Scatter and Howl von yezz ================================================================================ Kapitel 34: A Dark Night of the Soul ------------------------------------ Sei bitte gewarnt: Etwas von dem, was folgt, könnte triggernd sein. In diesem Kapitel wird eine Misshandlung thematisiert. Wenn dies jemand nicht lesen will, kann sich gerne bei mir per PN melden und ich "schneide" den Teil heraus und schicke den Text dann zu. „Es ist vorbei. Ergib dich“, zischte die Wächterin. Ihre Hände griffen verzweifelt in die Luft. „Übergib Senbonzakura sofort.“ Etwas daran, dass sie Senbonzakuras Namen immer so vertraut nutzte, störte Byakuya. Hatte es schon immer. Es klang schlimmer, als seinen eigenen Namen ohne jede Höflichkeitsform zu hören. Als er weiterhin zögerte, trotz ihrer Anordnung, hörte er sie murmeln: „Senbonzakura, Senbonzakura.“ Wie ein Gebet. Daran merkte Byakuya, dass das Ganze eine Falle gewesen war. Sie hatte ihre eigenen Untergebenen geopfert, um es geschehen zu lassen. Doch die Falle, die ausgelegt wurde, war nicht für ihn. Sondern für Senbonzakura. Irgendwie hatte die Wächterin gewusst, dass Senbonzakura kommen würde, da war sich Byakuya sicher. Aber wie konnte sie gewusst haben, dass das Zanpakutō erscheinen würde, wenn er selbst kaum verstand, wie das überhaupt möglich war? Er drehte das Schwert in seinen Händen, spürte das solide, vertraute Gewicht in seiner Hand. Real. Solide. Und doch… Es ist, als hätte ich dich herbei beschworen, dachte Byakuya. Aus der dünnen Luft heraus, aus dem Nichts. Nicht aus dem Nichts, sangen Senbonzakuras tausend Stimmen in Harmonie. Wir waren seit dem Beginn bei dir und wir sind das, was übrig bleibt, wenn alles andere verloren ist. „Übergib es“, kreischte die Wächterin und klang verzweifelt. Byakuya blickte auf, erwartete, dass sie eine eigene, gezogene Waffe hatte und bereit war, ihn irgendwie zu bedrohen – auch wenn sie bloß ein dritter Offizier und er ein Kommandant war. Sie hatte keine, doch da war etwas Komisch mit einem ihrer Augen. Die Kornea war dunkel geworden und die Iris schien in einem unheimlichen Gelb zu glühlen. Byakuya hatte so etwas schon einmal gesehen, als sich Ichigo Kurosaki in diesen maskentragenden Wahnsinnigen verwandelt hatte. Doch das war unmöglich. Die Vizards waren eine bekannte Größe; Ichigo ihre einzige Ausnahme. Die Wächterin musste ihre Verwandlung gespürt haben, denn sie hob ihre Hand, um das geschwärzte Auge von seinem Blick abzuschirmen. Als sie das tat, bewegte sich ihre Uniform. Die Bewegung des Stoffs entblößte eine konkave Delle direkt unter ihrer linken Brust. Ein Hollow-Loch? Was war diese Frau? „Gib es uns“, schnaubte sie wieder, kämpfte dabei sichtlich über die Kontrolle ihres schmerzenden Verlangens. „Senbonzakura.“ Konnte es sein? Konnte sie von ihrem Zanpakutō getrennt worden sein und sich jetzt langsam… irgendwie verwandeln? Vermischen zu einem Shinigami-Hollow-Hybriden? Aber nicht einmal Aizens Arrancar waren von ihren Zanpakutō getrennt gewesen. Das war selbst für ein Monster wie Sousuke Aizen eine viel zu grausame Methode gewesen… und doch gab es nichts anderes, was sich Byakuya vorstellen konnte, dass einen gesunden Shinigami derart langsam sterben ließ, als sich zu hollowifizieren. „Mein Senbonzakura ist kein Ersatz dafür, was du verloren hast“, sagte Byakuya zur Überprüfung seiner Theorie. „Sie werden dir nicht antworten.