder dort besucht“, sagte Byakuya. Seine Stimme klang hohl bei der Erinnerung. Renji zuckte wegen seiner eigenen Taktlosigkeit zusammen. Er hätte nicht direkt zur schlimmsten Möglichkeit übergehen sollen. Himmel, das Madennest war der schlimmste Albtraum von jedem Shinigami. „Ich denke nicht, dass sie dich dorthin schicken“, sagte Renji und versuchte damit mehr als alles andere, sich selbst zu beruhigen. „Also zum Madennest, meine ich. Diese Beleidigung wäre es nicht wert, dir Senbonzakura abzunehmen. Außerdem, wenn man Hisagi Glauben schenken kann, sitzt jeder die Zeit in der ihm übergeordneten Division ab. Keine Chance, dass Yamamoto so ein super harter Hund bei dir ist.“ „Es sei denn natürlich, dass er ein Exempel an uns statuieren möchte“, sagte Byakuya und trank einen weiteren Schluck Tee. „Er könnte diese Gelegenheit nutzen und die Leute daran erinnern, dass es Konsequenzen hat, wenn man die Unzuchtsregel verletzt.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der eigene Vize vom Generalkommandant ziemlich geil auf ihn ist.“ „Renji!“, mahnte Byakuya, doch ein schemenhaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ich sag es ja nur“, sagte Renji. „Wie auch immer, war es die Idee hinter deinem ganzen Handel, dass du, nachdem du deine Zeit abgesessen hast, weitermachen kannst? Falls der Generalkommandant dazu eine Bemerkung abgibt, dann würde es ein wenig seltsam wirken: ‚Wenn du gewillt bist, deine Zeit abzusitzen, fühl dich frei, gegen das Gesetz zu verstoßen?‘ Keine Ahnung. Könnte nach hinten losgehen. Ich kann schon sehen, wie einige präventiv hingehen, um einen Freifickschein zu bekommen.“ Byakuya schnaubte. „Niemand würde das tun, Renji.“ „Ich denke, du unterschätzt die Verdorbenheit der Elften, Kommandant“, sagte Renji. Byakuya gab endlich einem echten, kurzen Lächeln nach. Doch seine Augen waren immer noch nach unten gewandt, als er sagte: „Ich werde dich furchtbar vermissen. Weißt du das?“ „Hey, hey, hey, fang jetzt nicht an, so zu reden“, sagte Renji. Er setzte seine Schale ab, in dem Vorhaben, Byakuyas Hand zu nehmen. Er hielt inne, dachte daran, dass sie nicht von jemandem dabei erwischt werden wollten, wie sie Händchen hielten. Doch dann dachte er, scheiß drauf, und griff nach ihr. „Es könnte am Ende auch einfach Hausarrest sein und wir hatten das letzte Mal Spaß, als ich unter Hausarrest stand, erinnerst du dich? Beschränkt auf das Quartier. Heh, deins.“ „Oh, Renji. Ich habe das vielleicht ein wenig verdient“, gab Byakuya mit einem Kopfschütteln zu. Renji lächelte liebevoll. Er küsste Byakuyas Fingerknöchel, bevor er die Hand losließ. Er füllte Byakuyas Teeschale wieder auf und sagte: „Ja, weißt du, ich hasse es, das zu sagen, doch es könnte gut für die Moral der Division sein. Nun, da die Leute von uns wissen und alldem… nun ja, zu sehen, dass du jetzt hervortrittst? Ja, es könnte genau das sein, um alles in Ordnung zu bringen.“ „Ja, ich denke genauso.“ Byakuya nahm seinen Tee auf. „Das ist der Grund, warum ich entschlossen bin, es durchzuziehen.“ Das Klopfen an der Tür ließ sie beide zusammenfahren – tatsächlich sprang Renji auf seine Füße, Hand auf Zabimaru; Byakuya zuckte leicht zusammen, seine Teeschale klirrte, als er sie mit Nachdruck abstellte. „Frühstück, mein Herr“, ertönte Aios Stimme. Renji fühlte sich gleichzeitig dämlich und zutiefst erleichtert, dass es nur sie war. Er setzte sich wieder hin, als Byakuya Aio wissen ließ, dass sie reinkommen konnte. „Du kannst mich nicht vor der Haft verteidigen“, sagte Byakuya, als Renji Zabimaru zurechtrückte, damit er bequem sitzen konnte. „Ich möchte nicht, dass du wegen Ungehorsam zurück zur Neunten, oder schlimmer noch zur Ersten, musst.“ Renji wollte sich beschweren, dass er nur aus Instinkt seine Hand auf seinem Zanpakutō hatte, doch Byakuya würde im Moment weder die Widerworte, noch die Meinung dazu zu schätzen wissen. „Ja, Kommandant“, sagte er daher pflichtbewusst. „Tatsächlich ist es vielleicht sogar das Beste, wenn du nicht da bist“, sagte Byakuya. „Es wird schwierig genug für mich sein, das durchzustehen, vor allem, wenn ich weggeschickt werde. Ich möchte, dass du dich nach dem Frühstück auf den Weg machst, um die Briefe auszuliefern.“ Ein widerwilliges Wimmern verließ Renjis Mund, bevor er sich aufhalten konnte. Er hasste den Gedanken daran, weggeschickt zu werden, wenn Byakuya so etwas Ernsthaftem entgegentreten musste, doch Byakuya hatte vielleicht recht. Selbst wenn er jedes Gramm an Disziplin aufbringen konnte, den er hatte, würde es hart sein zuzusehen, wie Soldaten Byakuya mitnahmen und er nichts tun konnte, um sie zu stoppen. Außerdem würde es auch hart für Byakuya werden und selbst wenn Renji es schaffte, dort zu stehen, würde er es nicht stoisch hinnehmen können. Jede Emotion würde auf seinem Gesicht geschrieben stehen. Jede verdammte. Er konnte verstehen, wie das vielleicht für Byakuya herzzerreißend sein konnte, zusätzlich zu allem anderen. „Ja, in Ordnung“, grummelte Renji zustimmend, während Aio mit großen Augen das Essen für sie bereitstellte, ganz klar neugierig. Renji lächelte ihr ein wenig zu und nickte. „Ich denke nicht, dass Rukia in den nächsten Stunden wach wird, doch ich kann mich auf den Weg machen und zuerst zu Central gehen. Dort ist immer jemand im Dienst.“ „Ja, genau mein Gedanke“, sagte Byakuya. Aio verbeugte sich ihren Weg hinaus und Byakuya dankte für das Essen. Renji war nicht überrascht, die Makrele zu sehen. Sie war gegrillt und roch ein bisschen pfeffrig, als hätte Miki sie vielleicht in etwas mariniert oder eine würzige Sauce hinzugefügt. Offensichtlich war die Schärfe für Byakuya. Doch Renji hatte jede Menge anderer Dinge, die er essen konnte. Da war Reis und eingelegte Gurke, genauso wie eine sehr hübsche Miso-Suppe mit gedämpften, geöffneten Muscheln. Byakuya runzelte die Stirn, als er den Fisch probierte. „Er ist zu scharf für dich. Ich werde ihn zurückgehen lassen.“ „Nein, wage es ja nicht“, sagte Renji schnell. „Miki hat ihn extra für dich gemacht. Sie wollte, dass du ihre Küche vermisst.“ Byakuyas Mund öffnete sich, doch bevor er es verstecken konnte, zeigten sich auf seinem Gesicht eine Reihe von Emotionen: Schock, Kummer und schlussendlich Dankbarkeit. „Du wirst ihr von mir danken“, sagte er und schaffte es, wieder total herrschaftlich und emotionslos zu klingen. „Natürlich“, sagte Renji und nahm sich eine große Portion von der Suppe. Die Realität von Byakuyas potentieller Abwesenheit begann an ihm zu nagen. Tage ohne ihre morgendliche Routine würden hart für ihn werden, was wäre, wenn es Monate werden würde? Renji musste sich selbst zurückhalten und erinnern, dass die Dinge schlimmer stehen könnten. Auch wenn der alte Mann auf irgendeinem Grund das Gesetzbuch nach Byakuya werfen und ihn für mehrere Monate ins Madennest schicken würde, es sprach niemand davon, dass sie ihre Ränge oder ihr Leben verlieren würden. Sie würden das überleben. Am Ende war es das Einzige, was zählte. „Du bist hinter Gittern gewesen“, sagte Byakuya ruhig. „Wie ist das?“ Renji schaffte es, nicht anzumerken, dass seine längste Inhaftierung hier, in der Sechsten, gewesen war und vollkommen von Byakuyas Anweisungen abhängig gewesen war. „Nun ja, ich habe die meiste Zeit damit verbracht, mich von Verletzungen zu erholen. Es war anders, denn meine Untergebenen haben mich ziemlich ausflippen lassen mit…“ „Nein, ich meinte, als du im Rukongai warst. Als du tätowiert worden bist.“ Renji hatte gerade einen Löffel voll Suppe zu seinem Mund gehoben und seine Hand hing für eine lange Zeit in der Luft, steif vor Schreck. Dann ließ er sie mit einem Knall fallen. „Wer hat dir davon erzählt? Niemand weiß davon. Nicht einmal Rukia.“ „Die Tätowiererin weiß davon“, sagte Byakuya. „Sie sagte, ihr Meister wäre derjenige gewesen, der das meiste deiner früheren Arbeiten gemacht hat, inklusive der ersten Strafbänder.“ Renji verschränkte die Arme vor seiner Brust, Hände verdeckten die Kreise, die um seine Arme verliefen, direkt über seinen Ellbogen. Nicht, dass sie unter der Uniform sichtbar wären, aber die Bewegung, um sie zu verdecken war unbewusst. Sofort als er bemerkte, was er tat, schüttelte er sich selbst aus. „Das ist ein Geheimnis. Das darf nicht rauskommen, weißt du. Die Hofgarden möchten keine Diebe als Vizekommandanten.“ „Diebstahl? Das war dein Verbrechen? Ich hätte gedacht, dass solch eine Bestrafung für etwas Beträchtlicheres sein müsste.“ „Oh, also kennst du den Teil nicht? Super“, sagte Renji reuevoll. „Ja, es war für Diebstahl. Ich wurde geschnappt, als ich etwas gestohlen habe, was einem Teehaus gehörte.“ „Zu einem Teehaus? Aber das würde bedeuten…“, Byakuyas Gesicht wurde blass. „Oh, ich verstehe.“ Er kaute einen Moment nachdenklich auf seinem Fisch herum und nickte dann. „Ja, der Rechtsweg ist schwierig in solchen Situationen. Aus einem Vertrag herauszukaufen ist teuer, selbst für mich. Ist sie entkommen oder hast du dabei alles verloren?“ Ok, also wusste Byakuya noch nicht, dass es Rukia gewesen war. Das war eine Erleichterung. Nicht, dass es Renji viel bedeuten würde, wenn Byakuya es wusste, doch Rukia würde es vielleicht etwas ausmachen. „Ja, sie ist entkommen. Einige meiner Freunde hatten nicht so viel Glück. Sie starben, weil wir gegen die Mafioso in Unterzahl waren. Es war ein einziges Abschlachten.“ Byakuya nickte. „Ich verstehe nicht, warum du das vor mir verheimlicht hast, vor allem als wir über deine Einwände gesprochen haben, einen Jungen aus dem Teehaus anzuheuern. Ich hätte das verstanden.“ „Ja, nun ja, ich mag meine Tinte“, erklärte Renji. „Ich möchte nicht, dass jemand sie in einer anderen Weise ansieht, weil sie plötzlich wissen, dass es nicht meine Wahl war. Ich brauche kein Mitleid. Vor allem nicht für meine Tattoos. Ich hätte es eh gemacht, nur wären es nur Tigerstreifen geworden. Wie auch immer, der alte Hiroshi hat gute Arbeit geleistet. Niemand kann sagen, dass sie nicht von Anfang an so gemeint waren.“ „Nein, absolut nicht. Sie sind makellos“, sagte Byakuya. „Ich habe niemals eine Ähnlichkeit zu Bestrafungstätowierungen gesehen, bis es mir erklärt wurde.“ Renji grunzte. „Toll.“ „So ist es nicht“, beharrte Byakuya. „Was ich sagen will, ist dass ich das nicht sehe. Nicht einmal, nachdem ich von ihrer Herkunft wusste, hat es ihre Schönheit geschmälert.“ „Nun ja, das ist schon mal was“, sagte Renji mit einem halbherzigen Lächeln. Byakuya lächelte leicht zurück. Sie wandten sich für einen Moment wieder ihrem Frühstück zu, bevor Byakuya sagte: „Aber du musst Zeit in Gewahrsam verbracht haben. Wie war das?“ „Ah, Rukongai-Knäste sind kein Vergleich zu dem, was du sehen wirst“, sagte Renji. Doch ehrlich gesagt waren seine Erinnerungen wieder aufgefrischt worden, nachdem er das erste Mal Seichi wiedergesehen hatte. Daher sagte er: „Erinnerst du dich an die Barracken, in denen Seichi zuerst war? So in der Art war es. Viele Kerle, die auf ihre Bestrafung warteten, alle schwirrten herum und verursachten so viel Ärger, wie sie in der Zwischenzeit konnten. Wanzen. Flöhe. Schläger. Doch mit wesentlich weniger Insassen, denn keiner von uns war dort für lange Zeit. Rukongai hat keine Gefängnisse. Niemand hat die Kraft, die für eine längere Zeit aufrechtzuhalten. Ironischerweise, wenn du es hart erwischt hast, wirst du hierhin geschafft – in die Seireitei – oder direkt vor Ort hingerichtet. Also bekommen die Meisten ihre Zeichnung und Prügel und wurden innerhalb von wenigen Tagen wieder losgeschickt. Manchmal sind Leute nur für Stunden drin, wenn die Straftat gering war und der Tätowierer verfügbar. Ich meine, ich wäre tot gewesen, wenn ich nicht das Schwein gehabt hätte, dass jemand die Ordnungshüter gerufen hatte und zufälligerweise eine Patrouille Shinigami vor Ort gewesen war. Die Ordnungshüterin, so vermute ich, hat die Sache der Yakuza zugeschrieben.“ „Vielleicht war deine Freundin diejenige, die nach Hilfe gerufen hat“, mutmaßte Byakuya zwischen zwei Bissen Reis. Rukia? Natürlich, es war vermutlich sie, die die Leute gerufen hatte. Sie hatte vielleicht gehofft, dass sie rechtzeitig da gewesen waren, um das Leben aller zu retten. Stattdessen war nur er übrig gewesen, als sie endlich eintrafen. Sie hatten über sein Schicksal diskutiert. Die Shinigami schienen nicht besonders besorgt darum gewesen zu sein, Renjis Leben zu schützen. Sie waren wegen einer anderen Mission dort gewesen und hatten ziemlich verstimmt gewirkt, dass sie irgendeine lokale Streiterei schlichten mussten. Renji hatte dem Ordnungshüter sein Leben zu verdanken. Die Frau hatte sich darüber ausgelassen, dass die Shinigami dort in ihren Uniformen stehen konnten und keinen feuchten Dreck dafür gaben, das Geschäft von ein paar Yakuza auffliegen zu lassen… und sich selbst noch an der Beute bereicherten. Es war Renjis erste Einsicht, dass Rukias Traum vielleicht doch eine dunkle Seite haben konnte. Manchmal fragte sich Renji, was gewesen wäre, wenn das ihr die Freude über ihre ersten Akademietage genommen hätte – das Herausfinden, was es wirklich bedeutete, ein Shinigami zu sein. Er hatte sich immer dafür die Schuld gegeben, als er herausgefunden hatte, dass sie es nicht in die Elitetruppe geschafft hatte. Er wusste, dass sie viel Energie verbraucht hatte, als sie sie beide durch die Barrieren der vielen Distrikte gebracht hatte. Die ersten paar Barrieren waren hart gewesen – das Kidō, die sie benötigten um durchzugehen war stärker, je weiter draußen man war und Renji war verletzt gewesen, erholte sich von seiner Tracht Prügel. Er hatte gerade genug Reiatsu übrig, um sich von den Effekten zu schützen. Sie hatte die Kraft gehabt, die beide zu schützen. Sie war so sicher gewesen, dass sie zu einem besseren Ort gingen. So überzeugt, dass das Leben eines Shinigami nichts von der Hässlichkeit in Inuzuri hatte. Und dann waren sie direkt angebellt worden. Sie hatte ihren Kopf hochgehalten, sicher, dass es aufhören würde, sobald sie offiziell Kadetten werden würden. Ja, nicht wirklich. „Hast du immer noch Kontakt zu ihr?“, fragte Byakuya, seine Stimme schnitt durch Renjis Erinnerungen. „Mit wem?“ „Deiner Teehausfreundin“, sagte Byakuya. „Ich habe gedacht, du hättest sie zurückgelassen, als du zur Akademie gegangen bist. Doch in Anbetracht des Ärgers, den du für ihre Freiheit durchgemacht hast, finde ich es überraschend, dass ich noch nicht einmal ihren Namen kenne. Dass du niemals von ihr sprichst.“ Als sich ihre Augen trafen, war Renji sich sicher, dass seine Antwort auf seinem Gesicht geschrieben stand. Selbst wenn Byakuya es nicht erraten konnte, würde Renji immer wieder lügen müssen, um Rukias Geheimnis zu bewahren. Und sie hatte das niemals von ihm verlangt. Scheiße, sie hatten danach nie wieder darüber geredet. Nicht einmal in den ganzen eineinhalb Jahren, die sie bis zu den Toren der Akademie gebraucht hatten. „Ich habe sie niemals zurückgelassen. Ich habe sie ein paar Mal gehen lassen – öfter, als ich es hätte tun sollen, doch ich bin ihr immer so schnell gefolgt, wie ich konnte.“ Byakuyas Augen weiteten sich. „Rukia?“ Er nickte. Byakuya wurde dieses Mal weiß wie ein Bettlaken. Renji wollte Byakuya versichern, dass niemand Rukia misshandelt hatte, als sie in den Händen dieser Hurenhändler gewesen war, aber… nun ja, das war genau der Grund, warum sie niemals darüber sprachen. Er wollte es nicht wissen, denn er war Sturköpfig genug um zu denken, dass er zurückmüsste und ein paar Köpfe rollen lassen müsste, falls sie das hätten. Nicht zu vergessen, dass Rukia damals schon Kidō hatte und jeden in die Luft hätte jagen können, der es versucht hätte. Es zu wissen, hätte ihn beschützerisch und mitleidig gemacht und ehrlich gesagt verdiente sie so oder so Besseres von ihm. Wie immer zeigte sie ihm, wie man sich verhielt, indem sie kein Gewese über seine Verletzungen machte und so tat, als würde sie die Tinte nicht sehen. Das einzige was sie jemals getan hatte war, für ihn einen Yukata mit längeren Ärmeln zu stehlen, kurz bevor sie es an die Tore geschafft hatten. Wie auch immer, Renji hatte gedacht, dass Byakuya der Letzte sein würde, der über den Scheiß sauer werden würde, der in den Bordellen ablief. Er besaß vier davon. Außerdem hatte er Hisana in einem getroffen. Doch es würde Renji nicht im Geringsten überraschen, wenn Byakuya gedacht hätte, dass es eine Sache von sozialem Rang war – dass die einzigen Plätze, wo der grobe Scheiß ablief, weiter außerhalb war. „Ich habe dir doch erzählt, dass am ersten Tag, an dem ich Rukia getroffen habe, sie einen Typen K. O. geschlagen hat, der mindestens doppelt so groß war wie sie. Oder nicht? Diese Mönche haben ihr krasse Bewegungen beigebracht. Sie war ein angriffslustiger Kämpfer, immer schon gewesen“, bemerkte Renji wegen Byakuyas düsterer, grüblerischer Stille. „Sie hatte auch schon starkes Kidō. Wie jetzt.“ Byakuya legte die Essstäbchen ab. Er stand auf, offensichtlich fertig mit dem Essen und ihrem Gespräch. „Wenn ich aus der Haft zurückkehre wird meine erste Amtshandlung sein, dass ich die Kuchiki endlich von den Teehäusern befreie.“ Renji sprang auf die Füße, erwartete, dass er entlassen wurde, doch Byakuya stand für einen Moment da. Sein Reiatsu bebte vor unausgesprochenen Worten. Schlussendlich sagte er: „Ich vertraue dir, dass du die Division schützt, wie du es auch immer mit meiner Ehre gemacht hast.“ Es war eine ungeschickte Art von… Anerkennung von Renjis Beziehung zu Rukia. Doch sehr typisch für Byakuya anzudeuten, dass Renji es irgendwie für ihn getan hatte, bevor er ihn überhaupt kennengelernt hatte, doch Renji verstand den Sinn. Er konnte spüren, was Byakuya zu sagen versuchte. „Ich stehe hinter dir, Kommandant.“ Byakuyas Reiatsu liebkoste Renjis, langsam, sorgsam, als versuche er die Form seiner Seele in seine Erinnerungen zu brennen. „Ja, das hattest du immer.“ „Und das werde ich auch immer.“ Kapitel 25: Preparing for Judgement ----------------------------------- Die Sonne war nur ein klein wenig mehr als ein Fleck am Horizont, als Renji sich auf dem Weg zu Central 46 begab. Der morgendliche Duft von gebackenem Brot und köchelnder Miso-Suppe hing in der kalten Februar-Luft. Die meisten Geschäfte, an denen er vorbei ging, waren noch nicht geöffnet, die Fenster geschlossen und abgeschirmt. Renjis einzige Gesellschaft waren Lieferanten, die ihre Runden drehten, Essenshändler, die ihre Läden vorbereiteten und die Laternenanzünder, die die Laternen anfingen zu löschen, als die Sonne über die ockerfarbenen Dächer lugte. Renji freute sich nicht darauf, in die Nähe des Geländes von Central 46 zu gehen. Selbst ohne die kürzliche Verbindung mit Aizen und dem Tod, war das Gelände unheimlich, da es so viel weißer Mamor und leeren Raum beinhaltete. Er vermutete, dass die nackte Architektur ein Gefühl von schmuckloser Adelswürde und strenger Macht ausstrahlen sollte, aber es sah einfach nur verdammt gruselig für ihn aus. Zumindest musste Renji nicht tief in das Gelände eindringen. Es war ja nicht so, als benötige er eine Audienz bei Central, nur um einen Brief abzugeben. Mit etwas Glück konnte er Byakuyas Schreiben an einen der Kidō-Wachen am Eingangstor übergeben. Er sollte einfach in den Shunpo übergehen und damit fertig werden, doch Renji wusste, dass der Grund für seinen Auftrag war, ihn von der Division wegzuhalten. Er sollte nicht dort sein, wenn der Generalkommandant seinen Entschluss über Byakuya verkündete. Er konnte sich selbst nicht trauen, sich unter Kontrolle zu halten. Vor allem nicht nach letzter Nacht. Nach letzter Nacht fühlte Renji einen steigenden Drang, Byakuya zu beschützen. Was natürlich dämlich war. Byauya konnte weitaus besser auf sich selbst aufpassen, als Renji es jemals tun könnte. Das war die Wahrheit über jeden, den Renji liebte. Rukia war auch immer stärker gewesen… bis, ja, bis sie es nicht mehr war – bis zu ihrer Inhaftierung. Definitiv keine gute Idee anwesend zu sein und zu sehen, wie sie Byakuya mitnahmen. Die Angst kroch schon in Renji hoch, umfasste seine Wirbelsäule mit einem Schauder. Die Angst, dass sich einfach alles ändern könnte, wie bei Rukia, wurde nach und nach exponentiell schlimmer. Angst, dass er einfach zu hilflos war, es aufzuhalten. Kyōraku hatte Byakuya einen Handel versprochen, doch was waren die Details? Was, wenn es kein gemütlicher Hausarrest war, sondern etwas Härteres? Byakuya hatte ihm vor nicht allzu langer Zeit erzählt, dass Soi Fon eine Zelle im Madennest hätte, die speziell für einen Kuchiki gemacht worden war – genauer gesagt für Byakuya. Es war Renji sonderbar erschienen. Byakuya war der geradeste der geraden Pfeile, doch offensichtlich war er einmal danebengetreten und hatte einen Zivilsten mit dieser Spezialattacke von Senbonzakura niedergestreckt – die eine, von der er Ichigo erzählt hatte, dass er sie nur denen zeigte, denen er geschworen habe, sie mit eigenen Händen zu töten. Der Zivilist, vermutete Renji, musste der früher Missbrauchstäter sein, der Byakuya so kaputt gemacht hatte, was das wo und wie beim Thema Anfassen anging. Derjenige, den Byakuya schlussendlich hatte zur Seite schieben können, damit er letzte Nacht so offen und verletzlich sein konnte. Doch wie sehr dieser Bastard sein Schicksal vielleicht verdient hatte, konnte Renji vollkommen verstehen, dass die Onmitsukidō so etwas mitbekommt und Byakuya auf eine Art Beobachtungsliste gesetzt hatte. Natürlich konnte sich Renji genauso vorstellen, dass Tantchen Masama eine große Spende an die zweite Division geschickt hatte, um dieses verdammte Ding in Auftrag zu geben. Einfach nur, weil sie es konnte und weil es eine weitere Sache war, mit der sie ihren Neffen drohen konnte. Renji hatte ein sehr schlechtes Gefühl, dass Byakuya dorthin gehen musste. Als die Sonne über den Dächern stand, gab Renji das Gehen auf und ging zum Shunpo über. In kürzester Zeit kam Renji auf den Vorhof vor den äußeren Mauern an. Die äußeren Mauern waren aus weißem Stein, imposant und trostlos. Jede Mauer hatte einen Wachen in der Mitte der vier Himmelsrichtungen. Renji hatte kaum zwei Schritte gemacht, bevor er gegen eine unsichtbare Kidō-Barriere rannte. Er sprang zurück, als eine Stimme donnerte: „Vizekommandant Abarai der sechsten Division, nenne dein Anliegen mit Central 46.“ Renji rieb sich seine Nase, wo sie etwas flachgedrückt war und zog eine Grimasse. Offensichtlich hatten sie die Sicherheitsstufe nach Aizens Angriff erhöht. Es fühlte sich seltsam an, mit jemandem zu reden, den er nicht sehen konnte, aber er sagte: „Ich bin im Auftrag des Kommandanten der sechsten Division, Byakuya Kuchiki, gekommen. Ich habe einen Brief bekommen, von dem er möchte, dass es von Central sicher aufbewahrt wird und der Angelegenheiten der Kuchiki-Familie beinhaltet.“ Stille. Sollte er mehr sagen? Vielleicht versuchen, die Dinge besser zu erklären? Renji schirmte mit einer Hand seine Augen von der Sonne ab, um zu versuchen, zum Turm hinaufzusehen. „Hey, hast du mich gehört oder was?“, rief Renji. Er nahm den Brief aus dem Inneren seines Shitagi und wedelte damit in der Luft herum. „Ich bin hier wegen einer Familienangelegenheit der Kuchiki!“ Die körperlose Stimme sagte: „Du darfst dich dem Tor nähern. Ein Abgesandter wird dich dort treffen.“ Die Luft schien zu flimmern und Renji fühlte eine Bewegung wie ein pulsierendes Reiatsu. Er nahm das als Zeichen, dass die Barriere gelöst wurde. Nach ein paar vorsichtigen Schritten nach vorne, standen ihm die Nackenhaare zu Berge, da die Barriere zurück an Ort und Stelle war. Ein bisschen paranoid nach Aizen, eh? Auch wenn der Gedanke, innerhalb dieser Blase gefangen zu sein, Renji Gänsehaut bereitete, konnte er ihnen nicht wirklich dafür Vorwürfe machen. Bevor er auch nur zur Tür des Turms kam, tauchte eine Frau auf. Sie war vollkommen in weiß gekleidet, ein fließender Kimono, der leider Ähnlichkeiten mit dem Büßergewand hatte, den sie Rukia nach ihrer Haft haben tragen lassen. Vollständig mit Band um ihren Hals. Nur dass es nicht rot war, sondern weiß. Ihre schwarzen Haare waren lang und offen; ihr Gesicht hatte hohe Wangenknochen und war blass. Wenn sie nicht bereits im Land der Toten wären, hätte Renji geglaubt, dass sie ein Geist sei. Sie trafen sich in der Mitte des Hofes. Als er vor ihr stand, baute sich Renji vor ihr auf. Sie war größer als Rukia, aber nicht wirklich viel. Als sie ihren Kopf hob, um zu ihm aufzublicken, bemerkte Renji dicke, dunkle Wimpern, die seegrüne Augen umfassten und volle, blasse Lippen. Er hätte sich vielleicht von ihrer Schönheit einlullen lassen können, doch ihr Reiatsu knisterte um sie herum wie Blitze, rochen nach sengender Luft und Ozon. „Was ist die Familienangelegenheit der Kuchiki mit Central“, forderte sie zu wissen. „Warum schickt die Familie ein Repräsentant des Militärs?“ Renji hatte keine Ahnung, was er darauf sagen sollte. Also hielt er nur den Brief hin und zuckte mit den Schultern. „Meine Dame, ich gehe dorthin, wohin mich mein Kommandant schickt.“ „Ah, ja, natürlich“, sagte sie mit einem kleinen, nachsichtigen Lächeln für ihn. Sie nahm den Brief und überflog den Inhalt. „Ich verstehe“, sagte sie, faltete ihn, damit er in ihrem Ärmel verschwinden konnte. „Der Kuchiki ist besorgt, dass es vielleicht einen Widerstand gegen den ernannten Regenten gibt. Du kannst deinem Herrn versichern, dass Central nicht erlauben wird, dass Zivilisten Territorium der Hofgarden belagern. Es ist jedoch die Entscheidung des Kommandanten in Vertretung, ob oder ob nicht die sechste Division darin involviert wird, Attacken auf Privatgelände der Kuchiki abzuwehren.“ Keine Unterstützung von den Weicheiern, wie erwartet, dachte Renji reumütig. „Gratulation zu ihrer vorrübergehenden Ernennung, Kommandant in Vertretung Abarai.“ Diese Worte überraschten Renji. Er stammelte ein ‚danke‘, doch die Frau wandte sich bereits von ihm ab. Über ihre Schulter warf sie ihm noch ein umwerfendes Lächeln zu und sagte: „Sie brauchen die Ausrede ‚befolge nur die Befehle meines Kommandanten‘ nicht mehr, Kommandant in Vertretung. Viel Glück damit. Warum stach ihm dieser kleine, spitze Kommentar wie Eis in sein Herz? Byakuya klopfte höflich an die Tür zum Schlafzimmer des Erben. „Shinobu?“ Ein erschöpftes Wimmern kam von der anderen Seite der Tür, gefolgt von einem „Wie spät ist es?“ Dann mehr zusammenhängend und besorgt: „Byakuya-sama? Bist du das?“ „Ich muss mit dir über eine wichtige Angelegenheit sprechen“, sagte Byakuya zur geschlossenen Tür. Die Tür führte in den Raum, der einmal seiner gewesen war. Ein Raum, in den er sich nicht einfach hineindrängen konnte, egal wie schnell er mit dem Jungen reden wollte. Besonders weil ihm diese Höflichkeit oftmals so… gewalttätig verweigert worden war. Byakuya räusperte sich und fragte: „Kann ich reinkommen?“ „Ähm… Moment.“ Byakuya hörte Rascheln und Murmeln. Zog sich der Junge an oder versuchte er gerade hektisch, sein unordentliches Zimmer aufzuräumen? Es dauerte nicht mehr als einen Moment, bis sich die Tür aufschob. Shinobus Haare waren ein ungekämmter Wirrwarr an braunen Locken. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und deutete Byakuya, einzutreten. Er blinzelte und starrte dann mit großen Augen, als Byakuya den Raum betrat. „Ich glaube nicht, dass ich dich jemals ohne Kenseikan gesehen habe, mein Herr. Du siehst… nett aus?“ Weniger hoheitlich, ohne Zweifel. Zugänglicher. Jünger, wenn man Renji Glauben schenken konnte. Der Raum sah hastig gesäubert aus. Byakuya konnte ein verräterischen Fetzen Wäsche unter der Futon-Matratze erkennen. Ansonsten war der Raum noch so ziemlich so, wie zu der Zeit, als ihn Byakuya bewohnt hatte. Dieselben Kōan hingen an den Wänden. Viele seiner Lieblingsbücher aus seiner Kindheit belegten das gleiche Bücherregal. Byakuya fragte sich, ob Shinobu bereits das lose Brett auf dem Boden gefunden hatte und was er mit den Kindheitsschätzen machte, die dort versteckt waren. „Es hat tatsächlich etwas mit dem Kenseikan zu tun, was mich hierherbringt“, sagte Byakuya. Er öffnete seine Hände, um ihn dem Erben zu zeigen. Byakuya hatte ihn auf den Weg hierher ausgezogen, die Silberketten schlangen sich um seine Finger. Er hatte ihn so festgehalten, dass die Kanten Abdrücke auf seiner Handfläche und den Fingern hinterlassen hatte. „Erlaubst du mir, ihn dir anzuziehen?“ Shinobus Mund öffnete sich und hing für einige Momente offen. „Ich… verstehe nicht. Meine Einführung ist noch Monate hin.“ „Durchaus“, nickte Byakuya. „Doch ich werde in Kürze festgenommen. Ich werde ihn mir nicht ausziehen lassen. Das kann ich nicht erlauben.“ Das war auch der Grund, warum sich Byakuya nicht damit aufgehalten hatte, seine Uniform anzuziehen. Sie würden immer noch von ihm verlangen, seine Kleidung auszuziehen, ohne Zweifel in irgendeiner abscheulich erniedrigenden Weise, doch es war besser, nicht zu sehen, wie sie den Haori nahmen. Symbole und Stolz waren oft miteinander verflochten. „Festgenommen?“, krächzte Shinobu. „Festgenommen wofür? Von wem?“ „Die Hofgarden. Wegen Unzucht“, sagte Byakuya ruhig. Er gestikulierte zu der kleinen Frisierkommode und deutet dem Jungen an, dass er sich setzen sollte, während sie redeten. Obwohl es einen Moment dauerte, bis er es verstand, gehorchte der Junge. Seine Augen beobachteten Byakuya die ganze Zeit, flehten still nach mehr. Mit einem Seufzen nahm es Byakuya hin und erzählte ihm die ganze Geschichte. „Ich habe Unzucht vor dem Kommandanten der Militärpolizei gestanden. Ich wollte Renji vor einer Anklage wegen Ungehorsam bewahren, doch es wäre klüger gewesen, nichts zu sagen. Tatsächlich wäre es viel klüger gewesen, nicht einmal mit dem Streit mit Renji anzufangen.“ Shinobu saß im Seiza vor dem kleinen Tisch, beobachtete Byakuya immer noch mit großen, angsterfüllten Augen. Byakuya kniete neben ihm und versuchte herauszufinden, wie er die Locken mit dem Kenseikan bändigen konnte. Er entschied, mit Kämmen anzufangen. Er war nicht besonders gut in dieser Art von Dingen, doch er hatte Hisanas Haare oft genug gekämmt, als sie krank gewesen war. Außerdem musste der Kenseikan nur lange genug am Platz bleiben, dass Shinobu ihn sehen konnte. Während Byakuya kämmte, fragte Shinobu: „Verstehe ich das richtig? Du wirst festgenommen, weil du zugegeben hast, dass du Renjis Liebhaber bist, nicht… weil du es bist?“ „Hoffentlich“, sagte Byakuya. „Dein Kommandanten-Onkel nutzt seinen gewaltigen Charme, um den Generalkommandanten zu überzeugen, dass mein einziger Fehler war, zuzugeben, was viele hinter verschlossener Tür machen. Natürlich ist das keine Garantie. Yamamoto könnte entscheiden, mich vollständig nach Gesetz zu bestrafen. In diesem Fall ist es sogar noch wichtiger, dass du mit dem Kenseikan auf dem Kopf erscheinst, während ich zur Hinrichtung gebracht werde.“ Shinobu bedeckte seinen Mund. „Oh, sag das nicht, Byakuya-sama! Lass das die Götter nicht hören, damit sie nicht denken, dass du dir dieses Schicksal wünschst.“ Dann machte er eine komplexe Geste mit seiner freien Hand, ohne Zweifel ein Zeichen gegen das Unglück. Eine Geste die er nicht in einer Adelsfamilie gelernt haben konnte. Byakuya überlegte, ihn zu korrigieren, doch entschied sich dagegen. Vielleicht würden Shinobu solch rustikale Manieren Vorteile verschaffen, die Byakuya niemals erlangen konnte. Mit den Haaren soweit unter Kontrolle wie möglich, begann Byakuya, den Kenseikan an den Platz zu schieben. Während er das tat, erklärte er: „Der Kenseikan kann dir zuerst in die Haut schneiden. Er ist schwer und unbiegsam und… spürt die Veränderung. Mit der Zeit wird er sich verändern. Die Teile des Kenseikan, die aus Hollow-Knochen geschmiedet sind, sind immer noch lebendig. Dein Reiatsu wird sie zu einem neuen Design formen. Auch wenn der Kenseikan, den ich getragen habe, von Generation zu Generation weitergegeben wurde, trugen keine zwei Familienoberhäupter die gleiche Form. Dieser Kenseikan wurde von dem Ryoka, Ichigo Kurosaki, zerschmettert. Teile davon wurden in diesen hier eingearbeitet, genau wie du, repräsentiert er die neue Generation und vielleicht, wenn du es so wählst, eine neue Richtung für die Kuchiki-Familie.“ Die Korkenzieherlocken von Shinobu sprangen ungünstig unter dem Kenseikan hervor. Was gut an Byakuya ausgesehen hatte, schien… idiotisch am Erben. Doch innerhalb von einem Moment würde sich der Kenseikan in etwas Tragbarerem für sein Äußeres verwandeln. Byakuya hatte die Familie geschockt, als sich der Kenseikan innerhalb von Tagen zu seiner jetzigen wandelte, weil sein Reiatsu so stark war. Shinobus Gesichtsausdruck wurde wegen Byakuyas Worten ernst. „Ich werde mein Bestes geben. Ich werde dich stolz machen, Kuchiki-sama.“ Byakuya schüttelte seinen Kopf. „Nein, Shinobu Kuchiki. Denke nicht an den Pfad, den ich gegangen bin, sondern an deinen eigenen. Du musst deinem eigenen Herzen folgen. Die einzige Person, die du stolz machen musst bist du.“ Shinobu nickte ernst. „Hat das dein Großvater auch zu dir gesagt?“ „Hat er nicht. Der Kenseikan wurde von seiner Leiche geborgen. Die einzigen Worte der Weisheit, die er für mich an meiner Amtseinführung hatte war ‚Zappel nicht so rum‘.“ Shinobu lachte. „Auch ein guter Ratschlag, wenn auch nicht so tiefgründig.“ „Ja, in einer Weise“, stimmte Byakuya zu. Die Ketten waren ein Wirrwarr in Shinobus Locken, doch Byakuya war in der Lage, sie zu platzieren. Er setzte sich zurück und runzelte die Stirn. Sie sahen furchtbar aus. Der Stil stand seinem Haar nicht im Geringsten, die Locken wehrten sich stur gegen die Ausrichtung. Byakuya entschied, das als gutes Zeichen zu nehmen, statt als ein Schlechtes. Wie Renji wohl sagen würde ‚es ist eine Besonderheit, kein Fehler‘. Vielleicht würde Shinobus Führung auch widerstandsfähig und flexibel sein. Byakuya merkte, dass Shinobu auf mehr wartete, weiteres Positives über Ginrei zu hören. Byakuya kämpfte für einen Moment damit, doch fuhr dann fort: „Dein Urgroßvater war ein praktischer Mann, wenn auch sonst nichts. Er hat mir gelehrt, wie wichtig es ist, das Erscheinungsbild aufrecht zu halten. Eine Lektion, die du dir zu Herzen nehmen solltest, wenn du unserer Tante Masama gegenüberstehst. Versuche dich davon abzuhalten, ihr gegenüber Gesten für Flüche zu machen, wenn es dir möglich ist. Es sei denn natürlich, du denkst, dass sie stark genug sind, um ihr etwas anzuhaben.“ „Ich habe es versucht“, sagte Shinobu mit einem Grinsen und einem leichten Kopfschütteln. „Sie ist dagegen immun.“ „Eine Schande“, stimmte Byakuya zu. Er saß mit seinen Händen auf den Knien da, versuchte dabei an alle Dinge zu denken, auf die er Shinobu versuchen sollte, vorzubereiten. Er schüttelte seinen Kopf. Da gab es zu viel. Das Beste war, ihm das Kritischste zu vermitteln. „Rukia wird dein ernannter Vormund sein“, sagte Byakuya und stand auf. „Tante Masama wird Einwände erheben. Versuche dich daran zu erinnern, dass du die Macht hast, in meinem Namen zu handeln. Sie wird euch beide vielleicht ausmanövrieren, doch deine Stimme hat immer noch Gewicht. Du bist der Kuchiki-Erbe. Nutze das zu jeglichem Vorteil, den du finden kannst. Habe keine Angst davor, ihr nein zu sagen. Verweigere dich ihr. Wie du nun vorangehst, entscheidet vielleicht deine Zukunft.“ „Keinen Druck“, sagte Shinobu mit einem matten Lächeln. Byakuya bahnte sich den Weg Richtung Tür. „Das Familienoberhaupt zu sein ist nichts weiter als belastender Druck. Es tut mir leid, dass ich sie dir mit so wenig Vorbereitung aufbürden muss. Ich bete zumindest dafür, dass du nicht auch noch mit Kummer belastet wirst.“ „Du musst aufhören, über das Sterben zu reden, Byakuya-sama. Bitte.“ Der Junge klang, als sei er am Rande der Tränen, also sagte Byakuya. „Ich habe den Hausverwalter aufgetragen, dich vollständig anzukleiden. Ich möchte, dass du an meiner Seite stehst, wenn ich abgeholt werde, damit gesehen wird, dass ich die Familie nicht ohne ein Oberhaupt zurücklasse. Iss etwas, wenn du kannst.“ „Ja, mein Herr.“ „Ich habe noch eine Erledigung zu machen. Es ist… heikel, da ich unter Hausarrest stehe. Aber ich kann Senbonzakura nicht hinter Schloss und Riegel in der Neunten lassen. Wenn der Generalkommandant und seine Repräsentanten auftauchen, muss du mir Zeit schinden.“ „Oh“, sagte Shinobu und das Funkeln in seinen Augen kamen zum ersten Mal wieder, seit Byakuya ihm den Kenseikan aufgesetzt hatte. „Oh, nun das kann ich. Kein Problem.“ Obwohl er selbst ein langsames Tempo angeschlagen hatte, endete Renji bei der Dreizehnten, noch bevor sie die Tore am Morgen öffneten. Die Torwache sagte ihm, dass er weniger als eine Stunde zu warten hatte, also entschied er sich, die Reihe der Essenshändler an den Divisionsmauern abzuklappern, auf der Suche nach etwas, dass Urahara ‚zweites Frühstück‘ nannte. Da er noch einen zerknitterten Ken-Schein in der Tasche seines Hakama gefunden hatte, gönnte sich Renji eine Tasse heiße Schokolade und eine Neuheit aus der Welt der Lebenden, die sich ‚Power-Riegel‘ nannte. Er parkte seinen Hintern auf den Stufen einer Taverne, die fast direkt gegenüber dem Haupttor der Dreizehnten lag. Die Kälte der Steinstufen kroch schnell durch den Stoff, doch der Eingang bot angenehmen Schutz vor dem fiesen Wind. Renji schluckte den zähen, süßen Riegel in drei Bissen herunter. Die Schokolade hielt nicht viel länger, also lehnte er seinen Kopf gegen den Türrahmen und schloss die Augen. Er wachte von dem Klang von Rukias Lachen auf. „Nur ein Inuzuri-Köter wie du kann draußen bei diesem Wetter schlafen!“ Sie haute ihm verspielt auf den Kopf. „Es ist Februar, Renji! Außerdem kann ich nicht glauben, dass du der Landstreicher bist, wegen dem ich kommen musste.“ Renji blockte den nächsten Schlag, hielt ihren Arm fest, um sich daran hochzuziehen. „Du bist genau die Person, wegen der ich hergekommen bin.“ Aus seiner Kosode zog er Byakuyas Brief heraus. Als sie das offizielle Siegel sah, verschwand Rukias Lächeln und ihr Gesicht wurde blass. „Es ist schlimm“, sagte er. „Aber nicht so schlimm, wie du denkst. Dein Bruder und ich hatten letzte Nacht ein paar Probleme und die Kurzfassung ist, dass er diesen Morgen verhaftet wird, weil er Unzucht zugegeben hat.“ Rukia starrte auf den ungeöffneten Brief in ihrer Hand und dann zu Renji. „Was!?“ Sie schlug ihm auf den Arm. „Warum stehst du hier, du riesiger Tölpel? Warum hältst du sie nicht auf?“ „Sie aufhalten? Rukia, das ist Byakuyas Entscheidung!“ „Nii-sama stimmt einer Inhaftierung zu? Schwachsinn!“ „Hey, hey, ‚Schwachsinn‘, sollte so die amtierende Kuchiki-Regentin-Dingsi reden?“ Renji versuchte darauf eine Art neckenden Scherz zu machen, doch die Farbe aus Rukias herzförmigen Gesicht schwand noch mehr. Ihre Unterlippe zitterte und ihre Augen wurden groß. „Du meinst es ernst“, sagte sie, als würde sie es plötzlich erst wirklich richtig verstehen. Sie schaute runter auf den Brief, den sie fest in der Hand hielt. Sie riss den Umschlag so kraftvoll aus, dass das Wachssiegel wie die Blüten von Senbonzakura zersplitterte. Rukia überflog die Worte. Dann stach ihr Finger darauf ein, als wolle sie das Papier erdolchen und sagte: „Das ist ernst!“ Renji nickte. Sie schloss ihre Augen und seufzte. Es überraschte Renji, wie sehr sie in diesem Moment wie Byakuya aussah, doch dann sagte sie: „Die Familie wird sich in die Hose scheißen.“ Sie öffnete ihre Augen, ihr Gesichtsausdruck war ernst und ein wenig verärgert. „Zwei Kuchiki-Verhaftungen in einem Jahr. Nicht, dass sie mich wirklich dazuzählen würden, aber… scheiße.“ Renji runzelte die Stirn. „Natürlich zählen die dich mit.“ „Ja“, lächelte sie, „wenn es gegen uns spricht.“ Renji musste darüber glucksen. Sein Atem waren weiße Wolken in der kalten Luft. „Ja, genau.“ Sie lächelte ihn matt an. Dann blickte sie wieder auf den Brief und runzelte die Stirn. „Doch du musst mir das erklären, Renji. Ich verstehe das nicht. Wie kommt es, dass Nii-sama das hat passieren lassen?“ Renji zog an seinem Ohr. „Nun ja, ok. Also es begann irgendwie mit einem Streit, einem öffentlichen Streit, vielleicht ein wenig durch Alkohol beeinflusster Streit, auf der Straße…“ Zehn Minuten später hatte er ihr die ganze, schäbige Geschichte erzählt. Sie hatte ihn dazu überredet, vom Türrahmen wegzugehen und mit ihr einen Spaziergang an der Mauer und den Händlern entlang zu machen, die gerade für das Frühstücksgeschäft offen hatten. Er war nicht wirklich hungrig, nachdem er ein vollständiges Frühstück mit Byakuya und erst kürzlich seinen Snack eingenommen hatte, doch Renji wusste immer eine geröstete Satsuma Imo an einem kalten Wintertag zu schätzen. Er schob sich gerade das letzte Stück der Wurzel in den Mund, als er endete: „…und er meinte, dass ich vielleicht nicht anwesend sein sollte, wenn sie kommen, du weißt schon, weil… Nun ja, weil ich vielleicht etwas Dummes mache, wie zu versuchen, zu aufzuhalten. Wie auch immer, offenbar sagt der Brief, den ich bei Central abgegeben habe irgendetwas davon, dass er mich zum Kommandanten in Vertretung ernannt hat. Entweder das oder die gruselige Dame ist eine Art von telepathischem Super-Ninja.“ Rukia schnaubte. „Nicht wahrscheinlich. Kommandant Abarai, huh? Wer hätte das gedacht?“ „Ich sicherlich nicht“, sagte Renji und dachte an die Bestrafungstattoos, die unter seiner Uniform versteckt waren und all die Jahre, die er damit verbracht hatte, Wasser und Lebensmittel in Inuzuri zu stehlen. „Und es heißt Kommandant in Vertretung.“ Rukia hob ihre Augenbrauen, legte ihren Kopf schief und schaute ihn an. „Ist es nicht das, wofür du so hart trainiert hast?“ „Nah“, lachte Renji. „Ich habe trainiert, um ihn zu schlagen, nicht um seinen Job zu übernehmen. Und was mich betrifft, ich habe beides noch nicht geschafft.“ Rukia blickte besorgt in Richtung der Sechsten. „Hey, du solltest gehen“, sagte er ihr. „Der Kommandant wollte nur, dass ich wegbleibe. Ich wette, er möchte dich gerne sehen.“ Er hatte kaum seinen Satz zu Ende gesprochen, da war sie schon verschwunden, ein Luftwirbel blieb dort, wo sie noch eben gestanden hatte. „Ja, geh du“, sagte Renji, auch wenn er wusste, dass er zu sich selbst sprach. „Ich muss vielleicht eh wieder mit Urahara sprechen.“ Byakuya verbrachte zehn Minuten damit, den Wächter des Wachhauses der neunten Division davon zu überzeugen, dass er tatsächlich der rechtmäßige Träger von Senbonzakura war. Offensichtlich war er ohne Haori und Kenseikan fast unerkennbar. Eine Welle von Reiatsu auf Kommandantenniveau, um seine Aussage zu unterstützen, schien jedoch überzeugend genug. Alleine nur zu sehen, wie diese Person Senbonzakura berührte, ließ Byakuya sicherer werden, was sein Plan anging. Auch wenn der Wächter Handschuhe trug und das Zanpakutō hauptsächlich auf dem Kissen, auf dem es lag, hochhob, fühlte Byakuya eine Welle der Erleichterung, als sich seine Hand um den Griff schloss und Senbonzakura nicht mehr bei dem Fremden verweilte. Senbonzakura begann sofort ein Lied über Heimkehr zu singen. Normalerweise würde Byakuya niemals überlegen, mit der Klinge zu sprechen, doch er fand sich selbst wieder, wie er laut aussprach, nachdem er das Wachhaus der Neunten verlassen hatte: „Wir werden wieder getrennt sein, doch ich werde nicht zulassen, dass sie dich nehmen.“ Tatsächlich wartete Byakuya nur so lange, bis er aus dem Haupttor und auf der Hauptstraße war. Die Nachbarschaft um der Neunten herum hat gerade erst angefangen, aufzuwachen. Ein paar Händler kehrten ihren Eingang und öffneten die Fensterläden, doch die große Straße war sonst leer. Byakuya zog Senbonzakura und streckte das Zanpakutō zu einer Seite aus und mit einem leisen „Senbonzakura Kageyoshi“ ließ er den Griff los. Die Klinge brach und zersplitterte wie Kirschblüten im Wind. Er hielt den Rest der Bankai-Energie zurück. Senbonzakura zögerte, hing in der Luft, bereit für ein Befehl. Byakuya konnte die Verwirrung seines Zanpakutō spüren. Wo ist der Feind? „Zerstreue*“, wisperte Byakuya zu Senbonzakura. Niemals in ihrem gemeinsamen Leben hatte Byakuya jemals einen solchen Befehl gegeben. Er meinte ‚gehe wohin du willst‘ und es war klar, dass das Zanpakutō eine solche Unabhängigkeit als… verwirrend empfand. Also gab Byakuya der Klinge einen mentalen Schubs und wiederholte: „Zerstreue.“ In seinen Gedanken gab er Senbonzakura die Idee mit, dass es, wenn es sich das wünschte, sich im heiligen, verstecktem Garten im Anwesen materialisieren konnte, um dort zu ruhen, aber… es konnte auch, wenn es der Wunsch wäre, frei herumzufliegen… auf dem Wind zu reiten, die Welt erkunden. Byakuya vertraute darauf, dass es zurück zu ihm kam, wenn er es brauchte und niemand würde damit rechnen, dass es bereits in der freigesetzten Form war. Nicht viele der anderen Bankai konnten das… sich wirklich zerstreuen. Vielleicht würde es nicht klappen. Sie hatten so etwas niemals zuvor ausprobiert. Das war der Grund, warum Byakuya hoffte, dass wenn es das müsse, die Klinge einfach in ihrem Garten im Anwesen in den versiegelten Zustand kollabieren und ruhen würde. Er musste immer loslassen, seine Deckung wortwörtlich aufgeben, damit Senbonzakura für ihn kämpfte. Nun bat er es… komplett zu gehen, so zu sein, wie echte Blüten im Wind… frei. Endlich schien die Klinge zu verstehen, was es tun sollte. Mit einer explosiven Eile schoss es in die Luft und war verschwunden. Byakuya berührte seine Wange. In ihrer Aufregung hatte eine Klinge ihm am Wangenknochen berührt und einen kleinen, oberflächlichen Schnitt zurückgelassen. Normalerweise wäre er wütend geworden. Stattdessen fühlte es sich wie ein Abschiedskuss an und Byakuya war dankbar, dass sein Zanpakutō sein Blut probiert hatte, ihre Verbindung. Kapitel 26: Rebuilding Walls ---------------------------- Renji fand heraus, dass Kommandant Ukitake kein Morgenmensch war, doch der 3. Offizier der Dreizehnten, Sentarō Kotsubaki war es. Als Renji auf Kotsubaki traf, war er geradezu fröhlich – pfiff vor sich hin und überquerte das Übungsgelände, um Renji mit einem herzlichen „Guten Morgen! Was bringt dich zu unserer Division, Vizekommandant Abarai?“ begrüßte. „Weißt du zufällig, wo dein Chef das Seelentelefon aufbewahrt?“ Kotsubaki kratzte sein Ziegenbart und beäugte Renji argwöhnisch. Er war gekleidet wie immer, in seiner leicht angepassten Uniform: das dünne, weiße, geflochtene Material um seine Schultern und das passende Kopfband, dass die dreieckige Masse seiner dickten Locken in Zaum hielt – einigermaßen. „Wofür brauchst du es?“ Renji öffnete seinen Mund, um es zu erklären, doch Kotsubaki fand seine eigene Begründung: „Gehst du mit einem von den Ryoka? Vielleicht der mit der Brille, der nähen kann?“ Ishida? Was zum Teufel? Warum dachte Kotsubaki das? „Bin mir ziemlich sicher, dass Ishida mich hasst, seit ich ihn blutend auf dem Boden zurückgelassen habe, als wir uns das erste Mal trafen. Menschen sind so empfindlich.“ Renji schob seine Hände in die Taschen seines Hakama und versuchte, beiläufig zu wirken. „Schau, es ist keine große Sache. Ich will nur mit einem Typen reden, bei dem ich gewohnt habe, als ich dort stationiert war.“ Kotsubakis Augen wurden groß. „Urahara? Lass Yoruichi nicht merken, dass du mit ihrem Kerl ausgehst. Sie wird dich umbringen. Tessai auch.“ Mit einem Kopfschütteln murmelte Kotsubaki: „Himmel, mit wie viele Liebhaber kann der Typ überhaupt jonglieren?“ Renji wollte nicht wirklich auf dem Übungsplatz der Dreizehnten stehen und über Uraharas Sexleben diskutieren. „Keine Ahnung. Ich möchte mir nur das verdammte Telefon leihen.“ Ein paar Minuten später stand Renji mit dem Seelentelefon auf der Veranda zum Kommandantenbüro. Direkt auf der anderen Seite der Tür diskutierte Kotsubaki mit dem anderen 3. Offizier, Kiyone Kotetsu, die sie bereits vergraben in Papierarbeit vorgefunden hatten. Irgendwas daran, dass er sie dort gefunden hatte, hatte Kotsubaki verärgert und seitdem stritten sie. Renji schob die Tür zu und wartete darauf, dass Urahara abnahm. „Stehen wir uns so nahe? Ich glaube nicht“, sagte Urahara sogar ohne das traditionelle ‚moshi, moshi‘. „Hast du eine Ahnung, wie viel Uhr es ist, Vizekommandant Abarai?“ Wenn sie die Höflichkeiten übersprangen, konnte Renji auch genauso gut direkt zum Punkt kommen. „Hör zu, lass uns mal annehmen, dass wenn ich jemanden aus dem Madennest rausboxen muss, es dafür absolut einen Weg gibt, oder?“ Da war ein hörbares Luftholen am anderen Ende der Leitung und die Verbindung brach ab. Renji starrte für ein paar Sekunden auf das Telefon, nicht in der Lage zu entscheiden, ob Urahara aufgehangen hatte oder etwas mit der Verbindung nicht in Ordnung war. Er hatte immer noch auf das Telefon in seiner Hand gestarrt, als eine leere Ikebana-Vase auf dem Geländer zu klingeln begann. Warte, eine Vase klingelte? Renji hob das Telefon an sein Ohr. Ja, nein, es war definitiv nicht das Seelentelefon, das klingelte. Er setzte das Telefon ab und nahm die Vase auf. Als sie wieder klingelte, vibrierte die Vase ein wenig. Vorsichtig hob er sie an sein Ohr und sagte: „Moshi, moshi?“ Uraharas Stimme deutlich verärgert. „Man spricht nicht auf einer unsicheren Leitung über Hochverrat, Vizekommandant Abarai. Und ganz sicher spricht man davon nicht durch irgendetwas, dass Kommandant Jūshirō Ukitake gehört.“ Renji blickte zur Vase und hob sie dann zurück an sein Ohr. „Ich bin mir recht sicher, dass das seine Vase ist.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es meine ist“, sagte Urahara. „Um deine Frage zu beantworten, natürlich habe ich Hintertürchen eingebaut. Wenn müssen wir rausholen und warum?“ „Noch niemanden“, sagte Renji und fühlte sich dämlich dabei, mit einer Vase zu reden. Er blickte über den zugefrorenen See zu Ukitakes Privathaus und fragte sich, warum man Geheimnisse vor Rukias Kommandanten haben sollte. „Ich wollte nur sicher gehen, dass es möglich ist. Du weißt schon, wenn nötig.“ „Oh je, klingt grässlich“, sagte Urahara, allerdings in diesem vorgetäuscht besorgten Ton, den er manchmal draufhatte. Er schien darauf zu warten, dass Renji mehr sagte. Als er es nicht tat, seufzte Urahara und sagte: „Es ist möglich, aber um deinetwillen hoffe ich, dass es nicht notwendig ist. Es ist etwas, was nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte.“ „Ja“, nickte Renji. „Habe ich verstanden. Es ist der letzte Ausweg.“ „Absolut.“ „Wie geht es Ichigo?“ Da war eine überraschte, unangenehme Stimme am anderen Ende. „Oh… nun ja, ich bin mir nicht sicher. Wir… ich meine, ich habe ihn nicht gesehen.“ „Huh“, war Renjis einzige Antwort. Ließen alle den Typen alleine, der ihre Ärsche aus dem Feuer gezogen hatte? Renji würde einen Besuch planen, wenn die ganze Haft-Sache nicht einen Riegel davorschieben würde. „Nun ja, wenn du ihn siehst, sag ihm, dass wir an ihn denken, würdest du das tun?“ „Ähm, natürlich.“ „Sag ihm, dass ich ihn nicht um die Schule beneide. Ich habe die Schule gehasst.“ Urahara kicherte mit einem Hauch Traurigkeit. „Ich bin mir sicher, dass es ihm auch so geht.“ Renji blickte auf die Vase und versuchte herauszufinden, wie man auflegte, doch Urahara kümmerte sich mit einem „Tschüss“ und einem endgültigen Klicken darum. Renji starrte die Vase für einige Minuten an und fragte sich, ob er sich darüber Sorgen machen sollte, welche zufälligen spionierende/telefonähnliche/gott-weiß-was-Objekte Urahara noch in der Seireitei versteckt hatte. Doch dann entschied er sich, es zurück an seinen Platz zu stellen und es wahrscheinlich das Beste war, dass er das nicht wusste. Er nahm das Seelentelefon, schob die Tür auf und gab es an den immer noch zankenden 3. Offizieren zurück. Yamamoto war dort, als Byakuya zurückkehrte. Er hielt seinen Kopf hoch und seine Füße trugen ihn weiter voran, auch wenn jede Faser seines Körpers schrie, zu rennen. Soweit Byakuya sagen konnte, musste Shinobu einen bemerkenswerten Job darin geleistet haben, denn niemand schien unglücklich über seine Verspätung zu sein, als er den Garten an der Bibliothek betrat. Er war überrascht, aber erfreut, Rukia an der Seite des jungen Erben zu sehen. Auch wenn sie versuchte, ihre Emotionen zurückzuhalten, konnte Byakuya die bebende Sorge in ihrem Reiatsu spüren, als er näher kam. Kyōraku war natürlich der einzige, der lächelte. Er schob seinen Strohhut mit einem breiten, beruhigenden Grinsen zurück, was die ernste Anwesenheit des Generalkommandanten Lügen strafte. Yamamoto stand unter einer Kiefer, die ähnlich alt und knorrig wie er selbst war. Er lehnte sich schwer auf seinen Gehstock, sein Gesichtsausdruck grimmig und ernst. „Kommandant Byakuya Kuchiki“, sagte er mit autoritärer Stimme. „Bist du bereit, der Strafe für dein Verbrechen gegenüber zu stehen?“ „Das bin ich“, sagte Byakuya, doch in Wirklichkeit war es das keineswegs. Sich bei Senbonzakura zu verabschieden war härter gewesen, als er erwartet hatte, doch das gelegentliche Murmeln von Euphorie von seinem Zanpakutō hob seine Stimmung, festigte ihn emotional und beruhigte ihn. Oder zumindest beruhigte ihn es soweit wie es möglich war, in Anbetracht seines hämmernden Herzens. „Shunsui hat hart daran gearbeitet, die Angelegenheit nicht härter nachzugehen“, grollte Yamamoto und klang dabei, wie ein zermürbter Großvater. Seine langen Augenbrauen zuckten unerfreut. „Also wird deine Strafe nur drei Wochen betragen.“ Das war alles? Byakuya begann, eine Welle der Erleichterung zu spüren, bis der Generalkommandant fortfuhr – „Um dich daran zu erinnern, die Pflichten deiner Position ernst zu nehmen, wirst du allerdings diese Zeit im Madennest absitzen.“ Rukia keuchte. Selbst Kyōraku richtete sich auf, als wäre er auf dem falschen Fuß erwischt wurde. „Whoa, jetzt aber, alter Mann“, brauste Kyōraku auf. „Das ist ein bisschen harsch, denkst du nicht auch?“ Yamamoto grunzte unglücklich. Er hob den Gehstock und knallte ihn auf den Boden. Im Versammlungsraum hätte der Klang sicherlich wider gehallt, aber hier im gefrorenen Garten machte es nur einen dumpfen Knall. „Ich habe entschieden. Wenn der Kommandant Reue zeigt, kann die Strafe verkürzt werden.“ Vielleicht war es unklug, doch Byakuya sagte mit fester Stimme: „Ich bereue nichts. Ich bedauere, dass ich so frei heraus in der Öffentlichkeit gesprochen habe, aber sonst nichts.“ Kyōraku schnalzte mit der Zunge und schüttelte seinen Kopf. Yamamotos Augen verengten sich, als hätte Byakuya seine schlimmste Befürchtung bestätigt. „Wirst du selbstständig die Haft antreten, Kommandant Kuchiki, oder sollte ich dich eskortieren lassen?“ Zumindest das war würdevoller, als Byakuya erwartet hatte. Er hatte sich schon auf Handschellen und Eskorte eingestellt. Selbst hinzugehen würde eine Erleichterung sein. „Ich bin bereit, mich selbst an die entsprechende Autorität zu übergeben.“ Yamamoto nickte. „Lass mich dich zumindest begleiten“, bot Kyōraku freundlich an. Byakuya hätte beinahe aus Reflex abgelehnt, doch er hatte das Madennest niemals zuvor als Gefangener betreten und war sich nicht ganz sicher, wie er das tun sollte. Sich einfach Soi Fon präsentieren? Also nickte er steif. „Wenn du das möchtest, Kommandant.“ Sie standen für einen Moment da, als wären sie unsicher, was nun kam. Yamamoto schnaubte und wandte sich zum Gehen um. Shinobu trat hervor und sagte: „Lasst mich euch nach draußen begleiten, Generalkommandant. Es sei denn, sie wollen etwas Tee oder etwas, um ihr Fasten zu brechen?“ Da war ein verärgertes Grummeln vom alten Mann zu hören, bevor er etwas darüber murmelte, dass er niemals die Gastfreundschaft der Kuchiki abschlagen würde. Shinobu warf Byakuya einen Blick zu, der überraschend selbstsicher war. Der Kenseikan sah immer noch ziemlich verloren in den braunen Locken aus, doch da war etwas Erhabenes und Kuchiki-artiges in seinem Ausdruck, was Byakuya denken ließ, dass der Erbe zurechtkommen würde. Als die beiden im Inneren verschwanden, schlangen sich plötzlich Rukias Arme um ihn. Sie drückte ihn fest, als wolle sie ihn nicht loslassen. „Oh, Nii-sama“, wisperte sie in seinen Yukata. Er tätschelte ihr ungeschickt den Rücken, doch wünschte sich, dass er sie beruhigen könnte. Er hatte nicht bedacht, wie sehr sie in diesem Moment wie Hisana aussehen würde, mit Tränen in ihren großen, violetten Augen. Sein Herz schmerzte unerwarteter Weise und wie als Antwort umkreisten sie mehrere Blüten von Senbonzakura schützend. „Oh, aber, aber“, murmelte Kyōraku. Mit einem Wink in seiner Hand schickte Byakuya die Klingen weg, damit sie sich zu den anderen gesellten, die er in der Nähe spürte. Über Rukias Kopf stellte Byakuya den Blickkontakt mit Kyōraku her, hielt ihn und bedeutete ihm, dass er sich nicht wagen sollte, etwas darüber zu sagen. Er sagte nichts, tippte sich nur gegen den Hut. Rukia, die von dem Austausch nichts mitbekommen hatte, drückte Byakuyas Taille erneut. „Pass auf dich auf“, sagte sie. „Ich liebe dich.“ Byakuya blinzelte. Natürlich hat er immer das Gleiche gefühlt, doch keiner von ihnen hatte solch eine Sache jemals ausgesprochen. Doch konnte er wirklich weggehen und es niemals gesagt haben? Schlimm genug, dass er beinahe gestorben war, ohne ihr die Wahrheit über Hisana zu sagen oder den Grund, warum er oft so kalt ihr gegenüber gewesen war. Er beugte sich hinunter und küsste ihren Scheitel. „Ich liebe dich auch, Rukia.“ Byakuyas Stimme brach überraschend. Es fühlte sich zu sehr nach Abschied an. Und Renji war nicht da. Sie keuchte, aber warf ihm ein strahlendes Lächeln zu. Sie ließ ihn los und dadurch optimistischer gestimmt, nickte Byakuya Kyōraku zu, dass er zum Gehen bereit war. Als sie das Anwesen verließen, weigerte sich Byakuya, zurückzublicken. Das war nicht nötig. Er würde es wiedersehen. Drei Wochen. Er konnte drei Wochen überleben. „Drei Wochen im Madennest? Wie zum Teufel soll er drei Wochen im Madennest überleben?“, wollte Renji von Rukia wissen. Sie starrte ihn an. „Du hast gesagt, er hätte dem zugestimmt. Du hast gesagt, ich soll dagegen nichts sagen, dass ich ihn gehen lassen soll!“ Renji rieb sich mit den Händen sein Gesicht, versuchte die wilde Panik zu kontrollieren, die in ihm in der Sekunde aufgekommen war, als er ‚Madennest‘ aus Rukias Mund gehört hatte. Scheiße. Er konnte nicht glauben, dass sie das Familienoberhaupt der Kuchiki in ein solches Höllenloch geschickt hatten. Sicher, er hatte an diese Möglichkeit gedacht – genug, um einen Anruf bei Urahara zu riskieren – aber, scheiße. Er ließ sich schwerfällig auf dem nahen Schreibtisch nieder und atmete tief durch. Er starrte den Zen-Koan an der Wand in Büro auf Byakuyas Anwesen an und versuchte sich selbst an Byakuyas Stärke zu erinnern. Selbst ohne Senbonzakura war Byakuya ein Hakuda-Meister. Diese armen Bastarde würden nicht wissen, was sie treffen würde, falls sie irgendwas mit ihm versuchen würden. „Richtig“, sagte Renji, versuchte sich dabei von sich selbst zu überzeugen. „Drei Wochen. Ich denke, es könnte schlimmer sein.“ Außerdem würden sie Byakuya nicht zu den normalen Häftlingen lassen. Konnten sie nicht. Immerhin würden sie Senbonzakura nicht versiegeln – zumindest nicht in dieser Weise. Sie würden Senbonzakura irgendwo separat aufbewahren, irgendwie unter Schloss und Riegel, doch Unzucht war es nicht wert, ihr Band zu zerschneiden. Etwas kratzte über die Fensterscheibe, wie ein Ast, der vom Wind angeschoben wurde. Renji blickte verwirrt hinüber. Das Stockwerk war zu weit oben dafür. Außerdem trimmten die Gärtner die Bäume perfekt. Aus dem Augenwinkel sah er ein vertrautes Pink. Er blinzelte. Es war viel zu spät für Kirschblüten… Drei weitere Klingen schwirrten am Fenster vorbei, dann eine Ansammlung davon. Renji konnte ihr Lied hören. Es war… Es war… Senbonzakura? Das musste so sein, aber was zum Teufel? Renji blickte zu Rukia hinüber. Sie starrte auch aus dem Fenster. Sie blickte zu Renji, ihre Augen vor Angst geweitet. „Du denkst doch nicht, dass er… sich widersetzt, oder?“ „Nein“, Renji war sich sehr sicher, dass Senbonzakura nicht im Kampfmodus war. Er hatte auch dieses Lied gehört. Es war nichts Derartiges. Das Lied, welches es sang war weniger donnernd, weniger hämmernd und mehr… eine Freiform? Renjis Magen drehte sich um. Könnte Byakuya… was getan haben? Es freigesetzt haben? Seine Hand suchte Zabimaru. Du denkst nicht, dass Senbonzakura wie wir ist?, zischte der Schlangenschwanz sarkastisch. Dass sie sich nicht selbst manifestieren können? Der Paviankönig schnaubte. Sie hatten Bankai lange vor uns, Narr. Wie glaubst du, haben sie das zustande gebracht? Richtig, natürlich. Natürlich konnte sich Senbonzakura getrennt von Byakuya manifestieren. „Byakuya ließ sie gehen – Senbonzakura, meine ich“, sagte Renji laut, als er es endlich realisierte. „Dein Bruder und sein Kuchiki-Stolz, huh? Aber es macht Sinn, denke ich. Ich habe nur die gedacht, dass Byakuya-“, seinen festen Griff… lösen konnte… nein, Zabimaru hatte recht. Das war Senbonzakura. Es gab niemandem, den Byakuya in dieser Welt mehr vertraute. Trotzdem. Das bedeutete, dass Byakuya alleine an diesem Ort war. Kyōraku drängte sie nicht zur Eile, doch als Byakuya in den Shunpo überging, folgte der Kommandant. Als sie zurück auf normale Geschwindigkeit abbremsten, hielt Kyōraku seinen Hut leicht fest und sagte: „Ich dachte schon, dass es für einen Spaziergang zu kalt ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass du es so eilig hast, an diesen Ort zu kommen.