Scatter and Howl von yezz ================================================================================ Kapitel 27: Out of the Frying Pan... ------------------------------------ Byakuya hatte gedacht, dass er sich selbst auf alles vorbereitet hatte, was ihm auf den Weg ins Madennest erwarten würde. Doch das hatte er nicht. Er hatte den langen Marsch erwartet, während er Soi Fons adrette, schlanke Form über die Brücke folgte. Die Trostlosigkeit und Leere dieses Ortes – die blanken Felswände, der graue, abweisende Himmel – war ebenso keine Überraschung. Genauso wenig wie die Demütigung der Torwächter, die ihn nach offensichtlichen Waffen absuchten. Was ihn überraschte war, dass auch wenn er seine mentalen Mauern sorgsam wieder aufgebaut hatten, sie nicht mehr so undurchdringlich waren, wie einst. Es war, als hätte sich Stein zu Stahlgeflecht gewandelt. Kleine Löcher in seiner Rüstung, durch die eine Brise wehte, die kühl sein Gesicht liebkoste, wie gestohlene Küsse. Die Mauern waren mal stark genug gewesen, um ihn taub und gefühllos zurückzulassen. Nun garantierten sie nur, dass er nicht zusammenbrach und die Emotionen zeigte, die unter Senbonzakuras Oni-Maske zu sehen waren. Und was er fühlte war Einsamkeit. Es war ein Fehler gewesen, Renji wegzuschicken. Renji wäre an seiner Seite gegangen, hätte er es erlaubt und dann, wenn sie ihn nicht weiter ließen, hätte er darum gekämpft, ihm weiter zur Seite stehen zu können. Byakuya wollte in der Lage sein, seinen Kopf zu drehen und jemanden zu sehen, der verzweifelt darum kämpfte, ihn niemals zu verlassen. Jemanden mit jedem Funken Kraft in seinem Körper kämpfen zu sehen, um weiter an seiner Seite bleiben zu können. Ein Schwarm von lauten Krähen tauchte auf und umkreisten sie von oben. „Das erinnert mich“, begann Soi Fon und blickte über ihre Schulter. Sie waren fast an der zweiten Wache des Haupteingangs angetroffen. „Ich vermute, dass deine Familie für deinen Aufenthalt zahlen wird?“ „Absolut nicht“, sagte Byakuya, ein heulender, beißender Wind verschluckte fast seine Worte. Soi Fon hielt an und drehte sich um, damit sie ihn anblicken konnte. Der Wind ließ die Ringe am Ende ihrer langen Zöpfe gegeneinander klirren, während sie hinter ihr wehten. „Dein Privatvermögen dann? Ich hatte gedacht, dass ich dir das Gemach zeige, in dem wir den Abarai-Jungen aufbewahrt haben. Schicke ich dich zu den normalen Insassen?“ Sicherlich war er in der Lage, sich Seichis ‚Aufwertung‘ von dem Geld zu leisten, dass seine Familie ihn als persönliches Gehalt gewährte. Doch in der jetzigen Situation konnte er sich auf keinen Geldfluss verlassen, der von den Kuchiki kam. Sie würden es als eine Art schlimme Beleidigung auffassen, dass sie für eine schicke Gefängniszelle zahlen sollten. Was verständlich war. Außerdem wäre dies das Erste, was Tante Masama kürzen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommen würde. Die einzige andere Einnahmequelle war sein Einkommen als Kommandant – aber das ging nicht. Sicherlich gäbe es da eine Art Ironie darin, sein militärischer Lohn zu nutzen, um für die Zeit zu zahlen, die er für Unzucht einsitzen würde. Doch er hatte vor langer Zeit angefangen, als er die Position eingenommen hatte, seine Gehaltsschecks zugunsten des Budgets der Division einzulösen. „Es scheint so, als müsstest du“, schlussfolgerte Byakuya. Soi Fons Lippen kräuselten sich nachdenklich, doch dann zuckte sie mit den Schultern. „Ich hoffe, du bist gut im Hakuda.