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Persona: Another Mirror Story

von

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II - Das Erwachen

Die Melodie der Arie klingt an meinem Ohr, weshalb ich irritiert die Augen öffne und mich umsehe. Wieder stehe ich inmitten des verspiegelten und in blau gehaltenen Raumes, dessen Teppich ein goldenes V und ein Lorbeerkranz ziert, und in mir keimt die Frage auf, wie ich hierher gelangt bin. Der Raum ist leer. Außer mir und meinem Spiegelbild, welches ich in den unzähligen Spiegeln um mich herum erkenne, ist niemand sonst hier. Jedenfalls denke ich das.

"Willkommen im Velvet Room.", lässt mich die Stimme Igors erschrocken herumfahren und innerlich fluchen.

Verdammt noch mal, wieso muss er auch einfach so aus dem Nichts auftauchen? Mein Herz beruhigend lege ich meine Hand auf die Brust und sehe den merkwürdigen Mann vor mir an. Wieder sitzt er auf seinem blauen Sofa vor einem mit einer blauen Tischdecke bedeckten runden Tisch, die Hände auf eben diesem ähnlich einer Brücke abgestützt und sein Kinn darauf bettend.

Er grinst mich breit an und löst eine Hand aus dieser Verbindung, die er leicht hebt: "Verzeih. Es war nicht meine Absicht dich zu erschrecken, mein Kind. So setz dich doch."

Wieder erscheint der mit blauem Samt bezogene Stuhl vor mir und wie schon beim letzten Mal zögere ich kurz, bevor ich Platz nehme. Dann fixiere ich den kleinen Mann mit der viel zu großen Nase mit einem ernsten Blick, denn immer noch brennt mir die Frage auf der Zunge, wieso ich überhaupt schon wieder hier bin. Eigentlich habe ich ja gehofft, dass es nur ein einmaliger Traum war, obwohl ich mir schon irgendwie denken konnte, dass er wiederkehren würde.

"Wie mir scheint hast du bereits erste Bekanntschaft mit deinem Schicksal gemacht.", holen mich Igors Worte wieder aus meinen Gedanken.

Es dauert eine Weile, bis seine Worte mich wirklich erreichen, doch kaum habe ich sie vollends verarbeitet bemerke ich, wie mir die Farbe aus dem Gesicht weicht. Die Erinnerung an die Begegnung mit diesem merkwürdigen Schatten am Abend kommt mir wieder in den Sinn. Das soll mein Schicksal sein? Igors Kichern erklingt, wobei ich nichts Lustiges an der Situation erkennen kann. Wieder fixiert ihn mein Blick, bis meine Aufmerksamkeit auf eine Karte gerichtet wird, welche vor dem Grauhaarigen schwebt. Erst leuchtet sie strahlend blau, doch dann manifestiert sich langsam ein Bild darauf und ich muss schwer schlucken, als ich die Karte des Todes sehe. Igor nimmt die Karte zwischen seine Finger und betrachtet sie einen Moment.

"Es scheint mir, als sei dein Schicksal sehr eng mit dieser Arcana verbunden.", sagt er eher glucksend.

"Wie meinen Sie das?", frage ich vorsichtig, doch eigentlich will ich die Antwort gar nicht wissen, denn viel zu groß ist meine Angst vor der Bedeutung der Karte.

Igor schweigt jedoch und grinst nur und innerlich bin ich froh, dass er nichts sagt, auch wenn meine Neugier geweckt ist. Stattdessen legt er die Karte verdeckt auf den Tisch, woraufhin sie wieder verschwindet. Danach legt er sein Kinn wieder auf seine zusammengelegten Hände und sieht mich an. Eine kurze und für mich sehr unangenehme Stille tritt zwischen uns, während mich dieser Mann zu mustern scheint.

Dann schließt er die Augen und grinst noch breiter: "Nun, das wirst du noch früh genug herausfinden. Deine nächste Begegnung mit diesem Schicksal wird anders verlaufen. Vertrau mir. Ich bin schon sehr gespannt, wie du dieser Aufgabe gegenübertreten wirst und wie du deinen Weg beschreiten wirst. Wir werden das nächste Mal darüber sprechen, wenn die Zeit gekommen ist. Bis dahin, Lebewohl."

Das Bild um mich herum verschwimmt und taucht mich kurz darauf in tiefste Dunkelheit.
 

Mittwoch, 15.April 2015
 

"... und so wollen wir in das neue Schuljahr gehen mit Tatenkraft und...", schallte die Stimme des Direktors durch den Saal und ließ Mika aufschrecken.

