Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 3: Auf nach Wyzima -------------------------- Ich war gerade am wegdösen, als sich jemand vor meinen Käfig stellte und sich räusperte, um auf sich aufmerksam zu machen. Erschrocken öffnete ich die Augen und wollte aufspringen, was jedoch von meiner Verletzung am Oberschenkel erfolgreich verhindert wurde, so ließ ich mich mit einem gequälten Stöhnen wieder sinken, was meinen Besucher nur milde lächeln ließ. Wenig begeistert grummelte ich vor mich hin und als mein Bauch dem knurrend zustimmte schoss mir die Röte ins Gesicht und den Soldaten leicht lachen. „So wie es klingt, scheine ich ja zur rechten Zeit gekommen zu sein“ diese Worte ließen mich aufhorchen. Ich besah ihn mir genauer, es war ein älterer Soldat, vielleicht an die 50. Sein Haar war an den Schläfen grau und die Geheimratsecken sehr ausgeprägt. „Wozu, ein weiteres Verhör, oder steht das Urteil doch schon fest?“ fragte ich trotzig. „Na, na, wer wird gleich so böse sein. Von einem weiteren Verhör weiß ich nichts, aber das muss nichts heißen“ antwortete der Mann gelassen. „Dann willst du dich wohl lustig machen, was?!“ zickte ich weiter. Sein Blick wurde ernst. „Nun, wenn du dich weiter wie ein bockiges Kind verhalten willst, dann sollte ich dich wohl auch wie eins übers Knie legen“ murrte er. Meine Augen wurden groß als er anstalten machte, den Käfig zu öffnen. „Das wagst du nicht!“ versuchte ich ihm zu drohen, er lachte nur als Antwort. „Nur mit der Ruhe. Ich will dir nur deine Ration geben“ beschwichtigte er. Er stellte eine Schalle, der Inhalt sollte wohl Eintopf darstellen, einen Krug mit Wasser und in Stück Brot vor mich hin. Ich beäugte das Essen misstrauisch, kam aber dann zu dem Schluss, dass es schon nicht vergiftet sein wird. Während ich aß, beobachtete ich, wie der Soldat sich an ein Feuer in der Nähe setzte. Seine Kameraden begrüßten ihn lachend und scherzend. Ich verstand zwar nicht was sie sagten, aber da sie immer wieder zu mir rüber sahen ging es wohl um mich. So vergingen die nächsten Tage, ich durfte nur aus dem Käfig, wenn ich mich erleichtern musste und das eine Mal, wo ich ins Lazarett gebracht wurde, damit der Arzt sich die Verletzung ansehen konnte, dort erhielt ich auch die Gelegenheit mich richtig zu waschen, eine Dusche wäre mir zwar lieber gewesen, aber es war besser als gar nichts. Für die Nacht bekam ich abends eine Decke, die ich allerdings morgens wieder abgeben musste. Schließlich sollte ich zwar nicht großartig krank werden, es aber auch nicht zu bequem haben. Als ob eine einzige einfache Decke etwas daran ändern würde. Am gestrigen Abend konnte ich einige Soldaten hören, wie sie darüber sprachen, das wohl heute jemand wichtiges aus Wyzima hier ins Lager käme. Nun das interessierte mich nicht wirklich, aber die Gespräche der Wachen zu lauschen, brachte wenigstens etwas Abwechslung. Aber sie sprachen fast nur über irgendwelche weibliche Errungenschaften oder angebliche Siege auf dem Schlachtfeld. Es war also die meiste Zeit nur Angeberei. Zu meiner Verwunderung kam am Morgen nicht der übliche Soldat, sondern der Feldwebel, der mich vor einigen Tagen gefangen genommen hatte. Es sah auch nicht so aus, als ob er mir mein Stück Brot zum Frühstück bringen wollte. Er befahl mir mich mit dem Rücken zur Tür zu stellen, damit er mir Handschellen anlegen konnte. Ich seufzte, nun schien es mit dem Verhör weiter zu gehen. Wie ich es mir gedacht hatte, brachte er mich in die Kommandantur. Wir betraten gerade das Zelt, als ich sehen konnte wie der Rest meiner Sachen in einer Kiste verschwand und hinausgetragen wurde. Ich wollte gerade fragen was das zu bedeuten hat, als der Kommandant mit einem Fremden und einigen Soldaten hereinkam. Die Soldaten nahmen Stellung, dies ließ mich erahnen, dass es wohl die Leibwache des Fremden war. „Warum trägt sie kein Demeritium?