“ Auch wenn sie sich bereits umgewandt hatte und ihren langen Marsch wieder aufgenommen hatte, versicherte Byakuya ihr: „Ich bin ein Meister.“ Eine Krähe rief dreist und frech: „Ha. Ha. Ha.“ Das Erste, was Renji tat, war die Offiziere mit Rang aus seiner Division zusammenzurufen. Er hatte Rikichi darauf angesetzt, etwas Essen und Tee, für die 21 Offiziere zu besorgen. Als auch der letzte Nachzügler es in die Kantine geschafft hatte, schloss er die Tür. „Es gibt keine einfache Art euch das zu sagen, also falle ich direkt mit der Tür ins Haus“, sagte er und ging hinüber zu den Tischen, an denen sie alle saßen. Ein Drittel der Offiziere hatte die Nachtschicht, daher hingen sie müde über ihre Teeschalen. Ein anderes Drittel war offensichtlich angesäuert, noch einige Minuten länger aufgehalten zu werden. Er hatte bereits einiges an Geflüster mit den Fragen gehört, was zur Hölle überhaupt vorging und wann der Kommandant endlich auftauchen würde. Einige waren am Spekulieren, dass eine weitere Kuchiki-Festivität anstehen müsse. Die meisten waren einfach nur wegen der Uhrzeit grummelig. Renji räusperte sich. „Also, uh, hier ist der Punkt: Kommandant Kuchiki wurde wegen Unzucht inhaftiert und wird drei Wochen im Madennest absitzen.“ Renji kam niemals dazu, den Rest zu erzählen, den er sich zurechtgelegt hatte. Ein Tumult brach aus. Alle riefen durcheinander. Ihre 15. Offizierin, Kaiyo, warf sich über den Tisch und attackierte Kinjo. In einer Sekunde saß sie auf ihn und schlug ihm ins Gesicht. Renji hatte kaum eine Chance, auf diese Überraschung zu reagieren. „Whoa, was zum Teufel?“ Als jemand Kaiyo wegzog, rief sie: „Du dreckige Petze, Kinjo! Du hast sie ausgeliefert!“ „Hab ich nicht!“, rief Kinjo. Er rieb sich den Kiefer und nahm die Hand an, die ihm Renji zum Aufrichten anbot. Er schaute zu Renji hinauf, seine Augen ernst: „Ich schwöre, Mann. Ich weiß, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten hatten, aber ich habe den Pakt ernst genommen.“ „Pakt? Welchen Pakt?“, fragte Renji. Die 15. Offizierin schüttelte die Leute ab, die sie zurückgehalten hatten. „Wir alle haben versprochen, das Geheimnis des Kommandanten zu bewahren“, sie blickte jeden ihrer Kollegen nach der Reihe an, ihr Blick hätte heiße, schmelzende Löcher in kalten Stahl bohren können. „Alle. Von. Uns.“ Huh. Renji fühlte eine seltsame Welle von Stolz. An vielen Tagen konnte er den Haufen nicht dazu bringen, dem Schichtplan zuzustimmen, doch sie alle hatten sich so um Byakuya und ihn geschart? „Schaut, reißt euch nicht gegenseitig in Stücke. Niemand hat uns verraten“, erklärte Renji ihnen. „Unsere… ähm, Beziehung ist aus Versehen herausgekommen…“, alle schauten ihn an und er fühlte, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht schoss. „… ähm, vor dem Kommandanten der Neunten.“ Da war eine ganze Menge Gefluche. Jemand, Renji war sich nicht sicher wer, schnaubte: „Verdammt, Renji! Kannst du deinen dummen Mund nicht halten?“ Bevor er die Anschuldigung korrigieren konnte, kamen die Fragen auf, mit denen er gerechnet hatte: „Was passiert jetzt?“ „Lieber Gott, wird es ein Militärgericht geben?“ „Wie lange ist der Kommandant weg?“ „Was zum Teufel, ich kann nicht glauben, dass das Kommandant Kuchiki passiert. Was tun wir jetzt?