“ Etwas an dem, was Byakuya gesagt hatte, ließ sie keuchen, als hätte sie Schmerzen. Mit ihrer freien Hand umarmte sie sich selbst, ihre Finger liebkosten ihre Delle – ja, das war alles, was es war. Eine eingesunkene Stelle, ein noch nicht vollständig geformtes Loch. „Niemand antwortet, wenn ich rufe“, wisperte sie. „Verloren… verloren.“ „Verloren?“, wiederholte Byakuya neugierig. „Du hast dein Zanpakutō verloren?“ Die Wächterin schien den Tränen nahe, doch sie schluckte sie wütend hinunter. „Gib mir einfach deins.“ Sie schüttelte ihren Kopf, als antwortete sie auf irgendeinen inneren Dialog, den Byakuya nicht hören konnte. „Es passiert“, zischte sie. „Kommandant Tousen hat seines auch genommen und es gab ihm Bankai. Jemand anderes kann mein Loch füllen.“ Kann, dachte Byakuya, aber nicht, solange ich lebe. Niemals, sang Senbonzakura. „Ich weigere mich“, sagte Byakuya fest. „Ich weigere mich, mich deiner erdichteten Anklage zu ergeben und ich weigere mich, dir jetzt oder jemals Senbonzakura zu übergeben.“ Ihre Wut ließ ihre Stimme beben, wie ein straff gezogener Draht. „Wachen! Macht diesen Mann unschädlich.“ Byakuya spannte sich an, beobachtete die Schatten. Bereit, wenn es sein musste, weiteren Blutzoll zu zahlen. Doch niemand kam. Die Wächterin blickte verwirrt umher. Sie rief erneut nach ihren Untergebenen. „Wachen!“ Etwas in den Schatten bewegte sich endlich. Byakuya nahm Kampfhaltung an, zog Senbonzakura. Doch statt Wachen, materialisierten sich in der Dunkelheit weiße Uniformen. Weiß. Die Farbe der Uniformen der Gefangenen. Ten tauchte zwischen den Gefangenen auf und sagte: „Tatsächlich denke ich, Hanatori, dass du diejenige bist, die sich ergeben sollte.“ Renji konnte das Gefühl der Rastlosigkeit nicht abschütteln, das ihn überkommen hatte. Sobald er konnte, hatte er sich aus der Gesellschaft von Shinobu entschuldigt. Als er an der Tür zu den Räumlichkeiten des Hausherrn vorbeiging, hielt er inne. In der Luft war immer noch der schwere Duft von Süßgras. Der Geruch brachte sofort das Gefühl von Kinbaku-Seilen, die ihn festhielten, spreizten und in all die richtigen Stellen drückten und das leidige Warten auf Byakuyas Vergnügen. Erregung durchfuhr Renjis Körper. Verschissene drei Wochen, dachte er und versuchte, gegen die beginnende Erektion anzukämpfen. Ich sterbe noch an…, Renjis Gehirn suchte nach den richtigen Wörtern, gab auf und gab sich dann zufrieden mit… aufgestauter Geilheit. Und nun war Tantchen Verdammnis auf ihrem Weg. Was Renji wirklich wollte war, unter die Decke zu kriechen, die nach Byakuya roch und sich selbst vielleicht ein wenig von der Anspannung zu befreien. Aber wenn Tante Masama morgen auftauchen würde und Renji in Byakuyas Decke eingemummelt ohne eben diesen entdeckte… Nun ja, er konnte sich das Gemetzel nur vorstellen. Mit einem Seufzen nahm Renji die Hand von der Tür und ging weiter – zurück zu seinem eigenen, einsamen Feldbett. Sobald er draußen war, hielt er im eisüberzogenen Garten inne und starrte hinauf zum Mond. Er streckte seine Hand aus, als könne er ihn greifen. Und doch habe ich dich berührt, dachte er zu sich selbst. Habe dich auf mein Niveau hinuntergezogen, auch wenn nur kurz… Doch vielleicht warst du es, der mich hinaufgezogen hat. Mit einem Seufzen ließ er seine Hand fallen und schickte ein Stoßgebet in den Himmel. Ich hoffe sehr, dir geht es gut, Geliebter. Trotz der späten Stunde entschied Renji, dass wenn er heute auch nur die Chance auf ein bisschen Schlaf haben wollte, er noch ein bisschen von seiner angestauten Energie ablassen musste. Statt sich seinem Bett zuzuwenden, ging er also