“ wollte der Fremde gleich vom Kommandanten wissen. „Nun sie hat keinerlei Anzeichen von Magie gezeigt, Meister Albrich. Daher sahen wir es als nicht nötig an“ antwortete der Kommandant. „Ach und das kannst du so einfach feststellen, ob jemand magisch ist? Du kannst dich einfach so über die Bestimmungen des Kaisers hinwegsetzen? Es steht ganz klar geschrieben, sollte auch nur der geringste Verdacht bestehen, dass ein Häftling mit Magie zu tun hat, wird er mit Demeritium gefesselt. Und laut dem Verhörprotokoll hat der Häftling mit Magie zu tun!“ brüllte Albrich den Kommandanten an. „Ähm, ich stimme dem Kommandanten zu, das ist nicht nötig. Ich bin so magisch wie ein Meter Feldweg“ warf ich dummerweise ein. Dumm deshalb, weil es nun den Zorn des Fremden auf mich zog, er wirbelte herum und verpasste mir, mit dem Stab, den er in der Hand hielt, einen Schlag ins Gesicht. Ich spürte wie meine Lippe und meine Stirn aufplatzte, warmes Blut floss mir durchs Gesicht. Der Schmerz trieb mir Tränen in die Augen und ließ mich Sterne sehen. „Sei still Weib, dich hat keiner nach deiner Meinung gefragt“ knurrte er. Na das war aber ein netter Zeitgenosse, hoffentlich verschwand der bald wieder. Während ich mich von dem Schlag und den daraus folgenden Schmerzen erholte, hatte der Feldwebel die Fesseln ausgetauscht und der Kommandant mit Albrich ihre Unterredung beendet. Leider hatte ich nicht mitbekommen worum es ging, so wurde ich unvorbereitet nach draußen geschleift und auf einen Pferdekarren geworfen. Ich rappelte mich in eine halbwegs sitzende Position auf und beobachtete das treiben um mich herum. Es wurden noch einige Kisten und Säcke verladen, während ein Trupp Reiter aufsaß und sich um die Wagen postierten. Zu meinem Entsetzen musste ich beobachten wie dieser Meister Albrich sich in eine Kutsche setzte, die Eindeutig mit zu dem Konvoi gehörte, in dem ich mich befand. Mir blieb dieser Arsch also doch noch eine Weile erhalten. Womit hatte ich das nur verdient? Es dauerte nicht lange bis wir uns in Bewegung setzten, nachdem wir die Lager Tore passiert hatten wurden die Pferde in einen leichten Trab getrieben. Das Tempo und der schlammige Weg ergaben eine ziemlich holprige fahrt. Hoffentlich würde der Weg besser, denn ich hatte das Gefühl, dass dies eine längere Fahrt werden würde. Ich rutschte näher zum Wagenrand, so dass ich mich wenigstens ein wenig anlehnen konnte. Irgendwie war ich froh, dass ich heute noch nichts zu essen bekommen hatte, durch die Schaukelei und den Kopfschmerzen, hätte ich mich sonst sicherlich übergeben müssen. Ich versuchte ein wenig die Augen zu schließen, schließlich hieß es immer sich gesund schlafen, aber sobald ich die Augen zu hatte, begann sich die Welt um mich zu drehen. Also musste ich die Kopfschmerzen wohl ertragen. Während ich vor mich hinstarrte, zog die Welt an mir vorbei. Ich achtete nicht wirklich darauf was um mich herum geschah, so dass ich deutlich zusammenzuckte, als ich auf einmal angesprochen wurde. Einer der Soldaten hatte sein Pferd neben mich gelenkt, „Das hättest du vorhin nicht sagen soll. Meister Albrich ist sehr jähzornig.“ Ich drehte meinen Kopf, so dass ich ihn ansehen konnte, „Hm, das habe ich bemerkt. Wo bringt ihr mich hin?