“ Renji hob die Hand, um den Ansturm zu stoppen. „Nehmt bitte jeder für eine Sekunde seinen Platz ein“, musste er sagen, da Sorge und Nerven einige Offiziere auf die Beine hatte springen lassen. Der 10. Offizier hatte angefangen, auf und ab zu gehen. Die 5. Offizierin hatte angefangen, mit ihren Händen zu ringen. Als sich alle wieder gesetzt hatten, sagte Renji: „Es sind drei Wochen. Hat er die Zeit abgesessen, ist das Thema erledigt. Kein Militärgericht, keine anderen Sanktionen und Verweise… oder Versetzungen. Also ist das alles, was wir durchstehen müssen: drei Wochen. Dann wird wieder alles normal sein. Ihr seid schon länger als diese Zeit ohne den Kommandanten und mich ausgekommen und ich werde dieses Mal hier sein… scheinbar als Kommandant in Vertretung.“ Es wurde wieder lauter, also musste Renji seine Stimme erheben, um zu sagen: „Das war die Idee des Kommandanten, nicht meine. Jemand muss den Papierkram unterschreiben, richtig?“ Es erklang vereinzeltes Gelächter. Renji fuhr fort. „Ich habe entschieden, nicht die ganze Truppe einzuberufen, weil… nun ja, wir haben immer noch viele ranglose Offiziere, die als Ehrenwache die Kuchikifamilien zu ihren Anwesen begleiten und, na ja, ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass ihr mir helfen könntet zu entscheiden, wie wir diese Information am besten streuen. Ich möchte offen und ehrlich darüber sein, aber ich habe das Gefühl, dass wir über die Ehre des Kommandanten sprechen. Und auch über die der Division.“ Einige nickten daraufhin ernst und grimmig. Jemand, Renji dachte es könnte vielleicht ihr klugscheißender 16. Offizier Aiji sein, der durch den Raum rief: „Zumindest sind wir nicht die erste Division mit einem Kommandanten, der Zeit im Madennest verbracht hat.“ Renji fixierte Aiji mit einem harten Blick. Er hob einen Finger, um zu zählen. „Das ist der erste und einzige Freibrief. Der Nächste, der Kommandant Kuchiki mit Mayuri Kurotsuchi vergleicht, fängt sich eine. Verstanden?“ Kaiyo hob die Hand. „Sekundiert.“ Kinjo schlug mit der Hand auf den Kantinentisch. „Der Antrag ist genehmigt. Jeder, der Scheiße über unseren Kommandanten redet, bezieht Prügel.“ Ok, gut, dachte Renji mit einem schiefen Grinsen, er konnte ‚Teambildung‘ und ‚moralische Bedenken‘ von seiner Sorgenliste streichen. Er blickte zu Nanako hinüber, die am anderen Ende des Tisches saß. Sie war die ganze Zeit verdammt ruhig gewesen. Renji hätte sich mehr Sorgen über sie gemacht, wenn sie nicht einen Stapel Papiere mit dabei gehabt hätte. Es schien so, als sei sie bereits tief im Thema Schadensbegrenzung involviert. „Richtig, also“, Renji ging zur Mitte des Tisches und setzte sich hin. Die Leute machten ihm Platz und drehten sich so, dass sie ihn anschauten. „Ich werde euch die ganze, schäbige Geschichte vom nächtlichen Debakel erzählen und ihr könnt entscheiden, was ihr euren Soldaten erzählt und was nicht. Die Sache ist die, dass die Gerüchteküche schon mächtig brodelt, also möchte ich, dass ihr direkt von mir hört, wie sich das Ganze zugetragen hat. Also, letzte Nacht sind der Kommandant und ich ausgegangen…“ Renji hatte den Teil mit der Verlobung ausgelassen, doch ansonsten war er ziemlich ehrlich gewesen. Nun ja, er hatte wegen ihres Streits ein wenig herumbasteln müssen, aber das war auch aus dem Grund, dass er sich im nüchternen Zustand selbst über den Ablauf nicht mehr sicher war. Die Offiziere brauchten ihre ganze schäbige Geschichte nicht