Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 18: Streit ------------------ Am nächsten Morgen schienen die Pferde wieder in Ordnung zu sein, Letho allerdings nicht. Er ließ mein Training wieder ausfallen. Er wollte schnellst möglich weiter, meinte er nur. Er hatte sich zwar bedankt, dass ich mich um seine Kleidung gekümmert hatte, blieb aber ansonsten wortkarg. Wir folgten schweigend dem Bach, er führte immer weiter bergauf. Und Letho hatte recht. Der Weg war anstrengend, immer wieder lagen große Felsbrocken da, die wir umreiten mussten. Einen Weg gab es nicht wirklich. Es schien eher ein alter Ziegenpfad zu sein. Allgemein wurde die Strecke immer steiniger. Auch die Umgebung wurde immer karger, je höher wir kamen. Laubbäume gab es bereits keine mehr, nur noch vereinzelte Ansammlungen von Nadelbäumen. Am dritten Tag hatte sich Lethos Verhalten immer noch nicht wieder geändert. Selbst nach dem Kampf mit zwei Trollen, aus dem ich mich raushalten musste, ließ er mich nicht beim Brauen helfen. Ich durfte weder die Zutaten zerschneiden, noch erklärte er mir irgendwas dazu. Trainieren durfte ich noch, harmlosere Gegner wie Wölfe ließ er mich bekämpfen, gab mir dabei und auch danach kurze Hinweise, was ich besser machen könnte, doch es war nicht dasselbe. Ich hatte das Gefühl er kapselte sich völlig von mir ab. Mittlerweile war ich schon beinahe eifersüchtig auf Uma, schließlich bekam er zurzeit fast die ganze Aufmerksamkeit von meinem Hexer. Wenn ich ihn was fragte, musste ich schon hoffen das er mir antwortete, denn meistens tat er so, als hätte er mich nicht gehört. Dies tat er vor allem bei Themen, die sich nicht auf unsere direkte Reiseroute bezogen. Selbst als ich in der Ferne auf einem Felsen einen Luchs entdeckte, der dort zu ruhen schien und ich Letho davon erzählen wollte, wie selten Luchse bei mir in der Heimat geworden sind und ich deswegen ziemlich begeistert sei, einen in freier Wildbahn sehen zu können, reagierte er kaum. Er sah zu dem Luchs hin und meinte, dieser sei keine Gefahr für uns und ritt dann einfach weiter. Als wir uns am dritten Abend zum Schlafen hinlegten, musste ich mich zusammenreißen, meinen Tränen keinen freien Lauf zu lassen. Er ließ wieder mehr Platz als nötig zwischen unseren Schlafmatten und positionierte Uma zwischen uns. Was hatte ich denn getan, um jetzt so behandelt zu werden? War ich zu forsch gewesen und hatte seine Signale falsch verstanden? War es meine schuld, hatte ich ihn unbewusst vertrieben? Etwas anderes konnte es nicht sein. Jetzt wütend, vergrub ich mein Gesicht in meinen Umhang, den ich als Kopfkissen nutzte. Am nächsten Morgen wachte ich bereits mit schlechter Laune auf, zum einen hatte ich schlecht geschlafen und zum anderen spukten mir meine Gedanken vom Abend noch im Kopf herum. Grimmig schlang ich mein Frühstück runter und machte mich auf den Weg, unsere Wasservorräte aufzufüllen. Wir hatten die Quelle erreicht, ab jetzt müssten wir damit haushalten, denn es könnte schwer werden eine saubere Wasserquelle zu finden. Nachdem alle Flaschen und Schläuche gefüllt waren, brachte ich unsere Pferde ans Wasser und spülte das genutzte Geschirr ab. Die Pferde schienen zu verstehen, um was es ging, denn sie hörten schon fast gar nicht mehr auf mit dem saufen. Es schien als würden sie versuchen, wie Kamele Wasser zu speichern. Ich verstaute meine Sachen und schnallte sie am Sattel fest. Als Uma mir einmal in den Weg lief, stieß ich ihn unsanft weg. Er fing an zu weinen, wie ein kleines