Irritiert sah sie sich um. Wo war sie? Nur langsam registrierte sie ihre Umgebung und erkannte die riesige Turnhalle der Highschool, in welcher sich alle Klassen mitsamt ihren Klassenlehrern eingefunden hatten, um der Schuleinführungsrede des Schuldirektors zu lauschen. Müde rieb sie ihre Augen, um den Schlaf darin zu vertreiben, als sie einen leichten Stoß in ihre Rippen bemerkte und fragend in die Richtung der Ursache sah. Einen Moment später blickte sie in zwei grüne Augen.

"Guten Morgen Schlafmütze. Gut geschlafen?", fragte Akane leise.

Erschrocken sah Mika die Braunhaarige an. Hatte sie wirklich so tief geschlafen? Ja gut, sie konnte sich wirklich nicht mehr an den Anfang der Rede erinnern, also musste sie gleich zu Beginn eingeschlafen sein. Hoffentlich hatte sie nicht zu viel verpasst und niemand hatte es bemerkt.

"Mach dir keine Gedanken.", sagte Akane plötzlich mit einem Grinsen, "Du bist nicht die Einzige, der das passiert. Und gesehen hat es auch keiner. Mir ist es auch erst aufgefallen, kurz bevor du aufgewacht bist."

Erleichtert atmete Mika auf. Glück gehabt. Die junge Frau hob ihren Blick, um sich wieder auf die Rede des Direktors zu konzentrieren, als sie noch einmal in Akanes Gesicht sah und darin ihren besorgen Ausdruck bemerkte.

"Ist alles in Ordnung? Du warst vorhin schon so blass.", stellte die Braunhaarige fest und legte den Kopf leicht schief.

Mika schwieg und überlegte, ob sie ihrer Klassenkameradin erzählen sollte, was am Abend geschehen war. Mit Sicherheit würde sie ihr nicht glauben, immerhin konnte sie es selber kaum glauben. Und beweisen konnte sie es erst recht nicht. Sie zweifelte ja schon selbst daran, dass es wirklich geschehen war und hätte sie am Abend beim Duschen nicht diesen roten Abdruck an ihrem Knöchel gesehen, dann hätte sie es wirklich nur als Traum abgetan. Doch auch der Abdruck war am Morgen wieder verschwunden gewesen, nachdem sie aufgestanden war. Also war sogar dieses Beweisstück weg. Und selbst wenn sie ihr glauben würde, so eine Geschichte würde sie doch nur verunsichern. Also entschloss sich Mika dazu es kurz zu halten und antwortete nur, dass sie schlecht geschlafen hätte und deshalb total übermüdet war. Ihre braunhaarige Freundin legte kurz den Kopf schief und wollte noch etwas erwidern, als beide Mädchen einen Klaps auf den Hinterkopf bekamen. Erschrocken drehten sie sich um und blickten in das strenge Gesicht ihrer Klassenlehrerin.

„Ruhe jetzt ihr beiden!“, schimpfte sie leise, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen, weshalb die jungen Frauen kurz zusammenzuckten.

Noch während sich Mrs. Masa wieder herumdrehte, um zu ihrem Platz zurück zu gehen, blähte Akane beleidigt die Wangen auf und nuschelte, dass es unfair sei, dass nur sie angemahnt wurden, immerhin gab es genug andere, die ebenfalls quatschten. Mika entlockte das ein leises Kichern, bevor sie sich wieder auf die Rede des Direktors konzentrierte und sich dabei etwas in der Turnhalle umsah. Die Schüler waren in Klassen und Stufen eingeteilt worden. Ganz vorn, vor der Bühne, saßen die Schüler aus dem ersten Jahr und dahinter, durch einen Gang getrennt, wurde das zweite Jahr platziert. Mika drehte ihren Kopf leicht zurück. Auch hinter ihnen befand sich ein Gang und dann folgten die Sitzplätze der Schüler aus dem dritten Jahr. Der Blick der Blauhaarigen schweifte kurz über die Schüler hinter sich, als dieser an einem schwarzhaarigen jungen Mann hängen blieb, welcher, die Arme vor dem Körper verschränkt und die Beine übereinander gelegt, in der ersten Reihe saß. Sein Blick war ernst und stur auf die Bühne gerichtet. Jedenfalls schien es auf den ersten Blick so, denn einen Augenblick später fielen Mika die wachsamen schwarzen Augen auf, welche auf die Schüler vor sich gerichtet waren. Auch die Blauhaarige traf sein Blick, weshalb sie das Gefühl hatte ihm kurz in die Seelenspiegel sehen zu können. Erschrocken drehte sie ihren Kopf schnell wieder herum, denn der strenge Blick des Jungen wirkte, als würde er jeden Moment böse werden. Jedoch währte der Schock nur kurze Zeit, weshalb Mika noch einmal einen kurzen Blick über ihre Schultern warf, nur um festzustellen, dass der Schwarzhaarige von seinem Nachbarn, einem braunhaarigen Jungen, angeeckt und leise angesprochen wurde und kurz darauf seufzte. Auch die Blauhaarige atmete leise erleichtert auf und richtete ihren Blick nun wieder auf das Geschehen vor sich, wo der Schulleiter mittlerweile den Schulsprecher auf die Bühne gebeten hatte, welcher nun ebenfalls eine kurze Rede hielt.
 