zu kennen, wie Byakuyas verrückte Eifersucht und all den Leinen-Scheiß, also umschrieb er es als ‚wir haben beide dumme Dinge gesagt, wie man es eben tut‘ und sprang direkt zu dem Teil, in dem Byakuya seine Beherrschung verloren hatte und die Neunte involviert worden war. Doch sonst hielt er nichts zurück. Immerhin war es auch so gewesen, dass zumindest ein paar von ihnen den Patrouillen-Dienst in der Nacht gehabt hatten. Es war nicht so, als wussten sie nicht, dass er wegen Ungehorsam inhaftiert worden war und die Entschuldigungen, die sie beim Ladenbesitzer, dessen Fensterläden zerstört worden waren, nicht mitbekommen hätten. „… der Kommandant wollte mich heute Morgen lieber nicht in der Nähe haben, doch Rukia war da, als der Generalkommandant die Strafe verkündet hat. Sie hat mir darüber berichtet. Die einzige andere Sache, von der ich weiß ist, dass der Kommandant zutiefst besorgt ist, dass sich seine Familie einmischt – so weit, dass er mich losgeschickt hatte, um Central 46 über die Möglichkeit eines Familienkriegs zu informieren.“ „Ist das der Grund, warum er dich zum Übergangskommandanten ernannt hat?“, fragte Nanako. „War er besorgt, dass die Kuchiki einen von ihnen einsetzen würden?“ Renji hatte darüber nicht nachgedacht, doch er nickte. „Vielleicht. Man möchte nicht glauben, dass sie die Autorität besitzen würden, doch ihre Beziehung mit der Division ist seltsam.“ Da war viel Genicke von den Offizieren, die Zeit in anderen Divisionen verbracht hatten. „Ein Familienkrieg“, grübelte Kinji und schwenkte seine Teeschale in der Hand. „Was ist das überhaupt? Was können wir gegen einen Haufen Adligen in ihren Familienerbstücken von Samurai-Rüstungen auf Pferderücken tun? Wir können sie nicht bekämpfen… oder doch?“ „Nein, können wir nicht“, sagte Renji. „Wir werden ihnen wohl einen Warnschuss vor den Bug geben müssen. Die Sache ist die, dass Central nur zulässt, dass wir das Eigentum der Division verteidigen. Theoretisch ist es eine gute Idee, uns aus dem Familiengeplänkel herauszuhalten, außer dass es in der Realität wortwörtlich unsere Hintertür ist. Wir haben auch Leute in den abgelegenen Gegenden, die als Wache fungieren und als Geisel genommen werden könnten. Alle unsere Leute sind ranglos, sie haben kein Shikai. Das ist eine echte Sorge. Ich würde es keinem Kuchiki absprechen, dass sie jede Gelegenheit ergreifen, die sich bekommen. Das ist ein skrupelloser Haufen und sie schießen schon seit langem gegen Byakuya.“ „Vielleicht sollten wir einen Ausschuss formieren“, sagte Nanako. „Im Grunde bin ich der Ansprechpartner für die Familie, doch ich könnte Ratschläge von jedem brauchen, der Verbindungen zu adligen Familien hat. Ich habe das Gefühl, dass wir besser einen Plan entwerfen, auf den wir jederzeit zurückgreifen können.“ „Aber es sind nur drei verdammte Wochen“, sagte Kinjo. „Was zum Teufel können sie in drei Wochen tun? Ihre Armeen haben kein Shunpo. Wir schon.“ Renji lachte. „Schlägst du vor, dass wir einfach zu den Leuten mit größeren Gütern gehen und sagen: ‚Hey, egal was du gerade denkst: Lass es‘?“ „So in der Art“, grinste Kinjo böse. Renji dachte darüber eine Sekunde nach, doch dann schüttelte er den Kopf. „So toll das auch klingt, ich denke nicht, dass es eine gute Idee ist, dass meine erste Amtshandlung als Kommandant der Sechsten ist, dass ich der Kuchiki-Familie den Krieg erkläre. Ich sag’s nur.