Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 17: kurze Pause ----------------------- Wir hatten vor einigen Tagen Velen endgültig verlassen. Allerdings hatte Letho sich für eine andere Reiseroute entschieden, als ursprünglich geplant. Wir würden so lange in Redanien bleiben wie es ging und dann das Kestrell Gebirge durchqueren. Er meinte es wäre sicherer und wir könnten so die nilfgaardische Armee umgehen, vorausgesetzt sie würden jetzt nicht auf einmal sehr viel Landgewinn in Kaedwin machen. Ich hoffte nur, dass dies eine gute Entscheidung war. Aber hier würde ich in der Hexenjäger Verkleidung nicht ganz so viel Aufsehen erregen, wie in Kaedwin. Jetzt waren wir gerade auf dem Weg nach Tretogor, um dort unsere Vorräte auffüllen zu können. Ich hoffte nur, dass wir Lambert nicht unterwegs begegneten und dass er die andere Route gewählt hatte. Auch wenn diese vielleicht schneller zu bewältigen war, als unsere. Aber ein Vorteil hatte es eindeutig nicht mehr in Velen zu sein, es regnete deutlich weniger und der Boden war nicht mehr so sumpfig. Das Handy gab nach zwei Tagen keinen Pieps mehr von sich und ich hoffte, dass der Unbekannte es vielleicht aufgegeben hatte, mir merkwürdige Nachrichten zu schicken nachschauen wollte ich jedoch nicht. Eigentlich wollte ich mittlerweile auch schon gar nicht mehr wissen, wer dahinter steckte. Wir ritten friedlich nebeneinander, nur Uma störte wie immer. Ständig war er am sabbern oder am Quengeln. Ich war wirklich froh, das Letho ihn die meiste Zeit versorgte und auch sauber machte. „Weißt du Letho, mittlerweile denke ich, dass der größte Feind eines Hexers, ein anderer Hexer ist und nicht die Monster, gegen die ihr ständig kämpfen müsst.“ Durchbrach ich irgendwann die Stille. „Wie kommst du darauf?“ fragte er mich. „Nun, ich weiß jetzt mittlerweile von fünf Fällen, wo ein Hexer einen anderen getötet hatte und das in der jüngeren Vergangenheit. Wer weiß wie viele wo möglich ebenso ums Leben gekommen sind.“ Erläuterte ich meine Überlegung. „Fünf?“ hakte der Hexer neben mir nach. Ich summte zur Bestätigung. „Lambert hatte mir von Egan erzählt. Dann wäre da Aiden, der von Karadin getötet wurde und dieser von Lambert, als Rache für Aiden. Du hast dich an Slobodan für deinen Freund gerächt. Sind fünf Hexer. Eine traurige Bilanz.“ Führte ich aus. Letho schwieg darauf hin. „Du hast mir vor einiger Zeit das Angebot gemacht, das du da wärst zum Reden, wenn ich jemanden brauche. Du solltest wissen, umgekehrt gilt das genauso. Ich bin für dich da und unterstütze dich soweit ich kann.“ Versprach ich ihm und schaute ihn an. Doch er seufzte nur und schüttelte mit dem Kopf. Am Horizont tauchten die Dächer einer kleinen Stadt auf. „Das dort hinten ist Tretogor.“ Erklärte Letho. „Wir werden noch vor der dem Abend dort sein. Aber wir sollten nicht zu lange dort bleiben. Es dürfte dort viele Hexenjäger geben, schließlich haben sie die Orden abgelöst und werden von Radovid unterstützt.“ Warnte er. „Letho, ich mag zwar blond sein, aber nicht blöd.“ Erwiderte ich. Natürlich war in der Hauptstadt Redaniens mit Hexenjägern zu rechnen. Letho murmelte darauf hin nur etwas in seinen nicht vorhanden Bart, was ich aber nicht verstand. Ich warf ihm einen bösen Blick zu, doch den ignorierte er gekonnt. Den Weg legten wir hauptsächlich schweigend zurück. Was sehr stark auffiel, war das es hier deutlich ruhiger und friedlicher war. Vom Krieg war hier nicht viel zu spüren. Gelegentlich sah man nur einige Soldaten, die Wagen packten. Vermutlich für den Nachschub. Als wir die Stadttore fast erreicht hatten, durchbrach ich die Stille. „Wollen wir uns ein Gasthaus suchen oder sollten wir lieber die Münzen aufsparen?“ wollte ich wissen. „Ich denke ein Gasthof wäre nicht schlecht, wir sollten nur schauen, dass es nicht zu teuer ist. Heute Abend werden wir nicht mehr viel bei den Händlern bekommen, so dass wir es morgen probieren müssen. Die nächste Zeit werden wir kaum auf Zivilisation treffen, sobald wir die Stad hinter uns gelassen haben.“ Erklärte Letho. Ich nickte. Er hatte mehr Erfahrung und das finanzielle sollte ich ihm vielleicht überlassen. Ohne größere Schwierigkeiten wurden wir in die Stadt gelassen, nur Uma wurde kritisch beäugt, doch die bereits genutzte Ausrede, wir wären Unterwegs, um den Zauber aufzuheben, diente hier wieder gut. Die Torwache empfahl uns sogar ein kleines Gasthaus, nahe der Stadtmauer, ordentlich und günstig. Gehörte zufällig seinem Schwager. Nun ja wir konnten es uns zumindest ansehen. Die Pferde ließen wir ein Stück hinter dem Tor in einem Stall, für die Ausrüstung, die wir nicht mit durch die Stadt schleppen wollten gab es Truhen vor Ort, die abgeschlossen werden konnten. Dieser Service kostete nur wenige Münzen mehr, so das Letho beschloss ihn zu nutzen. Wir nahmen nur das mit, was wir für die Nacht und den Einkauf für den morgigen Tag brauchten. Das Gasthaus, zum gehängten Mann, hatten wir nach einer Weile gefunden. Es war in dem Stadtteil, in dem die ärmere Bevölkerung lebte, war aber bei weitem nicht so herunter gekommen wie die Novigrader Scherben. Das Gasthaus war gut besucht, aber nicht überfüllt. Nach einer kurzen Verhandlung bekamen wir ein Zimmer, zu meinem Erstaunen gab es sogar ein kleines Gitterbettchen für Uma. Glück gehabt, Avallach, dachte ich mir, heute Nacht keine Truhe. Ich verstaute unsere Sachen und Letho kümmerte sich um Uma. Da er ihn für das Bett fertig machte, ging ich davon aus das Letho vermutlich die Gelegenheit nutzen wollte, um später noch ein wenig Karten zu spielen. Ich konnte es ihm nicht verdenken, die Reise würde noch lang werden und er sollte noch ein wenig Spaß haben. Ich hingegen würde jedoch die Gelegenheit nutzen, noch einmal in einem weichen Bett schlafen zu können und außerdem schmerzte die Wunde an der Wade wieder ein wenig. „Kommst du?“ fragte Letho mich, als er mit Uma fertig war. Doch ich schüttelte den Kopf, „Geh nur, trink ein wenig und spiel Karten, wenn du möchtest, ich bin ziemlich Müde.