Die Zeremonie zog sich zu Mikas Erschrecken ziemlich in die Länge und so wurden sie erst entlassen, als es zur ersten großen Pause läutete. Gemeinsam mit ihrer neuen Freundin verließ die junge Frau die Turnhalle, um sich auf den Weg in ihrer Klasse zu machen und ihre Bentos zu holen. Danach wollten sie sich ein schönes Plätzchen suchen und die ersten warmen Sonnenstrahlen des Frühlings genießen.

Neben sich hörte sie Akane müde gähnen: „Oh Mann. Diese Zeremonie wird immer langweiliger…“

„Es hat sich wirklich ganz schön gezogen.“, meinte Mika mit einem Nicken.

Sie streckte sich genüsslich und horchte auf, als sie das Gespräch zweier Schülerinnen mitbekam, welche ihnen aus der Turnhalle folgten.

„Hast du schon das von Ayasegawa aus der 2-3 gehört? Sie soll vollkommen durchgedreht sein. Vor einigen Tagen wurde sie total verängstigt in ihrem Zimmer gefunden, wo sie ständig rief ‚sie wollen mich holen‘.“, sagte die eine Schülerin.

„Was? Wirklich? Das ist ja unheimlich. Sag bloß sie…!?, die zweite Schülerin stoppte und Mika war sich sicher, dass die Andere nickte.

„Sie hat das Spiegelspiel gespielt.“, dieser Satz ließ Mika stoppen und sich zu den beiden Mädchen umdrehen und diese erschrocken ansehen.

Auch die Beiden stoppten plötzlich und sahen die Blauhaarigen mit fragenden Blicken an, bevor sie tuschelnd die Köpfe zusammensteckten und sich an der jungen Frau vorbeischlängelten, um kurz darauf in den Schülermassen unterzutauchen. Mika sah ihnen nach und ein ungutes Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus, als sie wieder an das Wort dachte, welches sie gehört hatte. Wieder wurde sie an die Begegnung mit diesem merkwürdigen Wesen am Vorabend erinnert und ein eiskalter Schauer lief ihr den Rücken herunter. Eine Hand auf ihrer Schulter ließ sie aufschrecken und in die grünen Augen ihrer neuen Freundin sehen. Diese blickte sie kurz fragend an, doch meinte dann, dass sie sich langsam ihre Bentos holen sollten, da die Pause nicht ewig ging. Sich langsam beruhigend nickte Mika und folgte der Braunhaarigen.
 

Einige Minuten später saßen beide auf dem Dach des Schulgebäudes und blickten auf die Stadt hinaus. Ihre Lunchpakete verschlingend hatten sie seither kein weiteres Wort mehr gewechselt, weshalb Mika die Situation allmählich unangenehm wurde. Auch Akane schien diese Stille zu nerven, denn sie seufzte plötzlich.

„Also… was ist los? Und sag mir nicht, es ist alles in Ordnung. Ich sehe dir an, dass etwas nicht stimmt.“, die Braunhaarige trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche und sah Mika dann eindringlich an, „Seit du die beiden Weiber von diesem Spiegelspiel hast reden hören, bist du blasser als ein Geist. Das ist doch nicht normal.“

Erschrocken sah die Blauhaarige ihre Klassenkameradin an und senkte dann den Blick, während sie überlegte, was sie sagen sollte. Statt eine Antwort zu geben, stellte sie aber erst einmal eine Frage: „Könntest du mir vorher erklären, was dieses Spiegelspiel ist?“