“ Früher drinnen, früher draußen, dachte Byakuya, sagte aber nichts. Sie standen vor der großen Treppe der zweiten Division. Große, immergrüne Kiefern bildeten einen starken Kontrast gegen einen blassen, kalt-klaren Himmel. An diesem Ort waren noch nicht einmal Wachen zu sehen. Auch wenn er freiwillig kam, hatten sich die Haare vor Unheil und Vorahnung an seinem Nacken aufgerichtet. „Wurde ein Schmetterling gesendet? Erwartet die Kommandantin uns?“ Soi Fon schien in diesem Moment aus dem Schatten der Bäume zu treten. Kyōraku lachte. „Ho, sieht so aus. Wenn man vom Teufel spricht! Grüße!“ Er winkte ihr freudig zu, als würden sie sich für ein Picknick treffen. Byakuya knirschte mit den Zähnen. Er hätte vermutlich nicht zustimmen sollen, dass Kyōraku ihn begleitete. Seine Fröhlichkeit war fürchterlich. Byakuya stellte fest, dass er das kalte Feuer in Soi Fons Augen bevorzugte… Es passte zu seinen eigenen. Ohne irgendeinen Ansatz Höflichkeiten auszutauschen oder Kyōraku auch nur zur Begrüßung zuzunicken, fokussierte sich Soi Fon vollständig auf Byakuya, während sie die Treppen hinunterging. „Das Madennest ist kein Zivilgefängnis. Wo ist deine Uniform, Kommandant Kuchiki?“ Statt zu lügen, antwortete Byakuya einfach: „Es ist früh am Morgen.“ „Wir besorgen dir eine“, sagte sie. Dann fügte sie, unnötig höhnisch, hinzu: „Aber sie wird nicht maßgeschneidert sein. Nur ‚von der Stange‘, befürchte ich.“ Kyōraku räusperte sich. „Aber, aber. Das fängt so gut an. Toll zu sehen, dass alle so gut miteinander klarkommen“, bemerkte er. „Warum bist du überhaupt hier, Kyōraku?“, keifte Soi Fon. „Nun ja, meine liebe Kommandantin Soi Fon“, lächelte Kyōraku freundlich, auch wenn er deutlich die höfliche Anrede betonte, die sie ihm verwehrt hatte. „Ich bin hier als Repräsentant des Generalkommandanten. Aus Gründen, die ich nicht hinterfrage, hatte Yama-ji das Gefühl, dass es wichtig sei, dass ein Zeuge dabei ist, wenn Kommandant Kuchiki das Geständnis unterschreibt.“ Byakuya blickte hinüber – und dann hinauf, hatte völlig vergessen, dass Kyōraku sogar größer als Renji war. War das eine Lüge? Oder war das etwas, was Yamamoto und Kyōraku im Vorhinein besprochen hatten? Doch es war unmöglich, Kyōrakus Gesicht zu lesen, da er sein übliches, unerschütterliches Selbst war. Während Soi Fon ihre Arme vor ihrem schlanken Körper verschränkte, blickte sie Kyōraku für einen Moment stumm an. Byakuya bekam den Eindruck, dass da eine ältere Rivalität vor sich ging, doch so etwas machte keinen Sinn. Vielleicht war sie eifersüchtig, weil Kyōraku dem Generalkommandanten so nahestand? Es war kein Geheimnis, dass Kyōraku und Ukitake seine Lieblinge waren. Soi Fon war, genauso offensichtlich, eine ambitionierte Frau. Doch egal, ob es eine Lüge oder eine Absprache war, beunruhigte sie Byakuya. „Warum?“, fragte er. „Bin ich es oder Soi Fon, der als nicht vertrauenswürdig erachtet wird?“ „Eine interessante Vermutung, Herr Byakuya“, lachte Kyōraku. „Aber würdest du glauben, dass du der erste und einzige Kommandant bist, der wegen Unzucht unter Arrest steht? In Anbetracht der delikaten Natur dieser Anklage und der potentiellen Andeutung für Andere, wollte Yama-ji nur die Wortwahl des Geständnisses sicherstellen. Sicher verstehst du die Notwendigkeit darin, Kommandant Soi Fon?“ Ihre einzige Antwort war ein missbilligendes Brummen. Sie drehte sich um und führte sie die große, breite Treppe hinauf. Sobald sie in Soi Fons absichtlich kühl und beklemmend gehaltenem Büro waren, setzte sich Byakuya im Seiza hin, seine Hände ruhten leicht auf den Knien und schloss die Augen, während er ihre Diskussion ausblendete. Vielleicht war es unklug, doch er entschied sich, Kyōraku als Repräsentant seiner Interessen zu vertrauen. Trotzdem würde es ihm keinen Gefallen tun, sich gegen irgendeine Abmachung zu wehren, die sie für ihn gemacht haben. Von diesem Moment an war sein Job, das zu erdulden. Während sie über die Rahmenbedingungen von Byakuyas Schuld diskutierten, atmete er. Es war ein einfaches Ziel, das er sich selbst gesetzt hatte: einatmen und dann ausatmen. Doch mit jedem Ausatmen, baute er die Mauern wieder auf, die Ginrei ihm beigebracht hatte, hochzuziehen. Er benötigte sie, um das massive Ausmaß seines Reiatsu zu verbergen, da er im konstanten Zustand des Bankai war. Doch mit jeder Öffnung, die sich verengte, spürte Byakuya, wie sein Herz schwerer wurde. Dies waren die Mauern, die ihn davon abgehalten hatten, Rukia die Wahrheit zu sagen. Dies waren die Mauern, die erlaubt haben, dass er Renji unbedacht verletzte. Doch ohne sie, würde er es nicht… durchstehen können. Es war, als wäre er wieder jung und wild. Die Wahl war einfach gewesen: verschanze dich oder zerbreche. Dinge, die zerbrachen, konnten nicht wiederhergestellt werden. Dinge, die verschanzt wurden, konnten vielleicht wieder an die Oberfläche gelangen. Natürlich hatte er damals Senbonzakura als Begleiter gehabt. Dieses Mal hatte er noch nicht einmal den Trost ihrer Lieder. Langsam schien sich die Welt zu entfernen, ferngehalten von der Barriere um sein Herz. Emotionen verschwanden, bis da nur noch ein kraftloses Echo war und in den Platz, der zurückgelassen wurde, kroch pflichtbewusste, rationale Stille. Die Mitte des Morgens kam und ging, während Kyōraku und Soi Fon weiter über Semantik kabbelten. Während sie redeten wurde es Byakuya allerdings klar, warum Yamamoto oder Kyōraku selbst gedacht haben, dass dies notwendig sei. Soi Fon hätte Byakuya alle seine Rechte abtreten lassen. Kyōraku blieb fröhlich aufmerksam, lachte bei jedem ihrer Versuche, mehr Macht auszuüben, als strikt notwendig war. Ein Soldat der zweiten Division unterbrach an einem Punkt, indem er einen Shihakushō brachte. Obwohl Byakuya froh war, den Raum zu verlassen, um sich umzuziehen, beharrte Kyōraku darauf, dass sie eine Pause machte oder eine Möglichkeit einrichteten, dass Byakuya weiterhin die Details von den Änderungen mithörte. Enttäuschender Weise, aber für alle nicht überraschend, wählte Soi Fon Letzteres, sodass Byakuya hinter einem Wandschirm ging, um seinen Yukata auszuziehen. An diesem Punkt bemerkte Soi Fon Senbonzakuras Abwesenheit. „War es auch zu früh für dich, dass du dich daran erinnern konntest, dein Zanpakutō anzulegen, Kommandant Kuchiki?“ Da sie ihn in dieser Weise die Frage stellte, war es ziemlich einfach, zu antworten: „Es scheint so.“ „Herr Byakuya ist keine Lerche, muss also kein Morgenmensch sein! Ein Mann nach meinem Geschmack“, gluckste Kyōraku. „Und doch scheinst du nerventötend gerissen für eine solch frühe Stunde“, bemerkte Soi Fon trocken. „Ah, aber meine liebe Kommandantin, das ist, weil ich noch nicht geschlafen habe. Ich bin so eine Nachteule, dass mein später Abend dein früher Morgen ist.“ „Wie glücklich für uns“, seufzte Soi Fon. Der Hakama, der für Byakuya besorgt worden war, war ein bisschen zu kurz. Die Kosode war ein wenig zu groß. Beides, ohne Zweifel, absichtlich, vermutete Byakuya. Soi Fon gewann vielleicht nicht die kleine Semantik-Übung, doch sie machte sehr deutlich, dass selbst die kleinen Annehmlichkeiten in Byakuyas neuem Leben vollständig in ihrer Hand lagen. Er wäre vermutlich mehr verärgert, doch er war bereits zu tief versunken. Er fühlte fast nichts. Außerdem hatte Byakuya diese Art von Trivialität viele Male aus Händen von weitaus grausameren Meistern dieser Kunst durchlitten. Man wurde nicht Kuchiki-Erbe, ohne mit Cousins und Rivalen umgegangen zu sein, die Betten verkürzten und hunderte von anderen Streichen und Beleidigungen ausübten, um herabzuwürdigen und zu demütigen. Einige weitaus schmerzhafter und peinlicher, als ‚Hochwasser‘ im Hakama. Als er hinter dem Schirm hervortrat, beobachtete Soi Fon ihn. „Was hast du mit deinem Zanpakutō gemacht?“ Erneut entschied Byakuya, mit einer Wahrheit zu antworten, die nichts mit der gestellten Frage zu tun hatte. „Senbonzakura haben ihren eigenen, speziell ummauerten Garten auf dem Anwesen, wo sie ruhen und sich erholen können. Er gehört ihnen. Er ist sehr sicher.“ Vielleicht hatte sie seine Ausflucht gespürt oder vielleicht konnte sie das Bankai spüren, das in seinem Reiatsu mitschwang, trotz seiner Bemühung, es zu verdecken. „Tatsächlich“, sagte sie. „Ist dein Zanpakutō gerade dort?“ „Möglich“, musste er gezwungenermaßen zugeben. „Bist du mit gezogener Klinge gekommen, Kommandant Kuchiki?“, wollte sie wissen. Genau genommen, hatte er das vermutlich getan. „Ich habe nicht vor, Gewalt auszuüben“, sagte er knapp. „Mein Schwert ist vielleicht frei von seiner Hülle, aber es ist auf niemanden gerichtet.“ Kyōraku hob als Zeichen des Friedens seine Hände und sagte: „Wer von uns ist keine, wie sie im Diesseits sagen würden, geladene Pistole, eine versteckte Waffe? Selbst ohne ein Zanpakutō, ist zwischen uns genug Kidō-Feuerkraft und Hakuda-Expertise vorhanden, dass wir Berge ebnen und Armeen dezimieren könnten. Wenn Herr Byakuya sagt, dass er im Sinne der Kapitulation hergekommen ist, müssen wir ihm glauben.“ Soi Fons Augen verengten sich. „Es ist egal. Sobald er innerhalb der Mauern des Madennests ist, werden die dämpfenden Steine es unmöglich für ihn machen, Senbonzakura zu befehligen.“ Byakuya nickte bestätigend. Er erinnerte sich an das Gefühl der Steine, als er Seichi besucht hatte. Würde dies die Barriere um sein Herz verstärken, die bereits eine Distanz zwischen ihn und Senbonzakura schuf? Wenn die Verbindung so tiefgreifend durchschnitten wurde, würde sich Senbonzakura wie besprochen wieder im Garten manifestieren. Doch Byakuya wusste, dass es durchaus möglich für Senbonzakura war, auf eigene Faust zu handeln, trotz der geschwächten Verbindung. In der Akademie hatte er herausgefunden, dass wenn er wollte, er Ziele in vielen Kilometern Entfernung zerstören konnte. Er konnte von hier aus ein Dorf im Rukongai dem Erdboden gleich machen. Doch er hatte gelernt, dass es ein Befehl sein musste, den Senbonzakura folgen wollte. An einem Punkt wurde ihre Verbindung… unklar. Byakuya musste einfach vertrauen, dass er gemacht werden würde. So, wie er jetzt vertraute. Es schien Soi Fon zu ärgern, dass sie ihn nicht beunruhigt hatte. Wütend kam sie auf das Geständnis zurück. „Lass uns das zu Ende bringen. Ich möchte euch aus meinem Büro haben. Wir haben genug Zeit verschwendet.“ Kapitel 27: Out of the Frying Pan... ------------------------------------ Byakuya hatte gedacht, dass er sich selbst auf alles vorbereitet hatte, was ihm auf den Weg ins Madennest erwarten würde. Doch das hatte er nicht. Er hatte den langen Marsch erwartet, während er Soi Fons adrette, schlanke Form über die Brücke folgte. Die Trostlosigkeit und Leere dieses Ortes – die blanken Felswände, der graue, abweisende Himmel – war ebenso keine Überraschung. Genauso wenig wie die Demütigung der Torwächter, die ihn nach offensichtlichen Waffen absuchten. Was ihn überraschte war, dass auch wenn er seine mentalen Mauern sorgsam wieder aufgebaut hatten, sie nicht mehr so undurchdringlich waren, wie einst. Es war, als hätte sich Stein zu Stahlgeflecht gewandelt. Kleine Löcher in seiner Rüstung, durch die eine Brise wehte, die kühl sein Gesicht liebkoste, wie gestohlene Küsse. Die Mauern waren mal stark genug gewesen, um ihn taub und gefühllos zurückzulassen. Nun garantierten sie nur, dass er nicht zusammenbrach und die Emotionen zeigte, die unter Senbonzakuras Oni-Maske zu sehen waren. Und was er fühlte war Einsamkeit. Es war ein Fehler gewesen, Renji wegzuschicken. Renji wäre an seiner Seite gegangen, hätte er es erlaubt und dann, wenn sie ihn nicht weiter ließen, hätte er darum gekämpft, ihm weiter zur Seite stehen zu können. Byakuya wollte in der Lage sein, seinen Kopf zu drehen und jemanden zu sehen, der verzweifelt darum kämpfte, ihn niemals zu verlassen. Jemanden mit jedem Funken Kraft in seinem Körper kämpfen zu sehen, um weiter an seiner Seite bleiben zu können. Ein Schwarm von lauten Krähen tauchte auf und umkreisten sie von oben. „Das erinnert mich“, begann Soi Fon und blickte über ihre Schulter. Sie waren fast an der zweiten Wache des Haupteingangs angetroffen. „Ich vermute, dass deine Familie für deinen Aufenthalt zahlen wird?“ „Absolut nicht“, sagte Byakuya, ein heulender, beißender Wind verschluckte fast seine Worte. Soi Fon hielt an und drehte sich um, damit sie ihn anblicken konnte. Der Wind ließ die Ringe am Ende ihrer langen Zöpfe gegeneinander klirren, während sie hinter ihr wehten. „Dein Privatvermögen dann? Ich hatte gedacht, dass ich dir das Gemach zeige, in dem wir den Abarai-Jungen aufbewahrt haben. Schicke ich dich zu den normalen Insassen?“ Sicherlich war er in der Lage, sich Seichis ‚Aufwertung‘ von dem Geld zu leisten, dass seine Familie ihn als persönliches Gehalt gewährte. Doch in der jetzigen Situation konnte er sich auf keinen Geldfluss verlassen, der von den Kuchiki kam. Sie würden es als eine Art schlimme Beleidigung auffassen, dass sie für eine schicke Gefängniszelle zahlen sollten. Was verständlich war. Außerdem wäre dies das Erste, was Tante Masama kürzen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen würde. Die einzige andere Einnahmequelle war sein Einkommen als Kommandant – aber das ging nicht. Sicherlich gäbe es da eine Art Ironie darin, sein militärischer Lohn zu nutzen, um für die Zeit zu zahlen, die er für Unzucht einsitzen würde. Doch er hatte vor langer Zeit angefangen, als er die Position eingenommen hatte, seine Gehaltsschecks zugunsten des Budgets der Division einzulösen. „Es scheint so, als müsstest du“, schlussfolgerte Byakuya. Soi Fons Lippen kräuselten sich nachdenklich, doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich hoffe, du bist gut im Hakuda.“ Auch wenn sie sich bereits umgewandt hatte und ihren langen Marsch wieder aufgenommen hatte, versicherte Byakuya ihr: „Ich bin ein Meister.“ Eine Krähe rief dreist und frech: „Ha. Ha. Ha.“ Das Erste, was Renji tat, war die Offiziere mit Rang aus seiner Division zusammenzurufen. Er hatte Rikichi darauf angesetzt, etwas Essen und Tee, für die 21 Offiziere zu besorgen. Als auch der letzte Nachzügler es in die Kantine geschafft hatte, schloss er die Tür. „Es gibt keine einfache Art euch das zu sagen, also falle ich direkt mit der Tür ins Haus“, sagte er und ging hinüber zu den Tischen, an denen sie alle saßen. Ein Drittel der Offiziere hatte die Nachtschicht, daher hingen sie müde über ihre Teeschalen. Ein anderes Drittel war offensichtlich angesäuert, noch einige Minuten länger aufgehalten zu werden. Er hatte bereits einiges an Geflüster mit den Fragen gehört, was zur Hölle überhaupt vorging und wann der Kommandant endlich auftauchen würde. Einige waren am Spekulieren, dass eine weitere Kuchiki-Festivität anstehen müsse. Die meisten waren einfach nur wegen der Uhrzeit grummelig. Renji räusperte sich. „Also, uh, hier ist der Punkt: Kommandant Kuchiki wurde wegen Unzucht inhaftiert und wird drei Wochen im Madennest absitzen.“ Renji kam niemals dazu, den Rest zu erzählen, den er sich zurechtgelegt hatte. Ein Tumult brach aus. Alle riefen durcheinander. Ihre 15. Offizierin, Kaiyo, warf sich über den Tisch und attackierte Kinjo. In einer Sekunde saß sie auf ihn und schlug ihm ins Gesicht. Renji hatte kaum eine Chance, auf diese Überraschung zu reagieren. „Whoa, was zum Teufel?“ Als jemand Kaiyo wegzog, rief sie: „Du dreckige Petze, Kinjo! Du hast sie ausgeliefert!“ „Hab ich nicht!“, rief Kinjo. Er rieb sich den Kiefer und nahm die Hand an, die ihm Renji zum Aufrichten anbot. Er schaute zu Renji hinauf, seine Augen ernst: „Ich schwöre, Mann. Ich weiß, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten hatten, aber ich habe den Pakt ernst genommen.“ „Pakt? Welchen Pakt?“, fragte Renji. Die 15. Offizierin schüttelte die Leute ab, die sie zurückgehalten hatten. „Wir alle haben versprochen, das Geheimnis des Kommandanten zu bewahren“, sie blickte jeden ihrer Kollegen nach der Reihe an, ihr Blick hätte heiße, schmelzende Löcher in kalten Stahl bohren können. „Alle. Von. Uns.“ Huh. Renji fühlte eine seltsame Welle von Stolz. An vielen Tagen konnte er den Haufen nicht dazu bringen, dem Schichtplan zuzustimmen, doch sie alle hatten sich so um Byakuya und ihn geschart? „Schaut, reißt euch nicht gegenseitig in Stücke. Niemand hat uns verraten“, erklärte Renji ihnen. „Unsere… ähm, Beziehung ist aus Versehen herausgekommen…“, alle schauten ihn an und er fühlte, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht schoss. „… ähm, vor dem Kommandanten der Neunten.“ Da war eine ganze Menge Gefluche. Jemand, Renji war sich nicht sicher wer, schnaubte: „Verdammt, Renji! Kannst du deinen dummen Mund nicht halten?“ Bevor er die Anschuldigung korrigieren konnte, kamen die Fragen auf, mit denen er gerechnet hatte: „Was passiert jetzt?“ „Lieber Gott, wird es ein Militärgericht geben?“ „Wie lange ist der Kommandant weg?“ „Was zum Teufel, ich kann nicht glauben, dass das Kommandant Kuchiki passiert. Was tun wir jetzt?“ Renji hob die Hand, um den Ansturm zu stoppen. „Nehmt bitte jeder für eine Sekunde seinen Platz ein“, musste er sagen, da Sorge und Nerven einige Offiziere auf die Beine hatte springen lassen. Der 10. Offizier hatte angefangen, auf und ab zu gehen. Die 5. Offizierin hatte angefangen, mit ihren Händen zu ringen. Als sich alle wieder gesetzt hatten, sagte Renji: „Es sind drei Wochen. Hat er die Zeit abgesessen, ist das Thema erledigt. Kein Militärgericht, keine anderen Sanktionen und Verweise… oder Versetzungen. Also ist das alles, was wir durchstehen müssen: drei Wochen. Dann wird wieder alles normal sein. Ihr seid schon länger als diese Zeit ohne den Kommandanten und mich ausgekommen und ich werde dieses Mal hier sein… scheinbar als Kommandant in Vertretung.“ Es wurde wieder lauter, also musste Renji seine Stimme erheben, um zu sagen: „Das war die Idee des Kommandanten, nicht meine. Jemand muss den Papierkram unterschreiben, richtig?“ Es erklang vereinzeltes Gelächter. Renji fuhr fort. „Ich habe entschieden, nicht die ganze Truppe einzuberufen, weil… nun ja, wir haben immer noch viele ranglose Offiziere, die als Ehrenwache die Kuchikifamilien zu ihren Anwesen begleiten und, na ja, ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass ihr mir helfen könntet zu entscheiden, wie wir diese Information am besten streuen. Ich möchte offen und ehrlich darüber sein, aber ich habe das Gefühl, dass wir über die Ehre des Kommandanten sprechen. Und auch über die der Division.“ Einige nickten daraufhin ernst und grimmig. Jemand, Renji dachte es könnte vielleicht ihr klugscheißender 16. Offizier Aiji sein, der durch den Raum rief: „Zumindest sind wir nicht die erste Division mit einem Kommandanten, der Zeit im Madennest verbracht hat.“ Renji fixierte Aiji mit einem harten Blick. Er hob einen Finger, um zu zählen. „Das ist der erste und einzige Freibrief. Der Nächste, der Kommandant Kuchiki mit Mayuri Kurotsuchi vergleicht, fängt sich eine. Verstanden?“ Kaiyo hob die Hand. „Sekundiert.“ Kinjo schlug mit der Hand auf den Kantinentisch. „Der Antrag ist genehmigt. Jeder, der Scheiße über unseren Kommandanten redet, bezieht Prügel.“ Ok, gut, dachte Renji mit einem schiefen Grinsen, er konnte ‚Teambildung‘ und ‚moralische Bedenken‘ von seiner Sorgenliste streichen. Er blickte zu Nanako hinüber, die am anderen Ende des Tisches saß. Sie war die ganze Zeit verdammt ruhig gewesen. Renji hätte sich mehr Sorgen über sie gemacht, wenn sie nicht einen Stapel Papiere mit dabei gehabt hätte. Es schien so, als sei sie bereits tief im Thema Schadensbegrenzung involviert. „Richtig, also“, Renji ging zur Mitte des Tisches und setzte sich hin. Die Leute machten ihm Platz und drehten sich so, dass sie ihn anschauten. „Ich werde euch die ganze, schäbige Geschichte vom nächtlichen Debakel erzählen und ihr könnt entscheiden, was ihr euren Soldaten erzählt und was nicht. Die Sache ist die, dass die Gerüchteküche schon mächtig brodelt, also möchte ich, dass ihr direkt von mir hört, wie sich das Ganze zugetragen hat. Also, letzte Nacht sind der Kommandant und ich ausgegangen…“ Renji hatte den Teil mit der Verlobung ausgelassen, doch ansonsten war er ziemlich ehrlich gewesen. Nun ja, er hatte wegen ihres Streits ein wenig herumbasteln müssen, aber das war auch aus dem Grund, dass er sich im nüchternen Zustand selbst über den Ablauf nicht mehr sicher war. Die Offiziere brauchten ihre ganze schäbige Geschichte nicht zu kennen, wie Byakuyas verrückte Eifersucht und all den Leinen-Scheiß, also umschrieb er es als ‚wir haben beide dumme Dinge gesagt, wie man es eben tut‘ und sprang direkt zu dem Teil, in dem Byakuya seine Beherrschung verloren hatte und die Neunte involviert worden war. Doch sonst hielt er nichts zurück. Immerhin war es auch so gewesen, dass zumindest ein paar von ihnen den Patrouillen-Dienst in der Nacht gehabt hatten. Es war nicht so, als wussten sie nicht, dass er wegen Ungehorsam inhaftiert worden war und die Entschuldigungen, die sie beim Ladenbesitzer, dessen Fensterläden zerstört worden waren, nicht mitbekommen hätten. „… der Kommandant wollte mich heute Morgen lieber nicht in der Nähe haben, doch Rukia war da, als der Generalkommandant die Strafe verkündet hat. Sie hat mir darüber berichtet. Die einzige andere Sache, von der ich weiß ist, dass der Kommandant zutiefst besorgt ist, dass sich seine Familie einmischt – so weit, dass er mich losgeschickt hatte, um Central 46 über die Möglichkeit eines Familienkriegs zu informieren.“ „Ist das der Grund, warum er dich zum Übergangskommandanten ernannt hat?“, fragte Nanako. „War er besorgt, dass die Kuchiki einen von ihnen einsetzen würden?“ Renji hatte darüber nicht nachgedacht, doch er nickte. „Vielleicht. Man möchte nicht glauben, dass sie die Autorität besitzen würden, doch ihre Beziehung mit der Division ist seltsam.“ Da war viel Genicke von den Offizieren, die Zeit in anderen Divisionen verbracht hatten. „Ein Familienkrieg“, grübelte Kinji und schwenkte seine Teeschale in der Hand. „Was ist das überhaupt? Was können wir gegen einen Haufen Adligen in ihren Familienerbstücken von Samurai-Rüstungen auf Pferderücken tun? Wir können sie nicht bekämpfen… oder doch?“ „Nein, können wir nicht“, sagte Renji. „Wir werden ihnen wohl einen Warnschuss vor den Bug geben müssen. Die Sache ist die, dass Central nur zulässt, dass wir das Eigentum der Division verteidigen. Theoretisch ist es eine gute Idee, uns aus dem Familiengeplänkel herauszuhalten, außer dass es in der Realität wortwörtlich unsere Hintertür ist. Wir haben auch Leute in den abgelegenen Gegenden, die als Wache fungieren und als Geisel genommen werden könnten. Alle unsere Leute sind ranglos, sie haben kein Shikai. Das ist eine echte Sorge. Ich würde es keinem Kuchiki absprechen, dass sie jede Gelegenheit ergreifen, die sich bekommen. Das ist ein skrupelloser Haufen und sie schießen schon seit langem gegen Byakuya.“ „Vielleicht sollten wir einen Ausschuss formieren“, sagte Nanako. „Im Grunde bin ich der Ansprechpartner für die Familie, doch ich könnte Ratschläge von jedem brauchen, der Verbindungen zu adligen Familien hat. Ich habe das Gefühl, dass wir besser einen Plan entwerfen, auf den wir jederzeit zurückgreifen können.“ „Aber es sind nur drei verdammte Wochen“, sagte Kinjo. „Was zum Teufel können sie in drei Wochen tun? Ihre Armeen haben kein Shunpo. Wir schon.“ Renji lachte. „Schlägst du vor, dass wir einfach zu den Leuten mit größeren Gütern gehen und sagen: ‚Hey, egal was du gerade denkst: Lass es‘?“ „So in der Art“, grinste Kinjo böse. Renji dachte darüber eine Sekunde nach, doch dann schüttelte er den Kopf. „So toll das auch klingt, ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, dass meine erste Amtshandlung als Kommandant der Sechsten ist, dass ich der Kuchiki-Familie den Krieg erkläre. Ich sag’s nur.“ Die Wächterin warteten am Ende der Brücke auf Byakuya und Soi Fon. Sie war so beunruhigend wie beim ersten Mal, als Byakuya sie getroffen hatte. Eine große Frau mit leuchtend weißen Haaren, die zweckmäßig geschnitten waren.. Ihr Shihakushō war auch nicht besonders auffällig. Doch ihre Hände, die sie versuchte vor dem Bauch ineinander verschränkt zu behalten, schien gelegentlich nach etwas zu greifen, als versuche sie etwas Unsichtbares zu fassen zu bekommen, was vom Himmel fiel. Sie verbeugte sich vor ihrer Kommandantin, aber ihre scharfen Augen verließen Byakuya nie. „Gut, sie zu sehen, Kommandant Kuchiki“, sagte sie lächelnd. Sie konnte ihre Hände nicht davon abhalten, hinaufzugleiten und sich zu bewegen, als würde sie einen Kreis um seinen Körper ziehen. „Und mit Senbonzakura um euch herum, wie einen funkelnden Umhang. So schön.“ Sie trat hervor und ihre Hände streckten sich aus, doch stoppten direkt an Byakuyas ‚Sicherheitszone‘ von 85 Zentimetern. „Dein Meister war sehr unartig, Senbonzakura“, sagte die Wächterin, schaute für einen Moment in den Himmel und blickte ihn dann wieder scharf an. „Und närrisch, wenn er denkt, dass er innerhalb dieser Wände im freigesetzten Zustand sein kann. Ich hoffe, er hat einen Notfallplan für dich. Es wäre sehr bedauerlich, wenn du dich wieder hier materialisierst, in seinen Händen.“ „Das wird Senbonzakura nicht“, sagte Byakuya, hatte es dabei schwer, die Verärgerung aus seiner Stimme zu halten, obwohl er seine Mauern hochgezogen hatte. Senbonzakura sang laut von der Abneigung für diese Frau. „Dann ist alles in Ordnung“, lächelte sie. Byakuya erwartete fast abgebrochene, kaputte Zähne, doch sie waren gerade und weiß. „Willkommen im Madennest.“ Soi Fon beobachtete den Austausch geduldig und sagte dann zu ihrer Wächterin. „Er zahlt nicht für den besonderen Raum.“ „Nein? Wie erfreulich“, sagte die Wächterin. Soi Fon schüttelte über ihre Wächterin den Kopf. „Du bist so seltsam wie dein nervtötender Vorgänger, Hanatori.“ Zu Byakuya sagte sie: „Ich komme dich in drei Wochen wieder abholen. Mach hier nichts kaputt, aber jede Leiche, die du zurücklässt, wird ein Geschenk für mich sein.“ Damit drehte sie sich um und schritt bedächtig über die Brücke. Byakuya musste wohl überrascht eine Augenbraue gehoben haben, denn die Wächterin nickte. „Ich befürchte, es ist da drin ein bisschen grimmig. Egal, was mein Kommandant sagt, mein Vorgänger und ich sind uns nicht ähnlich. Er war skrupelloser dabei, den Frieden zu bewahren. Folgen sie mir, ich gebe ihnen eine Tour.“ Byakuya konnte sich nicht vorstellen, dass er eine Wahl hätte. Außerdem sank sein Herz bei dem Gedanken an jemanden, der weniger skrupellos war, wie Kisuke Urahara. Das Treffen mit den Offizieren ging noch bis kurz vor Mittag. Ein paar der Offiziere, die Nachtschicht gehabt hatten, lagen mit den Köpfen auf dem Tisch und schnarchten laut. Doch als er sanft einen der schlafenden Offiziere weckte, indem er ihn an der Schulter schüttelte, dachte Renji, dass es in Anbetracht der Lage ganz gut gelaufen war. Nanako hatte ihr Komitee. Sie hatten sich in eine Ecke zurückgezogen und besprachen, wer wen in der Kuchiki-Familie kannte und was für Fäden sie mit welchem verfügbaren Spion ziehen konnten. Es gab überraschend wenige Anschuldigungen. Einige Leute waren felsenfest davon überzeugt, dass Renji die Schuld daran trug, dass das Geheimnis rausgekommen war. Doch das war nur, weil sie sich weigerten zu glauben, dass es überhaupt möglich war, dass Byakuya jemals zu viel trinken würde. Er konnte ihnen das nicht wirklich vorwerfen, denn ein betrunkener Byakuya machte Renji auch immer wahnsinnig und er hätte es auch niemals geglaubt, wenn er es nicht selbst erlebt hätte. Doch ansonsten ging es in der Division darum, zusammenzurücken und die Lücken zu füllen. Renji musste zugeben, dass ihn das ein wenig stolz machte. Als er zur Sechsten gegangen war, hatte er gewusst, dass das ein loyaler Haufen war, besonders gegenüber ihrem Kommandanten und diesem ganzen ‚edlen Gründe‘-Ideal, doch es war etwas anderes zu sehen, wie sie es auf ihn ausweiteten. Hätte er jemals einen Zweifel gehabt, wäre es jetzt offensichtlich, dass er einer von ihnen geworden war. Zumindest während einer Krise. Es schien ein paar zu geben, die gewillt waren, ihre unausgesprochenen Beschwerden oder Vorurteile zur Seite zu schieben, so lange sie das Gefühl hatten, dass Renji seinen Job machte. Er hatte bereits entschieden, heute eine zweite Schicht zu übernehmen. Es gab keinen Grund, sich freizunehmen, wenn er niemanden hatte, zu dem er gehen konnte. Das erinnerte ihn an etwas. Er beschwor einen Schmetterling und schickte Soi Fon eine Anfrage, wie das Prozedere war, um Byakuya zu besuchen. Er stolperte nur zwei Mal über „Kommandant in Vertretung Abarai“. Scheiße. Doch ehrlich gesagt wäre er wirklich froh, wenn er sich niemals daran gewöhnen müsste, das zu sagen. Wie erwartet spürte Byakuya, dass die Verbindung zu Senbonzakura gedämpft wurde, sobald er über die Türschwelle des Gefängnisses trat. Die Wächterin warf ihm in genau dem Moment ein wissendes Grinsen zu, als das Lied verstummte. „Trotzdem“, sagte sie und leckte ihre Lippen, als erinnerte sie sich an etwas Schmackhaftes. „Du hast Glück. Vielen hier werden ihre Begleiter mit Gewalt genommen.“ Und du genießt das offensichtlich, dachte Bykauya, sagte es jedoch nicht. Gitter glitten zur Seite und gaben den Blick auf einer kräftigen Torwache frei. Er war nur ein bisschen beunruhigt, dass die Wächterin scheinbar diese Demütigung beobachten würde, doch es war egal. Das war genau die Sache, auf die er sich mental vorbereitet hatte. Als er den Hakama fallen ließ, dachte er, dass die Psychologie hinter so etwas schon Sinn machte. Ohne Zweifel war es wichtig, den Häftlingen zu zeigen, dass sie keine Privatsphäre mehr hatten. Tatsächlich benutzte die Akademie eine ähnliche Taktik bei neuen Rekruten mit einer biegsamen Denkweise. Als er die Schleifen löste, spürte er Augen auf sich ruhen. Vermutlich suchten sie nach Schwachstellen. Vielleicht erwarteten sie Eitelkeit, doch Byakuya rechnete bereits damit, seine Haare zu verlieren. Von den normalen Insassen wurde es wahrscheinlich erwartet, damit sich Läuse nicht ausbreiteten. Er würde keine Träne verdrücken, wenn sie ihm den Kopf rasierten. Die inneren Schleifen waren auch gelöst und so ließ er Shitagi und Kosode gemeinsam fallen. Er ging einen Schritt nach vorne, als präsentierte er sich selbst. „Du bist überraschend folgsam“, sagte die große Wache, schaffte es dabei, sowohl enttäuscht, als auch beeindruckt zu klingen. „Und keine Unterwäsche? Es sind immer die Unscheinbaren, nicht wahr, Hanatori?“ „Der hier hat viele Geheimnisse“, sagte sie. „Kommandanten-Niveau, also werden wir ihm Essen geben müssen.“ „Verdammte Scheiße, du bist jetzt schon meine Nummer eins unter den Nervensägen, hübscher Junge“, grummelte die Wache. Dann ließ die Wache ihn die Arme heben, sich umdrehen, den Mund öffnen und die Zunge anheben. Die Wache war nahe genug vor Byakuya getreten, dass er ihm in die Nase hätte beißen können. Er schaffte es, sich zu beherrschen. Byakuya war der Meinung, dass er sich gut schlug, wenn man bedachte, dass er in gemischter Gesellschaft betrachtet wurde, wie ein wertvolles Rennpferd. Der Ärger kam unerwartet. Byakuya war perfekt darauf vorbereitet, seine Pobacken auseinander zu halten, sich zu hocken und drei Mal zu husten. Als er aufstand, atmete er leicht durch. Das Schlimmste war jetzt sicherlich vorbei. Er war gerade fertig damit geworden, sich anzuziehen, als die Wache sagte: „Als letzten Schritt muss ich deine Haare prüfen. Ich werde nur meine Finger hindurchgleiten lassen, um sicher zu stellen, dass du keine Drähte oder sonstiges in deinen lieblichen Locken versteckt hast.“ „Nein“, sagte Byakuya wie von selbst. Die Wache, die seine Hände erhoben hatte, blinzelte. „Du kannst nicht ‚Nein‘ sagen und was zum Teufel, jetzt weigerst du dich? Das ist nicht die Stelle, an der sich die Leute normalerweise gegen mich auflehnen.“ Byakuya fand das schwierig zu glauben. Immerhin hatte keine der bisherigen Forderungen beinhaltet, dass er berührt wurde. Beglotzt und beobachtet, sicher, aber nicht einmal hatte es die Hand eines Fremden auf ihm beinhaltet, doch das war eine Sache, die ein Liebhaber tun würde. Tatsächlich war die letzte Person, die seine Finger durch Byakuyas Haare hatte gleiten lassen, Renji gewesen. Und Byakuya war fest entschlossen, dass Renji die letzte Person war. „Ich möchte es lieber abschneiden lassen, als deiner Berührung zuzustimmen.“ „Wirklich?“, die Wache blickte zur Wächterin. „Denn du bist nur drei Wochen hier. Wir hatten nicht vor, damit irgendetwas zu machen.“ Und mit Läusen zu gehen? Nein. „Schneidet es.“ „Die Suche dauert vielleicht 5 Minuten.“ Byakuya sagte nichts, doch als die Wache nach ihm griff, glitt er aus seiner Berührung. Shunpo schien innerhalb dieser Mauern gut zu funktionieren. Vielleicht ein bisschen langsamer, doch immer noch ausführbar. Die Wache blickte zur Wächterin, die mit den Schultern zuckte. „Also schön, auch wenn dich jemand anderes anfassen muss, um deine verdammt wertvollen Haare zu schneiden, du Idiot. Es ist nicht so, als würden wir den Insassen Scheren geben und sagen ‚Habt Spaß damit, Jungs‘.“ „Ich bin auf einen Haarschnitt vorbereitet“, sagte Byakuya fest. Die Wache schüttelte seinen Kopf. „Richtig, dann denke ich, dass du durch Tür Nummer zwei gehen musst.“ Er nickte in die Richtung, in die Byakuya gehen musste und eine Tür glitt auf, wie durch einen internen Mechanismus oder Kidō. Als Byakuya durch die Tür trat, hörte er die große Wache murmeln: „Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der einen Gefängnishaarschnitt erfragt hat. Du hast recht, Hanatori, der ist seltsam. Er wird Ärger machen. Merk dir meine Worte.“ Der Frisör hatte die Finesse eines Metzgers, aber er war barmherzig schnell. Da waren keine Spiegel. Byakuya hatte keine Ahnung, wie er aussah, bis die fleischige Wache ihn an der nächsten Tür wiedertraf. „Huh“, sagte die Wache. „Vielleicht war es doch eine gute Wahl. Du siehst krass aus, hübscher Junge.“ Kapitel 28: The Most Foolish Things ----------------------------------- Byakuya hatte den Überblick verloren, wie viele Gefängnistore sich geöffnet hatten, nur um sich mit einem Klirren, das durch Mark und Bein ging, wieder hinter ihm zu schließen. Um Ecken und Biegungen herum, tiefer und tiefer ins Innere, weiter in den Untergrund, folgte Byakuya der fleischigen Wache – dessen Nachname Yasujiro hatte er von den verschiedenen Punkten gelernt, an denen Wachen sich verbeugten und ihn ansprachen. Yasujiro nutze jede Gelegenheit, um Bykauyas Straftat zu erklären und sich dadurch auf seine Kosten zu amüsieren. In Anbetracht dessen bekam Byakuya das starke Gefühl, dass er von seinem Mitgefangenen nicht wirklich ernst genommen werden würde. Doch vielleicht war zufällig niemand im Madennest, der vertraut genug mit der aktuellen Zusammensetzung der Hofgarden war, dass er wusste, dass Byakuyas Untergebener ein anderer Mann war. Sie stellten verschiedene Andeutungen an, die viel Zwinkern, Rippenstöße und unhöfliche Gesten, welche die Größe der Brüste andeutete, beinhalteten. Byakuya sagte nichts, weder als Bestätigung noch als Leugnung. Sie waren nun so tief im Inneren, dass Byakuya nur noch ganz schwache Töne von Senbonzakuras Lied hören konnte. Seine Glieder fühlten sich… weniger koordiniert an, vielleicht, als hätte jemand eine Decke oder ein Netz über ihn geworfen. Es war befremdlich, doch Byakuya hatte das Gefühl, dass er sich mit der Zeit daran gewöhnen würde. Über seine massive Schulter hinweg sagte Yasujiro: „Unser nächster Halt ist dein neues Zuhause.“ Byakuya bereitete sich auf einen Gang durch ein offenes, gemeinschaftlich genutztes Areal vor, doch Yasujiro schien sie durch eine Hintertür hineinzubringen. Sie gingen an Zellen vorbei, die meisten davon leer, die so aussahen wie die, in der Seichi zuerst festgehalten wurde: Nur das Notwendigste wie ein Feldbett und hier und da Befestigungen für Fußfesseln im Boden. „Einzelhaft“, erklärte Yasujiro. „Der neue Boss nutzt sie nicht wirklich oft. Sie mag Kämpfe auf Leben und Tod, scheint mir. Ich sage aber, dass es ein chaotisches Geschäft und scheiße für die Moral von uns Leuten ist, die hier arbeiten. Weißt du, wie unmöglich es ist, die Leute hier zum Saubermachen zu bringen? Und dank euch bekommen wir auch keine der kleinen Helferlein aus der 4. Division.“ „Ich kann mir nicht vorstellen, warum nicht“, sagte Byakuya trocken. Yasujiro blickte zu ihm zurück und grinste. „Ich vergesse ständig, dass du reden kannst. Und schau dir das an, du hast sogar einen Sinn für Humor da irgendwo vergraben. Werden die Wunder niemals enden?“ Byakuya ging dazu zurück, zu schweigen, was Yasujiro nur noch mehr lachen ließ. Sie kamen ans Ende der Zellen für die Einzelhaft. Byakuya konnte Geräusche hören: Stimmen und den generellen Trubel von Leuten. An der allerersten Zelle für zwei Personen, deren Tür geöffnet war, hielt Yasujiro an. Er klopfte mit den Knöcheln gegen die Stahlgitter und rief: „Hey, Ten, komm raus und triff deinen neuen Zellengenossen.“ Byakuya blickte in die Zelle und sah zuerst niemanden. Dann tauchte ein Kopf mit mattbraunen Haaren vom oberen Bett auf. Ein… Jugendlicher – Byakuya hätte ihn vielleicht als ‚Jungen‘ betrachtet, doch er war schlaksig und groß genug, um bereits ein oder zwei Wachstumsphasen hinter sich zu haben – glitt von dem Hochbett hinunter. Er trug keine Shinigami-Uniform, stattdessen einen einfachen weißen, kurzen Yukata und Hakama in der gleichen Farbe. Es passte ihm kaum, als wäre er über Nacht herausgewachsen. Er war barfuß und seine kurzen Haare waren ein Nest von weichen Locken. „Hey, hey, hey-hey, ich habe mein Schmiergeld“, sagte Ten. „Was ist, was-was, was zum Teufel ist das? Der Grund für die Bezahlung ist Privatsphäre. Das bedeutet kein Zellengenosse. Du weißt, ich sag ja nur, falls du irgendwie den wichtigsten Teil des Handels vergessen hast. Ich… Nein. Nicht in Ordnung, ‚Jiro-kun.“ Ten hüpfte von seinem Fuß auf den anderen, vibrierte vor Ärger. „Das ist Kommandant Byakuya Kuchiki und er wird für nur drei Wochen unser Gast sein. Wichtiger ist, du und er seid die einzigen mit drei Mahlzeiten am Tag, kapiert? Also solltet ihr beide wunderbar klarkommen“, sagte Yasujiro und drehte sich dann um, winkte ihnen zum Abschied. „Habt Spaß, Kinder. Ich erwarte, dass deine Bezahlung weitergeht, sobald er wieder weg ist, Ten!“ „Du bist scheiße, Yasujiro!“, sagte Ten und steckte seinen Kopf lang genug aus seiner Zelle raus, um eine unhöfliche Geste in Yasujiros Rücken zu machen. Dann drehte er sich um und blickte Byakuya an. „Kommandant?“, überlegte einen Moment, bevor er fragte: „Wie aktuell im Dienst, nicht früherer Kommandant?“ „Genau so“, sagte Byakuya. „Nur drei Wochen? Echt jetzt?“ Da es aussah, als benötige Ten weitere Bestätigung, nickte Byakuya. „Ja, meine Haftstrafe ist nur für drei Wochen angesetzt.“ Ten blickte nach links und dann nach rechts, verblieb kurz in der Richtung, von der die Geräusche kamen, von dem Byakuya nur annehmen konnte, dass das der Gemeinschaftsraum in einiger Distanz war. „Wie viel Kidō kannst du?“ Byakuya überlegte zu erklären, dass während er die Prinzipien von fast allen Formeln verstand, es ein paar in den oberen Rängen gab, von denen er nicht behaupten würde, dass er sie vollständig beherrschte. Stattdessen entschied er sich für eine einfachere Version: „Die Meisten.“ Ten blickte Byakuya wieder von der Seite an und schien ihn zu mustern. „Ok, ok, ok-ok, du kannst hierbleiben, doch meine Bedingung ist, dass du mir beibringst, was du nach Hadō 31 kennst.“ Innerlich zuckte Byakuya mit den Schultern. Der Vorschlag war offensichtlich illegal, doch er konnte sich kaum leisten, in seiner ersten Nacht im Madennest ‚obdachlos‘ zu sein. Außerdem machte ihn diese nervöse, energetische Person neugierig. „Also schön. Wir haben eine Abmachung.“ Die Zelle schien auch ihr eigenes Waschbecken zu haben, genauso wie eine eher geschmacklose, brillenlose Toilette. Natürlich gab es keine Schirme für Privatsphäre. Die Wände waren aber weit davon entfernt, karg zu sein. Ten, oder ein vorheriger Insasse, hatte irgendwo etwas Kohle gefunden und eine ziemlich gut gezeichnete Waldszene auf dem fleckigen Stein gezeichnet. Auch wenn es in Schwarz und Grau war, zeigte das Bild Kiefern und Gebirgsbäche. Tiere waren überall im großflächigen Bild versteckt. Byakuya erkannte sofort einige Reiher, Libellen und Frettchen. Byakuya deutete auf das Bild und fragte: „Deine Arbeit?“ „Ich würde für etwas Farbe töten.“ Dann wurden seine braunen Augen groß und er wedelte mit seinen Händen, als wolle er das wegwischen, was er gesagt hatte. „Ich meine nicht wortwörtlich. Nein, nein, nein-nein. Ich bin ein bekennender Pazifist. Nun ja… jetzt zumindest.“ Das war tröstlich, trotz der offensichtlichen Andeutung, dass Ten früher nicht ganz so gedacht hatte. Während er seinen Blick weiter durch die Zelle gleiten ließ, bemerkte er, dass Tens Bett voll mit Büchern war. Als er diese sah, konnte sich Byakuya plötzlich vorstellen, dass er in der Lage war, die langen Nächte an diesem Ort durchzustehen. „Gibt es hier eine Bibliothek?“ In einem einzigen, akrobatischen Satz – schnell genug, um Byakuya zu überraschen und einen Schritt zurückgehen zu lassen – war Ten auf seinem Bett. Er setzte sich auf die Ecke der Matratze und streckte seine Hände schützend aus. „Das ist meine Bibliothek. Wenn du eins dieser Schönheiten möchtest, musst du handeln.“ Ah. Das Bestechungsgeld. Byakuyas Vorstellungen waren viel dunkler gewesen, als Ten es das erste Mal bei der Hauptwache ausgesprochen hatte. „Wie bekommst du sie hier rein?“ „Das muss nur ich wissen“, sagte Ten mit einem gerissenen Grinsen. „Aber ich kann dir jeden Titel beschaffen. Selbst Zeug aus dem Diesseits.“ „Ist das so?“, fragte Byakuya. „Nun ja, dann hoffe ich, dass ich bald etwas habe, was ich für einen solchen Handel mit dir benötige.“ Ten nickte. Er ließ seine Arme sinken und blickte Byakuya stirnrunzelnd an. „‘solchen Handel‘, huh? Du klingst nicht wie die Typen, die normalerweise hierherkommen, Kommandant. Was hatte Yasujiro gesagt, wie du heißt? Kuchiki? Wie Kuchiki-Kuchiki?“ „Ja, ich bin der Kuchiki.“ „Oh“, sagte Ten und sah plötzlich etwas verängstigt aus. „Oh, nun ja, war nett, dich gekannt zu haben.“ „Was meinst du damit?“, fragte Byakuya. Doch Ten war unter seiner Decke verschwunden und Byakuya spürte Personen, die sich an der Zellentür versammelten. Er drehte sich um und sah mehrere Männer von verschiedenen Größen und Formen, doch eine Beschreibung passte zu allen: Groß und hässlich. „Er meint, reicher Junge, dass wir sowas wie dich hier nicht wollen.“ Byakuya zählte durch: Soweit er es sehen konnte, blockierten rund ein halbes Dutzend den Ausgang. Die Größe der Zelle und die Wände an den Seiten und in seinem Rücken waren größtenteils vorteilhaft. Die Männer konnten ihm nur nach und nach näherkommen, vorausgesetzt Byakuya wäre schnell genug. Nun schien es, als wäre es an der Zeit herauszufinden, wie viel Shunpo und Kidō er an diesem gottverlassenen Ort nutzen konnte. Renji saß an seinem gewohnten Platz im Büro des Vizekommandanten und starrte auf den frustrierend kleinen Stapel Schreibarbeit, der auf seinem Schreibtisch lag. Es hatte sich herausgestellt, dass wenn du sowohl Vizekommandant als auch Kommandant bist, dass sich der Scheiß in Rekordgeschwindigkeit erledigen ließ. Und nun musste er für über einen Monat kein Toilettenpapier mehr bestellen. Mit was zum Teufel sollte er sich in den nächsten drei Wochen beschäftigen? Nur für den Fall, dass er irgendeinen groben Rechenfehler gemacht haben könnte, schaute Renji noch einmal auf das Budget. Das war das erste Mal, dass er vollen Zugriff auf das hatte, was man in der Division das ‚große‘ Kontobuch nannte und er war überrascht gewesen, auf welch hohe Geldreserven die Sechste scheinbar zurückgreifen konnte. Vielleicht lagen alle Divisionen so hoch in den schwarzen Zahlen? Byakuya hat es immer so wirken lassen, als sollte Renji besser jeden Ken zwei Mal umdrehen. Jetzt wo er aber auf den Kontostand schaute, fragte sich Renji warum? Und warum war auf der Zahlungseingangsseite diese heftige Summe, exponentiell größer als Renjis Gehalt, in spezieller, blauer Tinte immer mal wieder in scheinbar zufälligen Intervallen eingetragen? Immer mal wieder? Renji blätterte einige Seiten zurück und dann noch ein paar mehr, bevor er die Termine erkannte. Es war nicht zufällig: Es war Zahltag, jedes verdammte Mal. Byakuya leitete seine Gehaltschecks an die Division weiter. Renji schlug das Kontobuch zu und verschloss es. Er stand auf und sagte Nanako: „Ich weiß, dass ich gesagt habe, ich würde eine doppelte Schicht arbeiten, aber ich muss zur zweiten Division. Am besten gestern.“ „Was zum Teufel?“, sie blickte zwischen ihm und das Kontobuch hin und her. „Wozu die Eile?“ „Ich habe gehört, wie Byakuya dem neuen Hausverwalter gesagt hat, er sollte erwarten, dass die Kuchiki die Bezüge einfrieren. Nun finde ich heraus, dass er keine Bezahlung bezieht. Nanako, der Kommandant hat keine Möglichkeit für Unterbringung und Essen zu zahlen. Soi Fon wird ihn zu den normalen Häftlingen sperren.“ Nanako stand auch plötzlich auf, als wollte sie mit ihm gehen. Sie griff die Tischplatte so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. „Oh, nein. Och scheiße, Renji. Geh!“ Aber niemand ging einfach so in die zweite Division hinein. Er war genau einen Fuß auf die Treppe getreten, als fünf Ninja aus dem Nichts auftauchten, ihn ordentlich einkreisten und ihre Waffen zogen. Renji hatte vermutlich eine Sekunde zu lange gezögert, bis er seine Hände hob, denn sie kamen gemeinsam einen Schritt auf ihn zu und er fühlte den scharfen Stahl auf dem Rücken und an seinem Hals. Klugerweise erstarrte er. „Ruft bereits jemand euren Kommandanten?“, fragte Renji. „Denn ich muss sie sehen. Oder, ihr wisst schon, selbst dieser Klotz Ōmaeda würde reichen. Er ist ein Adliger, nicht wahr? Er versteht das Problem.“ „Wen nennst du einen Klotz?“, bellte Ōmaeda und trat aus dem Schatten einer Kiefer auf dem Hügel. Renji versuchte den Kopf zu drehen, um den Vizekommandanten anzusprechen, doch bekam einen scharfen Stups in die Kehle für diese Bemühung. Zabimaru grollte, erinnerte Renji daran, dass wenn er die Idioten zerschmettern wollte, Hihio das ohne Probleme hinbekommen würde. Bankai auf den Stufen der Zweiten auszurufen ist wie ein Krieg gegen die Kuchiki zu erklären, schnaubte Renji. Scheiße befriedigend, aber nicht die klügste Handlung am ersten Tag dieses verdammten Jobs. Feigling, murmelte der Paviankönig. Spaßbremse, zischte der Schlangenschwanz. „Schau, ich bitte zigtausend Mal wegen dem Klotz-Scheiß um Entschuldigung, Vizekommandant Ōmaeda“, sagte Renji und versuchte zerknirscht zu klingen, obwohl die Ninja klar sein nahes Bankai spürten und sogar noch näherkamen. „Die Sache ist die, dass ich gerade erst herausgefunden habe, dass mein Kommandant in den Knast gegangen ist, ohne Absprachen für Verpflegung und Unterbringung getroffen zu haben.“ „Nun, das war selbst für dich dumm, Abarai“, gluckste Ōmaeda. „Sie verspeisen ihn vermutlich im Gemeinschaftsraum zu Mittag.“ Zabimaru brüllte erneut und Renji war wirklich äußerst versucht, ihn dieses Mal freizusetzen. „In deinen verschissenen Träumen, Ōmaeda. Du redest gerade über Byakuya Kuchiki Scheiße. Er wischt gerade mit deren elendigen Ärschen den Boden.“ „Worüber machst du dir dann Sorgen, Abarai? Warum kommst du hier reingerannt, als würde dein Haus brennen?“ Nun ja, Ōmaeda hatte da einen Punkt, aber Renji würde sich selbst verdammen, wenn er ihn das wissen lassen würde. „Du kennst Kommandanten und ihren Papierkram; meiner wird mich häuten, wenn ich das verkacke.“ Der Druck gegen Renjis Rücken und Kehle ließ nach. „In Ordnung, in Ordnung“, gluckste Ōmaeda, als die Ninja dorthin verschwanden, woher sie kamen. „Komm hoch und ich richte die Dinge für dich.“ Renji hüpfte hinauf, als hätte er nicht gerade nackten Stahl an der Kehle gehabt. Er ließ zu, dass Ōmaeda einen Arm um seine Schulter warf und ihn hineinführte. „Weißt du, du solltest sicherstellen, dass die Kuchiki wissen, dass ich derjenige war, der die Dinge für Byakuya geglättet hat“, sagte Ōmaeda, während sie unter den großen Kiefern hindurch gingen. Der Geruch von Harz war in der winterlichen Luft scharf. „Oh ja“, versicherte Renji ihm und dachte daran, wie angepisst Masama sein würde, wenn sie herausfand, dass irgendwer Byakuya geholfen hatte. „Ich werde deinen Namen auf jeden Fall nennen. Frühzeitig und oft.“ „Gut, gut“, grinste Ōmaeda und verpasste Renjis Sarkasmus dabei gänzlich. „Oh ja, es gibt noch ein anderes kleines Problem“, sagte Renji und rollte die Schultern, um von Ōmaeda wegzukommen. „Die Sache ist die, ich bin blank. Also muss ich auf das Konto der Division zugreifen. Ich habe die Autorität, das zu tun, aber vermutlich muss ich das mit Byakuya zuerst besprechen“, Renji konnte sehen, wie Ōmaedas Mund arbeitete, um herauszufinden, wie er aus diesem Handel herauskommen konnte. Daher fügte er hinzu: „Aber so ein wichtiger Kerl wie du kann mich sicher auf heimlichen Weg rein und wieder rausbringen, nicht wahr? Ich meine, es wäre ein großer Gefallen für die Kuchiki. Einer den, das kann ich dir garantieren, sie niemals vergessen werden.“ Ōmaedas Augen funkelten gierig. „Wirklich?“ „Jep, du tust das für mich“, fuhr Renji fort, „und ich bin mir sicher, dass dein Name geradewegs an die Spitze der Liste der Heiratsvermittlerin der Kuchiki wandert.“ „Meine. Güte“, keuchte Ōmaeda. „Ja, das kann ich für dich tun, mein neuer Freund. Folge mir!“ Byakuya hatte die Wache erwartet, die an ihre Zellentür hämmerte, die Ten zugeschoben hatte, nachdem Byakuya den letzten, bewusstlosen Körper in den Flur hinausgeschleift hatte. Sicherlich würde so etwas mit irgendeiner Strafe bedacht werden. Also stand er auf und stellte sich. „Ich bin hier. Bereit.“ „Gut“, sagte Yasujiro. „Denn das passiert besser blitzschnell. Die Wächterin wird dieses Zanpakutō so schnell erschnüffeln können…“ Er winkte Byakuya mit einer dringlichen Geste aus der Zelle heraus. „Wir haben 5 – mit Glück vielleicht 10 Minuten.“ Byakuya folgte, doch er konnte seine Verwirrung nicht verbergen. „Tut mir leid, was?“ „Du hast ein geheimes Treffen“, sagte Yasujiro. Er begann, den Gang entlang zu gehen, drehte seinen Kopf, um mit Byakuya zu reden und stolperte beinahe über einen der immer noch bewusstlosen Insassen. Er blickte hinunter und bemerkte dann langsam die ganze Reihe von ihnen, die Byakuya fein säuberlich ausgelegt hat. „Oh, ich sehe, du findest Freunde. Gut für dich. Komm schon, du möchtest das nicht verpassen.“ „Von was für einer Natur ist dieses geheime Treffen?“ „Ich weiß es nicht wirklich“, sagte Yasujiro. „Ich denke, das ist der geheime Teil von einem geheimen Treffen. Doch ich weiß, dass ich eine große Zuzahlung bekomme, wenn ich dich dorthin bekomme, bevor die Wächterin herausfindet, dass sie ein Lebendes innerhalb der Wände hat.“ Lebendes? Yasujiro hat ein Zanpakutō erwähnt, also bedeutete es, dass die Person, die sie trafen, ein Shinigami war? Konnte er es wagen zu hoffen, dass es Renji war? Byakuya ging schneller. Yasujiro bemerkte es und begann zu joggen. Zellentüren waren bereits für sie geöffnet und Byakuya begann sich zu sorgen, was dieses ‚geheime Treffen‘ Renji kosten würde… oder wer auch immer es arrangiert hatte. Sie bogen um die letzte Ecke und Yasujiro benutzte ein Schlüssel an seinem Gürtel, um eine westlich aussehnde Tür zu öffnen, an der ein Zettel mit den Kanji für ‚NUR FÜR PERSONAL‘ hing. Er warf die Tür auf und… Oh Gott, ja, da war Renji, der aufstand, um ihn zu begrüßen. Es benötigte jeden Funken Willenskraft, um sich nicht in diese vertrauten Arme zu werfen. Doch der Impuls war wesentlich einfacher im Zaum zu halten, als er Vizekommandant Ōmaeda am Tisch sitzen saß, wie er auf einer Tüte Kartoffelchips herumkaute. Renjis Gesichtsausdruck war… wild entschlossen. Zwar trug er nicht wie gewohnt sein Bandana und die Tattoos auf Stirn und Augenbrauen hatten sich fast schon wütend zusammengezogen. „Renji? Was ist passiert? Was ist los?“ „Deine Haare. Sie haben verdammt noch mal deine Haare geschnitten.“ „Ja. Es ist in Ordnung. Ich habe darum gebeten“, sagte Byakuya. „Sag mir, warum du so dringend kommen musstest.“ „Deine Haare…“ „Renji, reiß dich zusammen“, sagte Byakuya, doch Renji kam einfach nicht darüber hinweg. Byakuya sah… nun ja, das war die Sache – er sah unheimlich attraktiv aus. Der grobe Haarschnitt hatte alles unterhalb der Ohren entfernt, doch von seinem Pony war fast alles geblieben. Eine der längeren, Strähnen des Ponys fiel über sein Auge, sah super-hinreißend aus in einer Weise, die Renji nur ein wenig unkomfortabel machte. Nein, streich das – sehr unkomfortabel. „Du siehst fast wie Rukia als Junge aus“, sagte Renji, als er das bemerkte. Sein Atem kam in eigenartigen Stößen, während er versuchte, seine Gedanken dazu zu ordnen. „Wie ist das möglich, dass du fast genauso wie Rukia aussiehst?“ „Vielleicht, weil sie seine Schwester ist, du riesiger Volltrottel?“, sagte Ōmaeda mit dem Mund voller Chips. Beim Sprechen der ‚s‘-Laute spukte er Chipskrümel auf seine Uniform. „Gott, Abarai, ich habe immer schon gehört, dass du ein Idiot bist, aber ich habe nicht gedacht, dass du so dumm bist.“ Renji wollte anmerken, dass Rukia seine Adoptivschwester war und daher nicht blutsverwandt war. Doch die große, blonde Wache, die Byakuya hergebracht hatte, sagte: „Wir haben nicht viel Zeit.“ „Ja, sag mir, warum du hier bist“, sagte Byakuya scharf. „Hat sich meine Familie schon in Bewegung gesetzt?“ „Nein“, sagte Renji. Er musste seine Augen von Byakuyas Haaren reißen, um zu reden, denn wie konnte Rukia blutsverwandt sein? Denn von allem, was er wusste, war Rukia ein Ebenbild von Hisana. Sie waren die Geschwister: Hisana und Rukia, nicht Byakuya und Rukia. Richtig? „Renji?!“ „Uh, richtig“, sagte Renji, beugte den Kopf und starrte auf den Tisch unter seinen Handflächen. „Ich bin gekommen, um dich zu informieren, dass ich die Gelder der Division einsetze, um dich aus dem Bereich der gewöhnlichen Insassen herauszuholen.“ „Mich informieren?“, sagte Byakuya, klang dabei etwas überrascht und angesäuert. „Was, wenn ich mich weigere?“ Renji blickte auf und starrte ihn hart an. Was zum Teufel war das gerade? Warum wollte er da nicht raus? Sah er keinen Bedarf, dass er dort so schnell wie möglich herauskam? „Ich bin der Kommandant in Vertretung. Das ist ein Höflichkeitsbesuch.“ „Echt heftig“, gluckste Ōmaeda. Ja, nein, das war nicht richtig herausgekommen, oder? „Können wir vielleicht 5 Sekunden alleine haben?“, schnaubte Renji. Es lief gerade alles schief. Er konnte nicht sagen, was er wollte und verdammt, er kam einfach nicht über die Ähnlichkeit mit Rukia hinweg. Byakuya dort zu sehen, der ihr so sehr glich, nun ja, es war verdammt verwirrend und löste all seine Schuldgefühle darüber aus, dass er Rukia beinahe hatte hinrichten lassen. Scheiße, schau ihn mal an. Nein, tu es nicht. „Verdammt noch mal“, sagte Renji. „Nur 5 Sekunden.“ Sowohl Ōmaeda als auch die blonde Wache schüttelten ihre Köpfe. Die Wache deutete auf Zabimaru. „Du könntest ihn in 5 Sekunden umbringen. Und es klingt für mich, als hättest du irgendeinen Groll auf ihn, wenn du hierherkommst, um ihn so zu schikanieren, Herr Kommandant in Vertretung.“ Renji schluckte ein ‚Verpiss dich‘ hinunter, als Byakuya sagte: „Das ist ein einfaches Missverständnis. Meine aktuelle Situation ist akzeptabel.“ ‚Akzeptabel‘, war er völlig von der Rolle? „Du bekommst immer noch dein anfallendes Honorar“, bemerkte Renji. Dann war er sich aber nicht so sicher. Er blickte zu Ōmaeda, um das zu bestätigen. „So läuft das hier doch, nicht wahr?“ Ōmaeda, der seine Füße auf den Tisch gelegt hatte, als würde er die Show genießen, nickte. Er plusterte sich auf, als wolle er eine Rede von Kompetenz schwingen, als die Tür aufgestoßen wurde. Eine Frau mit einem Schock von weißen Haaren stand in der Tür und hielt den Knauf. Sie blickte sie alle an und fixierte dann Renji. Ihre Augen fuhren von seinen Tattoos hinunter, um sich auf Zabimaru zu legen. Renji konnte schwören, dass sich das Zanpakutō näher an seine Hüfte schmiegte. Instinktiv drehte er sich so, um seinen Körper als Schild zwischen ihnen zu nutzen. Ōmaeda sprang auf und schob seine Brust heraus. „Das ist eine Angelegenheit der Hofgarden, Wächterin. Ich habe die Autorität hier.“ Sie ignorierte Ōmaeda und ging weiter in den Raum. Renji hielt Zabimaru von ihr weg und so umkreiste sie ihn. „Schaut euch zwei an, so eng“, sagte sie mit einem Lächeln. Ihre Augen sprangen kurz zu seinen Tattoos, doch schienen auch etwas Tiefgreifenderes zu spüren: „Du änderst dich für sie, genauso wie sie sich für dich ändern.“ Renji spürte, wie sich ein Knurren in seiner Kehle formte. Er zeigte ihr die Zähne. Aus dem Augenwinkel sah Renji, wie Ōmaeda die Situation zum Vorteil nutzte und alle wegscheuchte. Byakuya schien zu versuchen, Blickkontakt aufzunehmen, doch Renji konnte sich nicht erlauben, auch nur kurz von dieser Frau wegzuschauen, die hinter seinem Zabimaru her war und ihm ernsthaft Angst einjagte. „Diejenigen mit Bestien enden normalerweise hier, weißt du“, schnurrte sie. „Letztendlich. Es ist nur eine Frage der Zeit.“ „Ja? Wie ist dein Vorrat an Dämonen?“ „Oh“, sie sah aus, als hätte Renji ihr das feinste Juwel angeboten. „Ein Dämon. Solch eine Rarität. Aber ja, ein sehr Dunkler weilt hier auch. Doch er hat seinen eigenen Schwanz aufgefressen, ihn heruntergeschluckt, wie sie es eben tun.“ „Ich habe keine verdammte Ahnung, wovon du redest, Frau.“ Sie trat näher und machte greifende Bewegungen mit ihren Händen, also ließ Renji seine eigene Hand sich um Zabimarus Griff schließen. „Aber du bist nicht wie er, das kleine Wiesel“, sagte sie, ging einen Schritt zurück und faltete ihre Hände vor ihrer schmalen Brust. „Du kannst deine Form nicht verwandeln. Also wirst du mir den Dämon übergeben müssen.“ „Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass wir lieber sterben“, bemerkte Renji. Zabimaru knurrte und zischte in Zustimmung. Ōmaeda wählte diesen Moment, um wieder hineinzukommen. „Hey Abrai, ich denke, wir beide sollten gehen“, bellte er unbeholfen. „Es ist… uh, spät und wir haben diese Sache zu erledigen.“ „Ja“, sagte Renji und ging rückwärts aus der Tür und behielt dabei seine Augen auf diese verdammt seltsame Wächterin gerichtet. „Klingt nach einem Plan.“ Zurück in seiner Zelle drückte Byakuya das Kissen fest gegen seine Brust. Es roch nach Beize und Flohpulver, doch er presste sein Gesicht tiefer hinein. Seine Rüstung hatte ihn im Stich gelassen; der kleinste Pfeil hat seinen schwächsten Punkt durchbohrt. Es waren immer die törischsten Dinge, die am meisten schmerzten. Seine Kehle schnürte sich zu. Renji hasst meine Haare. Kapitel 29: Division in the Ranks --------------------------------- Im Madennest wurde es niemals vollständig dunkel. Vielleicht war das so, weil sie so tief im Untergrund waren und die Dunkelheit ansonsten absolut sein würde. Also schien immer eine Art künstliches Licht in Byakuyas Augenwinkeln zu flackern. Er brachte, dank dem Kissen auf seinem Kopf, einen unruhigen Schlaf zustande. Jedes unbekannte Geräusch weckte ihn – und da waren viele seltsame Laute in der Mitte der Nacht. Kratzen, Stöhnen und sogar das deutliche Schniefen beim Weinen. Byakuya hatte das Gefühl, dass er gerade erst weggedöst war, als die Hupe zum Frühstück erklang. Tens Füße waren fast lautlos, als er auf den glatten Steinboden neben Byakuyas Bett landete. „Frühstück wird kein Spaß werden“, sagte Ten. „Aber wir können es uns nicht leisten, es zu verpassen, Kommandant.“ An irgendeinem Punkt hatte Ten entschieden, dass ‚Kommandant‘ die einzige Bezeichnung war, die Byakuya benötigte. Byakuya hatte entschieden, dass es gut genug passte und zumindest eine Besserung zu den verschiedenen Varianten von ‚hübscher Junge‘ war, die sonst seine potentiellen Spitznamen werden könnten. Byakuya stand auf und folgte Ten zur Zellentür, welche sich beim Klang des Alarms automatisch geöffnet hatte. „Frühstück ist die einzige Mahlzeit, die die meisten Leute hier bekommen“, erklärte Ten, als sie den Gang mit den Zellen entlang gingen. Er ging neben Byakuya her, seine Stimme war leise. „Es ist widerlich. Grau in Grau, so sehr grau. Ich denke immer, dass ich mich dran gewöhnen werde, aber das tue ich nicht.“ Andere Insassen bewegten sich in einer Art lose Warteschlange neben ihnen. Ein großer Mithäftling, Byakuya erkannte ihn an dem Veilchen, den er ihm am rechten Auge verpasst hatte, nickte respektvoll. Danach machte er einen großen Bogen um Byakuya und Ten. Ten hatte diesen Austausch beobachtet und lehnte sich zu Byakuya. „Nützlich. Werde jetzt nur nicht nachlässig. Vertrau mir, sie planen eine Revanche.