Kind, das kam meiner Laune auch nicht zu gute. Auch nicht, dass wir den nächsten Teil des Weges die Pferde führen mussten. Der Weg, wenn man ihn denn so nennen könnte, führte einen recht steilen Abhang hinauf. Außerdem lagen überall Steine und Geröll. Hier schien es des Öfteren Steinschlag zu geben. Letho hatte keine Probleme den Hang hinauf zu kommen, obwohl er Uma dabei noch trug. Ich hatte es nicht so leicht. Mehrere Male rutschte ich mit den Füßen ab, einmal verlor ich sogar so sehr den Halt, dass ich ein, zwei Meter hinunter rutschte. Ich fluchte, ich hatte mir dabei ein wenig Haut aufgeschürft. Als ich mich wieder aufrappelte und nach den Zügeln von Tetris griff, konnte ich sehen wie Letho mich kurz besorgt musterte, ehe sein Gesichtsausdruck wieder neutral wurde. Ich keuchte, als wir endlich oben waren und war darüber sehr froh, dass ich von mir aus, am Morgen auf das Training verzichtet hatte. Hätte ich es durch gezogen, wäre ich vermutlich so erschöpft, dass ich es nicht einmal mehr in den Sattel geschafft hätte. Aber auch die Pferde schnauften ein wenig. Glücklicherweise hatten wir nun endlich wieder einen richtigen Weg vor uns. Und wenn ich mich richtig erinnerte, hatte Letho erzählt, dass wir jetzt bald wieder an einer Ortschaft vorbei kämen. Allerdings schien diese Straße kaum benutzt zu werden. Es gab kaum Spuren von Wagen oder Pferden. Auch wuchsen überall Grasbüschel und anderes karges Grün mitten auf dem Weg. Der Ort war vielleicht doch noch weiter weg als gedacht, schließlich befanden wir uns immer noch mitten in den Bergen. Die Temperaturen waren noch weiter gesunken und ich war sehr froh über die neue Kleidung. Sie hielt mich einigermaßen warm, aber selbst sie konnte den schneidenden Wind nicht aufhalten. Ich vermisste es, mich an Lethos warmer Brust aufzuwärmen und langsam in den Schlaf zu driften. Mit finsteren Gesicht folgte ich Letho, mit einigen Metern Abstand. Tetris schnaubte, schien nicht wirklich zu verstehen, warum ich ihn zurück hielt, obwohl der Weg breit genug wäre, um nebeneinander zu reiten. Letho blickte zwar einige Male zurück und ich versuchte jedes Mal ihn zaghaft anzulächeln, um vorzuspielen das alles in Ordnung war, aber er sprach kein Wort. Na ja, zumindest nicht zu mir. Er schien keine Probleme zu haben, gelegentlich ein paar Worte zu Uma zu murmeln. Dieser schien mit der Situation nicht unzufrieden zu sein, denn er quengelte immer weniger. Mit den Tagen wurde er immer ruhiger. Ich war froh darüber, hoffte aber auch gleichzeitig, dass es nicht bedeutete, dass er krank wurde. Doch ich wurde durch ein schrilles Piepen aus meiner Überlegung gerissen. Das Geräusch machte sogar die Pferde scheu. Ich brauchte einen Moment, um zu registrieren, worum es sich dabei handelte. Das Handy klingelte. Ich lehnte mich nach hinten in den Sattel und wühlte in der Satteltasche herum, bis ich es fand. Ich schaute auf das Display. Der Unbekannte. Ich drückte auf den grünen Hörer, „Hallo?“ fragte ich nervös. Doch zuerst konnte ich nichts hören. Dann ein leises rauschen, es wurde ein wenig lauter und ich konnte hören, dass es sich um Gemurmel handelte. Gemurmel von vielen verschieden Stimmen gleichzeitig. Sie klangen menschlich und auch gleichzeitig nicht. Wie weit entfernt und leicht verzerrt, wie bei Harry Potter mit dem Schleier des Todes, oder wie die Geister der Reusen Insel, fiel es mir ein. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Ein grober Verdacht bildete sich in meinen Gedanken, aber ich konnte ihn nicht fassen. „Hallo, wer ist da?