“ Die Wächterin warteten am Ende der Brücke auf Byakuya und Soi Fon. Sie war so beunruhigend wie beim ersten Mal, als Byakuya sie getroffen hatte. Eine große Frau mit leuchtend weißen Haaren, die zweckmäßig geschnitten waren.. Ihr Shihakushō war auch nicht besonders auffällig. Doch ihre Hände, die sie versuchte vor dem Bauch ineinander verschränkt zu behalten, schien gelegentlich nach etwas zu greifen, als versuche sie etwas Unsichtbares zu fassen zu bekommen, was vom Himmel fiel. Sie verbeugte sich vor ihrer Kommandantin, aber ihre scharfen Augen verließen Byakuya nie. „Gut, sie zu sehen, Kommandant Kuchiki“, sagte sie lächelnd. Sie konnte ihre Hände nicht davon abhalten, hinaufzugleiten und sich zu bewegen, als würde sie einen Kreis um seinen Körper ziehen. „Und mit Senbonzakura um euch herum, wie einen funkelnden Umhang. So schön.“ Sie trat hervor und ihre Hände streckten sich aus, doch stoppten direkt an Byakuyas ‚Sicherheitszone‘ von 85 Zentimetern. „Dein Meister war sehr unartig, Senbonzakura“, sagte die Wächterin, schaute für einen Moment in den Himmel und blickte ihn dann wieder scharf an. „Und närrisch, wenn er denkt, dass er innerhalb dieser Wände im freigesetzten Zustand sein kann. Ich hoffe, er hat einen Notfallplan für dich. Es wäre sehr bedauerlich, wenn du dich wieder hier materialisierst, in seinen Händen.“ „Das wird Senbonzakura nicht“, sagte Byakuya, hatte es dabei schwer, die Verärgerung aus seiner Stimme zu halten, obwohl er seine Mauern hochgezogen hatte. Senbonzakura sang laut von der Abneigung für diese Frau. „Dann ist alles in Ordnung“, lächelte sie. Byakuya erwartete fast abgebrochene, kaputte Zähne, doch sie waren gerade und weiß. „Willkommen im Madennest.“ Soi Fon beobachtete den Austausch geduldig und sagte dann zu ihrer Wächterin. „Er zahlt nicht für den besonderen Raum.“ „Nein? Wie erfreulich“, sagte die Wächterin. Soi Fon schüttelte über ihre Wächterin den Kopf. „Du bist so seltsam wie dein nervtötender Vorgänger, Hanatori.“ Zu Byakuya sagte sie: „Ich komme dich in drei Wochen wieder abholen. Mach hier nichts kaputt, aber jede Leiche, die du zurücklässt, wird ein Geschenk für mich sein.“ Damit drehte sie sich um und schritt bedächtig über die Brücke. Byakuya musste wohl überrascht eine Augenbraue gehoben haben, denn die Wächterin nickte. „Ich befürchte, es ist da drin ein bisschen grimmig. Egal, was mein Kommandant sagt, mein Vorgänger und ich sind uns nicht ähnlich. Er war skrupelloser dabei, den Frieden zu bewahren. Folgen sie mir, ich gebe ihnen eine Tour.“ Byakuya konnte sich nicht vorstellen, dass er eine Wahl hätte. Außerdem sank sein Herz bei dem Gedanken an jemanden, der weniger skrupellos war, wie Kisuke Urahara. Das Treffen mit den Offizieren ging noch bis kurz vor Mittag. Ein paar der Offiziere, die Nachtschicht gehabt hatten, lagen mit den Köpfen auf dem Tisch und schnarchten laut. Doch als er sanft einen der schlafenden Offiziere weckte, indem er ihn an der Schulter schüttelte, dachte Renji, dass es in Anbetracht der Lage ganz gut gelaufen war. Nanako hatte ihr Komitee. Sie hatten sich in eine Ecke zurückgezogen und besprachen, wer wen in der Kuchiki-Familie kannte und was für Fäden sie mit welchem verfügbaren Spion ziehen konnten. Es gab überraschend wenige Anschuldigungen. Einige Leute waren felsenfest davon überzeugt, dass Renji die Schuld daran trug, dass das Geheimnis rausgekommen