“ Redete ich mich raus und lächelte ihn an. „In Ordnung, ich werde leise sein, wenn ich wieder komme.“ Versprach er und schloss die Tür hinter sich. Ich wartete noch einen Augenblick, ob er zurück kommen würde und zog mich dann aus. Ich zog mir eine Tunika über und setzte mich dann aufs Bett, um in Ruhe die Wunde zu inspizieren. Bei näherer Betrachtung konnte man sehen, dass man sie hätte vielleicht nähen sollen, aber sie war zum Glück nicht so tief, dass der Muskel dauerhaften Schaden genommen hatte. Frustriert stellte ich fest, dass die Haut um die Wunde gerötet war, sie hatte sich also doch leicht entzündet, aber solange sie nicht anfing zu eitern, gab es noch keinen wirklichen Grund zur Beunruhigung. Ich tupfte sie noch vorsorglich mit ein wenig Alkohol ab und legte mich dann hin. Das Bett war weich und warm, aber leider vermutlich das letzte für einige Wochen. Ich verschränkte die Arme unter dem Kopf und schaute an die Zimmerdecke. Uma gab merkwürdige Geräusche von sich und ich sah zu ihm rüber, es schien bei ihm jedoch alles in Ordnung zu sein. „Ich weiß, ich weiß, Avallach. Ich hätte Letho von der Verletzung erzählen sollen, aber wie hättest du dich gefühlt, wenn Ciri dir gesagt hätte, dass du sie verletzt hast? … Genau und das will ich Letho nicht antun. Er macht schon so viel für mich und ich will ihm nicht noch weitere Sorgen bereiten oder mit Selbstvorwürfen belasten. Ich mag ihn sehr und ich möchte ihn nicht von mir stoßen, ich möchte nicht riskieren das ich sein Verhalten falsch interpretiere. Vielleicht mag er mich nicht so wie ich ihn, sondern sieht mich einfach nur als kleine Schwester oder so.“ Fing ich einfach an zu erzählen. So schien es mir nicht ganz wie ein Selbstgespräch. „Aber mach dir keine Sorgen, wir bringen dich sicher nach Kaer Morhen und dort wird dein Fluch aufgehoben, sobald alle da sind. Ohne dich wird Ciri nicht gefunden und das wäre mehr als schlecht. Aber du solltest dich dann vielleicht bemühen, nicht ganz so arrogant zu wirken, das wird bei den anderen nicht so gut ankommen.“ Erzählte ich einfach weiter. Vielleicht war es ein Fehler ihm so viel zu offenbaren, aber im Moment fühlte es sich gut an, so die Gedanken ein wenig zu ordnen. „Vielleicht verrätst du mir später auch, was du gegen mich hast. Es wirkte beinahe so, als hättest du Angst vor mir.“ Gähnte ich und sah ein letztes Mal zu ihm rüber. Dann rollte ich mich auf die Seite und zog die Decke bis zum Kinn. Später wurde ich kurz wach, als sich Lethos Arme um mich wickelten. Sein Atem roch nach Alkohol, als ich ihn murmeln hörte, „Schlaf weiter, Krümel.“ Ich gähnte und schloss die Augen wieder. Ich kuschelte mich an und lauschte seinem Herzen, bis ich wieder eingeschlafen war. Am nächsten Morgen auf dem Markt erlebte ich eine kleine Überraschung, wir waren gerade dabei unsere Vorräte aufzufüllen, als wir an einem Händler vorbei kamen, der freudig strahlte als er mich erblickte. „Oh was für eine Freude an diesem grauen Morgen.“ Rief er mir entgegen und nahm meine Hand, um sie zu schütteln. „Und das muss der Hexer sein, von dem ich gehört hatte.“ Sprach er zu Letho. Verwirrt sah ich ihn an. „Natürlich, du kennst mich nicht, aber ich war den Tag da, in Novigrad, als der Bettlerkönig gerichtet wurde.“ Erklärte er. Ich seufzte, „Das war ein großer Tag und dann die Rede von deinem Menge. Er konnte immer die Menschen begeistern. Ein Jammer, dass er bei dem Anschlag ums Leben kam. Er hätte sicher noch viel erreichen können. Ich wäre nicht verwundert gewesen, wenn er später selbst Hierarch geworden wäre. Du hast mein größtes Beileid zu deinem Verlust. Aber ich sehe du trägst jetzt die Kluft der Hexenjäger, schön dass du dich ihnen offiziell angeschlossen hast. Wirst du hier das Werk deines Geliebten fortsetzen? In Novigrad warst du ja sehr erfolgreich. Wobei ich aber nicht sagen will, dass es hier auch so viel Gesindel gibt. Schließlich sorgt unser guter König Radovid schließlich für Ordnung.“ plapperte der Händler. „Wir sind eigentlich nur auf der Durchreise und müssen unsere Vorräte auffüllen. Dieser arme Tropf wurde Opfer eines verabscheuungswürdigen Magiers. Wir versuchen ihm zu helfen.“ Erklärte ich im Gegenzug und deutete auf Uma. Der Händler besah sich Uma und schlug sich angewidert die Hand vor dem Mund, „Da kann ich nur beten, dass ihr Erfolg haben werdet. Der Arme, so würde ich nicht leben wollen.“ Meinte der Händler. „Aber ihr habt Glück. Ich biete viele Waren an, die man auf einer langen Reise braucht und da ihr in einer solch wichtigen Sache unterwegs seid, mache ich euch gute Preise. Was sagst du?“ Ich stimmte dem zu. Seine Waren sahen nicht schlecht aus und wenn man es günstiger bekam, warum nicht. Wir kauften bei ihm viele Lebensmittel die lange hielten und er packe sie uns in Pergamentblätter ein. Für die nächsten Tage hatten wir auch einige frische Lebensmittel wie Obst und Gemüse genommen. Frisches Fleisch würden wir uns eher selbst erlegen oder vielleicht auch ein paar Fische fangen. „Deine Verletzungen, die von den Elfen, sind gut verheilt, oder? Durch die Kapuze konnte man nicht viel sehen, aber das was man erkennen konnte sah ziemlich schmerzhaft aus.“ wollte der Händler auf einmal wissen. „Ja, es sah schlimmer aus als es wirklich war, hauptsächlich Prellungen. Die von dem Vampir waren deutlich schlimmer.“ Brummelte ich. Der Händler nickte eifrig. „Ich hörte davon, stimmt es, dass das ewige Feuer sie geheilt hatte?“ redete er fleißig weiter. „Nun, dass sagte zumindest der Priester.“ Antwortete ich ihm, der Händler wollte gerade wieder den Mund öffnen, als sich Letho einmischte. „Alanya, wir müssen langsam weiter.“ Grummelte er. „Oh ich will euch nicht aufhalten. Viel Glück auf der Reise!“ wünschte uns der Händler, als wir uns verabschiedeten. „Wie können Menschen nur so viel auf einmal reden?“ jammerte ich, als der Händler außer Hörweite war. „Es sah aber nicht so aus, als hättest du die Aufmerksamkeit gehasst.