“ fragte ich erneut, diesmal mit zittriger Stimme. Zuerst gab es keine weitere Reaktion, nur das Gemurmel blieb gleich, ehe ich den gellenden Schrei einer Frau hörte. Mein Ohr klingelte, aber der Anruf war abgebrochen. Verwirrt blickte ich auf das Display, was sollte das. Mein Ohr fiepte und ich versuchte es zu ignorieren. „Was war das?“ wollte Letho wissen. Erschrocken zuckte ich zusammen, durch den Anruf war ich so abgelenkt, dass ich glatt vergaß, dass ich nicht alleine war. „Ich weiß es nicht genau. Ein Anruf, eigentlich, aber es schien niemand wirklich dran gewesen zu sein.“ Murmelte ich und zuckte hilflos mit den Schultern. „Es war auf jeden Fall ziemlich beängstigend.“ Gestand ich leise. Letho sah mich skeptisch an und schüttelte dann den Kopf. Ohne weitere Worte wendete er sein Pferd und ritt weiter. Er versuchte nur Uma zu beruhigen, der den Schrei scheinbar auch gehört hatte. Als ich das sah, grummelte ich vor mich hin. Natürlich tröstete er Uma, ob bei mir alles in Ordnung war, wollte er scheinbar nicht wissen. Was hatte ich ihm nur getan? Fragte ich mich erneut. Tetris schnaubte unruhig, da wurde mir bewusst, dass ich den beiden nur hinterher gestarrt hatte, statt ihnen direkt zu folgen. Doch ich tat nichts gegen den Abstand. So musste ich Uma wenigstens nicht ertragen. Dieser ging mir mittlerweile ziemlich auf den Keks und zusätzlich das seltsame Benehmen von Letho ließ mich schon beinahe bereuen, nicht mit Geralt nach Skellige gereist zu sein. Dann hätte ich auch definitiv nicht das Handy gefunden und müsste mir keine Sorgen darüber machen, wer der Fremde war. Während Tetris seinem Kumpel folgte, schaute ich nun doch endlich, was der Fremde mir noch geschickt hatte. Es waren noch weitere Nachrichten mit kleinen Geschichten über verschiedene Orte. Teilweise passende Fotos dazu, teilweise Landschaftsbilder und zwischendurch die Frage, warum ich den nicht mehr antwortete. Ich überlegte, ob ich eine Nachricht schicken sollte, auch wegen dem Anruf, doch da vibrierte das Handy schon in meiner Hand. *Entschuldige den ungünstigen Anruf. Ich bin ganz in der Nähe, doch ihr solltet den Ort lieber meiden.* Was sollte das denn nun wieder heißen? Ich blickte mich um, ich hatte nicht auf meine Umgebung geachtet, als ich die Nachrichten gelesen hatte. Letho war vom Weg abgewichen und wir ritten gerade über eine Wiese. „Letho? Wohin reiten wir gerade?“ fragte ich zaghaft, ich rechnete schon gar nicht mehr mit einer Antwort. „Hier in der Nähe gibt es eine alte Höhle, dort werden wir übernachten.“ Antwortete er mir doch tatsächlich. „Gibt es eine Alternative? Ich fühle mich hier nicht wohl und hier scheint etwas in der Luft zu liegen.“ Bat ich. Er drehte sich zu mir um, „Gibt es, aber dort ist es nicht besser als hier.“ Meinte er. „Dann lass uns dort hin reiten, bitte!“ flehte ich. Ich wollte lieber nicht heraus finden, ob der Fremde wirklich hier irgendwo war und den Geräuschen vom Anruf nach, würde ich ihn hier nicht begegnen wollen. Letho seufzte zwar, lenkte sein Pferd aber in eine andere Richtung. „Danke Letho!“ rief ich und bemühte mich hinterher zu kommen. Nach einer Weile stießen wir auf einen alten Pfad und Letho beschleunigte das Tempo, „Wir sollten uns beeilen, es braut sich ein Sturm zusammen.“ Meinte er zu mir. Ich schaute in den Himmel, die Wolken türmten sich zwar auf, aber noch waren sie hell. Ich verstand zuerst nicht warum Letho sich so sehr beeilen wollte. Doch wenige Minuten später, wurde es immer dunkler und die ersten Regentropfen fielen. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass sich das Wetter in den Bergen so schnell ändern konnte. Ich hoffte nur, dass wir die bald hinter uns gelassen haben. Klar wir mussten später dann noch in die blauen Berge reiten, um nach Kaer Morhen zu gelangen, aber ich hoffte, dass es dort nicht zu schlimm war. Im Spiel wirkte das Tal um die Festung herum, recht ruhig und idyllisch, wenn man von den Monstern einmal absah. Die Regentropfen wurden immer größer und immer mehr und wir waren schon recht durchnässt, als unser Ziel endlich näher kam. Es war eine Ruine, eine recht große. Es muss sich hierbei einmal um ein Fort gehandelt haben. Sie war von einer halb verfallen Mauer umgeben, aber das Hauptgebäude schien noch halbwegs intakt zu sein. Wir stiegen von unseren Pferden und führten sie in die Halle. Es schien hier alles trocken zu sein und Monster hatten bisher auch keine hergefunden. Zumindest sah es danach aus. Als die Tür sich hinter uns schloss, entzündete Letho einige Fackeln, die sich noch an den Wänden befanden. Ich sattelte die Pferde ab und räumte unsere Ausrüstung an einen Platz, während Letho in den Überresten nach Holz für ein Feuer suchte. Ich konnte hören, wie der Wind draußen zunahm und der Regen sich in einen Wolkenbruch verwandelt hatte. Zum Glück waren wir jetzt im trockenen. Ich zog mir den nassen Mantel aus und suchte nach einem Plätzchen wo ich ihn hin hängen konnte. Doch ich bezweifelte, dass er bis zum nächsten Tag trocken sein würde. Dafür war das Leder viel zu dick. Auch Letho hatte seinen Umhang abgenommen und die Jacke von Uma zur Seite gelegt. Ein kleines Feuer brannte mittlerweile und ich hatte meine Schlafmatte ausgerollt, um mich zu setzen. Ich verengte meine Augen ein wenig, als Letho seine und das Fell von Uma auf die andere Seite des Feuers legte. Um mich ein wenig abzulenken, nahm ich mir eines der Kräuterbücher und blätterte darin herum. Doch es half nicht viel, außer dass mir meine Augen immer wieder zu fielen. Da ich eh nichts weiter zu tun hatte, rollte ich mich zusammen und versuchte ein wenig zu schlafen. Mir war es egal, dass ich noch nichts gegessen hatte. Ich hatte sowieso kein Hunger. Es kam mir nur wie Minuten vor, bis ich die Augen wieder öffnete. Doch es musste länger gewesen sein. Es brannten weniger Fackeln und auch das Feuer war deutlich runter gebrannt. Kurz überlegte ich, was mich geweckt hatte, als ich es hörte. „Uma, Uma, Uuuumaaa!“ ich funkelte zu ihm rüber. „Kann der kleine Scheißer nicht mal nachts die Klappe halten?“ knurrte ich. Doch Letho ignorierte meinen Kommentar und versuchte den Kleinen zu beruhigen. Doch es wurde immer schlimmer. Er wurde drängender und lauter. Irgendwann stand Letho auf und drückte mir den verfluchten Elf in die Arme. „Pass auf ihn auf. Ich geh nachschauen. Es sind vermutlich Geister. Es gab hier vor Jahren ein Massaker und seitdem gilt die Gegend als verflucht.“ murmelte er. Ich konnte sehen wie er sich sein Schwert schnappte und nach draußen in den Regen ging. Kurz bevor sich die Tür wieder schloss, konnte ich das Kreischen einer Erscheinung hören. Ich griff an das Amulett um meinen Hals. Erst als ich es mit den Fingern berührte konnte ich spüren wie es ganz leicht vibrierte, kaum wahrzunehmen. Uma quengelte noch immer, aber nicht mehr ganz so schlimm. Aber mich nervte er völlig. Meine Hutschnur war kurz vorm platzen und ich schrie Uma gerade an, er solle endlich mal still