zur Trainingshöhle. Trotz dem Gefühl der Erleichterung, das Byakuya überkam, wurde er nicht unachtsam. Immerhin hatte er keine Ahnung, was das hier sein sollte – Ein Putsch? Ein Aufstand? Ein Gefängnisausbruch? – und ob oder ob nicht, er als amtierender Kommandant der Hofgarden das unterstützen sollte. Außerdem schien es offensichtlich für Byakuya, dass Ten etwas über die Pläne der Wächterin gewusst haben musste. Denn er war gerade rechtzeitig verschwunden. Viel mehr sogar wäre es unmöglich gewesen, herumzugehen und alle Zellentüren zu öffnen, wenn die Wachen nicht anderweitig beschäftigt gewesen wären. Ten musste daran gedacht haben, den Kidō-Schüssel rechtzeitig zu klauen, denn er war normalerweise ziemlich stark bewacht. Allerdings war es auch möglich, wenn man Tens besonderen Handel berücksichtigte, dass er jemanden bestochen hatte. Wie auch immer, Byakuya bezweifelte, dass die ganze Szene ein kompletter Zufall gewesen war. Als einige der Mithäftlinge die Arme der Wächterin ergriffen, schrie sie die Frage, die auch in Byakuyas Gedanken vorherrschte: „Was tut ihr?“ „Wir übernehmen“, erklärte Ten. „Ihr Narren! Ihr werdet niemals entkommen! Die Hofgarden werden nicht Halt machen, um euch zu jagen“, protestierte sie. Ten winkte Byakuya aus ihrer Zelle hinaus. Vorsichtig gehorchte er, behielt Senbonzakura aber bereit. Sobald er über die Türschwelle getreten war, schubsten die Häftlinge die Wächterin, die sie gerade noch gehalten hatten, hinein. Ten schob die Tür zu und benutzte den Kidō-Schlüssel, um sie zu versperren. Während er in beobachtete, spürte Byakuya einen Anstieg im Reiatsu. „Du kannst immer noch Kidō wirken“, bemerkte er. „Und du scheinst eine Waffe zu haben, also denke ich, wir stecken beide voller Überraschungen“, grinste Ten. Byakuya blickte zu den versammelten Häftlingen. Trotz der sanften Gewalt, mit der sie die Wächterin hinter Schloss und Riegel gebracht zu haben, schienen alle überraschend ruhig und gesittet. „Was ist euer Plan?“ Ten steckte die Hände in die Taschen seines weißen Hakama und lehnte seinen Rücken gegen die Wand nahe der Zelle. Die Wächterin lag auf dem Boden, umgeben von den Leichen der Wachen, die Byakuya getötet hatte, und schien zu schluchzen. „Na ja“, sagte Ten beiläufig, „da gibt es tatsächlich einige Pläne. Die Verräter haben für eine Flucht gestimmt. Ich denke, das ist dumm, doch sie sind ausnahmsweise einer Meinung, also… ist jeder auf sich alleine gestellt.“ „Sie werden nicht weit kommen“, sagte Byakuya, als er Senbonzakura in ihre Hülle steckte. Er schob das Zanpakutō an seinen Platz an seiner Hüfte und fügte hinzu: „Wenn sie irgendwie die übrigen Verteidigungslinien durchbrechen können, sind sie umgeben von den Ninja der zweiten Division.“ „Genau“, lächelte Ten. Seine braunen Locken verdecken den größten Teil seiner Augen, doch selbst im Halbdunkeln konnte Byakuya das Glänzen darin sehen. „Der Rest von uns wird bleiben, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Die Verrückten… Nun ja, wie ist sein Name, dieser Anführer der Gruppe, Miyamoto, sagte etwas von dem Wäscheraum und unbewachten Chemikalien und ich denke, Tado hat sich zu einem Amoklauf aufgemacht… Aber die Deserteure und ich hängen hier rum, weil wir planen unserem Protest Ausdruck zu verleihen.“ Byakuya, der Wiederholungen aller Art normalerweise hasste, war so perplex, dass er nur fragen konnte: „Ein Protest?