“ Schnaubte Letho. „Du hast recht, ich genieße Aufmerksamkeit, aber nicht von jedem dahergelaufenen Trottel, nur von wenigen und am liebsten von einer bestimmten Person.“ Entgegnete ich und sah zu Letho auf. „Ist das so?“ fragte er, „Und von wem?“ wollte er wissen, ich schaute ihm in die Augen, doch ehe ich antworten konnte, wurden wir grob angerempelt. „Pass doch auf du Idiot.“ Rief ich dem Kerl hinterher. Als ich mich wieder Letho zuwandte, war er bereits wieder mit Uma beschäftigt. Ich seufzte und ging den beiden nach. Nachdem Letho noch einige Kleinigkeiten gekauft hatte, holten wir unsere Pferde und verließen die Stadt. Für den Abend hatten wir ein ruhiges Plätzchen Abseits des Weges gefunden. Von der Straße war es nicht einzusehen und Monster schien es auch keine zugeben. Letho ließ mich meine Schwertübungen machen und fragte mich dabei über Kräuter und Rezepte ab. Ich wusste noch nicht alles, aber Letho schien mit meiner Leistung zufrieden zu sein und zur Nacht legte ich mich zu ihm. Die nächsten Tage verliefen ähnlich. Ich musste laufen, wobei mich Letho entweder über die Felder hetzte oder mich Hindernisse überwinden ließ. Eine Kleinigkeit zum Frühstück, dann ritten wir weiter. Hin und wieder wichen wir Monstern aus oder es kam uns ein Trupp Soldaten entgegen. Abends suchten wir ein Lagerplatz. Nachdem Essen ließ mich Letho Kräuter und Rezepte lernen oder machte kleine Übungskämpfe mit mir. Hierbei muss wohl nicht gesagt werden, dass ich gegen ihn noch weniger Chance hatte, als gegen Geralt. Allerdings hatten Beide einen sehr unterschiedlichen Stil und da ich von beiden etwas gelernt hatte, mischte ich diese teilweise unbewusst zu meinem eigenen zusammen, was Letho zum Lachen brachte. Vor allem wenn ich dadurch stolperte oder ähnliches. Doch diesen Tag änderte es sich, Letho hielt plötzlich mitten auf dem Weg an und starrte zwischen den Bäumen durch. Ich versuchte etwas zu erkennen, doch ich sah nur Bäume. „Was ist denn da?“ fragte ich ihn und versuchte weiterhin etwas zu erkennen. „Die Äste dort hinten, sie sind abgeknickt, keine normale Höhe für Wildtiere.“ Erklärte er. „Monster?“ war meine Frage darauf hin. Wäre eine natürliche Erklärung. Er schüttelte den Kopf. Er stieg von seinem Pferd. „Du kannst mitkommen, gehst aber sobald ich dir das sage, oder du bleibst gleich hier bei Uma.“ Stellte er mir die Wahl. Natürlich würde ich mitgehen, Letho seufzte nur, dass er das schon geahnt hatte, während er dafür sorgte das Uma bei den Pferden blieb. Vorsichtig schlichen wir uns zu den Bäumen. Hinter einigen Büschen blieben wir hocken, jetzt konnte ich die Stiefelabdrücke am Boden sehen und an den abgebrochenen Zweigen hatte Letho einen kleinen Stofffetzen gefunden. Also definitiv keine Monster. Ich legte mich auf den Bauch und robbte unter die Büsche. Glücklicherweise standen diese auf dem höchsten Punkt eines Hügels, so dass nicht viel meine Sicht versperrte. Ich griff nach hinten an meinen Gürtel und holte mein Fernrohr hervor. Ich zog es auseinander und hielt es mir vors Auge. In der Ferne konnte ich Bewegung erkennen und Zelte. Ich stellte mein Fernrohr scharf und war schon beinahe automatisch dabei, mich in die Hocke aufzurichten, doch Letho packte mich warnend am Knöchel. Etwas blitzte bei den Zelten auf, es schien das wenige Sonnenlicht zu reflektieren, das durch die Bäume drang. Jemand eilte in eines der Zelte, die Kleidung kam mir vertraut vor, doch ich konnte sie spontan nicht zuordnen. Doch dafür umso schneller das Banner, das vor dem Zelt hing. Drei weiße Lilien auf blauen Grund, Temerier. Ich fluchte leise, was machte ein temerisches Lager mitten in Redanien. „Was siehst du?“ wollte Letho wissen. Er hatte sich neben mich gelegt. „Idioten.“ Flüsterte ich. Behielt das Lager vor uns, jedoch weiterhin im Auge. Jemand trat aus dem Zelt heraus, die Kleidung verriet ihn auf jede Entfernung, auch wenn ich sin Gesicht nicht richtig erkennen konnte. Er hob etwas an seine Augen, als die andere Person grob in unsere Richtung deutete. Kurz wirkte es auf mich, als würden wir uns in die Augen schauen, doch auf diese Distanz schien das unmöglich. „Scheiße!“ fluchte ich. Er hatte ebenso ein Fernrohr. „Was ist.“ Wollte Letho wissen. „Das sind die blauen Streifen, Vernon Roche und seine Leute.“ Flüsterte ich und zog mich zurück. Letho knurrte, warum auch immer. Vielleicht weil Roche ihn eine Zeitlang gejagt hatte und ihn noch immer am liebsten am Galgen sehen würde. „Komm schon Letho, die haben uns vermutlich bemerkt.“ Zischte ich. Ich hatte keine Lust jetzt auf Roche zu treffen. Wer weiß, was er über mich denkt zu wissen und was er machen würde, bei Letho ist es klar, aber wir hatten jetzt keinen hier, der Vermittler zwischen Letho und Roche fungieren könnte. Auch Letho zog sich nun zurück. Wir beeilten uns zurück zu den Pferden zu kommen. Geduckt eilten wir den Hügel herunter. Letho schien wenigstens so einsichtig, dass wir gegen das ganze Lager vermutlich keine Chance hätten. Er schnappte sich Uma und sprang auf sein Pferd. Ich tat es ihm gleich. Wir ließen die Pferde galoppieren, schließlich könnte es wirklich sein, dass uns ein Kundschafter hinterher geschickt werden würde. Erst als die Pferde verschwitzt und Letho sich sicher war, dass uns keiner folgte, parierten wir die Pferde wieder durch. Der Abend nahte langsam und wir mussten uns noch ein Lagerplatz suchen. Es war bereits dunkel, als Letho ein Plätzchen fand, das er für geeignet hielt. Während ich unsere Schlafmatten ausrollte, sorgte er für ein kleines Feuer. Danach kümmerte er sich um Uma und ich holte einige Dinge aus der Satteltasche, um ein Abendessen vorzubereiten. Dabei fiel mir ein kleines Päckchen, das völlig anders eingepackt war, auf. Hatte Letho das vielleicht gekauft? Ich hatte es auf jeden Fall nicht gekauft. „Letho? Ist das deines?“ fragte ich ihn und hielt das kleine Päckchen hoch. „Nein, wo hast du das her?