“ „Verstanden“ sagte Byakuya. Während des gestrigen Kampfes hatte Byakuya gelernt, dass auch wenn Shunpo fast so wie immer für ihn funktionierte, Kidō nahezu nutzlos war. Er hatte es fast geschafft, eine Barriere hervorzubringen, doch sie war so schwach und wackelig gewesen wie alles, was Renji hätte aufbringen können. Renji. Die andere Sache, die Byakuya letzte Nacht wachgehalten hatte, waren seine Gedanken an ihre kurze Interaktion gestern gewesen. Rückblickend sah es so aus, als hätte Renji vielleicht einen Grund gesucht, ihn zu sehen. Sonst war es sehr unüblich für Renji, so ein Aufheben für etwas zu machen, das so ultimativ und unnötig war. Immerhin hatte Renji gewünscht, das Budget umlegen zu können, um Byakuyas Situation zu ändern, obwohl er bereits die Autorität hatte, dies zu tun – wie er so unhöflich bemerkt hatte. Und obwohl Byakuya weiterhin erwartete, dass Renji seine Drohung wahr machte, war soweit noch nichts Derartiges gekommen. Renji hatte gewirkt, als sei er – wütend? ... abgeschreckt? … geschockt über seine Haare gewesen? – Genug, dass es Byakuya überraschte, dass sein Wunsch, es so zu belassen, gewährt worden war. Sie kamen zu etwas, das offensichtlich die Kantine war und doch seltsamerweise aussah, als sei sie hastig zusammengestellt worden. Vielleicht war sie das, dachte Byakuya. Vielleicht war dieser Raum normalerweise der Aufenthaltsraum. Lange Tische standen an der einen Wand, dort war etwas aufgetürmt, was wie Styropor-Schalen aussah. Byakuya beobachtete die Insassen, wie sie sich eine Schale holten und sich anstellten, um etwas suppiges aus einer großen Schüssel zu holen. Aus der Entfernung roch es nach dreckigem Spülwasser. Der Geruch wurde nicht besser, als sie näherkamen. Byakuya blickte auf die lauwarme Schlabber, die in seine Schale gekippt wurde und dachte, dass er etwas Reis entdeckt hatte. Es war undefinierbar, doch es traf auf Tens Beschreibung zu: Grau, Grau in Grau Grau. Es gab keine Löffel. Offensichtlich wurde von allen erwartet, dass sie einfach die Schüssel nutzten, um den Schlabber-Brei zu trinken. Genau das war es, was die meisten Leute ohne Zögern taten und das auch ohne sich damit aufzuhalten, einen Sitzplatz zu suchen. Sie tranken einfach ihr Frühstück, als sie zum Ende der langen Tischreihe gingen und warfen dort ihre leere Schale in den Mülleimer. Byakuya wusste, dass er das Gleiche tun musste, doch der Geruch machte es schwierig, die Schale überhaupt in die Nähe seiner Nase zu bringen. Die Akademie hatte ihm beigebracht, dass man keine Show abzog, indem man sich die Nase zuhielt. Das führte zu Hohn und Verachtung. Er war nah am Mülleimer. Also schluckte er so schnell er konnte, so viel herunter, wie er konnte. Und übergab sich prompt. Zum Glück war er nahe genug am Mülleimer, dass er nur in diese Richtung zielen musste. Da waren natürlich raues Gelächter, Applaus und einige Rufe wie „Verdammt richtig, das ist widerwärtiger Scheiß!“ von einigen Insassen zu hören. Bald schon fragten sich einige, ob sie Byakuya jemals zuvor gesehen hatten. Das Gelächter änderte sich in Flüstern von „Jemand Neues“ und dann Ausrufe von „Frischfleisch!“. Byakuya währenddessen würgte mit völligem Fehlen von Würde über dem Mülleimer. Ein losgelöster Teil seines Verstands war plötzlich sehr dankbar für seine kurzen Haare. Auch wenn nichts mehr hochzukommen schien, verkrampfte sich sein Magen weiterhin. Endlich realisierte er, dass der Geruch von der Mülltonne ihn in einen Teufelskreis schickte. Also stieß sich Byakuya von dem Eimer ab und entfernte sich schwankend. Er wischte sich seinen Mund ab und betrachtete den Schaden, den er an seinem Shihakushō angerichtet hatte. Dabei entdeckte Byakuya, dass sich Leute um ihn versammelt hatten. Und, dass Ten schon wieder verschwunden war. Er bemerkte auch, dass einige wenige Ausgewählte tatsächlich Uniform trugen, trotz dem, was Soi Fon angedeutet hatte. Er konnte nicht mehr als ein Dutzend von ihnen zählen. Sie standen heraus, denn die meisten trugen, was Ten auch trug: Eine Art einfachen, weißen Gi. Die in Weiß hielten einen gewissen Abstand, blieben gewissenhaft außer Schlagreichweite. Die Menge teilte sich, als ein Mann – dunkelhäutig mit einem kontrastreichen, weißen, geometrischen Tattoo, dass sich wie Schuppen auf einer Seite seines Gesichts überlagerte und seinen Hals hinterging, um dort in seiner Uniform zu verschwinden – aufstand. Er ging auf Byakuya zu. Die Menge verstummte, als er eine einzige Frage stellte: „Deserteur?“ „Nein“, sagte Byakuya fest. „Ha!“, kam eine Stimme von hinten, ein kleiner, kräftiger Mann mit grellen blassgrünen Haaren stand auf dem Tisch. Er trug auch die Uniform eines Soldaten der Hofgarden. Mit einem breiten Grinsen verkündete er: „Dann ist es einer von meinen. Verräter!“ „Nein.“ Der tätowierte Deserteur musterte Byakuya von oben bis unten. „Da sind nicht viele Optionen übrig, Kamerad. Die Hofgarden schicken dich nicht wegen Mord hier runter. Dafür geben sie dir ein Empfehlungsschreiben.“ „Bei allen Göttern, spielt es eine Rolle?“, murmelte der Verräter. Er stand immer noch auf dem Tisch, lehnte mit einer Schulter gegen die Wand, seine Arme waren vor der breiten Brust verschränkt. Byakuya dachte, dass er mit seinen grünen Haaren ein wenig wie ein Troll aus einem Märchenbuch aussah. „Aber Adachi hat da Recht. Frühere Offiziere werden ziemlich fair zwischen Feiglingen wie ihm und Anführer wie mir aufgeteilt. Vielleicht bist du dir nicht sicher, in welche Kategorie deine Straftat fällt, Soldat. Sag uns, was es ist und wir helfen dir, es herauszufinden. Byakuya richtete seinen Blick auf den Verräter. „Ich habe kein Interesse, mich mit irgendwem zu verbünden. Ich bekleide immer noch meinen Rang als Kommandant.“ Da war ein Moment der Stille. Dann ließ ein großer, schlaksiger Mann in Uniform, dessen Haare fast so lang und glatt waren, wie die von Ukitake, aber so tiefschwarz, wie Ukitakes Haare schneeweiß waren, einen langen Seufzer hinaus. „Dann einer von meinen“, sagte er, seine Stimme war ein sanftes Schnurren. „Verrückt.“ Es kam selten vor, dass Renji Kopfschmerzen hatte, die nichts mit einem Kater zu tun hatten, doch sein Kopf hämmerte an diesem Morgen. Er beugte sich über seinen Tee in der Kantine, hörte dem Bericht von Nanakos Ausschuss zu und realisierte, dass vielleicht tatsächlich Stress diesen Schmerz ausgelöst hatte. Derartige taktische Entscheidungen zu treffen machten ihn wahnsinnig. Er wollte es wirklich gerne an jemanden abgeben. Bevorzugt Byakuya. „Also, was sollten wir tun, Renji?“, fragte ihn Nanako. „Wie du gestern aufgeführt hast, sitzen unsere Ranglosen quasi auf dem Präsentierteller. Sollen wir sie zurückrufen?“ „Ich weiß es nicht“, gab er zu und jagte mit seinen Stäbchen das letzte Stück Seeteufel auf seinem Teller. „Die Sache ist die, dass ich mir Sorgen mache, ob ein Zurückrufen genau das ist, was die Familie auf ein Problem hinweist. Ich meine, wir schicken Höllenschmetterlinge raus und sagen unseren Leuten, dass sie ASAP zurückkommen sollen, schön. Aber die Familien werden protestieren, dass sie ohne Eskorte hängen gelassen worden. Irgendjemand wird herausfinden, was passiert ist, auch wenn wir Stillschweigen bewahren. Dann haben wir im Grunde alles aus der Hand gegeben und sie könnten es immer noch auf unsere Ranglosen abgesehen haben.“ „Aber die könnten es rechtzeitig nach Hause schaffen“, Nanako griff über den Tisch und füllte Renjis Tee auf. „Also informieren wir sie nur über die Möglichkeit? Stellen sicher, dass sie auf der Hut sind?“ Renji rieb sich die Stirn. „Was dachte dein Ausschuss, ist die beste Idee?“ „Wir waren uneinig“, sagte sie. Als ihr die große Reisschüssel für alle am Tisch gereicht wurde, nahm sie sich noch einmal was und schob sie dann über den Tisch zu Renji. Er nahm sich etwas und gab sie auf seiner Seite des Tisches weiter. „Die Person, von der am höchst gestellten Adelsfamilie unter uns denkt, dass es unwahrscheinlich für irgendeine Familie sei, die Möglichkeit zu haben, tatsächlich erfolgreich einen Shinigami zu schnappen. Sie merkte an, dass das der ganze Grund hinter dieser Eskorte sei. Sie sind im Grunde untrainierte Zivilisten.“ „Ja, doch typisch für Adlige, sie hat das Gefolge vergessen“, sagte Renji. „Die meisten dieser Familien haben bewaffnete Personenschützer unter ihren Angestellten. Unsere Leute sind viel besser trainiert, doch potentiell können es viele von denen sein. Immerhin sind die Shinigami als Ehrenwache unterwegs, nicht als echte Verteidigung.“ Nanako lächelte. „Das ist, was auch der Rest von uns angemerkt hatte. Sie war immer noch ziemlich beleidigt, dass wir die Kuchiki als so kriegslüstern betrachten, doch ich habe sie daran erinnert, dass das die Befürchtung des Kommandanten war. Ich denke, es ist wegen ihrem Hintergrund wichtig zu sehen, dass sie so verärgert war. Es ist eine potentielle Reaktion.“ Richtig. Denn egal was sie tun würden, es gäbe eine Nebenwirkung. „Was ich wünschte“, seufzte Renji, „ist, dass es vernünftig wäre, unsere Offiziere mit Rang rauszusenden, um die Neuigkeit persönlich zu übermitteln und jede Situation individuell zu bewältigen.“ Nanako, die gerade einen Schluck Tee genommen hatte, hielt mitten im Schlucken inne. Sie setzte die Schale ab und blinzelte ihn an. „Warum können wir das nicht tun? Es gibt nur ein Dutzend Familien oder so. Wenn alle Shunpo nutzen, könnten sie in wenigen Tagen wieder hier sein.“ „Würden wir für uns selbst kein Risiko eingehen?“, fragte Renji. „Nur, wenn eine Armee über Nacht auftaucht, was nicht sehr wahrscheinlich ist“, sagte Nanako und sah hoffnungsvoll aus. „Soll ich ein Team aus unseren Schnellsten zusammenstellen?“ „Nein“, sagte Renji. „Nicht die Schnellsten. Stelle sicher, dass du unsere Schlausten, Eloquentesten schickst. Ich möchte freie Denker, die Stimmungen lesen können, verstehst du, was ich meine? Niemand der noch mehr Ärger macht, indem er etwas sagt oder tut, was dumm oder übereilt ist.“ Nanako lachte freundlich. „Mit diesen Vorgaben, Vizekommandant, dürfte ich sie nicht losschicken.“ „Ganz genau“, nickte Renji. „Ich bin nicht verrückt“, beharrte Byakuya. Er war zu dem Tisch mit dem langhaarigen, dunkelhäutigen Shinigami gescheucht worden. Er stellte sich als Miyamoto vor und bot ihm eine passable Tasse Tee an. Der Tee hatte so gut gerochen, dass Byakuya geblieben war, obwohl die drei anderen uniformierten Shinigami am Tisch als ‚Verrückte‘ identifiziert worden waren. „Du weißt schon, dass das jeder sagt. Doch ich bin mir trotzdem sicher, dass es in deinem Fall wahr ist“, sagte Miyamoto und klang dabei gar nicht so, als würde er das Byakuya auch nur für einen Moment abnehmen. Tatsächlich fuhr er fort: „Es ist schade, dass du unter Wahrnehmungsstörungen leidest, Kommandant. Ich hätte einen weiteren Soziopathen brauchen können. Doch es ist so selten, dass wir aufgefangen werden und auch wenn ich es hasse, Adachi nachzuplappern ist es war, dass Soziopathie als vorteilhafte Qualität in den Hofgarden angesehen wird.“ Byakuya nickte abwesend und genoss die Wärme des warmen Porzellans in seiner Hand. Sie waren die einzigen am Tisch, die echte Teller und Schalen am Tisch hatten. Ein sehr großer, mürrischer Mann aus ihren Reihen stand auf und ging durch eine Tür, die mit ‚Kein Zutritt‘ markiert war und erhielt die Sachen für sie. Niemand hielt ihn auf. Tatsächlich waren alle sogar sehr darauf bedacht, ihm nicht im Weg zu stehen und kein Blickkontakt zu ihm zu haben. Selbst die Wachen schauten in die andere Richtung und taten so, als bemerkten sie das nicht. Der große Mann saß Byakuya nun direkt gegenüber. Jeder entblößte Teil von ihm hatte eine Narbe und eine große Ecke war aus seinem Ohr geschnitten. Seine Haare hingen zwischen seinen Augen, waren sorgfältig über seine Schultern gekämmt und waren von einem Rost-Blond, fast rot, was Byakuya – natürlich – an Renji denken ließ. Miyamoto bemerkte Byakuyas Interesse und sagte: „Toda ist unsere eierlegende Wollmilchsau, paranoide Schizophrenie. Du könntest ihn in die Spate Gewaltverbrechen einordnen, doch noch einmal, dass ist normalerweise als Fähigkeit in den Hofgarden angesehen. Wie auch immer, ich glaube, dass Toda weiterhin die einzige Seele ist, die jemals aus der Elften geworfen wurde, weil sie zu gewalttätig war.“ „Kenpachi Zaraki hat dich für zu gewalttätig befunden?“, fragte Byakuya erstaunt. Feurige, braune Augen schnellten nach oben, um Byakuya in seinen Blick zu fesseln. „Nein, nicht Zaraki. Ich bin schon eine lange, lange Zeit hier drinnen. Mein Kenpachi war ein Schlappschwanz.“ „Und doch konntest du ihn nicht schlagen“, bemerkte Miyamoto locker. „Nun ja, zumindest legal. Ich sage immer noch, dass es recht unfair war, dass du nicht genügend Zeugen hattest.“ „Ich hatte einen Haufen Zeugen“, schnaubte Toda. „Feige, unloyale Bastarde, die sich wegen der Strafverfolgung beim Militärgericht eingesetzt haben, nicht wahr?“ „Toda sagt, dass sie die Regel mit den 200 Zeugen wegen ihm gemacht haben. Oh, das erinnert mich an etwas, Kommandant“, Miyamoto beugte sich weit genug zu Byakuya vor, dass sich ihre Schultern berührten und flüsterte hinter vorgehaltener Hand: „So verführerisch es vielleicht ist, nenne Toda nicht ‚Kenpachi‘, auch wenn er eigentlich diesen Titel verdient hat. Es scheint vielleicht wie eines der Dinge, mit dem man ihm schmeicheln kann, doch es ist das, was wir an diesem Tisch als ‚Auslöser‘ bezeichnen. Falls du aber darauf hoffst, zu sterben oder absichtlich seinen Zorn auf dich lenken möchtest, dann mach nur.“ „Ich werde diesen Fehler nicht begehen“, versicherte Byakuya ihn. Er würde genauso wenig sagen, auch wenn es weitaus verführerischer war, dass es nur einen Kenpachi gab und dieser Mann nicht er sei. Die anderen beiden Shinigami am Tisch schienen desinteressiert an allem, was am Tisch passierte und starrten stattdessen in die Leere. Sie schienen auch wie Zwillinge. Miyamoto stellte sie vor: „Ding eins und Ding zwei. Frühere Experimente von Mayuri. Niemand kennt ihre echten Namen und, nun ja, sie können sie uns nicht mehr wirklich sagen.“ „Ah“, sagte Byakuya unwohl. „Also, das ist unsere kleine Truppe“, sagte Miyamoto erfreut. „Die gute Neuigkeit ist, dass die Bosse Angst vor uns haben, also wird von uns selten erwartet, dass wir die Routinearbeit oder andere Knast-Pflichten erfüllen. Das letzte Mal, als sie mich in den Waschraum gelassen haben, gab es eine kleine Explosion, Chemikalien sind sehr gefährlich in den falschen Händen, weißt du. Und dann war da mal ein Tag, an dem sie dachten, es wäre eine gute Idee, Toda einen Wischmopp zu geben. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob die Wachposten mittlerweile wieder voll besetzt sind…“, Miyamoto lächelte fröhlich bei der Erinnerung. „Mehr Tee, Kommandant?“ „Ja, vielen Dank“, sagte Byakuya. „Doch ich versichere dir, dass ich nur für drei Wochen hier bin.“ Miyamoto gluckste, während er den Tee ausschenkte. „OH, das ist so süß. Aber das wird sehr ermüdend, Kommandant. Vielleicht könntest du so etwas nur vor dich herflüstern? Toda hat weitestgehend gelernt, das zu tun. Es lässt den Tag von allen so viel glatter verlaufen, wenn wir mit unseren Illusionen nicht wetteifern, du verstehst sicherlich. Also haben wir uns auf eine Geschichte verständigt und die lautet: Wir hängen zusammen im Gefängnis, bis einer von uns herausgefunden hat, wie er alle umzubringt, außer uns selbst und dann machen wir die große Flucht. Kannst du das mal für dich ausprobieren? Sicherlich passt es zu deinen Ansichten, immer noch in den Hofgarden zu sein. Stell dir uns als deine Division vor und all die anderen sind Hollows oder irgendwelche anderen Feinde. Das kannst du doch?“ Da er nicht wusste, was er sonst sagen sollte, nickte Byakuya. „Ja, natürlich.“ „Dann gibt es noch die Angelegenheit der Rangordnung, Kommandant. Ich erwarte von dir keine Degradierung“, schnurrte Miyamoto. „Also fürchte ich, dass du mir erlauben musst, den Platz als Generalkommandant einzunehmen.“ „Ich verstehe“, sagte Byakuya und wünschte sich dabei wirklich, dass er diese Leute davon überzeugen konnte, dass er nicht Teil ihrer Truppe war. Doch es war offensichtlich, dass je mehr er protestierte, er desto verrückter erschien. „Also gut.“ Renji ging in Richtung des Übungsplatzes, als ihn Aio zur Seite winkte. „Hey, du“, sagte er und warf ihr ein warmes Lächeln zu. „Was bringt dich hierher?“ Sie errötete hübsch und beugte ihren Kopf. „Der junge Herr fragt den Kommandanten der Division, ob er ihn in der Bibliothek treffen könnte.“ Das klang höllisch formal, doch Renji vermutete, dass Shinobu wahrscheinlich ausprobierte, wie all das funktionierte. Renji war versucht, Aio zu sagen, dass sie dem Erben sagen könne, dass er direkt rüberkam, wenn er mit der Einheit ein paar Übungen durchgegangen war, doch entschied dann, sich so zu verhalten, als hätte ihn Byakuya danach gefragt. „Ja, warte mal.“ Mit einem Wink zu Kinjo sagte Renji: „Hey, übernimmst du für mich 10 Minuten, ja?“ „Okidoki, Boss“, rief Kinjo zurück. ‚Boss‘, huh? Ok, nun ja, zumindest war die Antwort nicht ärgerlicher als sonst. „Du bist immer noch ein Arsch, Kinjo.“ Kinjo lachte. „Ich vermute, du gehst los und schreibst das in meine offizielle Akte, eh, Kommandant in Vertretung?“ „Kumpel, das steht bereits da.“ Damit folgte Renji Aio durch das hintere Tor, die zum Anwesen führte. Es war seltsam, durch die bekannten Tore und durch den winterlichen Garten zu gehen und zu wissen, dass er Byakuya nicht sehen würde. Renji hasste es, es zuzugeben, doch er hat versucht, überhaupt nicht an Byakuya zu denken. Gestern war so… beschissen gelaufen. Er war panisch zum Madennest gelaufen ohne wirklich gewusst zu haben, was er zu erreichen erhoffte. Und dann war er völlig perplex gewesen, wie sehr Byakuya mit kurzen Haaren wie Rukia aussah… Ja, nein, er war davon zurückkehrt, fest entschlossen zu trainieren, bis er nicht mehr geradeaus sehen konnte, ins Bett zu fallen und darüber später oder gar nicht mehr nachzudenken, was davon auch immer zuerst kam. Zum Glück war der Idiot Ōmaeda so versessen darauf gewesen, ein Stein bei den Kuchikis im Brett zu haben, dass er es tatsächlich geschafft hatte, sie beide herauszuschleusen, bevor es Soi Fon überhaupt mitbekam. Er hatte diese gruselige Wächterin auch für ihr Schweigen bestochen. Mit Glück würde es keine offiziellen Nachwirkungen geben. Doch inoffiziell…? Er bekam immer noch nicht das Bild von Byakuya aus seinem Kopf. Es war immer befremdlich, ihn so verletzlich ohne Kenseikan zu sehen, doch diese übergroße Uniform hat ihn fast schon wie ein Kind wirken lassen. Der Haarschnitt half dabei keineswegs. Renji war nicht unbedingt besonders auf Byakuyas Haare fixiert, doch es war ein Schock gewesen. Es hat nur zu dem Gefühl beigetragen, dass Byakuya irgendwie verloren und… klein ausgesehen hatte. ‚Klein‘ und ‚verletzlich‘ waren die wirklich letzten Worte, die Renji jemals nutzen würde, um Byakuya zu beschreiben. Und ihn so zu sehen, hatte ihn außer Lage versetzt, damit klarzukommen. Renji trat aus seinen Sandalen und folgte Aio zur Bibliothek. Er fand Shinobu am Kotatsu und verschluckte sich beinahe, als er den Kenseikan sah. Der knochenweiße Haarschmuck war fast verloren in den weichen, braunen Locken des Jungen und irgendetwas war falsch damit. Die Zacken, die so prominent gewesen waren, als Byakuya es getragen hatte, schienen sich zu glätten und zusammenzuschieben, es sah aus, als wäre es ein bisschen geschmolzen oder wäre mutiert in… eine dezentrierte knöcherne Schädeldecke, um der Haare wuchsen. Ehrlich gesagt sah es aus, als würde es versuchen, ein Teil von Shinobus Körper zu werden und das in einer sehr gruseligen Art und Weise. „Was zum…? Was ist mit dem Keinseikan passiert?“ Shinobu hob die Hand, als wolle er es berühren, doch zog sie wieder weg, als sei es heiß. „Byakuya-sama sagte, dass das wohl passieren wird. Ich konnte es letzte Nacht nicht rausbekommen und heute Morgen hatte es sich verändert.“ Selbst wenn er nicht eingeladen worden war, ließ sich Renji gegenüber dem Erben nieder und rutschte unter die Decke des Kotatsu. „Soll es so aussehen?“ „Offensichtlich“, sagte Shinobu. „Byakuya-sama sagte, dass der Knochen vom Hollow immer noch lebendig ist und dass es sich verformt, um jeden Kuchiki zu passen, der es trägt.“ Huh. Kein Wunder, dass es Byakuya immer so gut aussehen ließ. Es hat sich wortwörtlich geformt, um ihm zu passen. „Also reagiert es auf dein Reiatsu?“ Shinobu zuckte mit den Schultern. „Ich denke…? Ehrlich gesagt, finde ich es gruselig.“ Renji nickte. Er hatte niemals über die Schlussfolgerung nachgedacht, dass etwas den Teil des Kenseikan am Leben erhielt, was von dem Hollow-Knochen kam, doch etwas musste es sein. Immerhin lösten sich Hollows auf, wenn ihre Maske zerbrochen wurde. Natürlich brachte das auch die Frage auf, ob der Schmied des Kenseikan den Knochen von einem gefangenen und noch lebendigen Hollow erntete oder ob irgendeine komplexe Magie dahintersteckte, bei der eine Seele gefangen genommen und in irgendeinen immerwährenden Zustand versetzt wurde , damit es sich nicht auflöste? „Ähm, ich denke, wir sollten zu dem Punkt kommen, warum ich dich herbestellt habe, Kommandant in Vertretung“, sagte Shinobu etwas unsicher. Renji wartete geduldig. Es war offensichtlich, dass Shinobu sich vorantastete, wie das Ganze weitergehen müsste. Die ganze Sache mit ‚ein Familienoberhaupt zu sein‘. Es war irgendwie süß. Renji hoffte nur, dass der Junge nicht nach etwas Unmöglichem fragte. „Hast du unseren Cousin gesehen? Gibt es etwas, was er benötigt?“ Oh. Renji war für alles bereit gewesen, aber nicht für eine persönliche Frage. „Uh, nun ja, ich denke, er war in Ordnung, als ich ihn gesehen habe. Ich meine, er war nur für ein paar Stunden drinnen gewesen. Er… ähm… nun ja, sie haben seine Haare geschnitten.“ Shinobus Hände flogen hinauf, um sein Gesicht zu verbergen. Seine Augen waren groß und er keuchte: „Oh nein!“ Die Reaktion war so ehrlich, so Kuchiki-untypisch, dass es dafür sorgte, dass Renji alles fühlte, was er bisher sich geweigert hatte, zu fühlen. Zabimaru ließ ein klagendes Heulen heraus und Renji sog stockend die Luft ein. Er legte sein Gesicht in seine Hände und murmelte: „Ich habe es gehasst, ihn so zu sehen. Ich wünschte, es gäbe etwas, das ich tun könnte. Ich meine, ich habe es versucht, aber er wollte nicht umziehen und, scheiße, ich weiß nicht, wie dieser Raum aussieht, ich hab ihn niemals gesehen, also vielleicht ist es auch schlimmer, ganz alleine zu sein…“ „Welcher Raum?“, fragte Shinobu. Renji blickte auf. Sollte er das erzählen? Oder war es ein Geheimnis, das er für Byakuya bewahren sollte. „Als mein Bruder ins Madennest kam, hat Byakuya ihm einen privaten Raum gekauft“, sagte Renji und entschied, dass es das beste war, den größten Teil der Wahrheit auszusprechen. „Ich habe versucht, das Gleiche für ihn zu arrangieren, doch Byakuya hat irgendwelche sturköpfigen Gründe, warum er unter den normalen Insassen bleiben möchte. Ich denke, er tickt da nicht ganz richtig, denn, scheiße, wenn er da bleiben möchte… oh, bitte entschuldige meine Ausdrucksweise.“ Shinobu winkte Renjis Sorgen weg. „Ich bin unter Bauern im Rukongai aufgewachsen. Ich habe ein paar Schimpfwörter gehört, Kommandant in Vertretung.“ Renji nickte und wünschte sich, es gäbe Tee. Er fühlte sich etwas deplatziert nur da zu sitzen und er fand, dass es eigenartig genug war, dass er feststellte, dass er seine Fäuste immer wieder öffnete und schloss. „Allerdings weiß ich überhaupt nichts vom Gefängnis“, gab Shinobu zu. Er blickte zu Renji, als hoffte er auf Aufklärung. „Ich habe das Madennest gestern auch zum ersten Mal in meinem Leben besucht“, sagte Renji und schüttelte den Kopf. „Der Abarai, der Gefängnisse kennt, ist mein Bruder Seichi.“ „Oh, exzellent!“, sagte Shinobu. „Dann müssen wir euch beide zum Abendessen einladen. Bitte, Kommandant in Vertretung, du und dein Bruder müssen heute Abend zum Abendessen vorbeikommen.“ Super, dachte Renji. Denn das würde nicht unangenehm werden. Als Byakuya zu seiner Zelle zurückkehrte, sah es aus, als sei sie leer. Ten war immer noch irgendwo unterwegs, wie es schien. Er schloss die Augen und legte sich auf sein Bett, versuchte ein wenig Schlaf nachzuholen. Ein Rascheln erklang von oben. Byakuya öffnete seine Augen und sah, wie Tens Kopf über der Kante baumelte, verkehrt herum und ihn anstarrte. „Du musst lernen, wie man lügt, Kommandant.“ „Tatsächlich?“, Byakuya faltete seine Hände vor der Brust. „Hätte ich ein Verräter oder Deserteur sein sollen?“ „Deserteur“, sagte Ten ohne einen Moment des Zögerns. „Egal, was über sie gesagt wird, sie sind keine Feiglinge. Sie sind wirklich stark und halten zusammen. Sogar seltsam gesetzestreu für Typen, die das Gesetz gebrochen haben. Sie beschützen auch uns Uffz.“ „Uffz?“ „Unteroffiziere“, gluckste Ten ein bisschen und hing immer noch kopfüber. „So nennt uns Adachi, auch wenn wir niemals das Innere der Akademie gesehen haben. Er sagt, die Hofgarden stecken nur die Starken hier rein und die Starken wären Offiziere geworden.“ „Da liegt er nicht falsch“, sagte Byakuya. Dann fügte er hinzu, auch wenn es offensichtlich war: „Du bewunderst ihn, den Deserteur.“ „Sag es nicht so, als wäre es irgendwas Schmutziges, wenn du nichts davon weißt.“ Tens Stirnrunzeln sah sehr eigenartig, fast schon lustig aus, da er kopfüber hing. „Du solltest ihn fragen, warum er hier ist. Du solltest sie das alle fragen.“ Alles, was Byakuya wissen musste war, dass Adachi seinen Posten verlassen hatte, seine Untergebenen und schlimmer noch, seinen Kommandanten missachtet hat. „Und die Verräter, sind ihre Geschichten genauso gut?“, fragte Byakuya und dachte dabei an seine eigenen verräterischen Momente. „Manche. Aber die, die hier sind, sind…“, Ten zuckte mit den Schultern, „… stolz? Sie stolzieren in ihren Uniformen herum, als wären sie besser als alle anderen, weil sie irgendeinen Status erreicht hätten. Sie nutzen immer noch ihre Ränge, wenn sie sich untereinander unterhalten, als wären sie immer noch in den Hofgarden. Sie sehen den Rest von uns nicht als potentielle oder verfehlte Soldaten. Sie sehen uns überhaupt nicht, außer als Hürden oder Ziele zum Tyrannisieren.“ „Und die Verrückten?“ Tens Kopf verschwand aus seinem Blick. „Das sind die Schlimmsten. Sie sind Raubtiere – die Art von Leuten, die dich nachts schnappen und nur aus Spaß übel mitspielen. Und nun bist du einer von ihnen, Kommandant. Gratulation.“ Kapitel 30: Hunger and Rumor ---------------------------- Byakuya starrte auf das Feldbett über seinem Kopf. Er hatte ein wenig geschlafen, etwas meditiert, einige Hakuda-Formen geübt und war durch die öffentlichen Orte des Madennests gewandert. Es war noch nicht einmal Nachmittag. Er war gelangweilt, sehr, sehr gelangweilt. Er stand auf, spähte in Tens oberes Feldbett und dachte daran zu fragen, ob es etwas gab, dass er gegen ein Buch – irgendein Buch – eintauschen könnte. Doch wieder einmal schien es, als wäre Ten verschwunden. Byakuya überlegte, ob er sich aus lauter Verzweiflung selbst an einem Buch bedienen sollte, doch er wollte nicht an seinem ersten Tag im Gefängnis zum Dieb werden. Mit einem Seufzen wandte er sich um. Er hatte vor, die Kohlezeichnungen an der Wand zu bewundern, als er ein seltsames Geräusch hörte. Es war wie ein gurgelndes Knurren und es schien von überall her zu kommen. Verwundert blickte sich Byakuya um und versuchte die Quelle ausfindig zu machen. Es passierte schon wieder – ein leises, rollenden Stöhnen, so nah. Byakuya wandte sich wieder um. Es klang, als wäre es direkt über ihm. „Wonach suchst du?“, Tens Kopf erschien über einem Stapel Bücher. Byakuya wollte Ten fragen, wie er das machte, wo er sich noch in einem Moment versteckt hatte, doch der Laut lenkte ihn ab. „Hörst du das?“, fragte Byakuya, als es erneut ertönte, eine abgehackte Art von Blubbern. „Wow“, sagte Ten, seine Arme über den Stapel Büchern verschränkt, der nahe am Kopfende seines Feldbettes war und sah zutiefst amüsiert aus. „Ernsthaft, du weißt nicht, was das ist?“ „Nein“, gab Byakuya zu, er fühlte sich ein wenig töricht deswegen, weil er sich in Richtung des Lautes drehte, nur um wieder nichts zu sehen, als würde eine Katze ihren eigenen Schwanz jagen. „Sollte ich?“ Ten rieb sich das Gesicht, als könnte er seinen Augen nicht wirklich glauben. „Ok. Wow. Du bist… also, wow. In Ordnung… dieser Laut-“, wie auf ein Zeichen hörte Byakuya es wieder, dieses Mal viel lauter – ein tiefes Grummeln. „-ist dein Magen. Du bist hungrig. Bist du ernsthaft noch nie zuvor hungrig gewesen?“ „Natürlich bin ich schon hungrig gewesen“, Byakuya runzelte die Stirn und legte eine Hand auf seinen Bauch. Er sagte jedoch nicht, dass auch wenn er zuvor hungrig gewesen ist, er zum allerersten Mal in seinem Leben nicht einfach essen konnte. Nahrungsmittel waren bisher für ihn immer nur eine Anordnung weit weg gewesen. Ten nickte, als könne er es immer noch nicht ganz glauben, überhaupt dieses Gespräch zu führen. „Nun ja, gewöhn dich dran. Du und ich, wir bekommen ein Abendessen, doch bis dahin sind es noch einige Stunden. Wasser hilft, um deinen Magen voll zu halten. Du kannst jederzeit Wasser haben. Du musst nur im Gemeinschaftsraum danach fragen.“ „Ich verstehe.“ Byakuya mochte es nicht, die Zelle zu verlassen. Seit die Verrückten-Division ihn adoptiert hatte, kam ihm niemand mehr näher oder versuchte auch nur mit ihm zu sprechen, doch er konnte spüren, wie er beobachtet wurde und die Kühneren beleidigten ihn. Byakuya wurde schon viele Dinge in seinem Leben genannt, doch verrückt war niemals eines davon gewesen. Er bemerkte, dass es ihn viel mehr störte, als er gedacht hatte. Vielleicht weil er, vor dieser Situation hier, sich selbst sagen konnte, dass sie anderen Beleidigungen – skrupellos, kalt, gnadenlos, grausam, unnachgiebig, herzlos – tatsächlich wahr waren und die Leute, die ihm solche Dinge an den Kopf warfen, kaum mehr als eifersüchtig waren. Und meisten besiegt zu seinen Füßen lagen. Ten schien das zu verstehen. „Ich könnte mit dir kommen, aber, ähm… Ich bin kein Soldat. Ich gehöre nicht zu deiner Division.“ „Gibt es niemals Allianzen mit Unteroffizieren, wie du dich selbst nennst?“, fragte Byakuya, dankbar für das Gespräch, um sich von seinem knurrenden Magen abzulenken. Nun, da er wusste, was es war, fühlten sich seine Eingeweide leer und nagend an. „Gibt es“, sagte Ten und ließ sich so nieder, dass sein Kinn auf seinen verschränkten Armen lag. „Aber niemals mit deiner Truppe. Niemand möchte so enden, wie Ding eins und Ding zwei.“ „Das kann ich mir vorstellen“, stimmte Byakuya zu. „Erinnert sich wirklich niemand an ihre Namen?“ Ten atmete durch und schaute für einen Moment weg. „Ich tue es. Kazue und Kazumi. Sie waren mal Kadetten. Dinge sind geschehen und sie sind hier geendet und sie waren so grün hinter den Ohren, so gebrochen von der Trennung von ihren Zanpakutō und so sehr leicht zu… ködern. Sie sagen, dass sie niemand schreien gehört hat, weil Kurotsuchi eine improvisierte Möglichkeit gefunden hatte, ihre Stimmbänder durchzuschneiden. Als man sie endlich fand… Nun ja, sie waren Monate auf der Krankenstation. ‚Glücklich, überlebt zu haben‘, sagten die Heiler. Ich bin mir nicht so sicher. Der Tod wäre vielleicht ein Segen gewesen.“ Ten blickte für eine lange Zeit aufgrund dieser Erinnerungen finster drein, doch dann hob er eine Schulter in einer Art von Schulterzucken. „Wie auch immer, danach hat der Wächter Kurotsuchi in Einzelhaft gesteckt.“ „Der Wächter“, murmelte Byakuya. „Kisuke Urahara.“ Tens Augen wurden groß und er nickte. „Ist es wahr? Sie sind nun beide Kommandanten?“ „Ja“, sagte Byakuya. „Doch Urahara ist nun ein Gesetzloser, ein Verbannter.“ Tens Mund hing offen und er starrte für einige lange Momente, als wäre er total perplex. Langsam sagte er: „Urahara… nicht Kurotsuchi? Bist du sicher, dass du keine Wahnvorstellungen hast, Kommandant?“ Renjis Tag verging schnell. Es gab so viel zu tun. Er vermittelte immer die verschiedenen Kampfstile an seine Soldaten, doch nun hatte er nicht die gewohnte Zeit, was irgendwie den Geschmack von ‚Warte einfach, bis Papa nach Hause kommt‘ hatte. Alle wussten, dass Renji weniger streng war wie Byakuya und dass er wesentlich weniger auf gewisse Regeln gab. Er hasste es, über Dinge zu stolpern, von denen er ehrlich gesagt dachte, dass sie trivial waren, denn das bedeutete, dass er sich dagegen wehren musste oder an Stand verlieren würde. Also verbrachte er den Tag damit, das größte Arschloch in der Stadt zu sein. Es fühlte sich nicht so super an. Tatsächlich hatte er davon Kopfschmerzen. Große Kopfschmerzen. Renji war so erschöpft am Ende der zweiten Schicht, dass er wirklich überlegte, einen Schmetterling zu beschwören, um Seichi zum Kuchiki-Anwesen für das Abendessen einzuladen. Doch dann erinnerte er sich daran, dass die Elfte eine große Freude daran hatte, alle Nachrichten-Schmetterlinge zu zerquetschen, die ihnen in den Weg kamen. Es war halb der Grund, warum Kenpachi nie zu den Kommandanten-Versammlungen auftauchte. Die andere Hälfte war, weil es ihm einfach scheiß egal war. Nun, vielleicht war es auch nur ein Drittel des Grundes. Manchmal verirrte sich Kenpachi auch einfach nur. In dem Moment, als seine Schicht vorbei war, überließ Renji die Kopfschmerzen Nanako und machte sich auf den Weg zu seiner früheren Einheit. Er hätte den Spaziergang gebrauchen können, um sich zu entspannen, doch das Wetter war fürchterlich. Typisch für den Februar war die Luft eisig. Es hatte versucht, in der Nacht zu regnen doch es kam nur ein eisiger, matschiger Mist hinunter, der das Kopfsteinpflaster und die Dächer rutschig gemacht hatte. Selbst im Blitzschritt musste Renji auf seine Füße achten. Die Sonne schien, doch irgendwie war dadurch alles noch kälter. Er traf noch vor der ‚Feierstunde‘ – die Zeit am Abend oder in der Nacht, wenn die meisten Divisionen ihre Tore schlossen, doch die Elfte ihre Tore weit öffneten für alle, die gewillt waren, die Blörre zu trinken, die sie als Alkohol servierten - am Tor der Elften ein. Daher musste er den beiden Wachen, die gelangweilt dort standen, sein Anliegen nennen. „Renji Abarai, ich bin hier, um meinen Bruder Seichi zu sehen.“ „Hey, Renji“, rief eine der Wache hinunter. „Kannst du dir nicht denken, dass wir dich mit deiner bekloppten, roten Ananas auf dem Kopf und den Tattoos auf deiner hässlichen Visage erkennen? Ist nicht so lange her, oder?“ „Es ist nicht die Zeit“, sagte die andere Wache. „Es ist die Distanz. Das ist Kommandant Abarai da unten, wusstest du’s noch nicht?“ Die erste Wache schaute noch einmal übertrieben hin. „Was? Seit wann?“ „Seit er seinen Kommandanten in den Knast geworfen und seinen Job gestohlen hat“, sagte die andere Wache. „Wann war das, Abarai-Taicho-sama, irgendwann heute Morgen, richtig?“ Renji blickte zu ihnen hinauf. Er wusste, dass die Gerüchteküche deswegen nur so brodeln würde, doch er hatte nicht gedacht, dass es so durcheinandergewürfelt rauskam. „Das ist nicht, was passiert ist. Ich habe ihn verdammt nochmal nicht festgenommen.“ „Ja?“, höhnte Wache Nummer zwei. „Wie sonst wird ein Kommandant wegen Unzucht eingebuchtet? Du sagst, du kämst mit seinen grapschenden Händen klar, aber jemand anderes hat ihn hochgenommen?“ „Unzucht?“, sagte Wache Nummer eins. „Jetzt weiß ich, dass das Schwachsinn ist. Keine lebende Seele findet diesen tätowierten Affen so heiß, dass er gewillt ist, für ein Stück von ihm, seine Karriere zu riskieren.“ „Ja, das muss ich zugeben“, sagte Wache zwei. „Ich kann die Zuneigung auch nicht verstehen. Außerdem, hast du Kommandant Kuchiki gesehen? Als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, dass er ein Mädchen sei. Hey, Renji, lässt du dich von einer Pussy herumschubsen?“ „Was? Was zum Teufel sagst du da?“, rief Renji und hielt noch gerade so sein Temperament zurück. Seine Fäuste hatten sich an seinen Seiten geballt, bereit die Wand hinaufzuspringen und diese Idioten Hirn einzuprügeln. Scheiße, mit nur einem zucken von seinem Handgelenk könnte Zabimaru bis oben hinkommen und im Shikai dem Typen die Kehle aufschlitzen. Kein würdiges Mahl, knurrte der Paviankönig. Zzzu dumm, stimmte der Schlangenschwanz zu. Unappetitlich. Das beruhigte Renji. „Ja, wisst ihr was? Der Scheiß, den ihr da von euch gebt, macht noch nicht mal Sinn, so bescheuert ist er.“ Er atmete aus und ließ die Spannung aus seinen Schultern gleiten. Die erste Regel der Elften: Kämpfe immer unter deinen eigenen Regeln. Es kommt nur zu einem Kampf, wenn du ihnen einen lieferst. „Lasst ihr zwei Tratschweiber mich rein, damit ich meinen Bruder sehen kann oder was?“ Sie machten eine Grimasse, doch die Tore öffneten sich. Ten hatte sich endlich auf einen Handel eingelassen. Er würde Byakuya ein Buch geben, wenn er den Tee haben könnte, den Toda immer vom Personal stahl. Byakuya überlegte, Todas typische Weise nachzuahmen, einfach unautorisiert in den Raum zu gehen und sich selbst zu bedienen. Doch dann noch einmal: Egal wie verzweifelt er sich fühlte, was sowohl Tee als auch Lesestoff anging, das würde ihn zu einem Dieb machen. Er war nicht gewillt, seine Ehre aufzugeben. Nicht, wenn seine Haftzeit so kurz war. Also befasste er sich mit der ebenfalls beängstigenden Aufgabe, Toda zu finden und mit ihm zu sprechen. Was bedeutete, dass er andere Leute fragen musste, wo Toda normalerweise zu finden war. Im Gemeinschaftsraum entdeckte Byakuya den Deserteur Adachi. Er war unverwechselbar mit seiner leicht bräunlichen Haut und dem kontrastreichen, weißen, geometrischen Tattoo, welches die Hälfte seines Gesichts abdeckte, wie schimmernde Fischschuppen. Als Byakuya zum Tisch der Deserteure ging, fragte er sich, ob das Tattoo Adachis Zanpakutō reflektierte, wie es bei Renji der Fall war. Ein Wassertyp vielleicht? Eine Schlange? Oder ein Drache? Die Gespräche an dem Tisch kamen zum Erliegen, als Byakuya halb da war. Adachi stand auf, um ihm gegenüberzutreten. Die anderen am Tisch erhoben sich leicht, bereit ihren Anführer zu verteidigen. Byakuya bemerkte, dass Adachis Hand unbewusst dorthin fiel, wo seine Klinge hätte sein müssen. Da sie sich um nichts schloss, kräuselte sie sich zu einer Faust. Ein kleiner Hauch von Schmerz ging durch sein Gesicht, bevor er seine Miene wieder im Griff hatte und zu wissen verlangte: „Was willst du von uns, Kommandant?“ „Keinen Ärger“, beharrte Byakuya. „Nur eine Information. Weißt du, wo ich vielleicht Toda finden kann?“ Adachis feste Miene wandelte sich in eine neugierige. „Toda? Du hast deinen Kameraden so schnell schon verloren?“ „Scheint so“, bestätigte Byakuya. Adachis Körpersprache änderte sich, entspannte sich etwas, dachte Byakuya. Doch er wäre immer noch ein hervorragender Gegner. Er war nicht so groß wie Renji, doch er hatte eine ähnliche Statur und Haltung. Geschmeidig, gelenkig… ja, mit der Art von flüssigen Bewegungen einer Schlange. Er verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Ich werde dir sagen, wo du Toda finden kannst, aber du musst mir eine Frage beantworten, Kommandant.“ Byakuya konnte keinen Schaden darin sehen, also nickte er. „Also gut.“ Er nickte mit dem Kopf in Richtung des Tisches, der von der Verräter-Division belegt war und sagte: „Dieser Haufen scheint zu denken, dass du nicht so verrückt bist, wie du aussiehst. Sie behaupten, ihr Willkommenskomitee wurde von Kidō getroffen. Gedämpft, aber immer noch funktionierendes Kidō auf höchstem Level. Ist das wahr? Kannst du es hier beschwören?“ Nach dem Gespräch mit Ten, fühlte Byakuya die Notwendigkeit zu fragen: „Würdest du mir glauben, wenn ich ja sagen?“ „Das würde ich, Kommandant“, sagte Adachi. Die Augen, die Byakuyas Blickkontakt suchten und auch hielten waren von einem auffallenden, blassen Grün und so scharf und durchdringend wie die einer Schlange. „Da ist etwas anders an dir. Ich denke, du bist ungebrochen.“ Ein Gemurmel erhob sich bei Adachis Worte und alle Augen wandten sich zu Byakuya, um ihn lange anzuschauen. „Das ist nicht möglich“, sagte der grünhaarige, trollartige Anführer der Verräter mit einem Schnauben. „Ich denke, seine Verrücktheit färbt auf dich ab, Adachi.“ „Außerdem“, kicherte jemand in der Menge. „Falls das wahr wäre, würde die Wächterin ihm nicht von der Seite weichen. Der arme Kommandant würde ihr liebstes Spielzeug werden.“ Fast jeder schien das lustig zu finden, mit Ausnahme von Byakuya natürlich – und wie er bemerkte, die meisten der Deserteur-Division. Als das Gelächter verebbte, wandte sich Adachi wieder zu Byakuya und sagte: „Du wirst den Kenpachi der Maden finden, wo du jeden Kenpachi erwarten würdest: Im Dojo.“ Adachi deutete auf einen in seiner Truppe und sagte: „Eskortiere den Kommandanten dorthin.“ Der Mann, auf den Adachi gezeigt hatte, sprang ohne Zögern auf. Als er an seinen Kommandanten vorbeiging, legte Adachi eine Hand auf seine Schulter und sagte: „Aber verschwinde schnell wieder von dort. Gib das Signal, falls du es brauchst.“ „Ja“, sagte der Untergebene mit einem respektvollen Nicken. Zu Byakuya sagte er: „Folgt mir.“ Niemand im Gemeinschaftsraum versuchte sie aufzuhalten, als sie gingen. Sie alle beobachteten nur Byakuya, wie er mit seiner Deserteur-Eskorte ging und schüttelten ihre Köpfe und murmelten ungläubig. Der Mann, dem Byakuya folgte, gab ihm den Eindruck von einer Art stillen Würde. Er war ungefähr von Byakuyas Größe, feingliedrig, mit kurzen, dunklen Haaren mit unauffälligen, doch durchschnittlich hübschen Gesichtszügen. Er hielt seine Hände vor ihm zusammen, wie ein Priester oder Mönch. Wäre da nicht die Uniform der Hofgarden, Byakuya würde annehmen, dass er genau das war – oder eher, gewesen war. „Wie wurde aus einem Priester ein Krieger?“, fragte Byakuya sobald sie die Geräusche des Gemeinschaftsraums hinter sich gelassen hatten. Der Mann war überrascht. Doch er erholte sich schnell, beugte seinen Kopf wie in Zustimmung und sagte mit einem sanften Lächeln: „Das Problem ist, Kommandant, dass er nicht dazu geworden ist.“ „Du hast den Befehl zu töten verweigert?“ Der Priester sagte nichts dazu und so hakte Byakuya nach. „Hättest du nicht zum Heiler werden können?“ „Die Götter haben einen starken Sinn für Ironie, Kommandant. Es gibt nichts in meiner Seele, das nicht aus purer Gewalt geschmiedet wurde.“ Ah, tatsächlich war das eine Schande. Wie auch immer, es schien wie eine Verschwendung, denn Mann hierher zu schicken. Er schien solide und loyal. Könnte der Generalkommandant nicht einmal eine Begnadigung gewähren? „Haben sie nicht einmal in Erwägung gezogen, dich in die Priesterschaft zurückkehren zu lassen? Offensichtlich nimmst du dein Gelöbnis ernst genug, dass sie wissen müssten, dass du ihnen keinen Schaden zufügst.“ Ein weiteres, trauriges Lächeln zierte das Gesicht des Mannes. „Ich klinge vielleicht gebildet, Kommandant, doch mein Schrein ist tief im östlichen Rukongai, im Sakahone-Distrikt, 76. Ost. Niemand ist es erlaubt, außerhalb der Mauern der Seireitei bewaffnet zu sein. Vor allem nicht mit einem Zanpakutō namens Maouryuu.“ Maouryuu? Teufelsdrachenkönig. Je nachdem, wie es geschrieben war, könnte es auch eine Verbindung zu ‚Feind‘ oder ‚Erzfeind‘ haben. Mit einem solchen Namen alleine konnte Byakuya das Zögern des Generalkommandanten verstehen – zumindest ein wenig. „Doch sicherlich haben sie verstanden, dass du keine Rebellion aufheizen würdest, keine Anklage gegen sie führen würdest?“ Er lachte darüber laut auf. „Ich war ein Priester. Natürlich habe ich zu einer Rebellion aufgerufen. Ich habe mich geweigert, jemanden zu töten, ja. Ich schätze das Leben, was genauso bedeutet, dass ich es als eine Sünde empfinde, wenn auch nur eine einzige Seele aufgrund von Vernachlässigung getötet wird. Meine Leute sterben, ich wollte ihnen Nahrung geben. Und ich bezweifelte keinen Moment, dass ich es mit Maouryuu an meiner Seite hätte möglich machen können. Nein, Kommandant, ich gehöre hierher. In den Augen der Hofgarden bin ich die gefährlichste Einzelperson, der du jemals begegnen kannst. Eine Ehrliche.“ Renji fand Seichi im hinteren Bereich des Quartiers der Ranglosen, vertieft in ein Kartenspiel. Er lehnte sich mit seiner Schulter gegen die Wand und beobachtete für einige Minuten den Fortschritt des Spiels. Seichi war gerade genauso hinterhältig, wie er es in Inuzuri gewesen war. Diese Idioten verloren ihre letzten Hemden an ihn. Einer von Seichis Gefährten bemerkte Renji, blickte zu ihm und sagte: „Dein Bruder ist ein dreckiger, mieser Schummler, Abarai.“ Renji schnaubte lachend. „Nah, du bist nur ein Trottel, der es nicht besser weiß als gegen einen Hai anzutreten, der seine Zähne in den Spielhöhlen von Inuzuri gewetzt hat.“ Alle verteilten sich sofort danach. „Gottverdammt, Renji“, sagte Seichi und sammelte die Karten auf, die sie überall verteilt hatten. „Ich hatte sie am Haken. Nun werden es alle besser wissen, als gegen mich noch einmal zu spielen.“ „Tut mir leid, Brüderchen“, sagte Renji ernst. Er streckte seine Hand aus, um Seichi aufzuhelfen. „Hör zu, bist du an einem Gratisessen interessiert?“ „Kumpel, immer“, grinste Seichi und nahm seine Hand. „Cool. Die Kuchiki haben uns in ihr großes Haus geladen.“ Sobald er auf den Füßen war, ließ Seichi Renjis Hand los, als hätte er sich verbrannt. „Kuchiki? Ich… Ich dachte… er sollte im Gefängnis sein. Oder – oh, ich verstehe, er hat sich bereits seinen Weg nach draußen erkauft?“ „Ah, ja, nein, nicht der. Ich habe es dir doch erklärt“, sagte Renji. „Byakuya hat einen Erben ernannt. Shinobu. Er ist ein guter Junge. Du wirst ihn mögen.“ Seichi sah sichtlich erleichtert aus. Er richtete sein Bandana, das kaum seine dreckig-blonden Dreadlocks im Zaum hielt und folgte Renji nach draußen. „Du bist sicher glücklich, huh?“, fragte er. „Worüber?“, fragte Renji und konnte sich nicht vorstellen, worauf der anspielte. „Nun ja, er ist weg“, sagte Seichi. „Du bist endlich von diesem missbrauchenden Arsch weg.“ Renji hielt an. „Worüber zum Teufel sprichst du?“ „Ich habe gesehen, was dein Kommandant dir angetan hat, Renji“, sagte Seichi. „Die Verletzungen.“ Sie waren bis zur Kantine gekommen. Einige Soldaten der 11. Division, die auf dem Weg zum Abendessen waren, blickten sie neugierig an. Renji griff Seichi beim Ellbogen und lenkte ihn zu einer weniger belebten Gegend. „Seichi, ich habe es dir schon einmal gesagt, dass du das falsch verstanden hast“, sagte er mit leiser Stimme. „Ich stehe auf das Zeug.“ „Und wie kommt es, dass er dann verhaftet wurde? Ich dachte, das läge an dir.“ Renji blickte Seichi einen langen Moment mit offenem Mund an, dachte daran, was die Torwächter ihm gesagt hatten. „Seichi“, Renjis Stimme war ein Knurren. „Erzählst du den Leuten deine verschissenen und verrückten Theorien über Byakuya und mir? Denn das ist nicht cool, Seichi. Überhaupt nicht cool.“ „Jeder hier schien mitzufühlen. Sie alle wissen, wie dein Kommandant war, als du versucht hast, das Richtige bei Rukia zu tun. Dich ins Gefängnis zu werfen und dich blutig zu prügeln“, sagte Seichi. „Niemand denkt weniger von dir, dass er das machen konnte. Selbst der Kommandant denkt, dass Kuchiki stark ist.“ „Oh mein verschissener Gott, du redest nicht mit Kenpachi über meine Beziehung, oder?“ Seichi hatte wenigstens den Anstand, nervös auszusehen. „Ähm… er hat vielleicht zugehört.“ Renjis Stimme war kalt und ruhig, als er murmelte: „Ich muss dich vielleicht wirklich umbringen.“ Byakuya bemerkte an den Klängen eines Kampfes, dass sie in der Nähe des Dojo waren. Da waren wütende Schreie und konstante, brutale, hämmernde Schläge. Die priesterliche Eskorte verbeugte sich kurz und entschuldigend vor Byakuya. „Ich gehe nur so weit, Kommandant. Ich habe vielleicht das Gelöbnis des Pazifismus geschworen, doch der Kenpachi der Maden hat so etwas nicht getan.“ Byakuya nickte verstehend und dankend. Vorsichtig blickte Byakuya in das Gefängnis-Dojo, unsicher, was ihn dort erwartete. Sicherlich würden sie keine Bokken oder irgendwelche anderen Übungswaffen dort haben, vor allem wenn es Toda noch nicht einmal erlaubt war, kurzzeitig einen Mopp zu halten. Es schien, als wären den Insassen eine Art von Schaumstoffschlauch erlaubt. Toda hämmerte seins gerade gegen eine, mit Gummi ummantelte, Attrappe in Fetzen. Als sich das letzte bisschen des Schaumstoffschlauchs pulverisiert hatte, schlug er die Attrappe mit seinen Fäusten um. Er setzte sich rittlings darauf und hämmerte es in den Boden, bis die hölzerne Form splitterte und die Gummirüstung nichts mehr weiter als ein unkenntlicher Klumpen war. Hmmm, vielleicht war das Buch nicht annähernd so wichtig. Byakuya überlegte, einfach wieder lautlos zu gehen, als Toda ihn zu bemerken schien. „Tja, wenn das nicht Kommandant Wahnvorstellung ist“, sagte er und klopfte die Holzflocken und alles andere von seiner Uniform. „Bitte sag mir, dass du gekommen bist, um mich herauszufordern.“ „Nicht dieses Mal“, sagte Byakuya. Er war sich nicht sicher, warum er es in dieser Weise ausgedrückt hatte, denn er hatte keinerlei Intentionen, gegen diese Brut zu kämpfen. Vielleicht war es die Stellung als Kenpachi im Generellen, die seine angriffslustige Seite zum Vorschein brachte. Oder vielleicht waren es Rothaarige. „Ich habe mich gefragt, ob du gewillt bist, mir mehr Tee zu besorgen.“ Toda starrte Byakuya lange an. „Du möchtest, dass ich dir Tee hole?“ „Ja.“ „Glaubst du, ich arbeite für dich?“ „Nein“, sagte Byakuya. „Ich bin gewillt, dafür zu handeln.“ „Ok“, sagte Toda und rieb abwesend seine geschwollenen Knöchel. „Wie viel Tee brauchst du?“ Byakuya überlegte. „Ich glaube, eine Portion würde reichen.“ „Wann möchtest du ihn?“ „Sobald es dir möglich ist“, sagte Byakuya. „Ja, ich könnte dir heute Abend Tee besorgen“, sagte Toda und überlegte. „Nachdem du und das Wiesel euer Abendessen hattet.“ Byakuya nickte. „Exzellent. Was schulde ich dir dafür?“ „Ten“, sagte er ohne zu zögern. „Sag deinem Wiesel-Zellengenosse, dass er kommen soll, um gegen mich zu kämpfen. Wenn er es nicht tut, gehört dein Arsch mir.“ Kapitel 31: A Solider's Life ---------------------------- Renji verbrachte den Rückweg zum Anwesen damit, Seichi seine Situation zu erklären. Schlussendlich fragte er mit einem Seufzen: „Warum ist es so schwer für dich vorzustellen, dass ich verliebt sein könnte?“ Seichi zuckte mit den Achseln, doch er schien sich eine Antwort zu überlegen. Sie gingen unter Markisen mit Laternen entlang, viele von ihnen wurden bereits angezündet. Selbst wenn es noch nicht Zeit fürs Abendessen war, hatte die Wintersonne bereits angefangen unterzugehen. Der Himmel war neblig, ein kalter Regen hing in der Luft und zauberte Lichtringe um die Laternen. Seichi trug seine blonden Dreadlocks weiterhin nach hinten in einem festen Pferdeschwanz, der dem von Renji ähnelte. Das weiße Bandana, der sein Stirntattoo verdeckte, komplettierte sein Outfit. In diesen wenigen, künstlichen Dingen sahen sie wirklich wie Geschwister aus. Soweit es für Leute zu erwarten war, die nicht blutsverwandt waren. Renji sagte sich selbst, dass er vermutlich nur dummes Glück war, dass Rukia so sehr wie Byakuya aussah. Das musste es sein. Was sonst könnte es sein? Das Küchenpersonal und die Schriftzeichen im geheimen Gang hatten angedeutet, dass Byakuyas Vater schon ein kleiner Schürzenjäger gewesen sein könnte, doch ernsthaft, wie hätte Hisana mit dem Sohn ihres Liebhabers enden können? Und was würde es aus Rukia machen? Ihre Tochter? Nein, das schien nicht möglich. „Ich denke, ich verstehe nicht wirklich, wie Liebe funktioniert“, sagte Seichi. Sie waren so lange Still nebeneinander hergegangen, dass Renji fast schon vergessen hatte, dass er Seichi etwas gefragt hatte. Seichi blickte zu Renji, baute Blickkontakt auf. „Ich habe mich noch nie verliebt. Oder zumindest denke ich das. Da waren Leute, die ich körperlich attraktiv gefunden habe, denke ich, doch ein Gefängnis ist kein guter Ort für aufblühende Romantik. Alles, was ich je gelernt habe war über Risikovermeidung und Handel. Die Beziehung in der du bist, scheint ein schlechter Handel.“ Renji unterdrückte seine reflexartige Reaktion, um ernsthaft nachzufragen: „Ja, wie kommt’s?“ „Siehst du das wirklich nicht?“, fragte Seichi. „Er hat so viel Macht über dich. Er ist dein Boss. Er ist ein Adliger. Er ist körperlich stärker als du. Er ist hübscher als du. Wären wir im Gefängnis, wäre er der große Chef, den du versuchen würdest, zu meiden.“ „Er ist im Gefängnis“, bemerkte Renji. Seichi nickte. „Das ist auch irgendwie der Punkt. Du weißt, warum Unzucht ein Verbrechen ist, richtig? Er könnte dir alles befehlen!“ Wie sich in seinem Büro auszuziehen? Renji schnaubte. „Das ist nicht der Grund-“ Seichi schnitt ihm die Worte ab. „Doch, ist es! Es ist gefährlich, in einer Position zu sein, in der jemand nicht die besten Interessen für jemanden im Sinn hat.“ Renji war bisher ziemlich geduldig mit diesem Gespräch gewesen. Er hatte ehrlich versucht zuzuhören und zu versuchen, Seichis Sichtweise zu verstehen. Nun starrte er ihn nur an. „Du bist ein Idiot, Seichi. Kein Kommandant der Hofgarden hat beste Interessen im Sinn, was das Leben ihrer Soldaten angeht. Das können sie nicht. So funktioniert das nicht. Der Job eines Kommandanten ist es, die bestmögliche Entscheidung zu treffen, die die wenigsten Leben kostet. Das ist das Problem mit Unzucht, du Idiot. Nicht, dass der Soldat gezwungen wird, irgendwohin zu gehen, wo er nicht hinmöchte, sondern dass der Kommandant vielleicht aus sentimentalen Gründen zögert, dieses Leben zu nutzen.“ „Ich sage, es ist immer noch falsch.“ „Das nur, weil alles was du vom Soldatentum kennst, aus der Elften ist“, sagte Renji. „Schau, ich habe für ein halbes Jahrhundert stolz unter Kenpachi gedient, aber in der Elften zu sein ist nicht das Gleiche, wie ein gewöhnlicher Soldat in den Hofgarden zu sein.“ Seichi sah entrüstet aus. „Was meinst du damit?“ „Ich meine, dass Kenpachi macht, was er will, ok?“, sagte Renji. „Die Elfte wird nie auf Missionen in den Rukongai ausgesendet, denn die Höhergestellten wissen, dass Kenpachi vielleicht entscheiden würde, dass es die Revolution wert sei, sich anzuschließen. Und was dann? Und rede jetzt nicht mit mir, als wärst du plötzlich ein Soldat. Du hast keine verdammte Ahnung. Du trägst die Uniform, sicher, aber bis du tatsächlich mal ein Befehl gefolgt bist, den du nicht magst, halt deine blöde Klappe. Du glaubst, es wäre irgendeine Überraschung für mich, dass mein Kommandant – oder irgendein Kommandant – mich in irgendetwas widerliches machen lässt oder mich in den Tod schickt, nur weil ihm nicht gefällt, wie ich aussehe? Da war ich bereits. Hab ich bereits alles getan. Sechs Mal. Und das war noch bevor ich mit der Sechsten und Byakuya angebandelt habe.“ Seichi spuckte auf den Boden zu Renjis Füßen. „Wie kannst du so sein, Renji? Warum lässt du es zu, dass sie einen guten Inuzuri-Köter zu einem Hund des Militärs degradieren?“ Vielleicht sollte es wehtun, doch Renji warf Seichi nur ein kaltes Lächeln zu, als er wiederholte: „‘Hund des Militärs‘, eh? Ich hab darauf gewartet, dass das von dir kommt, kleiner Bruder.“ Renji seufzte lang. „Ich weiß, dass du denkst, dass ich mich verkauft habe, aber der Dienst in den Hofgarden ist kompliziert. Ich bin da nicht alleine, weißt du“, Renji tätschelte Zabimaru an seiner Seite. Sie waren an der langen Mauer des Anwesens angekommen. Renji führte sie daran vorbei bis zum Eingang der Händler. Eis glitzerte in den Rillen zwischen den Steinen. Sie gingen an einem Laden mit einem zugenagelten Fenster vorbei und Renji erkannte es als das, in das er Byakuya geschubst hatte. „Ich befolge auch nicht immer alle Befehle“, bemerkte Renji. „Doch selbst nach der Sache mit Rukia glaube ich daran, dass es dahinter einen Sinn gibt. Ich meine, ja, ich bin nicht blöd. Ich weiß, dass das System nicht im Gleichgewicht und vielleicht korrupt ist. Aber das ist überall die Wahrheit. Du musst verstehen, dass ich Zabimaru in Inuzuri schon nach mir rufen gehört habe. Kurz nachdem ich auf meinen Knien herumgekrochen bin, um zu versuchen Katsuos Leben zu retten. Es war genau dieser Tag, an dem ich realisiert habe, dass das Opfer eines Menschen ein Dutzend Leben retten kann. Es ist ein Preis, den ich immer und immer wieder bezahle, bis ich mittellos und gebrochen bin. Wenn ich es auf mich nehme, sodass du weiterleben kannst? Das ist es wert.“ Zabimaru zischte zustimmend. Seichi starrte Renji für einen langen Moment an, bevor er sagte: „Ist es das, was es bedeutet, ein Soldat zu sein?“ Er schüttelte den Kopf. „Dann bin ich keiner.“ Renji hätte vermutlich sauer sein sollen, doch er rieb nur liebevoll Seichis Kopf. „Nein, bist du nicht. Was sagst du? Du kannst zurückkommen und mich dissen, wenn du ein halbes Jahrhundert gedient hast.“ „Solange werd ich nicht durchhalten“, gab Seichi zu. „Wirst du vielleicht“, sagte Renji freundlich. „Das weiß man nie. Vielleicht nimmst du irgendwann ein Asauchi in die Hand, was mit ‚Auf zur Revolution‘ gerufen werden möchte.“ „Halt’s Maul“, sagte Seichi, doch er grinste. Abendessen war eine seltsame Sache. Eine bewaffnete Wache tauchte in ihrer Zelle auf und eskortierte Byakuya und Ten einige enge Fluren hinunter. Nachdem sie an ein paar Einzelzellen vorbei waren, gingen sie an etwas vorbei, dass wie Wartungsbereiche aussahen. Mechanische Zisch- und Hämmerlaute kamen von sich windenden Metallleitungen, die irgendeinen organischen Umriss hatten, der Byakuya viel zu sehr an Mayuri Kurotsuchi erinnerte. Inmitten von all diesem Metall, Stein und Plastik erschien eine traditionelle Reispapiertür. Sie glitt mit einem sanften, vertrauten Rascheln auf. Im Inneren waren Tatami-Matten und ordentlich gezimmerte, niedrige Tische und Zabuton-Kissen. Kirschholz und Putz an den Wänden verursachten einfache, klare Linien. Über die Türschwelle zu treten, war wie zurück an einen besseren Ort zu gehen. Byakuya hätte weinen können, als er das sah. Stattdessen ließ er die Gefängnissandalen an der Tür zurück und setzte sich im Seiza an den Platz, den die Wache ihm zeigte. Ten ließ sich ihm schräg gegenüber auf den Boden fallen, vollkommen locker und im Schneidersitz. Er sah so jung wie immer aus, seine hellbraunen Haare wie ein felliger Helm dicht an seiner Kopfhaut. Er lehnte sich auf seine Arme zurück und seufzte, als wäre Abendessen irgendeine Art von Pflichtaufgabe. Doch Byakuya konnte den Geruch von köchelnder Miso und Muscheln wahrnehmen und es ließ seinen Magen zusammenkrampfen, so sehr wollte er es. Sein Magen hatte vor einer Weile aufgehört, Protestlaute von sich zu geben und stattdessen war ein gedämpfter, konstanter Schmerz geblieben. Während sie warteten, schaute er sich im Raum um. Er war nicht furchtbar groß und ohne Fenster, doch dank dem einfachen Design gab er das Gefühl von Offenheit. Da war ein einfaches, eingerahmtes Bild an der Wand. Eine einfache Kalligraphie von etwas über die Gelassenheit von… Einschränkung? Oder… ein Sarg? Byakuya versuchte es immer noch, zu entziffern, als eine versteckte Vertäfelung zur Seite glitt und die Wächterin hereinließ. Sie hatte immer noch ihre gewohnt zweckmäßige Art an sich, eine einfache Uniform und ihr langes, stahlgraues Haar in einen festen Pferdeschwanz zurückgebunden. Mit einer Verbeugung zu ihren Gästen hin setzte sie sich Byakuya gegenüber, ihre Beine im Schneidersitz ausgebreitet wie die von Ten. Ihre Finger waren wie immer aktiv, streckten sich aus und krümmten sich, als würde sie eine Art von Übung machen. Ten rückte von ihr weg, rutschte immer näher zu Byakuya, als suche er Schutz. Trotzdem beugte er höflich den Kopf und sagte: „Guten Abend, gnädige Frau.“ Byakuya versuchte zu entscheiden, welchen Level der Hochachtung er zeigen sollte. Er hatte keine Ahnung. Sie war genau genommen eine Vorgesetzte, möglicherweise viel älter als sie und, natürlich, lag sein Leben in ihren Händen. Dennoch in dieser informellen Situation war eine Verbeugung… schwierig. Obwohl er ein Gefangener war, hatte Byakuya nicht plötzlich damit aufgehört, ein Kuchiki oder ein Kommandant zu sein, daher war selbst die Wahl der Anrede kompliziert. Schlussendlich sagte er nur: „Ja, guten Abend.“ Sie lächelte ihn an und neigte ihren Kopf. „Gewöhnst du dich an das Leben ohne Senbonzakura?“ Byakuya wünschte sich, niemals den Namen aus dem Mund dieser abscheulichen Frau zu hören, doch er schluckte seinen Ekel lange genug herunter, um zu sagen: „Nun ja, genug.“ Ten beobachtete den Austausch neugierig. „Dein Zanpakutō wurde versiegelt? Ich dachte, du wärst nur für drei Wochen hier.“ „Nicht versiegelt“, erklärte Byakuya. „Wir sind nur getrennt.“ Die Wächterin summte leise, ihre Hände tanzten. „Das ist der Grund, warum ihr beide hier seid“, erklärte sie. „Ihr seid die Einzigen, die für zwei essen.“ Neugierig blickte Byakuya zu Ten. Ten schien ein Langzeitinsasse zu sein und doch war sein Zanpakutō nicht versiegelt? Wie war das möglich? „Getrennt und nicht versiegelt? Aber das ist gefährlich“, sagte Ten. „Sie stehen sich nah, doch ich bezweifle, dass er sich in den drei Wochen viel verändern wird“, sagte die Wächterin. Sprachen sie über ihn? Was meinten sie mit ‚verändern‘? Byakuya hätte vielleicht gefragt, doch gerade in dem Moment öffnete sich die geheime Vertäfelung erneut. Dieses Mal kamen mehrere bewaffnete… Diener? Oder vielleicht Wachen?... hindurch und trugen Tabletts. Byakuya musste seine Knie umfassen, um sich davon abzuhalten, sich nicht direkt die Schale Reis zu schnappen und ohne Würde in sich hineinzuschieben, als sie vor ihn hingestellt wurde. Sein eigenes, instinktives und kaum kontrolliertes Verlangen ließ ihn wieder zur Wächterin schauen, auf ihre konstant greifenden Finger. Es wurde ihm klar, dass ihr Verhalten das eines Hungernden, eines Verhungernden war. Doch wenn es ihr nach etwas so sehr verlangte, was war es? Die Wachen/Diener stellten den Reis hin, einzelne Schalen mit Muschel-Miso-Suppe, eine große Portion marinierte Bastardmakrele und Bettarazuke – eingelegter Daikon. Byakuya konnte kaum warten, bis der Segen ausgesprochen war, doch irgendwie hatten sich die Jahre des Benimmtrainings ausgezahlt und er schaffte es, zu warten… auch wenn nur knapp. Er traf die Entscheidung, dass er der Jüngste hier war und begann den anderen zu servieren, sobald die letzte Silbe gesprochen war. Es hatte Byakuya noch nie in seinem ganzen Leben so gut geschmeckt. Erst nachdem er einige große Bissen inhaliert hatte, bemerkte er, dass die Wächterin ihn beobachtete. Sie schien von seiner Gefräßigkeit erfreut zu sein. Doch ein kurzer Blick verriet ihm, dass sich Ten genauso verhielt: Er verschlang alles in Reichweite, ohne es groß zu schmecken. „So sehr wie Hollows“, murmelte sie, wie zu sich selbst. „Hungrige Seelen.