“ Adachi, mit seinem markanten Schlangenhaut-Tattoo, nickte. Seine Augen glitten zu Senbonzakura mit einem ähnlichen Verlangen, wie das der Wächterin. Doch er schien besser in der Lage zu sein, sich zusammenzureißen. Mit einem Atemzug und das Verschränken der Arme vor seiner Brust, sagte er: „Wir haben ein paar Forderungen. Besseres Essen zum einen.“ Mit einem Blick zu seinem Stellvertreter und Kriegerpriester, fügte er hinzu: „Ein Gnadengesuch zum anderen. Auch ich bezweifle, dass sie uns Zweiteres geben werden, müssen wir es versuchen. Unser Schrei nach Gerechtigkeit muss aufgezeichnet werden, wenn auch sonst nichts passiert.“ „Wird er“, sagte Byakuya und dachte dabei an die Archive der Kuchiki und einige der geschichtlichen Geheimnisse, die dort enthalten waren. Ten blickte zu Byakuya in einer Weise, die ihn mehr als bewusst machte, dass er immer noch mit Blut und Eingeweiden beschmiert war. „Also Kuchiki, was sind deine Pläne?“ „Ich denke, ich gehe duschen.“ Ten lachte. „Guter Plan.“ Adachi lächelte zustimmend. „Wenn du fertig bist, solltest du zu uns in die Mensa kommen. Wir planen dort unseren Sitzstreik durchzuführen.“ Byakuya nickte, doch er plante nicht, sich zu ihnen zu gesellen. Er war zu vertraut mit der Justiz der Hofgarden, um zu glauben, dass selbst der friedfertigste Protest gut ausgehen würde. Zumindest würde ihre Rebellion zu ihrer Strafe hinzugefügt. Byakuya konnte sich nicht leisten, zusätzliche Zeit im Gefängnis zu verbringen. Eher wurden sie abgeschlachtet. Und wenn er dort war, Senbonzakura an seiner Hüfte, wäre die Anwesenheit einer Waffe ihre Ausrede. Besser war es, in einer der Einzelhaftzellen abzuwarten. Wie es das Schicksal wollte, kannte Byakuya eine, auf der bereits sein Name stand. Renji hatte sich fast verausgabt, als das Tenteikūra erschien. Ōmaedas Stimme klang überraschend kommandierend: „Alle verfügbaren Kommandanten werden um Unterstützung der zweiten Division ersucht. Wir haben Berichte über einen möglichen Gefängnisausbruch. Ich wiederhole, es gibt einen möglichen Gefängnisausbruch im Madennest.“ „Oh, du verarschst mich doch gerade“, murmelte Renji. Vermutlich sollte er sich selbst retten, doch er war bereits mit Blitzschritt unterwegs zur Zweiten. Er vermutete, es war besser, aufzukreuzen und wieder weggeschickt zu werden, als überhaupt nicht aufzutauchen. Mit einem frustrierten Blick zum Mond murmelte er: „Du bist scheiße. Das war das letzte Mal, dass ich zu dir gebetet habe.“ Renji kam zwei Schritte hinter Kenpachi in der 2. Division an. Zaraki musste gerade ein Bad genommen haben, denn seine Haare sahen nicht wie seine übliche Dämonenkrone mit den Glöckchen gespickten Stacheln aus und er hatte seinen ausgefransten, ärmellosen Haori über die Schulter geworfen. Er nickte Renji zu und blickte über das dunkle Gelände der Zweiten. „Ich frage mich, ob wir die einzigen sind.“ Statistisch gesehen war das unwahrscheinlich. Zumindest musste ein dritter Kommandant eine Nachtschicht haben. Wie auf ein Stichwort erschien Unohana neben ihnen am Fuß der Treppe. Als sie Kenpachi sah, beugte sie ihren Kopf, als verstecke sie ein geheimes Lächeln. „Wie ich sehe, hast du mal deinen Weg zu einem Kampf gefunden.“ „Heh“, schnaubte Kenpachi. Nachdem er Unohana einen langen, verächtlichen Blick zugeworfen hatte, wandte er ihr den Rücken zu. „Also sind es vielleicht nur du und ich als kämpfende Kommandanten, eh, Abarai?“ Falls Unohana beleidigt war, verbarg sie es gut. Doch es mache Renji trotzdem sehr unkomfortabel, aus welchen Gründen auch immer, zwischen diese beiden geraten zu sein. Er hatte diese offensichtliche, unausgesprochene Rivalität noch nie verstanden oder warum sie ihn so wenig… behagte. „Uh“, machte Renji. „Tatsächlich lassen sie mich vielleicht gar nicht mitmachen, ähm, wegen… Verwicklungen.