“ schüttelte er den Kopf. „Das war zwischen den Vorräten. Ist es wirklich nicht deins? Von mir ist es nämlich auch nicht.“ Fragte ich ihn erneut. Letho nahm es mir aus der Hand und öffnete es. Es kam ein Brief zum Vorschein. „Das ist doch deins.“ Meinte Letho und gab mir den Brief. Es stand mein Name drauf. Der Brief war versiegelt, aber in dem Wachs gab es kein Siegelzeichen. Ich besah ihn mir von allen Seiten, doch es gab sonst nichts weiter zu entdecken. So brach ich das Wachssiegel und entfaltete ihn. Zuerst schaute nach einer Unterschrift, doch nirgends war der Absender angegeben. Je weiter ich las, desto mehr runzelte ich die Stirn. Von wem war der Brief, wer wusste das ich mich vor den Nilfgaardern in Acht nehmen musste und dass wir in Richtung Norden unterwegs waren. Ich reichte Letho den Brief, auch er schien nicht glücklich darüber zu sein. „Ich hatte Hengfors eigentlich als unser nächstes Ziel gedacht. Aber wenn da wirklich dieser Nilfgaarspitzel herum läuft, …“ Murmelte Letho. „Was sollen wir machen?“ fragte ich ihn. Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Wenn es stimmt, was hier steht, sollten wir die Stadt meiden, aber die Hütte könnte genauso gut eine Falle sein. Es klingt verdächtig, warum sollte uns jemand dort Vorräte hinterlassen? In der Gegend dort gibt es nichts.“ War seine Meinung. „Würden unsere Vorräte reichen, wenn wir die Stadt meiden und sich die Hütte als falsch erweist?“ wollte ich wissen. „Es könnte knapp werden, vor allem wenn wir in den Bergen in einen Schneesturm kommen sollten. Wir müssten unterwegs vielleicht mehr jagen.“ Überlegte er. „Schneesturm?“ fragte ich entsetzt. Schnee war ja gut und schön, aber nur wenn man zuhause eine warme Heizung hatte. Letho nickte, „Natürlich, in den Bergen kann es immer schneien, aber der Winter ist noch fern und daher sollten wir Glück haben.“ Beruhigte er mich. „Wollen wir das Risiko dann eingehen und der Stadt ausweichen?“ fragte ich Letho. „Wir können es versuchen, wir wären auf jeden Fall schneller. Ich weiß welche Stelle in dem Brief beschrieben wird. Es ist ein kleiner Pass, in dem die Quelle des Nimnar liegt. Aber eine schwierige Strecke, bis wir wieder auf die Straße nach Vattweir kommen. Wir werden dann im Grenzgebiet zu Narok bis zum Gwennlech bleiben. Von dort ist es dann nicht mehr weit.“ Erklärte mir Letho die geänderte Reise Route. Ich sah ihn mit leichter Unverständnis in den Augen an, die Karte von Redanien und alles drum herum, hatte ich nie wirklich studiert. Vielleicht sollte ich dies nachholen. Letho lachte über meinen Blick, „Keine Sorge, ich kenne die Strecke.“ Kommentierte er. „Ich kann sie dir später auf der Karte zeigen, wenn du möchtest. Du hast doch eine Karte dabei, oder?“ Ich nickte. „Ich hatte mir eine von Redanien und Kaedwen besorgt. Ohne Karte wäre ich wahrscheinlich unterwegs alleine sonst verloren gegangen.“ Antwortete ich ihm. „Gut, auf einer langen Reise, sollte man immer auf alles vorbereitet sein.“ Stimmte er zu. Zum Abendessen kochten wir ein wenig Haferbrei mit Dörrobst, so wie die letzten Tage auch. Es war Nahrhaft und die Zutaten ließen sich ohne Probleme transportieren, aber so langsam hing es mir zum Halse raus. Aber ich hatte Letho versprochen nicht zu meckern und ich wusste ja außerdem auch, dass wir uns auf der Reise Nahrungstechnisch einschränken mussten. Etwas Abwechslung wäre trotzdem toll gewesen. Als wir uns zur Nacht hinlegten, waren die die Pferde ein wenig unruhig, in der Ferne konnte man ein Rudel Wölfe heulen hören. Auch mich beunruhigten sie ein wenig. Schließlich konnte ich mich noch gut daran erinnern wie mich ein hungriger Wolf aus dem Schlaf geweckt hatte. In der Nacht hielten wir Uma so dicht wie möglich bei uns, um auf jede Gefahr reagieren zu können. Aber auch ich schlief so dicht wie möglich bei Letho, nicht weil ich Angst hatte, sondern einfach um mich an ihm zu wärmen. Die Temperaturen in der Nacht senkten sich deutlich und zeigten wie weit im Norden wir bereits waren. Wenn die Sonne schien konnte man bereits sogar am Horizont die Gebirgskette erkennen. Allerdings zeigten diese auch, dass auf den Gipfeln Schnee lag, ich hoffte wir mussten nicht ganz so hoch, um die Berge zu überqueren. Ich war auch sehr froh über Lethos Voraussicht, er hatte aus Krähenfels einige Kleidungsstücke für Uma mit genommen, so dass dieser nicht fror. Schließlich konnte dieser sich in seiner jetzigen Form nicht wirklich verständigen. Aber ich wäre froh, wenn wir unser Ziel bald erreicht hätten. Die Reise war anstrengender als ich es mir vorgestellt hatte. Einige Tage später hatten wir das Gebiet erreicht, das in dem Brief beschrieben war. Wir waren mittlerweile weit von der Hauptstraße entfernt und immer häufiger sahen und hörten wir die Wölfe um uns herum. Ich war die ganze Zeit angespannt und rechnete damit, dass die Wölfe jeden Moment auf uns zu kamen und angriffen, doch bisher hatten wir Glück. So weit in die Walachpampa verirrte sich kaum ein Mensch und die Wölfe beäugten uns eher misstrauisch, anstatt direkt von uns als Beute zu denken. Ich war wirklich froh, als wir dann endlich auf die besagte Hütte stießen. Sie sah größer aus, als ich gedacht hatte, es gab ein kleines Nebengebäude und alles ordentlich aus. Wohnte hier jemand? Aber aus dem Schornstein stieg kein Rauch auf und auch sonst sah es unbelebt aus. Auch Letho schien die Abwesenheit von Verfall misstrauisch zu machen. Die Gebäude standen auf einem Hügel, ringsherum Wiese mit einigen Bäumen und Sträuchern. Ganz in der Nähe floss der Bach. Es wirkte richtig idyllisch. Ich beobachte Letho, der sich misstrauisch umsah und immer mal wieder lauschte. Doch auch er schien mit seinen Hexersinnen nichts Verdächtiges wahrzunehmen, was allerdings auch schon wieder verdächtig war. Doch es blieb alles ruhig, als wir bei den Gebäuden ankamen. Keine Fallen, keine Angreifer und auch keine Monster. Das Nebengebäude entpuppte sich als ein kleiner Stall. Es gab Stroh und Heu für die Pferde, sogar einige Äpfel und Karotten lagen in der Futterkrippe. Die Pferde stürzten sich gierig darauf, auch sie hatten das karge Futter von unterwegs satt. Um für den Notfall gerüstet zu sein, beließen wir die Pferde erst einmal so wie sie waren und gingen zu dem Haus. Es blieb weiterhin alles ruhig, die Fenster waren dunkel und im Haus an sich schien auch keinerlei Bewegung zu geben. Letho öffnete vorsichtig die Tür, aber auch jetzt blieb alles ruhig. Er zeigte mir wortlos das ich warten sollte und er betrat das Haus. Durch die Fenster konnte ich sehen, dass er nach einer Weile einige Kerzen entzündete. Kurze Zeit später kam er wieder raus. „Scheint alles ruhig zu sein.