war. Doch das war nur, weil sie sich weigerten zu glauben, dass es überhaupt möglich war, dass Byakuya jemals zu viel trinken würde. Er konnte ihnen das nicht wirklich vorwerfen, denn ein betrunkener Byakuya machte Renji auch immer wahnsinnig und er hätte es auch niemals geglaubt, wenn er es nicht selbst erlebt hätte. Doch ansonsten ging es in der Division darum, zusammenzurücken und die Lücken zu füllen. Renji musste zugeben, dass ihn das ein wenig stolz machte. Als er zur Sechsten gegangen war, hatte er gewusst, dass das ein loyaler Haufen war, besonders gegenüber ihrem Kommandanten und diesem ganzen ‚edlen Gründe‘-Ideal, doch es war etwas anderes zu sehen, wie sie es auf ihn ausweiteten. Hätte er jemals einen Zweifel gehabt, wäre es jetzt offensichtlich, dass er einer von ihnen geworden war. Zumindest während einer Krise. Es schien ein paar zu geben, die gewillt waren, ihre unausgesprochenen Beschwerden oder Vorurteile zur Seite zu schieben, so lange sie das Gefühl hatten, dass Renji seinen Job machte. Er hatte bereits entschieden, heute eine zweite Schicht zu übernehmen. Es gab keinen Grund, sich freizunehmen, wenn er niemanden hatte, zu dem er gehen konnte. Das erinnerte ihn an etwas. Er beschwor einen Schmetterling und schickte Soi Fon eine Anfrage, wie das Prozedere war, um Byakuya zu besuchen. Er stolperte nur zwei Mal über „Kommandant in Vertretung Abarai“. Scheiße. Doch ehrlich gesagt wäre er wirklich froh, wenn er sich niemals daran gewöhnen müsste, das zu sagen. Wie erwartet spürte Byakuya, dass die Verbindung zu Senbonzakura gedämpft wurde, sobald er über die Türschwelle des Gefängnisses trat. Die Wächterin warf ihm in genau dem Moment ein wissendes Grinsen zu, als das Lied verstummte. „Trotzdem“, sagte sie und leckte ihre Lippen, als erinnerte sie sich an etwas Schmackhaftes. „Du hast Glück. Vielen hier werden ihre Begleiter mit Gewalt genommen.“ Und du genießt das offensichtlich, dachte Bykauya, sagte es jedoch nicht. Gitter glitten zur Seite und gaben den Blick auf einer kräftigen Torwache frei. Er war nur ein bisschen beunruhigt, dass die Wächterin scheinbar diese Demütigung beobachten würde, doch es war egal. Das war genau die Sache, auf die er sich mental vorbereitet hatte. Als er den Hakama fallen ließ, dachte er, dass die Psychologie hinter so etwas schon Sinn machte. Ohne Zweifel war es wichtig, den Häftlingen zu zeigen, dass sie keine Privatsphäre mehr hatten. Tatsächlich benutzte die Akademie eine ähnliche Taktik bei neuen Rekruten mit einer biegsamen Denkweise. Als er die Schleifen löste, spürte er Augen auf sich ruhen. Vermutlich suchten sie nach Schwachstellen. Vielleicht erwarteten sie Eitelkeit, doch Byakuya rechnete bereits damit, seine Haare zu verlieren. Von den normalen Insassen wurde es wahrscheinlich erwartet, damit sich Läuse nicht ausbreiteten. Er würde keine Träne verdrücken, wenn sie ihm den Kopf rasierten. Die inneren Schleifen waren auch gelöst und so ließ er Shitagi und Kosode gemeinsam fallen. Er ging einen Schritt nach vorne, als präsentierte er sich selbst. „Du bist überraschend folgsam“, sagte die große Wache, schaffte es dabei, sowohl enttäuscht, als auch beeindruckt zu klingen. „Und keine Unterwäsche? Es sind immer die Unscheinbaren, nicht wahr, Hanatori?“ „Der hier hat viele Geheimnisse“, sagte sie. „Kommandanten-Niveau, also werden wir ihm Essen geben müssen.