“ Kenpachi warf ihm ein enttäuschtes Stirnrunzeln zu und schnalzte mit der Zunge, während er seinen Haori anzog. „Oh verdammt noch mal, Abarai! Erzähl ihnen einfach, dass du schon mal gegen deinen Freund Bankai eingesetzt hast und es wieder tun würdest.“ „Ja, Kommandant!“, sagte Renji automatisch. Es stellte sich heraus, dass man 50 Jahre in der Elften nicht einfach abschütteln konnte. Er errötete noch nicht einmal bei Kenpachis beiläufiger ‚Freund‘-Bemerkung. Stattdessen ging er hinter Kenpachi her, als sie die Treppen hinaufstiegen. Ein paar von Soi Fons normalen Soldaten schienen herumzuschwirren, um den Eingang der 2. Division frei zu machen. In der Ferne sah man Laternenlichter unter den Kiefern tanzen, während Leute das Gelände absuchten. Kenpachi rief: „Wer hat hier das Kommando? Denn ich und Abarai brauchen die Freigabe, dem Aufstand auf den Zahn zu fühlen.“ „Uh…“, begann Renji wieder, doch dann schloss er einfach den Mund, denn selbst wenn er nicht mehr der 6. Offizier war, man diskutierte man nicht mit Kenpachi Zaraki. Hirako Shinji erschien aus westlicher Richtung, sah irritierenderweise so vollendet aus, als wäre er irgendwie geradewegs vom Frisör gekommen. „Habe ich den Spaß verpasst?“ „Also wären es ich, Abarai und der Vizard“, bellte Kenpachi. Dann gluckste er. „Ich hoffe, diese Idioten sind keine absoluten Schwächlinge, denn ich habe mir ein Gewinnerteam zusammengebaut. Im Halbdunkeln waren die Duschen gruselig genug, dass Byakuya entschieden hatte, Senbonzakura vollständig mit hineinzunehmen. Er hatte das Zanpakutō an die Wand gelehnt, gerade so außerhalb des Wasserstrahls, aber innerhalb seiner Reichweite. Der zu große, geliehene Shihakushō war sofort in die Wäsche gewandert, als Byakuya den Stapel weißer Gefängnisuniformen gesehen hatte, von dem er sich bedienen konnte. Wenn die Dinge geregelt waren, würde er einen Ersatz-Shihakushō anfordern. Natürlich wäre er auch, wenn die Dinge geregelt waren, gezwungen, Senbonzakura abzugeben. Doch daran konnte er später denken. Byakuya drehte den Regler auf und stellte sich unter den schwachen Strahl, ließ das lauwarme Wasser über seinen Körper laufen. Es war eine Schande, dachte er, dass er nicht zu den anderen gehen würde. Denn sonst würde er sicherstellen, einen annehmbaren Wasserdruck und einen neuen Boiler auf die Liste der Forderungen zu setzen. Auch bessere Qualität der Seife, fügte er in Gedanken hinzu, als er den kreidigen Klumpen aus seiner Halterung nahm. Er schloss die Augen und ging die Bewegungen durch. Jeden Teil seines Körpers schrubbte und wusch er sorgsam ab. Das Licht war aus, die Augen geschlossen, denn er brauchte das Rinnsal des Wassers nicht sehen, der sich vom Blut seiner Gegner rot färbte. Noch mehr Körper für den Friedhof meiner inneren Welt, dachte er. Mein Erbe der Erbarmungslosigkeit. So in Gedanken verloren hätte Byakuya beinahe den Laut von Schritten hinter sich nicht gehört. In der Sekunde, als er das Klatschen von nassen Füßen bemerkte, ging Byakuya in den Blitzschritt über. Mit Höchstgeschwindigkeit griff und zog er Senbonzakura und richtete die gezogene Klinge auf… Tado…? Durchaus. Verrückt grinsend stand der rothaarige Riese, auch bekannt als der Kenpachi des Madennests, in der Mitte des Duschraums, splitterfasernackt mit einer harten Erektion. Er gluckste dunkel. „Hast du nie Geschichten über Gefängnisduschen gehört, Kuchiki?