Akane hatte zu Recht das Gefühl, das ihr Mika mit dieser Frage aus dem Weg gehen wollte, trotzdem antwortete sie ehrlich darauf: „Ein dummes Gerücht, was seit einigen Tagen im Umlauf ist. Angeblich soll man seinen Seelenpartner im Spiegel sehen, wenn man diesen in der Dunkelheit betrachtet. Einige Schüler sollen das Spiel gespielt haben und durchgedreht sein. Ich glaube jedoch nicht daran. Ich denke mal, die sind einfach nur gestresst. Bei besagter Schülerin weiß ich, dass sie Zuhause wohl auch Probleme hat. Ich denke der Zusammenbruch kommt daher.“

Wieder war Mika die Farbe aus dem Gesicht gewichen, als sie Akane erzählen hörte. Sie hatte den Blick gesenkt und starrte nun auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß platziert hatte, während sie Akanes möglicher Begründung gar nicht mehr zuhörte. Völlig in Gedanken versunken bemerkte sie nicht einmal, wie sie ihre Gedanken leise vor sich hin flüsterte und sich fragte, ob die Schüler wohl das Gleiche gesehen hatten wie sie. Akane jedoch hatte ihre Worte klar verstanden und lehnte sich nun mit einem Ruck vor, um der Blauhaarigen ihre Hände auf die Schulter zu legen und sie vorsichtig zu rütteln.

„Was heißt hier, ob sie das Gleiche gesehen haben, wie du? Heißt das, du hast dieses dumme Spiel auch gespielt und etwas gesehen? Was hast du gesehen?“, fragte sie völlig aufgelöst, ja schon fast panisch.

Erschrocken sah Mika sie an und verstand nicht ganz, wieso Akane so reagierte: „Sag mal… hast du es auch gespielt?“

„Was?“, rief die Braunhaarige völlig erschrocken auf und ein leichtes Zittern durchfuhr ihren Körper, während sie heftig den Kopf schüttelte, „Nein! Das ist doch absoluter Schwachsinn.“

Mika überkam das Gefühl, dass ihre Freundin Angst vor so etwas hatte, doch behielt dies für sich. Allerdings erachtete sie es gerade deshalb auch als nicht sinnvoll ihr von dem Ereignis am Abend zu erzählen. Das würde ihrer Freundin nur noch mehr Angst machen. Wiederum schien die Braunhaarige nun Blut geleckt zu haben, dann diese richtete wieder den Blick auf Mika.

„Versuch mir nicht auszuweichen. Los sag schon. Was ist gestern Abend passiert?“, fragte sie anschließend, ihre Ängste beiseiteschiebend, „Du sagtest ‚auch gespielt‘, das heißt, du hast gestern das Spiegelspiel gespielt. Oder? Los erzähl schon.“

Mika seufzte und gab sich geschlagen: „Ich wusste ja nicht einmal, dass ich es spiele.“

Sie erklärte ihrer Freundin haargenau was am Abend passiert war, nachdem sie zu Zuhause angekommen war. Wie sie ihr dunkles Zimmer betreten hatte, sich Sachen für die Nacht aus dem Schrank nehmen wollte und dabei das Gefühl hatte einen Schatten zu erkennen. Dass sie kurz darauf den Klang eines Glöckchens und dann ein Kinderkichern vernahm, woraufhin sich kurz darauf ein merkwürdiger Schatten gebildet hatte, der sie in den Spiegel ziehen wollte. Auch dass sie dem Schatten nur entkommen war, weil ihr Vater plötzlich das Licht eingeschaltet hatte, behielt sie nicht für sich. Akane lauschte der Erzählung und Mika beobachtete deren Reaktion genau. Sie konnte erkennen, wie der Braunhaarigen kurz die Farbe aus dem Gesicht wich und sie deshalb sichtbar schluckte, um sich damit etwas zu beruhigen.

„D-Du willst mich veräppeln, oder?“, fragte die Grünäugige nun doch etwas verunsichert.

Erstaunt sah Mika ihr Gegenüber an und seufzte dann kaum merklich. War ja klar, das Akane ihr nicht glaubte und zudem hatte sie ihr auch noch Angst gemacht. Deshalb entschloss sich die junge Frau doch wieder zu lügen und setzte ein breites Grinsen auf.

"Du hast mich erwischt.", meinte sie anschließend, woraufhin Akane sie mit großen Augen ansah, "War nur Spaß. Ich wollte dir etwas Angst machen. Es war Nichts. Ich war nur überrascht, dass die Mädchen über so etwas Komisches gesprochen haben."

"Wi-wirklich?", hakte ihr Gegenüber noch einmal nach, woraufhin Mika nur nickte.