“ „Verdammte Scheiße, du bist jetzt schon meine Nummer eins unter den Nervensägen, hübscher Junge“, grummelte die Wache. Dann ließ die Wache ihn die Arme heben, sich umdrehen, den Mund öffnen und die Zunge anheben. Die Wache war nahe genug vor Byakuya getreten, dass er ihm in die Nase hätte beißen können. Er schaffte es, sich zu beherrschen. Byakuya war der Meinung, dass er sich gut schlug, wenn man bedachte, dass er in gemischter Gesellschaft betrachtet wurde, wie ein wertvolles Rennpferd. Der Ärger kam unerwartet. Byakuya war perfekt darauf vorbereitet, seine Pobacken auseinander zu halten, sich zu hocken und drei Mal zu husten. Als er aufstand, atmete er leicht durch. Das Schlimmste war jetzt sicherlich vorbei. Er war gerade fertig damit geworden, sich anzuziehen, als die Wache sagte: „Als letzten Schritt muss ich deine Haare prüfen. Ich werde nur meine Finger hindurchgleiten lassen, um sicher zu stellen, dass du keine Drähte oder sonstiges in deinen lieblichen Locken versteckt hast.“ „Nein“, sagte Byakuya wie von selbst. Die Wache, die seine Hände erhoben hatte, blinzelte. „Du kannst nicht ‚Nein‘ sagen und was zum Teufel, jetzt weigerst du dich? Das ist nicht die Stelle, an der sich die Leute normalerweise gegen mich auflehnen.“ Byakuya fand das schwierig zu glauben. Immerhin hatte keine der bisherigen Forderungen beinhaltet, dass er berührt wurde. Beglotzt und beobachtet, sicher, aber nicht einmal hatte es die Hand eines Fremden auf ihm beinhaltet, doch das war eine Sache, die ein Liebhaber tun würde. Tatsächlich war die letzte Person, die seine Finger durch Byakuyas Haare hatte gleiten lassen, Renji gewesen. Und Byakuya war fest entschlossen, dass Renji die letzte Person war. „Ich möchte es lieber abschneiden lassen, als deiner Berührung zuzustimmen.“ „Wirklich?“, die Wache blickte zur Wächterin. „Denn du bist nur drei Wochen hier. Wir hatten nicht vor, damit irgendetwas zu machen.“ Und mit Läusen zu gehen? Nein. „Schneidet es.“ „Die Suche dauert vielleicht 5 Minuten.“ Byakuya sagte nichts, doch als die Wache nach ihm griff, glitt er aus seiner Berührung. Shunpo schien innerhalb dieser Mauern gut zu funktionieren. Vielleicht ein bisschen langsamer, doch immer noch ausführbar. Die Wache blickte zur Wächterin, die mit den Schultern zuckte. „Also schön, auch wenn dich jemand anderes anfassen muss, um deine verdammt wertvollen Haare zu schneiden, du Idiot. Es ist nicht so, als würden wir den Insassen Scheren geben und sagen ‚Habt Spaß damit, Jungs‘.“ „Ich bin auf einen Haarschnitt vorbereitet“, sagte Byakuya fest. Die Wache schüttelte seinen Kopf. „Richtig, dann denke ich, dass du durch Tür Nummer zwei gehen musst.“ Er nickte in die Richtung, in die Byakuya gehen musste und eine Tür glitt auf, wie durch einen internen Mechanismus oder Kidō. Als Byakuya durch die Tür trat, hörte er die große Wache murmeln: „Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der einen Gefängnishaarschnitt erfragt hat. Du hast recht, Hanatori, der ist seltsam. Er wird Ärger machen. Merk dir meine Worte.“ Der Frisör hatte die Finesse eines Metzgers, aber er war barmherzig schnell. Da waren keine Spiegel. Byakuya hatte keine Ahnung, wie er aussah, bis die fleischige Wache ihn an der nächsten Tür wiedertraf. „Huh“, sagte die Wache. „Vielleicht war es doch eine gute Wahl. Du siehst krass aus, hübscher Junge.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)