“ „Gefährlich“, murmelte Ten um seinen Reis herum. Byakuya gab sich Mühe, langsamer zu essen und dachte über diese Andeutung nach. Natürlich mochte er es nicht, wehrte sich dagegen. Doch er kannte Tens Herkunft nicht, doch als ein Adliger, der innerhalb der Mauern der Seireitei geboren worden war, empfand er keine Gemeinsamkeiten mit einer Kreatur, die eine gebrochene, wiederverwertete Seele war. Doch dann dachte er an Renji. Renji, der immer mit solch einer Leidenschaft aß. „Genau so“, behauptete Byakuya. Immerhin hatten sowohl Ten als auch er selbst im Moment ein Loch in der Seele, dort wo eigentlich das Zanpakutō sein sollte. Vermutlich machte der Versiegelungsprozess etwas mit den Leuten, um den potentiellen Bruch… „Warte, deutest du an, dass wenn wir lange genug getrennt sind, wir zu einem Hollow werden?“ „Nicht der hier“, sagte die Wächterin und deutete mit ihrem Kinn zu Ten. „Du vielleicht.“ Endlich gab Byakuya seiner Neugierde nach. „Warum Ten nicht?“ „Weil er ein dreckiger Dieb ist“, sagte sie, doch es war mit einer Art kalten Lächeln. „Du nennst mich einen Dieb?“, sagte Ten und bespuckte sie beinahe mit Reis. „Du bist diejenige, die mir etwas nehmen wollte, das dir nicht gehört! Yuusagi gehört mir und mir alleine.“ „Yuusagi sollte in meinem Besitz sein“, antwortete die Wächterin mit greifenden Händen. „Es ist das Gesetz.“ Byakuya war verwirrt. Man glaubte kaum, dass es möglich war, die Versiegelung einfach zu verhindern, indem man sein Zanpakutō versteckte. Tatsächlich war er sich sogar ziemlich sicher, dass das Ganze auch aus der Entfernung gemacht werden konnte, da es ein hochrangiger Kidō-Zauber war. Er wusste das nur, da er im Archiv gelesen hatte, dass es mal ein Zauber gewesen war, der weitverbreitet und weitergegeben wurde, doch dann nach einem Krieg zwischen Shinigami-Fraktionen schnell verboten worden war, da er als eine Art ‚Endlösung‘ benutzt worden war… und damit Massenselbstmorde und Wahnsinn verursacht hatte. Nun war es nur den Großmeistern des Kidō und einer ausgewählten Zahl der Kidō-Truppe erlaubt, ihn zu lernen und ihn nur hier im Madennest zu nutzen. Wie sie es schafften, dass sich die Leute nicht selbst umbrachten, wusste Byakuya nicht. Vielleicht war das Teil von dem Verhungern-lassen-System. Er schaute plötzlich misstrauisch auf sein Essen. War sein beißender Hunger etwas Finstereres, als nur die vernünftige Antwort auf einen Tag ohne richtiges Essen? Er streckte seine Seele aus und suchte das vertraute Lied von Senbonzakura. Die Stille traf ihn wie ein Stein. Ein tiefer Schmerz durchzog den Rücken seiner rechten Hand. Sofort überrollte ihn eine Welle des Hungers und er bediente sich gierig an dem Fisch. „Vielleicht stehst du Senbonzakura noch näher, als ich vermutet habe“, sagte die Wächterin und nippte an ihrem Tee. „Er war ein Kommandant, er hatte Bankai. Was glaubst du denn?“, Ten klang ein wenig panisch. „Was ist, wenn er plötzlich mitten in der Nacht feststellt, dass ich lecker rieche?“ „Du riechst immer lecker“, sagte sie. „Ok, ekelhaft“, sagte Ten und rutschte näher an Byakuya heran. „Du wärst vor allen sicherer, wenn du einfach das kleine Wiesel ausspucken würdest“, sagte die Wächterin zu Ten. „Ich könnte dich dann angemessen versiegeln.“ „Ja, das ist ok. Ich mag es, alle Teile bei mir zu haben“, sagte Ten. „Außerdem habe ich es dir gesagt. Wir sind nicht wie die anderen. Ich bin Yuusagi; sie ist ich. Wir sind nicht so einfach zu trennen.“ „Niemand ist einfach zu trennen“, sagte die Wächterin, ihre Stimme enthielt eine seltsame Mischung aus Leid und Verlangen. „Du bist nur ein selbstsüchtiger Dieb.“ „Ich denke, dass es das ist, was du bist“, sagte Ten und wandte sich wieder seinem Reis zu. „Du magst den Vorgang zu gerne. Ich wette, wenn du jetzt Shikai ausrufen würdest, wäre das Entfesslungskommando ‚Lauge aus‘.“ „Vorsicht“, warnte sie, ihre Wangen wurden heiß und ihre Finger froren ein. „Du isst nur durch meine Freundlichkeit.“ Dann schaute sie Byakuya an und fügte hinzu: „Wenn ich ihn aushungere, dann hättest du einen sehr hungrigen Zellengenossen. Das möchtest du nicht, oder?“ Ten sah in die Enge getrieben aus. Schnell duckte er seinen Kopf und entschuldigte sich. „Es tut mir sehr, sehr leid, gnädige Frau.“ „Viel besser“, schnurrte sie. Renji überlegte, ob sie nicht den Vordereingang benutzen sollten, doch entschied dann, dass sich Seichi wohl besser fühlen würde, wenn sie den Händlereingang nutzen würden. Miki blickte auf und warf Renji ein breites Grinsen zu, welches sich in ein Stirnrunzeln verwandelte, als er Seichi sah. „Kommt der Ausreißer zurückgekrochen, nun da der Meister weg ist?“, wollte sie wissen. „Nein“, versicherte Renji ihr. „Dieser Idiot ist gegangen und hat sich einschreiben lassen. Er ist nun ein Shinigami.“ „Grundgütiger, nicht einer von uns“, seufzte Miki und setzte sie Schale ab, in der sie gerade am Rühren gewesen war. Renji musste mit Stolz grinsen, als er daran dachte, dass das Personal die Sechste als ihre eigenen Leute betrachtete. „Nah, wir hätten ihn nicht genommen. Er erfüllt unsere Standards nicht“, sagte Renji mit einem brüderlichen Knuffen auf Seichis Schulter, um seine Worte abzuschwächen. Seichi hingegen schien die Neckerei nicht ganz so gut aufzunehmen. Sein Gesicht war in ein Runzeln zusammengezogen. „Ich verstehe nicht, warum“, schnaubte er. „Verbrecher sind jetzt in allen Rängen der Sechsten vertreten, nicht wahr? Ich folge nur dem Beispiel, richtig?“ „Hey, pass auf. Kein Grund, so zu sein“, sagte Renji ernst. Er schob Seichi in Richtung der Stufen. „Versuch es als persönliches Ziel zu sehen, durch das Abendessen zu kommen, ohne ein Arschloch zu sein. Könntest du das für mich tun, kleiner Bruder?“ Seichi machte einen unverbindlichen Laut, aber marschierte entschlossen in Richtung Treppe. Renji warf Miki einen entschuldigenden Blick zu. Ihre Hände waren in ihre Hüfte gestemmt und sie schüttelte nur ihren Kopf, als hätte sie nicht viel Hoffnung für das Abendessen. Er hatte es auch nicht wirklich. Renji hatte das Gefühl, dass es eine lange Nacht werden würde. Doch vielleicht könnte Seichi gegenüber Shinobu warm werden, wenn er wüsste, dass der Junge auf einer Arbeiterfarm im Rukongai aufgezogen worden war. Auf der anderen Seite war es ein Risiko, ihm die Herkunft des Erben anzuvertrauen, wenn man bedachte, was für eine scheiß Labertasche Seichi geworden war. Renji war sich ziemlich sicher, dass Tantchen Masama davon keine Ahnung hatte und sie es auch besser nicht wusste, bis der Erbe offiziell eingesetzt wurde. „Warte“, sagte Renji und folgte Seichi die Stufen hinauf. „Ich meine das ernst. Kannst du nett sein? Der Erbe möchte nur wissen, wie es im Gefängnis ist.“ „Wenn ich ihm die Wahrheit erzählte, wäre es nicht ‚nett‘, Renji“, sagte Seichi. „Das weiß ich“, sagte Renji. „Ich sage ja nicht, dass du lügen und ihm sagen sollst, dass das Gefängnis ein Bett aus Rosen ist. Ich sage nur, dass du ihn nicht beleidigen sollst, ok? Er hat genauso wenig darum gebeten, als Adliger geboren zu werden, als wir um eine Wiedergeburt in Inuzuri.“ Seichis Schultern schienen ein wenig zu fallen. „Schön. Ich vermute, ich muss mich vor ihm verbeugen.“ „Ich vermute, dass du das tust“, sagte Renji. „Aber er ist nicht von der Sorte, denen es interessiert, wie tief du gehst. Gib dir nur ein wenig Mühe. Das ist alles, worum ich dich bitte.“ Ein Seufzen stahl sich über Seichis Lippen. Er drehte sich um und blickte Renji an. „Ich verstehe immer noch nicht, wie du das Ganze aushalten kannst. Warum hast du die Elfte verlassen? Du musst dich da vor niemanden vorbeugen.“ „Ich denke, dass ich Ambitionen hatte, die nicht beinhalteten, Leuten die Köpfe einzuschlagen“, sagte Renji leichtfertig, doch woran er dachte war der Dämon. Wenn er dortgeblieben wäre, getränkt in einer konstanten Flut aus Blut, wäre er vielleicht das geworden, was Kenpachi von ihm gewollt hätte: Ein Monster. Scheiße, es wäre auch das gewesen, was Aizen von ihm hätte sehen wollen. Zabimaru spie wütend: Ssso viel mehr als nur ein bloßes Monster. Obwohl missverstanden, waren wir immer der Champion des Königs, grollte der Paviankönig. Ich weiß, versicherte Renji ihnen und tätschelte den Griff. Das ist der Grund, warum wir nicht bleiben konnten, wo sie all das, was wir zu bieten hatten, nicht schätzen konnten. Zabimaru beruhigte sich mit einem nachdenklichen Murmeln. Seichi war am Ende der Treppe angekommen und blickte zu Renji mit einem neugierigen Gesichtsausdruck an. „Bist du ok?“, fragte er. „Du hast angehalten.“ „Ich habe nur mit Zabimaru gesprochen.“ Seichi hob die Augenbraue. „Natürlich hast du das.“ „Ja, natürlich hab ich das“, sagte Renji und ging die letzten paar Stufen schnell hinauf. Er lächelte Seichi freundlich an. „Du wirst es verstehen, wenn du dein eigenes hast.“ „Du klingst wie einer der nervenden Obaa-sans, die sich über ‚warte, bis du selbst Kinder hast‘ auslassen“, sagte Seichi. Er hielt an und wartete offensichtlich auf Renji, damit er ihn nun tiefer ins Anwesen führte. Als Renji ihn zu den Gemächern des Erben führte, murmelte Seichi: „Was, wenn ich es nicht kann, Renji? Was, wenn ich nicht genug spirituellen Druck oder was auch immer habe?“ „Wie lange bist du in der Elften? Ein paar Monate?“ Als Seichi nickte, legte Renji seine Hand auf Seichis schmale Schulter. „Wenn du dortbleibst, wirst du stärker. An dem Tag, an dem du nicht ohnmächtig wirst, wenn Kenpachi vorbeiläuft, bist du stark genug, um Shikai zu entfesseln. Vertrau mir.“ Byakuya hätte trotz der Gesellschaft immer weiter essen können, doch er und Ten schienen die Teller sauber geleckt zu haben und da war noch nicht einmal ein einzelnes Reiskorn übrig. Als er sich dabei ertappte, dass er die Reste der Muschelschalen beäugte, befürchtete er, dass vielleicht ein wenig Wahrheit in diesem ganzen Aussagen über Hollows lag. Jemand, es musste Ten gewesen sein, sagte „Gochisosama deshita“ und damit war das Essen beendet und sie wurden zurück in ihre Zelle gescheucht. Sie waren gerade erst angekommen, als ‚Licht aus‘ gerufen wurde. Die Zellentür knallte hinter ihnen zu und alles wurde in diese unheimliche fast Dunkelheit des Madennests getaucht. Byakuya fand sein Feldbett im Dunkeln und legte sich hin. Seine rechte Hand schmerzte. Hatte er sie fest angespannt, versucht Senbonzakuras Griff erneut zu halten? Er schloss die Augen und versuchte, nach dem entferntesten Summen zu lauschen. „Wie ist sie, deine Senbonzakura?“ „Die Mehrzahl ist hier korrekter“, sagte Byakuya steif. „Du musstest Tausende davon unter Kontrolle bringen, um Bankai zu erreichen?“ Byakuya lächelte leicht. „Ich bringe immer Tausende von ihnen unter Kontrolle. Doch wenn du nach ihrer Manifestation fragst, erscheint Senbonzakura als einzelner Samurai. Sie trägt tragen eine Oni-Maske.“ Mein innerer Dämon, dachte Byakuya, sagte es jedoch nicht. Das war schon weitaus mehr, als er jemals einer anderen Seele gesagt hatte. Sogar mehr als Renji. Er bemerkte, dass er den letzten Teil wisperte, auch wenn es nach ihm verlangte, es laut auszusprechen: „Ich mutmaße nicht über das Geschlecht, auch wenn sie sich als männlich präsentieren.“ Ten schien für einen Moment darüber nachzudenken, sagte dann: „Cool.“ Das wärmte Byakuya beachtlich. Da war etwas unglaublich Tröstendes darin, über Senbonzakura zu sprechen. Tatsächlich hätte er schwören können einen Wisper eines Lieds zu hören. „Und deine Yuusagi?“ „Möchtest du sie sehen?“ Byakuya war von diesem Angebot überrascht, sagte dann jedoch: „Ja.“ Er öffnete die Augen und sah den Kopf eines Wiesels über die Kante des oberen Bettes blicken, seine Klauen umfassten das Bettgestell. Barthaare zuckten intelligent. Es war zu dunkel, um die Fellfarbe zu sehen, außer das Weiß an Kehle und Bauch. Der kleine Körper des Wiesels vibrierte vor Energie. Tatsächlich rollte es sich einmal in einen Ball, bevor er erwartungsvoll wieder zu Byakuya blickte. Perlenartige, schwarze Augen blinzelten ihn an und eine weibliche Stimme säuselte: „Was denkst du?“ Ten war wie Yoruichi. Yoruichi… die genauso selten ein Zanpakutō trug… oder, wie Byakuya mit Überraschung realisierte, war irgendwie die Manifestation ihres Zanpakutō. „Du bist… wirklich unglaublich“, keuchte Byakuya. „Beindruckend.“ Das Wiesel kicherte mädchenhaft und verschwand. Kapitel 32: Chains of Blood --------------------------- Byakuya träumte von Senbonzakura. In seinem Traum wanderte Byakuya barfuß an den Einzelhaftzellen vorbei. Das kalte, harte Gefühl von Beton unter seinen blanken Füßen fühlte sich echt an, genauso wie der Klang seiner Schritte, die widerhallten, echt klangen, während er Flur für Flur mit vergitterten Zellen entlang ging. Plötzlich, wie es eben im Traum normal war, änderte sich die Landschaft. Die Decke verschwand und Byakuya fand sich selbst in seiner inneren Welt wieder: Die Ruinen eines frischen Schlachtfelds. Überall lagen Leichen, verstümmelt, blutig, gebrochen. Tausende und Abertausende von Klingen ragten aus ihren gefallenen Körpern hervor. Von Katana aufgespießte Körper erstreckten sich in jede Richtung, soweit das Auge sehen konnte. Das Schlachtfeld war aber nicht komplett leblos. Krähen pickten an Augäpfeln der verrottenden Körper, manche nicht mehr als mumifizierte Hüllen in rostigen Samurai-Rüstungen. Ameisen und Käfer taten sich ebenfalls an den Toten gütlich. Der Geruch von Tod und Blut durchdrang die Luft wie ein Nebel. Der Himmel schien auch in Blut getränkt, als die Sonne niedrig und rötlich am Horizont stand, umgeben von schweren, Bluterguss-violetten Wolken. Da war keine Musik, kein Lied, nur die Stille des Todes. Aufrecht und stolz, inmitten des Blutbads, stand Senbonzakuras Manifestation. Lange strähnen des schwarzen Haars flatterte im Wind. Jedes andere Körperteil blieb unter der Rüstung oder dem einfachen, violetten Übergewand verdeckt. Sie überwachten das Schlachtfeld mit scheinbar kühlen, ruhigen Augen, doch Byakuya konnte sehen, wie sich Senbonzakuras Brust hob und senkte, die Hand um das Katana mit weißen Knöcheln um das Katana geschlungen und bebend von der aufgebrachten Kraft. Blut klebte an jedem Teil der Rüstung. Die Klinge tropfte vor Blut. Waren sie dazu gezwungen, jedes Mal das Feld von Gegnern zu säubern, wenn Byakuya hierherkam? War der Kampf immer derselbe oder war jeder Besuch eine neue, furchtbare Herausforderung? Byakuya wollte zu Senbonzakura rennen, doch bemerkte plötzlich, dass er von Kopf bis Fuß in dicke Eisenketten gewickelt war, die mit einem Mal zu schwer für ihn waren, um sich zu bewegen. Das war auch immer das Gleiche, doch meistens waren die Ketten, die ihn in seiner inneren Welt fesselten, aus weißer Jade und Hollow-Knochen gemacht. Je mehr er dagegen ankämpfte, desto enger wurden immer die Ketten, die ihn hielten. Vor langer Zeit hatte er gelernt, dass die einzige Weise, nicht in seiner inneren Welt gefangen zu sein war, sich in seinen Fesseln zu entspannen, die Hände zu öffnen und loszulassen. Bemühe dich nicht, Meister, sagte Senbonzakura sanft, ihre tausenden Stimmen harmonisierten, bis sie zu einer wurde. Diese Ketten sind nicht unsere eigenen. „Du bist so weit weg“, sagte Byakuya, versuchte einen Schritt näher zu kommen, die Ketten verengten ihren eisernen Griff. „Komm zu mir.“ Senbonzakura blieb auf der Hügelkuppe. „Tu, was ich sagte“, forderte Byakuya. Es ist nicht Ungehorsam, der mich von dir trennt, mein Meister. Es sind die Gefängniswände, sagte Senbonzakura. Sie schüttelte mit einer geübten Bewegung das Blut vom Katana und steckte das Schwert zurück in seine Hülle. „Nein“, sagte Byakuya wütend. Seine Stimme war erstickt von Emotionen und dem engen Griff der Ketten. „Ich möchte dich halten. Ich muss.“ Senbonzakura hob ihre Hände und presste sie fest gegen eine unsichtbare Barriere. Sie schlugen ihre Schulter hinein, schoben verzweifelt gegen die unbewegliche Leere zwischen ihnen. Auch Byakuya drückte sich so fest gegen die Ketten, dass er beinahe ohnmächtig wurde. Der Gedanke daran, von diesem Ort weggezwungen zu werden, selbst mit dieser frustrierenden Distanz mit Blick auf Senbonzakura, beendete seinen hektischen Kampf. Auch wenn es schwierig war zu atmen, zwang sich Byakuya, sich zu entspannen und los zu lassen. Langsam begannen sich die Ketten zu lösen. Auch wenn sie ihn nicht ganz losließen, konnte er zumindest wieder tief einatmen. Als Byakuya seine Augen öffnete, sah er, dass Senbonzakura ihren verzweifelten Kampf fortführte. „Stopp“, kommandierte er. „Es ist sinnlos.“ Meister, nein… Ich kann- Doch Byakuya schnitt ihnen die Worte ab. „Nein, nur… bitte… Bitte sing für mich. Es würde mir so viel bedeuten, wenn du das könntest. Ich vermisse deine Stimme, mein Freund.“ Auch wenn die schwarze Oni-Maske unverändert blieb, hätte Byakuya schwören können, dass Senbonzakura überrascht aussah. Freund? Vielleicht war das Wort viel zu intim, doch hier in seiner inneren Welt konnte Byakuya die Gedanken nicht zensieren, die ihm kamen. Würdest du ‚Gefährte‘ bevorzugen?“ Nein, sagte Senbonzakura und obwohl es immer noch durch die Maske und der Entfernung unmöglich war, hatte Byakuya das Gefühl, als spüre er ein kurzes Lächeln. Wir mögen den Klang von ‚Freund‘. Und dann machten sie einen Schritt nach vorne und begannen zu singen. Das Abendessen war ungefähr genauso unbehaglich, wie Renji es befürchtet hatte. Seichi hatte den Kopf angemessen gesenkt gehabt, doch als er ihn gehoben und dabei gesehen hatte, wie jung Seichi und wie fein und teuer seine Kleidung war, war er in eine Art selbstsicheren Modus gewechselt. Seichi hatte seitdem die Fragen des Erben mit einsilbigen Grunzlauten beantwortet. Die Stille zog sich und die Enttäuschung des Erben wiegte auf Renji so schwer, dass er schlussendlich einbrach. „Langeweile“, sagte Renji. „Meine Erfahrungen im Knast sind, dass es meistens unglaublich langweilig ist.“ „Wann warst du im Knast?“, fragten Seichi und Shinobu unisono, doch Seichi nannte es ‚Bau‘ und Shinobu ‚Gefängnis‘. „Ein paar Mal“, gab Renji zu. Zu Seichi hin erklärte er: „Einmal im Rukongai, aber es war mehr ein warten auf… ähm“, er zögerte, denn er wollte nicht vor dem Erben – oder sogar vor Seichi - auf seine Tattoos eingehen. „… Bestrafung. Ansonsten habe ich einige Wachhäuser innerhalb der Hofgarden gesehen.“ Seichi blickte finster in seine Sake-Schale. „Wie kommt es, dass du nur mit einer Bestrafung davongekommen bist. Du hattest einen Riesenhaufen mehr spiritueller Druck als ich.“ „Der Unterschied ist, dass mich keine Shinigami festgenommen haben, also zumindest nicht wirklich“, sagte Renji. Er blickte dabei immer wieder zu Shinobu, um seine Reaktion abschätzen zu können, doch er machte einen auf Kuchiki und hielt alles aus seinem Gesicht heraus. „Mein Verbrechen war gegen eine Yakuza-Familie gerichtet, nicht gegen das Gesetz des Landes per se. Ich meine, ich wurde vielleicht als Dieb markiert, aber-“ „Dieb?“, wisperte Seichi geschockt. „Markiert?“, fragte Shinobu mit einem ähnliche überraschten, zischenden Atemzug. Er blickte zwischen Renjis und Seichis Bandana hin und her und fragte: „Ist das der Grund, warum ihr eure Tattoos versteckt?“ „Nein“, Renji errötete. Er griff nach oben und löste sein Bandana. Er faltete es in seinem Schoß. „Diese sind für Zabimaru“, sagte er. „Alle von ihnen sind es… nun. Ein paar von ihnen, nun ja, es hat halt einfach nur nicht in dieser Weise angefangen.“ Seichi entfernte sein eigenes Bandana mit einem dunklen Glucksen. „Vielleicht, wenn ich ein Hunde-Zanpakutō bekommen sollte, kann ich den Leuten das Gleiche erzählen.“ Renji begann etwas im Protest zu sagen, doch dann kam ihm in den Sinn, dass das Schicksal manchmal so war. War es nicht Teil seines Glücks gewesen, dass er in Inuzuri geboren worden war, wenn er den Körper eines wilden Hundes, eines Tanuki benötigte, um Zabimaru zu vervollständigen? „Ja“, sagte er und tätschelte Seichis Knie. „Vielleicht wird es so kommen.“ „Wirst du dich bei der Akademie bewerben?“, fragte Shinobu Seichi. Seichi lachte und begann zu sagen: „Sie nehmen keine Kriminellen“, doch dann wandte er sich scharf zu Renji um. „Hey, wie bist du da überhaupt reingekommen, Herr Dieb?“ „Uh, nun ja“; Renjis Schamesröte wurde intensiver, bis er das Gefühl hatte, dass Dampf aus seinem Kragen aufsteigen müsse. „Ich konnte das Eintrittsformular nicht ausfüllen. Falls sie also angewiesen wurden, nach der kriminellen Vergangenheit zu fragen, haben sie es vergessen.“ „Du konntest nicht schreiben?“, fragte Shinobu. „Konntest du lesen?“ Renji zog an seinem Ohr und schüttelte den Kopf. „Ist keine große Priorität, wenn du am Verhungern bist“, bemerkte Seichi um einen Mundvoll Reis herum. Renji wollte ihm eine runterhauen, doch Shinobu sah über Seichis Unhöflichkeit hinweg. „Ja, natürlich nicht. Es tut mir leid, daran hätte ich denken sollen.“ Er beugte seinen Kopf entschuldigend. Als er wieder aufblickte, sagte er: „Ich vermute, es gibt viele Leute, die das gleichzeitig in der Akademie lernen.“ „Ja, ähm… nein“, sagte Renji und zog an seinem Kragen. „Nicht viele von uns kommen von den äußersten Distrikten. Ich musste es in meiner Freizeit lernen, mit Unterstützern, Spätabends.“ Im Versuch, die Laune ein wenig zu heben, wandte er sich an Seichi: „Hey, wusstest du, dass Mönche in einigen Distrikten Schulen errichten. Rukia und ich haben sie so ab 30 gesehen.“ „Nett für manche“, murmelte Seichi. „Ich wette, sie hatten auch schon Schuhe.“ Es brauchte alles an Renjis Kraft, nicht den Kopf in seine Hände fallen zu lassen und ‚Ich gebe auf‘ zu murmeln. Shinobu schien sich genauso zu fühlen. Er seufzte leise und sagte: „Ich hoffe, dass es unserem Cousin gut geht.“ „Du meinst, unter Mördern und Dieben wie uns?“, schnaubte Seichi. „Ich würde mich nicht um ihn sorgen. Er ist eher der Vergewaltiger als der Vergewaltigte, nicht wahr, Renji?“ Byakuya wachte auf, als Schnurrhaare seine Nase kitzelten. „Du hast gesungen“, quiekte Ten in seiner weiblichen Wieselstimme. „Ja, ich glaube, das habe ich getan“, sagte Byakuya, fühlte das schwere Gewicht, als die letzten Töne von Senbonzakuras Lied ihn verließen. Er atmete aus, wollte nicht loslassen. „Ich habe mit Senbonzakura gesprochen.“ „Oh.“ Das Wiesel schnupperte an der Decke herum und kratzte sich dann das Hinterbein. Es legte die kleine, mit Krallen versehene, Pfoten auf Byakuyas Brust und starrte ziemlich ernst in seine Augen. „Du bist kein guter Sänger.“ „Ah“, sagte Byakuya, fühlte sich ein wenig verwirrt zu Ten in seiner Wieselform und auf seiner Brust sitzend zu reden. Der Körper des Wiesels war sehr leicht, doch es war schwer abzuschätzen, denn es schien immer in Bewegung zu sein. Zuzusehen, wie sich das Wiesel immerzu bewegte, verursachte bei Byakuya Kopfschmerzen. „Ich wollte dir noch sagen, dass ich dir deinen Tee besorgen kann, aber Toda möchte gegen dich kämpfen. Bist du so gefürchtet, dass der Kenpachi des Madennests dich herausfordern möchte?“ Das Wiesel schnaubte. Dann schüttelte es den Kopf. „Nein, es ist nur, weil es mir nicht erlaubt ist.“ „Nicht erlaubt?“ Soi Fon hatte es absolut klar gemacht, dass Gewalt normal im Gefängnis war, also überraschte diese Andeutung Byakuya. „Wie wäre das fair? Ich habe immer noch Zugang zu Yuusagi. Ich bin vielleicht klein, aber ich habe eine Menge spirituellen Druck aufgrund unserer Verbindung. Wie du.“ Das Wiesel hob seine Nase, die Schnurrhaare zuckten. Dann krabbelte es zu Byakuyas Ohr und wisperte: „Wie auch immer, du weißt, dass Toda nur einen Typ im Schlaf erstochen hat? Er ist kein echter Kenpachi. Nicht wie dein Cousin, der wegen Hochverrats eingebuchtet worden ist.“ Soya Azashiro, der achte Kenpachi. Byakuya versuchte ungläubig zu klingen. „Mein Cousin? Ich habe es so verstanden, als wäre er von der Tenka-Familie gewesen.“ Ten machte einen lustigen, kleinen Zischlaut, den Byakuya schlussendlich als das Lachen eines Wiesels identifizierte. „Trotzdem ein gespucktes Ebenbild von dir. Du kannst es nicht leugnen. Weißt du, dass das der Grund ist, warum oben einen Raum mit deinem Namen dran gibt? Hast du vielleicht die fiese Gabe von Azashiro geerbt, zu hören, was alle sagen? Oder haben sie nur vor deiner Kraft Angst und dass du eines Tages Amok läufst? Wie viele Verräter haben die Kuchikis eigentlich hervorgebracht? Koga war einer von euch, trug sogar euren Namen. Er wurde auch irgendwo für immer weggesperrt, oder?“ Byakuya stand so schnell auf, dass Ten zu Boden taumelte. Wie eine Katze landete er auf den Füßen, doch seine Schnurrhaare und sein Schwanz zuckten misstrauisch. Byakuya kämpfte damit, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Er konnte das Beben seines Reiatsu spüren, dass wie eine Basstrommel durch ihn vibrierte. Die Anschuldigungen waren wahr. Kenpachi Zaraki hatte von Azashiro und Koga erfahren, an dem Tag war er ausgerechnet mit Gin Ichimaru gekommen, um Byakuya deswegen aufzuziehen, dass er einen Kriminellen in der Familie hatte… So viele. So viele Niederträchtige. Die Kuchiki-Familie arbeitete unermüdlich daran, Azashiro und Koga aus ihrer Geschichte zu lösen. Azashiros Kuchiki-Blut wurde niemals diskutiert; Koga wurde niemals erwähnt… niemals. Es war die tiefgreifendste Art von Beschämung, Verräter und Gesetzesbrecher unter der Familie der loyalen ersten Wahren zu haben, der ersten Gesetzestreuen. Du bist nicht an die Fesseln des Bluts gekettet, sang Senbonzakura sanft. Vergangene Sünden sind nicht unsere Sünden. „Und doch bin ich hier“, wisperte Byakuya. Für die Liebe, wisperte Senbonzakura, wie der Wind, der durch die Äste raschelte, für die Liebe. Byakuya nahm einen tiefen Atemzug, entspannte seinen festen Griff um seine Decke. „Die Geschichte meiner Familie ist eben nur genau das: Geschichte.“ Ten stellte sich auf seine Hinterbeine auf und neigte den Kopf. In diesem Moment erinnerte Ten Byakuya unglücklicherweise weitaus mehr an Gin Ichimaru als an Yoruichi. „Sicher“, sagte er, huschte dann durch die Gitter der Zellentür und wandte sich den Flur hinunter. „Wir sehen uns später. Ich habe Dinge zu erledigen. Oh und was für Bücher magst du?“ „Alle“, sagte Byakuya. „Obwohl… Yaoi vielleicht?“ Ten warf ihn ein spitzzahniges, wieseliges Grinsen zu. „Erledigt.“ Kapitel 33: A Scattering Howl ----------------------------- Nach Seichis Bemerkung hing eine unangenehme Stille in der Luft. Um sich davon abzuhalten, seinen Bruder in der Öffentlichkeit umzubringen, ballte Renji seine Fäuste um den Stoff seines Hakama. Der Erbe, Shinobu, sah aus, als würde er ohnmächtig werden, sein Gesicht war weiß, wie ein Bettlaken. Der einzige Unbekümmerte war Seichi, der laut auf dem Tsukemono aus Rüben und Kohl herumkaute. Als Seichi die Schale mit Sake hinunterspülte, kam Renji plötzlich eine Idee. Er griff Seichi am Kragen, verbeugte sich tief und zog Seichi mit sich mit. Seine eigene Nase berührte fast den Teller vor ihm, doch er drückte Seichis Gesicht mit Freuden gegen den tiefen Tisch. „Entschuldige meinen Bruder“, schnaubte Renji. „Er ist betrunken.“ „Bin ich nicht-“, begann Seichi und versuchte sich aus der Verbeugung zu befreien. Renji rammte ihn so fest wieder nach unten, dass der Tisch klapperte. „Wirklich, wirklich betrunken. Ich werde ihn jetzt tatsächlich sogar lieber nach Hause bringen. Es tut mir so leid. Bitte vielmals um Entschuldigung und all das.“ Er benutzte seine besten Manöver aus der 11. Division, in dem er Seichi auf die Füße zog und begann, ihn zur Tür hinauszutreiben. „Ich habe noch nicht fertig gegessen.“ „Halt deine verdammte Fresse“, zischte Renji und schob Seichi vor sich über die Türschwelle. Mit einem Haufen schneller Verbeugungen zog Renji die Tür so schnell zu, dass die in den Rahmen knallte. Dann fasste er Seichi im Nacken und riss ihn in die Richtung der Treppe, die zum Hintereingang führte. „Du bekommst nichts zu essen, wenn du den Cousin des Gastgebers verdammt noch mal beleidigst, du Vollidiot!“ „Beleidigen?“, sagte Seichi, seine Stimme klang mehr nach einem Weinen, während er darum kämpfte, den festen Griff von Renji zu lösen. „Du weißt, dass es wahr ist.“ Hinter ihnen schob sich die Tür wieder auf und der Erbe rief: „Stopp! Wir möchten diese Anschuldigung verstehen.“ Renji knurrte, doch er hielt folgsam an. Er nahm einen beruhigenden Atemzug und schnaubte zu Seichi: „Ich werde die Scheiße aus dir herausprügeln, wenn du noch irgendetwas sagst. Hast du verstanden, du kleiner Penner.“ Seichi nickte verstehend, doch Renji war wirklich versucht, ihn mit dem Gesicht zuerst in die nächstgelegene Wand zu drücken. Er tat es nicht. Stattdessen drehte er sich um. „Lass mich meinen Bruder zuerst nach Hause bringen, dann können wir darüber reden, ok?“ Doch entsprechend dem derzeitigen Glück von Renji, entschied sich Shinobu die Karte der Rangordnungen zu ziehen. „Kommandant in Vertretung Abarai, wenn sich dein Bruder schlecht genug fühlt, soll Eishirō ihm einen Personenschützer zuweisen, um ihn nach Hause zu bringen. Wir möchte diese Beleidigung von dir direkt erklärt bekommen.“ Da war nichts, was Renji sonst tun konnte. Zumindest schien der Erbe zu verstehen, dass es weise war, wenn Seichi kein Teil dieses Gesprächs werden würde. Also ließ Renji Seichi los und verbeugte sich: „Ja, mein Herr.“ Als er sich wieder aufrichtete, starrte er zu Seichi. „Du“, schnaubte Renji und stieß einen Finger gegen Seichis Brust. „Hör auf, mein Leben zu versauen. Geh in die Küche und warte auf eine Begleitung. Oder bring dich verdammt noch mal selbst nach Hause, das ist mir egal. Mach nur, dass du dich von hier verpisst. Jetzt.“ Einmal in seinem dummen Leben schien Seichi zu verstehen. Mit einem kleinen Japsen, nachdem Renji ihn geschubst hatte, verkrümelte er sich die Stufen hinunter, in Richtung der Küche und dem Ausgang der Diener. Als er ihn verschwinden sah, dachte Renji nur hitzig: Du nimmst besser die Beine in die Hand, denn wenn ich dich das nächste Mal erwische, prügel ich dich besinnungslos. Was Renji noch mehr verfolgte als der Vergewaltigungs-Kommentar, war Seichis kleine, beiläufige Bemerkung, dass Byakuya nun unter ‚Mördern und Dieben wie uns‘ lebte… ‚Wie uns‘ hatte Seichi gesagt. War das eine Art Geständnis gewesen? Denn sie hatten nur über Renjis Vergangenheit mit Klauen gesprochen, also konnte Seichi sich selbst als Mörder bezeichnen. Vielleicht war es auch einfach nur eines dieser Dinge gewesen, die man sagte, du weißt schon, wie ‚uns die Kriminellen‘, doch Renji hatte niemals vergessen, dass Seichi für seine Rolle bei der Ermordung ihrer 11. Offizierin Fujimoto verhaftet worden war. Das Verbrechen war immer noch ungelöst; Seichi war unbestraft davon gekommen, denn niemand konnte ihn zu einem Geständnis bringen, trotz all der Tortur, die sich die Zweite für ihn hatte einfallen lassen. Nun musste Renji entscheiden, ob Seichis kleiner Ausrutscher genug war, um als echtes Geständnis zu zählen und wenn ja, ob er so tun würde, als hätte er es nicht bemerkt… oder es an Soi Fon melden sollte? Wenn er es ihr erzählte, würde Seichi sicher wieder festgenommen werden. Es könnte auch dazu führen, dass Seichi schlussendlich hingerichtet werden würde. Auf der anderen Seite fühlte Renji sich, in genau diesem Moment, mit seinen Truppen und den Erinnerungen an Fujimoto stärker verbunden, als mit seiner verfluchten, nichtsnutzigen Peinlichkeit von Bruder. Mit einem Atemzug straffte Renji die Schultern und ging zurück zu dem Erben, der auf ihn wartete. Er stapfte an Shinobu vorbei, der die Tür offen hielt und sank zurück an seinem Platz am Tisch. Shinobu nahm sich etwas mehr Zeit, um sich wieder niederzulassen, arrangierte dabei den Stoff seines violetten und goldenen Kimonos, bevor er sich mit, auf seinen Knien verschränkten, Händen setzte und sagte: „Also gut, Kommandant in Vertretung. Raus mit der Sprache. Warum würde dein Bruder so etwas widerliches über unseren Cousin andeuten?“ Renji zog an seinem Ohr und versuchte zu entscheiden, was er sagen sollte. „Nun ja, es ist kompliziert. Du verstehst, die Dinge waren etwas chaotisch zwischen uns, als Byakuya und ich am Anfang standen“, sagte er. Er erwähnte nicht, dass es Zeiten gab, als das Wort ‚Misshandlung‘ vielleicht angemessen gewesen wäre, denn, nun ja, das war eine Sache zwischen ihm und Byakuya. „Wie auch immer, nichts davon hat der Tatsache geholfen, dass dein Cousin einen Bondage- und Dominanz-Fetisch hat. Wir haben die Sache schlussendlich geklärt, aber, nun ja, blaue Flecke werden falsch gedeutet.“ Shinobu sah Renji ein wenig so an, als hätte er ihn in die Magengegend geschlagen. Er sog abgehackt die Luft ein und fragte: „Ein… Bondage-was?“ Wie alt war der Junge? Vielleicht hätte Renji gar nichts sagen sollen. „Ähm… Fetisch? Du weißt schon, wie eine sexuelle—“ Shinobu hob die Hand und stoppte ihn damit. „Ja, ich verstehe. Ich meine, ich glaube zu verstehen, was du meinst. Unser Cousin mag es… dich zu verletzen?“ „Sozusagen? Ein klein wenig, aber nicht ernsthaft. Hauptsächlich ist es das Fesseln, was ihn scheinbar anmacht… ähm…“, Renji hielt mit einem Grunzen inne. Musste er wirklich diesem Jungen alle Vorlieben und Abneigungen ihrer besonderen BDSM-Richtung erklären? „Schau, ich denke nicht, dass die Details hier wirklich hilfreich wären, oder? Ich meine, dass ist Teil von der ganzen Sache. Man kann es schnell missverstehen.“ „Ja“, sagte Shinobu unruhig. „Ja, das kann ich mir vorstellen.“ Shinobus Augen waren nach unten gerichtet, starrten in seine verschränkten Hände im Schoß. Seine Wangen waren knallrot und sein Kopf war gebeugt, sodass Renji einen vollständigen Blick auf die seltsame Kenseikan-Kappe hatte, durch die lockige Strähnen heraus stachen. Um ehrlich zu sein, sah das Ding ein bisschen aus, wie ein ziemlich böser Fall von Schuppen oder eine Art seltsame Wucherung. Renji hatte das Gefühl, dass er das Gespräch von sexuellen Handlungen weglenken müsste. „Außerdem kann jeder sehen, dass Seichi einer von den Typen ist, die Adlige nicht mögen, nicht wahr? Also denke ich, dass er generell angewidert davon ist, dass Byakuya und ich zusammen sind, vor allem… ähm, wegen dem Unterschied in der Stärke und ich für gewöhnlich der… ich meine, ähm… lass uns sagen, dass ich in mehr als nur einer Weise unter ihm diene.“ Oh Scheiße. So viel zu von sexuellen Handlungen weglenken. „Unter. Ist das so?“ Shinobu blickte daraufhin auf, als suche er eine Bestätigung, also nickte Renji. Renji wollte verzweifelt hinzufügen, dass sie manchmal auch tauschten, doch scheiße, der Junge war an guten Tagen nicht älter als 14, also war das bereits viel mehr, als sie vermutlich überhaupt besprechen sollten. Shinobu nahm seine Schale mit Tee auf und nippte nachdenklich daran, bevor er hinzufügte: „Was du da sagst ergibt ein sehr anderes Bild als das, was unsere Frau Tante beschreibt.“ Das wette ich, dachte Renji. „Nun ja, es ist nicht so, als wäre Tantchen unsere Ratgeberin in romantischen Dingen. Und die Details unserer ganzen Beziehung ist nicht die Art der Dinge, die man normalerweise in einem höflichen Gespräch auspackt.“ ‚Auspackt‘? Ugh, warum hatte er das gesagt? Konnte es noch unangenehmer werden? „Ähm, sozusagen.“ Renji wollte sein Gesicht in seinen Händen verstecken, denn der kleine Zusatz half auch nicht. Was war das? Der internationale Tag, alles in eine sexuelle Andeutung zu wandeln? Shinobu zog eine Grimasse, als er die Zweideutigkeit bemerkte. „Ah, ja“, sagte er mit einem kleinen Husten. „Ich vermute, ich sollte nicht überrascht sein, dass die Annahmen meiner Frau Tante, du würdest unseren adligen Cousin verderben, vielleicht ein wenig übertrieben sind.“ Renji dachte daran, dass in einen weiteren zweideutigen Witz zu verwandeln, doch aus irgendeinem Grund erwischte ihn das Wort ‚verderben‘ unerwartet auf dem falschen Fuß. Vielleicht war es das kürzliche ‚Geschenk‘ der lieben Tante, Renjis Seelenbericht. Obwohl er sich geweigert hatte, ihn zu lesen, war sich Renji ziemlich sicher, dass der Bericht bewies, dass Renji eine wiedergeborene, hungrige Hollow-Seele war, die vielleicht, nur vielleicht, tatsächlich und ganz real ungewollt Teile von Byakuya verdarb und verschlang, jedes Mal, wenn sie sich nahekamen. Als er spürte, dass er seinen Kiefer angespannt hatte, atmete Renji aus und versuchte das Gefühl, ein dreckiger Parasit zu sein, wegzuschieben. Denn das ist es, was sie wollte. Das liebe, alte Tantchen Masa wollte, dass sich Renji selbst hasste, Schande über seine vergangenen Leben verspürte. Scheiße, über die er keine Kontrolle hatte. Nun ja, Scheiß drauf. Das Einzige, was zählte war, wer er nun war, wer er geworden war, nachdem er nun mit seiner anderen Hälfte, Zabimaru, wieder vereint war. Zabimaru murmelte zustimmend. Shinobu schien den Wandel der Stimmung zu spüren. „Ich vermute, dass ist ein eher wunder Punkt, bitte entschuldige“, sagte er. Dann nahm er noch einen Atemzug und fragte: „Wirst du unseren adligen Cousin in kurzer Zeit sehen? Ist so etwas erlaubt?“ Renji nickte. Er hatte die offiziellen Formulare von der zweiten Division erhalten. Soi Fon hatte eine handschriftliche Notiz angefügt, dass Renji ab sofort besser nach den Regeln spielte und nicht mehr ihren Idioten von einem Vizekommandant übers Ohr hauen sollte. Doch so lange sich Renji benahm, könnte ein Besuch eingerichtet werden. Er hatte das Formular ausgefüllt und sofort zurückgeschickt. Nun musste er nur noch auf eine Rückmeldung warten. „Es ist erlaubt“, erklärte Renji. „Ich warten nur noch auf das Wohlwollen der Kommandantin der zweiten Division. Und, zwischen dir und mir, sie mag mich nicht besonders. Also erwarte ich, für eine Weile hängen gelassen zu werden.“ „Glaubst du, er möchte mich sehen?“ Renji warf dem Erben ein freundliches Lächeln zu. Das Gefängnis war kein Ort für einen Jungen wie ihn. „Vielleicht“, sagte Renji. „Doch Byakuya wird dein Mitleid nicht wollen. Du solltest nur gehen, wenn du Neuigkeiten hast. Wenn wir schon davon sprechen, hast du von jemanden deiner Familie gehört? Glaubst du, sie wissen schon, was passiert ist?“ „Oh, da bin ich mir sicher“, antwortete Shinobu und stellte seine Teeschale laut auf den Tisch zurück. „Meine Frau Tante ist bereits auf den Weg.“ Byakuya lag in der seltsamen Halbdunkelheit des Madennests eine lange Zeit wach. Ten war vor langer Zeit in die… Freiheit gegangen, vermutete Byakuya. Kannte die Wächterin Tens besondere Gabe nicht? Wohl kaum, ansonsten war sich Byakuya sicher, dass sie einen Weg finden würde, ihn hinter Schloss und Riegel zu verwahren. Er starrte auf die Unterseite des Feldbettes über ihn und konnte Fetzen von Senbonzakuras Lied hören. So erfreut er über die Anwesenheit war, fragte er sich auch, wie das überhaupt möglich war. Wir sind immer noch entfesselt, sang Senbonzakura sanft. Als du uns gerufen hast, kamen wir näher. Ah ja, natürlich. Byakuya lächelte sanft zu sich selbst und schloss seine Augen. Senbonzakuras Lied beruhigte seine Nerven, die wegen dem Knarzen, Stöhnen und schlurfenden Lauten im Madennest angespannt waren, so sehr, dass er dachte, tatsächlich in der Lage zu sein, in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu fallen. Das war, bis er hörte, wie sich ein Schlüssel in der Zellentür drehte. Seine Augen flogen auf, als die Tür sich mit seinen rostigen, knarzenden Schienen aufschob. Zwei Wachen in ihren unverkennbaren Uniformen huschten mit gezogenen Schwertern hinein. Nur gerade so zur rechten Zeit war Byakuya in der Lage, mit Shunpo unter ihrem Griff hindurch zu tauchen. Leider hatte er halb unter der Decke gelegen und der grobe Stoff hatte sich an seinem besockten Fuß verfangen und er stolperte aus dem Blitzschritt. Er knallte hart gegen die gegenüberliegende Wand. Die Zwei drehten sich bei dem Laut von seinen Handflächen, die auf dem Stein aufschlugen, um. Klingen und das Weiß ihrer Augen leuchtete im unheimlichen Halblicht. „Was bedeutet das“, wollte Byakuya wissen. Statt zu antworten, stürzten sie sich wieder auf ihn. Er nahm eine Haltung vom Hakuda ein und spürte, wie er in den Kampfmodus überging. All seine Sinne waren geschärft, seine Emotionen verdrängt, bis sich alles verlangsamte und er sich die Szene wie ein Teil auf einer Taktiktafel vorstellen konnte. Die erste Wache griff tief und schnell an. Die Zweite hing zurück, in der Nähe der offenen Zellentür, offensichtlich in dem Vorhaben, Byakuya daran zu hindern, sollte er versuchen zu fliehen. Automatisch hob Byakuya seine Hand, um einen Kidō-Zauber zu beschwören, um den Zweiten unschädlich zu machen. Er hatte keine Ahnung, ob er genug Energie aufbringen konnte, um ihn mehr als nur zur Seite zu schieben, doch die Kraft stieg an. Vorsichtig, um so wachsam wie möglich bezüglich des zweiten, entfernten Ziels zu sein, wich er dem ersten, näherkommenden Angreifer aus, sein Fokus auf den Nervenpunkt am Schwertarm des Mannes gerichtet. Er stimmte seinen Shunpo zeitlich mit der Druckwelle vom Kidō ab. Seine Finger schlossen sich um das Handgelenk und er drückte zu. Das Schwert fiel scheppernd zu Boden. Das Kidō hingegen war zu schwach oder musste das Ziel verfehlt haben, da keine Rufe oder Stöhnen zu hören waren. Byakuya schob die Sorge darüber für einen Moment zur Seite und benutzte den Ballen seiner offenen Hand, um gegen den Adamsapfel des ersten Angreifers zu schlagen. Ein Knirschen von Knochen. Eine feste Berührung. Byakuya ließ das Handgelenk des Angreifers los und er fiel mit einem gurgelnden Laut. Einer erledigt. Als sich Byakuya aufrichtete, um die Situation neu einzuschätzen, setzte sein Herz einen Schlag aus. Nun waren dort mehr Wachen, wie durch irgendein stilles Signal gerufen. Viele mehr. Schnell kalibrierte sein Gehirn die Lage auf dem Schlachtfeld neu, um die vier neuen Gegner einzuschließen. Der einzige Vorteil, den Byakuya sehen konnte war, dass er die Wand in seinem Rücken hatte. Die fünf Angreifer machten gemeinsam einen Schritt nach vorne. Byakuya spürte, wie sich die Steine gegen seine Schulterblätter drückten und dachte, dass es genauso gut ein Nachteil war, die Wand im Rücken zu haben. Verdammt noch mal, wenn er doch nur Senbonzakura hätte. Fünf oder fünf Dutzend würden keine Rolle spielen. Sie würden alle durch die ‚Blüten‘ des Zanpakutō fallen. Senbonzakuras Lied wurde lauter, beharrlicher. Auf dem Weg, mein Meister. Bevor sich Byakuya wundern konnte, wie Senbonzakura durch die Mauern des Madennests kommen könnte, lief die erste Wache auf ihn zu. Byakuya berechnete die beste Route und bewegte sich mit einer Kombination aus Hakuda und Shunpo. Seine Zuversicht stieg, da seine Schnelligkeit ihm spielend einfach erlaubte, aus dem Weg zu gleiten… nur um zu vergessen, dass er vielleicht nicht der einzige mit dieser besonderen Fähigkeit war. Als er aus dem Shunpo trat, nutzte jemand anderes den Blitzschritt und Byakuya spürte einen Griff um seine Taille. Genauso schnell griffen auch die anderen Wachen an. Hände klammerten sich um seine Handgelenke und zwangen seine beiden Arme nach oben und dann hinter ihn. Jemand griff seine Haare und riss seinen Kopf nach hinten, bis sein Nacken protestierte. Als ein scharfer Schlag seine Kniekehle traf, gaben seine Beine nach und er hatte keine andere Wahl, als sich hinzuknien und war so bewegungsunfähig. Byakuyas Herz schlug ihm bis zum Hals. Panik. Niemals bevor in seinem ganzen Leben hatte er einer solchen Situation gegenübergestanden – festgehalten zu werden und zu warten auf… seinen Tod? Prügel? Vergewaltigung? Er hatte keine Ahnung, keine Zuflucht und keinen Ausweg. Nein, Byakuya weigerte sich, seine Niederlage zu akzeptieren. Wenn nichts anderes übrigblieb, würde er entfesseln, was er an spirituellem Druck hatte, bis nichts mehr davon übrig war. Sie auszuschalten oder dabei drauf gehen, es zu versuchen. Die eine Wache, dem er ausgewichen war, drehte sich, um die Strafe auszuteilen, die ihn nun erwartete. Tod, falls das erhobene Schwert ein Hinweis war. Wenn er irgendetwas von Byakuyas Reserven spürte, die in Wellen aus ihm herausgespült wurden, dann schienen sie ihn nicht zu verlangsamen. Vielleicht hatte dieser verfluchte Ort Byakuya selbst der Energie beraubt, die er brauchte, um mit einem Knall abzutreten. Gottverdammt, Renji würde so sauer auf ihn sein, auf diese Art zu fallen, an diesem Ort. Gerade in dem Moment schnitt ein pinker Blitz durch die Luft. Er schnitt mit einer Geschwindigkeit, die fast zu schnell war, um mit bloßem Auge wahrzunehmen, durch den Nacken der sich nähernden Wache. Tatsächlich schien die Wache zuerst gar nicht zu verstehen, was passiert war. Doch sein böses Grinsen verschwand. Er ließ sein Schwert fallen und griff sich in den Nacken. Seine Hand kam blutüberströmt wieder zum Vorschein, als der Schnitt die Halsader plötzlich entblößte. „Wa…?“, war sein letztes Wort, als er fiel. Der Raum brach in einem Getöse von Kirschblüten und Blut aus. Renji sprang auf, seine Hand auf Zabimaru, bereit zum Kampf. Nur… war da kein Feind, nur das qualvolle Wissen, dass Tante Masama sich bereits auf den Weg gemacht hatte. Um seine Reaktion zu überdecken, bellte Renji: „Und wann wolltest du mir das erzählen??“ Der Erbe konnte nicht mehr nach Kuchiki oder beleidigt aussehen. „Ich habe es dir gerade gesagt.“ „Nun ja, wir müssen…“, Renjis panische Ausrufe verebbten, als er bemerkte, dass da wirklich gar nichts zu tun gab. Außer warten. Alles, was sie wirklich tun konnten war, darauf zu warten, was diese furchtbare Frau tun würde, wenn sie angekommen war. Er fühlte sich zeitlich ängstlich und hilflos. Er sank mit einem dumpfen Knall zurück auf den Tatami und ließ ein geschlagenes „Scheiße“ heraus. Als das grausame Geschäft erledigt war, nahm Senbonzakura seine Schwertform an. Das Gewicht der Klinge fühlte sich gut in Byakuyas Hand an, selbst wenn Blut von seinem Gesicht tropfte. Aus dem Schatten trat die Wächterin. Ihre Augen schienen im Halbdunkeln zu leuchten. Sie hatte ein hartes, kaltes Grinsen im Gesicht, was ihn irgendwie an Leichenstarre erinnerte. „Eine grundlose Attacke“, verkündete sie. Byakuya hätte ihr beinahe zugestimmt, bis sie mit bebendem Finger auf Senbonzakura deutet. „Übergib dein Zanpakutō, um es versiegeln zu lassen. Bei meiner Autorität als Wächter des Madennest und dem 3. Offizier der Onmitsukidō, fügte ich das Leben dieser ehrbaren, ranglosen Soldaten der Hofgarden zu deiner Strafe hinzu. Byakuya Kuchiki, dein Leben für den Mord an diesen Männern.“ Kapitel 34: A Dark Night of the Soul ------------------------------------ Sei bitte gewarnt: Etwas von dem, was folgt, könnte triggernd sein. In diesem Kapitel wird eine Misshandlung thematisiert. Wenn dies jemand nicht lesen will, kann sich gerne bei mir per PN melden und ich "schneide" den Teil heraus und schicke den Text dann zu. „Es ist vorbei. Ergib dich“, zischte die Wächterin. Ihre Hände griffen verzweifelt in die Luft. „Übergib Senbonzakura sofort.“ Etwas daran, dass sie Senbonzakuras Namen immer so vertraut nutzte, störte Byakuya. Hatte es schon immer. Es klang schlimmer, als seinen eigenen Namen ohne jede Höflichkeitsform zu hören. Als er weiterhin zögerte, trotz ihrer Anordnung, hörte er sie murmeln: „Senbonzakura, Senbonzakura.“ Wie ein Gebet. Daran merkte Byakuya, dass das Ganze eine Falle gewesen war. Sie hatte ihre eigenen Untergebenen geopfert, um es geschehen zu lassen. Doch die Falle, die ausgelegt wurde, war nicht für ihn. Sondern für Senbonzakura. Irgendwie hatte die Wächterin gewusst, dass Senbonzakura kommen würde, da war sich Byakuya sicher. Aber wie konnte sie gewusst haben, dass das Zanpakutō erscheinen würde, wenn er selbst kaum verstand, wie das überhaupt möglich war? Er drehte das Schwert in seinen Händen, spürte das solide, vertraute Gewicht in seiner Hand. Real. Solide. Und doch… Es ist, als hätte ich dich herbei beschworen, dachte Byakuya. Aus der dünnen Luft heraus, aus dem Nichts. Nicht aus dem Nichts, sangen Senbonzakuras tausend Stimmen in Harmonie. Wir waren seit dem Beginn bei dir und wir sind das, was übrig bleibt, wenn alles andere verloren ist. „Übergib es“, kreischte die Wächterin und klang verzweifelt. Byakuya blickte auf, erwartete, dass sie eine eigene, gezogene Waffe hatte und bereit war, ihn irgendwie zu bedrohen – auch wenn sie bloß ein dritter Offizier und er ein Kommandant war. Sie hatte keine, doch da war etwas Komisch mit einem ihrer Augen. Die Kornea war dunkel geworden und die Iris schien in einem unheimlichen Gelb zu glühlen. Byakuya hatte so etwas schon einmal gesehen, als sich Ichigo Kurosaki in diesen maskentragenden Wahnsinnigen verwandelt hatte. Doch das war unmöglich. Die Vizards waren eine bekannte Größe; Ichigo ihre einzige Ausnahme. Die Wächterin musste ihre Verwandlung gespürt haben, denn sie hob ihre Hand, um das geschwärzte Auge von seinem Blick abzuschirmen. Als sie das tat, bewegte sich ihre Uniform. Die Bewegung des Stoffs entblößte eine konkave Delle direkt unter ihrer linken Brust. Ein Hollow-Loch? Was war diese Frau? „Gib es uns“, schnaubte sie wieder, kämpfte dabei sichtlich über die Kontrolle ihres schmerzenden Verlangens. „Senbonzakura.“ Konnte es sein? Konnte sie von ihrem Zanpakutō getrennt worden sein und sich jetzt langsam… irgendwie verwandeln? Vermischen zu einem Shinigami-Hollow-Hybriden? Aber nicht einmal Aizens Arrancar waren von ihren Zanpakutō getrennt gewesen. Das war selbst für ein Monster wie Sousuke Aizen eine viel zu grausame Methode gewesen… und doch gab es nichts anderes, was sich Byakuya vorstellen konnte, dass einen gesunden Shinigami derart langsam sterben ließ, als sich zu hollowifizieren. „Mein Senbonzakura ist kein Ersatz dafür, was du verloren hast“, sagte Byakuya zur Überprüfung seiner Theorie. „Sie werden dir nicht antworten.“ Etwas an dem, was Byakuya gesagt hatte, ließ sie keuchen, als hätte sie Schmerzen. Mit ihrer freien Hand umarmte sie sich selbst, ihre Finger liebkosten ihre Delle – ja, das war alles, was es war. Eine eingesunkene Stelle, ein noch nicht vollständig geformtes Loch. „Niemand antwortet, wenn ich rufe“, wisperte sie. „Verloren… verloren.“ „Verloren?“, wiederholte Byakuya neugierig. „Du hast dein Zanpakutō verloren?“ Die Wächterin schien den Tränen nahe, doch sie schluckte sie wütend hinunter. „Gib mir einfach deins.“ Sie schüttelte ihren Kopf, als antwortete sie auf irgendeinen inneren Dialog, den Byakuya nicht hören konnte. „Es passiert“, zischte sie. „Kommandant Tousen hat seines auch genommen und es gab ihm Bankai. Jemand anderes kann mein Loch füllen.“ Kann, dachte Byakuya, aber nicht, solange ich lebe. Niemals, sang Senbonzakura. „Ich weigere mich“, sagte Byakuya fest. „Ich weigere mich, mich deiner erdichteten Anklage zu ergeben und ich weigere mich, dir jetzt oder jemals Senbonzakura zu übergeben.“ Ihre Wut ließ ihre Stimme beben, wie ein straff gezogener Draht. „Wachen! Macht diesen Mann unschädlich.“ Byakuya spannte sich an, beobachtete die Schatten. Bereit, wenn es sein musste, weiteren Blutzoll zu zahlen. Doch niemand kam. Die Wächterin blickte verwirrt umher. Sie rief erneut nach ihren Untergebenen. „Wachen!“ Etwas in den Schatten bewegte sich endlich. Byakuya nahm Kampfhaltung an, zog Senbonzakura. Doch statt Wachen, materialisierten sich in der Dunkelheit weiße Uniformen. Weiß. Die Farbe der Uniformen der Gefangenen. Ten tauchte zwischen den Gefangenen auf und sagte: „Tatsächlich denke ich, Hanatori, dass du diejenige bist, die sich ergeben sollte.“ Renji konnte das Gefühl der Rastlosigkeit nicht abschütteln, das ihn überkommen hatte. Sobald er konnte, hatte er sich aus der Gesellschaft von Shinobu entschuldigt. Als er an der Tür zu den Räumlichkeiten des Hausherrn vorbeiging, hielt er inne. In der Luft war immer noch der schwere Duft von Süßgras. Der Geruch brachte sofort das Gefühl von Kinbaku-Seilen, die ihn festhielten, spreizten und in all die richtigen Stellen drückten und das leidige Warten auf Byakuyas Vergnügen. Erregung durchfuhr Renjis Körper. Verschissene drei Wochen, dachte er und versuchte, gegen die beginnende Erektion anzukämpfen. Ich sterbe noch an…, Renjis Gehirn suchte nach den richtigen Wörtern, gab auf und gab sich dann zufrieden mit… aufgestauter Geilheit. Und nun war Tantchen Verdammnis auf ihrem Weg. Was Renji wirklich wollte war, unter die Decke zu kriechen, die nach Byakuya roch und sich selbst vielleicht ein wenig von der Anspannung zu befreien. Aber wenn Tante Masama morgen auftauchen würde und Renji in Byakuyas Decke eingemummelt ohne eben diesen entdeckte… Nun ja, er konnte sich das Gemetzel nur vorstellen. Mit einem Seufzen nahm Renji die Hand von der Tür und ging weiter – zurück zu seinem eigenen, einsamen Feldbett. Sobald er draußen war, hielt er im eisüberzogenen Garten inne und starrte hinauf zum Mond. Er streckte seine Hand aus, als könne er ihn greifen. Und doch habe ich dich berührt, dachte er zu sich selbst. Habe dich auf mein Niveau hinuntergezogen, auch wenn nur kurz… Doch vielleicht warst du es, der mich hinaufgezogen hat. Mit einem Seufzen ließ er seine Hand fallen und schickte ein Stoßgebet in den Himmel. Ich hoffe sehr, dir geht es gut, Geliebter. Trotz der späten Stunde entschied Renji, dass wenn er heute auch nur die Chance auf ein bisschen Schlaf haben wollte, er noch ein bisschen von seiner angestauten Energie ablassen musste. Statt sich seinem Bett zuzuwenden, ging er also zur Trainingshöhle. Trotz dem Gefühl der Erleichterung, das Byakuya überkam, wurde er nicht unachtsam. Immerhin hatte er keine Ahnung, was das hier sein sollte – Ein Putsch? Ein Aufstand? Ein Gefängnisausbruch? – und ob oder ob nicht, er als amtierender Kommandant der Hofgarden das unterstützen sollte. Außerdem schien es offensichtlich für Byakuya, dass Ten etwas über die Pläne der Wächterin gewusst haben musste. Denn er war gerade rechtzeitig verschwunden. Viel mehr sogar wäre es unmöglich gewesen, herumzugehen und alle Zellentüren zu öffnen, wenn die Wachen nicht anderweitig beschäftigt gewesen wären. Ten musste daran gedacht haben, den Kidō-Schüssel rechtzeitig zu klauen, denn er war normalerweise ziemlich stark bewacht. Allerdings war es auch möglich, wenn man Tens besonderen Handel berücksichtigte, dass er jemanden bestochen hatte. Wie auch immer, Byakuya bezweifelte, dass die ganze Szene ein kompletter Zufall gewesen war. Als einige der Mithäftlinge die Arme der Wächterin ergriffen, schrie sie die Frage, die auch in Byakuyas Gedanken vorherrschte: „Was tut ihr?“ „Wir übernehmen“, erklärte Ten. „Ihr Narren! Ihr werdet niemals entkommen! Die Hofgarden werden nicht Halt machen, um euch zu jagen“, protestierte sie. Ten winkte Byakuya aus ihrer Zelle hinaus. Vorsichtig gehorchte er, behielt Senbonzakura aber bereit. Sobald er über die Türschwelle getreten war, schubsten die Häftlinge die Wächterin, die sie gerade noch gehalten hatten, hinein. Ten schob die Tür zu und benutzte den Kidō-Schlüssel, um sie zu versperren. Während er in beobachtete, spürte Byakuya einen Anstieg im Reiatsu. „Du kannst immer noch Kidō wirken“, bemerkte er. „Und du scheinst eine Waffe zu haben, also denke ich, wir stecken beide voller Überraschungen“, grinste Ten. Byakuya blickte zu den versammelten Häftlingen. Trotz der sanften Gewalt, mit der sie die Wächterin hinter Schloss und Riegel gebracht zu haben, schienen alle überraschend ruhig und gesittet. „Was ist euer Plan?“ Ten steckte die Hände in die Taschen seines weißen Hakama und lehnte seinen Rücken gegen die Wand nahe der Zelle. Die Wächterin lag auf dem Boden, umgeben von den Leichen der Wachen, die Byakuya getötet hatte, und schien zu schluchzen. „Na ja“, sagte Ten beiläufig, „da gibt es tatsächlich einige Pläne. Die Verräter haben für eine Flucht gestimmt. Ich denke, das ist dumm, doch sie sind ausnahmsweise einer Meinung, also… ist jeder auf sich alleine gestellt.“ „Sie werden nicht weit kommen“, sagte Byakuya, als er Senbonzakura in ihre Hülle steckte. Er schob das Zanpakutō an seinen Platz an seiner Hüfte und fügte hinzu: „Wenn sie irgendwie die übrigen Verteidigungslinien durchbrechen können, sind sie umgeben von den Ninja der zweiten Division.“ „Genau“, lächelte Ten. Seine braunen Locken verdecken den größten Teil seiner Augen, doch selbst im Halbdunkeln konnte Byakuya das Glänzen darin sehen. „Der Rest von uns wird bleiben, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die Verrückten… Nun ja, wie ist sein Name, dieser Anführer der Gruppe, Miyamoto, sagte etwas von dem Wäscheraum und unbewachten Chemikalien und ich denke, Tado hat sich zu einem Amoklauf aufgemacht… Aber die Deserteure und ich hängen hier rum, weil wir planen unserem Protest Ausdruck zu verleihen.“ Byakuya, der Wiederholungen aller Art normalerweise hasste, war so perplex, dass er nur fragen konnte: „Ein Protest?“ Adachi, mit seinem markanten Schlangenhaut-Tattoo, nickte. Seine Augen glitten zu Senbonzakura mit einem ähnlichen Verlangen, wie das der Wächterin. Doch er schien besser in der Lage zu sein, sich zusammenzureißen. Mit einem Atemzug und das Verschränken der Arme vor seiner Brust, sagte er: „Wir haben ein paar Forderungen. Besseres Essen zum einen.“ Mit einem Blick zu seinem Stellvertreter und Kriegerpriester, fügte er hinzu: „Ein Gnadengesuch zum anderen. Auch ich bezweifle, dass sie uns Zweiteres geben werden, müssen wir es versuchen. Unser Schrei nach Gerechtigkeit muss aufgezeichnet werden, wenn auch sonst nichts passiert.“ „Wird er“, sagte Byakuya und dachte dabei an die Archive der Kuchiki und einige der geschichtlichen Geheimnisse, die dort enthalten waren. Ten blickte zu Byakuya in einer Weise, die ihn mehr als bewusst machte, dass er immer noch mit Blut und Eingeweiden beschmiert war. „Also Kuchiki, was sind deine Pläne?“ „Ich denke, ich gehe duschen.“ Ten lachte. „Guter Plan.“ Adachi lächelte zustimmend. „Wenn du fertig bist, solltest du zu uns in die Mensa kommen. Wir planen dort unseren Sitzstreik durchzuführen.“ Byakuya nickte, doch er plante nicht, sich zu ihnen zu gesellen. Er war zu vertraut mit der Justiz der Hofgarden, um zu glauben, dass selbst der friedfertigste Protest gut ausgehen würde. Zumindest würde ihre Rebellion zu ihrer Strafe hinzugefügt. Byakuya konnte sich nicht leisten, zusätzliche Zeit im Gefängnis zu verbringen. Eher wurden sie abgeschlachtet. Und wenn er dort war, Senbonzakura an seiner Hüfte, wäre die Anwesenheit einer Waffe ihre Ausrede. Besser war es, in einer der Einzelhaftzellen abzuwarten. Wie es das Schicksal wollte, kannte Byakuya eine, auf der bereits sein Name stand. Renji hatte sich fast verausgabt, als das Tenteikūra erschien. Ōmaedas Stimme klang überraschend kommandierend: „Alle verfügbaren Kommandanten werden um Unterstützung der zweiten Division ersucht. Wir haben Berichte über einen möglichen Gefängnisausbruch. Ich wiederhole, es gibt einen möglichen Gefängnisausbruch im Madennest.“ „Oh, du verarschst mich doch gerade“, murmelte Renji. Vermutlich sollte er sich selbst retten, doch er war bereits mit Blitzschritt unterwegs zur Zweiten. Er vermutete, es war besser, aufzukreuzen und wieder weggeschickt zu werden, als überhaupt nicht aufzutauchen. Mit einem frustrierten Blick zum Mond murmelte er: „Du bist scheiße. Das war das letzte Mal, dass ich zu dir gebetet habe.“ Renji kam zwei Schritte hinter Kenpachi in der 2. Division an. Zaraki musste gerade ein Bad genommen haben, denn seine Haare sahen nicht wie seine übliche Dämonenkrone mit den Glöckchen gespickten Stacheln aus und er hatte seinen ausgefransten, ärmellosen Haori über die Schulter geworfen. Er nickte Renji zu und blickte über das dunkle Gelände der Zweiten. „Ich frage mich, ob wir die einzigen sind.“ Statistisch gesehen war das unwahrscheinlich. Zumindest musste ein dritter Kommandant eine Nachtschicht haben. Wie auf ein Stichwort erschien Unohana neben ihnen am Fuß der Treppe. Als sie Kenpachi sah, beugte sie ihren Kopf, als verstecke sie ein geheimes Lächeln. „Wie ich sehe, hast du mal deinen Weg zu einem Kampf gefunden.“ „Heh“, schnaubte Kenpachi. Nachdem er Unohana einen langen, verächtlichen Blick zugeworfen hatte, wandte er ihr den Rücken zu. „Also sind es vielleicht nur du und ich als kämpfende Kommandanten, eh, Abarai?“ Falls Unohana beleidigt war, verbarg sie es gut. Doch es mache Renji trotzdem sehr unkomfortabel, aus welchen Gründen auch immer, zwischen diese beiden geraten zu sein. Er hatte diese offensichtliche, unausgesprochene Rivalität noch nie verstanden oder warum sie ihn so wenig… behagte. „Uh“, machte Renji. „Tatsächlich lassen sie mich vielleicht gar nicht mitmachen, ähm, wegen… Verwicklungen.“ Kenpachi warf ihm ein enttäuschtes Stirnrunzeln zu und schnalzte mit der Zunge, während er seinen Haori anzog. „Oh verdammt noch mal, Abarai! Erzähl ihnen einfach, dass du schon mal gegen deinen Freund Bankai eingesetzt hast und es wieder tun würdest.“ „Ja, Kommandant!