Erleichtert atmete die junge Frau anschließend geräuschvoll aus, bevor sie zu ihrer Freundin meinte, dass sie so etwas nicht mit ihr machen dürfte. Die Blauhaarige entschuldigte sich lächelnd und log, dass sie nur die Chance genutzt hatte, weil sie so bedrängt wurde.

Kurz plusterte Akane die Wangen auf, doch kicherte dann: "Ich wäre wirklich beinahe drauf reingefallen."
 

Als Mika am Abend die Wohnung betrat, lag diese in tiefer Stille. Sie hatte den Nachmittag wieder mit Akane verbracht und der Abend war bereits hereingebrochen. Dass sie niemand erwartete wunderte sie nicht, da ihr Vater ihr im Laufe des nachmittags geschrieben hatte, dass er von seinen neuen Kollegen auf einen Drink eingeladen wurde. Aus diesem Grund würde sie noch eine Weile alleine sein. So ließ sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen und zog ihre Schuhe aus, bevor sie sich in ihr Zimmer begab. Seufzend ließ sie dort ihren Rucksack auf den Boden sinken und sich bäuchlings auf ihr Bett fallen. Die letzten Sonnenstrahlen fielen in ihr Zimmer und bildeten wandernde Schatten, je näher die Sonne dem Horizont kam. Mika lag derweil still auf ihrem Bett und beobachtete diese Schatten, bis sie verschwanden, sobald die Sonne hinter einem höheren Gebäude verschwunden war. Langsam wurden ihre Augen schwer und einen Moment später war sie in einen traumlosen Schlaf gefallen.
 

Ein Geräusch ließ sie einige Zeit später wieder aufschrecken und sich irritiert umschauen. Es dauerte eine Weile bis sie registrierte, dass sie in ihrem Zimmer war und auf ihrem Bett saß. Die Sonne war mittlerweile vollends untergegangen, weshalb das große Zimmer nun in tiefer Dunkelheit lag und sie ihre Möbel nur noch schemenhaft erkennen konnte. Sich kurz die Augen reibend, drehte sie sich vorsichtig um, damit sie nach ihrer Nachttischlampe greifen konnte, um diese einzuschalten. Doch kaum hatte sie sich richtig aufgesetzt erstarrte sie, während ihr Blick auf ihren Spiegel fiel, den sie am Abend zuvor noch abgedeckt hatte. Das Tuch, welches sie darüber gelegt hatte war verschwunden. Wahrscheinlich hatte ihr Vater es am Morgen heruntergenommen, doch es war nicht das was sie erstarren ließ. Aus dem Spiegel heraus, sahen sie zwei stechend gelbe Augen an, welche zu einem Schatten gehörten, der die Form eines kleinen Kindes hatte. Mit einem Ruck sprang die Blauhaarige auf und fiel dabei rücklings aus ihrem Bett. Den schmerzhaften Aufprall ignorierend setzte sie sich schnell auf und schielte über die Bettkante zu ihrem Spiegel, nur um wieder zurückzuschrecken, als sie feststellte, dass die stechend gelben Iriden sie immer noch fixierten. Genau wie am Vorabend lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken, während sich auf dem dunklen Schatten ein breites Grinsen breitmachte. Die kindliche Gestalt hob die Hand und berührte damit den Spiegel, doch die Finger blieben nicht an dem Glas haften, sondern griffen hindurch, als sei das Hindernis gar nicht vorhanden. Ein erstickter Schrei entkam Mika, als sich ihr eine schwarze Hand entgegenstreckte, welche jedoch nicht wie die eines Kindes aussah, sondern eher wie die Klauen einer Bestie. Panisch blickte sich Mika um und suchte einen Ausweg aus diesem Albtraum, während das merkwürdige Wesen immer weiter aus dem Spiegel kam. Hinter ihr war ihr Schreibtisch, der unter einem großen Fenster stand, durch welches das schwache Licht, das abnehmenden Mondes fiel. Rechts von ihr, an der Wand, wo auch ihre Zimmertür war, stand ein hohes, mit Büchern bestücktes, Regal und ein Sideboard, auf welchem sich ihr Fernseher befand. Ihr Blick fiel auf ihre Tür, doch um zu dieser zu gelangen, musste sie hinter ihrem Bett hervorkriechen und an ihrem Schrank vorbei und genau dort befand sich dieses unheimliche Wesen. Ein anderer Weg fiel ihr allerdings nicht ein.

"Mika.", hörte sie eine unheimliche Stimme ihren Namen hauchen, weshalb es ihr erneut eiskalt den Rücken herunter lief.