sein, als Letho hinter mir auftauchte und ihn mir mit einem bösen Blick wieder abnahm. Er setzte Uma wieder auf das Fell und reichte ihm die Puppe, die wir aus der Hütte mitgenommen hatten. Sofort war er still und kuschelte mit dem alten Ding. Auch ich legte mich wieder hin, eigentlich hatte ich gehofft, noch einen Blick auf Letho werfen zu können, wenn er sich das nasse Hemd auszieht, aber er machte mir einen Strich durch die Rechnung. Er legte sich aber auch nicht mehr zum Schlafen hin, sondern kniete sich nahe des Feuers hin und fing an zu meditieren. Murrend drehte ich mich um und versuchte noch ein wenig zu schlafen. Wir ritten am nächsten Morgen weiter, obwohl es immer noch leicht regnete. Die Wege waren voller Pfützen. Ich fragte mich immer noch, warum Letho die verfluchte Ruine als Nachtlager in Erwähnung gezogen hatte. Wenn er es mir vorher gesagt hätte, wären wir vielleicht doch bei der Höhle geblieben. Egal was der Fremde geschrieben hatte. Letho schien mehr als unzufrieden mit mir zu sein, denn zum Aufwachen hatte er mir wortlos nur mein Becher mit den Tranktropfen hingestellt und ein Stück Brot. Ich konnte ihn verstehen, ich hätte mich zusammenreißen müssen und hätte Uma nicht anschreien dürfen, aber er ist so nervig und ich hatte nun mal keine Nerven wie Stahlseile. Irgendwann konnte ich nicht mehr und musste den Frust raus lassen. Die Tropfen färbten das Wasser mittlerweile deutlich pink und allein die Farbe signalisierte, dass wir mittlerweile bei der Dosis weit über die Grenze von Gesund gekommen sind. Der Geschmack wurde auch nicht besser, aber an die Nebenwirkungen hatte ich mich mittlerweile gewöhnt und das Brennen und das Jucken ließen kurz nach dem Trinken wieder nach. Erst gegen Mittag hörte der Regen wieder auf, der Himmel aber blieb bedeckt und von der Sonne war nichts zu sehen. Hoffentlich würde es jetzt trocken bleiben. Wie den Vormittag, verbrachten wir auch den Nachmittag schweigend. Ich genoss hin und wieder den Ausblick oder die wilden Tiere, die zwischen den Bäumen und Büschen auftauchten. Steinböcke, Rotwild und Kaninchen. Hier und da hörten wir auch Wölfe, aber zu sehen bekamen wir sie nicht. Da Letho sich immer mal wieder in der Gegend um schaute, aber nicht angespannt wirkte nahm ich an, dass es bereits auf den Abend zu ging und er sich nach einem geeigneten Lagerplatz umschaute. Aber nach einiger Zeit entdeckte er etwas anderes, er etwas früher als ich. Eine kleine Rauchfahne schlängelte sich in einiger Entfernung in den Himmel. Nach mehreren Wegbiegungen konnten wir hinter einem Hügel sehen, woher sie kam. Ein kleines Lager, bestehend aus Zelten und einem Ziegenpferch. Die Männer, Hirten nahm ich an, standen alarmiert auf, als sie uns hörten. Die Männer erdolchten mich mit ihren Blicken, ein Hexenjäger im Grenzgebiet Kaedwins konnte ihrer Meinung nach vermutlich nichts Gutes bedeuten. Allerdings änderte sich ihr Blick und auch ihr Verhalten, als sie in Letho einen Hexer erkannten. „Meister Hexer, Meister Hexer! Die Götter scheinen dich zu schicken!“ rief einer erfreut aus. „Was gibt es?“ brummte er neugierig. „Bitte, wir brauchen Hilfe, wir können mit unseren Ziegen nicht weiter. Nördlich von hier gibt es ein großes Wolfsrudel. Es versperrt uns den Weg zu den anderen Weiden.“ Flehte er. „Wölfe sind wohl eher kein Anliegen eines Hexers!“ knurrte ich. Der Mann sah entsetzt zu mir und auch Letho musterte mich erstaunt. „Aber das Rudel ist groß und wird von einem riesigen Wolf geführt!