“ Seltsamerweise hatte er vor nicht allzu langer Zeit einen Yaoi-Manga gelesen, der eine solche Szene beinhaltete. Wie auch immer, das war nichts, was er plante, mit Tado zu teilen. „Hast du kein besseres Gespür als einen bewaffneten Mann zu attackieren?“ „Das kleine Spielzeug wird mich nicht aufhalten“, gluckste Tado und ging nach vorne, presste die Spitze von Senbonzakura in seine Brust. In dem Moment, als die Haut durchstochen wurde, sprang er zurück. „Was zur Hölle? Das ist eine lebende Klinge!“ Um dem Riesen gegenüber fair zu bleiben, es war dunkel. Byakuya vermutete, dass es möglich war, das Leuchten der scharfen Schneiden in der völligen Dunkelheit nicht zu sehen. Doch sicherlich hatte er hören müssen, wie er die Klinge gezogen hatte. „Wie lange ist es her, dass du den Klang von Stahl gehört hast?“ Es war offensichtlich Byakuyas Nacht, um den tiefsten, dunkelsten Schmerz jedermanns hervorzubringen. Brüllend stürmte Tado nach vorne. Es war eine Albtraumaufgabe. Soi Fon hatte Kenpachis „Dream Team“ aufgespalten und jeden von ihnen einen möglichen Ausgang zur Bewachung zugeteilt. Der Befehl war simpel: Jeden niedermachen, der herauskam. Kenpachi hatte sich gerade heraus geweigert, hatte gesagt, dass wenn er Fische in einem Fass fangen wollte, könnte er den Scheiß auch woanders tun. Er hatte hinzugefügt, dass wenn sie sein Bad noch einmal für so etwas Langweiliges unterbrechen würde, würde er ihr liebend gerne Suzumebachi in unvorstellbare Stellen rammen. Renji war gegangen, bevor er Soi Fons Antwort gehört hatte, doch er war sich sicher, dass sie eine solche Beleidigung nicht ohne irgendeine Art von Antwort schlucken würde. Vermutlich bekam Kenpachi trotzdem noch einen interessanten Kampf, doch das würde bei dem Anliegen mit den Flüchtlingen nicht helfen. Also postierten sich Unohana, Shinji und er an die Plätze, die die Aufklärungseinheit des Onmitsukidō als potentielle Ausbruchsstellen identifiziert hatte. Er war an einem einsamen, kleinen Ort mit einem engen Felsvorsprung einer Klippe, die unter dem Schatten der langen, schmalen Brücke, die zum Haupteingang der Gefängniseinrichtung, versteckt lag. Der Felsvorsprung war gerade breit genug, dass er komfortabel stehen konnte, Zabimaru entfesselt und bereit über seine Schulter geworfen. Der Offizier der Aufklärungseinheit hatte gesagt, dass wenn jemand hier herauskam, würde er sich vermutlich seinen Weg hinausgraben und hatte auf einen leichten Riss im Stein gedeutet, der kaum sichtbar war. Renji hatte gefragt, warum sie, wenn sie davon gewusst hatten, das Loch nicht einfach gestopft hatten. Doch der Offizier hatte nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: „Wir können ihnen nicht die ganze Luft abschnüren. Es ist eine natürliche Belüftung für das Höhlensystem.“ Der Wind pfiff um die blanken Kanten der Klippe, zog an Renjis Pferdeschwanz und raschelte durch seinen Saum. Da die Brücke über seinem Kopf war, kam selbst das Mondlicht nicht durch, ließ ihn so fast in kompletter Dunkelheit. Es wäre der beste Ort für einen Ausbruch. Es ist komplett geschützt und versteckt, dachte Renji. Bitte ihr verfluchten Götter, lasst sie nicht hier rauskommen. Doch mit seinem Glück würde das nicht nur eintreten, sondern Byakuya wäre der Erste, der herauskam. Nein, Byakuya würde nicht versuchen, auszubrechen. Herr Gesetz-und-Ordnung ist vermutlich gerade da drin und versucht jeden festzunehmen, der das überhaupt