Sie richtete ihren Blick wieder auf ihren Spiegel und schrie, als sie in zwei gelbe Augen blickten, die ihr nun genau gegenüber waren. Die Klaue der Kreatur griff nach ihrem aus Schutz gehobenen Arm und zog daran. So sehr die Blauhaarige auch versuchte sich gegen das Wesen zu wehren, es nützte nichts. Die Kreatur war viel zu stark und zog sie immer weiter Richtung Spiegel. Mika rief nach Hilfe, auch wenn sie wusste, dass niemand sie hören würde, solange ihr Vater nicht Zuhause war. Und einen Moment später war sie verschwunden.
 

-?-
 

Benommen öffnete Mika ihre Augen und blickte sich um. Das erste was sie sah, war ihr weiches Bett, vor welchem sie sich befand. Irritiert rieb sie sich den Kopf. Was war denn passiert? Sie war sich sicher gewesen, dass ein merkwürdiges Wesen aus ihrem Spiegel gekrochen kam und sie gegriffen hatte. War das vielleicht nur ein Traum gewesen? Noch einmal sah sich die Blauhaarige um und stutzte nun, als ihr auffiel, dass ihr Zimmer hell erleuchtet war. Jedoch nicht von Lampen, sondern durch den hineinscheinenden Mond, welcher sich klar und deutlich vor ihrem Fenster abzeichnete. Sie war sich jedoch sicher, dass aktuell abnehmender Mond war... ja das sogar in ein paar Tagen der Neumond nahte. Er dürfte also eigentlich weder so groß, noch so hell sein. Etwas Anderes ließ sie ebenfalls stutzen, als sie sich ihre Möbel ansah, welche aussahen, als würden sie aus schwarzem Glas bestehen. Was ging hier nur vor sich?

"Mika.", hörte sie erneut diese unheimliche Stimme hauchen, woraufhin sie aufschrak und zu ihrem Fenster sah, aus dessen Richtung die Stimme kam.

Wieder schreckte sie zurück und stieß dabei gegen ihren Schrank, als sie wieder diesen kindlichen Schatten erkannte, dessen stechend gelbe Iriden sie fixierten.

"Endlich bist du hier. Ich habe lange auf dich gewartet.". hauchte die Stimme in ihre Richtung.

"Gewartet? Auf mich? A-aber wieso?", fragte Mika, während sie all ihren Mut zusammennahm, als ihr plötzlich eine Eingebung kam, "W-warte... d-du bist doch..."

Der Schatten jedoch schien ihr gar nicht zuzuhören: "Endlich ist die Zeit gekommen Rache zu nehmen!"

Erschrocken wich Mika wieder ein Stück zurück und stieß dabei mit ihrem Kopf an ihren Schrank, woraufhin sie leicht zusammenzuckte. Sich den schmerzenden Hinterkopf reibend, sah sie wieder zu der Gestalt vor sich, um welche sich langsam eine Art schwarzer Nebel bildete und die die Form eines gewaltigen Wesens annahm,das Mika nicht einzuordnen vermochte. Sie erkannte eine langes Gesicht und etwas, was wie eckige Ohren aussah, die nach oben abstanden. Doch am Markantesten waren die stechend roten Augen. Das Wesen hatte keine feste Form, sondern blieb nebelartig, doch trotzdem flößte es der jungen Frau Angst ein. Vor allem, als es sich auf sie zu bewegte. Die Blauhaarige wollte zurückweichen, stieß dabei allerdings mit dem Rücken an ihren Schrank und kam deshalb nicht weiter weg. Auch der Weg nach vorn war keine Option, da sich dort das Wesen befand. Genauso wenig brachte es etwas nach links auszuweichen, denn dort befand sich nur noch eine Wand, an die ihr Bett gestellt war. Blieb nur noch der Weg nach rechts, zu ihrer Zimmertür, doch noch bevor sie diesen Gedanken überhaupt zu Ende denken konnte, hatte sich der Schatten bereits in diese Richtung ausgeweitet und versperrte ihr den Weg. Immer mehr Angst stieg in ihr auf, weshalb sie sich an ihren Schrank gelehnt zusammenkauerte, während das unheimliche Wesen immer weiter auf sie zukam. Es streckte seine Klauen aus und Mika erkannte sie, als die, welche sie in den Spiegel gezogen hatten. Wo war sie nur gelandet? Das musste doch ein Albtraum sein und sie hoffte jede Sekunde aufzuwachen, doch nichts geschah.

Ängstlich schloss sie ihre roten Augen und faltete ihre Hände, als würde sie beten: "Bitte, so hilf mir doch jemand! Hilfe!"