“, sagte Renji automatisch. Es stellte sich heraus, dass man 50 Jahre in der Elften nicht einfach abschütteln konnte. Er errötete noch nicht einmal bei Kenpachis beiläufiger ‚Freund‘-Bemerkung. Stattdessen ging er hinter Kenpachi her, als sie die Treppen hinaufstiegen. Ein paar von Soi Fons normalen Soldaten schienen herumzuschwirren, um den Eingang der 2. Division frei zu machen. In der Ferne sah man Laternenlichter unter den Kiefern tanzen, während Leute das Gelände absuchten. Kenpachi rief: „Wer hat hier das Kommando? Denn ich und Abarai brauchen die Freigabe, dem Aufstand auf den Zahn zu fühlen.“ „Uh…“, begann Renji wieder, doch dann schloss er einfach den Mund, denn selbst wenn er nicht mehr der 6. Offizier war, man diskutierte man nicht mit Kenpachi Zaraki. Hirako Shinji erschien aus westlicher Richtung, sah irritierenderweise so vollendet aus, als wäre er irgendwie geradewegs vom Frisör gekommen. „Habe ich den Spaß verpasst?“ „Also wären es ich, Abarai und der Vizard“, bellte Kenpachi. Dann gluckste er. „Ich hoffe, diese Idioten sind keine absoluten Schwächlinge, denn ich habe mir ein Gewinnerteam zusammengebaut. Im Halbdunkeln waren die Duschen gruselig genug, dass Byakuya entschieden hatte, Senbonzakura vollständig mit hineinzunehmen. Er hatte das Zanpakutō an die Wand gelehnt, gerade so außerhalb des Wasserstrahls, aber innerhalb seiner Reichweite. Der zu große, geliehene Shihakushō war sofort in die Wäsche gewandert, als Byakuya den Stapel weißer Gefängnisuniformen gesehen hatte, von dem er sich bedienen konnte. Wenn die Dinge geregelt waren, würde er einen Ersatz-Shihakushō anfordern. Natürlich wäre er auch, wenn die Dinge geregelt waren, gezwungen, Senbonzakura abzugeben. Doch daran konnte er später denken. Byakuya drehte den Regler auf und stellte sich unter den schwachen Strahl, ließ das lauwarme Wasser über seinen Körper laufen. Es war eine Schande, dachte er, dass er nicht zu den anderen gehen würde. Denn sonst würde er sicherstellen, einen annehmbaren Wasserdruck und einen neuen Boiler auf die Liste der Forderungen zu setzen. Auch bessere Qualität der Seife, fügte er in Gedanken hinzu, als er den kreidigen Klumpen aus seiner Halterung nahm. Er schloss die Augen und ging die Bewegungen durch. Jeden Teil seines Körpers schrubbte und wusch er sorgsam ab. Das Licht war aus, die Augen geschlossen, denn er brauchte das Rinnsal des Wassers nicht sehen, der sich vom Blut seiner Gegner rot färbte. Noch mehr Körper für den Friedhof meiner inneren Welt, dachte er. Mein Erbe der Erbarmungslosigkeit. So in Gedanken verloren hätte Byakuya beinahe den Laut von Schritten hinter sich nicht gehört. In der Sekunde, als er das Klatschen von nassen Füßen bemerkte, ging Byakuya in den Blitzschritt über. Mit Höchstgeschwindigkeit griff und zog er Senbonzakura und richtete die gezogene Klinge auf… Tado…? Durchaus. Verrückt grinsend stand der rothaarige Riese, auch bekannt als der Kenpachi des Madennests, in der Mitte des Duschraums, splitterfasernackt mit einer harten Erektion. Er gluckste dunkel. „Hast du nie Geschichten über Gefängnisduschen gehört, Kuchiki?“ Seltsamerweise hatte er vor nicht allzu langer Zeit einen Yaoi-Manga gelesen, der eine solche Szene beinhaltete. Wie auch immer, das war nichts, was er plante, mit Tado zu teilen. „Hast du kein besseres Gespür als einen bewaffneten Mann zu attackieren?“ „Das kleine Spielzeug wird mich nicht aufhalten“, gluckste Tado und ging nach vorne, presste die Spitze von Senbonzakura in seine Brust. In dem Moment, als die Haut durchstochen wurde, sprang er zurück. „Was zur Hölle? Das ist eine lebende Klinge!“ Um dem Riesen gegenüber fair zu bleiben, es war dunkel. Byakuya vermutete, dass es möglich war, das Leuchten der scharfen Schneiden in der völligen Dunkelheit nicht zu sehen. Doch sicherlich hatte er hören müssen, wie er die Klinge gezogen hatte. „Wie lange ist es her, dass du den Klang von Stahl gehört hast?“ Es war offensichtlich Byakuyas Nacht, um den tiefsten, dunkelsten Schmerz jedermanns hervorzubringen. Brüllend stürmte Tado nach vorne. Es war eine Albtraumaufgabe. Soi Fon hatte Kenpachis „Dream Team“ aufgespalten und jeden von ihnen einen möglichen Ausgang zur Bewachung zugeteilt. Der Befehl war simpel: Jeden niedermachen, der herauskam. Kenpachi hatte sich gerade heraus geweigert, hatte gesagt, dass wenn er Fische in einem Fass fangen wollte, könnte er den Scheiß auch woanders tun. Er hatte hinzugefügt, dass wenn sie sein Bad noch einmal für so etwas Langweiliges unterbrechen würde, würde er ihr liebend gerne Suzumebachi in unvorstellbare Stellen rammen. Renji war gegangen, bevor er Soi Fons Antwort gehört hatte, doch er war sich sicher, dass sie eine solche Beleidigung nicht ohne irgendeine Art von Antwort schlucken würde. Vermutlich bekam Kenpachi trotzdem noch einen interessanten Kampf, doch das würde bei dem Anliegen mit den Flüchtlingen nicht helfen. Also postierten sich Unohana, Shinji und er an die Plätze, die die Aufklärungseinheit des Onmitsukidō als potentielle Ausbruchsstellen identifiziert hatte. Er war an einem einsamen, kleinen Ort mit einem engen Felsvorsprung einer Klippe, die unter dem Schatten der langen, schmalen Brücke, die zum Haupteingang der Gefängniseinrichtung, versteckt lag. Der Felsvorsprung war gerade breit genug, dass er komfortabel stehen konnte, Zabimaru entfesselt und bereit über seine Schulter geworfen. Der Offizier der Aufklärungseinheit hatte gesagt, dass wenn jemand hier herauskam, würde er sich vermutlich seinen Weg hinausgraben und hatte auf einen leichten Riss im Stein gedeutet, der kaum sichtbar war. Renji hatte gefragt, warum sie, wenn sie davon gewusst hatten, das Loch nicht einfach gestopft hatten. Doch der Offizier hatte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Wir können ihnen nicht die ganze Luft abschnüren. Es ist eine natürliche Belüftung für das Höhlensystem.“ Der Wind pfiff um die blanken Kanten der Klippe, zog an Renjis Pferdeschwanz und raschelte durch seinen Saum. Da die Brücke über seinem Kopf war, kam selbst das Mondlicht nicht durch, ließ ihn so fast in kompletter Dunkelheit. Es wäre der beste Ort für einen Ausbruch. Es ist komplett geschützt und versteckt, dachte Renji. Bitte ihr verfluchten Götter, lasst sie nicht hier rauskommen. Doch mit seinem Glück würde das nicht nur eintreten, sondern Byakuya wäre der Erste, der herauskam. Nein, Byakuya würde nicht versuchen, auszubrechen. Herr Gesetz-und-Ordnung ist vermutlich gerade da drin und versucht jeden festzunehmen, der das überhaupt vorschlägt. Er machte vermutlich gerade alle bösen Typen mit seinem krassen Hakuda platt. Vielleicht würde, wenn der Inhaftierungstrupp ins innere Eindrang, sie Byakuya dort vorfinden, wie er alle im Zaum hielt und ihm sofort eine ‚Du kommst aus dem Gefängnis frei‘-Karte für sein vorbildliches Verhalten geben. Heh, schön wär’s. Aber es war eine nette Vorstellung. Der Wind trug den entfernten Klang von aufeinandertreffenden Schwertern zu ihm herüber, doch Renji war sich ziemlich sicher, dass das nur Kenpachi und Soi Fon waren, die ihren Disput austrugen. Es wäre ein interessanter Kampf zum Zuschauen, vor allem wegen Soi Fons häufigem Gebrauch von Shunpo und verdeckten Angriffen, die Kenpachi immer so unsportlich fand. Renji hoffte nur, Soi Fon würde ihn nicht töten. Oder umgekehrt. Denn trotz dem, was er behauptete, benutzte Kenpachi sowohl Shunpo als auch Kidō. Auch wenn Kenpachi schwor, dass er es nicht konnte, hatte Renji bemerkt, dass wenn er einem schnelleren Gegner gegenüberstand, Kenpachi ganz einfach schneller wurde. Ohne auch nur darüber nachzudenken beschleunigte er und hämmerte mit seinen Schlägen am Ende mit Shunpo-Geschwindigkeit auf seinen Gegner ein. Das Gleiche mit Kidō. Er verteidigte solche Angriffe ebenfalls ohne darüber nachzudenken. Sicher würde Kenpachi seinen Gegnern sagen, dass er einfach von Natur aus eine harte Haut hat, die magische Schläge abweist, doch Renji hatte etwas auf dem Schlachtfeld gesehen, dass ihn vermuten ließ, dass es mehr war. Sobald Kenpachi tief in der Klemme steckte, hätte Renji schwören können, dass er eine Art geisterhaftes Abbild gesehen hatte, das Kenpachi umgab. Es hatte wie eine Art leuchtender Kidō-Totenkopf, einen Schädel, ausgesehen. Vielleicht war es nur Yachiru, die ihn beschützte, doch was auch immer es war, es bewahrte Kenpachi davor, Opfer von Kidō-Attacken zu werden. Alles, um kampffähig zu bleiben. In einem ehrbaren Kampf zumindest. Renji musste seinem früheren Kommandant Respekt zollen, dass er Soi Fon gesagt hatte, dass sie sich ihre scheiß fiese Zuweisung in ihr weibliches Geschlechtsteil schieben könne. Unbewaffnete niedermachen? Das war Scheiße, die Aizen abziehen würde. Doch jemand musste es tun. Besser er, als jemand anderes. Dieser Gedanke war es gewesen, der Renji damals in den frühen Tagen hatte weitermachen lassen, als ihn Aizen oder Ichimaru auf beschissene Missionen in den Rukongai geschickt hatten. Hässliche Aufgaben abzulehnen sorgte nicht dafür, dass sie verschwanden. Es bedeutete nur, dass jemand anderes deinen Faden aufnehmen musste. Was sollte Renji tun, jemanden wie Momo oder Kira eine solche Bürde tragen lassen? Nein. Außerdem musste man einen Blick auf seine Seele werfen. Seine war fürs Töten gemacht. Dafür, seine Feinde mit den Zähnen zu zermalmen und wieder auszuspucken. Also würde es, wenn jemand diesen Weg entlangkam, Tote geben. Zabimaru würde ein Dämonenfestmahl über ihre Knochen und ihr Blut abhalten. Als Renji so dastand, konnte er sich wenigstens damit trösten, dass diese Männer vermutlich ihren Tod auf irgendeine Weise verdient hatten. Es waren Mörder und Diebe und was auch immer. Renji durfte sich nicht erlauben, zu sehr über die Makel des Rechtssystems der Hofgarden nachzudenken. Er musste nur seine Aufgabe erledigen. Und verdammt noch mal hoffen, dass keine diesen Weg nahm. Irgendwie, auch wenn Byakuyas Griff sich niemals gelockert hatte, hatte sich Tado auf ihn gestürzt. Sie fielen zusammen zurück und Byakuya schaffte es gerade so, dass sein Kopf nicht auf den nassen Fliesenboden aufschlug. Fleischige Hände griffen an seine Schultern, wickelten sich um eine handvoll Haare, rissen und zogen. Heißer Atem brandete gegen seinen Hals, der Geruch von Mann füllte seine Nase, als der Riese seinen nackten Körper auf ihn drückte, ihn erdrückte, es schwer machte, zu atmen. Besonders mit dem steifen Glied eines Fremden, das sich zwischen seine Schenkel drückte. Plötzlich fühlte sich Byakuya sehr jung und klein und verwundbar. Panik kam in ihm mit einer solchen Wucht auf, dass ihm fast Schwarz vor Augen wurde. Das Einzige, was ihn davor bewahrte, die Fähigkeit zum Denken zu verlieren, war die Tatsache, dass eine Hand immer noch Senbonzakuras Griff umschlossen hatte. Tados Brust war direkt am Griffschutz. Er war selbst hindurchgelaufen. Und doch hatte er noch nicht realisiert, dass er tot war. Als Tado begann, in den Raum zwischen Byakuyas Beinen zu stoßen, schaffte es Byakuya, alle Willenskraftaufzubringen, um die Klinge zu drehen. Ein heißer Schwall Blut schoss hinaus. Tados Stöhnen hätte sowohl aus Schmerz oder Lust sein können. Ein Erschaudern, das Röcheln eines Sterbenden, erschütterte seinen Körper. Ekelerregender Weise kam er, während er starb. Nun, da er alleine war, erlaubte sich Byakuya ein keuchendes Wimmern und die komplette, panische Erniedrigung, in dem er sich hektisch unter dem Leichnam hervorzappelte. Byakuyas ganzer Körper bebte vor Schock und er konnte spüren, wie er begann zu hyperventilieren. Mit Mühe krabbelte er zurück unter den Wasserstrahl der Dusche und ließ zu, dass das Prasseln von kaltem Wasser auf seiner Haut ihn beruhigte und erdete. Auf ein stilles Kommando hin löste sich Senbonzakura auf und materialisierte sich wieder neben ihn. Byakuya griff die Klinge, die wieder in ihrer Hülle war, mit beiden Händen, hielt sie fest und beugte seinen Kopf, während er gegen die Tränen ankämpfte. Er hasste diese Schwäche… Etwas, von dem er geglaubt hatte, dass er sie von sich gestoßen hatte, als er diesen Mann mit Senkei zerstört hatte. Byakuya hatte keine Ahnung, wie lange er dort gekniet und in der Dunkelheit gezittert hatte. Sein Magen hatte sich verkrampft und er hatte sich immer wieder übergeben, bis nichts mehr in seinem Magen war. Schlussendlich fühlte er sich leer und war in der Lage, aufzustehen und sich selbst zu säubern. Doch er tat alles einhändig, da er sich weigerte, sich von der tröstenden Präsenz von Senbonzakura zu lösen. Er zog sich auch so an, musste dafür über die zuckende Leiche on Tado steigen. Nun ruhiger, atmete er aus und dachte über die Ironie nach, dass er sich jetzt Kenpachi des Madennests nennen durfte. Das Weiß schien auch angemessen. Er fühlte sich wie ein Geist, leer und schwebend, während er sich auf den Weg zur Einzelzelle machte. Als er sich selbst einsperrte dachte er: Ja. Hinter diesen Wänden bin ich sicher. Renji stand so lange Wache, dass er begann zu glauben, dass zumindest einmal seine Gebete erhört wurden und er eine ruhige, ereignislose Nacht erleben würde. Natürlich hörte er genau dann ein schabendes Geräusch. Scheiße, dachte er und hob Zabimaru von der Schulter. Er machte ein Schritt zurück, setzte die peitschende Klinge frei und ließ sie hart gegen die Oberfläche des Felsens prallen. „Hey“, rief er. „Kehr um. Hier kommst du nicht raus.“ Die Stille schien nachdenklich. Dann, ohne eine Warnung, explodierte die Oberfläche des Felsens in einem gleißend hellen Feuerball. Kapitel 35: Baboon Bone Cannon ------------------------------ Renji schaffte es halb im Sprung und, von der Druckwelle der Explosion, halb zurück taumelnd, mit einer Hand sein Gesicht zu schützen, sodass er vom grellen Blitz nicht komplett geblendet wurde. Seine Ohren klingelten von dem Knall. Ätzender Rauch füllte die Nachtluft. Steine und Trümmer schlugen gegen ihn, während irgendeine Art von Chemikalie den Stoff seines Shihakushō ansengte. Er wischte sich Tränen aus seinen brennenden Augen und versuchte sich zusammenzureißen. Er kam einige Schritte vor dem Höhleneingang schlitternd zum Halt. Zabimaru zog sich zurück, nachdem es instinktiv ausgeschlagen hatte, um einen größeren Felsen zu zerschlagen. Nur durch reines Glück waren sie auf dem engen Vorsprung geblieben und waren nicht in den Graben unter ihnen gestürzt. Renji konnte noch nicht viel hinter der Staubwolke ausmachen. Die Dunkelheit half ihm genauso wenig, wie die Punkte, die immer noch vor seinen Augen tanzten. Alles klang, als wäre sein Kopf unter Wasser. Trotzdem rief er eine Warnung aus: „Das pisst mich gerade richtig an.“ Denn das hatte es. Renji hatte sich ziemlich grausig gefühlt bei der Aussicht, unbewaffnete Männer abzuschlachten, doch offensichtlich waren diese Flüchtlinge nicht ohne Ressourcen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie irgendeine Art von hausgemachten, chemischen Bomben hatten, musste sich Renji auf alles bereit machen. Drei Shakkahō-Attacken zischten über seinen Kopf hinweg, als er hinter einem Trümmerteil Schutz suchte und unterstrichen seine Vermutung nur noch. Doch das Hadō war wahllos in alle Richtungen gefeuert worden, als wären die Leute im Inneren der Höhle ebenso geblendet oder sie hatten vielleicht seine Position noch nicht ausmachen können. Wie auch immer, Renji wusste, dass es mindestens drei Personen sein mussten. Alle waren potentiell in der Lage, Kidō einzusetzen und zusammenzuarbeiten? Das konnte problematisch werden. Renji hatte nicht viele Kidō-Fähigkeiten, also musste er hart und schnell zuschlagen und mit einem Angriff versuchen, so viele auf einmal auszuschalten, wie es ihm möglich war. Außerdem hatte er dadurch ein Handicap, dass er auf dem engen Felsvorsprung kämpfen musste. Er schwang Zabimaru wieder und schlug blindlings in die Öffnung der Höhle hinein. Er spürte einen Aufprall, hörte Schreie. Zabimaru zischte vor Vergnügen, als es sich wieder zurückzog, bereit erneut zuzuschlagen. Der Dunst hatte sich gelegt. Renji erkannte, wie jemand aus der der Ecke der Höhle lief. Selbst in der nebligen Dunkelheit war die Figur einfach zu erkennen, gekleidet in einer einfachen, weißen Uniform und einer Haarfarbe, die der von der neuen Vizekommandantin aus Hisagis Division ähnlich war. Der Mann blickte zu Renji, zielte und rief „Für Yuka!“ und ließ dann eine Beschwörung los, die sich in ein Netz verwandelte. Hadō, warum muss es immer Hadō sein, fragte sich Renji reumütig. Zumindest war er zuversichtlich, dass kein Netz Hihiō Zabimaru fangen konnte. „Ban-kai.“ Natürlich hatte sich das Kidō-Netz gegen den plötzlichen, massiven Ausbruch von spirituellem Druck aufgelöst. Hihiō Zabimaru hatte den zusätzlichen Vorteil, dass er an dem Felsvorsprung und den Seiten der Klippe hängen, während Renji auf den Knochen stehen konnte. Er ließ die knöchrigen Glieder etwas vom Vorsprung gleiten und zielte auf den überrascht dreinblickenden Flüchtling. Wenn der Mann klug war, würde er rennen. Vor allem, als Hihiō Zabimaru sein klaffendes Maul öffnete, in Vorbereitung auf: „Hikotsu Taihō!“ Der gleißend rote Strahl der Pavianknochen-Kanone schnitt wie ein Schrei durch die Luft, äscherte alles ein, was auf seinem Weg lag. Renji wartete in der Totenstille darauf, was folgte. Seine bloße Hand klammerte sich an dem knöchrigen Rücken, während sie wogend, schlangenähnlich, darauf warteten, ob jemand näherkommen würde. Man kann sich keinen gnädigeren und schnelleren Tod wünschen, dachte Renji und blickte in die Dunkelheit. Zumindest haben wir ihm das gegeben. Hihiō Zabimaru zischte, als sei es enttäuscht von einem solch kurzen und ungleichen Kampf. „Wir könnten sie jagen“, schlug Renji vor, auch wenn ihm die Idee nicht sonderlich gefiel. Er mochte den Gedanken nicht, wie diese Männer eingekreist und gezwungen zu sein, zwischen Angriff und Rückzug wählen zu müssen. Außerdem hatte Zabimaru und geschlossenen Räumen einen großen Nachteil, denn da waren sowohl Bankai als auch Shikai ziemlich nutzlos. Dann war noch das Problem mit dem Zeug, aus was auch immer sie da die Gefängnismauern gemacht hatten. Diese Art von seelenaufsaugendem Stein, der dein Reiatsu aufzehrte… Natürlich konnten er und Zabimaru so kämpfen. Da er Jahre damit gelebt hatte, dass Kenpachis spiritueller Druck konstant auf ihn einprasselte, bedeutete auch gleichzeitig, dass er selbst von der kleinsten Reserve zehren und weitermachten konnte. Er hatte immer noch eine scharfe Klinge, während seine Gegner nichts hatten. Außer chemische Bomben, scheinbar. Ja, vielleicht warteten sie nur mit einer riesigen Kanone auf denjenigen gerichtet, der auch immer hereinkommen würde. Zabimaru grummelte innerlich, knurrte aber auch zustimmend. Als die Morgenröte am Horizont zu erkennen war und es offensichtlich schien, dass niemand mehr kommen würde, ließ Renji Zabimaru sich in die versiegelte Form zurückziehen und schob es zurück in die Schwertscheide an seiner Seite. Er wollte gehen, zumindest nachhören, wo Byakuya in dem ganzen Chaos gesteckt hatte. Das einzige Problem war dieses riesige Loch. Renji war sich ziemlich sicher, dass die Gefängniswächter ziemlich unzufrieden damit sein würden, wenn er es komplett offen und unbewacht zurücklassen würde. Er wollte gerade loslegen, den größten Felsen aufzunehmen, den er bewegen konnte, als ein Ninja der zweiten Division hinter ihm auftauchte. „Heilige Scheiße!“, keuchte Renji, da er vor Überraschung beinahe vom Felsen gesprungen wäre. „Schleicht ihr euch immer so an andere heran?“ Der Ninja gluckste. „Es ist sozusagen unser Modus Operandi.“ Ihre Stimme war tief und selbstbewusst. Renji dachte, dass falls er mehr von ihrem Gesicht als nur die braunen Augen sehen würde, sie wahrscheinlich hübsch war. „Kommandant in Vertretung Abarai? Bitte erlaubt mir, zu übernehmen. Sie werden im Hauptquartier benötigt. Es scheint, als wäre ein Gefangener verloren gegangen.“ „Was? Warum braucht ihr mich dafür?“ „Der vermisste Gefangene ist Kommandant Byakuya Kuchiki.“ Renji hatte seinen persönlichen Shunpo-Geschwindigkeits-Rekord gebrochen, während er auf dem Weg zurück zum Hauptquartier der zweiten Division war. In der Sekunde, als er aus dem Shunpo heraustrat, packte ihn Soi Fon am Kragen und hämmerte ihn gegen den Stamm der nächsten Kiefer. Der Aufprall quetschte alle Luft aus seiner Lunge. Auf Zehenspitzen spie Soi Fon wütend in sein Gesicht: „Wo ist er? Wo versteckst du Kuchiki?“ Endlich in der Lage, wieder Luft zu holen, hob Renji in einer aufgebenden Geste die Hände. „Ihn verstecken? Kommandant Kuchiki würde niemals-“ Sie hob ihn erneut hoch, um ihn wieder gegen den Stamm zu knallen. „Du kennst ihn. Wo würde er hingehen?“ „Ich sage euch, Kommandantin, Kommandant Kuchiki würde sich nicht von der Stelle bewegen“, schnaubte Renji, hielt seine Körpersprache ansonsten aber friedlich. Soi Fons Augen waren schmale, argwöhnische Schlitze. Da Kenpachi nirgendwo zu sehen war, vermutete Renji, dass ihr Kampf in einem Unentschieden geendet hatte, wenn überhaupt. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt und geschwollen, was sie noch furchterregender aussehen ließ. „Du sagst, dass du glaubst, dass sich Kuchiki irgendwo innerhalb des Gefängnisses versteckt?“ Es war etwas klischeehaft, aber Renji musste fragen: „Habt ihr in seiner Zelle nachgesehen?“ Sie hielt ihn nun mit einer Hand am Kragen, während sie zu ihren Soldaten blickte. Einer von ihnen nahm unter ihrem Blick Haltung an und meldete: „Der Aufstand schien dort angefangen zu haben. Wir haben die Wächterin eingeschlossen in Kuchikis Zelle gefunden. Außerdem noch einige Leichen die scheinbar… geschreddert worden sind.“ Senbonzakura, dachte Renji, sagte es jedoch nicht. Sie sind bei ihm, bestätigte Zabimaru. Soi Fon blickte zurück zu Renji. „Doch nicht so gesetzestreu“, schnaubte sie. „Ich frage dich also noch einmal: Wo ist Byakuya Kuchiki?“ Renji begann, seinen Mund zu öffnen und zu wiederholen, dass er wirklich, ehrlich keine Ahnung hatte, als einer der Gefängniswärter herangeeilt kam. Er warf sich auf die Knie und sagte: „Der letzte Gefangene wurde gefunden. Er hat sich selbst in die besondere Kuchiki-Zelle eingesperrt.“ Renji warf Soi Fon einen Blick zu, der still ‚siehst du‘ sagte. Sie ließ Renji kurzerhand los und ohne auch nur zu bestätigen, dass er Recht gehabt hatte. Er pellte sich selbst von dem harzigen Stamm der Kiefer und klopfte sich theatralisch ab. Soi Fon ignorierte ihn weiterhin. „Also gut“, sagte sie zu ihren Soldaten. „Seht zu, dass alle Löcher versiegelt werden und ruft-“ „Ähm… Kommandantin?“, unterbrach der knieende Soldat. „Wir können nicht in die Nähe der Zelle. Der Gefangene hat seine Waffe und übergibt sie nicht. Wir haben… ich meine, mindestens zwei unserer Leute sind von dem immensen spirituellen Druck ohnmächtig geworden. Ich glaube, dass wenn wir wirklich versuchen würden, ihm das Zanpakutō mit Gewalt abzunehmen, würde er uns umbringen.“ Das klang nicht gut. Was würde der Grund sein, warum sich Byakuya so benahm? Er schlug niemals unbedacht aus. Scheiße, er tat kaum etwas, ohne an alle möglichen Konsequenzen zu denken. Außer, vielleicht, wenn er verzweifelt war… oder wirklich, wirklich austickte. Renjis Herz wurde schwer vor Sorge. Soi Fon holte mit dem Fuß aus und trat ihren Untergebenen fest. „Sei nicht so ein Weichei! Es gibt genau eine Regel im Madennest: Keine Zanpakutō! Und jetzt geh dorthin und mach deinen verdammten Job!“ Als es aussah, als würde sie vielleicht damit weitermachen, ihren Untergebenen bewusstlos zu prügeln, räusperte sich Renji. Sie drehte sich zu ihm um, ganz klar wütend über sein Einschreiten. „Ich rede mit ihm“, bot Renji an. Sie sah bei dem Angebot sehr unzufrieden aus, also fügte Renji hinzu: „Schauen sie, ich bin auf Kommandanten-Niveau und Kommandant Kuchiki vertraut mir. Irgendetwas muss passiert sein. Ich weiß, dass wir uns im Moment alle nicht besonders mögen, aber sie müssten doch auch wissen, dass das nicht seine Art ist. Lassen sie es mich versuchen. Bitte.“ Renji glaubte nicht, dass Soi Fon darauf eingehen würde. Daher er überlegte ernsthaft, ob er sich auf die Knie fallen lassen und flehen sollte, als ihre Schultern schlussendlich sanken und sie scharf ausatmete. „Also schön, aber ich gehe mit dir.“ Renji hatte keinen Grund, zu widersprechen. Immerhin hätte er allem zugestimmt. Er konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas wirklich nicht stimmte. Byakuyas spiritueller Druck, der irgendwie wie eine automatische Verteidigung fungierte? Renji hatte Byakuya über so etwas reden hören, aber wann? Er folgte Soi Fon und starrte auf das Kanji für die Nummer Zwei auf ihrem Rücken und wie ihre Zöpfe hüpften, während sie ging und versuchte sich zu erinnern. Am Haupttor übergaben sie ihre Zanpakutō an Ōmaeda. Renji musste sich unter dem halb eingestürzten Türrahmen hindurch ducken. Er berührte die angesengten Wände sanft. Auch hier hatte jemand Kidō verwendet, um sich seinen Weg hinaus zu bombardieren. „Wurden alle zusammengetrieben?“, fragte Renji. „Wisst ihr, wo sie stecken?“ Soi Fon drehte sich herum und warf Renji einen sehr düsteren Blick zu. Oder vielleicht einfach nur einen Blick, denn Renji begann langsam zu denken, dass sie immer aussah, als wäre sie bereit, jemanden zu töten. Tatsächlich irgendwie wie Ichigo. Wie nannte es Ichigo? Sein Resting Bitch Face. „Glaubst du, ich bin ein Idiot?“, donnerte Soi Fon. „Nein, Kommandantin, ich war nur neugierig“, sagte Renji. „Die Sache ist die, dass ich ziemlich sicher bin, dass Zabimaru mindestens einen vaporisiert hat, vielleicht sogar drei mehr. Da ich keine große Chance auf eine Nachbesprechung hatte, fragte ich mich nur, wie ihr die… ähm Toten von den Verschwundenen unterscheidet.“ „Ah“, sie wandte sich wieder dem Gang zu. Sie gab ruhig zu: „Wir arbeiten an der genauen Zahl, aber da gibt es eine Anzahl an Insassen, die kooperieren. Sie haben uns eine sehr detaillierte Liste mit Namen und Zahlen gegeben.“ Weshalb sie so sicher waren, dass Byakuya verschwunden war. Renji nickte verstehend, auch wenn sie ihm bereits wieder den Rücken zugewandt hatte. Ihr Benehmen erinnerte ihn so an seine früheren Tage mit Byakuya, dass er sich fast schon herzlich zu ihr hingezogen fühlte, wenn seine Schultern nicht immer noch von der Bekanntschaft mit dem Baumstamm schmerzen würden. Plötzlich hämmerte etwas noch Bekannteres gegen seine Haut. Byakuyas Reiatsu. Renji blickte sich im Höhlengang, der scheinbar endlos wirkte, um. „Sind wir in der Nähe?“ „Noch ein paar Kontrollpunkte“, erklärte Soi Fon. Immer noch so weit entfernt? Renjis Nackenhaare stellten sich auf. „Ja, das ist nicht richtig. Warum ist er so in Alarmbereitschaft?“ „Wovon brabbelst du?“ „Können sie es nicht spüren? Kommandant Kuchikis spirituellen Druck“, sagte Renji. Soi Fon schien inne zu halten und mit ihren Sinnen zu tasten. „Ist das eine Art Warnung?“ Renjis Magen zog sich zusammen. „Keine Ahnung. Aber das ist nicht gut.“ Ohne darüber sprechen zu müssen, beschleunigten beide ihre Schritte. Als sie die Zellentür erreichten, spürte Renji Byakuyas Reiatsu im Inneren wie den Beat einer Basstrommel pulsieren. Sandiger Staub regnete auf sie hinunter. Soi Fon blickte zwischen der geschlossenen Tür und Renji hin und her. Er dachte, dass sie vielleicht tatsächlich ein wenig nervös war, doch sie überdeckte es mit einem grimmigen: „Nun, geh rein. Es ist nicht wirklich abgeschlossen.“ Renji zog die Sandalen aus und klopfte an die Zellentür. „Taicho, ich bin es“, sagte er, bevor er die Tür sehr vorsichtig zur Seite schob. Er steckte seinen Kopf durch die Tür und bereitete sich auf alles vor. Er war überrascht zu sehen, dass Byakuya im Jinzen saß, Senbonzakura quer über seine Knie und so frisch, als wäre er gerade aus dem Sentō gekommen. Komplett in weiß gekleidet wirkte Byakuyas blasse Haut noch blasser. Seine dunklen Haare stachen gegen das blanke Weiß der Zelle heraus, wie ein umgekipptes Tintenfass. So ruhig wie die Szene war, Renji konnte die Warnung im Reiatsu spüren. Der Druck nahm zu, als die Tür aufgeglitten war und nun fühlte es sich an, als würde die Erde beben. „Hey, hey“, sagte Renji sanft. „Ich bin es nur, Taicho. Ich komme nur herein und setze mich zu dir, ok?“ Das nervenaufreibende war, dass Byakuya nicht einmal aufblickte oder auch nur auf den Klang von Renjis Stimme reagierte. Doch der Druck schien sich weit genug zu mindern, dass Renji über die Türschwelle treten konnte. Er ließ zu, dass der massive spirituelle Druck ihn hinunter drückte und saß direkt an der Tür, wie gewohnt, im Schneidersitz. Er ließ seine Hände auf seinen Knien ruhen und lehnte seinen Rücken entspannt gegen die kühle Steinwand. Der Raum war ganz nett, dachte Renji, wenn man super minimalistisch war. Er war fast komplett leer, doch es schien im hinteren Teil eine fast unsichtbare, halbe Wand zu sein. Renji konnte sich vorstellen, dass da die Toilette oder der Nachttopf oder so etwas in der Art versteckt lag. Doch es war noch nicht einmal ein Bett oder ein zusammenrollbarer Futon zu sehen. Vielleicht wurde das jeden Abend gebracht? Dieser Ort erinnerte Renji tatsächlich unangenehmerweise an den Ort, an den sie Rukia verlegt hatten, den Senzaikyū. Byakuya saß weiterhin perfekt still und sonderte Welle für Welle von ‚Fass mich nicht an‘ aus. Das war es. Jetzt erinnerte sich Renji wieder an die Geschichte. Während eines ihrer Dates in der Welt der Lebenden hatte Byakuya gestanden, jemanden mit seinem Reiatsu getötet zu haben. Sie hatten eine Art Dominanz-Spielchen gemacht mit Byakuya als Bottom, untenliegend, und Byakuya hatte Panik bekommen. Bam! Er hatte den Typen pulverisiert. Renjis Herz wurde schwer. Ein mögliches Szenario ging Renji unangenehm durch den Kopf. Immerhin war Byakuya hier, frisch aus der Dusche. Einer Dusche, die er offensichtlich der Meinung war, mitten in einem Gefängnisaufstand, nötig zu haben. Es war nicht schwer sich einen Grund vorzustellen, warum sich Byakuya schmutzig genug fühlte, um sich trotz aller Gefahren sauber zu schrubben. „Ah, scheiße, Byakuya“, seufzte Renji. „Ich hoffe, du hast ihn umgebracht.“ Ein leises Luftschnappen, wie jemand, der nach während dem Ertrinken Luft bekam, war zu hören. Gefolgt von einem ruhigen, wenn auch leerem: „Habe ich.“ Dann flog Byakuyas Kopf nach oben und er blinzelte, als versuche er seinen Blick zu fokussieren. „Renji?“ „Heya, Baby“, lächelte Renji. „Scheiß Tag, huh?“ Byakuya ließ ein kleines Lachen heraus, das fast wie ein Schluchzen war. „Könnte man sagen.“ Renji wollte verzweifelt zu Byakuya eilen und ihn in die größte Umarmung schließen, die es je gab. Doch er wusste, dass so eine Aktion viel zu sehr nach hinten losgehen könnte. Stattdessen blickte Renji zurück zur Tür, in deren Schatten Soi Fon im Seiza saß und aufmerksam zuhörte. „Besteht eine Möglichkeit, dass sie Taicho ein bisschen Tee besorgen könnten?“ Sie sah ihn zutiefst beleidigt an, behandelt zu werden wie einen Diener, doch Renji versuchte mit seinen Augen zu flehen. Komm schon, versuchte er es in Gedanken, du kannst doch sehen, dass es anfängt zu klappen. Du sollst so eine Art Spion sein. Kannst du nicht ein bisschen schauspielern? Er formte mit dem Mund ein ‚Bitte?‘. Soi Fon warf Renji den schmutzigsten Blick zu, doch sie schien in die Rolle zu schlüpfen, die von ihr verlangt wurde. Auch wenn Renji ihre zusammengebissenen Zähne sah, brachte Soi Fon ein sehr leichtes, dienerhaftes „Benötigt mein Herr sonst noch etwas?“ hervor. „Nur Tee reicht aus“, sagte Byakuya automatisch. Doch dann, vielleicht um zu zeigen, dass er bei Sinnen ist, fügte er hinzu: „Ich kann nicht viel mehr im Gefängnis erwarten, nicht wahr, Kommandantin Soi Fon?“ Sie zeigte sich in der Tür, als sie schnaubend aufstand. „Ich vertraue euch beide und lasse euch alleine. Wider besseres Wissen.“ Renji nickte feierlich. „Wenn ich geplant hätte, irgendwohin zu gehen, wäre ich schon längst gegangen“, bemerkte Byakuya. Byakuya klang… fast wie er selbst, dachte Renji mit einem Hauch Hoffnung. Zu blöd, dass Renji die unnachgiebigen Wellen des Reiatsu spürte, die auf seiner Haut prickelten wie dünne Nadeln. Und die Kanten von Byakuyas Stimme hielten immer noch eine Note von leere Geschlagenheit. In Moment, als Soi Fons Schritte im Gang komplett verhallt waren, zerbrach die Wand aus Reiatsu derart schnell und heftig, dass sie Renji beinahe aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Byakuya beugte seinen Kopf. Renji konnte sehen, wie du Schultern nach unten sackten und begannen zu beben. Also riss er sich zusammen und krabbelte so nahe an Byakuya heran, wie er es wagte. Als sie nah genug waren, um sich zu berühren, warf sich Byakuya in Renjis Arme. Sie fielen gemeinsam auf den Boden, Senbonzakura immer noch fest in Byakuyas Griff, während er die Arme um Renjis Taille schlang und sein Gesicht gegen Renjis Brust drückte. „Hey, wow, Liebling, das ist… uh, unerwartet“, schnaubte Renji. Er hätte beinahe dümmlich ‚Bist du in Ordnung?‘ hinzugefügt. Doch die Antwort war so offensichtlich ‚NEIN‘, dass Renji es gerade noch rechtzeitig schaffte, sie hinunterzuschlucken. „Bist du es wirklich? Bist du wirklich hier?“, fragte Byakuya mit leiser Stimme. „Yeah, Baby, ich bin es“, sagte Renji, wollte so gerne über Byakuyas Haare streichen, doch er hielt seine Arme fest aber sanft auf dem groben Stoff der Gefängnisuniform an Byakuyas Hüfte. Sie waren so gelandet, dass Byakuya größtenteils über ihm lag. Was Renji wirklich fragen wollte war ‚Was ist passiert?‘, doch es machte keinen Sinn zu versuchen, diese Information aus Byakuya herauszubekommen, bevor er nicht bereit war, darüber zu reden. Renji vermutete, dass er nur hier liegen und atmen konnte, doch Stille fand er niemals wirklich angenehm. „Also, ich denke, ich sollte dir berichten“, sagte Renji. „Lass mal überlegen, das vermutlich Interessanteste, was in der Division passiert ist, war an dem Tag, als ich den Rangoffizieren die Details von deiner Verhaftung erklärt habe. Ich habe herausgefunden, dass sie sich zusammengeschlossen haben und so eine Art feierlichen Pakt geschworen haben, nachdem unsere Unzucht herauskam. Kannst du das glauben? Alle zwanzig von ihnen haben zugestimmt, dass uns keiner verpetzen würde. Man, du hättest sehen sollen, wie sie sich auf Kinjo gestürzt haben. So ziemlich jeder hatte gedacht, er wäre der Verräter. Doch als ich ihnen sage, dass du es warst, der es aus Versehen ausgesprochen hast? Ja, ich dachte, sie würden mich sofort platt machen, weil ich deinen Charakter besudelt hätte.“ Byakuya atmete leicht gegen Renjis Brust während er redete. Also nahm er das als Ermutigung, weiterzureden. „Aber du weißt ja, sonst läuft der Laden fast wie von selbst. Ich meine, wahrscheinlich hilft es, dass wir beide oft auf Missionen sind. Die Truppe ist eine gut geölte Maschine. Du solltest stolz sein. „War ich immer“, sagte Byakuya leise. „Ja, ich auch“, sagte Renji. Da er sich etwas entspannt hatte, merkte er, dass seine Finger sich wie von selbst ein wenig bewegten. Er musste sich zwingen aufzuhören, als er spürte, wie sich Byakuyas Muskeln wieder versteiften. „Richtig“, sagte er, atmete durch und verschränkte seine Finger ineinander, damit sie sich nicht bewegten. „Ok, lass mal überlegen. Nanako führt ein Team an, um sich um sämtlichen Beschuss zu kümmern, der vielleicht von deiner Familie kommt. Das Letzte, was ich von ihr gehört hatte war, dass sie Volontäre von verbündeten Divisionen sammelt, die unsere Offiziere wegen deinem Arrest warnen, die deine Verwandten zurück auf ihre Anwesen eskortieren – du weißt, im Falle dass sich Tantchen schneller organisiert, als wir erwartet haben und nach unseren Ranglosen als Geiseln Ausschau hält. Ich denke, sie hat eine nette Anzahl an Rangoffizieren gefunden, die daran interessiert sind ein bisschen ‚Erfahrung‘ zu sammeln. Sie hat die Leute hauptsächlich aus der Dritten und Neunten geholt. Wir hatten ein paar Leute aus der Achten, die herumgeschnüffelt haben, aber… uh, ich habe ihr gesagt, niemanden von der Achten oder Dreizehnten zu nehmen, nun ja… weil ich ein paranoider Schwachkopf bin, denke ich.“ „Es war eine gute Entscheidung, Renji“, sagte Byakuya gegen Renjis Brust. Renji hob seinen Kopf vom Boden und blickte auf Byakuyas Scheitel. Auch wenn Byakuyas Haare kürzer waren, bedeckten sie immer noch sein Gesicht, wo es gegen Renjis Brust gedrückt war. Der Arm hielt Senbonzakura immer noch im festen Griff, gegen eine Seite gepresst und die andere hatte Renjis Schulter umfasst, als wäre er ein Schlauchboot auf stürmischer See. Renjis Arme waren lose um Byakuyas Taille geschlungen. Trotz seiner Worte war Byakuya immer noch meilenweit davon entfernt, in Ordnung zu sein. Renji ließ seinen Kopf wieder fallen und starrte auf die hohe Decke hinauf. Der Reiatsu unterdrückende Stein sorgte dafür, dass sich die Zelle kleiner und enger anfühlte, doch mit Byakuyas vertrautem Gewicht auf ihm fühlte sich Renji von fast behaglich. Scheiße, er hatte an schlimmeren Orten geschlafen. Der Stein unter seinem Rücken war kalt und hart, aber es war viel besser als Schlamm. „Wie auch immer, soweit zu Division“, sagte Renji. „Ich hatte ein ziemlich desaströses Abendessen mit meinem verblödeten Bruder und deinem Erben.“ Byakuya hob überrascht ein wenig den Kopf. „Dein Bruder und Shinobu?“ Renjis Augen trafen Byakuyas. „Schau, das war nicht meine Idee, ok? Shinobu hat ihn eingeladen. Ich glaube, der Erbe wollte einen Experten für das Leben im Gefängnis, der ihm erzählt, wie das dort so ist. Was, wie ich schon sagte, keine gute Idee war. Es war ein verdammtes Chaos. Seichi hatte Glück, dass ich ihn nicht aus dem Fenster im zweiten Stock geworfen habe.“ Ein Hauch von einem Lächeln glitt über Byakuyas Lippen, bevor er seinen Kopf wieder auf Renjis Brust legte. „Tatsächlich. Ich kann es mir vorstellen.“ Ja, dachte Renji, und wie ironisch, dass während Seichi Byakuya der Vergewaltigung beschuldigt hatte… er verbannte den Gedanken mit einem Kopfschütteln. „Außer zu berichten, dass mein Bruder immer noch ein einfältiger Dummkopf ist, war die große Errungenschaft von dem Abendessen, dass Shinobu offensichtlich bereits von Lady Masama gehört hat. Sie ist bereits auf dem Weg.“ „So bald“, wisperte Byakuya. Dann, nach einem Herzschlag, fragte er: „Wie viele Tage sind vergangen?“ „Fast drei“, sagte Renji. „Nur drei.“ „Yeah“, stimmte Renji traurig zu. Fast hätte er ‚Noch 18 mehr‘ hinzugefügt, aber, na ja, es erschien ihm grausam und unnötig. „Schau, ich werde mit Soi Fon reden. Ich denke irgendwie, dass du… ich meine, dieser Raum ist gar nicht so schlimm, oder?“ Byakuya wurde komplett steif unter Renjis Berührungen. Ah, scheiße. Zu früh. „Ich bin absolut in der Lage, zu den normalen Insassen zurückzukehren“, sagte Byakuya steif. „Ok“, stimmte Renji zu. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie das so sehen werden.“ Renji konnte spüren, wie Byakuya die Luft einsog, bereit zum Argumentieren, zu protestieren, also fügte er schnell hinzu: „Die Sache ist die, Taicho, du bist zu stark. Du bist zu gefährlich. Ich denke, sie würden dich nicht mehr mit dem Pöbel zusammenbringen, du weißt, was ich meine?“ Nach einem kurzen Moment der Anspannung, lachte Byakuya schnaubend. „‘Pöbel‘? Ernsthaft, Renji. Das ist das Letzte, was ich dachte, jemals aus deinem Mund zu hören.“ „Nun ja, du weißt, was ich meine“, sagte Renji. „Diese Typen spielen nicht in deiner Liga.“ Renji dachte, dass er Byakuya vielleicht überredet hatte, an diesem besseren Ort zu bleiben. Doch dann wurde Byakuyas Griff um sein Zanpakutō stärker und er presste es so in Renjis Seite. „Nicht so lange ich Senbonzakura habe.“ Da war es. Und vermutlich hätte Renji einen Weg herausfinden müssen, Byakuya dazu zu bringen, sein Zanpakutō zu übergeben doch, nun ja, Renji konnte das allzu gut nachvollziehen. Wenn es Zabimaru wäre? Scheiße ja, sie hätten Zabi aus seinen kalten, toten Händen stehlen müssen. Also stattdessen versicherte Renji Byakuya nur: „Nah, Baby, immer. Du deklassierst diese Verlierer jederzeit.“ Byakuya atmete leise aus. Sie lagen für einen langen Moment weiter auf dem Boden, bis Byakuya fragte: „Musst du gehen?“ „Huh? Nein, ich gehe nirgendwohin“, sagte Renji. Tatsächlich hatte er bereits entschieden, dass er den Morgen dort verbringen würde. „Ich werde erst nach dem Mittagessen in der Division zurückerwartet. Und überhaupt, ich hatte eine lange Nacht gestern. Ich dachte daran, einen Beschluss als Kommandanten zu machen und mir den Tag frei zu geben.“ Byakuya schnaubte verärgert. „Lass das nicht zur Gewohnheit werden.“ „Hey, ich bin dieser Tage der Boss“, gluckste Renji. „Gott bewahre“, sagte Byakuya mit einem kleinen, missbilligenden Zungeschnalzen, doch er schien sich endlich wieder zu entspannen. Tatsächlich rückte er sich so zurecht, dass es nicht mehr ein einfaches Draufliegen und mehr ein Löffelchen war. Er schlang ein Bein über Renjis und verlagerte sich so, dass sein Kopf mehr an Renjis Achselhöhle lag. So aneinander gekuschelt konnte Renji nicht wiederstehen, seine Nase in Byakuyas Haare zu stecken und tief Luft zu holen. Natürlich war sein Duft ein wenig… anders. Statt den üblichen, blumigen Kopfnoten, roch Byakuya nach billiger Laugenseife. Doch wenn überhaupt, mit dieser fortgerissenen Maske, war der normale, schwer zu beschreibene moschusartige Duft von Mann stärker, ausgeprägter. Realer. Es war nicht wirklich vertraut, aber Renji mochte es. Byakuya schien den Atem angehalten zu haben. Renji drückte ihn ein wenig und sagte: „Du riechst immer noch gut für mich. Anders“, gab er zu. „Aber immer noch sehr wie du.“ Mit seiner Nase stupste Byakuya gegen Renjis Achsel und sagte: „Du stinkst, wie immer.“ Renji grinste und wusste, dass egal wie es klang, es auf seiner eigenen Art ein Kompliment war. „Ja, weißt du, ich sollte die Gelegenheit nutzen und all deine Haarpflegeprodukte stehlen“, überlegte Renji.“ „Eishirō wird mit seinem Leben meine Ehre verteidigen“, sagte Byakuya trocken. Dieser Spruch war so sehr wie etwas, dass er jeden Tag sagen würde, dass Renji seinen Kopf wieder hob und versuchte, Byakuyas Laune einzuschätzen. Natürlich war seine Körpersprache alles andere als entspannt – Byakuyas Gesicht war von Haaren und dem Stoff von Renjis Shihakushō verdeckt und er hielt sich immer noch fest an Renji und Senbonzakura. Renji wollte wirklich all die Fragen stellen, die durch seinen Kopf gingen, wie ‚Bist du verletzt??!!‘ und ‚Wie furchtbar war es?‘ und ‚Wie zum Teufel hast du es überhaupt geschafft, Senbonzakura hierher zu bringen??‘. Stattdessen murmelte Renji ein bisschen zu ernst und einen Herzschlag zu spät: „Ja, darauf würde ich wetten.“ Danach verfielen sie ins Schweigen, als würde Byakuya vielleicht das Gewicht der ungestellten Fragen spüren. Also machte Renji im Kopf einen Schritt zurück und machte sich bereit, zu warten. Er schloss die Augen und öffnete sie erst, als er das leise Kratzen eines Tabletts auf dem Boden hörte. Sowohl er als auch Byakuya spannten sich an, doch falls Soi Fon einen Kommentar über die beiden hatte, wie sie zusammen auf dem Boden lagen, behielt sie ihn für sich. Doch vielleicht wurde ihre Meinung ziemlich eloquent damit ausgedrückt, dass sie vorsichtig die Tür hinter ihr schloss, als sie sie alleine ließ. Huh. Wer hätte gedacht, dass diese Frau eine nette Seite hatte? Renji wollte seine Augen wieder schließen, doch Byakuya rührte sich. Er hob den Kopf, ließ sein Kinn auf Renjis Schlüsselbein ruhen. „Wir sollten den heißen Tee nicht verschwenden“, sagte er. „Er ist ein Luxus hier.“ Außerdem, dachte Renji und richtete sich auf, riecht er gut. „Bin ich eingeschlafen?“ Byakuya überdeckte ein Gähnen. „Ich denke, das sind wir beide.“ Und doch hat Soi Fon sich keinen Vorteil davon verschafft und mit ihren Ninjafähigkeiten Senbonzakura geschnappt? Wenn das jemand schaffen könnte, dann war sie es. Doch Renji begann sich zu fragen, ob sie sich nicht selbst ausgerechnet hatte, was passiert war. Es würde plötzlich ihr mitfühlendes Verhalten erklären. Renji erinnerte sich daran, dass sie die Berichte über die Vergewaltigungen im westlichen zweiten Distrikt sehr ernst nahm, als er sie überbrachte. Renji stand auf und brachte das Tablett herüber. Als er es ansah, war er sich noch sicherer als jemals zuvor, dass Soi Fon wusste, was los war, denn das Service war fein und hatte ein eindeutig chinesisches Design. Das waren ihre persönlichen Teller und Tassen. Außerdem hatte sie ein kleines Tellerchen mit Manju aus grünem Tee hinzugestellt. Ja, sie wusste es. Zum ersten Mal seit Renji ankam, legte Byakuya Senbonzakura zur Seite. Er behielt sein Zanpakutō nahe, direkt an seinen angewinkelten Beinen. Denn natürlich, trotz der Tatsache, dass sie in einer privaten Gefängniszelle waren, saß Byakuya im Seiza. Er benutzte beide Hände, um Tee auszuschenken. Auch Renji ging in ihr übliches Muster über und teilte die Leckereien auf. Renjis Schultern entspannten sich ein wenig. Mehr Routine war vielleicht das, was Byakuya brauchte. Dann, sobald hier alles wieder beruhigt war, würde Renji ein paar Worte mit demjenigen wechseln, der diesen Ort hier leitete. Vielleicht auch in ein paar Ärsche treten. Kapitel 36: Getting Back to Good -------------------------------- Renji wartete, bis Byakuya mindestens drei Tassen Tee getrunken hatte, bevor er die Bombe platzen ließ, zumindest im übertragenen Sinne. „Also… als du sagtest, du hättest den Angreifer getötet, meintest du all die Körper, die man in deiner Zelle gefunden hatte oder jemanden anderen?“ Byakuya zuckte leicht zusammen, doch seine Stimme war ruhig, als er sagte: „Im Grunde waren die Leichen in meiner Zelle Assassinen, von denen ich nur annehmen kann, dass sie nichts mit dem toten Mann zu tun hatten, den ich im Duschraum zurückgelassen habe. Zumindest von ihren Intentionen aus. Die einen haben versucht, mein Leben zu nehmen, der Andere wollte einfach nur… nehmen.“ Renji schob vorsichtig eine Hand über den Tisch, um Byakuyas Fingerspitzen zu berühren. Byakuya zuckte nicht zurück, schlang stattdessen seine Hand um Renjis und hielt sie fest. Byakuyas Reiatsu stieg an und schwankte ein wenig, ließ das Porzellanservice klirren. „Whoa“, machte Renji beruhigend. „Atmete langsam, huh?“ „Ich hasse diesen Ort“, wisperte Byakuya zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, sein Kopf war gebeugt. Renji konnte nicht anders als zustimmen. „Ja, das ist scheiße“, sagte Renji und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, dass Byakuyas Hand seine Finger zerdrückten. Stattdessen fügte er hinzu: „Was wir getan haben, hat eine solche Strafe nicht verdient. Fühlt sich nicht wie ein Verbrechen an: Liebe.“ „Nein, ist es wirklich nicht“, stimmte Byakuya zu und hob seinen Kopf, um Renji in die Augen zu sehen. „Ich habe meine Meinung geändert. Ich bitte dich es möglich zu machen, dass ich den Rest meiner Strafe hier in dieser Zelle absitzen kann.“ „Ja, das werde ich möglich machen“, sagte Renji. Byakuya würde es hassen, doch wenn Renji nicht mit einer besseren Lösung daherkommen könnte, würde die Division die Rechnung tragen. Ein Monatsgehalt, wenn überhaupt. Byakuya ließ Renjis Finger los und schenkte sich eine weitere Tasse Tee ein. „Ich brauche auch bessere Verpflegung.“ „Steht auf meiner Liste“, sagte Renji. „Wenn Soi Fon dem nicht zustimmt, werde ich dir selbst Essen bringen. So machen sie das im Rukongai. Ich meine, ich war da nur eine Woche drin, doch ich sah viele Familien Bentos vorbeibringen. Natürlich haben sie einfach eine Wache oder zwei bestochen und das Essen durch die Gitterstäbe übergeben, doch ich vermute, dass wird auf irgendeiner Ebene hier auch funktionieren.“ „Ja, es scheint sehr offensichtlich, dass die Wachen nicht unbestechlich sind“, sagte Byakuya trocken. Auf Renjis neugierigem Blick hin erklärte er: „Die toten Männer in meiner Zelle trugen die Uniform der Gefängniswachen.“ Oh. Niemand hatte das erwähnt. Was an sich schon seltsam genug ist. „Merkwürdig“, sagte Renji. „Ich meine, ich hätte gedacht, dass Soi Fon wesentlich weniger entgegenkommend sein würde? … Wenn ihr klar wäre, dass du ihre Untergebenen getötet hast.“ „Durchaus“, sagte Byakuya zwischen zwei Schlucke Tee. „Entweder ihr ist es nicht bewusst oder es waren nicht ihre Wachen.“ Es schien ziemlich unwahrscheinlich, dass Soi Fon nicht über alle Fakten Bescheid wusste. „Also Insassen mit Uniformen der Wache?“ Byakuya nickte. „Ich kann mir im Nachhinein schlecht vorstellen, dass ein Soldat dem Befehl folgt, einen unbewaffneten Gefangenen zu töten.“ „Uh“, Renji lachte düster. „Nun ja, ich habe es gerade eben getan. Das ist irgendwie das, was du bei einem Gefängnisausbruch tun musst.“ „Ja, aber ohne Provokation?“ Renji blickte weg. „Ambitionen sind eine lustige Sache, Kommandant. Der Wert eines Soldaten wird oft an ihrer Fähigkeit gemessen, Befehlen ohne Zögern zu folgen.“ Während er an seinem Tee nippte, überlegte Byakuya für einen Moment. „Ich hasse es in Erwägung zu ziehen, dass ich die Leben guter Soldaten genommen habe.“ „Ich würde nicht zu viel darüber nachdenken. Es ist nicht klar, ob sie Soldaten waren, doch falls sie es waren, kannten sie das Risiko.“ Renji zuckte mit den Schultern. Dann grinste er schelmisch. „Doch wer auch immer sie waren, ich wette, sie hatten nicht mit Senbonzakura gerechnet.“ „Ebenso wenig wie ich.“ Byakuyas Hand glitt an seine Seite, wo Senbonzakura neben ihm lag. Seine Finger berührten den Griff leicht, als müsse er sich noch einmal überzeugen, dass es wirklich, tatsächlich da war – real. „Renji, wie ist das möglich?“ „Das fragst du mich?“ Byakuya blickte auf sein Zanpakutō hinunter und runzelte leicht die Stirn. Er schien wieder unruhig, sein Reiatsu hämmerte, also bot Renji an: „Sie sind ein Teil deiner Seele, richtig? Wo immer du bist, sie sind auch bei dir. Das ist, was ich denke.“ Wie zur Bestätigung seine Worte spürte Renji ein tiefes Grollen von Zabimaru durch seinen Körper gehen, obwohl er sein Zanpakutō bei Ōmaeda am Eingang zurückgelassen hatte. Byakuya blickte wieder zu Renji. Da war ein kleines Lächeln, das seine dünnen Lippen umspielte. „Das bist eher du und dein Zanpakutō, so gerissen und undiszipliniert. Nicht mein Senbonzakura.“ Renji hob seine Augenbrauen. Er glaubte nicht, dass er jemals Byakuya ‚mein‘ hatte sagen hören, wenn er von seinem Zanpakutō sprach. Das klang mehr nach etwas, was Renji sagen würde. „‘Eigensinnig‘ ist das Wort, das du sagen wolltest“, erinnerte Renji ihn. „Vielleicht hast du nur mehr davon in dir, als dir lieb ist zuzugeben.“ Byakuya beugte seinen Kopf, offensichtlich versteckte er sein Lächeln. „Durchaus.“ Danach schien Byakuya viel entspannter. Sie tranken die letzten Tropfen Tee und Renji stellte das Tablett vor die Tür. Da er nichts mehr zu berichten oder wirklich zum Reden hatte, kam Renji zurück, setze sich neben Byakuya und fragte: „Möchtest du rummachen?“ Byakuya machte einen Laut zwischen Grunzen und einem überraschten Lachen. „Einfach so. Du denkst, das ist so einfach?“ „Babe, dich zu küssen ist das Einfachste der Welt.“ Durch Byakuyas sonst so versteinertes Gesicht ging eine Reihe von minimalen, kaum erkennbaren Emotionen. Schlussendlich schien er mit einem Seufzen aufzugeben. Er legte eine Hand auf Renjis Oberschenkel und sagte: „Unverbesserlich. Wir müssen das zu ‚Eigensinnig‘ hinzufügen.“ „Ist für mich in Ordnung“, grinste Renji und küsste Byakuyas Scheitel. Er stieß seine Schulter leicht gegen Byakuyas, ein kleiner Anstupser. „Also heißt das, du möchtest?“ Byakuya seufzte eines seiner langen, leidenden Seufzer, von dem Renji ziemlich sicher ausging, dass es ja bedeutete. Aber heute, von allen Tagen, wartete er auf eine Antwort, lächelte aufmunternd. Auch wenn er seine Augen leicht rollte, sagte Byakuya endlich ja: „Ja, in Ordnung. Ja.“ „Yay“, sagte Renji und lehnte sich hinab, um an Byakuyas Lippe zu knabbern – verspielt und zögerlich. Er ließ eine Hand hinter Byakuya gleiten, aber nicht, um ihn zu umarmen. Er stützte sie beide damit, erlaubte sich so, gemütlich nach vorne beugen zu können und Byakuya, falls er wollte, seinen Rücken anzulehnen. Die andere Hand behielt er fest auf dem Boden. Er konnte nicht wissen, was Byakuyas Angreifer vielleicht getan hatte, doch Renji vermutete, dass dämliches, unschuldiges Küssen eher sehr unwahrscheinlich war. Nach der anfänglichen Steifheit entspannte sich Byakuya, vor allem nach dem er zu realisieren schien, dass Renji noch nicht einmal versuchte, dass er seinen Mund öffnete. Stattdessen saugte Renji an Lippen, knabberte ein wenig mit seinen Zähnen, aber nichts Leidenschaftlicheres als das. Trotzdem versuchte er jede Geste mit Fürsorge, Zuneigung und… Liebe zu tränken. Doch so sehr er versuchte, die Sache leicht zu halten, alleine der Geschmack von Byakuya nach all der Zeit war berauschend. Besonders jetzt, da er den bekannten Geschmack von Tee in seinem Mund hatte. Also zog sich Renji nach ein paar Minuten zurück. Er vermutete, es war eine gute Weise, sich selbst eine Pause zu geben, um sich abzukühlen und nach Byakuya zu sehen. „Bist du in Ordnung, Liebling?“ Byakuyas Augen waren geschlossen, seine Lider bebten. Dann bemerkte Renji, dass Byakuyas Atem flach war… schluchzend. Oh. Nicht länger in der Lage, sein Verlangen ihn zu umarmen zu unterdrücken, schlang Renji einen Arm um Byakuyas Taille und zog ihn zu sich. Mit einem tiefen Atemzug klammerte sich Byakuya an Renjis Brust und vergrub sein Gesicht tief in Renjis Schulter. Renji fühlte sich schrecklich. Verdammt noch mal. Trotz seiner Vorsicht, war er zu weit, zu schnell gegangen. Durch die stillen Tränen, deren Wärme Renji durch seine Uniform spüren konnte, murmelte Byakuya: „Ich verdiene dich nicht.“ Ihn verdienen? Renji dachte, er sei zu weit gegangen, aber… nun ja, Byakuya schien offensichtlich all die verletzlichen Gefühle auf einmal zu spüren. Also streichelte Renji vorsichtig Byakuyas Haare. Es war immer noch so seltsam, es so kurz zu sehen und es fühlte sich auch anders an, ein bisschen rauer. „Natürlich tust du das“, sagte Renji beruhigend. „Du hast das Gleiche für mich getan, als das mit Isoroku mich so mitgenommen hatte. Niemand hatte mich jemals so sanft behandelt, wie du es da getan hast. Ich wünschte nur, ich hätte eine Decke und Suppe zu dir mitgebracht, wie du es für mich getan hast. Ich fühlte mich so hilflos an diesem Ort, weiß nicht, was ich tun soll.“ „Du hast alles richtig gemacht, mein Geliebter“, hauchte Byakuya. „Es ist nur… Ich…. Die Dinge, die ich dir angetan habe.“ Die Allee? Die Bibliothek? Das Gasthaus? Denn das war es, was das bedeutete, oder? Renji musste den sofortigen Drang unterdrückten, zu Knurren und zu sagen ‚Ist Scheiße, nicht wahr? Nicht zuzustimmen‘, aber er schaffte es, den Impuls wegzuschieben. Byakuya anzuschreien würde der Sache nicht helfen. Er hatte genug gelitten. Es gab keinen Grund, alte Verletzungen wieder aufzureißen. „Wir reden jetzt nicht darüber“, sagte Renji und versuchte sich weiter darauf zu fokussieren, sich um Byakuya zu kümmern. Doch seine Hand glitt aus Byakuyas Haaren und er spürte, wie er sich unbewusst etwas von Byakuya weg schob. „Und überhaupt, das war anders. Du bist kein…“ „Kein Fremder?“ Byakuya blickte auf. „Durchaus. Ich scheitere allerdings daran zu verstehen, wie das die Dinge besser machen könnte, wenn man mit jemanden zusammen war, dem man Vertrauen entgegengebracht hat.“ Renjis Kiefer spannte sich an und er ließ Byakuya los. Er setzte sich zurück und fixierte Byakuya mit einem festen Blick. „Lass es. Ich verstehe, dass du hier gerade eine Art schuldbewusste Erleuchtung hast, aber einfach, nein. Es ist keine gute Zeit, um jetzt all die schmutzige Wäsche zu waschen. Wir können über den Mist reden, wenn du deinen Mist durchgemacht hast. Du musst priorisieren, Byakuya. Das ist ein Schlachtfeld. Beginne keinen neuen Kampf, wenn du bereits mitten in einem bist.“ „Wann wäre eine gute Zeit?“, fragte Byakuya und setzte sich aufrecht hin, strich seine Gefängnisuniform glatt. „Ich hatte eine Menge Zeit zum Nachdenken. Zu viel. Allerdings kann ich nicht verstehen, warum du dich mit mir abgibst. Warum hast du so viel Güte für mich, obwohl ich… dich überhaupt nicht verdient habe?“ Renji schluckte ein ‚Manchmal weiß ich das verdammt noch mal auch nicht‘ hinunter, denn da schwang etwas sehr Bekanntes in Byakuyas Stimme mit. Als nächstes würde er den ‚Hunde‘-Knopf drücken oder was auch immer es brauchte, um Renji von sich wegzustoßen. Renji stand auf. „Genieß deine Selbstmitleidsorgie. Ich spiele das Spiel nicht mit, verstanden? Ich weiß, dass du dich wahrscheinlich gerade vollkommen fürchterlich im Inneren fühlst, aber du musst nicht verdammt noch mal nicht nach Außen hin auch fürchterlich sein… Nicht mir gegenüber. Wie du sagtest, von allen Leuten hier verstehe ich mit am besten, wo du dich gerade befindest. Du möchtest meine Streicheleinheiten und Küsse gerade nicht, das ist in Ordnung. Aber du musst mich nicht so heftig von dir wegstoßen.“ Byakuya war steif und hart und vollkommen reglos. „Vielleicht bin ich auch nur eine fürchterliche, hässliche Person.“ Er klang so sehr wie ein verletztes Kind, als er das sagte, dass Renjis Herz ein wenig schmolz. Es war offensichtlich, dass Byakuya verletzt war. Und er hatte keine Ahnung, was er mit seinen Gefühlen machen sollte, vor allem da Byakuya der Typ war, der dachte, dass Emotionen eine Schwäche waren. „Ich werde darüber nicht mit dir streiten“, Renji lächelte ein bisschen, um seine Worte weicher klingen zu lassen. „Du hast deine fürchterlichen Momente, aber noch einmal, du fühlst dich nur gerade hässlich. Manchmal liegt deine Hässlichkeit komplett an dir selbst, keine Zweifel. Aber nicht dieses Mal. Das ist nicht deine Schuld.“ „Es war ein törichter Zeitpunkt, um Duschen zu gehen“, murmelte Byakuya. Seine Augen waren nach unten gerichtet, seine Augenbrauen zusammengezogen. „Nein, stell dich nicht selbst in Frage. Es sollte dir möglich sein, zu jederzeit die dir passt duschen gehen zu können“, sagte Renji und setzte sich wieder auf den harten Boden. „Du weißt das bereits, aber ich werde es dir trotzdem sagen. In die Dusche oder ins Sentō zu gehen oder vollkommen nackt die Straße runterzuspazieren… nichts davon ist eine Einladung zum Missbrauch. Nicht zu diesem oder irgendeinem anderen Zeitpunkt.“ Byakuya blickte auf, ein schiefes Lächeln auf seinem Gesicht. „Bekomme ich gerade die Missbrauchsopfer-Ansprache vom Vizekommandanten?“ „Überlebender“, berichtigte Renji ihn, doch er lächelte zurück, denn: „Doch ich habe diesen Begriff in der Welt der Lebenden gehört. Wir haben nicht wirklich eine Ansprache oder Regeln oder so etwas in der Art. Ehrlich gesagt, fehlt es den Hofgarden an Merkblättern zu diesem Thema, obwohl ich glaube, dass Hisagi irgendwann einmal an einem gearbeitet hatte. Ich frage mich, was damit passiert ist?“ „Wie kommt es dann, dass du genau weißt, was du sagen musst?“, fragte Byakuya und klang dabei wirklich ein klein wenig verstimmt. „Du lässt noch nicht einmal zu, dass ich dich effektiv von mir wegstoße. Es macht mich eher verrückt.“ Renji rieb sich den Nacken. „Wenn es platt geklungen hat, als würde ich nur jemanden zitieren, dann tut es mir leid.“ „Nein, nicht im Geringsten“, sagte Byakuya. „Es ist nur… Ich möchte irgendwie streiten. Ich möchte, dass du mir für alles, was ich dir angetan habe, die Schuld gibt. Ich möchte… dass der Rest meiner Inhaftierung eine Strafe ist. Ich bin von mir selbst angewidert, jetzt noch hundert Mal mehr, nachdem dieser erbärmliche Mann versucht hatte, sich über mich zu ergießen, während er starb.“ Renji konnte nicht anders, als bei dieser Beschreibung zusammenzuzucken. Er wollte Byakuya umarmen und ‚armes Baby‘ murmeln, doch Byakuya hatte ihn bereits einmal weggestoßen. Also strich er nur den Stoff seines Hakama an seinen Oberschenkeln glatt, denn er wusste nicht wirklich, was er mit dem Rest anfangen sollte. Nach einem Moment seufzte er. „Ich denke, das könntest du“, sagte Renji. „Wenn es das ist, was du willst, kannst du von dem Rest deiner Haftstrafe als eine Art Bezahlung denken, die du mir schuldest. Für den Mist, den du angestellt hast. Ich persönlich denke aber, du hast genug gelitten, aber es ist nicht so, als wäre ich in der Lage, deine Haftzeit zu kürzen. Also tu, was du nicht lassen kannst. Forsche tiefgründig in deiner Seele. Ich denke, dafür ist das Gefängnis da? Aber ich möchte nicht, dass du aus all dem hier rauskommst und verschlossen bist und alles zwischen uns zehn Mal mehr vertrackter ist, als vorher.“ „Vielleicht haben wir keine große Wahl“, sagte Byakuya. „Na ja, dann haben die Bastarde gewonnen, nicht wahr?“ „Was meinst du damit?“ „Ich meine die Leute, die uns nicht zusammen sehen wollen“, sagte Renji. Und dann mit einem Ruck seines Kinns in Richtung Byakuya fügte er hinzu: „Und dein Angreifer.“ Byakuyas Augen verengten sich gefährlich. „Warum denkst du das?“ „Nun ja, er hat versucht, dir Leid zuzufügen, richtig?“, sagte Renji. „Und es ist nun mal so, dass ich denke, dass dein Leben miserabel ohne mich darin ist.“ Für einige Momente blieb Byakuyas Gesicht reglos. Er blinzelte kaum. Dann, fast schon plötzlich sagte er: „Wieder falsch, Renji. Ich wäre tot. Und auf jeden Fall wäre mein Leben ohne dich erbärmlich.“ „Semantik.“ Renji verschränkte die Arme vor seiner Brust, doch er lächelte. „Ein großes Wort für jemanden, der den Unterschied zwischen miserabel und erbärmlich nicht kennt“, gab Byakuya schnippisch zurück, doch auch hier war klar, dass er neckte. „Wo lernt ein Barbar wie du solch eine Sprache?