“ War seine Einschätzung und dankbar folgte ich ihm ins Haus. Der Wind war mittlerweile eisig und immer öfters konnten wir auch am Tag unseren Atem sehen. Mittlerweile war ich recht froh über den dicken Hexenjäger Mantel. Er hielt den Wind und die Kälte besser von meinem Körper fern, als mein eigentlicher Umhang es tun würde. Das Haus sah von ihnen genauso ordentlich aus, wie es von außen den Anschein erweckt hatte. Es gab noch nicht einmal ein bisschen Staub auf den Oberflächen. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, ließ ich den schreienden Uma los, der sich auch sofort von mir entfernte. So langsam könnte sich der nervende Knirps mal wirklich an mich gewöhnen. Ich folgte Letho in den angrenzenden Raum, es war ein Schlafzimmer, es gab ein großes Bett und kleines mit Gittern. Auf dem Bett lag ein verschnürtes Bündel und darauf lag ein gefaltetes Pergament. Neugierig griff ich danach. *Schön, dass du hergefunden hast, weiße Rose. Danke für deine Hilfe.* stand darauf. Verwirrt starrte ich auf die Buchstaben, wer wusste von der Bedeutung meines Namens und würde mir danken und bei was soll ich geholfen haben? Ich muss eine ganze Weile so dar gestanden haben, denn irgendwann kam Letho und nahm mir das Pergament aus der Hand. Er las es, „Was soll das bedeuten? Wem hast du geholfen?“ wollte er wissen. Ich drehte mich zu ihm um, „Ich weiß es nicht.“ Murmelte ich. „Krümel?“ fragte er noch einmal ernst. „Wirklich, ich weiß es nicht. Du musst mir glauben, Letho. Kaum einer weiß, was mein Nachname bedeutet. Ich habe es nur dir und Vattier erzählt gehabt. Und ich glaube nicht, dass mir die Nilfgaarder jetzt helfen würden.“ Bat ich ihn, mir zu glauben. „Es wirkt alles sehr merkwürdig.“ Grummelte er. Ich nickte, „Für mich doch auch. Ich habe keine Ahnung wer mir diesen Brief zugesteckt hat. Es ist ziemlich unheimlich.“ Gestand ich. Dann öffnete ich das Bündel. Es enthielt Kleidung. Eine dicke, warme und saubere Hose, ein sauberes Hemd und ein Wams aus Wolle. Definitiv hochwertige Kleidung, die für die Temperaturen in den Bergen geeignet waren und scheinbar alles in meiner Größe. Letho war wieder zurück in das erste Zimmer gegangen, „Kommst du mal?“ rief er nach mir. Ich legte die Kleidung wieder auf das Bett und ging zu ihm. Er stand vor einem Tisch, der mit einem Tuch abgedeckt war. Unter dem Tuch war etwas verborgen. Es hatte unregelmäßige Konturen und ließen nicht erraten, was sich darunter befand. Letho zog nun das Tuch völlig von dem Tisch, scheinbar hatte er bereits unter eine der Ecken geschaut. Was sich auf dem Tisch befand ließ mich staunen. Jede Menge Vorräte, einiges frisch, aber das meiste für eine lange Reise haltbar gemacht. Pökelfleisch, getrocknetes Obst und Gemüse, sogar getrocknete Kräuter zum Kochen waren dabei. Etwas hilflos sah ich zu Letho. Er sah mich nur skeptisch an, „Du hast wirklich keine Ahnung, wer unser Wohltäter ist?“ wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf, „Nein wirklich nicht. Ich schwöre. Keiner außer Lambert und Geralt wusste, wohin ich aufgebrochen bin und meine eigene Reiseplanung sah völlig anders aus, wie du weißt.“ Schwor ich ihm. Grimmig nickte er. Dann stieß er ein seufzen aus. „Als Hexer weiß ich, einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul, aber wir sollten trotzdem vorsichtig bleiben. Ich geh mich um die Pferde kümmern, bleib du hier bei Uma und pass auf, dass er keinen Unsinn anstellt.“ Meinte er und verließ das Haus. Ich schaute kurz nach Uma, doch dieser hatte sich schon etwas zur Beschäftigung gesucht. Scheinbar hatte er in der Ecke des Zimmers eine alte Puppe gefunden und spielte nun damit. Ich lachte bei dem Anblick ein wenig, der stolze, elfische Wissende Avallach spielte mit einer Puppe. Dann machte ich mich daran etwas Holz in den Ofen zu stapeln und mit Hilfe einer Kerze zu entzünden. Als das Feuer brannte nahm ich die Kerze und zündete damit die restlichen an. Letho mochte vielleicht im Halbdunkeln genug sehen können, aber auf mich traf das nicht zu und bald würde die Sonne untergehen. Als das erledigt war, schaute ich erneut nach Uma, er behielt mich misstrauisch im Auge und sorgte dafür das er immer auf der entgegen gesetzten Zimmerseite war, stellte aber zum Glück nichts an. In einem abgetrennten Teil des Raumes fand sich sogar ein kleiner Badezuber. Er war bereits mit sauberem Wasser gefüllt und wartete nur darauf erhitzt zu werden. Wer auch immer uns hier her gelockt hatte, schien an alles gedacht zu haben. Aber wer war es und warum? Während Letho nach und nach die Ausrüstung unserer Pferde hereinbrachte, hatte ich mich daran gemacht, etwas zu essen vorzubereiten. Nun da unsere Vorräte wieder aufgestockt waren und es frische Zutaten gab, sah ich nicht ein, erneut Haferbrei zu kochen. Ich schnitt Fleisch und Gemüse klein und kochte ein Gulasch. Hin und wieder sah ich zu Uma hinüber. Doch er beschäftigte sich immer noch ruhig. „Hm, das riecht köstlich!“ murmelte Letho plötzlich hinter mir. Ich zuckte leicht zusammen, ich hatte gar nicht mit bekommen, dass er sich hinter mich gestellt hatte. Er griff nach einem Löffel und nahm sich einen Happen. „Hey, es ist noch nicht fertig!“ meckerte ich. „Schmeckt trotzdem schon.