Die Klaue hatte die junge Frau fast erreicht, sodass sie bereits den eiskalten Hauch des Todes verspüren konnte, doch plötzlich leuchtete ein helles Licht um sie herum auf und ließ den Schatten zurückweichen.

"Nein! Das darf nicht wahr sein!", hörte Mika die unheimliche Stimme, "Nicht du!"

Erschrocken öffnete die Blauhaarige ihre Augen und erkannte um sich herum dieses blaue und angenehm warme Licht. Plötzlich war ihr so, als würde sie eine warme Hand auf ihrer Schulter spüren, doch als sie aufsah erkannte sie nichts.

Stattdessen hörte sie in ihrem Inneren eine Stimme: "Es ist lange her, doch nun ist die Zeit gekommen, dass du meine Hilfe in Anspruch nehmen kannst, kleines Mädchen. Wenn du mich akzeptierst, dann helfe ich dir Antworten auf deine Fragen zu finden."

Mika kannte diese Stimme. Als Kind hatte sie diese bereits gehört, aber sie dachte damals, es sei nur ein Traum gewesen. Doch nun wurden die Bilder von damals in ihrem Kopf klarer. Sie erinnerte sich, was damals passiert war und nun wurde ihr bewusst, dass das damals kein Traum war.

Sie schluckte und sah mit festem Blick auf ihren Gegner vor sich: "Gut, dann hoffe ich, du hältst dein Wort. Erscheine Upuaut!"

Das blaue Licht um die junge Frau wurde intensiver und drängte den schwarzen Schatten vor sich noch weiter zurück, während sich um sie herum kleine Lichter bildeten und in einer Spirale nach oben stiegen. Über Mikas Kopf manifestierte sich kurz darauf ein weibliches Wesen mit dunkler Haut, welches in weißes Leinen gekleidet war. Ihr weißes Kleid öffnete sich an der Hüfte zu zwei Gehschlitzen, welche ihre langen Beine zur Schau stellten. Dazu trug sie türkisblaue Overknees, über welchen an den Knöcheln goldene Reife gestülpt waren, und eine weiße kurze Hose. Auch an ihren Handgelenken waren solch goldene Reife zu sehen. An ihrer rechten Hüfte hingen in einem Halfter mehrere Messer. Platinblondes langes Haar, wehte dem Wesen um die Schultern, welche das von einer weißen Maske besetztes Gesicht umspielten, über dem, wie ein Helm, eine Halbmaske in Form eines Schakalkopfes saß. Mit wackeligen Beinen stand Mika auf, während sie mit nun ebenso stechend gelben Augen auf ihren Gegner schaute. Upuaut erhob sich und streckte den Arm nach vorn, worauf ein grüner Wirbelsturm um das schattenartige Wesen tobte und diesen ein Stück zurück drängte. Kurz darauf traf ihn ein weiterer Windstoß.

"Kche.", hörte Mika ihren Gegner nur wütend knurren, "Gut, für heute ziehe ich mich zurück. Aber die Zeit der Rache wird kommen, wenn meine Macht wiederhergestellt ist. Du wirst sehen, was du davon hast. Ich werde wiederkommen."

Damit löste sich der Nebel langsam auf und auch der kindliche Schatten war kurz darauf verschwunden. Upuaut jedoch blieb und blickte nun auf Mika herunter, welche den Blick des Wesens erwiderte, nun jedoch wieder mit ihren strahlend roten Augen.

"Es ist lange her, kleines Mädchen. Du hast meine Macht akzeptiert und von nun an werde ich dich mit dieser unterstützen. Deine Rückkehr hierher hat [ihn] erweckt. Dieser Schatten war nur ein Teil seiner Macht, doch er wird wiederkehren und dann wirst du meine volle Kraft brauchen. Noch kann ich dich Nicht mit der ganzen Kraft unterstützen, deshalb wirst du Verbündete brauchen, aber je weiter du voranschreitest, desto mehr wird sich meine Kraft regenerieren.", sprach das Wesen, "Nun solltest du zurück in deine Welt. Wir werden uns wiedersehen, wenn die Zeit gekommen ist. Bis dahin Lebewohl."