“ „Akademie“, grinste Renji. „In den Elitestunden, die sie mir gegeben haben.“ „Ich habe keine Ahnung, wer gedacht hat, dass es eine gute Idee war, dich auszubilden“, sagte Byakuya. Renji lachte. „Weißt du, das war auch für mich immer ein Rätsel.“ Da er scheinbar einen ‚Streit‘, auch wenn es über so etwas Unwichtiges war, schien Byakuya ein wenig zufriedenzustellen. Sie setzen sich um, so dass sie mit ihren Rücken gegen die Wand lehnten. Renji bemerkte einen Spalt in der Decke, welcher Licht durchließ, das ziemlich natürlich erschien. Doch wenn es Sonnenlicht war, musste es durch mehrere Meter Gestein hinunterreflektiert werden. Vielleicht Spiegel? Vielleicht ein Zauber? Byakuya saß mit ausgestreckten Beinen vor ihm – eine sehr entspannte Position für ihn, fast schon schludrig, obwohl sein Rücken stocksteif war und seine Hände starr auf seinen Oberschenkeln ruhten. „Ich denke nicht, dass ich den unteren Bunker vermisse“, sagte Byakuya wie aus dem Nichts. „Obwohl Tens Kunstwerk wirklich schön war.“ „Dein Zellengenosse?“, fragte Renji vorsichtig – immerhin konnte sich herausstellen, dass es einer der Angreifer gewesen sein konnte. „Ja, Ten“, sagte Byakuya. „Er ist ein Wiesel.“ „Nun ja, ja, das wette ich. Ist ja nicht so, als wäre das Gefängnis voller netter Leute.“ „Nein“, korrigierte ihn Byakuya mit einem leichten Lächeln. „Ich meine, er ist ein echtes Wiesel. Ten ist irgendeine Art von Yokai – ein Formwandler.“ „Huh“, machte Renji und überlegte. „Ist das normal? Ich meine, ist es irgendein Verbrechen, ein Dämon dieser Art zu sein? Hast du hier auch Oni drin? Tengu?“ „Sei nicht lächerlich, natürlich nicht“, sagte Byakuya. „Na ja, ich frage mich warum mir nicht mehr von der Sorte sehen“, sagte Renji. „Ich meine, außer Kommandant Komamura und Lady Yoruichi… und vermutlich Ichimaru, aber ich meine, wo ist der Rest von ihnen? Man müsste doch meinen, dass es sie wie Sand am Meer geben sollte.“ „Sind Hollows nicht genug Monster für dich?“, fragte Byakuya und blickte ihn von der Seite an. „Brauchen wir jetzt auch wirklich noch herumwandernde Onis?“ „Du meinst, neben Kommandant Komamura?“ „Warum sprichst du immer wieder Komamura an?“, fragte Byakuya und warf Renji einen Blick zu, der andeutete, Renji eine Ansprache über den Respekt gegenüber Kommandanten egal wie diese aussehen zu halten, falls er so etwas weiter behauptete. „Hey, ich besudel seinen Charakter nicht“, beharrte Renji. „Er hat mir selbst gesagt, dass er halb Oni ist. Also müssen irgendwo Oni sein.“ „Ich verstehe.“ Byakuya sah ein wenig erstaunt aus, dass Renji ein solch vertrauliches Gespräch mit Komamura hatte. „In diesem Fall, falls es Oni im Madennest gibt, habe ich noch keinen gesehen.“ „Fair“, sagte Renji. Wahrscheinlich war es auch gut so. Es wäre hart genug den Frieden aufrecht zuhalten, wenn alles womit man klarkommen müsste, Shinigami und… diese ‚verlorenen‘ Kinder, die Ikkaku mal erwähnte, wären. Ikkaku war ziemlich betrunken zu dem Zeitpunkt gewesen, aber er hatte gesagt, dass das, was er am Schlimmsten am Madennest fand, waren all die Kinder. ‚Kinder mit Potential‘ hatte er sie mal genannt – doch meistens hatte er von ihnen als ‚die Verlorenen‘ gesprochen. Renji fragte sich, wie Byakuya damit klargekommen war, all die Kleinen derart weggesperrt gesehen zu haben. Vor allem in Anbetracht, wie sehr ihm Yachiru ans Herz gewachsen war. „Ja, ich vermute, Kitsune mit Kindern zu mischen ist keine gute Idee. Aber andererseits, wer würde denken, dass Kinder mit Mördern zu mischen eine gute Idee sei.“ „Es gibt keine Kinder hier, Renji“, sagte Byakuya. „Nur Soldaten und Zivilisten.“ „Nein?“ Renji war überrascht, das zu hören. Besonders weil er von Hisagi gehört hatte, dass ein Freund von ihm aus der Zwölften – Akon war sein Name, oder? – es soweit bestätigt hatte, was Ikkaku da angedeutet hatte. Natürlich hatte Hisagi auch bestürzende Geschichten über Mayuris Orte, an denen er an seinen Testobjekten experimentierte, von Akon erzählt bekommen. Also war es vielleicht eher so, dass keine Kinder mehr im Madennest waren. „Ah, ich vermute, ‚das Management‘ ist nur eines dieser Dinge, von denen sie Kindern erzählen, damit sie sich benehmen, huh? Ich meine, wenn sie wirklich jemanden wegen gefährlichem Potential wegsperren, dann hätten sie mich wahrscheinlich schon im Wiegenalter abgeholt.“ „Ich habe immer noch Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass du mal klein warst.“ „Ich war niemals ein Kleinkind“, sagte Renji. „Niemand, der zurechnungsfähig ist, wirft ein Baby in ein Drecksloch wie Inuzuri.“ Dann, als sich Byakuyas Augen weiteten, bemerkte Renji plötzlich seinen Fehler. „Ich meine, uh… die Leute, mit der Zuständigkeit… ähm, wer auch immer entscheidet, wer welchem Distrikt zugeteilt wird. Offensichtlich war Hisana… uh, ich meine, sie muss verzweifelt gewesen sein.“ „Du musst keine Ausrede für sie finden“, sagte Byakuya mit einem Schnauben. „Sie hätte dir zugestimmt. Sie hat sich wegen ihrer Entschieden selbst konstant gequält. Tatsächlich glaube ich auch, dass dies eins der vielen Dinge war, das sie ausgezehrt hat, an ihrer Gesundheit genagt hatte.“ Renji legte eine Hand über Byakuyas und drückte sie, um zu sagen, dass es ihm leidtat. „Es sind hauptsächlich Zivilisten hier“, bemerkte Byakuya. Mit seiner freien Hand zog er an dem Kragen, seiner steifen Baumwoll-Kosode. „Die Soldaten sind – oder vielleicht waren, organisierter.“ Renji nickte. Es machte Sinn für ihn, dass die Soldaten ihre militärische Disziplin zu einem gewissen Maße aufrecht hielten. Es ist viel seltsamer sich ein Militärgefängnis vorzustellen, das fast nur mit Zivilisten… und, zumindest früher einmal, Kindern gefüllt war. „Nun ja, wer auch immer mir über den Weg gelaufen ist, war auf jeden Fall schlau und organisiert genug, um ein paar chemische Bomben zu haben.“ „Das war vermutlich der Anführer der Verrücktentruppe, Miyamoto.“ Bei der Erinnerung an Zabimarus Pavianknochenkanone fragte er: „Oh, ähm… standet ihr… euch nahe?“ „Der Mann war ein gefährlicher Soziopath, Renji. Wenn du ihn getötet hast, war das ein Dienst für die ganze Gesellschaft.“ „Oh, richtig.“ „Doch er hatte Zugang zu gutem Tee“, fügte Byakuya reumütig hinzu. „Das werde ich vermissen.“ Renji drückte Byakuyas Hand noch einmal. „Ich werde versuchen, dir eine bessere Verpflegung zu verschaffen, erinnerst du dich? Ich stelle sicher, dass guter Tee auf der Liste ist.“ Byakuya blickte zu Renji. „Danke. Ich bin unglaublich dankbar, dass ich dich habe. Für die Tatsache, dass du für mich einstehst und dass du dich nicht… mit meinem Schwachsinn abgibst, denke ich.“ Renji lehnte sich zu ihm und küsste kurz und liebevoll Byakuyas Lippen. „Du hast eine Menge davon, weißt du.“ „Ich weiß“, sagte Byakuya traurig. „Hey, du solltest dem nicht zustimmen! Du solltest das abstreiten und mich eines dieser Dinge nennen wie ‚eigensinnig‘ oder ‚unverbesserlich‘“, sagte Renji. „Ich habe momentan keine wirklich gute Meinung über mich“, sagte Byakuya. Da er Renjis tiefes Stirnrunzeln bemerkte, sagte Byakuya: „Aber mach dir nicht so viele Sorgen. Ich werde hier in meinem Elfenbeinkäfig schmollen und die Tage zählen, bis wir wieder zusammen sind. Du solltest gehen und schauen, was du für meine Arrangements tun kannst. Und, natürlich, dich auf meine Tante vorbereiten.“ „Oh bei allen Göttern, die Tante“, stöhnte Renji. Er hatte es fast geschafft zu vergessen, dass sie bald ankommen müsste. „Ja“, Byakuya warf Renji ein kleines Lächeln zu. „Zum ersten Mal bin ich dankbar, dass ich gut verwahrt hinter Gittern bin, wo sie niemals einen Fuß hineinwagen würde.“ „Vielleicht kann ich es arrangieren, hier zu bleiben“, sagte Renji und fand ganz plötzlich die Zelle gemütlich und angenehm gegenüber der Aussicht, sich mit Tante Masama auseinandersetzen zu müssen. „Schnell, denk dir ein Verbrechen aus, das ich begehen könnte.“ „Ich würde Unzucht vorschlagen, aber das würde nur meine Strafe verlängern, nicht deine.“ Byakuya legte eine kühle Hand auf Renjis Wange, streichelte die kurzen Haare seiner Koteletten. „Geh. Ich bin in Ordnung.“ „Ich habe irgendwie noch nie jemandem getraut, der in solchen Situationen gesagt hat, dass er in Ordnung ist“, sagte Renji mit einer kleinen Grimasse. „Doch nicht dem zu vertrauen, was du sagst verletzt auch irgendwie mein Bedürfnis zu respektieren, was auch immer du gerade brauchst.“ „Dann gewinne ich“, sagte Byakuya mit einem Lächeln und einem kleinen Kuss auf Renjis Nase. „Geh.“ Widerwillig zog sich Renji auf die Beine. Er ging zur Tür hinüber, schob sie auf und fragte sich, wie er Soi Fon signalisieren konnte, dass er bereit zum Gehen war. Als er sie plötzlich aufbruchsbereit dort vor ihm stehen sah, hätte er sich beinahe zu Tode erschrocken. „Hey, was ist das mit euch Ninjas?“ Sie sah ihn fragend an. „Wir schleichen?“ „Ja, das ist nicht fair“, sagte Renji. Dann blickte er zurück zu Byakuya, der aufgestanden war, um den Schlitz in der Decke zu inspizieren, als frage er sich, welche Vorrichtung das Licht so weit nach unten transportierte. „Ich denke, uh…“ Byakuya so zu sehen, vor allem so kindlich und verletzlich aussehend ohne den Kenseikan und mit dem groben Haarschnitt, ließ Renjis Herz wieder schmerzen. „Ich denke, ich bin bereit zu gehen.“ Soi Fon grinste Renji etwa an. „Wenn du wirklich ins Gefängnis möchtest, bin ich sicher, dass sich das einrichten lässt.“ „Sicher“, gluckste Renji, trat von der Türschwelle und zog sich seine Sandalen wieder an. „Aber ich möchte hierbleiben, bei ihm.“ Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit kurz zu Byakuya. „Durchaus.“ Renji hob eine Hand, wollte nicht wirklich so ohne ein weiteres Wort gehen. „Bis dann, Taicho.“ „Mach es gut, Renji“, sagte Byakuya mit einem kleinen Nicken. Soi Fon schloss die Tür, als klar war, dass Renji es nicht konnte. Es schien, als würde sie vor seiner Nase zufallen. Er legte eine Hand auf die Tür, versuchte das Pulsieren der Stärke oder Beschwörung oder sonst etwas zu spüren, aber er war überrascht, überhaupt kein Kidō zu spüren. „Sie werden nicht verriegeln?“ „Ich sehe keine Notwendigkeit“, sagte Soi Fon und wandte sich um, um sie den dunklen, höhlenartigen Gang entlang zuführen. „Der Kommandant hat bewiesen, dass es kein Fluchtrisiko gibt. Alle Flüchtlinge sind zusammengetragen und überhaupt, er ist immer noch bewaffnet.“ „Sie werden ihm Senbonzakura nicht abnehmen?“ Soi Fon blickte zu Renji hinauf. „Ich bin vielleicht hartherzig, aber ich bin nicht herzlos. Eine Person in einer solchen… Situation sollte wohl kaum alleine sein.“ „Ja, deswegen möchte ich ihn wiedersehen.“ „Die Formalitäten sind bereits in Arbeit“, sagte sie während sie sich durch die seltsamen, glitzernden, höhlenähnlichen Hallen bewegten. „Ich sehe da kein Problem.“ „Essen?“ „So lange dafür bezahlt wird oder du es anderweitig beschaffst, kann er haben, was er will.“ Renji setze ein schiefes Lächeln auf. „Ich habe irgendwie das Gefühl, ich sollte nach einer Millionen Ken fragen.“ „Übertreibe es nicht, Junge“, schnappte sie. „Das war ein Scherz mit den Millionen“, bemerkte Renji. Soi Fon machte ein Gesicht, dass aussah, als hätte sie das nicht ganz realisiert, aber so tun würde, als wisse sie das. „Natürlich hast du. Denkst du, ich bin ein Idiot?“ „Nein, Kommandantin“, versicherte Renji ihr Ernst. „Außerdem: Danke. Ich meine, wirklich vielen Dank. Sie sind bei dem ganzen wirklich klasse.“ Sie nickte ihm steif zu. „Ich habe einen Fehler bei meiner Wahl der Wächterin gemacht. Der Gefängnisausbruch ist ein direktes Resultat meiner schlechten Entscheidung, genauso wie alles, was währenddessen geschah. Ich habe vor zu tun, was ich kann, um es wiedergutzumachen. Byakuya ließ sich vom Sonnenlicht das Gesicht wärmen. Er hatte keine Ahnung, wie lange er dort unbeweglich gestanden und über nichts nachgedacht hatte, als das einfache körperliche Gefühl. Ein Kratzen erklang an der Zellentür, was ihn nach Senbonzakura greifen ließ. Er hatte das Schwert gezogen, während Ten den Kopf durch die Tür steckte. „Hey, da bist du ja!“, sagte er mit einem jungenhaften Grinsen. Wie gewöhnlich lagen seine Augen durch den Mopp aus dunklen Locken im Schatten und erinnerte Byakuya aus irgendeinem Grund an Urahara und seinem konstant schattigen Blick. Aber Ten war willkommener, vor allem da er eine Hand voll Manga durch die halb geöffnete Tür stecke. „Ich habe dir Bücher mitgebracht.“ „Komm herein“, sagte Byakuya und ließ Senbonzakura wieder in ihre Hülle gleiten. Da war kein Obi an der Gefängnisuniform, also hielt er sein Zanpakutō einfach an seiner Seite, wie er es mit einem Trainingsschwert tun würde. „Wie kommt es, dass du hier herumhängst?“, fragte Ten und zog seine Schuhe draußen aus, bevor er über die Türschwelle trat. „Außer der Tatsache, dass dein Name an der Tür steht. Und es ist größer… und netter.“ Byakuya gluckste leise. „Das scheint Grund genug.“ Als er hereinkam konnte Byakuya erkennen, dass er eine weitere Hand voll Bücher hatte. „Sind die alle für mich?“ „Ja“, sagte Ten. Er näherte sich Byakuya vorsichtig und streckte ihm seine Geschenke mit beiden Händen entgegen. Mit einer Verbeugung präsentierte er sie ihm. „Ich hatte eine gute nächtliche Jagd“, sagte er vorsichtig. „Wegen der… Aufregung.“ Byakuya zögerte, bevor er die Manga annahm, auch wenn die Titel sehr verlockend klangen. „Ich bin überrascht, dass du dich damit beschäftigt hast. Sicherlich hast du angenommen, ich sei tot.“ Ten grunzte und schnitt eine Grimasse. „Ja, ok, es ist wahr, es ist wahr, wahr – Ich habe vielleicht eine Bestechung angenommen, um nicht da zu sein, aber ich hatte Vertrauen in dich. Ich wusste, du würdest gewinnen. Und, nun ja, ich dachte irgendwie, dass wenn die Wachen beschäftigt sind, ich ein bisschen Unfug anstellen und ein paar Zellentüren öffnen könnte. Er verbeugte sich wieder, diesmal ganz bis zum Boden, wo er die Yaoi zu Byakuyas Füßen legte. Ten blickte zwischen seinen Haaren hinauf. „Schau, du hast mir niemals Tee besorgt, aber hier sind ein Dutzend Bücher. Ich bin den ganzen Weg ins Diesseits gegangen, um ein paar davon zu besorgen und habe echtes Geld dafür ausgegeben. Normalerweise klaue ich diese Sachen. Also verdammt noch mal, bitte akzeptiere meine Entschuldigung.“ Byakuya entschied, dass für ein Wiesel Tens Entschuldigung ziemlich gut war. „Also gut. Ich akzeptiere deine Geschenke und deine Entschuldigung.“ Ten hüpfte fröhlich auf und begann, den Raum zu erkunden. „Du hast eine halbe Wand für den Nachttopf!“, sagte er. „Nicht fair. Aber wo ist das Bett? Vertrauen sie dir nicht genug für weitere Möbel?“ Byakuya setze sich hin, im Seiza, um seine Ausbeute an Büchern zu inspizieren. Er legte Senbonzakura neben sich und versuchte nicht über die große Anzahl ‚süßer‘ Liebesgeschichten enttäuscht zu sein, die sich darunter befanden. Zumindest zeigte ein oberflächliches Durchblättern, dass die meisten davon ziemlich explizit waren. „Ich gehe davon aus, dass mir jemand Leinen bringt, wenn es Zeit zum Schlafen ist. Aber vielleicht wird auch von mir erwartet, sie zu besorgen. Hmmm, ich hätte Renji fragen sollen.“ „Ich kann dir Leinen besorgen“, bot Ten an. „Ich bin mir sicher, dass du das kannst“, sagte Byakuya. „Doch wenn du dein Gewissen noch weiter erleichtern möchtest, dann solltest du mir mehr davon bringen. Vielleicht nur weniger… romantisch, wenn du verstehst.“ „Oh“, sagte Ten mit großen Augen. „Oh.“ Byakuya legte ein Buch ab um das Nächste aufzunehmen. „Die sind ziemlich gut, aber ich mag Bondage.“ „Oh?“, machte Ten wieder und ließ Byakuya aufblicken. Der Junge schien von Kopf bis Fuß errötet zu sein. „Diese sind gut“, sagte Byakuya und versteckte ein Lächeln. „Nein, ich kann…“, begann Ten. „Nur ich… uh. Nun ja, ich meine… Das ist… ähm, ist da noch irgendetwas anderes, was du in deinen Yaoi magst? Historisch? Zeitgenössisch? Science-Fiction?“ „Ich bin da nicht so belesen“, gestand Byakuya. „Ehrlich gesagt nehme ich alles an Lesestoff, dass du für mich finden kannst. Damit kann ich die Zeit besser ertragen. Solltest du Light Novels finden, wüsste ich das auch zu schätzen. Doch alles würde ausreichen. Selbst trockene Textbücher.“ Ten schien seine Schamesröte unter Kontrolle gebracht zu haben und kam näher, um sich gegenüber von Byakuya niederzulassen. Er beobachtete, wie Byakuya weiter die Beschreibungen auf den Rückseiten las. Schlussendlich steckte er sein Gesicht unter Byakuyas und fragte mit einem riesigen, schelmischen Grinsen: „Ich habe gehört, wir können dich jetzt Kenpachi nennen.“ „Ich würde den Titel nicht akzeptieren“, sagte Byakuya und ignorierte den Jungen und das kranke Ziehen in seinem Magen. „Dieser gehört zu Zaraki. Außerdem bevorzuge ich ‚Kommandant‘.“ „Aber du hast Tado getötet.“ „Das habe ich“, sagte Byakuya. „Wenn du so gut informiert bist, dann weißt du auch sicherlich, in welchem Zustand sich diese Bestie befunden hat, als man sie fand. Er hat versucht, sich mir aufzuzwingen, selbst als ich ihn durchbohrte.“ Ten setze sich zurück. Seine Lippen hoben sich für ein Schnauben. „Igitt.“ Aus irgendeinem Grunde löste diese einfache, direkte Antwort den Knoten in Byakuyas Magen. „Ja“, stimmte er zu. „Igitt.“ Ten stand auf, als sei er nicht mehr in der Lage, still zu sitzen. „Nun ja, ok. Mein nächster Ausflug könnte sich etwas verzögern, da sie die Sicherheit verbessert haben. Ich stelle aber sicher, dass ich dann mehr… ähm, mit den… Dingen die du magst dabei habe.“ „Ja, vielen Dank.“ „Cool“, sagte Ten. Er blickte zur Tür. „Du weißt, dass sie vergessen haben, dich einzusperren?“ Byakuya nickte, seine Hand fuhr herunter, um sich beruhigend auf Senbonzakura zu legen. „Ich bin möglicherweise in der Lage, Schutzbeschwörungen zu wirken.“ „Oh, darüber würde ich mir keine Sorgen machen“, grinste Ten. „Ich meine, wenn du Besucher haben möchtest, könnte ich den Jungs sagen, dass das ok ist.“ „Besucher?“ „Na ja, ein Haufen Leute fragen nach dir uns so“, sagte Ten mit einem Achselzucken. „Die Deserteure scheinen zu denken, dass du eine Art Ehrenmitglied bist, da du geblieben bist. Also denke ich, dass sie nachsehen wollen, ob du in Ordnung bist.“ Ten schien etwas in Byakuyas Gesicht zu sehen, denn er fügte hinzu: „Oder komm bei uns vorbei. Ich meine oder nicht. Wenn du niemanden sehen willst. Ich meine, du hast ja diesen Turm hier, um dich darin zu verstecken…“ „Verstecken?“, zische Byakuya, „Sag den Deserteuren, ich wäre von ihrer Gesellschaft geehrt. Falls sie klug sind, sollten sie planen während den Essenszeiten zu kommen. In den nächsten Tagen erwarte ich eine Verbesserung meiner Verpflegung. Ich sollte genug zum Teilen haben.“ Ten grinste breit. „Dann sage ich den Jungs, dass sie ihre eigenen Schalen mitbringen sollen, ja?“ „Mach das.“ Kapitel 37: Dealings with the Devil ----------------------------------- Als Renji nach Nanako, ihrer 3. Offizierin, schaute, warf sie nur einen Blick auf ihn und schickte ihn ins Bett. Er protestierte natürlich, doch in Wahrheit war er so todmüde, dass er in der Sekunde eingeschlafen war, als er die Uniform ausgezogen hatte und unter die Decke geglitten war… … Was auch der Grund war, warum er halbnackt dem heftigen, prüfenden Blick von Lady Masama Kuchiki ausgesetzt war. Als die Schiebetür seines Quartiers mit einem lauten Knall gegen den Rahmen krachte, schoss Renji im Bett hoch. Eine Hand griff nach Zabimaru, die andere schützte seine Augen vom plötzlichen Lichteinfall. Er blinzelte den Schlaf weg und erkannte endlich die Silhouette in seinem Türrahmen. Sein Hirn hatte Probleme damit, zu verstehen, was er sah. Weiblich. Extrem teure Kleidung, viele Lagen, Gold und… Kuchiki-Blau. Kuchiki-Blau. Weiblich. „Uh… Lady Kuchiki?“ Auch wenn dieser gnadenlose Blick nur zu einer Person gehören konnte, schien es immer noch unmöglich, dass Masama Kuchiki im Türrahmen seines kärglichen Quartiers, das nie wirklich den merkwürdigen Unterton von vergorener Milch und schalem Bier verloren hatte, stand. Er ließ Zabimaru los und zog die Decke eng an seine Brust, versuchte seine Nacktheit zu verdecken. Doch es war viel zu spät dafür. „Vizekommandant“, begann sie mit kräftiger Stimme, doch ihr Ton wandelte sich zu einer Art fassungsloser Überraschung. „Oh. Meine Güte, du bist wirklich… komplett tätowiert, nicht wahr?“ Renji stieg die Schamesröte ins Gesicht. Reagierten alle Kuchiki so auf seine Tinte? „So ziemlich, ja“, sagte er grummelig. Er drehte sich ein wenig und versuchte so, sich ein bisschen mehr mit der Decke verdecken zu können. Er schob die Haare aus seinem Gesicht und fragte: „Ähm, also… uh, Lady… Was tun sie hier? Ich meine, ich bin schon ein bisschen geschockt, dass sie nicht einfach nach mir geschickt haben. Also mit einem Boten oder so. Sie kamen den ganzen Weg selbst hierher, in die Division um… was genau? Was ist so wichtig, dass sie nicht warten konnten, bis ich mich angezogen habe?“ „Es ist mitten am Nachmittag“, schnaubte sie, während sie steif im Türrahmen stand. Kalte Luft prickelte auf Renjis nackter Haut. „Ich habe dich eher… vollständig bekleidet erwartet.“ „Das Militär arbeiten in Schichten, meine Dame“, bemerkte Renji. „Ich meine, jemand muss ihnen gesagt haben, dass ich nicht im Dienst bin. Jemand hat ihnen gesagt, wo mein Quartier ist.“ Und wenn Renji herausfand, wer das war, würde er ihm etwas erzählen. Etwas Wütendes. Etwas sehr Wütendes. „Ah… Nun ja“, sagte Masama und dachte endlich daran, ihre Augen abzuwenden. „Zieh dich an, Vizekommandant. Du und ich müssen einen Plan schmieden. Byakuya darf nicht noch einen Tag an diesem furchtbaren Ort verbringen. Shinobu war keine Hilfe. Du musst mir sagen, wen ich mit wie viel bestechen muss.“ Renjis Hirn stolperte kurz, nachdem Masama ‚du und ich‘ gesagt hatte. Er war sich nicht sicher, ob er jemals in einem Satz in Verbindung mit Tante Masama gebracht worden war, zumindest nicht im positiven Sinne. Es war seltsam, denn wenn Renji es nicht besser wissen würde, klang sie gerade verdammt so, als frage Masama nach seiner Hilfe. „Nimm Haltung an, Soldat“, schnappte sie. „Und schließe diesen lächerlichen, offenen Mund. Wir haben Arbeit zu erledigen.“ „Sie möchten, dass ich aus dem Bett springe und mich anziehe?“ „Ja, ich möchte dich angezogen“, sagte sie übertrieben. „Was findest du so schwierig an der Anfrage?“ Renji grinste breit. „Nun ja, vor allem habe ich keine Unterwäsche an.“ Ihr Gesicht wurde sofort blass und ihre Mimik verzog sich. Sie sprang so schnell zurück, wie es die vielen Lagen Seide erlaubten und huschte aus der Tür hinaus. Ein bisschen ungeschickt schaffte es Masama, die Tür zuzuschieben. Von draußen hörte Renji ein gedämpftes: „Ich sollte hier warten. Mach schnell.“ „Bitte“, murmelte Renji und warf die warme Bettdecke zur Seite. „Würde es sie verdammt noch mal töten, nur einmal ‚bitte‘ zu sagen?“ Sie musste ihn gehört haben, trotz der Tatsache, dass er seine Stimme leise gehalten hatte, denn zu Renjis vollkommener Überraschung sagte sie: „Bitte.“ Bitte? Renji fragte sich, als er den Hakama anzog, ob der gruselige Kommandant Kurotsuchi sie irgendwie durch einen netteren Klon ersetzt hatte. Sie hatte den Besuch von Kurotsuchi noch nicht erwähnt, aber vielleicht hob sie sich ihre Munition auf, bis er ihr geholfen hatte, Byakuyas Situation zu klären. Renji war in einer Minute angekleidet. Er schob die Tür mit den Zehen auf während er seinen Pferdeschwanz fertig band. „Ok, ich gehöre ganz ihnen.“ Sie hob den Kopf, um zu ihm hinaufzublicken und warf ihm einen langen, musternden Blick zu. Sie kräuselte die Nase über seine Stirntattoos, die immer noch sichtbar waren. Er starrte auf sie hinab, forderte sie heraus, ihm zu sagen, dass er sie abdecken solle. Es war nicht so, dass er heute Lust hatte, seine Tinte öffentlich zu zeigen, sondern vielmehr, dass er sein Bandana nicht finden konnte. Er hatte ihn irgendwo verlegt und hatte keine Lust gehabt, nach einem Neuen zu suchen. Sie brach den Blickkontakt zuerst ab, lenkte ihren Blick zum Übungsgelände, welcher mit einer kleinen Gruppe Soldaten gefüllt war, die gerade durch das Nachmittagstraining gingen. Die Sonne war hell, aber die Luft war eisig. Der Wind roch nach aufziehendem Schnee. Hartnäckige Eiszapfen hingen in den Spalten des hölzernen Gehwegs vor Renjis Tür. „Können wir den Generalkommandanten bestechen?“, fragte Masama und begann in Richtung Büro des Vizekommandanten zu gehen. Renji folgte ihr mit ein bisschen Abstand, als würde er Byakuya folgen. Die goldenen Fäden in Masamas Kimono glitzerten im hellen Sonnenlicht, die Muster bewegten sich, während sie ging. „Nicht wahrscheinlich“, sagte Renji. „Sie werden auch nicht viel Glück damit haben, ihr Geld in die 2. Division zu stopfen. Vielleicht könnten wir die Wächterin bestechen, aber ich habe das Gefühl, dass sie dort nicht mehr arbeitet.“ „Ich verstehe“, schnaubte Masama. „Es muss etwas geben, was wir jemanden anbieten können. Jeder hat seinen Preis, Vizekommandant.“ „Das mag vielleicht sein, meine Dame, aber die Hofgarden denken von sich selbst gerne, dass sie über Bestechungen stehen. Vor allem die erste und zweite Division“, sagte Renji. „Ich vermute, sie könnten es bei Central versuchen. Sie sind die Einzigen, die über dem Generalkommandanten stehen. Ihnen war es scheißegal, als Byakuya versucht hatte, Rukia zu retten, doch ich denke, dass war tatsächlich Aizen.“ Als sie ihn düster anblickte, sträubte sich Renji. „Hey, versuchen sie erst gar nicht zu sagen, dass Rukia keine Kuchiki ist.“ Ihre Lippen wurden dünn. Sie drehte sich schnell wieder zurück und sagte: „Es war die Sprache, die ich bemängelte. Versuche dich zu erinnern, dass du in adliger Gesellschaft bist.“ Renji hatte noch nicht einmal sein Fluchen bemerkt, was ihm noch peinlicher war. „Richtig, entschuldigen sie bitte, meine Dame.“ „Dieses Central 46, was weißt du darüber?“ „Eh, nicht viel um ehrlich zu sein“, sagte Renji. „Sie versuchen meist unter dem Radar zu bleiben. Aber ich denke, sie sind von ihrer Sorte. Adlig, meine ich.“ „Namen?“ Renji schüttelte den Kopf, auch wenn sie ihn nicht anschaute. Sie waren nah genug am Büro des Vizekommandanten, dass er den Tee aus dem Pausenraum riechen konnte. „Sie sind anonym. Von den Gerüchten, die ich gehört habe, sieht man keine Gesichter, wenn man vor ihnen steht. Sie sind abgeschirmt und werden nur mit Nummern angeredet.“ Masama schreitete in das Büro des Vizekommandanten, verursachte damit, dass sich Shinigami gegen die Wände pressten. Ein Haufen der Leute blickten Renji an, als fragten sie, was sie tun sollten. Er zuckte mit den Schultern. Es war nicht so, als wäre genug Platz, dass sie sich auf dem Boden verbeugen könnten. Doch als er Rikichi sah, deutete er ihm mit einer Kopfbewegung, zu ihm zu kommen. „Hol Aio, ja? Lass sie was von dem guten Tee vom Anwesen mitbringen und was auch immer Miki denkt, das Lady Kuchiki essen würde.“ Rikichi wollte schon davonlaufen, doch Renji schnappte seinen Ärmel. „Oh und sag allen, dass sie um diesen Ort für eine Weile einen großen Bogen machen sollten, ja?“ Die Ankunft von Lady Kuchiki im Hauptbüro hatte die Leute so erschreckt, dass Stille herrschte. Nanako verbeugte sich und so tauschten die herumlungernden Offiziere Blicke aus und folgten ihrem Beispiel. „Lady Kuchiki und ich übernehmen das Büro des Vizekommandanten für eine strategische Besprechungen. Nimm die Dienstpläne mit in den Pausenraum, ja Kinjo?“ Kinjo verbeugte sich erneut und tat, was Renji ihm aufgetragen hatte. Nanako schien auch nicht zu wissen, was sie tun sollte, also trat Renji vor und stellte sie vor: „Lady Masama Kuchiki, haben sie bereits unsere dritte Offizierin Nanako Ito kennengelernt?“ „Ah, ja, die neue Kontaktperson“, schnaubte Masama mit einem solchen Spott, den Renji erst gar nicht richtig verstehen konnte, bis er sich an das ganze Fiasko mit dem vorherigen dritten Offizier, Miisho Ōta, erinnerte. Renji hatte es fast geschafft, den Typen zu vergessen. Das machte es mit all dem, was seitdem passiert war, inklusive dem Kampf in Hueco Mundo, besonders unangenehm. Nun war es, als würde ein riesiger Elefant im Raum stehen. Nanako verbeugte sich erneut tief. „Es ist mir eine Ehre, sie in Person zu treffen, Lady Kuchiki.“ Masama ignorierte Nanako, blendete sie vollkommen aus, im perfekten Kuchiki-Stil. Renji zuckte die Achseln, als wolle er ‚Was willst du tun, so ist sie nun mal‘ damit ausdrücken, sagte aber: „Wenn wir über das Interesse der Kuchiki reden, sollte Nanako bleiben. Sie ist nicht nur unsere Kontaktperson, sie leitet auch unser Gremium, das versucht… uh, nun ja, ehrlich gesagt versuchen wir mögliche Unruhen vorherzusehen, wenn sich herumgesprochen hat, dass der Kommandant inhaftiert wurde. Sie wissen schon, falls einer der ihren sich zu einem Versuch entschließt, sich das Anwesen unter den Nagel reißen zu wollen.“ „Schließt du mich bei ‚einer der ihren‘ mit ein?“, fragte Masama. „Natürlich“, sagte Renji. „Sie und ich wissen beide, dass der Erbe angreifbar ist, da er noch nicht offiziell eingesetzt wurde. Also sagte ich: überstürzen sie jetzt nicht.“ „Ich verstehe“, sagte Masama. „Du denkst, ich bin ein ziemlicher Bösewicht, nicht wahr?“ „Ja, das tue ich irgendwie“, sagte Renji. Er lehnte mit dem Hintern gegen die Kante des Schreibtischs vom dritten Offizier und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. „Wenn ich das Anwesen haben wollte, hätte ich es bereits“, sagte Masama. „Tatsächlich will ich meinen Neffen so schnell wie möglich aus dem Gefängnis holen. Was genau sind eigentlich die Anklagepunkte? Als ich Shinobu fragte, ist er nur sehr verlegen geworden und murmelte irgendetwas über… ‚Militärische Angelegenheiten‘. Was bedeutet das?“ Oh, super, sie wusste es nicht. Er hatte irgendwie gehofft, dass sie bereits von all den schmutzigen Details gehört hatte. Renji verlagerte unbehaglich das Gewicht und kämpfte damit, den Blickkontakt aufrecht zu halten. „Unzucht mit Untergebenen.“ „Unzucht mit Unter…“, sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Renji konnte fast spüren, wie sich der Zorn in ihr aufbaute wie Reiatsu. Sie machte zwei Schritte auf ihn zu und ohrfeigte Renji quer durch sein Gesicht. Die offene Handfläche machte einen lauten, klatschenden Laut, aber er rührte sich nicht. Ihre Handfläche lag flach gegen seine harte, unbewegliche Wange. Ihre Hand war kalt und knochig. Die Ohrfeige brannte, doch Renjis Haut hatte schon viel härtere Schläge abbekommen. „Du Bastard“, zischte sie. Sie zog ihre Hand zurück, ganz klar ein wenig genervt, dass sie nicht in der Lage gewesen war, dass sich sein Kopf bei dem Aufprall gedreht hatte. „Vielleicht bist du der Bösewicht. Nennen sie dich jetzt Kommandant?“ „Kommandant in Vertretung, ja, aber das war nicht meine Entscheidung“, sagte Renji. Er dachte daran abzustreiten, dass er die Position des Kommandanten wollte, doch sie würde niemals verstehen, dass auch wenn er ambitioniert genug war, auf diesen Rang zu hoffen, er niemals Byakuyas Rang wollte. „Schauen sie, ich habe versucht die Nummer als Ungehorsam auf mich zu nehmen. Der Kommandant war derjenige, der es zugab.“ „Du lügst“, sagte Masama kühl. „Ich habe den offiziellen Bericht von der Neunten, meine Dame“, sagte Nanako. Sie zog einen Ordner vom Stapel auf dem Schreibtisch des Vizekommandanten und hielt ihn ihr hin. „Es ist genauso, wie es Renji sagt.“ Masama schnappte sich den Bericht von Nanako. Sie blätterte ihn durch, ihre Augen überflogen die Papiere. Sie hob eine Augenbraue und sah Renji an. „Du hast die Hand gegen ihn erhoben. Du solltest im Gefängnis sein. Du solltest hängen.“ Renji hatte diese Art von blöder Anmache bereits so oft von Masama gehört, dass er noch nicht einmal zusammenzuckte. Tatsächlich überlegte er, mit den Augen zu rollen und ‚Ja, ja‘ zu murmeln. Nanako hingegen machte einen kleinen, quiekenden, würgenden Laut. „Aber Lady Kuchiki! Renji hat sich nur selbst verteidigt!“, protestierte Nanako, ihr Gesicht wurde fahl. „Es steht im Bericht, dass der Kommandant zuerst zugeschlagen hatte.“ „Du vergeudest deine Zeit“, sagte Renji zu Nanako. „Du wirst niemals etwas sagen, das die Meinung der Lady über mich ändern wird. Es gibt nichts, was ich in Anbetracht ihres Neffens machen könnte, was sie gutheißen würde. Außer ihn zu verlassen.“ „Genau das“, sagte Masama und gab den Bericht zurück mit einem: „Ich möchte eine Kopie davon, von allem.“ Nanako blickte zu Renji um sicherzustellen, dass das in Ordnung war. Genau genommen hatte Masama kein Anrecht darauf. Es war ein militärischer Bericht, er war klassifiziert, für Zivilisten unzugänglich. Doch Renji nickte. „Gib ihn ihr. Geh schon, fertige ihr direkt an, was sie möchte.“ Nanako sah überrascht aus, verbeugte sich jedoch und huschte davon, um die Aufgabe zu erledigen. Selbst wenn Masama vermutlich versuchen wird, mit dem Bericht eine Art Zivilklage gegen Renji einzureichen, beschloss er, dass er sich besser fühlte, wenn sie den echten, neutralen Bericht der Neunten hatte. Wenn sie entschlossen war, Anklage zu erheben, würde sie es so oder so tun. Ohne den Bericht wären Gerüchte ihre einzige andere Option und es wäre viel zu einfach Leute zu finden, die genau die Sachen erzählten, die sie hören wollte. Und dann hatte er ihr noch Kurotsuchi auf den Hals gehetzt. Das würde vermutlich ein eigener Anklagepunkt geben… Renji versuchte in dem Moment nicht an all das zu denken. Zumindest schien sie noch in einem Stück zu sein. War es zu viel verlangt, zu hoffen, dass Kurotsuchi und sie nur Höflichkeiten ausgetauscht hatten? Masama beobachtete, wie Nanako davonhuschte und sagte: „Du bist überraschend kooperativ, Vizekommandant.“ „Sie meinen, weil sie das benutzen werden um zu versuchen, mich hängen zu sehen? Ja, nun ja, wenn ich versuchen würde, den Bericht geheim zu halten, würden sie auch einen Weg finden, das gegen mich zu verwenden“, sagte Renji mit einem kleinen Schulterzucken. „Wenn es eine Straftat ist, dass ich ihn berührt habe… Nun ja, ich habe verdammt viel mehr gemacht, als ihn nur in einen Fensterladen zu schubsen.“ „Bitte erinnere mich nicht“, sagte sie, einen Hauch von Farbe erschien auf ihren hohen, blassen Wangenknochen. Renji hatte an die Zeit gedacht, als er versucht hatte, Byakuya zu töten, aber natürlich ging sie direkt zum Sex über. „Wie auch immer, ich bin froh, dass sie hier sind“, sagte Renji. Er stand auf und ging hinüber zu seinem Schreibtisch und begann, nach dem Schreibkram zu suchen, den er von der Zweiten erhalten hatte. „Ich hätte einen Teil meines Tages heute damit verbracht, herauszufinden, wie ich dafür bezahlen kann, dass Byakuya in einer privaten Zelle bleiben kann. Er war, trotz meines Protests, unter den normalen Gefangenen und, nun ja, uh… er ist auf den Gedanken gekommen, dass er alleine sein möchte.“ „Ist etwas passiert?“ Renji blickte zu ihr auf. „Als ich heute Morgen mit ihm gesprochen habe, sagte er etwas über Meuchelmörder. Sie wissen nichts davon, oder?“ „Ich?“ Sie stand immer noch direkt an der Tür zum Büro und Renji hätte ihr einen Stuhl angeboten, aber er war sich nicht einmal sicher, ob sie in einem westlichen Stuhl sitzen konnte, ohne dass eine der Nähte ihres Kimono platzte. „Ja, sie, Lady. Sie haben jede Menge Motive. Sie haben den Erben ausgewählt, wenn Byakuya von der Bildfläche verschwinden würde, wären sie der älteste lebende Kuchiki, was sie zum perfekten Regenten machen würde. Dann hätten sie die Macht, das Anwesen und deren Güter zu kontrollieren – selbst, wenn sie sie nicht direkt besitzen würden. Ich weiß, dass sie sich um den Posten als Familienoberhaupt betrogen fühlen. Also ja, sie sind so etwas wie mein Hauptverdächtiger.“ „Ich habe keine Meuchelmörder geschickt. Ich bin zu dir gekommen, weil ich Byakuya so schnell wie möglich aus dem Gefängnis haben will.“ Renji setzte sich auf seinen Stuhl. Vielleicht hatte der starke Geruch von Tee aus dem Pausenraum die Spinnweben aus seinem Hirn hinweg gepustet, denn er kam endlich auf die Idee zu fragen: „Ja, und warum ist das so? Ich meine, ich habe gedacht, dass sie überglücklich mit dieser Wendung sein würden. Byakuya ist ihnen ein Dorn im Auge. Er ist machtlos im Gefängnis.“ Masama erschauderte und wankte auf ihren Füßen, als würde sie ohnmächtig werden. Renji stand wieder auf, bereit ein Stuhl zu holen… oder sie aufzufangen. Sie war sehr blass, als sie wieder begann zu sprechen. „Ja, genau“, sagte sie mit einem bebenden Atemzug. „Du kannst es unmöglich verstehen, aber ich kann es nicht ertragen, wie ein weiteres Familienoberhaupt der Kuchiki inhaftiert ist, seine Ehre verloren, seine Ländereien gestohlen, sein Name beschmutzt, all das für etwas so…“, sie biss sich auf die Lippe. „Ohne guten Grund.“ Sie atmete nun flach und schien bald umzukippen. Renji holte ihr einen Stuhl und half ihr, sich zu setzen. Überraschenderweise lehnte sie sich in ihn, akzeptierte seine Berührungen, während er sie vorsichtig in den Stuhl half. Da war eine Kanne Wasser, die immer in der Nähe der Ecke stand, in der normalerweise der Dienstplan hing. Sie nannten diese Kanne scherzhaft ‚Wasserspender‘ und Renji schenkte ihr eine Schale davon ein. „Mein Ehemann“, wisperte sie, als sie das Wasser in ihre zitternden Hände nahm. „Mein geliebter Kōga. Niemand wird jemals seinen Namen nennen. Er wurde aus der Familiengeschichte gestrichen. Aber er ist nicht tot… und er war zu Unrecht beschuldigt… bis sein Temperament…“ Sie endete, ihr Mund arbeitete, doch war nicht fähig, Worte zu formen. Sie blickte zu Renji hinauf. „Verstehe dies: Mein Ehemann ist immer noch am Leben, für immer inhaftiert. Ich kann nicht…“, sie stoppte wieder, doch dieses Mal konnte Renji ohne Probleme einfügen, was sie nicht sagen konnte, dass sie es nicht ertragen konnte, eine weitere geliebte Person eingesperrt zu sehen. Mit einem schweren Atemzug fuhr sie fort: „Es ist zu schwierig. Selbst wenn es nur für eine kurze Zeit ist, zu ertragen, dass all das wieder passiert.“ Renji runzelte mit der Stirn. Er hatte immer gedacht, dass Masama Witwe war. Er hatte niemals von einem… Kōga… Kuchiki?... gehört. Da Masamas Name immer noch Kuchiki war, musste die Familie diesen Kōga-Typen adopiert haben, sodass der Name weiter fortgeführt werden konnte. Es war eine schlaue Lösung, wenn man eine erstgeborene Tochter hatte. Außer, wenn alles irgendwie schief ging. Was auch immer passiert war, dass Kōga inhaftiert wurde, danach wurde seine Ehefrau, Masama, in Schande weitergereicht und all ihre Eigentümer und ihre Macht gingen an ihren Bruder über, Byakuyas Vater. Ihr war es vermutlich noch nicht einmal erlaubt zu trauern, denn sie war keine Witwe… und wie sie es erzählte, schien es irgendeine Art von Skandal gewesen zu sein. Es war schon ein Stück weit beeindruckend, dass sie es geschafft hatte, sich die Macht zurückzuholen, die sie nun hatte, als Heiratsvermittlerin der Familie und die älteste, lebende Kuchiki. Vielleicht war sie dazu in der Lage nachdem Ginrei, ihr Vater, gestorben war. Huh. Nun ja, zumindest machte ihre Verrücktheit jetzt ein bisschen Sinn… irgendwie. „Byakuya ist da nicht für immer“, sagte Renji freundlich, hockte sich vor ihren Stuhl hin. „Selbst wenn wir ihn nicht direkt dort herausbekommen, die Strafe ist nur eine Sache von Wochen.“ „Es ist immer noch zu lang“, schluchzte sie. „Alles könnte sich ändern und es passiert immer so schnell, ohne Warnung… Ich will ihn jetzt dort heraushaben.“ „Meine Dame, ich stimme zu“, nickte Renji. „Da werde ich nicht mit ihnen streiten.“ Ein leises Klopfen am Türrahmen verkündete Aios Ankunft. Renji stand auf und nahm das Tablett von ihr mit einem Dankeschön. „Versuchen sie etwas Tee zu trinken, huh?“, sagte er zu Masama und brachte das Tablett zur nächstgelegenen Oberfläche, dem Schreibtisch des dritten Offiziers. Er schenkte hier eine Schale dampfenden Tee ein und sie tauschte ihn gegen die nun leere Wasserschale. Ihre Hände bebten. Diese Sache mit ihrem Ehemann ging ihr wirklich nahe. Nun ja, so musste es sein. Sie war zu Renji gekommen um eine Art Allianz zu schließen, auch wenn sie ihn immer noch und ganz offensichtlich tot möchte, öffentlich erhängt. Renji hockte sich wieder hin und stellte sich dabei auf seine kompletten Fußsohlen. „Schauen sie, vielleicht sollten wir uns nicht darauf fokussieren, seine Strafe zu reduzieren, sondern ihn aus dem Madennest zu holen. Der Mordversuch und… uh, die Geschehnisse um den Gefängnisausbruch sollten genug sein, um den Generalkommandant zu überzeugen, dass er seinen Standpunkt klargemacht hat, oder? Byakuya hat genug durchgemacht. Es ist nicht so, als wäre Unzucht ein schwerwiegendes Verbrechen, vor allem da ich mich nie beschwert habe. Oder irgendwer aus der Division. Also können wir den Generalkommandant vielleicht soweit bekommen, dass er ein bisschen nachgibt, was das Thema angeht, wo Byakuya den Rest seiner Zeit absitzt.“ Masama blickte zu ihm. Ihre Augen waren von einem nervenaufreibendem Grau-Blau, so sehr wie die von Byakuya. „Es hätte von Anfang an Hausarrest sein sollen. Byakuya ist ein Adliger.“ Renji nickte. „Ja, meine Dame, so hatte ich es auch gedacht. Doch der Generalkommandant kann stur sein und er mag es, sich uns als allererstes als Soldaten vorzustellen.“ „Nun, das ist lächerlich.“ Renji gluckste ein wenig. „Ja, nun ja, der Generalkommandant ist mehr wie ich als sie, wenn sie wissen, was ich meine?“ Sie schnaubte. „Ein Pöbel.“ „Das weiß ich nicht mit Sicherheit“, sagte Renji. „Aber er ist schon so lange ein Krieger, dass es das ist, was er im Kern ist. Mehr als alles andere.“ Masama schien sich zu beruhigen, während sie miteinander sprachen. Langsam nahm sie wieder ihre steife Haltung an. „Also kannst du mich begleiten? Sollten wir unseren Protest zuerst beim Generalkommandanten vortragen. Und wenn wir dort scheitern, werde ich herausfinden, wer in diesem Central 46 sitzt. Sicherlich habe ich für einen der Mitglieder eine Hochzeit geplant oder sie schulden den Kuchiki irgendetwas. Immerhin haben wir überall Einfluss.“ Renji bezweifelte es keine Sekunde und es entsetzte ihn daran zu denken, dass sie all das gegen ihn wenden könnte, sobald Byakuya frei war. Wenn sie ihre Finger in Central hatte? Scheiße, das wäre schlimmer als Aizen, denn all das wäre rechtskräftig. „Richtig, lassen sie mich gerade in meine Ausgehuniform wechseln. Ich lasse Nanako Sasakibe kontaktieren, damit sie eine Audienz erhalten.“ Er starrte auf den Haori, den Nanako gebracht hatte. Es war nicht der, den Byakuya für Gewöhnlich trug. Dieser war ärmellos und hatte goldene Quasten an seinem hohen Kragen. „Ich kann das nicht tragen“, protestierte Renji. „Wo hast du den überhaupt gefunden?“ „Der Hausverwalter vom Anwesen sagte, der Kommandant hatte befohlen, dass dieser aus dem Lager geholt wird. Ich denke, er kam gerade erst von den Schneidern zurück.“ „Nun ja, dann wird er mir sicher nicht passen“, sagte Renji. „Schau ihn dir an, ich reiße die Schultern kaputt. Wenn das ein Erbstück ist, kann ich das nicht bringen. Und es fühlt sich nicht richtig an. Mir ist es mit der Armbinde des Vizekommandanten wohler.“ „Aber du bist kein Vizekommandant“, protestierte Nanako und hielt den Haori auf Renjis Schulterhöhe. Sie runzelte die Stirn, als hätte sie immer noch ein wenig Hoffnung, dass es klappen würde. Aber es war ganz klar, dass er nicht in den Haori passen würde. Sie legte ihn wieder auf den Stuhl und strich die weiße Seide glatt. „Du solltest einen Kommandanten-Haori für dieses Treffen tragen.“ „Wenn ich das tragen würde, bekäme Tantchen M. einen Schlaganfall“, sagte Renji. „Und sie würde es auf die Liste mit Gründen schreiben, warum ich hängen sollte.“ „Sie meint das nicht ernst, oder Kommandant?“ „Scheiße ja, und ob sie das ist“, versicherte Renji Nanako, seine Augen klebten immer noch auf den Haori. Es war ein seltsames Ding mit diesen goldenen Quasten und wirkte, als käme er aus einer längst vergangenen Zeit. Hatte er schon einmal etwas in der Art gesehen? Er fragte sich auch, was Byakuya dazu bewogen hatte, seinen gewohnten Haori auszutauschen. Als Renji bemerkte, dass Nanako ihn immer noch mit einer Art elenden Horror auf ihrem Gesicht anschaute, riss er endlich den Blick vom Haori und zuckte mit den Schultern. „Schau, du weißt wie der Kommandant manchmal wegen seiner Stellung ist. Sie ist auch so, nur drölf Trillionen mal schlimmer. Ich denke irgendwie, dass ich sie schon alleine mit meiner Existenz beleidige. Ich bin mir sicher, dass sie der Meinung ist, dass Rukongai-Abschaum niemals eine Autorität besitzen und verdammt nochmal kein Vizekommandant der Division sein sollte , die sie als die Division ihrer Familie ansieht. Aus diesem Grund bleibt der hier“, er reckte sein Kinn in Richtung des seltsamen, angsteinflößenden Haori. „Und ich gehe so“, er tippte auf das Abzeichen des Vizekommandanten an seiner Schulter. „Dann versprich mir, dich daran zu erinnern, nicht zu knien“, sagte Nanako und richtete Renjis Kragen. Sie hielt einen Finger vor seine Augen und wackelte damit ernst. „Du bist ein Kommandant. Kommandanten stehen in der Anwesenheit des Generalkommandanten. Ein Haori würde dir helfen, dich daran zu erinnern, verdammt. Wage dich ja nicht, auf die Knie zu gehen. Versprich es!“ „Ich verspreche es!“ Renji hob die Hände, um ihre Mahnungen zu stoppen. Und doch hätte es Renji beinahe vergessen. Seine Knie wollten sich weiter beugen und den vertrauten Boden suchen. Es fühlte sich wirklich unnatürlich an, zu stehen. Vor allem mit der Lady Kuchiki, die irgendwie noch feiner und reicher in ihren Seidenroben wirkte. Hatte sie noch eine Lage hinzugefügt? Noch etwas mit ihren silber-weißen Haaren gemacht? Wie auch immer, sie war scheiße beeindruckend. Selbst Yamamoto schien ein wenig unsicher, was er mit dieser adligen, älteren Dame vor ihm anstellen sollte. Zumindest trafen sie sich im privaten Büro des Generalkommandanten. Sasakibo stand hinter dem Generalkommandanten, der an einem leeren, polierten Schreibtisch aus Eiche im westlichen Stil saß. Der Raum war immer noch höhlenartig und abweisend. Einige bodentiefe Fenster gaben den Blick auf ganz Seireitei frei, der Sōkyoku überragte alles – eine stille Erinnerung, eine leise Drohung. „Sie haben eine Beschwerde für die Hofgarden, Lady Kuchiki?“ „Ich wünsche ein… Gesuch oder etwas in der Art an sie zu richten“, sagte sie. Renji hatte Masama ein bisschen über die Begriffe und Ausdrucksweise informiert, die sie eventuell in Erwägung ziehen wollte. Doch er hatte zugestimmt, dass seine Rolle hauptsächlich unterstützend war. „Mein Neffe, Kommandant Byakuya Kuchiki, ist ebenfalls unser Familienoberhaupt. Seine Fähigkeit, als Familienoberhaupt zu agieren ist durch seine Inhaftierung stark behindert. Daher möchte ich demütig anfragen, ob sie ihm erlauben, die restliche Zeit seiner Strafe im Hausarrest zu absolvieren.“ „Er hat unsere Gesetze gebrochen“, grummelte Yamamoto. „Das ist seine Strafe.“ „Ja, natürlich“, sagte Masama mit einem leichten Beugen ihres Kopfes, was Renji schockierte. Demut? Wow, sie war wirklich gewillt alles zu tun, um Byakuya da rauszubekommen. „Dennoch müssen sie verstehen, dass sie die ganze Familie Kuchiki bestrafen, wegen einer eigentlich geringen militärischen Angelegenheit. Vielleicht scheint ein knapper Monat wie eine kurze Zeit für die Familie zu überleben. Doch sicher verstehen sie auch, dass es eine gewaltige Destabilisierung der Macht ist. Der Vizekommdant hat mich darüber unterrichtet, dass es bereits ein Mordversuch gab.“ Yamamoto und Sasakibe blickten zu Renji. Er nickte. „Das ist wahr, Generalkommandant. Und ich denke, das kann Kommandantin Soi Fon ebenfalls bestätigen. Kommandant Kuchiki wurde von bewaffneten Männern in seiner Zelle attackiert, die als Wärter verkleidet waren.“ „Wie sie sehen können, hat sich die Familienpolitik bereits in Gang gesetzt“, sagte Masama, bevor Yamamoto reagieren konnte. „Byakuya sollte sein gewohntes Gefolge an Personenschützern nutzen können. Das ist genau der Grund, warum es sie gibt.“ „Ist Kommandant Kuchiki unversehrt?“, fragte Sasakibe Renji. „Er ist… Ähm, ich meine, er war in der Lage seine Gegner zu besiegen, aber er hat sich selbst in Einzelhaft begeben aus… ähm, Gründen.“ Ah, Scheiße, das war nicht wirklich hilfreich. Renji wollte etwas wegen dem Übergriff sagen, dem Sexuellen, doch er wusste nicht, ob es etwas war, was er erzählen sollte. Yamamoto könnte auch kein Mitleid zeigen. Renji hatte keine Ahnung, wie der alte Mann auf den Gedanken reagieren könnte, dass ein Kommandant der Hofgarden verwundbar mit solch einer Art des Angriffs war. Manche Männer waren bei dieser besonderen Sache dumm und Renji war entschlossen, dass nicht als eine Schwäche von Byakuya preiszugeben. Aber es war falsch zu sagen, dass Byakuya ‚unversehrt‘ war. Leid war zugefügt worden. „Die Sache ist die, dass Kommandant Kuchiki mehr als einmal attackiert wurde“, sagte Renji und dachte, dass wenn er es vage halten würde, es helfen würde, ein gewisses Bild in ihren Gedanken zu zeichnen. „Das Gefängnis ist ein schwieriger Ort“, murmelte Yamamoto. Er blickte zu Renji auf und sagte: „Kommandant in Vertretung Abarai, denkst du wirklich, dass ein Adliger anders behandelt werden sollte, als andere Mitglieder der Hofgarden?“ Renji wollte zu sprechen beginnen, denn natürlich dachte er das nicht. Als er weiterhin zögerte, drehte sich Masama um und beobachtete ihn, offensichtlich fürchtete sie sich, was er sagen könnte. Er atmete tief ein, straffte seine Schultern und sagte: „Nein, Generalkommandant, denke ich nicht. Wie auch immer, es ist klar, dass selbst wenn wir es nicht tun, das Gefängnis Adlige anders behandelt. Kommandant Kuchiki wird ausgesondert für wer und was er ist, ob sie es mögen oder nicht, Generalkommandant.“ Masama blickte Renji mit einem kleinen, anerkennenden Lächeln auf ihre dünnen Lippen an, was ihn irgendwie dazu veranlasste, sich selbst ein bisschen zu hassen. Auch wenn das, was er gesagt hatte, die Wahrheit war. Yamamoto schien von Renjis Antwort überrascht zu sein, nickte jedoch. „Also gut, ein Kompromiss. Ich akzeptiere eure Bitte für eine Verlegung in den Hausarrest, aber dafür wird Kommandant Kuchikis Strafzeit verlängert. Abarai bleibt Kommandant in Vertretung für eine zusätzliche Woche. Zweifellos steht es ihm.“ „Steht es ihm“, schnaubte Masama leise, sobald sie den riesigen Hof verlassen hatte, der zu den Barracken der ersten Division gehörten. Renji hatte sich schon gedacht, dass sie nicht einfach nur ihren Sieg genießen konnte. Sie musste sich daran festbeißen. „Schauen sie, Byakuya kommt heute heim. Heute. Das ist das Wichtigste, richtig?“ „Was dir wirklich stehen würde, wäre ein starkes Seil.“ Renji rollte die Schultern, ließ seine Gelenke knacksen. „Ich bin mir sicher, dass sie einen Haufen Leute finden können, die ihnen zustimmen, meine Dame. Bis dahin werde ich weiterhin einfach meinen Job machen: Meinen Kommandanten unterstützen und die Division am Laufen halten. „Und Monster an meine Haustüre schicken.“ So war das. Da drückte der Schuh. Ließ die Bombe nun platzen, nachdem sie von ihm bekommen hatte, was sie wollte. Er überlegte abzustreiten, dass er derjenige gewesen sei, der Kurotsuchi zu ihr geschickt hatte, aber nun ja, er konnte es auch genauso gut zugeben. „Es ist nicht meine Schuld, wenn sie etwas von der Zwölften stehlen, dass nicht ihnen gehört, meine Dame.“ „Diese… bemalte Kreatur ist in mein Haus eingedrungen, hat mich in Angst und Schrecken versetzt und mich gezwungen, den Namen meines Liebhabers herauszugeben… dessen eingelegte Organe ich später per Post erhielt.“ Eingelegt…? Üarghs. Aber warte, Liebhaber? Das war ungewöhnlich für jemanden, der gerade noch eine tränenvolle Geschichte über ihren geliebten, noch lebenden Ehemann gemalt hatte. Doch andererseits waren Adlige von einem anderen Schlag. Byakuya schien bei dem Gedanken daran, dass sein Vater während seine Ehe Liebhaber gehabt hatte, noch nicht einmal zusammengezuckt sein. „Es ist deine Schuld, dass er ermordet wurde“, sagte Masama, „… vielleicht sogar gefoltert wurde.“ „Ist es das?“, fragte Renji. „Ich erinnere mich nicht daran, irgendwem um einen illegalen Seelenbericht gebeten zu haben.“ „Und doch hat sich deine wahre Natur gezeigt. Du bist ein Biest, Renji Abarai, vollkommen bis zum Kern deiner Seele.“ Zabimaru knurrte und zischte. Renji grinste breit. „Verdammt richtig, Schwester, und vergiss das ja nicht.“ Kapitel 38: Such Foolishness ---------------------------- Byakuya hatte mit Senbonzakura im Jinzen gesessen, als ein Teil seines Bewusstseins ein Klopfen an seiner Zellentür bemerkte. Ein Klopfen? War er nicht immer noch im Gefängnis? Er blinzelte, während sein Bewusstsein vollkommen aus der Meditation zurückkehrte, legte er Senbonzakura neben sich auf den Boden und fühlte sich ein wenig idiotisch, als er „Herein“ sagte. Soi Fon öffnete die Tür und warf ihm seine Uniform vor die Füße. Er starrte mit gemischten Gefühlen auf den Shihakushō. Er vermutete, dass er sich nicht weigern konnte. Er war immerhin ein Soldat. Doch er hätte gedacht, dass er nun tragen konnte, was auch immer er wollte, da er jetzt in einer einzelnen, privaten Zelle war. Er nahm ihn auf, unsicher über sein eigenes Zögern. Bevorzugte er die weiße Wolle, weil es einfacher war und er ihn selbst ausgesucht hatte? Oder war es, weil er fest davon überzeugt war, dass sein Verbrechen zu seinem zivilen Herz gehörte, zu ihm selbst, nicht zu dem Offizier des Militärs. „Ich habe den Befehl vom Generalkommandanten erhalten, dass du dem Hausarrest übergeben wirst“, informierte ihn Soi Fon ohne viel Drumherum, in ihrer sachlichen, direkten Art. Hausarrest? Direkt von Yamamoto? Warum? Was hatte sich geändert? Byakuya konnte nur an eine Sache denken und es gefiel ihm nicht, was das vielleicht bedeuten würde. Er nahm die Kleidung in die Hand und ging zur halben Wand, hinter der sich der Nachttopf versteckte. Das war genug Sichtschutz. Das Gefängnis hatte sein Bedürfnis nach perfekter Privatsphäre für seine Nacktheit gedämpft. Dennoch war er immer noch zurückhaltend genug, dass er seinen Rücken Soi Fon zuwendete, während er die weiße Uniform auszog und den Shitagi über seine Schultern zog. „Weißt du, was dafür gesorgt hat, dass der Generalkommandant seine Befehle geändert hat?“, fragte Byakuya und schaffte es dabei, seine Stimme ruhig zu halten, auch wenn seine Finger zitterten, als er die Seiten des Shitagi band. Es musste Renji gewesen sein. Er musste direkt zum Generalkommandanten gegangen sein und ihm von dem Überfall erzählt haben. Und nun…? War er in den Augen des Generalkommandanten für immer beschämt worden? In aller Augen…? Byakuya blickte über die Schulter, eine Frage formte sich auf seinen Lippen, lag in seinen Augen. Als würde Soi Fon die Stille verstehen, schüttelte sie den Kopf. „Deine Familie scheint überzeugt zu sein, dass ich Meuchelmörder deiner Familie im Gefängnis geduldet habe.“ Soi Fon machte einen Laut, der halb Zähneknirschen und halb frustriertes Knurren war. „Ich hätte sie von dieser Meinung abgebracht, wenn die Wahrheit nicht viel peinlicher wäre. Ich hatte keine Ahnung, dass die Wächterin schon so verloren war.“ Wenn Byakuya nicht die Bänder des Hakama im Mund gehabt hätte, wäre ihm „Familie???!“ mit Schrecken herausgeplatzt… und auch in tiefer Erleichterung. Also war es wegen den Angreifern nicht wegen dem Übergriff. Byakuya erlaubte sich selbst, ruhig zu atmen. Das war… besser. Dennoch bedeutete es vermutlich, dass er seiner Tante etwas ‚schuldete‘ für die ‚Rettung‘. Als Byakuya sein Hakama angezogen hatte, schob er einen Arm durch den Ärmel der Kosode. Er drehte sich um und sagte trocken: „Vertrau mir, es ist unmöglich meine Familie von etwas abzubringen, sobald sie etwas beschlossen hat. Selbst wenn du dagegen argumentiert hättest, hätten sie nicht zugehört.“ Soi Fon atmete schnaubend aus. „Familien, eh?“ Byakuya nickte. Immerhin war auch Soi Fon ein Familienoberhaupt. Er kam hinter der halb hohen Wand hervor und hob Senbonzakura vom Boden auf. Er blickte es an und erinnerte sich an seinen eigenen Hunger und wie sehr seine Hände geschmerzt hatten, als Senbonzakura ihm vorenthalten worden war. Als er daran dachte, erinnerte er sich an die Wächterin und ihre seltsame Art. „Ich hätte schwören können, dass ich bei der Wächterin ein Hollow-Loch im Anfangsstadium gesehen habe.“ Soi Fon blickte weg, als sei sie verärgert. Ihre Lippen waren zu einer dünnen Linie verzogen. „Ja, nun ja“, sagte sie. „Ich wäre nicht überrascht. Wir haben jetzt noch keine Details. Alles, was die vierte Division mir sagen wollte war, dass etwas dafür gesorgt hat, dass ihr Zanpakutō aufgehört hat, mit ihr zu sprechen, die Verbindung zu ihr abgeschnitten hat. Nur das Hanatori irgendwie nicht bemerkt hat, was passierte und unbewusst versucht hat, die… Leere… aufzufüllen mit…“ Soi Fon machte ein zischendes Geräusch, wie eine genervte Katze. Sie stand noch gerader da und blickte alles finster an, als würde die Idee alleine sie fuchsteufelswild machen. „Die Energie der Zanpakutōs anderer Leute. Sie hatte wortwörtlich unfreiwilliges Publikum, mit dem sie experimentieren konnte.“ Ihre Augen blickten nun in Byakuyas, ein Feuer schien darin zu lodern. „Hast du eine Ahnung, wie sehr ich gruselige, wissenschaftliche Leute wie diese hasse? Warum sind es immer die dritten Offiziere in dieser verdammten Division?“ Byakuya wusste darauf keine Antwort, auch wenn er ziemlich genau von der Antipathie Soi Fons gegenüber Kisuke Urahara, dem vorherigen dritten Offizier und Wächter des Madennests, wusste. Gerüchten zufolge hatte sie ihn nach dem Kampf um das falsche Karakura in eine Kidō-Box gesperrt, nur weil sie es konnte. „Bist du angezogen?“, fragte sie schnippisch, ganz klar wütend. „Lass uns diese Travestie hinter uns bringen.“ Byakuya gab sein Bestes, aus ihrer Schusslinie zu bleiben. Er behielt seine Gedanken für sich, während sie ihn zur 6. Division eskortierte. Renji behielt seinen Mund geschlossen, auch wenn es nicht einfach war. Tante Masama hat alles und jeden angemotzt, was ihr über den Weg gelaufen ist, als er sie zurück zum Anwesen gebracht hatte. Doch Renji blieb ihr Lieblingsziel. Es war ‚Köter‘ oder ‚Dreck‘ oder ‚Tier‘ bei jeder Chance, die sich ihr bot. Sie versuchte so zu tun, als sei es ein Kompliment, doch es schmerzte trotzdem. Es waren zu viele Jahre am falschen Ende von dieser Art von Beleidigung und er hasste all diesen Inuzuri-Köter-Scheiß vom ersten Tag der Akademie an. Als er ihr zum Anwesen gefolgt war, hatte sie Eishirō unnötig laut gefragt, ob es ‚nun normal war, streunende Köter durch den Haupteingang zu lassen.“ Während Eishirō ihren Mantel nahm, blickte er Renji lang genug an, um ihn zu zuzwinkern und meinte dann trocken: „Nur, wenn es Meister Renji ist, meine Dame.“ Sie blickte ihn finster an. „Ich vermute, du denkst das alles wäre sehr lustig.“ Eishirō verbeugte sich tief, doch als er sich wieder aufrichtete, sagte er: „Nicht im Geringsten, ich finde das alles eher romantisch. Soll ich euer Mittagsmahl im Wohnzimmer aufstellen lassen oder werden sie direkt aufbrechen?“ Dann drehte Eishirō sich soweit weg von ihr, wie er es wagte und sprach zu Renji: „Sind die Dinge mit dem Generalkommandanten gut verlaufen? Sollen wir uns auf die Rückkehr des Herrn vorbereiten?“ „Ja“, sagte Renji mit einem Anflug von einem Lächeln bei dem Gedanken. „Ja, das solltet ihr. Dank der Lady Kuchiki hier, kommt Byakuya heim.“ Wie immer in der Lage ein Kompliment mit Größe anzunehmen, kräuselten sich Masamas Lippen. „Bitte unterlasse solche Vertrautheiten. Mein Neffe sollte mit Kuchiki-sama angesprochen werden.“ Renji konnte nicht widerstehen. Er warf ihr sein breitestes Grinsen zu und sagte: „Vielleicht für sie, aber ich bin da mehr auf einer intimeren Ebene bei ihm, Lady. Wenn sie es wirklich wissen wollen, nenne ich ihn für gewöhnlich ‚Babe‘.“ Ihr Mund öffnete und schloss sich, dann stampfte sie in einem Wirbel aus Seide davon. Eishirō schüttelte seinen Kopf, während sie beide beobachteten, wie sie sich aus der hallenden, minimalistisch eingerichteten Begrüßungshalle zurückzog. Als der Fusuma-Schirm hinter ihr zuglitt, blickte Eishirō zu Renji hinauf und sagte: „So befriedigend wie das war, haben wir vermutlich einen Fehler gemacht. Ich hätte damit nicht anfangen sollen.“ „Eh, ich würde mich nicht allzu sehr darüber Sorgen machen“, seufzte Renji. „Byakuya würde niemals zulassen, dass dir etwas passiert. Ich meine, er hat es noch nicht einmal einen ganzen Monat ohne dich ausgehalten. Und ich, nun ja, ich bin ein hoffnungsloser Fall. Sie hat mich vom ersten Augenblick an gehasst und nichts wird sich jemals daran ändern.“ Nickend hob Eishirō seine Hände und richtete Renjis Kragen. „Das ist eine gesunde Einstellung, mein Herr. ‚Du bist du‘, wie sie es in der Welt der Lebenden sagen. Das ist besser, als sich zu verbiegen um etwas zu sein, was man nicht ist.“ „Du meinst, wie es Rukia versucht hat?“, fragte Renji und tolerierte Eishirōs Gewese. Doch er schob Eishirōs Hände weg, als es so aussah, als wolle er irgendetwas an seinem Pferdeschwanz ‚richten‘. Eishirō runzelte die Stirn, als wäre er darüber irritiert, dass sein Versuch unterbunden worden war. „Du brauchst etwas Besseres, um die Haare zurückzuhalten. Ich gebe es in Auftrag. Und ja, ich meine wie Lady Rukia.