“ Grinste er nur, worauf hin ich die Augen verdrehte. Ich scheuchte ihm zum Tisch, wo er sich setzte, während ich weiter im vor sich hin köchelnden Gulasch rührte. „Du Letho?“ fragte ich nach einiger Zeit, als mir etwas eingefallen war. „Ja, was gibt es?“ wollte er wissen. „Kann ich dich um einen gefallen bitten?“ ich drehte mich zu ihm um und bemühte mich um einen Dackelblick. „Kommt drauf an was.“ Meinte er. „Dort hinten in der Ecke steht eine Wanne und ich wollte dich fragen ob, …“ fing ich an. „Ich dir Wasser hole?“ unterbrach er mich mit einem skeptischen Blick. „Was nein! Ich wollte dich bitten es zu erhitzen. Ich denke nach der Reise bisher, könnten wir alle ein warmes Bad vertragen.“ Widersprach ich. „Du meinst also wir sollten baden? Zusammen?“ wollte Letho wissen. „Nun ja, vielleicht nicht mit Uma zusammen.“ Ich verzog das Gesicht, denn Uma lief schon wieder der Rotz aus der Nase. „Hm, ich kann dir das Wasser nachher warm machen.“ Stimmte er zu, ging aber nicht auf meine Anspielung ein, dass wir zusammen in den Zuber steigen könnten. Er machte es einem aber auch schwer, zu schauen was er für mich empfindet. Vielleicht sollte ich doch versuchen etwas offensichtlicher zu sein, später. „Danke mein Großer.“ Zwinkerte ich ihm zu, obwohl ich versucht war, ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, unterließ ich es vorerst lieber. Ich rührte weiter im Topf, bald sollte das Essen fertig sein. Letho schien derselben Meinung zu sein und suchte einige Schüsseln zusammen und platzierte sie beim Ofen. Ich nahm sie nach einigen Momenten und füllte das Essen auf. Dann nahm ich den Topf vom Feuer, damit nichts anbrennen würde. Wir stellten das Essen auf den Tisch und setzten uns. Uma wollte sofort in seine Schüssel greifen, doch Letho hielt ihn auf, damit er sich nicht verbrennen konnte. Ein lächeln schlich sich bei dem Anblick auf meine Lippen. Nachdem das Essen sich ein wenig abgekühlt hatte, ließen wir es uns schmecken. Mir fehlten zwar ein paar Gewürze, aber es war trotzdem gut geworden. „Wir werden morgen noch nicht weiter reiten, die Pferde müssen sich ausruhen, sie haben ganz warme Beine. Der nächste Teil der Reise wird noch anstrengender, es gibt keinen richtigen Pfad bis hoch zur Straße.“ Eröffnete Letho nach dem Essen. „Ich werde sehen, ob etwas finde was den Beinen hilft und später die Zeit nutzen, um Wäsche zu machen. Dann kann sie morgen trocknen. Legst du deine nachher raus?“ entgegnete ich. Im Bach würde ich sicherlich Tonerde finden, wenn nicht könnte ich die Pferde so für eine Weile in den Bach stellen. Schließlich sollen sich ihre Sehnen nicht gänzlich entzünden. Letho nickte, „Ja mache ich.“ Bestätigte er meine bitte. Nachdem Essen sammelte ich das Geschirr zusammen und holte Wasser, um es direkt abzuspülen. Ohne Spüli war es definitiv sinnvoller, es gleich zu spülen, statt die Reste antrocknen zu lassen. Als ich damit fertig war hatte Letho bereits seine Kleidung raus gelegt, auch die völlig versiffte von Uma. Ich holte meine ebenfalls und setzte einen anderen Topf auf das Feuer, diesmal nur gefüllt mit Wasser. Ich wollte sicher gehen, dass die Kleidung rechtzeitig trocken, wenn wir weiter reiten wollten, daher lieber gleich an die Arbeit machen. Ich legte meinen Mantel und meine Rüstung ab, ebenso wie die Kleidung, die ich bisher getragen hatte. Ich schlüpfte in eine einfache Hose und meine Tunika. Das Wasser war dann bereits warm genug, um damit die Wäsche reinigen zu können. Ich hievte den Topf vom Feuer und goss das Wasser in den Waschbottich. So machte ich mich an die Arbeit, die Sachen von Uma wusch ich als letztes und am liebsten hätte ich sie nur mit Handschuhen oder einer Kneifzange angefasst, aber beides ging nicht. So blieb mir nur übrig, die Zähne zusammen zubeißen und gelegentlich den Atem anzuhalten, um nichts riechen zu müssen. Als ich damit endlich fertig war, taten mir die Arme und der Rücken weh. Erst in solchen Momenten konnte man eine Waschmaschine wirklich schätzen lernen. Netter weise hatte Letho sich in der Zwischenzeit um Uma und auch den Badezuber gekümmert. Das warme Bad konnte ich jetzt wirklich brauchen. Ich nahm mir ein Handtuch und auch ein Stück Seife aus meinem Gepäck und ging dann zum Zuber. Ich schlüpfte aus meiner Kleidung und ließ mich dann in das warme Wasser gleiten. Es war beinahe zu heiß und meine Haut rötete sich, aber es tat gut. Ich konnte spüren, wie sich meine verkrampften Muskeln lösten. Ich seufzte zufrieden. Ich genoss eine Weile das Wasser, ehe ich nach Letho rief. „Was gibt es?“ wollte er wissen. Ich hatte dem Raum meinen Rücken zugedreht und konnte daher Lethos Spiegelbild im Fenster sehen. „Möchtest du nicht mit reinkommen?“ ich schaute ihn über meine Schulter an. Er schüttelte den Kopf, „Ich denke nicht, das wir zu zweit reinpassen würden.“ Lehnte er ab. Ich schmollte leicht, „Wäscht du mir dann den Rücken? Ich helfe dir später dann auch. Außerdem würde ich gerne sehen, wie es deinen Verletzungen geht.“ Fragte ich ihn. Er schüttelte erneut den Kopf, „Nein, ich denke nicht das es eine gute Idee ist.“ Lehnte er wieder ab. „Warum?“ wollte ich wissen. „Weil ich das sage.“ Brummte er. „Ist es weil ich nackt bin? Du hast mich schon so gesehen, dich um mich gekümmert und mich sogar umgezogen.“ Wollte ich ihn locken. Er seufzte, „Das war was ganz anderes. Du warst krank und bewusstlos.“ Argumentierte er. „Ach du siehst dir lieber bewusstlose Frauen an, die es nicht mitkriegen?“ schmollte ich nun wirklich. „Du missverstehst mich absichtlich, oder?