Damit löste sich die Gestalt in winzig kleine blaue Lichter auf und ließ Mika allein zurück. Diese kam nun langsam zu sich und sah sich verwirrt um. Was war nur geschehen? War das ein Traum gewesen? Ein stechender Schmerz zog durch ihren Kopf und ließ sie zurück und genau gegen ihren Spiegel fallen. Doch anstatt gegen das Objekt zu schlagen tauchte die junge Frau in die glatten Oberfläche ein und war einen Moment später verschwunden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Lange hat es gedauert. Es tut mir so leid. u_u Ich hab echt ewig gebraucht, um dieses Kapitel fertig zu bekommen, was vor allem daran lag, dass ich mir noch mal einiges überlegen musste, was das auftauchen der Personas angeht. x'D
Ich hoffe dieses Kapitel hat euch gefallen und Lust auf mehr gemacht. xD Und ich hoffe, ich hab nicht zu viel verraten.
Bis zum nächsten mal.
Shio~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  ShinoYuta
2018-10-28T18:44:45+00:00 28.10.2018 19:44
Besser spät als nie, kommt hier noch mein Kommi:
Das Kapitel ist der Hammer. Ich habe richtig mitgefiebert. Der Schatten ist zwar dennoch meeega gruselig und jetzt fragt sich vermutlich jeder was in Mikas Vergangenheit so los war, aber obwohl ich nicht unwissend bin, bin ich trotzdem meeega gespannt. Vorallem finde ich es echt toll, dass AMS nicht wie ein dummer SOM Abklatsch rüberkommt. Im Gegenteil. Ich kanns kaum abwarten, zu sehen wie Mika auf all die anderen Charas trifft und wie sich ihre Geschichte entwickelt.
Von:  fubukiuchiha
2018-06-17T16:33:20+00:00 17.06.2018 18:33
Hi Shio,

das Kapitel war echt der Hammer. Ehrlich, es gibt glaube ich keinen Persona-Zocker, der Igor nicht gerne eine Reinhauen würde, aber ohne ihn ist es einfach nicht Persona XD

Arme Akane, sie will Klein-Mika nur ein wenig aufmuntern und was ist die Belohnung, ein Klaps auf den Kopf von ihrer Lehrerin. ich dachte die Prügelstrafe wäre abgeschafft X'D

Die Sache mit dem Spiegelspiel würde mich vermutlich auch kirre machen, aber Akane kriegt davon bestimmt Alpträume und dann dieser verzweifelte Versuch von Klein-Mika, Akane zu beruhigen. So ganz glaubt Akane die Sache nicht, aber sie will auch nicht glauben, dass das Spiegelspiel echt ist.

Die Nacht war für Klein-Mika echt der Horror, und dann auch noch in Form eines solchen Monsters. Horror pur. Ich hätte gedacht, dass das der Shadow von Klein-Mika wäre, aber dann war es schon mal ein Vorgeschmack auf den Endboss, wobei ich mich jetzt frage, ob der Endboss etwas mit den ägyptischen Gottheiten zu tun hat.

Das Erwachen von Upuaut erinnerte mich ein wenig an Persona 5, kann das sein? Aber ich hätte mir noch einen kleinen Schlag von Upuaut auf den Shadow gewünscht, aber anscheinend reicht alleine ihre Anwesenheit, um den Shadow zu verdrängen.

Bin voll gespannt wie es weiter geht. Ich liebe diese Sidestory (stell dir bitte einen Smiley mit Herzaugen vor ^^)

Lg fubuki
Antwort von: ShioChan
17.06.2018 18:44
Guten Abend. ^___^

Ich freue mich riesig, dass dir das Kapitel gefallen hat.
Ja, leider ist Igor für Persona unverzichtbar, auch wenn er keine Hilfe ist. XD Aber selbst bei "Trinity Soul" war er dabei. Deshalb darf man ihn nicht weglassen. XD

Haha Akane ist da ziemlich zwiegespalten. Einerseits interessiert sie das Thema ja doch, andererseits macht ihr das ganze Angst. XD Und wie wir mittlerweile wissen hasst Akane Horrordinge. XD

Zu dem Schatten möchte ich noch nicht zu viel verraten, nur, dass er nicht das erste Mal aufgetaucht ist. XD Aber glaub mir, du wirst überrascht sein, wenn die Auflösung kommt. Hehe. XD Aber mit den Gottheiten liegst du schon mal nicht falsch. XD

Ja hab mich bei der Szene etwas an P5 orientiert, aber das passte da so gut. :) Ein Schlag hätte wohl wirklich noch hinein gepasst, wiederum hat der Schatten ja noch nicht seine volle Kraft, weshalb alleine Upuauts Anwesenheit reicht. Aber sie hat ihn zwei Mal mit Garu angegriffen. XD Ich glaub, ich hab das nur doof beschrieben. XD

Ich freue mich, dass dir die Story jetzt schon gefällt. ^____^

LG
Shio~


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