“ Er beendete sein Gewese, in dem er noch einmal über Renjis Schultern bürstete, wofür er sich auf die Zehenspitzen stellen musste. „Du und ich wissen beide, dass sie so wie sie ist eine charmante und wundervolle Frau ist, wenn sie sie selbst ist. Doch sie hat versucht, all das zurückzuhalten im Versuch zu besänftigen, was nicht zu besänftigen ist.“ Er blickte in die Richtung, in der Masama verschwunden war und blickte dann Renji noch einmal von oben bis unten an, nickte als wäre er mit seiner Arbeit zufrieden. „Es ist besser, die Zeit seine Arbeit verrichten zu lassen. Entweder gewöhnen sie sich an dich oder eben nicht.“ „Ja, vielleicht“, sagte Renji. „Die Tante ist trotzdem eine harte Nuss, wenn du weißt, was ich meine? Sie ist wegen mir auf dem Kriegspfad. Ich denke, sie wird versuchen, eine Zivilklage wegen dem Ungehorsam zu machen. Wenn sie da schafft, habe ich sofort verloren. Bei sowas gibt es keine Geschworenen, die meinem Rang entsprechen. Die alle sind von einem Schlag, wenn du mir folgen kannst.“ „Mir fällt es schwer zu glauben, dass Lady Kuchiki gewillt ist, unser 28. Familienoberhaupt als Opfer von häuslicher Gewalt darzustellen, nur um dich loszuwerden. Ich würde meinen, dass wäre zu rufschädigend für den Namen der Kuchiki.“ Renji gluckste düster. „Ich wäre mir da nicht so sicher, besonders nicht, da der 29. In Wartestellung ist. Vielleicht häuft sie nur ihre Beweise an und geht zur Attacke über, sobald seine Einführung abgeschlossen ist.“ „Gott bewahre“, sagte Eishirō und machte ein Zeichen, das wohl das Böse abhalten sollte, das Renji noch niemals gesehen hatte. Es musste etwas gewesen sein, was in seinem ursprünglichen Distrikt, oder dem seiner Ahnen, üblich war. Inuzuri hatte natürlich auch seine eigenen Götter, wobei es meist um Aberglauben der Leute handelte, wie man über die Yakuza sprach. So wie man niemals über einen Bandenführer, sondern deinen guten Nachbarn sprachst. Das einzige ähnliche Zeichen, dass Renji jemals gesehen hatte, war ein Handzeichen, dass an sich ‚Lauf weg‘ oder ‚flieh‘ bedeutete, doch im richtigen Kontext auch ‚bannen‘ heißen konnte. Aus Solidarität machte er dieses Handzeichen. „Richtig, nun ja, ich bringe besser die Division in Ordnung, bevor Byakuya zurück ist.“ Die Heimkehr, die sich Byakuya erhofft hatte, hatte in keiner Weise seine Tante Masama beinhaltet. Und doch stand sie dort, ein strahlendes Lächeln auf ihrem Gesicht und Tränen in ihren Augen. Sie huschte zu ihm und legte ihre Hände auf sein Gesicht. „Oh, mein lieber Junge“, schniefte sie. „Wie konnten sie nur deine Haare schneiden?“ „Ich habe mich geweigert, sie von einem Fremden durchsuchen zu lassen“, sagte Byakuya und entzog sich ihrer Berührung. „Sei dankbar, dass es keine Läuse oder Flöhe in meiner Zelle gab, sonst wären sie viel kürzer.“ Diese Interaktion beobachtend schien Soi Fon Byakuya kühle Antwort für gut zu befinden. Sie nickte seiner Tante kurz zu, aber sprach zu Byakuya: „Es ist meine Pflicht, eine kleine Gruppe Ninja zurückzulassen, die auf meinen Befehl in sicherstellen, dass du die Regeln des Hausarrests nicht verletzt. Als ein Kommandant der Hofgarden ist es verständlich, dass du hier und da einige Arbeiten in den Gebäuden deiner Division zu verrichten hast, aber genauso wird erwartet, dass du diese auf ein Minimum reduzierst, um den Gedanken des Hausarrests aufrecht zu halten.“ „Ja, natürlich“, sagte Byakuya. „Du kannst auf meine Loyalität bauen.“ „Ich baue auf die Loyalität von niemandem“, sagte sie erbittert. „Falls meine Ninja selbst sie nicht in Schach halten können, Kommandant, sei versichert, dass sie direkt mir und dem Generalkommandanten berichten werden.“ „Ich würde nicht weniger erwarten“, sagte Byakuya. Ohne auch nur ein Nicken zur Bestätigung verschwand Soi Fon mit Shunpo. Nachdem Soi Fon verschwunden war, schnalzte Tante Masama mit der Zunge. „Meine Güte, sie ist eine fürchterliche Frau, nicht wahr?“ Nur Jahrhunderte der Selbstdisziplin hielten Byakuya davon ab zu sagen ‚man soll nicht von sich auf andere schließen‘. Stattdessen blickte er sich in der Hauptempfangshalle umh, als hätte er noch nie so einen wundervollen Ort gesehen. Tatsächlich hat sich das Anwesen nie so sehr nach einem Zuhause angefühlt, wie in diesem Moment. „Bitte sag mir, dass Eishirō ein Festessen vorbereitet hat? Ich bin ausgehungert.“ Der Erbe, Shinobu, winkte Byakuya von der Treppe aus. Nur gerade so war der Kenseikan in seinen Haaren sichtbar, er schien eine Form von welligen Kegeln, fast wie Korkenzieher, anzunehmen. Doch diese Umwandlung war noch nicht abgeschlossen, denn es sah noch etwas klumpig und deformiert aus. Zumindest sah es nicht mehr wie eine Hautkrankheit mit einzelnen Haarbüscheln aus. Mit ein bisschen Zeit würde es recht vorzeigbar, wenn nicht sogar schön aussehen. „Kommt mit in die Bibliothek, Byakuya-sama“, sagte Shinobu. „Dort wurde ein Feuer geschürt und der Kotatsu mit frischen Kohlen bestückt.“ Byakuya konnte nicht dankbarer sein, das zu hören, doch er blickte sich immer noch nach der einen Person um, die er am meisten sehen wollte. „Ich lasse Aio Renji in der Division abholen. In Ordnung, mein Herr?“, fragte Eishirō und trat hervor, um Byakuya eine warme Decke um die Schultern zu legen. „Und dann kann sie nachschauen, ob auch Lady Rukia dazustoßen möchte?“ Auch unter Tante Masamas plötzlich hartem Blick war Byakuya in der Lage, ein bisschen zu lächeln. „Das wäre unvorstellbar großartig. Herzlichen Dank.“ Die 6. Division, dachte Renji mit einem liebevollen und schelmischen Grinsen, war wirklich schlecht in allen Variationen des ‚Hausarrests‘. „Weißt du“, sagte er Nanako. „Ich glaube wirklich nicht, dass wir eine ‚Willkommen Daheim‘-Party schmeißen sollten. Der Kommandant hasst zum einen Partys und zum anderen bin ich mir verdammt sicher, dass Yamamoto ziemlich die Stirn darüber runzeln würde, wenn wir feiern, was eigentlich eine Bestrafung sein soll.“ Ihre Arme vor der Brust verschränkend, rollte Nanako mit den Augen. „Seit wann bist du so pingelig was Regeln und Gesetze angeht?“ „Hey, ich dachte, das wäre das Motto der 6. Division!“ Nanako sah aus, als würde sie ihre gut gemeinten Argumentationen fortsetzen, als Aio ihren Kopf strahlend durch die offene Tür des Büros des Vizekommandanten steckte. „Er ist hier“, sagte sie mit leisen, scheuen Enthusiasmus. „Seine Herrschaft ist zurück und er fragt nach deiner Anwesenheit zum Abendessen.“ Renji hat vielleicht ein bisschen gejubelt, trotz allem. Nanako zwinkerte ihm neckend zu und sagte: „Hey, nun bekomm nicht gleich Feierlaune, Vizekommandant. Das ist eine seriöse, ernste Angelegenheit, wie du weißt.“ Obwohl er den ganzen Weg zum Anwesen hüpfen wollte wie ein übermotivierter Welpe, riss sich Renji zusammen. „Ich weiß, dass es das ist“, sagte Renji zu Nanako. „Ich verstehe, was du versuchst zu tun. Ich verstehe es wirklich. Aber wir können das nicht in irgendeiner Art versauen. Wenn Byakuya diese Strafe ordentlich absitzt, hat die 1. Division uns versichert, uns das Ganze laufen zu lassen, wie es zwischen und funktioniert. Ohne Einmischungen. Mit ihm als Kommandanten und mich als Vizekommandanten. Wenn wir irgendeine Art von Feier haben, dann wenn alles ausgestanden ist, ok?“ Sie nickte bestätigend, doch streckte ihm dann ihre Zunge raus. „Ich sag immer noch, dass du eine Spaßbremse bist.“ Byakuya zwang ein höfliches „Wir sind dankbar für deine Einmischung in unserem Sinne, geschätzte Tante“ heraus. Sie hatten sich noch nicht aus dem Eingangsbereich herausbewegt. Auch wenn Byakuya Masama am liebsten bei der Aussicht auf den Trost der Bibliothek und dem dazugehörenden Versprechen auf Essen zurücklassen wollte, konnte er es nicht. Nicht während ihr die Tränen, die Wangen runterliefen. „Bist du?“, sie blickte ihn durch ihre Tränen hindurch an. „Natürlich bin ich das“, versicherte Byakuya ihr. Er wollte ihr sagen, dass er alleine gut klargekommen war, dass er die Lage im Griff gehabt hatte, aber das war nicht wahr gewesen. Er hatte nur überlebt, weil Senbonzakura zu ihm zurückgekehrt war. Ohne sein Zanpakutō wäre Byakuya nun gebrochen, wenn nicht sogar tot. Die Einzelzelle hätte er vielleicht durchgestanden, aber nur wenn sie ihm erlaubt hätten, Senbonzakura zu behalten. Was sie sehr wahrscheinlich nicht getan hätten. Masama starrte weiter Byakuya an, fast schon anschuldigend. Ihr Mund arbeitete, als wolle sie irgendetwas sagen. Stattdessen seufzte sie nur. „Ich wünschte, du würdest dieses Biest von Mann aufgeben. Er hat dir nichts als Unglück gebracht. Unzucht, Byakuya? Er behauptet, du wärest derjenige gewesen, der es zugegeben hat. Warum würdest du solch eine dumme Sache tun?“ Warum würdest du eine solch dumme Sache tun? Seine eigenen Worte an Renji während dem Hanami. Das Schicksal war ein Kreislauf, wie es schien. Byakuya schenkte Masama ein kleines, freundliches Lächeln. „Liebe. Ich habe es aus Liebe getan“, erklärte Byakuya. „Die Zeit für diesen Vorwurf abzusitzen bedeutet, dass wir ohne Einschränkungen weiter zusammen sein können. Ich würde alles durchleiden dafür.“ „Was, wenn ich entschieden hätte, dir diesen Ort wegzunehmen? Was, wenn es einen Familienkrieg deswegen gegeben hätte?“ „Kriege sind auch schon vor diesem Tag wegen Liebe geführt worden, meine geschätzte Tante, und sie werden auch noch für immer in der Zukunft ausgefochten werden. Ich bin nicht der erste närrische Mann, noch werde ich der letzte sein.“ Byakuya spürte eine Welle der Müdigkeit durch seinen Körper gehen und sein Magen knurrte laut. „Wenn du mich entschuldigen würdest, ich sollte etwas essen, bevor meine Familie eintrifft.“ „Familie? Du meinst diese zwei Inuzuri-Schlampen?“ „Ja, genau die beiden“, sagte Byakuya und schluckte ihren Köder nicht. „Ich würde dich als Dankeschön für das was du für mich getan hast einladen, mit uns zu essen. Aber ehrlich gesagt, da hätte niemand Vergnügen dran.“ Sie schien ihm zuzustimmen. Doch bevor sich Byakuya von ihr abwenden konnte, sagte sie: „Du schuldest mir was dafür, Byakuya Kuchiki. Du wirst mir doppelt so viel schulden, wenn ich im Stillen gehe.“ „Ich würde das doppelte dafür geben“, sagte Byakuya vorsichtig. „Doch die Gefallen müssen sich ähneln. Ich werde dir in Zukunft zur Hilfe kommen, mit all meinen Ressourcen. Ich würde ebenfalls einem stillen Rückzug zustimmen und einige Worte oder Unwidersprochenem des Friedens willen übergehen.” Sie nickte. Byakuya drehte sich zum Gehen um. Als er halb die Treppe hoch war, rief sie ihm hinterher. Als er sie anblickte, fragte sie schüchtern: „Weißt du, ob der Generalkommandant verheiratet ist?“ Kapitel 39: Small Talk and Cocoa -------------------------------- Als Renji vor der Tür zur Bibliothek innehielt, erwartete er, irgendeine Art von Gespräch zu hören. Vielleicht war er der Erste, der angekommen war? Er steckte seinen Kopf durch die Tür und war überrascht zu sehen, dass nicht nur Shinobu anwesend war, sondern auch Rukia. Sie saßen in einer unbehaglichen Atmosphäre um den niedrigen Tisch herum und sahen zu, wie sich Byakuya Essen in den Mund schaufelte. Zugegeben, es war ein wenig seltsam, Byakuya mit solchem Enthusiasmus essen zu sehen. „Whoa, da ist jemand hungrig“, lachte Renji. Byakuya hielt inne, bevor er die letzten Nudeln in seinen Mund schlürfen konnte und blinzelte, als sei er aus einem tiefen Schlaf aufgewacht. Er verdeckte seinen Mund mit der Hand und blickte nach unten. „Ich bin unhöflich gewesen.“ „Du bist am Verhungern. Du hattest tagelang kein vernünftiges Essen“, sagte Renji und ließ sich im Schneidersitz auf den freien Platz direkt gegenüber von Byakuya auf den Boden nieder. „Sollten wir nach mehr bitten?“ Byakuya schien vor Verlegenheit nicht zu wissen, was er sagen sollte, also wandte sich Renji an Shinobu. „Kannst du nach Essen klingeln? Sag ihnen, dass ich den ganzen Tag auf dem Trainingsplatz war und das Doppelte brauche.“ Shinobu nickte. Dankbar, eine Aufgabe zu haben, huschte er davon, um zu klingeln. „Nein“, sagte Byakuya leise. „Ich sollte mich nicht überessen.“ „Tatsächlich solltest du das“, erinnerte Renji ihn. Er stupste Rukia mit seinem Ellbogen an. „Erinnerst du dich, als wir die ersten Tage in der Akademie waren? Hunger ist das Gleiche, wie jede Verletzung für den spirituellen Druck. Du musst essen, um deine Reserven aufzufüllen. Das haben uns die Lehrer gesagt.“ „Ich habe niemals so viel in meinem ganzen Leben gegessen“, lachte Rukia bei der Erinnerung. „Ich habe noch nicht mal etwas geschmeckt.“ Shinobu kam zurück und setzte sich zurück auf seinen Platz. Wie Byakuya und Rukia saß er im Seiza. „Ich hätte gedacht, dass drei Mahlzeiten Standard wären im… wären einfach Standard.“ Er stolperte über die Worte und warf Byakuya einen nervösen Blick zu. Während er die Interaktionen beobachtete, erkannte Renji endlich, woher all das Unbehagen kam. Es war nicht nur, weil Byakuya gierig aß, sondern die Tatsache, dass niemand wusste, wie er über das Gefängnis reden sollte. „Wären regelmäßige Mahlzeiten ein Teil vom Einlochen, würde der Großteil vom Rukongai versuchen, eingesperrt zu werden.“ „Oh, ich verstehe“, sagte Shinobu leise und nachdenklich. „Dennoch hätte ich daran denken sollen und sofort für eine angemessene Verköstigung sorgen müssen“, sagte Renji. „Ich hätte es abgelehnt“, sagte Byakuya. „Ich wollte nicht, dass die Division für meine Straftat bezahlen muss. Gegeben der Tatsache, dass es um Unzucht ging, schien mir der Gedanke, dass die Hofgarden dafür zahlen… zumindest ironisch. Wenn nicht sogar heuchlerisch.“ „Und ich konnte noch nicht einmal dein Gehalt anzapfen, weil es sich herausgestellt hat, dass wir dir keins zahlen“, sagte Renji und bediente sich an den Resten Soba, die in einer Schüssel in der Mitte stand. „Das war schon ein Schock für mich – herauszufinden, dass du dein Kommandantengehalt in das Divisionsbudget fließen lässt – aber ich denke, dass erklärt, warum unsere Division nicht jede Münze zweimal umdrehen muss, wie es andere Divisionen tun.“ „Es ist Tradition, wenn ein Kuchiki irgendeine Position in der Sechsten innehat“, sagte Byakuya. „Wir waren immer in den schwarzen Zahlen, als mein Großvater Kommandant und mein Vater Vizekommandant waren. Tatsächlich haben wir auch immer noch einen Überschuss von diesen Tagen. Ginrei war für lange Zeit der Kommandant der Sechsten.“ „Wird Hirako in der Sechsten dienen, wenn sie von der Akademie kommt?“, fragte Shinobu. „Wenn sie es möchte“, sagte Byakuya. Er knabberte langsam an einer eingelegten Lotuswurzel, offensichtlich bewusst, wie viele auf die Weise achteten, wie er aß. „Ich fand es einfacher, woanders ein Offizier von Rang zu sein.“ Er nickte Rukia zu und fügte hinzu: „Viele Kuchikis haben gute Arbeit in der Dreizehnten geleistet.“ „Ich habe gehört, dass sie vielleicht die Zwölfte wählt“, sagte Rukia. „Ach du Schande“, murmelte Renji, während Byakuya „Auf ihr eigenes Risiko“, sagte. „Es ist eine Schande, dass es keine andere Wissenschaftsdivision gibt“, sagte Shinobu. „Ich weiß, dass sie mit ihrer Metallurgie weitermachen möchte.“ „Sie hat die Ressourcen, ihre Interessen in ihrer Freizeit zu verfolgen“, sagte Byakuya. „Auch wenn ich verstehe, dass dies wahrscheinlich eine suboptimale Lösung für jemanden wie Hirako sein wird.“ „Muss sie den Hofgarden beitreten?“, fragte sich Shinobu laut. „Könnte sie nicht irgendwie auf der Akademie bleiben? Als ein Assistenzlehrer oder so etwas?“ Das klang für Renji nach einer sauberen Lösung, doch er fragte sich, ob die Kuchiki-Familie ertragen könnte, dass eine ihrer Damen eine so niedere Arbeit ausführte, wie an einer öffentlichen Einrichtung ‚lehren‘, wo sie sich mit Leuten aller Schichten abgibt. Byakuya schien das Gleiche zu denken und sagte zu Renjis Überraschung: „Ich sehe keinen Grund, warum nicht. Wenn sie das möchte. Hast du mit deiner Anvertrauten korrespondiert? Ist es das, was sie wünscht?“ Shinobu errötete bei dem Wort ‚Anvertrauten‘, nickte aber. „Ich muss zugeben, dass ich aktiv versuche, ihr auszureden, sich der Zwölften anzuschließen. Die Informationen, die ich über Kommandant Kurotsuchi sammeln konnte, lässt mich um ihr Leben fürchten. Bomben! Ich habe gehört, dass er Bomben in unschuldige, ranglose Offiziere platziert!“ Das letzte Mal, als er drüben in der Elften gewesen war, hatte Renji so etwas von Maki-Maki gehört. Renji hatte gedacht, dass Maki-Maki sich irgendwelchen Mist ausdachte, um sich cooler darzustellen, doch es deckte sich mit dem, was Shinobu sagte. Dass Kurotsuchi irgendeinen Typen in die Luft gejagt hat, um Orihime und Ishida zu schnappen. Außerdem schien es wie eine schlechte Idee, eine Kuchiki in die Hände von Kurotsuchi zu geben, wenn man daran dachte, dass er kürzlich Tante Masamas Liebhaber eingelegt hat. Vielleicht waren sie nun in Kurotsuchis Augen quitt, aber es war das Risiko nicht wert, falls sein Verlangen nach Rache tiefer ging. „Kommandanten können ihre Division leiten, wie sie es wünschen“, sagte Byakuya. „Generalkommandant Yamamoto ist da eisern, was die Eigenverantwortung der Kommandanten angeht.“ „Außer, wenn es offensichtlich um Unzucht geht“, murmelte Rukia, ihre Worte klangen so, wie etwas, das Ichigo hätte sagen können. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Generalkommandant uns in Ruhe gelassen hätte, wenn die 9. Division nicht Zeuge geworden wäre“, sagte Byakuya und steckte sich verstohlen weiteres eingelegten Gemüse in den Mund. „Ihre Verwicklung darin hat von ihm verlangt, etwas zu tun. Wenn er wirklich etwas dagegen hätte, hätte er nicht erlaubt, dass Renji unter meinem Befehl bleibt.“ „Aber das Madennest, Nii-sama. Du musst zugeben, dass das übertrieben war“, sagte Rukia. „Ich hatte gehofft, dass mit einem neuen Central 46 die Dinge… anders sein würde.“ Renji fühlte den stechenden Schmerz der Schuld. Doch er sagte: „Die Dinge sind anders, Rukia. Tante Masama und ich waren in der Lage, Byakuyas Situation darzulegen und etwas daran zu ändern. Als wir versucht haben, deine Strafe zu reduzieren, wurde uns die kalte Schulter gezeigt. Glaub mir, Byakuya hat alles versucht.“ Byakuya nickte. „Natürlich wollte mich Central nicht sehen, vermutlich weil sie bereits tot waren, doch das wusste ich zu dieser Zeit noch nicht. Ich habe sogar versucht, Gefallen bei den Adelshäusern einzufordern, aber…“, er wandte sich wieder an Shinobu. „Ich habe meine höfischen Pflichten zu lange vernachlässigt. Ich musste herausfinden, dass ich nur sehr wenige Verbündete hatte. Es scheint, als gäbe es einen Grund hinter all diesem frivolen Treffen. Hätte ich das gewusst, Rukia, ich wäre bei wesentlich mehr Festivitäten zugegen gewesen und hätte mehr Feierlichkeiten ausgerichtet.“ „‘Tut mir leid, dass ich nicht mehr feiere‘ ist vermutlich die seltsamste Entschuldigung, die jemals jemand erhalten hat“, sagte Rukia mit einem Lachen. „Aber da ich weiß, wie sehr du so etwas hasst, Nii-sama, weiß ich auch, wie ernst dir das ist.“ „Durchaus“, stimmte Byakuya zu. Ein Klopfen an der Tür verkündete das Eintreffen der Diener, die einen schweren Topf Soba trugen. Renji ging aus dem Weg, sodass sie das alte Geschirr abräumen und durch Neues ersetzen konnten. Sie füllten das eingelegte Gemüse auf und stellten zusätzlich noch eine Platte mit pochiertem Fisch hin. Sobald alles hergerichtet war und die Diener sich auf ihrem Weg hinaus verbeugt haben, sagten beide „Itadakimasu“ so schnell sie konnten und schaufelten sich das Essen in ihre Schalen. Rukia und Shinobu wechselten Blicke aus, als wären sie immer noch ein bisschen erschrocken über Byakuyas Appetit. Doch sie zuckten mit den Schultern und schlossen sich an. Für eine lange Zeit war das einzige Geräusch, das zu hören war, fröhliches Schlürfen und Schlucken. Irgendwann begannen die Gespräche erneut, aber es war nur belangloses Gerede. Shinobu bewies dabei, dass er exzellent im Small Talk war, er wusste allerhand Gerüchte über die Welt der Seireitei, dass nicht das Leben in den Hofgarden einschloss. Offensichtlich überlegte eine Gruppe von gut betuchten Damen, zu denen Tante Masama gehörte, in die Welt der Lebenden zu reisen um dort ein lokales Fest bekannt als Saidai-ji Eyo Hadaka Matsuri* zu besuchen. Anscheinend zog sie die nackten Männer an. Am dritten Samstag im Februar, in einer Stadt die Renji noch nie gehört hatte, Okayama, kamen um die Tausend Männer zusammen, zogen sich bis zum Fundoshi aus und kämpfen um den Besitz von hundert Glückstalismanen in Form eines Stabs, der von den Priestern des Saidai-ji Tempels in die Menge geworfen wurden. Einen davon zu bekommen und in einen, mit Reis gefüllten, Maßbehälter zu stecken, soll ihnen angeblich für ein Jahr Glück bringen. Nachdem Byakuya davon gehört hatte, seufzte Byakuya. „Andere Frauen in Tante Masamas Alter gründen einen Buchclub oder einen Nähkreis. Ich vermute sie möchte dafür den Kuchiki Senkaimon nutzen.“ Shinobu hob die Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln. „Ich habe gehört, dass Kommandant Ukitake sie seins nutzen lässt.“ Renji konnte nicht anders als grinsen, denn er konnte sich gut vorstellen, wie sich Ukitake und Kyōraku ihnen zum Spaß anschlossen. Byakuya schüttelte fassungslos den Kopf und fügte dann hinzu: „Habe ich erwähnt, dass sie nach dem Familienstand des Generalkommandanten gefragt hat?“ Rukia prustete den Sake, den sie gerade getrunken hatte, aus ihrer Nase heraus. „Ja“, meinte Byakuya. „Das war auch meine Reaktion.“ Renji versuchte sich vorzustellen, wie Yamamoto Sex hätte. Dann versuchte er verzweifelt, diese Bilder aus seinem Kopf zu bekommen, aber er schaffte es einfach nicht mehr. „Ähm, wow, ja. Ich hätte behauptet ‚eingefleischter Junggeselle‘, oder?“ „Ich habe keine Ahnung“, sagte Byakuya. „Ich denke, er könnte auch irgendwo eine Ehefrau verstecken.“ „Oder Frauen, wenn man überlegt, wie alt er ist“, bemerkte Rukia. Alle schienen darüber einen langen Moment nachzudenken, bevor Byakuya leise sagte: „Du musst nicht alt sein, um deine Ehefrau zu überleben.“ Rukia sah plötzlich traurig und peinlich berührt aus. Renji legte ihr eine Hand auf das Knie und drückte es beruhigend. Byakuya brauchte das nicht zu sagen; sie alle hatten Menschen überlebt, die sie geliebt haben. Shinobu rettete das Gespräch erneut, in dem er davon anfing, wie sehr der unerwartete Frost letzte Woche die Preise für Hakusai auf dem Markt in die Höhe getrieben hat. Die Diskussion über Kohlpreise floss ganz natürlich in Erinnerungen von ihre Lieblings-Hot-Pot-Gerichte, die sie über die letzten Jahre gegessen hatten, über. Renji erinnerte sich an eine ‚Stein‘-Suppe, die sie in Inuzuri gemacht hatten; Byakuya teilte mit ihnen eine Erinnerung von seinem Geburtstag mit seinen Eltern, draußen unter einem sternenklaren Himmelszelt. Als dieses Thema im Sand verlief, begann Shinobu von einigen bevorstehenden Kunst- und Theaterveranstaltungen zu reden, von denen er gehört hatte. Welche davon als empfehlenswert erachtet werden und welche wohl wegen schlechter Besetzung oder Ausführung ein Desaster werden würden. Es war irgendwie beeindruckend, mit wie viel Sicherheit Shinobu über solche Dinge sprechen konnte, dachte Renji. Der kleine Erbe musste seinen ganzen Tag damit verbringen, dem müßigen Geplapper im Anwesen zuzuhören. Er würde der Star auf den Partys sein, die Byakuya so hasste. Schlussendlich, nachdem der Nachtisch aufgetischt und wieder abgeräumt worden war, hatten alle – auch Byakuya – genug vom Essen. Renji war sich nicht sicher, ob er davon ausgehen sollte, dass er über Nacht bleiben würde, deswegen stand er mit den anderen auf und ging Richtung Tür. Doch an der Türschwelle hielt Renji an und schaute sich nach Byakuya um. Sein Ausdruck war… nun ja, es war nicht – da war rein gar nichts in seinem Gesicht zu lesen. Etwas in dieser Leere machte Renji Sorge und ließ ihn fragen: „Willst du, dass ich bleibe, Kommandant?“ „Nur, wenn du das möchtest“, sagte Byakuya und klang dabei ein bisschen angespannt. „Natürlich möchte ich das“, Renji lächelte und trat wieder in den Raum. „Ich wollte nur versuchen, es zu respektieren, falls du etwas Raum brauchst.“ „Bin ich aus dem Gefängnis draußen, weil du dem Generalkommandanten erzählt hast, dass ich vergewaltigt wurde?“ Whoa, das kam aus dem Nichts. Renji brauchte eine Minute, um sich zu fassen und schloss dann die Tür zur Bibliothek. Natürlich mussten sie von allen Orten ausgerechnet in der Bibliothek sein. Der Ort so vieler Streitereien. „Beruhig dich“, sagte Renji und drehte sich zu ihm um. „Ich weiß nicht, was du denkst, aber ich habe kein einziges Wort davon zu irgendwem gesagt. Die Wahrheit ist, dass du draußen bist, weil deine Tante vermutete, dass Clan-Assassinen versucht hätten, dich zu töten.“ „Waren sie nicht“, sagte Byakuya. Er drehte seinen Kopf und starrte leer an die Wand voller Bücher und Schriftrollen. „Sie waren Helfer der Wächterin, denke ich. Ich denke, sie hat versucht, Senbonzakura herbeizulocken, nur über den Zweck bin ich mir immer noch nicht sicher. Ich weiß, dass sie gehofft hat, mir einen Mord anzuhängen, um meine Strafe zu verlängern. Soi Fon hat angedeutet, dass die Wächterin versuchte Zanpakutō zu stehlen, weil sie die Verbindung zu ihrem verloren hat.“ „Das ist furchtbar“, sagte Renji, sein vorheriger Ausbruch an Ungeduld war genauso schnell verebbt, wie er gekommen war. Als er daran dachte, sein Zanpakutō zu verlieren, legte sich seine Hand automatisch beschützend über Zabimaru. „Ja“, stimmte Byakuya zu. Renji stand an der Tür und wartete darauf, dass Byakuya noch etwas sagte. Der Raum war still, außer dem Knarzen vom Winterwind, der durch die Äste wehte und dem leisen Knistern der Kohlen in der Feuerstelle. Der Raum roch angenehm nach alten Büchern und Staub. Die Bodenlaternen tauchten alles um ihre Füße herum in warmes Licht. „Du solltest nicht sagen, dass ich vergewaltigt wurde“, sagte Byakuya schlussendlich. „Ich wurde es nicht, nicht wirklich. Es war so einfach, wie es ekelerregend war. Der Mann stürzte sich auf mich, hat sich dabei blindlings auf Senbonzakura aufgespießt. Er ist auf mich gefallen und hat sich während er starb gegen mein Bein ergossen.“ Renjis Eingeweide zogen sich zusammen. Byakuyas leere, direkte Beschreibung machte all das nur noch realer und greifbarer. Er konnte es sich alles zu sehr vorstellen. Renji ging zu Byakuya hinüber, um ihn in eine feste Umarmung zu ziehen. Er kam einige Schritte weit, bis Byakuyas Blick ihn stoppte. Er streckte seine Hände als Zeichen des Friedens aus. „Das… Babe, das zählt. Das ist ein sexueller Übergriff. Ich meine, es sei denn, es ist wichtig für dich, dass es das nicht ist…?“ Byakuya sagte nichts, sein Gesicht blieb unbeweglich. Renji war sich ziemlich sicher, dass Byakuyas Mangel an Ausdruck bedeutete, dass er verletzt war. Also machte er vorsichtig zwei weitere Schritte auf ihn zu und sagte: „Ich möchte dich wirklich gerne umarmen. Darf ich dich umarmen?“ „Ich hasse Umarmungen. Ich finde sie unerträglich plump und… nutzlos.“ „Fair“, sagte Renji. Er versuchte nicht zu enttäuscht zu klingen, während er die Hände fallen ließ. „Ich sollte dich wissen lassen, dass ich nicht mit Samthandschuhen angefasst werden muss.“ „Ich hatte nicht vor, dich mit Samthandschuhen anzupacken“, Renji grinste leicht. „Ich habe da vielleicht an verhätscheln gedacht? Oder verwöhnen?“ „Ich bin schon reichlich verwöhnt“, sagte Byakuya trocken und Renji bemerkte den Hauch von Humor. „Also verhätscheln“, sagte Renji mit einem Grinsen. „Was sagst du zu einem heißen Kakao im Bett?“ „Dafür wäre ich zugänglich.“ Renji kratzte sich den Kopf. „Also… ähm, das ist ein ‚ja‘?“ Byakuya konnte das Lächeln nicht ganz unterdrücken. „Ja, du riesiger Pavian, das ist ein ja.“ Sobald sie oben waren, war Renji unsicher, was er tun sollte. Sollte er sich so wie immer nackt unter die Decke kuscheln oder sollte er seine Robe mit den Kirschblüten anziehen – sodass Byakuya mit dem ganzen… Zeug nicht konfrontiert wurde? Der Kimono hing im Umkleidezimmer, in dem gerade Byakuya war. Renji vermutete, dass er einfach seinen Kopf durch die Tür stecken und danach fragen konnte, aber nach ihrem Gespräch vor Kurzem, hatte er das Gefühl, dass das Letzte, was Byakuya wollte war, wegen der ganzen Übergriffsgeschichte, wie ein rohes Ei behandelt zu werden. Also nackt. Renji schlüpfte aus seiner Uniform und kroch ins Bett. Als er es sich auf ‚seiner Seite‘ gemütlich gemacht hatte, glitten die seidenen Laken über seine Haut. Gott, er hatte nicht bemerkt, wie sehr er ihre glatte Kühle vermisst hatte. Das Bett roch genau richtig. Während Byakuyas Abwesenheit hatte Renji bis zur Erschöpfung trainiert, so dass er nachts auf sein Feldbett kollabieren konnte, ohne an viel mehr als Schlaf zu denken. Daraus resultierte, dass sein Quartier viel zu sehr nach Renji stank. Er konnte seinen eigenen Geruch auch hier entdecken, aber er war schwächer und vermischt mit dem Geruch von Byakuya – Jasmin, Moschus und Mann. Renji musste vorsichtig sein oder schon das Schnüffeln an den Kissen würden ihn zu sehr anmachen. Byakuya kam in einem dunkelvioletten Schlafyukata herein und trug ein Bett-Tablett mit zwei dampfenden Schalen heißer Schokolade. Renjis nackten Oberkörper zu sehen, schien ihn für einen Moment zu erschrecken, doch er erholte sich schnell. Er reichte Renji das Tablett, sodass auch er unter die Decke kriechen konnte und sagte: „Deine Haare sind noch zusammengebunden.“ „Ja, nun ja, ähm… Soll ich sie offen tragen?“ Byakuya blickte Renji in die Augen. Es schien offensichtlich, dass sie über Sex sprachen und ob das passieren würde oder nicht. Byakuya hielt seinen Blick für eine Herzschläge, bevor er fragte: „Erlaubst du mir?“ Renji stellte das Tablett aus dem Weg. Er drehte sich zu Byakuya und beugte seinen Kopf ein bisschen, sodass Byakuya das Haarband erreichte und sagte: „Sicher.“ Byakuya drehte seinen Oberkörper etwas und lehnte sich vor, um mit seinen Händen an dem verzwirbelten Stück Stoff zu ziehen, der Renjis Haare zurückhielt. Renjis Nase berührte fast die weiche Haut von Byakuyas Hals. Sein Kinn strich über das Schlüsselbein und die verfransten Enden von Byakuyas geschnittenem Haar kitzelten an seinen Lippen. Der Geruch von Byakuyas Nähe umfing ihn. Byakuya schien damit zu kämpfen, das Haarband zu lösen, was die Muskeln seiner Brust bewegen ließ, wo sie durch die Lagen des Yukatas sichtbar waren. Gott, diese unvergleichliche, makellose Haut – so fest und blass, wie Stein. Renji musste bei dem Anblick die Augen schließen. Seine Hände vergruben sich in die seidenen Laken. Er biss sich auf die Lippe und kämpfte eine unangenehme Erektion nieder. Eine Erektion, wie er sich schon seit seiner Teenagerzeit nicht mehr gehabt hatte: Entstanden durch nicht mehr als Nähe und eine leichte Berührung. Plötzlich fielen Renjis Haare nach unten, umrahmten und verdeckten sein errötetes Gesicht. „Da“, Byakuyas Stimme klang tief in seinen Ohren. Heißer Atem schickte Schauer entlang Renjis Haut. Kalte Hände schoben die Haare aus Renjis Gesicht, doch Renji wagte es nicht, sein Kopf zu heben oder auch nur seine Augen zu öffnen. „Renji“, Fingerspitzen zwangen sein Kinn nach oben. „Tut mir leid“, brachte Renji in heiserer Stimme hervor. „Ich… wollte den Unbeteiligten spielen, aber ich glaube, ich hab dich viel mehr vermisst, als ich bemerkt habe.“ Byakuya musste seinen Zustand erkannt haben, denn er murmelte ein einfaches „Oh.“ Renji hielt seine Augen geschlossen, wollte in dem Moment nicht die Enttäuschung oder den Schreck oder die Abweisung oder was auch immer Byakuya ins Gesicht geschrieben stand, sehen. Renji verfluchte sich. Er wusste, dass es zu früh für Byakuya war. Er hätte gehen und in seinem eigenen Quartier schlafen sollen, alleine, oder eine kalte Dusche nehmen oder so etwas. Sein verdammt übereifriger Schwanz würde alles ruinieren, würde es ihnen unmöglich machen, wieder einen Normalzustand zu erreichen. „Scheiße, es tut mir leid, ich –“ Doch Renji kam nicht dazu, seine Entschuldigung zu beenden. Byakuyas Mund legte sich auf seinen, zwang ihn mit seiner Zunge zum Schweigen. Renji öffnete überrascht die Augen, die nur noch größer wurden, als Byakuyas Hand seinen Weg in seinen Schoß fand und seine, mit Seidenlaken bedeckte, Erektion fand. Byakuyas Hand dort zu haben, war so ein Schock für Renji, dass er sich schnell dem Kuss entzog. Er griff Byakuyas Arm, um ihn zu stoppen. „Was tust du?“ Byakuyas Gesichtsausdruck ließ Renji auf die Finger schauen, die sich um seinen Penis gelegt hatten. Der Anblick ließ ihn vor Lust erschaudern und er stöhnte leise, als er sagte: „Ich meine, ich mag das… aber zum Teufel? So machen wir das normalerweise nicht. Du berührst mich nie so.“ „Beschwerst du dich?“ „Ähm, nicht wirklich“, sagte Renji und riskierte noch ein Blick in seinen Schoß. Byakuyas Hand hatte unter Renjis Griff innegehalten, doch als Renji hinschaute, schlossen sich die Finger wieder um Renjis Erektion, der Daumen streichelte die Eichel. Die Mühe, die es ihn kostete, nicht in Byakuyas Hand zu stoßen, ließ seine Bauchmuskeln zusammenziehen. Er war sich ziemlich sicher, dass seine Finger sich tief in Byakuyas Unterarm bohrten, wenn er sah, wie fest sich seine andere Faust in die Laken gegraben hatte. Mit zitternden Muskeln schaffte er es, Byakuyas Arm loszulassen. „Ja --- nein, keine Beschwerden oder so… aber Kommandant… Ich… du… was zum Teufel?“ „Vielleicht möchte ich die Dynamik unserer Beziehung ändern?“ „Ok, yay“, antwortete Renji etwas kraftlos, denn die Dinge, die Byakuya nun aus freien Stücken mit seiner Hand machte, verursachte einen Kurzschluss in seinem Hirn, sodass er keine zusammenhängenden Wörter mehr zustande brachte. „Aber… ich bin so nah… schon… Ich komme jede Sekunde und ich möchte, dass du weißt, dass ich absolut gewillt war, so zugeknöpft zu sein, wie du es benötigst.“ Der letzte Teil kann in einem hastigen Atemzug heraus, der mehr ein Keuchen als alles andere war. „Ist vermerkt.“ Renji ließ seinen Kopf in den Nacken fallen, nicht in der Lage zu widerstehen, in Byakuyas Handbewegungen zu stoßen. Er fühlte sich so dumm, so stark zu reagieren, doch ernsthaft was zum Teufel? Byakuya fasste niemals nie Renjis Penis an – Scheiße, er ließ ja schon Renji kaum sich selbst anfassen. Diese Aufmerksamkeit war fast unerträglich. Jede Kontur von Byakuyas Handfläche und Fingern schienen durch die Seide verstärkt zu werden, die Hitze und all die Neuheit von all dem. Er wusste, dass trotz seiner Anstrengungen, er seine Hüften bewegte wie eine Art spitzer… Welpe. Er musste auch einen Haufen Laute machen, denn Byakuyas andere Hand legte sich über Renjis Mund, drückte seinen Kopf zurück gegen die Wand. Bykauya beugte sich vor, um Renjis Hals zu küssen und zu lecken. Seine Haare strichen dabei über Renjis Schlüsselbein und Brust, fügten damit kitzelnde, federleichte Berührungen zu Renjis bereits überlasteten System. Sein ganzer Körper schüttelte sich unter einem plötzlichen, explosiven Orgasmus. Seine Fäuste zerrissen die Laken. Er hat vielleicht auch ein unterdrücktes, schreiendes Stöhnen herausgelassen. Als es vorbei war, fühlte sich Renjis ganzer Körper erhitzt und überzogen von Schweiß an. „Oh mein Gott“, brachte Renji zwischen Byakuyas Fingern auf seinem Mund heraus. „Oh meine verdammten Götter. Scheiße.“ Byakuyas Finger lösten sich von seinem Mund, doch sein Kopf war weiterhin an Renjis gestrecktem Hals, küsste seine Haut. Zögernd legte Renji ein Arm um Byakuyas Rücken und zog ihn sanft näher. Den Wink verstehend kuschelte sich Byakuya gegen Renjis Brust, setzte sich dabei in Renjis Schoß. Abwesend streichelte Renji Byakuyas Rücken und Taille, während er nach Atem rang. Auch wenn sich sein gesamter Körper, wie eine nasse Nudel anfühlte, wisperte Renji: „Was ist mit dir?“ Byakuyas Stimme war sanft und leise, doch er sagte fest: „Ich habe meine Meinung zu der Umarmung geändert. Du kannst mich für eine Weile halten.“ Renji schlang beide Arme um Byakuya und hielt ihn fest. Er schloss die Augen, ließ seinen Kopf nach vorne sinken und atmete den Geruch ihrer Zweisamkeit ein. „Ich halte dich, so lange du willst.“ „Also gut. Für immer.“ Kapitel 40: The Price of Mistakes --------------------------------- Renji war eingeschlafen, während er Byakuya gehalten hatte. Er hatte nicht erwartet, dass Byakuya es lange aushalten würde, daher war er nicht überrascht zu spüren, wie Byakuya sich nach kurzer Zeit aus seinen Armen wand. Da sich Byakuya aber scheinbar große Mühe gab, dies leise zu tun, tat Renji weiter so, als würde er schlafen. Er drehte sich um und vermutete, dass Byakuya es sich in einer Minute bequem gemacht hätte. Doch das tat er nicht. Renji lag da mit geschlossenen Augen und spürte, wie sich die Matratze unter Byakuya bewegte… Wohin ging er? Er öffnete die Augen ein Stück und sah Byakuya auf allen vieren, wie er sich über den Rand ihres Bettes lehnte, um… den ganzen Kakao auszutrinken. Er musste mittlerweile eiskalt sein, doch Byakuya trank nicht nur seinen Becher, sondern auch noch Renjis. Dann stopfte er sich das köstlich aussehende Teegebäck in den Mund und aß alle sechs auf einmal. Renji lag da und versuchte sich zu entscheiden, ob er etwas sagen sollte oder so tun sollte, ob er nie etwas davon gesehen hatte. Als er aber hörte, wie Byakuya das Tablett nach mehr absuchte, konnte er es nicht mehr ertragen. Er war selbst viel zu oft in einer solchen Situation gewesen. Leise, um Byakuya nicht zu erschrecken, sagte er: „Wenn du noch ein weiteres Abendessen bringen lassen willst, bin ich dabei.“ Bei dem Klang von Renjis Stimme erstarrte Byakuya. Er verharrte für einen Moment schuldbewusst, setzte sich dann aber deprimiert hin. „Hört es wieder auf, Renji? Werde ich mich jemals wieder satt fühlen?“ Renji grübelte darüber ernsthaft nach. Die Wahrheit war, dass er keine Ahnung hatte. Hatte es bei ihm jemals aufgehört? Sicher, da waren Tage an denen sich Renji nicht bewusst war, hungrig zu sein. Doch gleichzeitig, selbst jetzt noch, wenn ihm Essen angeboten wurde, würde er es immer essen, als würde er vielleicht niemals mehr etwas bekommen. Er hatte aufgehört zu horten… größtenteils. Er fand immer mal wieder ein zusätzliches Stück Brot aus der Kantine oder eine Süßigkeit von einer Feier in der Tasche seines Hakama, auch wenn er sich nicht erinnern konnte, es genommen zu haben. Aber das waren Angewohnheiten aus vielen, vielen Jahren, die Renji da versuchte abzulegen. Byakuya war nicht hungernd aufgewachsen. Byakuya war eine Art neue Seele, die innerhalb der Mauern der Seireitei geboren worden war und Renji konnte sich erinnern, wie langsam Bykauya wieder Essen zu sich genommen hatte, nachdem er von Gin niedergestochen worden war – das genaue Gegenteil davon, wie Renji sich von Verletzungen erholte. Doch vielleicht war das auch noch eine Nachwirkung von dem Gift gewesen und kein Zeichen davon, dass sie zwei völlig unterschiedliche Arten von Seelen waren. „Ich weiß es nicht“, gab Renji zu. „Aber ich vermute, dass es das wird. Irgendwann. Sobald alles geheilt ist. Wenn du besorgt bist, kann ich mit der Vierten reden, damit Kommandantin Unohana mal nach dir sieht.“ „Nein, ich denke nicht, dass das notwendig ist. Nicht jetzt zumindest.“ Byakuya saß auf der Bettkante und sah auf das zerwühlte Kakaotablett herunter, doch ansonsten klang er wieder gefasst und kühl. „Es ist gut, dass ich nicht in der Öffentlichkeit erwartet werde. Ich würde mich selbst blamieren.“ Renji verstand nicht, was peinlich daran war zu essen, wenn man hungrig war. Daher sagte er nichts dazu. „Schick für uns nach etwas Herzhaftem, ja? Ich würde für eine große, matschige Schüssel mit Katsudon töten.“ „Oh mein Gott, ja“, sagte Byakuya und stolperte in seiner Eile halb zur Klingel, um einen Diener zu rufen. Aio musste in der Nähe gewesen sein, denn Renji hatte gerade so Zeit, sich zu bedecken, bevor das Kakaotablett und die Essensbestellung aufgegeben waren. Als die Tür sich zuschob kroch Byakuya wieder an seinen Platz unter die Decke. Als er begann, den Stoff um sich zu arrangieren, stieß er auf den feuchten Fleck, den Renji hinterlassen hatte. Byakuya erstarrte erneut. Dieses Mal schien er plötzlich mit Atmen aufgehört zu haben. Renji sprang auf. „Oh Scheiße, das tut mir leid! Hier, lass mich das sauber machen“, sein Mund bewegte sich genauso schnell, wie seine Hände. Byakuya hatte sich kein bisschen gerührt, selbst als Renji ihm die Decke unter der Hand wegriss. Renji sprach einfach weiter, während er schnell alles besudelte entfernte. „Ich kann nicht glauben, dass wir eingeschlafen sind, ohne uns um die Laken zu kümmern. Himmel, das ist wirklich eklig. Tut mir leid.“ Während Renji das Bett abzog, suchte er mit den Augen Byakuya nach Lebenszeichen ab. Währenddessen lief Renjis Körper auf Hochtouren. Sein Herz klopfte bis zum Hals und seine Gedanken rasten um die Geschichte von Byakuya und dem Typen, der ihn angegriffen hatte, herum. Wie war die Phrase, die er benutzt hatte? ‚Sich ergossen‘, während er starb. Scheiße, würde jetzt alles was mit Wichse zu tun hatte, eine Art Trigger für ihn sein? Renji brachte die dreckigen Laken zum Ankleidezimmer, lief so mehr oder weniger weg. Er kramte durch die Regale, bis er saubere Bettwäsche fand. Alles, was er in dieser ganzen Zeit denken konnte war: Scheiße, scheiße, scheiße. Scheiße. Als er bemerkte, dass seine Hände zitterten, hielt Renji inne. Warum war er derjenige, der ausflippte? Immerhin konnte er nicht mit Sicherheit sagen, was da gerade in Byakuyas Kopf vorging. Vielleicht war er gerade tief in irgendeiner post-traumatischen Sache oder vielleicht hatte er auch gerade nur einen pingeligen Reinlichkeitsfimmel. Könnte sein, richtig? Doch, um fair gegenüber Byakuya zu sein, hatte er niemals auf Reinlichkeit bestanden. Normalerweise begann Renji von selbst, die Laken aufzufrischen. Renji hatte immer angenommen, dass Byakuya die Sachen sauber und ordentlich haben wollte, aber Byakuya hatte sich in der ganzen Zeit weder in die eine noch in die andere Richtung geäußert, seit sie zusammen waren. Er hatte noch nicht einmal das Gesicht verzogen. Nur wenn er ihn aufziehen wollte, wenn Renji verschwitzt und überzogen mit dem Dreck vom Trainingsplatz war. Als er alle Laken zusammen hatte, machte sich Renji langsam auf den Rückweg zum Hauptschlafzimmer, das Teil von Byakuyas Räumlichkeiten war. Er steckte vorsichtig seinen Kopf durch die Tür. Byakuya hatte sich immer noch nicht bewegt. Er starrte weiterhin auf die Stelle, wo der Fleck gewesen war, als wäre er immer noch da. Doch Renji hatte mehrfach geschaut, um das auszuschließen. „Bist du… ok?“, musste Renji schlussendlich fragen. Byakuya blinzelte und atmete tief ein. „Ich… nein, nicht wirklich.“ Richtig. Ok. Nun ja, es war ehrlich. Renji stand nackt im Türrahmen, die Laken fest umschlossen und versuchte herauszufinden, was er mit dieser Information tun sollte. Sollte er anbieten, nach Hause zu gehen? Sollte er anbieten ihn zu trösten? „Ich… habe frische Laken. Ähm… möchtest du sie? Oder… Soll ich sie hier liegen lassen?“ Natürlich war seine Kleidung auf einem Haufen vor dem Bett, doch Renji konnte seinen zerschlissenen Yukata mit den Blüten vom Ankleidezimmer holen. Welchen er vielleicht so oder so holen sollte? „Ich bin vielleicht in bisschen unbeständig im Moment, Renji. Aber ich bin nicht aus Glas.“ Renji nickte und sagte nicht: Ich mache mir tatsächlich nicht die Sorgen, dass du es bist, der kaputt gemacht wird. Doch bevor er irgendetwas sagen konnte, verkündete Aio die Ankunft ihres Essens. Die Situation ergreifend lief Renji zurück ins Ankleidezimmer, um seine Robe zu holen. Er war schon hinein geschlüpft und band sie gerade zu, als Aio an ihm vorbeiging. Sie hielt kurz an der Tür inne, als sie die frischen Laken sah, die Renji auf den Boden hatte fallen lassen. Doch sie kommentierte es nicht, als er an ihrer Seite auftauchte und sie wieder aufhob. Aio ging zum Bett, um das Tablett dort abzustellen, doch Byakuya winkte ab. „Das Wohnzimmer wäre gut. Sind die Kohlen noch warm?“ Sie sah ein bisschen überrascht aus, aber verbeugte sich dann schnell. „Sie werden es sein, mein Herr.“ „Dann lass uns das Bett machen, Renji, und Aio ein bisschen Zeit geben, alles vorzubereiten.“ Renji beobachtete mit einer seltsamen Art der Beklemmung, wie Aio sich abwandte. Warum war er so aufgewühlt? Er schalt sein wild pochendes Herz und seine schwitzigen Handflächen – immerhin war alles, was Byakuya gesagt hatte, dass er ‚nicht ok‘ sei und ein bisschen… was? ‚Unbeständig‘. Er hatte nicht gesagt, dass Renji in irgendeiner Art von Ärger steckte. Scheiße, reiß dich zusammen, Mann. Als Byakuya aus dem Bett stieg, schüttelte Renji die Laken aus. Außerdem war es Byakuya, der traumatisiert war. Er war derjenige, der potentiell die Flashbacks oder PTS hatte. Renji strich die Laken glatt. Bykauya nahm ein Ende und zusammen legten sie es über das Bett. Renji versuchte immer noch sich irgendetwas unterstützendes zu überlegen, was er sagen konnte. Aber alles, was herauskam war: „Tut mir leid.“ Byakuya blickte auf. „Weswegen?“ Alles? In unserer ersten Nacht zusammen scharf geworden zu sein? Auf deinen Laken gekommen zu sein? Groß zu sein? Ein Kerl zu sein? Dass das dir passiert ist? Dass sich diese ganze Situation wie ein Feld emotionaler Landminen anfühlt und ich vollkommen entsetzt bin? „Uh, ich weiß nicht. Es tut mir nur… leid.“ Mit einem Nicken schlug Byakuya weiter die Laken um. Renji vermutete, dass das eine ungelenke Art war, das Thema zu beenden. Also machte er mit seiner Arbeit weiter. Er sprang beinahe erschrocken auf, als Byakuya ein paar Sekunden später sagte: „Der Mann, der mich angegriffen hat, war rothaarig. Nicht so wie du; niemand hat Haare wie du.“ Scheiße, natürlich. Vermutlich war er auch 1,88 m groß. Renjis Magen drehte sich um, als er daran dachte, wie er sich dämon-besessen Byakuya aufgezwungen hatte – so in der Art? Vielleicht auch ganz? Renji war sich immer noch nicht sicher, was in dieser Nacht passiert war oder wie es dazu gekommen war, dass er blutig und wund aufgewacht war. Es war auch kaum wichtig, wenn man bedachte, wie er und Zabimaru für diese Nacht bezahlt hatten und bezahlt hatten und bezahlt hatten. Scheiße, manchmal glaubte er, dass er niemals würde aufhören können, für diese eine beschissene Nacht zu bezahlen. Und nun war dieser Typ dagewesen und war verdammt noch mal mit einer ähnlichen Haarfarbe geboren – nein, wiedergeboren, denn er war sich verdammt sicher, dass dieser beschissene Vergewaltiger vom Rukongai gewesen war. Bykauya atmete tief durch, seine Hände strichen die bereits perfekt glatten Laken zusätzlich noch einmal glatt. Er blickte auf und hielt Renijs Blick. „Ich möchte nicht, dass das zwischen uns steht, Renji.“ Byakuyas Stimme war purer Stahl. „Ich möchte nicht. Ich werde das nicht zulassen. Aber…“, etwas kam ins Wanken und plötzlich schien Byakuyas Stärke zu bröckeln und er hauchte: „Wie mache ich es, dass es weg geht?“ Es war eine Frage, wie von einem kleinen Jungen. Genau wie diese mit dem ständigen Hunger. Und es brach Renjis Herz, denn die Antwort war dieselbe. „Ich weiß es nicht.“ Doch dann fügte er mit einem kleinen Grinsen hinzu: „Wenn du jemand anderes wärst, würde ich sagen: Viele Umarmungen und Kuscheleinheiten.“ Byakuyas Gesichtsausdruck wurde weicher. „Wenn das die einzige Medizin ist, dann werde ich es durchleiden müssen.“ Damit entspannte sich die Knoten in Renjis Magen. Er grinste. „Denkst du, Aio ist fertig? Ich verhungere.“ Renji hätte ein Wettrennen gegen Byakuya angezettelt, wenn er nicht noch versuchte, den seltsamen Anfall von Angst abzuschütteln. Stattdessen zog er sich in den Ankleideraum zurück und holte noch ein paar mehr Laken hervor, auf die sie sich setzen und in die sie sich hineinkuscheln konnten. Aio hatte das Tablett auf einen niedrigen Tisch an der Feuerstelle abgestellt. Die glühenden Kohlen tauchten alles in einen warmen Farbton. Über ihnen war das Oberlicht leicht geöffnet, um den Rauch hinauszulassen. Renji konnte Schneeflocken im Nachthimmel aufblitzen sehen. Byakuya verschlang bereits seine Schale mit Reis und gewürztem Schweinefleisch. Renji näherte sich ihm von hinten und legte behutsam eine Decke um Byakuyas Schultern. Er beugte sich noch weiter hinunter und küsste Byakuyas Scheitel leicht. Seine Haare rochen noch immer ein kleines bisschen fremd, mehr wie industrielle Seifenlauge als nach Jasmin. Doch der Rest von Byakuyas Geruch war da und so rieb Renji seine Nase ein bisschen dagegen, bevor er sich auf seine Seite an dem schmalen Tisch setzte. Er murmelte einen kurzen Segen und nahm dann seine Essstäbchen auf und haute rein. Dabei dachte er daran, dass er nie gewusst hatte, welche Wörter er dabei wählen sollte, bis er Rukia getroffen hatte. Niemand hatte ihm das vorher beigebracht und wenn Essen gefunden wurde, dann wurde sofort darum gekämpft – oder schnell im Geheimen gegessen. Byakuya wurde langsamer, nun da ihm Renji gegenüber saß. Renji runzelte über die veränderte Geschwindigkeit die Stirn. „Ich weiß nicht, woher du das hast, Kommandant – diese seltsame Sache von wegen schüchtern sein, weil man schnell isst. Hast du noch nie gesehen, wie Lady Yoruichi ihr Essen wegsteckt?“ „Sie ist eine Dämonenkatze“, sagte Byakuya, doch es war ein Hauch Humor in seiner Stimme. „Wohl kaum ein angemessenes Vorbild für angemessenes Verhalten des Adels.“ „Heh, guter Punkt“, sagte Renji und nahm seine Schüssel auf, um wieder reinzuschauen. „Vermutlich mag ich sie deswegen.“ Byakuya blickte kurz von seiner Schale auf. „Yoruichi hatte früher auch ein Zanpakutō getragen – zumindest hat sie etwas in der Art einmal getragen. Wusstest du das?“ „Uh, nein“, gab Renji zu. „Aber wenn ich ehrlich bin? Ich habe sie nie kämpfen gesehen.“ „Mm, das ist eine Schande“, gestand Byakuya. „Sie ist legendär.“ Er schien für einen Moment an etwas zurück zudenken und fügte dann hinzu: „… eine fürchterliche Ausbilderin, aber vermutlich ein Nationalheiligtum.“ „Lady Yoruichi war deine Lehrerin?“ Grundgütiger! Kein Wunder, dass Renji niemals die Leute um sich herum übertreffen konnte, sie alle hatten diese mystischen, unglaublichen Ausbilder. Ikkaku war ein hervorragender Sempai, aber es war nicht so, als hätte er einen geheimen, unterirdischen Trainingsplatz oder eine Armee aus Ninja-Spionen in der Hinterhand! „Angeblich“, sagte Byakuya mit einem Schulterzucken. „Unsere eins-gegen-eins-Kämpfe bestanden hauptsächlich darin, dass sie mich wütend genug gemacht hat, sie zu verfolgen. Ansonsten hat sie mich ihren Ninja überlassen.“ Trotzdem nicht wirklich schäbig. Renji würde für ein bisschen Ninja-Training töten! Kein Wunder, dass Byakuyas große Attacken zuvor für ihn nur verschwommen war. Scheiße, es war ein Wunder, dass Renji ihn selbst nach Bankai sehen konnte, wenn man bedachte, dass Byakuya in seinen Bewegungen von der Meisterin des Blitzschritts höchstpersönlich unterrichtet worden war! „Wo glaubst du, ist es –– ihr Zanpakutō?“, fragte Byakuya. „Glaubst du, sie hat es sich aus irgendeinem Grund ‚einverleibt‘?“ Renji kam nicht mit. Sein Hirn kreiste immer noch darum, wie furchtbar ungerecht es war, dass er kein cooles Training in einem Zen-Wald mit einem mystischen Meister erhalten hat. Ikkaku war cool und alles, aber verdammt… „Huh? Hast du gerade gesagt, dass sie sich ihr Zanpakutō ‚einverleibt‘ hat?“ „Das war es, was Ten gesagt hatte“, sagte Byakuya. „Er ist auch ein Yokai. Ich frage mich, ob sie eine besondere Fähigkeit haben.“ Renji blinzelte. Hatte er ein komplett anderes Gespräch verpasst? „Wer ist Ten?“ „Mein früherer Zellengenosse“, sagte Byakuya und machte sich wieder über seinen Reis her. „Er war ein Yokai, der laut der verrücktgewordenen Wärterin ‚seinen eigenen Schwanz verschluckt hat‘. Ihm waren ebenso viele Mahlzeiten erlaubt wie mir und es kam mir so vor, dass das der Fall war, weil er wie ich nicht von seinem Zanpakutō getrennt worden ist.“ Der Wind heulte durch das Oberlicht. Renji erschauderte trotz der Wärme der Kohlen in der Feuerstelle neben ihm. „Ten hat offensichtlich sein Zanpakutō absorbiert, um zu verhindern, dass man es ihm nimmt. Aber angenommen, sie hat das Gleiche getan, warum würde Yoruichi das tun? Oder musste sie es tun, um die Fähigkeit zu nutzen, sich in einen Yokai zu verwandeln? Vielleicht ist ihre Katzenform das Ergebnis des Shikais ihres absorbierten Zanpakutōs?“ Renji schob sich die Haare aus der Stirn und dachte über diese Fragen nach, aber er hatte keine Ahnung, wo er überhaupt mit dem Denken anfangen sollte. „Du könntest sie fragen.“ „Sie ist immer noch eine Gesetzlose, Renji.“ „Ja, was überhaupt keinen Sinn macht“, bemerkte Renji. „Ist ja nicht so, als wäre sie und Urahara Verräter. Nicht wirklich, wenn man bedenkt, dass sie mit Aizen und all dem geholfen haben. Sollten sie jetzt nicht begnadigt werden?“ Byakuya hob seine schmalen Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wie viel an ihren Verbrechen, für die sie beschuldigt wurden, wahr ist. Tessai hat verbotenes Kidō verwendet, seine Schuld steht fest und ich befürchte, dass man Urahara durchaus Experimente an lebenden Seelen zutrauen kann.“ Renji musste dem leider zustimmen. Doch die Sache mit Tessai störte ihn, denn er hatte das Gerücht gehört, dass der Generalkommandant während des Kampfes um das falsche Karakura auch verbotenes Kidō genutzt hat und niemand machte deswegen ein Fass aus. Renji öffnete seinen Mund, schloss ihn dann aber. Worauf wollte er hinaus? Es war offensichtlich, dass die Regeln nicht für alle galten. Man musste nur sie und ihre Strafe wegen Unzucht anschauen… es war ja nicht so, als wüsste nicht jeder, dass genau das Gleiche in der Dritten und vermutlich einem Dutzend anderer Stellen passierte. Aber der Rest hat die Bombe nicht öffentlich platzen lassen und es war auch nicht so, als wünschte Renji Kira und Kommandant Ōtoribashi irgendein Leid. Die einzige Ironie des Ganzen war, dass es vermutlich zwischen Hisagi und Kommandant Muguruma auch ziemlich zur Sache ging. Ah nun ja, manche Leute hatten wohl Glück, oder? Schicksal. Das kam davon, dass ein Dämon des Unglücks ein Teil seiner Seele, seines Zanpakutōs, war. Renji sah zu, wie Byakuya seinen Sake austrank. Das Licht der Feuerstelle flackerte um die scharfen Konturen seines adligen Gesichts. Die Enden seiner Haare waren vom Gefängnishaarschnitt ungleichmäßig, aber es minderte nicht im Geringsten die Weise, wie die tintengleiche Schwärze seiner seidigen Strähnen das Licht zu schlucken schien. Byakuyas Augen waren nach unten gerichtet, in Gedanken verloren, und seine dunklen, dicken Wimpern waren in ihrer Schönheit schon fast feminin. Als Byakuya Renjis Aufmerksamkeit auf sich spürte und aufblickte, war Renji von der Härte dieser stahlgrauen Augen gefesselt – so scharf, so… gnadenlos und kalt. Makellos, Renji atmete tief. Ich könnte dich niemals nicht verfolgen, dachte er. Byakuyas Ausdruck wurde wissend und seine Lippen kräuselten sich in ein leichtes Lächeln. „Du siehst aus, als hättest du noch immer Hunger, Renji.“ „Auf dich? Ja, immer. Aber…“, Renji wusste nicht wie er sagen sollte, dass sie es wohl besser nicht tun sollten. Die ganze Sache mit den Laken und herauszufinden, dass der Angreifer rothaarig war und… Doch dann hob Byakuya den kleinen, niedrigen Tisch zur Seite und deutete ihm mit dem Finger, näher zu kommen. Mit einem breiten Grinsen krabbelte Renji auf allen Vieren auf ihn zu. Er hatte irgendwie vielleicht ein oder zwei Küsse erwartet, doch Byakuyas Hand war direkt in seinem Nacken und er dirigierte ihn nach unten. Nun ja, sie hatten darüber geredet ‚hungrig‘ zu sein und immerhin war es ziemlich klar, was genau Byakuya wollte. Immerhin saß er Seiza und die Konturen unter dem Stoff waren sehr gut erkennbar. Renji wollte irgendwie den Yukata zur Seite schieben, um besseren Zugang zu haben, doch Byakuya presste ihn so schnell und in einer Weise nach unten, die es schwer machte, mehr zu tun, als sein Gesicht in Byakuyas Schoß dirigieren zu lassen. Selbst als er eine Art Spiel daraus machte, die Umrisse von Byakuyas Erregung mit seinem Mund unter dem Stoff zu finden, dachte Renji ‚Das wird Flecken geben‘. Außerdem hatte er ungefähr genauso viele Haare wie Stoff im Mund. Doch Byakuyas Hand blieb dort, ruhte auf Renjis Nacken und Hinterkopf. Nicht so aggressiv wie kurz zuvor, aber noch ziemlich fest. Renji schloss die Augen und saugte und leckte weiter an der steifen, harten Form unter dem Stoff. Byakuya war eh seltsam, wie viel Haut er zu zeigen gewillt war, also was war damit, dass Renjis Haare in seinem Mund waren und in seinem Rachen seltsam kitzelten? War das nicht vielleicht das, was Byakuya gerade brauchte? Die Kontrolle zu haben, seine Dominanz oder was auch immer zu bestätigen? Außerdem genoss Byakuya seine Aufmerksamkeit sichtlich… Er machte natürlich keine Geräusche, aber Renji konnte spüren, wie sein Atem flacher und schneller wurde. Sein Penis wurde auch heißer und Renji konnte Lusttropfen schmecken, die sich mit der Feuchtigkeit vermischten, die sein Mund auf dem Stoff hinterließen. Offensichtlich funktionierte auch der Anblick von Renji in dieser Position für Byakuya. Denn Byakuyas freie Hand kroch nach oben, um an Renjis Yukata zu ziehen, den Stoff nach unten zu schieben, bis sein Hintern der kalten Nachtluft ausgesetzt war. Renjis Magen zog sich bei der nostalgischen Art von Demütigung zusammen, was seltsam war, denn es war ja nicht so, als wüsste er nicht, dass Byakuya ihn liebte. Doch irgendwas daran fühlte sich so sehr nach den alten Tagen an, als Byakuya stille Forderungen machte und Renjis Hintern in der Luft und sein Stolz in der Gosse war. Verdammt, wenn nicht sein eigener Penis nicht hart wäre und wedeln würde wie ein verschissener Schwanz. Trotz des nagenden Gefühls benutzt zu werden, wurde Renjis Körper heiß, seine Brustwarzen unter seinem Yukata steif und sein Glied wurde fast schmerzhaft steif. Der Stoff zwischen ihnen begann Renji zu frustrieren. Er wollte entweder einen richtigen Mund voll von Byakuya, eine richtige Kostprobe oder dass er sein Loch füllte und er so einen ordentlichen, harten Fick aus dem Ganzen herausbekam. Aber mit Byakuyas Griff an seinem Nacken konnte er kaum seinen Kopf heben, um zu sprechen, also drückte er seine Wünsche mit noch mehr Stöhnen, Hüftbewegungen und Knabbern an Byakuyas stoffbedecktem Glied aus. Byakuya keuchte. „Du bist wirklich wie ein Tier.“ Tier. Die Worte schickten einen weiteren Stich der Scham tief durch Renjis Eingeweide, doch dieses Mal zogen sich seine Hoden zusammen und er kam. Renji fühlte sich ein bisschen krank, als sein Körper ihn auf dieser fundamentalen Ebene betrog und sich in warmen Strängen seiner offensichtlichen Lust über diese Beleidigung, die ihn schon sein ganzes Leben lang verfolgte, ergoss. Schlimmer noch, Byakuya bemerkte seine Reaktion und hatte die Gleiche. Plötzlich erbebte der Stoff in seinem Mund mit Hitze. Das Stöhnen, ließ Renji seine Augen öffnen in der Hoffnung ein Blick auf Byakuyas Gesicht im Moment der Ekstase werfen zu können, doch wenn überhaupt wurde der Griff in seinem Nacken stärker und alles was er sah war, wie der Stoff sich durch Sperma und seiner eigenen Sabber weiter verdunkelte. Seine Nase war zumindest von Byakuyas Geruch erfüllt. Ein seltsamer Trost zu der sonst recht unappetitlichen Erfahrung. Sobald sich Byakuyas Griff löste, wischte sich Renji die Spucke vom Gesicht und seine Haare aus dem Mund. Er zog seinen Yukata herunter, um seinen Hintern zu bedecken und blickte Byakuya dabei nicht an. Stattdessen stand er auf und verkündete grummelig: „Ich gehe duschen.“ „Duschen?“, Byakuya klang ein wenig argwöhnisch. Zu spät erinnerte sich Renji an die ganze Übergriffssache, die in einer Gefängnisdusche passiert war. Er verfluchte sich selbst, aber gerade in diesem Moment musste er wegen seinen eigenen verdammten Gründen hier raus. Der Raum fühlte sich zu… sehr wie früher an. „Uh, ja, im Sentō. Schau, du kannst hier ein Bad nehmen oder so und wir treffen uns später.“ Die letzten Worte die er hörte, als er sich aus der Tür begab war: „Später? Renji, läufst du davon?“ Ja, das tat er. Irgendwie tat er das. Also stoppte er sich selbst und drehte sich um. Er ging die paar Schritte zur offenen Tür zurück. Dann atmete er tief durch, steckte seinen Kopf hindurch und zwang sich selbst, Byakuya anzuschauen. Byakuya saß immer noch im Seiza neben der Feuerstelle und sah verwirrt und vielleicht auch ein bisschen verletzt aus. Vielleicht war das Ganze für Byakuya gar nicht seltsam gewesen – vielleicht hatte er das Tierding als Kompliment gemeint? Er schien immer Renjis wilde Seite zu schätzen, so lange er es nicht versuchte, sie zu bändigen. Sicherlich wäre Zabimaru, als Kombination aus Tieren, angepisst zu wissen, dass Renji es als Beleidigung ansah, ein Tier genannt zu werden. Renji sollte es vielleicht einfach gut sein lassen und sich deswegen entspannen. Zumindest hat es dieses Mal nichts mit der sozialen Stellung zu tun gehabt. Zumindest nicht explizit. Und wenn Renji gedacht hat, dass er für die Fehler des anderen Rothaarigen büßen müsse, war das – nun ja – gar nicht mal so schlimm gewesen. Der Hauch eines Lächelns war kurz auf Byakuyas Gesicht zu sehen. Dann richtete er seinen Blick wieder nach unten und schien an etwas zu arbeiten. Auch wenn Renji immer noch all das am liebsten einfach unter den heißen Tropfen einer Dusche vergessen wollte, ließ ihn seine Neugier darauf warten, was Byakuya vielleicht zu sagen hatte. Als Byakuya aufblickte, hielt Renji den Atem an. „Es tut mir leid“, sagte Byakuya. „Das ist genau das, was ich nicht zwischen uns haben wollte. Es tut mir wirklich leid, Renji. Ich… habe dich wieder unten gehalten. Ich wusste, dass ich es tue und doch konnte ich mich nicht wirklich aufhalten. Ich habe keine Übung darin, mich… meinen Dämon zurückzuhalten. Das Einzige, was meinen Dämon zur Seite drängen kann, ist deine Sicherheitswörter und… die konntest du nicht nutzen, nicht wahr? Das habe ich sichergestellt.