“ bettelte nun ein zweiter Mann. „Hexer jagen Monster! Monster die nach der Sphärenkonjunktion auftauchten! Wölfe gehören da eindeutig nicht dazu. Geht zu einem Jäger, das ist sein Fachgebiet. Oder nehmt es selbst zur Hand! Wölfe sind mit Hunden verwandt, damit dürftet ihr wohl fertig werden! Ein Bogen und ein paar Pfeile und das war es mit dem Wolf! Oder legt Giftköder aus!“ machte ich meinen Ärger Luft, der sich über die Tage in mir aufgestaut hatte. Dann trieb ich Tetris an und ließ die verdutzten Männer hinter mir. Ich war einige hundert Meter weit gekommen, als Letho mich einholte. Er packte Tetris am Zügel und zwang mich so zum Anhalten. Gleichzeitig war er aus dem Sattel gesprungen und funkelte mich an, „Kannst du mir mal erklären was das eben sollte! Die Hirten hätten uns sicherlich bei ihnen lagern lassen. Was ist los mit dir, dein Verhalten die letzten Tage ist wirklich merkwürdig! Du bist Uma gegenüber sogar aggressiv geworden!“ wollte er wissen. Ich stieg auch vom Pferd und baute mich vor Letho soweit auf wie es bei unserem Größenunterschied ging. „Was mit mir los ist! Was mit mir los ist? Das sollte ich wohl eher dich fragen! Dein Verhalten hat sich doch völlig verändert!“ empörte ich mich über seine Vorwürfe. „Du meidest mich doch wo es nur geht, ignorierst mich völlig und behandelst mich wie einen ungewollten Fremden!“ warf ich ihm nun vor. „Das ist doch gar nicht wahr.“ Wollte er abwiegeln. „Ach ja? Dann habe ich es mir nur eingebildet, dass du meine Fragen ignorierst, mein Training so knapp hälst wie möglich, ich dir beim Brauen nicht mehr helfen darf und du sogar Uma zwischen uns legst, damit ich dir in der Nacht auch ja nicht zu nahekommen kann!?“ redete ich mich in Rage. „Das hat doch gar nichts miteinander zu tun! Das dient nur zur Sicherheit.“ Argumentierte er dagegen. „Wie dient es der Sicherheit, wenn du mich ignorierst?“ wollte ich wütend wissen. „Wenn ich in der Hütte mit meinem Angebot zu weit gegangen sein sollte, dann hättest du doch einfach etwas sagen sollen. Du hättest einfach sagen sollen, dass du so nicht für mich empfindest und dann hätte ich verstanden!“ schrie ich ihn an, eine Träne rollte meine Wange hinunter, schnell wischte ich sie weg. „Und was soll ich zu den ganzen Mysterien um dich herum sagen? Dein plötzliches auftauchen. Der Geist mit der komischen Kleidung, das kleine Ding was du gefunden hast und die Botschaften von dem Fremden, der Brief und dann die Hütte mit Vorräten. Du weichst Fragen zu deiner Heimat aus und wer weiß was du noch alles verschweigst! Außerdem hast du wissen, dass kein anderer haben dürfte! Es kommt mir manchmal so vor, als würden wir aus verschiedenen Welten kommen.“ Entgegnete Letho ernst. „Weil es so ist!“ erwiderte ich in meiner Wut, ohne direkt zu registrieren was ich ihm gesagt hatte. Erst sein geschocktes „Was!“ ließ es mich realisieren. „Ja es stimmt! Ich komme aus einer anderen Welt, eine Welt, in der es Hexer nur noch in Geschichten und Büchern gibt, jeder der will und sich ein wenig bemüht kann viele Informationen über euch finden und trotzdem habe ich keine Ahnung wie ich hier gelandet bin. So jetzt ist es raus!“ knurrte ich und drehte mich weg. „Noch ein Grund mehr, du wirst irgendwann dorthin zurückkehren müssen! Das ist der Grund, warum du so verbissen bist, Ciri zu finden, oder? Du erhoffst dir, dass sie dich nach Hause bringen kann.“ murmelte Letho angespannt. „Das war mein Plan am Anfang, ja.