vorschlägt. Er machte vermutlich gerade alle bösen Typen mit seinem krassen Hakuda platt. Vielleicht würde, wenn der Inhaftierungstrupp ins innere Eindrang, sie Byakuya dort vorfinden, wie er alle im Zaum hielt und ihm sofort eine ‚Du kommst aus dem Gefängnis frei‘-Karte für sein vorbildliches Verhalten geben. Heh, schön wär’s. Aber es war eine nette Vorstellung. Der Wind trug den entfernten Klang von aufeinandertreffenden Schwertern zu ihm herüber, doch Renji war sich ziemlich sicher, dass das nur Kenpachi und Soi Fon waren, die ihren Disput austrugen. Es wäre ein interessanter Kampf zum Zuschauen, vor allem wegen Soi Fons häufigem Gebrauch von Shunpo und verdeckten Angriffen, die Kenpachi immer so unsportlich fand. Renji hoffte nur, Soi Fon würde ihn nicht töten. Oder umgekehrt. Denn trotz dem, was er behauptete, benutzte Kenpachi sowohl Shunpo als auch Kidō. Auch wenn Kenpachi schwor, dass er es nicht konnte, hatte Renji bemerkt, dass wenn er einem schnelleren Gegner gegenüberstand, Kenpachi ganz einfach schneller wurde. Ohne auch nur darüber nachzudenken beschleunigte er und hämmerte mit seinen Schlägen am Ende mit Shunpo-Geschwindigkeit auf seinen Gegner ein. Das Gleiche mit Kidō. Er verteidigte solche Angriffe ebenfalls ohne darüber nachzudenken. Sicher würde Kenpachi seinen Gegnern sagen, dass er einfach von Natur aus eine harte Haut hat, die magische Schläge abweist, doch Renji hatte etwas auf dem Schlachtfeld gesehen, dass ihn vermuten ließ, dass es mehr war. Sobald Kenpachi tief in der Klemme steckte, hätte Renji schwören können, dass er eine Art geisterhaftes Abbild gesehen hatte, das Kenpachi umgab. Es hatte wie eine Art leuchtender Kidō-Totenkopf, einen Schädel, ausgesehen. Vielleicht war es nur Yachiru, die ihn beschützte, doch was auch immer es war, es bewahrte Kenpachi davor, Opfer von Kidō-Attacken zu werden. Alles, um kampffähig zu bleiben. In einem ehrbaren Kampf zumindest. Renji musste seinem früheren Kommandant Respekt zollen, dass er Soi Fon gesagt hatte, dass sie sich ihre scheiß fiese Zuweisung in ihr weibliches Geschlechtsteil schieben könne. Unbewaffnete niedermachen? Das war Scheiße, die Aizen abziehen würde. Doch jemand musste es tun. Besser er, als jemand anderes. Dieser Gedanke war es gewesen, der Renji damals in den frühen Tagen hatte weitermachen lassen, als ihn Aizen oder Ichimaru auf beschissene Missionen in den Rukongai geschickt hatten. Hässliche Aufgaben abzulehnen sorgte nicht dafür, dass sie verschwanden. Es bedeutete nur, dass jemand anderes deinen Faden aufnehmen musste. Was sollte Renji tun, jemanden wie Momo oder Kira eine solche Bürde tragen lassen? Nein. Außerdem musste man einen Blick auf seine Seele werfen. Seine war fürs Töten gemacht. Dafür, seine Feinde mit den Zähnen zu zermalmen und wieder auszuspucken. Also würde es, wenn jemand diesen Weg entlangkam, Tote geben. Zabimaru würde ein Dämonenfestmahl über ihre Knochen und ihr Blut abhalten. Als Renji so dastand, konnte er sich wenigstens damit trösten, dass diese Männer vermutlich ihren Tod auf irgendeine Weise verdient hatten. Es waren Mörder und Diebe und was auch immer. Renji durfte sich nicht erlauben, zu sehr über die Makel des Rechtssystems der Hofgarden nachzudenken. Er musste nur seine Aufgabe erledigen. Und verdammt noch mal hoffen, dass keine diesen Weg nahm. Irgendwie, auch wenn Byakuyas Griff sich niemals gelockert hatte, hatte sich Tado auf ihn gestürzt. Sie fielen zusammen zurück und Byakuya schaffte es gerade so, dass