“ Renji trat nun durch den Türrahmen zurück in den Raum und gab zu: „Ich habe niemals daran gedacht.“ Byakuya schien ein bisschen überrascht. „Hast du nicht?“ Schamesröte überzog plötzlich sein Gesicht. „Ist meine Entschuldigung… unpassend?“ „Nein, es war richtig, das zu sagen“, sagte Renji leise. „Ich habe ihn gespürt, deinen Dämon, wie du ihn nennst. Er war da. Ich habe nur… Huh. Ich glaube, ich habe einfach vergessen, dass ich die Macht habe, es zu stoppen.“ „Falls du reden kannst“, sagte Byakuya und blickte weg. „Eh, plustere dich nicht so auf“, brauste Renji spielerisch auf. „Ich habe Bankai. Du glaubst nicht, dass ich mich hätte wehren können, wenn ich gewollt hätte? Hmpf, siehst du mal, wie viel du weißt. Ich habe dich einmal auf die Knie gezwungen, vergiss das bloß nicht.“ Byakuya sah ein bisschen unsicher aus, auch wenn er sichtlich amüsiert über Renjis Prahlerei war. Er hätte vielleicht darauf auch etwas geantwortet, wenn nicht Tante Masamas Stimme von der anderen Seite des Flurs durch die Luft geschnitten hätte: „Liebe Götter, sagt mir, dass das eine Metapher war.“ Kapitel 41: Capacity for Forgiveness ------------------------------------ Renji drehte sich um und sah, dass die gefürchtete Tante Masama die Tür gegenüber ihren Gemächern aufschob. Ihre langen, silbernen Haare waren zu einem langen Seil geflochten, das ihr fast bis zur Hüfte ging. Ihr Schlafyukata war von einem einfachen dunkelblau und mit tanzenden Schneekranichen bemalt. Renji hatte sie noch nie in so wenig Lagen Stoff gesehen und sie sah dadurch kleiner aus, fast schon fragil. Jedoch war nichts fragil an ihren Augen. Wie alle Kuchiki war ihr Blick hart wie Stahl und Eis und auf ihn gerichtet. Renji hingegen, hatte nicht die Laune für diesen Mist. „Was zum Teufel tun sie im Raum gegenüber? Wer hat ihnen den gegeben?“ Denn Eishirō ganz sicher nicht. „Ich muss dich darüber informieren, dass dieser Raum schon mir gehörte, bevor deine schmutzige, wiederverwertete Seele im Rukongai aufgetaucht ist. Ich hatte schon immer den Raum gegenüber den meines Bruders. Seit wann gehört das Quartier des Hausherrn dir?“ Renji blinzelte und war ein bisschen überrascht von der Erkenntnis, dass Masama wahrscheinlich in genau diesem Haus aufgewachsen war. Natürlich musste sie das, immerhin war das Anwesen Generationen alt, doch aus irgendeinem Grund hatte sich das Renji bisher noch nie vorgestellt. Er rieb über sein Gesicht und war sich bewusst, wie eingerissen und trocken sich seine Lippen anfühlten und wie sein Haar immer noch in seinem Gesicht klebte. Er blickte in ihre Gemächer, war aber nicht überrascht zu sehen, dass Byakuya sich in Luft aufgelöst hatte. Renji konnte ihm nicht vorwerfen, dass er sich umziehen wollte, bevor er seiner älteren Verwandten gegenübertreten wollte. Wenn man gerade schon dabei war, ein scharfes Auge könnte wahrscheinlich das Chaos deuten, welches sie hinterlassen hatten. Also trat Renji entschlossen in den Flur und schob die Tür hinter sich zu. „Ich habe dich etwas gefragt“, schnaubte Masama. „Ja, nun ja, ich habe keine gute Antwort darauf, also habe ich sie ignoriert“, antwortete Renji. Sie öffnete ihren Mund, aber er redete weiter: „Wie lange sind sie schon an der Tür herumgeschlichen und haben uns belauscht?“ Ihre Mimik änderte sich zu einem sehr selbstzufriedenen Lächeln. „Lange genug um zu wissen, dass es Ärger zwischen euch beiden gibt.“ Renji glaubte nicht, dass sie so lächeln würde, wenn sie tatsächlich verstanden hätte, worüber sie geredet hatten. Und dennoch, sie hatte eine ziemlich kalte Seele. Vielleicht war sie ehrlich erfreut zu hören, dass Byakuya ihn unterdrückt hatte. Wieder einmal. Renji rieb sich wieder über das Gesicht. Es war spät und er hatte sozusagen schlechten Sex gehabt und er hatte nicht wirklich noch Energie übrig, sich mit den seltsamen sozialen Sitten des Soul Society Adels herumzuschlagen. Er seufzte und lehnte sich mit dem Hintern gegen die Wand. „Als wir das erste Mal zusammen waren, habe ich ihm gesagt, dass ich mich nicht unterdrücken lassen würde, da ich hart für meinen Posten gearbeitet habe und meinen Weg nach oben erkämpft habe.“ Renji sagte das mehr laut zu sich selbst. „Aber ich lasse ihn es immer wieder tun, nicht wahr?“ Tante Masama schien nicht zu wissen, was sie mit dieser Information anfangen sollte. Sie blinzelte schnell, einige Male und sagte dann: „Das klingt, als hättest du gelernt, wo dein Platz ist.“ „Mein Platz“, sagte Renji mit einem kleinen Lachen. Er schob sich seine widerspenstigen Haare wieder aus dem Gesicht und wünschte sich, er hätte ein Haarband. „Mein verschissener Platz. Das muss ich jetzt bestimmt schon Tausendmal gehört haben. Es ist wie eine Echokammer hier drin. Ich denke, er glaubt all das tatsächlich, huh? Sie müssen stolz sein.“ Sie sah sehr irritiert aus. „Bin ich.“ „Nun ja, da haben sie es“, sagte Renji. Seine Stimme war ruhiger und gefasster, als er sich fühlte. „Sie können mit der Gewissheit zurück ins Bett gehen, dass Byakuya genauso handelt, wie er von eurem Haufen erzogen worden ist.“ „Trotzdem versuche ich, über dieses Handicap meiner Geburt hinwegzukommen“, sagte Byakuya und schob die Tür auf. Er hatte nun einen blassblauen Yukata an. Die Farbe war hell, wie der Morgenhimmel und war mit einem feurigen Phönix in rot, gelb und orange, der wie die aufgehende Sonne aussah, bemalt. Er blickte zu Renji auf und sagte: „Doch es erweist sich als sehr stur.“ Dieses Wort ließ Renji schief grinsen. Er pustete sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. „Eigensinnig, huh?“ „So in etwa“, sagte Byakuya mit einem kurzen Lächeln. In seinem Arm trug Byakuya einen kleinen Korb, den er nun Tante Masama zeigte. „Wie gehen zum Sentō. Wenn du möchtest, kannst du uns begleiten.“ Renji verschluckte sich beinahe. Es war ja nicht so, als würden sie sich alle nackt sehen, es gab getrennte Bereiche für Männer und Frauen. Aber dennoch. Ein Bad mit… ihr????!! Niemals würde Masama Byakuyas Angebot annehmen, richtig? „Ich glaube nicht, dass du es im guten Willen anbietest, aber ich akzeptiere“, sagte sie. „Ich mag mitternächtliches Baden. Besonders bei Schnee.“ Byakuya schien kein bisschen beeindruckt. „Exzellent. Wir werden den Eingang vom Anwesen für dich offenlassen, werte Tante.“ Renji wartete, bis sie draußen auf dem Gartenweg waren, bevor er sagte: „Was hast du dir dabei gedacht, deine verrückte Tante zu einem Bad einzuladen?“ Byakuya schürzte die Lippen. „Offensichtlich bin ich davon ausgegangen, dass sie ablehnt“, sagte er schnippisch. „Doch ich muss gestehen, dass ich der Illusion unterliege, dass wenn sie uns zusammen sieht, wie wir wirklich sind, würde sie einlenken.“ „Ja, dass was du über die Illusion gesagt hast“, schnaubte Renji. „Genau das.“ Der Schnee glitt bilderbuchartig in dicken, trägen Flocken zu Boden. Er tanzte schon fast langsam im Mondlicht. In der Luft lag das Gefühl des verblassenden Winters, die Wärme der nächsten Jahreszeit schien schon fast zum Greifen nah. „Außerdem war es bisher nicht gerade unsere beste Nacht.“ Renji machte ein finsteres Gesicht. „Richtig“, gab Byakuya mit einem Seufzen zu. „Ich hatte gehofft, die Nacht zu retten. Nun weiß ich nicht, ob dies überhaupt möglich ist.“ „Hey, natürlich ist es das. Wir müssen nur leise reden… oder so.“ Sie ließen sich selbst durch die Hintertür ins Sentō. Die Hitze der heißen Quellen war wie eine heiße, feuchte Wand. Während Renji die Laternen suchte und anzündete, gurgelte und blubberte das Wasser. Byakuya hatte die Duschen angestellt. Renji hing seine geblümte Robe an einen Haken und fand Seifen in Byakuyas Korb. Renji kniete dort, durchsuchte die Sachen und suchte gleichzeitig nach Worten. Während sie immer noch alleine waren, wollte er fragen: „Warum?“ Byakuya drehte sich um. Er war gerade unter das Wasser getreten, um zu schauen, ob es schon warm genug war. „Warum was?“ „Was ist heute Nacht passiert? Was hat überhaupt deinen Dämon auf der Oberfläche erscheinen lassen?“, Renji versuchte so ruhig wie möglich zu klingen und blieb kniend auf dem Boden, um so wenig bedrohlich, wie möglich zu wirken. Er tat immer noch so, als bräuchte er noch etwas aus dem Korb, also musste er noch nicht einmal Blickkontakt aufnehmen. Für einen Moment hörte er nur das Prasseln der Dusche und die Geräusche, wie er halbherzig durch die Waschsachen wühlte. „Ich vermute, ich habe mich verletzlich gefühlt.“ „Also war die Umarmung ein Fehler“, sagte Renji und sah auf. „Nein“, beharrte Byakuya, doch dann blickte er nachdenklich in die dunklen Ecken des Duschraums und sagte: „Vielleicht, ja, könnte es das gewesen sein. Das und mein Hunger und… Du weißt über all das mehr als ich… wie man damit umgeht. Aber… da ist noch etwas anderes.“ Renji wartete. Er hatte sein Blick wieder auf den Korb gerichtet und nutzte seine vorgetäuschte Suche, um den aufkommenden Wunsch zurückzuhalten ‚wenn du weißt, was es ist, sag es verdammt noch mal. Es zurückzuhalten macht es nicht weniger beschämend‘ zu knurren. „Es ist mein Verlangen“, sagte Byakuya endlich. „Es hat nichts mit dem Gefühl zu tun, verletzlich zu sein. Manchmal schaue ich dich an – vielleicht sogar egal wen, aber deine… Wildheit im Besonderen – und eine dunkle Habgier steigt in mir auf. Ich will dich so sehr, aber in… all den falschen Weisen. Kontrollieren. Besitzen. Dominieren. Kommandieren.“ Renji nickte, denn er verstand es irgendwie. Immerhin klang es ziemlich sexy, wenn Byakuya es so sagte. Renjis Augen waren immer noch nach unten gerichtet, aber er gab auf so zu tun, als würde er nach irgendetwas suchen und schloss den Deckel des Korbs. „Was heiß sein kann. Du musst nur fragen.“ „Ja, ich weiß“, sagte Byakuya scharf, deutlich sauer über sich selbst. „Aber manchmal überkommt es mich so plötzlich und es scheint nie der richtige Zeitpunkt zu sein und ich denke nicht, dass du ja sagen würdest, also… Ich weiß es nicht, ich vermute ich bilde mir ein, dass ich die Oberhand habe, dass ich mich besser kontrollieren kann, als ich es wirklich kann.“ „Aus diesem Grund passiert es normalerweise, wenn du betrunken bist“, merkte Renji an. „Ich nehme es an“, gab Byakuya mürrisch zu. Renji schaute endlich auf. „Ok. Ich denke, wir brauchen ein Stichwort. Du weißt schon, so etwas wie das Gegenteil eines Sicherheitsworts. Eine schnelle Möglichkeit nach Einverständnis zu fragen. Oder zumindest, um mich wissen zu lassen, dass du in dieser besonderen Laune bist, so dass ich, du weißt schon, an meine Sicherheitswörter denken kann und ob oder ob nicht, ich sie nutze.“ Nackt vor der Dusche stehend schien Byakuya seltsam… sprachlos. Oder wie Renji schnell erkannte, erstaunt und dankbar. „Das ist… vernünftig. Mehr als vernünftig, tatsächlich… sogar sensibel.“ Renji grinste und beugte dankend den Kopf. „Ich habe meine Momente.“ „Ja, sehr schlau. Ein Stichwort. Auch sehr erwachsen. Also, was sollte es sein?“, fragte Byakuya und hielt eine Hand ins Wasser, das nun schon eine Weile lief. Er zog sie schnell weg, als hätte er sich verbrannt und drehte an dem Hahn für kaltes Wasser. Renji stand auf. „Keine Ahnung, aber es sollte etwas sein, an das du denkst, wenn die Dunkelheit kommt. Etwas, das ich auch fragen kann und dich nicht noch mehr verärgert. Ist da etwas, dass du mit deinem Dämon in Verbindung bringst, dass man auch laut aussprechen kann?“ Byakuya hielt den Kopf unter das Wasser, seine Haare wurden flach gegen seinen Kopf gedrückt. „Das Letzte ist ein wenig schwierig. Wobei… ja. Wir könnten ‚Stalljunge‘ sagen, oder… ‚Reitgerte‘.“ „Ja, lass uns ‚Reitgerte‘ nehmen. Das ist nett und instinktiv und“, Renji schnaubte Byakuya gespielt an: „Ehrlich gesagt, auch wenn du da in deiner Dunkelheit steckst, möchte ich nicht wirklich, dass du nach einem anderen Mann rufst.“ „Er war ein Junge, aber ich verstehe deinen Standpunkt“, sagte Byakuya und verbiss sich ein Lächeln. Renji kam zu ihm, um sich nun ebenfalls eine Dusche anzustellen. Byakuya beobachtete ihn und sein Lächeln schwand ein wenig. „Du möchtest dir nicht die Dusche teilen?“ Doch bevor Renji antwortete, wandte sich Byakuya um. „Natürlich nicht. Ich habe noch nicht wirklich eine Vergebung verdient, nicht wahr?“ „Ah, so ist es nicht“, sagte Renji, stellte seine Dusche aus und kam herüber. „Du solltest wissen, dass egal wie viel Scheiße wir durchmachen, ich dir verzeihen werde. Natürlich. Und überhaupt, auch wenn du anders darüber denkst, hätte ich auch etwas sagen können, um dich zu stoppen. Und es war auch nicht so, als wäre ich komplett dagegen gewesen. Scheiße, du weißt, dass ich das mittlerweile mag. Also lag es nicht nur an dir. Es war ein bisschen wie ein Foulspiel, aber es ist nichts Schlimmes passiert“, sagte Renji zärtlich. Er nahm die Seife und begann, Byakuyas Rücken zu waschen. „Aber ich sage dir, dass ich es langsam müde werde, dass deine Dämonenscheiße so hochkommt, total unerwartet und so. Daher bin ich froh, dass wir uns ein neues Signal angeschafft haben. Du versprichst es, es zu nutzen? Ansonsten darfst du nicht überrascht sein, wenn wir in einer Bar sitzen und du betrunken wirst undmir plötzlich ‚Reitgerte?‘ herausplatzt.“ Irgendetwas an diesem Bild ließ Byakuya glucksen. „Nun ja, das kann durchaus… überraschend sein.“ „Ja“, sagte Renji. Er schob die Haare aus Byakuyas Nacken und beugte sich hinunter, um die Haut dort zu küssen, während das heiße Wasser an Byakuyas Kopf hinunterlief. „Ich denke, darum mag ich es so. Klingt wie eine Frage. Und das ist es auch irgendwie, oder?“ Byakuya drehte sich um. „Ist es, doch manchmal fürchte ich, dass ich um zu viel bitte.“ Renji hob Byakuyas Kinn mit seinen Fingern und küsste ihn kurz auf den Mund. Dann tippte er verspielt Byakuya auf die Nase, was ihn auf- und in Renjis Augen blicken ließ. „Das ist auch der Grund, warum ich Sicherheitswörter habe. Damit es nicht zu viel wird. Und so können wir entscheiden, was wir wollen und was nicht. Gemeinsam.“ Byakuyas Gesicht wurde für einen Moment sanft und er lehnte sich in Renjis Arme. „Oh Renji, du bist so entschlossen, mich zu einem besseren Mann zu machen. Womit habe ich dich verdient?“ „Nur Glück, denke ich“, sagte Renji mit einem breiten Grinsen. Er zog ihn näher und riskierte einen tieferen, innigeren Kuss zu initiieren. Das war immer noch etwas, dass sie für sich herausfinden mussten, dachte Renji, als er Byakuya fest genug an sich drückte, um etwas aggressiv zu wirken. Dann ließ er ihn aber los und erlaubte Byakuya, seine Hände auf Renjis Schultern zu legen und sichsogar noch fester an ihn zu schmiegen. Byakuya war immer noch ein empfindlicher, spezieller Liebhaber. Mit seltsamen Regeln über Berührungen und wer es wann tun durfte und es war alles verpackt und verworren im sozialen Stand und würde vermutlich in der nächsten Zeit nicht so schnell weggehen – besonders nachdem er gerade zugegeben hatte, dass die Umarmung und das Gefühl, nicht zu verstehen wir Hunger funktionierte, zum Teil seinen Dämon getriggert hatte. Ein Stichwort würde nichts davon in Ordnung bringen. Vielleicht würde es mit der Zeit Byakuya helfen, herauszufinden auf welche Momente und Interaktionen mit und über soziale Klassen der Dämon am stärksten reagierte… Aber etwas dagegen machen? Das würde einen Haufen Selbstreflektion und den echten Wunsch sich zu ändern mit sich bringen. Und die Karten sprachen da eindeutig dagegen, dass sich Byakuya in irgendeiner Weise ändern würde. Was war den überhaupt der Nutzen daraus? Es war ja nicht so, als wäre Byakuyas Verhalten nicht die Norm. Typen wie er kamen damit davon, all ihre Stalljungen zu missbrauchen, weil sie die Stalljungen besaßen. Basta. Ja, sicher. Renji konnte mehr Forderungen stellen, drohen ihn zu verlassen, ihm nicht vergeben. Aber so vieles war schon tief in ihrem Alltag integriert. Scheiße, da waren viele Dinge, die Renji einfach ohne Nachdenken gemacht hatte, weil es richtig und angemessen war. Es war ja nicht so, als könne er sich da besser herauswinden. Also behielt Renji seine Hände an seinen Seiten, während Byakuyas Hände über seine Brust fuhren und sich um die nassen Strähnen auf seiner Schulter wickelten. Byakuya unterbrach den Kuss und blickte finster auf die Haare, die er um seine Fingerspitzen gewickelt hatte. „Lässt du es wachsen?“ Renji blinzelte, da er gerade noch an einem ganz anderen Ort war. „Huh?“ „Dein Haar. Es ist länger.“ „Ist es?“, fragte Renji. Er hatte den Leuten gesagt, dass er seine Haare wachsen lassen würde, wenn alle dachten, dass etwas anders an ihm war, nachdem er Bankai gemeistert hatte. Doch er hatte sich nie wirklich dazu entschieden. Die Wahrheit war, dass seine Haare im Bezug auf Wachstum seltsam waren… Manchmal blieben sie für Jahrzehnte bei der gleichen Länge. Manchmal musste er alle zwei Wochen einen Termin zum Haareschneiden machen. „Muss eine dieser Zeiten sein“, mutmaßte er laut. „Ich denke, ich sollte sie schneiden lassen.“ „Nein“, sagte Byakuya schnell. „Nicht nötig.“ Renji lachte schnaubend über Byakuyas offensichtlicher Vorliebe. „Ja? Wie lang soll ich sie denn werden lassen?“ Obwohl er so besitzergreifend auf Renjis Haare starrte, dass Renji überlegte zu fragen ‚Reitgerte?‘, tat Byakuya uninteressiert. „Es spielt für mich keine Rolle. Es ist dein Markenzeichen, diese ‚rote Ananas‘-Sache. Also möchte ich nichts ruinieren, was du so offensichtlich kultiviert hast.“ „Tatsächlich mag ich den Spitznamen noch nicht einmal, weißt du?“, Renji schaltete das Wasser aus, das zwischenzeitlich kalt geworden war. Byakuya gab ihm ein Handtuch und warf ihm einen Blick zu. „Ich habe das T-Shirt gesehen, Renji. Es ist offensichtlich dein Markenzeichen.“ „Nun ja, ja. Es ist kleben geblieben“, gab Renji zu. „Die Spitznamen von Yachiru tun das meistens. Also habe ich mich gefragt, warum ich mich dagegen wehren sollte? Es war verdammt noch mal besser als Roter Hund oder ‚Clifford‘, was bereits die Runde machte. Ich habe versucht, die Idioten von der Elften zu ‚Roter Teufel‘ oder irgendetwas ähnlich coolem zu überreden. Oder einfach nur ‚Rot‘ zu verwenden… Aber in dem Moment, in dem die Vizekommandantin mit Billardkugel für Ikkaku begann und das Ganze dann mit Ananas für mich paarte, war das nur noch alles, was sie schrieb. Sie hätte es auch genauso gut in Stein meißeln können. Also habe ich das T-Shirt bestellt. Hab einen verfickten Totenkopf drunter gemacht. Denn für dich bin ich immer noch die gottverdammte Rote Ananas des Todes, Kumpel!“ Byakuya musste sein Lachen unterdrücken. Renji machte nur ein schnaubendes Geräusch und begab sich auf den Weg zu den heißen Quellen. Als Byakuya folgte, fragte Renji: „Wie kommt es, dass sie sich nie auf einen nervigen Spitznamen für dich festgelegt hat?“ „Es ist nicht so, als hätte sie es nicht. Doch ich erlaube es nicht, dass diese Namen die Runde machen“, erklärte Byakuya und ging die Stufen hinunter ins heiße, gurgelnde Quellwasser. „Yachiru hat tatsächlich einige Spitznamen für mich, doch sie ist sich besonders darüber bewusst, wie sehr mich ‚Byakushi‘ ärgert. Daher ist es ihr Favorit.“ Renji dachte darüber nach. „Das ist eine Art kleine, weiße Blume?“ Byakuya blickte auf. „Nein.“ „Komm schon, darf ich dich nicht mein Baby-Blümchen nennen?“ Renji machte ein Kussmund und hob seine Stimme um eine Oktave. „Byakushi-chan!“ Byakuyas stimme wurde noch tiefer. „Nein.“ „Na schön. Du verstehst keinen Spaß“, sagte Renji und streckte seine Arme auf den Rand des Beckens aus. Er stupste Byakuya verspielt mit einem Zeh an. „Herr Stock-im-Arsch ist eh zutreffender.“ „Stock-im-Arsch-sama“, korrigierte Byakuya trocken. „Ich bin so froh zu hören, dass du deine Position ernst nimmst, mein Lieber“, kam Masamas Stimme von der anderen Seite der Wand. Byakuya und Renji tauschten einen überraschten Blick aus, da sie beide vergessen hatten, dass sie mitgekommen war. Doch dann seufzte Byakuya langgezogen und rollte seine Augen, wie ein widerwilliger Teenager. Mit seinen kürzeren Haaren und ohne den Kenseikan sah er fast noch jung genug aus, um einer zu sein. Als es schien, als würde Byakuya eine ähnlich höhnische Antwort zurückgeben, schloss Renji die Distanz zwischen ihnen und verdeckte Byakuyas Mund mit seinem. Er küsste ihn für einen Moment gegen Byakuyas geschlossenem, verwirrten Mund und zog sich dann zurück, um Byakuya ins Ohr zu wispern: „Glaubst du nicht, dass es sie wahnsinniger macht, wenn wir nichts sagen und nur… Geräusche machen?“ „Oh“, keuchte Byakuya. Dann grinste er und schob eine Hand durch Renjis Haare, um ihn für einen ernsthafteren Kuss an sich zu ziehen. „Du hast heute Abend eine Menge schlauer Pläne, nicht wahr?“ „Wie schon gesagt, ich habe meine Momente.“ Kapitel 42: Face to Face ------------------------ Renji zog sich hoch auf seine Knie, um sich rittlings auf Byakuya zu setzen, der auf einem der kleinen Sitze aus Stein saß, die rund herum am Rande des Sentōs waren. Er legte die Hände auf die Fliesen hinter Byakuyas Schultern und beugte sich nah an Byakuyas Gesicht und versuchte die Art und Weise zu verändern, wie sehr er sich vor ihm… auftürmte. Er beobachtete Byakuyas Gesichtsausdruck vorsichtig. Er war, wie immer, schwer zu lesen, doch Byakuyas Hand hob sich, um langsam und ermutigend über Renjis nassen, dampfenden Rücken zu fahren. Nachdem seine Hände sich um Renjis Taille gelegt hatten, glitten sie weiter unter das Wasser. Eine Handfläche fuhr die Rundungen seines Hinterns nach – knetete, dehnte, spreizte. Letzteres ließ Renji ein bisschen aufsitzen und den Rücken unbewusst durchstrecken. Das dadurch erzeugte Plätschern übertönte fast die Laute, die seinen Lippen entkamen. Fast. Zu wissen, dass direkt auf der anderen Seite der Wand eine prüde, alte Frau die Geräusche hören konnte, die sie verursachten, erhöhte Renjis Wahrnehmung für alles. Wie der Dampf leicht nach etwas metallischem roch und an seiner Haut und seinen Haaren hing, ihn wie ein zweites Paar Hände liebkoste. Wie Byakuyas Lippen sich bisher niemals so kitzelig/heiß an seiner Haut angefühlt hatten. Das Geräusch seiner Zunge, als er Tropfen von seinen Bauchmuskeln leckte. Eigentlich ein minimales Geräusch, schien aber um ein tausendfaches lauter. Überall wo Renjis Körper nicht vom Wasser bedeckt war, war die nackte Haut von Gänsehaut bedeckt. Seine Brustwarzen waren steif und wurden dadurch gequält, dass Byakuyas kalte, feuchte Haare über sie strichen und der Tatsache, dass Byakuyas Lippen sich woanders, mit den dunklen Linien seiner Tattoos, vergnügten. Zum Glück sorgte die Hitze des Wassers dafür, dass sein Penis zu schlaff war, um mehr zu tun als nur zu zucken oder er – „Oh! Schei---“ Renji musste sich eine Hand vor den Mund schlagen, um das Stöhnen, welches tief durch seinen Körper vibrierte, zu unterdrücken, als Byakuyas Finger ihren Weg zu Renjis Loch gefunden hatten. Er blickte auf Byakuya hinab, als wolle er ‚Geht das nicht ein bisschen weit mit IHR da drüben?‘ sagen, doch Byakuyas Kopf war gebeugt und alles, was Renji wirklich sehen konnte, war ein Hauch von seinem Gesicht und diese clevere, rosa Zunge. Gebeugt, auch nur ein kleines bisschen wie gerade… sah bei Byakuya einfach super heiß aus. Zusätzlich machte er winzige, drängende Geräusche im Rhythmus seiner, sich vertiefenden Bewegungen mit dem Finger. Trotz der Hitze der heißen Quellen zogen sich Renjis Hoden zusammen. Seine Finger gruben sich in seine eigenen Wangen bei dem Versuch, seine gewohnte Litanei an Bitten und Flüchen zurückzuhalten. Nachdem Renji bemerkte, dass er aus Versehen noch mit einer Hand Byakuyas Schulter gepackt hatte, zwang er sich selbst, loszulassen und die Hand auf den Beckenrand hinter ihm abzustützen. Mit jeder Bewegung von Byakuyas Finger – nein, jetzt zwei Finger – rein und raus, zuckten Renjis Hüfte, stießen hinunter mit der wachsenden Verzweiflung nach mehr, weiter, tiefer, härter. Das Geplätscher klang, als würden sie ficken. Byakuya hatte währenddessen das Nachfahren der Muster beendet und leckte nun an den steifen Brustwarzen. Renji griff in Byakuyas Haare, als dieser plötzlich besonders hart saugte, was pure Lust direkt in seine Lendengegend schickte. Er schnaufte unter der Mühe, seine Finger wieder zu lockern. Er biss sich nun auf die Innenseite seiner Wangen und schmeckte etwas Blut. Doch die Hitze behinderte sie dennoch. Renji konnte spüren, wie Byakuyas Penis immer wieder gegen seinen Damm und die Hoden stieß, aber sich niemals richtig aufrichtete. Außerdem konnten sie auch das Sentō nicht verunreinigen. Tante Masama musste mittlerweile weg sein, richtig?, dachte Renji verzweifelt. „Byakuya“, Renji lockerte die Hand um seinen Mund und riskierte einen heiseren Wisper. „Ich klettere heraus, ok?“ Byakuya blickte auf, sein Mund verließ Renjis Brustwarze. Eine kleine Spur Feuchtigkeit folgte, der Anblick ließ es beinahe um Renji geschehen. Sein Körper wollte so verzweifelt reagieren, dass er erschauderte und ein knurrendes Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Was… Byakuyas Lippen zu einem Lächeln anheben ließ. Er nickte, deutete mit dem Kinn auf eine Seite und sagte: „Klettere da rauf. Dreh dich und schau mich an.“ ‚Schau mich an?‘ Auch wenn Renji sich beeilte, um zu gehorchen, durchflutete Erstaunen seinen Körper. Byakuya fragte niemals – selten? – danach ihn anzuschauen. Es passierte hin und wieder, dass es am Ende so war, doch Renji hatte immer das Gefühl, dass das nicht zu Byakuyas Vorlieben gehörte. Nachdem er sich am Beckenrand hochgestemmt und aus dem Wasser war, lehnte er sich auf seinen Ellbogen zurück und hob und spreizte seine Beine, damit Byakuya dazwischen konnte. Er sah wundervoll aus, wie er aus der heißen Quelle kam. Wasser floss in Rinnsalen hinunter, die die Konturen seiner blassen Haut unter den harten Muskeln zu umarmen schienen. Sein Haar, selbst mit dem dilettantischen Gefängnishaarschnitt, sah immer noch wie ebenholzfarbene Seide aus, die an diesen scharfen, majestätischen Gesichtszügen klebte. Graue Augen waren ungewöhnlich auf ihn gerichtet und geöffnet und die Weise, wie Byakuya ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Verlangen ansah, ließ Renjis ganzen Körper lebendig fühlen. Die kalte Luft und die Intensität von Byakuyas Blick, ließ Renji erschaudern. Ohne die drückende Hitze wurde sein Penis peinlicherweise sofort steif. Renji war sich nicht sicher, wie Byakuya reagieren würde. Er dachte manchmal, dass sein Schwanz der Teil seines Körpers war, den Byakuya am wenigsten mochte – dass er ihn deswegen so wenig beachtete, weil er insgemein angeekelt davon war. Er öffnete seinen Mund, dachte daran, sich zu entschuldigen… vielleicht… als Byakuya ohne Vorwarnung danach griff. Er schlang die Finger um seine Erektion, strich leicht darüber, liebkoste ihn. Diese Aufmerksamkeit ließ Renjis Beine geräuchvoll ins Wasser fallen, als er sich mit einem Laut aufsetzte, das zu seinem Leidwesen vielleicht nur wenig mehr als ein Quieken war. Er versuchte es noch in einen etwas mehr machohaften, wertschätzenden Laut übergehen zu lassen. Byakuya grinste ihn an. Währenddessen machte er etwas mit dem Daumen mit seiner Eichel, das Renji Mühe bereitete, nicht zu wimmern. Aber dieses Grinsen. Es sah verdammt sexy aus, denn: So schelmisch und wissend. Außerdem konnte Renji sehen, wie all das Byakuya anmachte – von seiner erröteten Haut über die Weise, wie sich seine pinken Brustwarzen verdunkelten bis hin zu seinem Penis, der hart und steif wurde. Ein Anblick, den Renji fast nie zu sehen bekam. Es machte Renji so heiß. Vor allem, als sich Byakuyas Hand ausstreckte, um Renjis Hüfte anzuheben und seine Rückseite weiter zu erforschen. Renjis Kopf fiel nach hinten und er warf sich einen Arm über das Gesicht, um den Schwall an Wörtern zurückzuhalten, die durch sein kaum mehr funktionierendes Gehirn rumpelten. ‚Gott oh Gott, ja mehr scheiße Götter ja härter.‘ „Lass dich gehen, Renji. Sie ist schon lange gegangen.“ Sie war weg? Scheiße, wie lange schon? Warum zum Teufel warteten sie noch länger?? „Oh Götter“, keuchte er. „Gleitgel. Hol das verdammte Gleitgel. Du musst mich so hart ficken.“ Byakuya blinzelte, als hätte er irgendwie vergessen, dass sie so etwas brauchten. „Oh. Oh ja, natürlich!“ Er donnerte aus dem Wasser, die Spritzer landeten auf Renjis schmerzenden, wartenden Körper. Trotz der sengenden Hitze machte Byakuyas hektische Suche Renji nur noch mehr an. Der Klang, wie verzweifelt und doch vorsichtig Bykauya die Sachen in ihrem Korb durchwühlte, war so verdammt hinreißend. Er schob sich noch etwas weiter vom Beckenrand weg und überlegte, ob er ihnen einige Handtücher zum Drauflegen holen sollte, da die Fliesen kalt und hart gegen seine erhitzte Haut waren. Aber der Gedanke, aufzustehen, wenn er so schmerzhaft hart war, gefiel ihm nicht. Wie Byakuya in diesem Zustand rennen konnte, war Renji unbegreiflich… Seine Hände wanderten unbewusst über seinen Körper, nicht in der Lage die schmerzhafte Leere auszuhalten, dort wo Byakuya sein sollte. „Verdammt! Ich weiß nicht, wie das passieren konnte“, sagte Byakuya von der Umkleide aus, seine Stimme klang ein Stück weit verzweifelt. „Ausnahmsweise habe ich mal kein… oh! Dem Schicksal sei Dank!“, Byakuya kam aus der Umkleide und hatte eine Flasche umklammert, „… Ich habe etwas Massageöl gefunden, das jemand vergessen hat.“ Schuldbewusst warf Renji seine Hände nach oben. Er fühlte sich, als wäre er bei etwas Verbotenem erwischt wurden. Doch zu sehen, wie Renji seine Finger an – und in ihm– hatte, ließ Byakuya nur weiter erröten, sein Glied zuckte und wurde noch härter. „Mach weiter“, forderte er. Er warf Renji die Plastikflasche zu. Sie rutschte über den Boden und blieb an Renjis Ellbogen liegen. „Bereite dich für mich vor.“ Oh? Oh, richtig… Sie hatten diese Zuschausache so lange nicht mehr gemacht, Renji hatte fast vergessen, wie sehr Byakuya das mochte. Renji setzte sich auf und schraubte das Massageöl auf. Wie von selbst hielt er es unter seine Nase und kräuselte sie sofort. Es war kein Wunder, dass es liegen gelassen wurde. Zumindest war es nur übertrieben blumig und nicht ranzig. Er goss sich etwas von dem übertrieben süßen Zeug auf die Hand. Er blickte zu Byakuya rüber und rollte sich auf den Bauch. Was er bisher gemacht hatte, war gut genug für schnell und dreckig gewesen, aber nun würde er eine Show abziehen. Außerdem war es so einfacher, alles zu erreichen. Er konnte außerdem immer noch Byakuya anschauen, wenn er eine Schulter drehte. Er packte eine Arschbacke mit einer Hand und schob die andere drum herum. Byakuyas für gewöhnlich kühlen grauen Augen schienen aus Feuer, während sie ihn beobachteten. Lippen hatten sich leicht geteilt und Renji konnte das Heben und Senken von Byakuyas Brust sehen, während er immer erregter wurde. Renji ließ ein langes, gequältes Stöhnen los und schob sich weiter auf seine glitschigen Finger. Dabei beobachtete er, wie Byakuyas Atem stockte und sein Glied weiter zuckte und zu tropfen begann. Er folgte Renjis Blick und sagte: „Es scheint, als wäre ich bereit für dich. Bist du bereit für mich?“ „Oh Götter, so sehr ja“, sagte Renji. Obwohl er sich hinkniete und Renjis Hüpfte umgriff, schnalzte Byakuya mit der Zunge. „Du törnst mich ab, wenn du wie dieser Junge aus dem Diesseits redest.“ Ichigo? Renji hätte es beinahe laut gefragt, doch dann erinnerte er sich, dass ironischerweise ‚Erdbeere‘ Byakuyas Sicherheitswort war. Er begann gerade, sich auf seine Arme abzustützen, als er bemerkte, dass Byakuya immer noch seine Hüfte anstieß, ihn drängte sich auf seinen Rücken zu drehen. Sobald er erkannte, was Byakuya wollte, drehte er sich so enthusiastisch um, dass er Byakuya beinahe gegen den Kopf trat. Er machte es wieder gut, indem er seine Beine um Byakuyas Taille schlang. Byakuya belohnte ihn mit einem weiteren von diesem sengenden, sexy Grinsen und führte Renjis Beine noch höher, während er sich an seiner Öffnung positionierte. Renjis Hand hob sich, um Byakuyas Gesicht kurz zu umfassen und wanderte dann kühn den Hals und Schultern hinab, über die solide Stärke seines Bizeps und die Unterarme. Er griff nach seinen Handgelenken, als Byakuya in ihn stieß, ihn öffnete und weit spreizte. Egal wie oft sie es taten, Renji spürte immer noch den heißen Rausch der Dehnung – kein wirklicher Schmerz, aber fast wie ein Brennen. Er schrie etwas auf, aber warf Byakuya ein keuchendes Grinsen zu, um ihn zu zeigen, dass es ein gutes Gefühl war. Dann drückte er sich gegen Byakuya, zwang ihn tiefer. Denn nun zerriss ihn der Drang, gevögelt zu werden. Er hatte so lange gewartet und es ebenso lange gewollt. Ohne zu denken griff er nach Byakuyas Schultern, umgriff ihn hart, versuchte ihn näher heranzuziehen, weiter in sich. „Fick mich, komm schon!“, forderte er. „Fick mich!“ Byakuyas Blick war kühl geworden und sein Körper starr. „Lass mich los.“ „Oh scheiße, richtig, gottverdammt, tut mir leid, scheiße“, Renjis Hände flogen förmlich in die Höhe und er wünschte sich, er hätte etwas anders zum Festhalten. Er umfasste seine eigenen Handgelenke, knallte sie über sich auf den Boden und flehte: „Halt mich fest.“ Sein Hintern verlangte nach mehr und er schob sich gegen Byakuya. Dazu flehte er: „Verdammt noch mal, halt meine Handgelenke.“ Byakuya sah kurz verwirrt aus, doch Renji streckte sich aus und legte eine Hand von Byakuya auf sein Handgelenk. Gleichzeitig schlang er ein Bein um Byakuyas Schulter, schob sie zusammen. Die Wucht ließ Byakuya grunzen, doch das Gefühl ließ ihn erröten und sein Mund öffnete sich, er zischte vor Lust. Byakuya ließ sich fallen, lehnte sich auf Renjis Handgelenk, küsste ich nachlässig, während ihre Körper miteinander kollidierten. Renji kämpfte um ein schnelleres Tempo, während Byakuya absichtlich verlangsamte und jeden kräftigen Stoß auskostete. Etwas an ihrer Position ließ jeden Stoß härter gegen Renjis Lustpunkt drücken, als jemals zuvor. Renjis Penis tropfte. Seine Hoden waren schmerzhaft zusammengezogen und hüpften im Rhythmus ihrer Körper. Dankbar für die Hand, die ihn unten hielt, ließ sich Renji gehen. Seine Beine schlangen sich fest um Byakuya, stellten ihre eigenen Forderungen. Doch es war nichts gegen das, was seine Fingernägel gemacht hätten, wenn es ihnen erlaubt gewesen wäre, tief und lang und hart über die makellose Haut zu kratzen. Byakuya stöhnte. Die Hand, die Renjis Oberschenkel hielt, grub sich fest in die Haut, als wäre er wild, außer Kontrolle, aber… Nicht sein Dämon, sondern wie ein Mann – ein Mann verloren in seiner Lust. Er beschleunigte das Tempo, schob sich so tief in ihn, dass Renji nicht mehr in der Lage war, sich auf ihren Kuss zu konzentrieren. Jeder Stoß war wie ein Blitzeinschlag in seine erogene Zone. Alles was er konnte war grunzen und stöhnen und knurren. Wie ein Tier. Nein, wie ein Dämon. Er würde jeden Moment markerschütternd kommen, also keuchte Renji: „Kein… Tier… Dämon… Sag es, Byakuya. Sag,… dass ich dein Dämon bin.“ „Oh, das bist du“, knurrte Byakuya. „Du bist mein Dämon.“ Irgendein überhitzter Teil von Renjis Hirn wollte fragen ‚Warte, wie Reitgerte-Dämon?‘, aber das Tempo, das Byakuya an den Tag legte, war zu viel für irgendwelche Worte. Tatsächlich war es zu spät für mehr, als sich dem schaudernden Beben, den schluchzenden Stöhnen und dem heißen Schwall von Sperma zu überlassen. Renji kämpfte darum, sich auf Byakuyas Gesicht zu fokussieren, während er in ihm kam, denn das wollte er nicht verpassen – Der Moment, in dem Byakuya die Kontrolle verlor. Der Moment, in dem sich seine Lust und sein Verlangen auf seinem Gesicht zeigten. Es dauerte nicht lange, bis Renji belohnt wurde. Schweiß durchflutete ihn. Byakuya sah zerzaust aus, wild… und so erregt. Und dann, für einen Moment, auf dem Gipfel seiner Leidenschaft, als Renji spürte, wie Byakuyas Hitze ihn tief in sich füllte, fiel Byakuyas Maske ab und er war verletzlich, offen… so verdammt atemberaubend. Und er rief Renjis Namen. „Renji! Oh Gott, Renji!“ Bei dem Klang seines Namens, mit so viel Leidenschaft ausgerufen, widerhallend im Badehaus, erschauderte Renji in einer Welle eines zweiten Orgasmus. Er fühlte sich, als würde er himmelhoch fliegen. Oh, Götter, so gut… so scheiße unglaublich gut. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit, bis er wieder zu Atem kam. Mit gebeugtem Kopf ließ Byakuya endlich seine Handgelenke aus seinem eisernen Griff und ließ sich kraftlos auf die Fliesen neben Renji fallen. „Wow“, sagte Byakuya. „Wow?“, wiederholte Renji und drehte seinen Kopf, um sicherzugehen, dass da wirklich Byakyua neben ihm lag. „Kann das 28. Familienoberhaupt der Kuchiki überhaupt ‚wow‘ sagen?“ „Kann er, wenn der Sex derart gut war.“ Renji gluckste. Dann starrte er an die Decke und nickte. „Ja. Das war unglaublich.“ „Du hast mich dich festhalten lassen.“ Byakuya klang erstaunt. „Du hast mich dich sehen lassen.“ Sie blickten sich lange an, dann seufzte Byakuya tief. „Ich möchte hier schlafen, aber es ist kalt.“ Renji grunzte, faltete seine Hände über seinen Bauch. „Ich kann überall schlafen.“ Byakuya ließ liebevoll die Zunge schnalzen. „Du bist so ein Biest.“ „Dämon“, korrigierte Renji. „Dämon“, stimmte Byakuya zu. „Mein Dämon. Ah, wenn du nur wahrhaftig diese Stärke und diese Ausdauer hättest, dann könntest du mich zum Bett tra----“, Renji ließ Byakuya nicht aussprechen. Er rollte sich geschickt rüber und schob Byakuya in seine Arme. Mit einem Grunzen hievte er sich auf die Füße. „Was sagtest du?“ Byakuya sah kurz gequält aus, bewegte sich als wolle er wieder abgesetzt werden. „Aber unsere Kleidung, der Korb…“ „Sind nicht dafür die Diener da?“ Byakuya biss sich auf die Lippe, ein hinreißender Anblick. Renji konnte sehen, dass Byakuya zustimmen wollte, doch er schüttelte den Kopf. „Ich kann die Phönix-Robe nicht zurücklassen. Sie gehörte dem ersten Kuchiki.“ Renji ging sofort hinüber zur Umkleide. Byakuya sorgte sich nie um materielle Dinge. Niemals. Diese Robe musste ein verfickter nationaler Schatz sein. „Und du trägst sie im Bett? Sie hing in deinem verfluchten Kleiderschrank?“ Byakuya verzog das Gesicht und legte einen Arm um Renjis Hals, doch er griff geschickt mit der anderen nach der Robe an ihrem Haken, als sie daran vorbeigingen. „Sie wurde als Schlafkleidung entworfen und sie hing am gleichen Platz seit das Anwesen bewohnt ist. Ich habe sie angezogen, weil es mein Recht ist und weil ich wusste, dass es Tante Masama verärgern würde. Renji blickte zu den verstreuten Hygieneartikeln und hoffte, dass sie nicht noch etwas brauchten. Wenn er Byakuya nun absetzte, hatte er keine Kraft mehr, um ihn noch einmal hochzuheben. Seine Muskeln fühlten sich wie labbrige Nudeln an. Aber das war nur die Müdigkeit von grandiosem Sex. Er war schon in weitaus schlimmerem Zustand und war wieder aufgestanden, um zu kämpfen. Er wusste, dass er mit Shunpo zurück zum Anwesen und ins Schlafzimmer gelangen konnte, bevor er zusammenbrach. „Alles gut?“ „Ja, gut. Los, mein dämonischer Liebhaber. Flieg uns davon mit deinen ledrigen Schwingen.“ Renji gab Byakuya ein kleines, neckendes Schnauben und breites Grinsen. „Tigerpfoten. Mit mächtigen Sprüngen bringe ich uns hier raus mit meinen… uh… Tiger… ähm, Gliedern?“ „Ja, sie mal, das ist nicht so poetisch“, meckerte Byakuya. „Ich habe Poesie angestrebt.“ „Du solltest die Poesie mir überlassen“, grinste Renji und drückte die Hintertür gegen den scharfen, schneedurchzogenen Wind auf. In seinen Armen erzitterte Byakuya und Renji ging in den Shunpo über und brachte sie so schnell wie er es wagte den ganzen Weg bis in Byakuyas Gemächer. Renjis große romantische Geste wurde von Byakuyas Beharren zerstört, das Familienerbstück mit Vorsicht zu behandeln. Statt Byakuya aufs Bett zu legen, ließ er ihn also schon an der Türschwelle hinunter. Während Byakuya viel Lärm um nichts machte, wärmte Renji seine schneebedeckten Zehen am Feuer auf und wanderte schlussendlich zurück ins Schlafzimmer. Das Schlafzimmer roch nach frisch gewaschenen Laken und erinnerte Renji daran, wie die Nacht begonnen hatte. Als er sich auf seine Seite des Bettes kuschelte, konnte er sich nicht an eine Zeit erinnern, in der sie so… beschäftigt gewesen waren. Drei Mal in einer Nacht? Müsste ein neuer Rekord für sie sein. Natürlich war es aber auch nicht tagtäglich, dass Byakuya für eine Woche ins Gefängnis geschickt wurde. Byakuya kam aus seinem Umkleidezimmer und trug etwas, dass genauso teuer aussah wie die Phönixrobe. Gemacht aus schimmernder, schwarzer Seide war die untere Hälfte mit Salamander dekoriert, deren Feueratem in gelben und orangenen Mustern nach oben wanderten. Renji konnte nicht anders als anzumerken: „Das ist weniger kostbar?“ „Kostbar?“, Byakuya blickte nun neugierig hinunter auf seinen Yukata. „Ich habe keine Ahnung. Es besitzt jedoch keinerlei historische Signifikanz.“ „Oh, richtig“, sagte Renji, als würde das auch nur ein bisschen Sinn für ihn ergeben. Er rollte sich rüber und schüttelte sein Kissen auf. „Ich habe nach Essen gerufen“, sagte Byakuya, als Renji das Licht löschen wollte. Renji zog seine Hand zurück und setzte sich wieder auf. „Fantastisch. Ich mag dein neues Ich.“ Byakuya lächelte. Er nahm ein Buch von seinem Nachttisch und schlug es auf. „Ich dachte, dass du dafür eventuell zugänglich bist.“ Renji nickte. Er lehnte seinen Kopf zurück gegen das Kopfende in dem Vorhaben, noch ein kleines Nickerchen zu halten, bis das Essen kam. Doch aus den Augenwinkeln bemerkte er die Bilder in Byakuyas Buch. Auf der Seite küssten sich gerade zwei sehr hübsche Kerle. Er lehnte sich näher heran, um es besser sehen zu können. „Du und deine Pornos“, neckte er ihn. „Ist das ein neuer? Schickst du den armen Eishirō auf Einkaufstour in die Welt der Menschen, um deine Yaoi-Sucht zu befriedigen?“ „Wohl kaum“, gluckste Byakuya. „Sie waren ein Geschenk als Entschuldigung von Ten.“ „Dem Yokai aus dem Madennest?“ „Ja“, sagte Byakuya. „Er schien eine Art lebhaften Handel mit Büchern dort drinnen zu führen. Ich habe keine Ahnung, woher er sie bekommt.“ Renji nahm das Buch aus Byakuyas Hand und drehte es um. „Das Etikett sagt ‚Lashinban‘.“ Er gab es Byakuya zurück. „Da ist ein Strichcode. Also kommt es wohl aus dem Diesseits. Dein kleiner Ganove kommt herum.“ Nachdem er Renji einen kurzen Blick zugeworfen hatte, fand Byakuya die Stelle wieder, wo er stehen geblieben war. „So viel habe ich auch vermutet. Meine Frage war mehr rhetorisch gemeint. Mehr in dem Sinn, dass ich mir nicht sicher bin, wie er bis in die Menschenwelt kommt, ohne ein Senkaimon oder ob er einen Kontakt in der Seireitei hat, der ihm die Dinge besorgt.“ Renji nickte. Er wusste nicht, wie die Politik im Gefängnis funktionierte, aber er Verstand die Yakuza. Er wäre überrascht, wenn Byakuyas Freund über kein großes Netzwerk von Leuten verfügte, die ihm Gefallen schuldeten, tauschten und all das. „Ist die Handlung sexy?“ „Bisher nicht“, gab Byakuya mit einem Seufzen zu. „Wobei meine Wertschätzung vielleicht dadurch gemindert wird, dass ich nicht in der Lage bin, die Motivationen der zeitgenössischen, japanischen High-School-Schüler zu begreifen.“ Mit einem schnaufenden Lachen lehnte sich Renji zurück. „Ich habe eine Zeit in der High School verbracht und ich habe nicht den Hauch einer Idee, was diese Schüler motiviert.“ Dann dachte er zurück an Chad und diesem nervtötenden Anhängsel. Wie war sein Name? Keigo? „Haben die viel Sex?“ „Die hier schon“, sagte Byakuya und ließ das Buch in den Schoß fallen. „Ihm wird von einem viel älterem Mann den Hof gemacht. Ich glaube, sie nannten es einen Büroangestellten. Dieser hat einen sehr… speziellen Geschmack.“ Renjis Augen wurden groß mit dem Verständnis. „Oh! Es ist ein Bondage-Buch!“ Byakuya warf Renji einen angesäuerten Blick zu, aber ein wenig Röte färbte seine hohen Wangenknochen. „Glaubst du, ich lese diesen Blödsinn wegen der Qualität der Dialoge?“ Mit einem Lachen neckte Renji: „Dann weiß ich nicht, warum du dich mit den ganzen Wörtern herumplagst, Taicho. Ich würde direkt zum Schweinkram springen.“ „Hast du überhaupt eines dieser Bücher fertiggelesen, die ich dir gekauft habe?“, fragte Byakuya mit scharf erhobener Augenbraue. „Was war das überhaupt? ‚Bara‘?“ „Ich habe mir die scharfen Stellen angeschaut“, Renji streckte die Zunge raus. „Und überhaupt ist es ja nicht so, dass die Sachen, die ich mir ausgesucht habe, groß was mit Charakterdesign zu tun hätten. Es geht schon ziemlich direkt zur Sache, wenn du weißt, was ich meine. Typen treffen sich und ficken. Ende.“ Byakuya schüttelte liebevoll den Kopf und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Manga. „Offensichtlich bin ich der Romantiker bei uns.“ Da war dieser Gedanke. Ein leicht beängstigender Gedanke. Renji wollte schon ein ‚das erklärt alles‘ schnauben, doch es gab keinen Grund einen Streit vom Zaun zu brechen. Außerdem war es wahr. Byakuya hatte viel mehr Erfahrung bei diesem Hofieren und Werben und all diesen typisch romantischen Dingen. Renji war noch nicht einmal auf ein Date gegangen – zumindest kein ordentliches mit Restaurant und so weiter – bevor er mit Byakuya zusammenkam. Nicht, dass es nicht genug Sex in Renjis Leben gegeben hätte, nur halt nicht sehr viel Romantik. Renji wollte romantisch sein. Er hatte sogar eine große, romantische Geste für Byakuyas Geburtstag geplant. Stattdessen hat er nackt von der Decke gehangen. „Ich frage mich, ob Hisagi die Club-Sache ans Laufen bekommen hatte“, wunderte er sich laut. „Ich würde dich immer noch gerne zum Tanzen ausführen.“ „Mmm?“, Byakuya blickte von seinem Buch auf. „Was ist mit Vizekommandant Hisagi?“ „Es sollte eine Überraschung für deinen Geburtstag werden. Ich habe Hisagi dazu überredet, ein Gebäude zu einem Club umzubauen – einen Ort zum Tanzen, der nicht in der Welt der Lebenden liegt. Ich hatte Bilder in meinem Kopf von dir und mir…“, Renji verstummte, denn es war eine selbstsüchtige Fantasie gewesen. Doch in seinem Kopf war sie immer noch toll: ein privater Tanz bevor alle reinkamen, die Lichter, Byakuya in seinen Armen, die Musik, irgendwie in der Öffentlichkeit zu sein und trotzdem eine gewisse Distanz für Byakuya. Aber es hätte niemals so geklappt, wie Renji es im Kopf hatte. Zusammen in der Seireitei tanzen? Das würde niemals passieren. Sicher, Byakuya hatte schon mit Renji in der Öffentlichkeit getanzt. Zu seinem Geburtstag, aber das war in der Welt der Lebenden gewesen. Dort war Byakuya nicht das 28. Clan-Oberhaupt. Nun ja, war er schon, aber es war irgendwie anders. Und es wäre so ein blutiges Desaster geworden, wenn sie zu einem langsamen Tanz angesetzt hätten, mit Matsumoto und Hisagi und all die anderen in Lauerstellung und Byakuya, der plötzlich auf die ‚Lass mich los‘-Schiene wechselte. Byakuya schaute ihn an, also zuckte Renji mit den Schultern und warf ihm ein breites Grinsen zu. „Die Bondage-Sache war eh besser. Denkst du immer über den Vierer nach?“ „Denkst du darüber nach? Soll ich Kommandant Ōtoribashi kontaktieren?“, Byakuya sah bei dieser Aussicht aufgeregt aus. Seine Augen waren groß geworden, wie ein kleines Kind mit Geschenk und seine Wangen waren errötet. Doch fast sofort verdüsterte sich wieder sein Gesichtsausdruck. „Ich vermute, das wäre kein angemessenes Betragen, solange ich wegen Unzucht unter Hausarrest stehe.“ Renji zog eine Grimasse und gluckste. „Als hätte es uns aufgehalten, als ich im Knast war. Und zumindest sind das seine Räumlichkeiten.“ Es erklang ein höfliches Klopfen und seine sehr müde aussehende Aio brachte ein schwer beladenes Tablett. Sie sah so wackelig auf ihren Beinen aus, dass Renji beinahe aufgestanden wäre, um ihr zu helfen. Doch dann erinnerte er sich, dass er nackt war. „Bist du in Ordnung, Aio?“, fragte er sie. „Du siehst zum Umfallen müde aus.“ Byakuya warf ihm einen harschen Blick zu. Aio erstarrte und wurde rot wie eine Tomate. Sie stellte das Tablett ab und ließ sich dann neben ihrem Bett in eine tiefe Verbeugung fallen. Sie begann sich wortreich zu entschuldigen: „Es tut mir so leid, meine Herren, ich… es ist… die Uhrzeit… Es tut mir so leid. Es tut mir so unendlich leid.“ Nachdem Renji ein bisschen im Kopf herumgerechnet hatte, bemerkte er, dass es ungefähr 3 Uhr morgens sein müsste, wenn nicht sogar später. Das ganze Essen und die Dienste, die sie in Anspruch nahmen! Das Küchenpersonal muss erschöpft sein. „Scheiße, kein Grund für all das, wir sind diejenigen, die sich-“ „Renji.“ Byakuya schnitt ihm scharf die Worte ab, in seiner Stimme schwang die Warnung deutlich mit. Renji setzte sich ruckartig zurück, als wäre er geohrfeigt worden. „Danke, Aio. Du kannst gehen“, sagte er bestimmt. Hitze kroch Renjis Wangen hinauf. Er biss den Kiefer so fest aufeinander, dass er spürte, wie die Muskeln zuckten. Als Aio aufstand, traf sich ihr Blick zufällig mit Renjis, doch er schaute weg. Er war gleichzeitig beschämt und wütend. Nachdem sie draußen und die Tür zugeschoben war, öffnete Byakuya den Korb auf dem Tablett und sagte: „Es ist ihr Job. Wir entschuldigen uns nicht dafür.“ „Du vielleicht nicht.“ Da er nicht aufstehen konnte, ohne das Essenstablett umzuwerfen, gestikulierte Renji wild zum Boden. „Aber sie ist mir gleichgestellt.“ „Aio ist dir nicht gleichgestellt, Renji Abarai-“ „Du hast recht“, gab Renji ungeduldig zurück. „Sie ist vermutlich aus einem höheren Distrikt als ich. Scheiße, sie ist vielleicht sogar innerhalb von Seireitei geboren.“ Byakuya, der seinen Blick nach unten gerichtet hatte, hob plötzlich seinen Blick und fixierte Renji. Renji spürte, wie er am liebsten geschrumpft wäre, doch Renji hielt dem Blick stand und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du bist ein Vizekommandant der Gotei“, sagte Byakuya in einem harten Ton. „Hast du nicht eben noch meiner Tante erzählt, dass du es nicht magst, erniedrigt zu werden, weil du dir deinen Weg aus all dem herausgekämpft hast?“ „Ich habe dir das verdammt noch mal auch schon gesagt.“ „Dann benimm dich auch so.“ „Indem ich mich wie ein unhöfliches Arschloch benehme? Nein danke“, schnaubte Renji. „Ich habe nur versucht dem Mädchen zu sagen, dass es scheiße ist, dass wir sie so lange auf Trab gehalten haben, dass sie hundskaputt ist. Ich habe ein bisschen Mitgefühl gezeigt, ein bisschen Anstand. Was zum Teufel ist daran überhaupt falsch?“ Byakuyas Lippen wurden zu einer dünnen Linie und sein Blick glitt zur Seite. Renji konnte fast spüren, wie Byakuyas Reiatsu nach innen gezogen wurden, wie er die Emotionen versuchte zu kontrollieren. „Du hast gesehen, wie sehr du sie beschämt hast. Sie wurde dadurch, dass du ihre dürftige Leistung kommentiert hast, gedemütigt. Du hast ihren Fehler angesprochen. Wie kann das was anderes sein, als ein ‚unhöfliches Arschloch‘ zu sein?“ Ah, scheiße. Renji rieb sich frustriert das Gesicht, denn da hatte er recht. Es machte Sinn. Er konnte es nachvollziehen… irgendwie. Die Wahrheit war trotzdem, dass er immer noch keine Ahnung hatte, wie er damit umgehen sollte. Er legte den Kopf gegen die Wand in seinem Rücken. Es war nicht wirklich mit Schwung, aber es war schon ein kleiner Aufprall. „Was zum Teufel, Byakuya. Du ignorierst einfach, wie sie sich abmüht? Das ist das Richtige?“ Byakuyas Antwort kam sofort und kühl: „Ja.“ Er schloss die Augen und ließ noch einmal seinen Hinterkopf gegen die Wand knallen. Dann seufzte er langgezogen. „Ich werde das niemals auf die Reihe kriegen. Es liegt nicht in meiner Natur.“ „Du denkst, es ist meine?“ Byakuyas Stimme war nun sanfter, wenn auch etwas gepresst. Renji öffnete die Augen und blickte ihn an. Doch Byakuya starrte ausdruckslos seine Schale dampfenden Reis an. Das Tablett sah aus, als wäre es für das Frühstück gedacht gewesen: gegrillter Fisch, Miso, eingelegtes Gemüse. „Ich habe es gelernt. Es hat Jahre gebraucht und ich habe furchtbare Fehler gemacht. Es so ist es das Beste. Für alle.“ Renji positionierte sich auf dem Bett Byakuya gegenüber und schäumte still vor Wut. ‚Furchtbare Fehler‘, was zum Teufel? Es schien Renji, dass diese Antwort das Irrsinnigste war, das er jemals gehört hatte. Wie kann jemand es mit Pauken und Trompeten vermasseln, nur weil man die Misere von anderen Leuten um einen herum nicht ignoriert? Wichtiger noch, dass das niemals passieren müsse. Wenn Renji die Uhrzeit bemerkt hätte, hätte er angeboten selbst etwas aus der Küche zu holen. Sie mussten nicht dem Personal zur Last fallen, indem sie alle aufweckten und aus dem Bett warfen, nur weil der Hausherr ein Hüngerchen verspürte. Byakuya goss den Tee ein. „Du bist immer noch zornig.“ Renji teilte den Fisch auf. Auch wenn es schon ein klein wenig gelogen war, schüttelte er den Kopf. Er wollte das nicht mit Byakuya besprechen, denn es unterstrich nur die Distanz zwischen ihnen. Byakuya seufzte und gab etwas Reis auf Renjis Teller. „Glaubst du, ich bemerke nicht, wie du dich fühlst? Nicht nur, dass es dir ins Gesicht geschrieben steht, du willst mich auch nicht anschauen. Du starrst das eingelegte Gemüse an, als wünschst du ihm einen frühzeitigen Tod.“ „Das ist mein Denkergesicht“, erinnerte Renji ihn. „Durchaus“, sagte Byakuya und ein kleines Lächeln war in seiner Stimme zu hören. „Also gut, was denkst du?“ Renji blickte auf. Byakuya zerteilte den Fisch normalerweise etwas mehr, obwohl er ihm schon eine recht große Portion gegeben hat. Byakuya schien den ganzen Vorfall mit Aio schon abgehakt zu haben. Das war wegen der ständigen Ausdruckslosigkeit schwer zu sagen, aber eine gewisse Härte war aus seiner Mimik verschwunden. Natürlich war das Thema für ihn beendet: so liefen die Dinge für ihn nun mal. Eine Sache, die Renji lernen musste zu tun und zu akzeptieren. Es war nicht so, als würde Renji die Ränge nicht akzeptieren. Oder Positionen, Status oder soziale Stellungen. Oder Plätze. Aber etwas bei dem Ganzen nagte an ihm. Etwas an Byakuyas lockerem Umgang seines Anspruches? Oder war es viel einfacher als das – oder noch komplizierter? „‚Furchtbare Fehler‘, huh? Du redest wieder über den Stalljungen? Ist das ein Teil deines Dämons?“ Ziemlich bewusst aß Byakuya 2 große Bissen Reis. Nachdem er gekaut und geschluckt hatte, sagte er: „Ich bin müde, Renji. Ich möchte essen und dann schlafen.“ Natürlich wollte Byakuya nicht darüber reden. Er schnappte sich etwas vom eingelegten Gemüse und entschied dann, einfach ohne ihn weiterzumachen. „Ich hatte immer gedacht, dass das Trauma mit dem Stalljungen war, dass dein Fetisch offengelegt wurde. Aber was war mehr als das, nicht wahr? Also was war es?“ Renji kaute auf seinem Gemüse herum und suchte nach weiteren Puzzlestücken in den Dingen, die Byakuya gesagt hatte. „‚Besser für alle‘ hast du gesagt. ‚So ist es besser für alle‘ – also nicht nur für dich, sondern auch für ihn? Hast du mir nicht mal erzählt, dass du dich auf die Suche nach ihm gemacht hast? Was hast du herausgefunden, als du ihn gefunden hast?“ Byakuya legte seine Essstäbchen hin. „Dass er mich gehasst hat. Dass er unsere Affäre durchgestanden hat in der Hoffnung, mich zu erpressen. Dass er Eishirōs Frau bestochen hatte. Das sie mit ihm unter einer Decke gesteckt hatte, in der Hoffnung, auch ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Doch durch Zufälle waren immer mehr Leute darin involviert und es glitt ihnen aus der Hand. Bist du überrascht? Nein? Und doch war ich es. Ich vermute, ich hätte es nicht sein dürfen, aber ich habe nicht nachgedacht, oder? Ich war blind vor Liebe und Verlangen und… Dummheit.“ Also hat Byakuyas Familie nicht nur dafür gesorgt, dass er sich wegen seinem Fetisch furchtbar fühlte, sondern der Typ, von dem er dachte, dass er genauso darauf stand, hat ihn nur benutzt. Scheiße. „Und das hat begonnen, weil du nett zu einem Typen warst – ein Typ, der dein Diener war?“ Byakuya grunzte angeekelt. „So einfach ist es nicht, Renji. Ja, das ist ein Beispiel. Wie ich gesagt habe, des fürchterlichsten Fehler. Aber es klappt niemals, zu versuchen Freunde mit deinen Dienern zu spielen. Sie sind keine Freunde. Sie sind Angestellte.“ „Richtig“, sagte Renji und füllte Byakuyas Teeschale und goss sich selbst nach. „Dein Leben ist offiziell traurig. Du brauchst mehr Freunde.“ Renjis Ton war ausreichend frech, dass Byakuyas Antwort ein Augenrollen war. „Du lässt das einfach klingen. Ich vermute, enge und bedeutungsvolle Freundschaften gibt es unter den Schmuddelkindern in Inuzuri wie Sand am Meer.“ Renji gluckste. „Warum glaubst du sonst, dass sie uns ‚Hunde‘ nannten? Wir kamen immer im Rudel.“ Byakuya nahm einen großen Schluck von seinem Tee und lehnte seinen Rücken gegen das Kopfende des Bettes. „Ich war einsam. Ein Einzelkind ohne einen Gleichgestellten. Niemanden in meinem Alter war es erlaubt, mit mir zu spielen, selbst wenn ich umgeben war von Kindern der Dienerschaft und den Dienern selbst. So viel davon ging auch als Zuneigung durch – ein Kuss bei einem kleinen Wehwehchen, in der Nacht zudecken… Aufmerksamkeit. Aber es wurde immer dafür Lohn gezahlt, nicht wahr? Verfügbar für jede meiner Launen und doch absolut limitiert und falsch.“ Er trank erneut einen Schluck von seinem Tee und atmete aus. „Doch ich habe nicht immer den Unterschied verstanden. Manchmal verstehe ich ihn heute noch nicht. Ich würde mir immer noch gerne vorstellen, dass ich Eishirō damals wichtig war, dass ich ihm heute wichtig bin – und doch kann ich es niemals wissen.“ Renji versuchte sich vorzustellen, wie das wohl gewesen sein mochte. Er hatte Leute in seinem Leben gehabt, denen er vertraut hatte und die ihn enttäuscht hatten. Die ihre Zuneigung nur vorgetäuscht hatten, gelogen hatten. Ein Teil vom Erwachsenwerden bestand darin herauszufinden, welchen Leuten man am Wahrscheinlichsten trauen konnte. Selbst im verrücktesten Drecksloch, dort wo die Verzweiflung dafür sorgte, das man sein hässlichstes Gesicht zeigte, hatte er immer noch ein paar dieser Leute gefunden. Er hatte Rukia gefunden. Rukia, ein Leuchtfeuer in seiner Dunkelheit. Wahre, lebenslange Freundschaft. Jemand, auf den er sich verlassen konnte. Jemand, dessen Zuneigung er niemals anzweifeln brauchte. Und da war der arme, kleine Byakuya, der niemanden für eine spontane Runde Onigokko hätte rufen können. Wenn er ein Spiel spielen wollte, musste er Leuten befehlen, mit ihm zu spielen. Und das hat er wahrscheinlich getan. Denn wer würde es nicht, wenn man noch klein ist und man Diener hatte, die sofort alles taten, was man von ihnen verlangte? Kein Wunder, dass es Byakuya niemals in den Sinn gekommen war, dass es vielleicht belastend sein könnte, wenn jemand die ganze Nacht Essen holen musste. Er machte das schon sein ganzes Leben lang und das war… ein seltsamer Ersatz für Liebe und Aufmerksamkeit. Denn er hatte nie jemanden Gleichgestellten gefunden, der ihn liebte. Byakuya hatte weiter Leute vom niedrigen sozialen Rang ausgewählt, Leute die er alleine dadurch kontrollieren konnte. Liebhaber konnte er – weil er das Familienoberhaupt oder der Kommandant war – befehlen, sich in seinem Büro auszuziehen. Er hat ohne Zuneigung genommen, was er wollte, damit er sich nicht fragen brauchte, ob die Gefühle erwidert wurden. So konnte er sich automatisch vor dem potentiellen Schmerz schützen. Kein Wunder, dass Byakuya so angepisst gewesen war, als Renji ihm seine Liebe gestanden hatte. Das hatte die Dynamik versaut, die sie aufgebaut hatten. Hat alles unsicher gemacht. Ja, Byakuya hatte wirklich einen ernsthaft krassen und verkorksten Dämon. In Ordnung. „Na ja“, sagte Renji mit einem Gähnen und streckte die Arme über seine Schultern, um die Gelenke knacksen zu lassen. „Auch wenn ich das Geld immer gebrauchen kann, könntest du mir nicht genug zahlen, um so zu tun, als wäre ich in dich verliebt.“ Vorsichtig beugte er sich über das Tablett und küsste leicht Byakuyas Lippen. Dann zog er sich zurück und versuchte, ihm in die Augen zu sehen. Er musste gegen Byakuyas Nase stupsen, damit er zu ihm aufblickte. „Du machst scheiße viel Arbeit, zu viel für mich, um es vorzutäuschen. Ich fürchte, du musst einfach mit der Tatsache klarkommen, dass ich, trotz all deiner Fehler, dumm genug bin, dich zu lieben.“ „Du bist nicht dumm, Renji.“ „Ja, bin ich. Dumm vor Liebe.“ „Byakuya lächelte leicht, dann starrte er wieder nach unten auf seinen Tee. „Das soll mich aufheitern?“ „Total“, grinste Renji. „Nur von jemandem geliebt werden zu können, der ein Idiot ist, ist nicht gerade eine überzeugende Bestätigung“, sagte Byakuya. Doch da zuckte wieder ein kleines Lächeln um seine Mundwinkel. Renji setzte sich zurück. „Nun ja, die Sache ist die, Lebensgefährte. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht für dich arbeite, dass du mich nicht bezahlst, damit ich in deiner Nähe bin. Und ich habe keine Ahnung, wie ich dir sonst sagen sollte, dass ich so oder so hier wäre. Außer dass du wissen musst, dass ich schon eine ganze Weile hinter dir her war.“ „Als ein Rivale“, sagte Byakuya, auch wenn sein Lächeln hinter der Teeschale gut zu erkennen war. „Ich war mehr als die Hälfte meiner Karriere bei den Hofgarden in der Elften. Jemanden töten zu wollen ist das Gleiche wie Liebe.“ Byakuya schluckte seinen Tee und ein Lachen hinunter. „Wahr genug.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)