“ knurrte er und ging weg. Ich ließ die Schultern hängen, vielleicht war dies ein wenig zu offensiv. Aber er war auch schwer zu lesen. Die Lust am Baden war nun vergangen und ich wusch mich mechanisch und schnell. Erst die Haare, dann den Körper. Als ich fertig war, verließ ich den Zuber und wickelte mich in mein Handtuch. Sobald ich trocken war, schlüpfte ich wieder in meine Kleidung und räumte den Bereich für Letho. Auch wenn ich am liebsten heimlich geschaut hätte, meine Fähigkeiten mich anzuschleichen versagten bei Lethos übernatürlichen Sinnen. Er würde mich sofort bemerken und noch mehr ärger wollte ich nicht herauf beschwören. So schnappte ich mir die Aufzeichnungen von Aiden und setzte mich damit an den Tisch. Ich blätterte darin herum und machte mir Notizen. Auch wenn alles wichtig und interessant klang, konzentrierte ich mich nur auf die Dinge, die ich wirklich nutzen konnte. Sprich im allgemeinen Schwalbe und vielleicht auch Waldkauz. Hin und wieder schaute ich zu Uma oder blätterte in dem Kräuterbuch, um Pflanzen mit einander zu vergleichen. Auch dazu machte ich mir Notizen. Vielleicht könnte ich meine Erkenntnisse später noch mit Lambert und Vesemir diskutieren, sollte ich die nächste Begegnung mit Lambert überleben, hieße das. Auch mit Letho diskutierte ich hin und wieder, doch er nutzte ganz andere Rezepte und musste daher meist selbst erst einmal in die Texte von Aiden schauen. Nur nebenbei am Rande, beam ich mit, wie Letho selbst fertig mit dem Baden war und er sich nun Uma schnappte, der scheinbar überhaupt keine Lust zum Baden hatte. Schon nach wenigen Minuten war klar, das ich mich nun nicht mehr auf die Texte konzentrieren konnte, bei dem Theater das Uma machte. So räumte ich alles wieder ordentlich weg. Es war sicherlich schon spät, daher beschloss ich im Nebenraum meine Meditation abzuhalten und dann ins Bett zu gehen. Wer weiß wie anstrengend der nächste Tag werden würde. Ich beendete meine Meditation, als Letho mit Uma herein kam. Dieser war mittlerweile ruhig und schien recht müde zu sein. Ich zog meine Stiefel und meine Hose aus und schlüpfte ins Bett. Ich rutschte bis zur anderen Seite und ließ die Decke für Letho aufgeschlagen. Meinen Kopf hatte ich auf meine Hand gestützt, während ich auf der Seite lag und meinen Hexer beobachtete. Ich lächelte ihn an, als er sich zu mir umdrehte und ebenfalls ins Bett kam. Wie üblich hatte ich mich an ihn gekuschelt, Lethos Atem ging ruhig, aber ich war mir sicher, das er noch wach ist. „Weißt du, wenn ich dich mit Uma immer so sehe, denke ich du wärst ein guter Vater.“ Flüsterte ich. „Du weißt das es nicht möglich ist.“ Murrte er. „Ich weiß du kannst keine Kinder zeugen, aber wenn du wolltest könntest du sicherlich eines adoptieren. Durch den Krieg gibt es viele Waisen.“ Wollte ich ihn aufmuntern. „Hör auf mit dem Unsinn, wer würde mir denn bitte schön ein Kind anvertrauen, außerdem habe ich kein Haus, keine Heimat und meine einzige Einkommensquelle ist die Monsterjagd. Keine guten Voraussetzungen, um ein Kind groß zu ziehen.“ Knurrte er. Mit traurigen Augen blickte ich zu ihm ins Gesicht rauf, doch er hatte seine Augen geschlossen. „Ich würde dir jeder Zeit ein Kind anvertrauen.“ Flüsterte ich kaum hörbar. Die Stille danach schien erdrückend und es fiel mir schwer einzuschlafen. Doch irgendwann gelang es mir. Am nächsten morgen wurde ich durch die Sonne geweckt, die in mein Gesicht schien. Doch das Aufwachen war merkwürdig. Es fühlte sich falsch an. Ich vergrub mein Gesicht im Kissen. Moment mal Kissen? War Letho bereits auf? Nein, die Atemgeräusche verrieten mir, das er noch neben mir lag. Ich zuckte innerlich mit den Schultern, vielleicht lag es einfach nur an dem ungewohnt großen Bett, das wir nicht eng beieinander liegend aufwachten. Lächelnd drehte ich mich zu ihm um, ich stemmte mich ein wenig hoch, „Guten morgen mein Großer.“ Begrüßte ich ihn und wollte ihm einen Kuss auf die Wange hauchen. Ich wollte ein wenig mutiger sein und ihm zeigen, wie viel er mir bedeutete, ohne gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Doch er drehte sich weg und setzte sich an die Bettkante. „Morgen.“ Brummelte er und stand auf. Er zog sich an und verschwand aus dem Raum. Verwirrt sah ich ihm nach. Hatte ich was falsches gemacht? Oder war es noch wegen dem was ich gestern zu ihm gesagt hatte? Ich sollte mich vielleicht vorsorglich bei ihm entschuldigen. Ich hörte wie die Haustür zuschlug und zuckte zusammen. Er hatte noch nicht einmal Uma aus dem Bett gelassen. Missmutig kletterte ich nun auch aus dem Bett. Ich ging zur Waschschüssel und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, um völlig wach zu werden. Dann zog ich mich an und hob Uma aus dem Bettchen. Sobald seine Füße den Boden berührten, beeilte er sich, den mittlerweile obligatorischen Abstand zwischen uns zu bringen. Ich konnte darüber nur noch den Kopf schütteln. Ich ging hinüber in den anderen Raum und entfachte wieder das Feuer im Herd. Ich nahm die Pfanne und einen kleinen Topf und machte mich an das Frühstück. Da wir wohl erst morgen weiter reiten würden, reichten die Eier nicht für beide Tage zum Frühstück, außer ich würde noch etwas anderes machen. Also hatte ich mich entschieden, ein wenig Rührei für jeden und dazu gesüßten Haferbrei mit frischen Obst. Es wäre zwar schon wieder Haferbrei, aber jetzt hatten wir ein wenig Honig um ihn zu verfeinern und die frischen Beeren wären auch nicht verkehrt. Als ich mit dem Essen zubereiten fertig war, war Letho immer noch nicht wieder da. Ich würde ihn dann wohl holen müssen. Uma war beschäftigt und so schlüpfte ich aus der Haustür. Ich musste nicht lange suchen, Letho saß hinter dem Haus und schaute runter zum Bach. „Letho?“ fragte ich leise, doch er reagierte nicht. Ich ging näher. „Letho, das was ich gestern gesagt habe, ich wollte dich nicht verletzen oder beschämen. Wenn ich es getan habe, tut es mir sehr leid.“ „Ist schon in Ordnung.“ Murmelte er, sah mich dennoch nicht an. „Kommst du rein? Das Frühstück ist fertig.“ Wortlos erhob er sich und ging an mir vorbei zurück zum Haus. Irgendetwas hatte er doch, er benahm sich doch sonst nicht so. Ich folgte ihm und setzte mich dann mit ihm und Uma an den Tisch. Er aß seine Portion schweigend und schnell auf, ehe er sich wieder erhob. Stirnrunzelnd sah ich ihm nach, „Letho, alles in Ordnung?