sein Kopf nicht auf den nassen Fliesenboden aufschlug. Fleischige Hände griffen an seine Schultern, wickelten sich um eine handvoll Haare, rissen und zogen. Heißer Atem brandete gegen seinen Hals, der Geruch von Mann füllte seine Nase, als der Riese seinen nackten Körper auf ihn drückte, ihn erdrückte, es schwer machte, zu atmen. Besonders mit dem steifen Glied eines Fremden, das sich zwischen seine Schenkel drückte. Plötzlich fühlte sich Byakuya sehr jung und klein und verwundbar. Panik kam in ihm mit einer solchen Wucht auf, dass ihm fast Schwarz vor Augen wurde. Das Einzige, was ihn davor bewahrte, die Fähigkeit zum Denken zu verlieren, war die Tatsache, dass eine Hand immer noch Senbonzakuras Griff umschlossen hatte. Tados Brust war direkt am Griffschutz. Er war selbst hindurchgelaufen. Und doch hatte er noch nicht realisiert, dass er tot war. Als Tado begann, in den Raum zwischen Byakuyas Beinen zu stoßen, schaffte es Byakuya, alle Willenskraftaufzubringen, um die Klinge zu drehen. Ein heißer Schwall Blut schoss hinaus. Tados Stöhnen hätte sowohl aus Schmerz oder Lust sein können. Ein Erschaudern, das Röcheln eines Sterbenden, erschütterte seinen Körper. Ekelerregender Weise kam er, während er starb. Nun, da er alleine war, erlaubte sich Byakuya ein keuchendes Wimmern und die komplette, panische Erniedrigung, in dem er sich hektisch unter dem Leichnam hervorzappelte. Byakuyas ganzer Körper bebte vor Schock und er konnte spüren, wie er begann zu hyperventilieren. Mit Mühe krabbelte er zurück unter den Wasserstrahl der Dusche und ließ zu, dass das Prasseln von kaltem Wasser auf seiner Haut ihn beruhigte und erdete. Auf ein stilles Kommando hin löste sich Senbonzakura auf und materialisierte sich wieder neben ihn. Byakuya griff die Klinge, die wieder in ihrer Hülle war, mit beiden Händen, hielt sie fest und beugte seinen Kopf, während er gegen die Tränen ankämpfte. Er hasste diese Schwäche… Etwas, von dem er geglaubt hatte, dass er sie von sich gestoßen hatte, als er diesen Mann mit Senkei zerstört hatte. Byakuya hatte keine Ahnung, wie lange er dort gekniet und in der Dunkelheit gezittert hatte. Sein Magen hatte sich verkrampft und er hatte sich immer wieder übergeben, bis nichts mehr in seinem Magen war. Schlussendlich fühlte er sich leer und war in der Lage, aufzustehen und sich selbst zu säubern. Doch er tat alles einhändig, da er sich weigerte, sich von der tröstenden Präsenz von Senbonzakura zu lösen. Er zog sich auch so an, musste dafür über die zuckende Leiche on Tado steigen. Nun ruhiger, atmete er aus und dachte über die Ironie nach, dass er sich jetzt Kenpachi des Madennests nennen durfte. Das Weiß schien auch angemessen. Er fühlte sich wie ein Geist, leer und schwebend, während er sich auf den Weg zur Einzelzelle machte. Als er sich selbst einsperrte dachte er: Ja. Hinter diesen Wänden bin ich sicher. Renji stand so lange Wache, dass er begann zu glauben, dass zumindest einmal seine Gebete erhört wurden und er eine ruhige, ereignislose Nacht erleben würde. Natürlich hörte er genau dann ein schabendes Geräusch. Scheiße, dachte er und hob Zabimaru von der Schulter. Er machte ein Schritt zurück, setzte die peitschende Klinge frei und ließ sie hart gegen die Oberfläche des Felsens prallen. „Hey“, rief er. „Kehr um. Hier kommst du nicht raus.“ Die Stille schien nachdenklich. Dann, ohne eine Warnung, explodierte die Oberfläche des Felsens in einem gleißend hellen Feuerball. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)