“ Gab ich widerwillig zu. Als ich über meine Schuler zurück blickte, sah ich einen finsteren Ausdruck auf Lethos Gesicht. „Aber mittlerweile will ich nicht mehr zurück. Ich möchte hier bleiben, bei dir.“ Flüsterte ich leise. Letho schüttelte allerdings den Kopf, „Nein das wird nichts. Auch wenn ich dich sehr vermissen würde.“ Letho klang ein wenig traurig. Ich drehte mich wieder zu ihm um. „Aber warum!?“ forderte ich nun. „Warum kann ich nicht bei dir bleiben? Wir haben uns doch gut verstanden? Wir sind gut mit einander ausgekommen und wir bedeuten uns gegenseitig etwas. Also warum!“ wollte ich wissen. „Du verstehst es einfach nicht, oder?“ wurde er laut. Ich zuckte zurück, ich hatte mit einem Ausbruch schon nicht mehr gerechnet. „Du verstehst nicht, dass ich dich verdammt noch mal einfach nur beschützen will! Ich habe dir bereits gesagt, dass ich kein guter Mann bin, ich habe viele Feinde, die hinter jedem her sind, der mir etwas bedeutet. Ich will dich nicht verlieren. Seit Egan und Serrit nicht mehr sind, bist du das nächste, was ich als Familie ansehe. Das will ich nicht verlieren. Ich werde dich immer beschützen und wenn es sein muss auch vor dir und deinen dummen Ideen, du verrennst dich in den Gedanken, dass du mich vielleicht anders magst, aber das stimmt nicht. Es ist eine natürliche Reaktion von dir, weil ich dir geholfen habe und du mit mir lange unterwegs bist. Aber das ist nicht echt!“ versuchte er ruhig zu bleiben. „Du siehst mich als Familie an?“ schluchzte ich, den Rest hatte ich willentlich überhört. Meine Angst bestätigte sich, er mochte mich nicht so, wie ich es erhofft hatte. Aber was war mit dem Blick, als wir in den Bach gefallen waren, oder in der Stadt, als er wissen wollte, von wem ich Aufmerksamkeit gießen würde? Er nickte, „Ja und deswegen will ich dich nicht verletzen oder verlieren.“ Antwortete er mir. „Dafür ist es zu spät. Du hast mich schon verletzt.“ Flüsterte ich. Er schluckte hörbar, „Hör zu, das wollte ich nicht. Ich würde dies nie absichtlich tun.“ Sprach er leise und wollte mir eine Hand tröstend auf die Schulter legen, doch ich wich aus. „Dein abweisendes Verhalten, es tut mehr weh als alles andere.“ Schluchzte ich. „Versteh doch bitte. Ich will dich doch nur beschützen.“ Murmelte er. „Ich verstehe, aber bitte, ignorier mich nur einfach nicht mehr!“ flehte ich und sah zu ihm auf. Plötzlich wurde unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt. Uma schrie erschrocken auf und kam aus einem der Büsche gerannt. Ein knurrender Wolf kam hinter ihm her. „Scheiße!“ fluchte ich und zog sofort mein Schwert. Letho hatte sich Uma geschnappt und in einen großen Sack an seinem Sattel gesetzt. Er schnürte ihn so, dass Uma mit dem Kopf und einem Arm zwar heraus schaute, aber nicht heraus fallen konnte. Kiran würde ihn so in Sicherheit halten. Während ich mich um den Wolf gekümmert hatte, waren weitere aufgetaucht. Einer heulte und aus der Nähe ertönte die Antwort. Die Hirten hatten recht, das Rudel war sehr groß. Allerdings passte auf keinen der Wölfe, die Beschreibung riesig. Ich hatte gerade den letzten Wolf in meiner Reichweite erledigt und drehte mich zu Letho um. Seine Augen wurden jedoch riesig und sein Blick panisch. „Pass auf! Hinter dir!“ brüllte er mir entgegen. Hatte ich einen Wolf übersehen? Ich hörte einige Steine hinter mir knirschen und wirbelte herum. Ich starrte direkt auf das graue Fell auf der Brust eines Werwolfs. Grollend grinste er auf mich herab, während Geifer von seinen zurück gezogenen Lefzen tropfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)