“ wollte ich wissen. Er blieb an der Tür stehen, „Ja, alles gut. Dein Training heute fällt aus, du wolltest dich um die Pferde kümmern, das hat Vorrang.“ Sprach er kurz zu mir, ehe er wieder nach draußen trat. Seufzend machte ich mich daran Uma noch irgendwie zu füttern. Aber durch seine Abneigung gegen mich erwies sich das als sehr schwierig. Ein kurzer Blick aus dem Fenster zeigte mir, das Letho draußen zwischen den Gebäuden seine Übungen machte. Etwas das wir sonst in letzter Zeit immer zusammen getan hatten. Ich säuberte Umas Gesicht und Hände von den Essensresten und nahm ihn dann mit in den Stall. Die Pferde kauten auf ihrem Heu und schnaubten zufrieden. Glücklicherweise bekamen sie selten Kraftfutter, sonst bestünde bei einer solchen Zwangspause schnell die Gefahr eines Kreuzverschlags. Ich betastete die Beine der Pferde, ihm Bereich der Sehnen der Vorderbeine war es immer noch ein wenig wärmer als der Rest des Beines. „Ich werde sehen, ob ich etwas Tonerde für euch finde Jungs.“ Sprach ich leise zu den Pferden und kraulte sie kurz. Uma hatte sich in die Heuhaufen verkrümelt und schien dort seinen Spaß zu haben. So ließ ich ihn dort und schloss nur die Halbtür hinter ihm, damit er nicht stiften gehen konnte. Dann nahm ich mir einen Eimer und ging hinunter zum Bach. Ich fand dort zwar jede Menge Schlamm und Lehm, aber leider keine Tonerde. Der Bach war auch nicht tief genug, als das ich die Pferde sich reinstellen lassen könnte. Dafür wuchs am Ufer ein wenig Minze. Dies brachte mich auf eine andere Idee, ich könnte eine Salbe für die Pferde anrühren. Durch die Honigwaben hatten wir genügend Bienenwachs, Minze wuchs hier und vielleicht hatte Letho so etwas wie Kampfer, Öl hatten wir auch, also könnte ich eine kleine Portion Salbe herstellen. Ich sammelte noch ein paar mehr Minzblätter und ging dann zurück. Letho ließ gerade Uma heraus und behielt ihn im Auge. Ich atmete tief durch und ging dann zu beiden hin. „Letho?“ er blicke kurz zu mir, „Kann ich deinen Mörser und den kleinen Kessel haben?“ sofort lag sein skeptischer Blick auf mir, „Was willst du damit?“ wollte er wissen. „Eine Salbe anrühren. Aus Minze, Bienenwachs, ein bisschen Öl und Kampfer, falls du welchen hättest und ihn mir zur Verfügung stellen würdest.“ Erklärte ich ihm. „Für dein Bein? Du glaubst wohl nicht, das es mir nicht aufgefallen ist, das du es immer noch etwas entlastest.“ Entgegnete er. Doch ich schüttelte den Kopf, „Nicht für mein Bein, für die Beine der Pferde. Mein Bein ist in Ordnung.“ Verneinte ich seine Frage. Er nickte, „Nun wenn du das sagst, komm mit.“ Er ging zum Haus und dort in die Ecke wo er die Satteltaschen aufbewahrte. Er griff in seine hinein und zog einen Beutel heraus, in dem er seine Brauartikel aufbewahrte. Er reichte mir den Mörser und einen kleinen Kupferkessel. Dann zog er einen anderen Beutel hervor und reichte mir zwei Gläser. In einem war eine Art weißes Granulat oder grobes Pulver und in dem anderen Fett. „Bärenfett wird sich besser dafür eignen und von dem Kampfer nur ganz, ganz wenig und möglichst nicht einatmen, verstanden?“ fragte er mich ernst. Ich nickte, „Ja verstanden, danke Letho. Ich werde aufpassen.“ Dankte ich ihm und räumte alles auf den Tisch. Dann ließ Letho mich wieder alleine. Ich sah ihm kurz nach, welche Laus war ihm den über die Leber gelaufen? Er benahm sich wirklich seltsam, normalerweise würde er mich bei solchen Sachen beaufsichtigen. Zum einen freute es mich, das er mir scheinbar so weit vertraute, das ich es alleine hinbekommen würde, aber zum anderen verletzte mich seine abweisende Art. Erneut seufzend machte ich mich an die Arbeit. Ich zerstieß die Minzblätter mit ganz wenig Kampfer, während ich das Fett im Kesselchen flüssig werden ließ. In den Mörser gab ich auch einige Tropfen Öl und vermengte alles gründlich. Dann fügte ich alles in das Fett und rührte es so lange, bis es abgekühlt war und eine zähe Paste ergab. Ich schnappte mir den abgekühlten Kessel und ging damit in Richtung Stall. Auf dem Weg dorthin, sah ich Letho auf einem Felsen sitzen, während er grübelnd Uma im Auge behielt. Vorsichtig schritt ich auf ihn zu, „Letho? Ich sehe doch, das dich etwas bedrückt, wenn du reden möchtest, ich höre dir zu.“ Bot ich ihm erneut an. „Bist du mit den Pferden schon fertig?“ wies er mich ab. „Nein, ich war gerade auf dem Weg zu ihnen.“ Gab ich zu. „Dann kümmere dich um sie, Alanya!“ Meckerte er ein wenig und drehte sich wieder weg. Ich schnappte nach Luft, das war dann wohl eine Abfuhr. „Ich verstehe, tut mir leid wenn ich dir zu nahe getreten bin, wird nicht wieder vorkommen.“ Stammelte ich hastig und beeilte mich, zu den Pferden zu kommen. Ich schmierte die Salbe auf ihre Beine und fing dann an sie zu Bürsten. Dies hatten sie sich verdient und auch nötig, außerdem lenkte es mich ein wenig von Letho ab. Ich bürstete den Straßenstaub und auch den alten Schweiß aus ihrem Fell, bis es anfing zu glänzen. Danach reinigte ich die Ausrüstung, Sattel und Trense. Von Tetris wie auch von Kiran. Dies hielt mich den ganzen Tag beschäftigt. Am frühen Abend machte ich die Reste vom Vortag warm. Letho schien immer noch nicht reden zu wollen und so aßen wir schweigend. Dann kam der Abwasch und das Brauwerkzeug von Letho musste ich auch noch reinigen, schließlich hatte ich es ja auch benutzt gehabt. Kurz bevor die Sonne die Berggipfel erreichte, machte ich einige Schwertübungen. Ohne Anweisungen war es gar nicht so einfach die richtige Reihenfolge der Bewegung einzuhalten. Vor dem Schlafen gehen, meditierte ich noch eine Weile und kroch dann ins Bett. Ich ließ so viel Platz zwischen mir und Letho wie es das Bett erlaubte. Er hatte klar gemacht, dass er seine Ruhe haben wollte und er sollte sehen, dass ich es respektierte. Auch wenn es ein wenig schmerzte, hätte ich heute Nacht auch ein anderes Bett genommen, doch es gab nur dieses und das in dem Uma schlief. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)