“ wollte ich von ihm wissen. „Wir sind auf dem Weg nach Wyzima. Meister Albrich hatte in Velen zu tun und wollte eigentlich schnellst möglich ins Schloss zurück, er war nicht erfreut darüber das aus der Rückreise ein Gefangentransport wurde" gab er mir bereitwillig Auskunft. Nach Wyzima also, nun da wollte ich zumindest ursprünglich hin, war mir jetzt aber nicht mehr sicher ob es eine gute Idee war. Vielleicht hätte ich doch nach Norden gehen sollen um in Kovir irgendwie auf Triss treffen zu können. Dann hätte ich zwar über die Falkenberge gemusst, aber sicherlich gab es dort auch Straßen für die Händler durch die Berge. Wir schwiegen eine Weile bis der Soldat mich erneut ansprach, „Was hast du eigentlich angestellt, dass wir dich bei Vattier abliefern müssen?“ Vattier? Der Name sagte mir irgendwas, aber ich konnte ihn nicht zuordnen. „Vattier? Wer ist das?“ fragte ich daher nach. Der Soldat verzog mitleidig das Gesicht, „Vattier de Rideaux, Vicomte von Eiddon. Er leitet den Geheimdienst von Nilfgaard.“ Ich wurde bleich, „Geheimdienst? Aber ich habe doch gar nichts gemacht.“ Mir wurde schlecht, als mir die Bilder von Geralts blutigem Rücken in den Kopf schossen, als er sich in den Händen von Roche und dem temerischen Geheimdienst befand. „Nun sagen nicht alle Gefangenen, dass sie unschuldig sind und nichts gemacht hätten?“ fragte er noch und entfernte sich wieder vom Wagen. So blieben mir nur meine Gedanken, die um das kreisten, was mir eben gesagt wurde. Ich saß wirklich tief in der Tinte, wehe dem, dem ich meinen Aufenthalt hier zu verdanken habe, vorausgesetzt ich überlebte das. Erst als die Dämmerung einsetzte verlangsamte sich der Konvoi. Es wurden Befehle gebrüllt und einige Soldaten ritten voran. Wie ich schnell merkte, nährten wir uns einem Dorf, scheinbar würden wir dort die Nacht verbringen. Albrich wurde von dem Dorfvorsteher begrüßt, beinahe so, als ob er der Kaiser persönlich wäre. Da ich von der Nachricht, was auf mich in Wyzima erwartete, noch so betäubt war, bekam ich kaum mit, dass ich in irgendeinem der Häuser in eine fensterlose Kammer gesperrt wurde. Ich kauerte mich auf dem Boden in eine Ecke und schlief über mein Selbstmitleid ein. So verging die erste Woche, tagsüber reisen, abends wurde in einem Dorf das Nachtlager aufgebaut und am nächsten Morgen ging es weiter in Richtung Wyzima. Erst am achten Tag, änderte sich die Routine. Aber auch das wurde mir erst am Abend klar. Diesen Abend würden wir in keinem Dorf übernachten, einige Soldaten errichteten schnell ein paar Zelte, wobei das Größte in der Mitte stand. Es war wohl das von Albrich. Während ich noch immer auf dem Wagen hockte, konnte ich sehen wie er in seinem Zelt verschwand. Nachdem die Soldaten ihre Zelte alle errichtet hatten, sammelten sie sich in kleinen Grüppchen um die Lagerfeuer. Außer natürlich denen, die zur Wache eingeteilt wurden. Es schien als ob ich die Nacht unter freiem Himmel verbringen würde. Offenbar hatten die Soldaten mich vorerst vergessen. Nun so schien es zuerst, allerdings wurde ich einige Stunden später etwas Besseres belehrt. Ich war schon eingeschlafen, als ich plötzlich hochgezogen und vom Wagen gezerrt wurde. Noch völlig orientierungslos wurde ich von dem Soldaten aus dem provisorischen Lager geschleift. Erst als er mich gegen einen Baum presste und mir „Wird Zeit das du endlich mal nützlich machst, kleine Hexe!“ ins Ohr stöhnte wurde mir klar das hier etwas ganz gewaltig falsch war und stank. Und das war nicht nur der Atem des Soldaten, der nun versuchte mich zu küssen. Panisch riss ich meine Augen auf und drehte angewidert das Gesicht weg. Oh nein, das passierte hier nicht gerade, nein das kann nicht passieren! rief ich in Gedanken. „Hände weg du Widerling“ versuchte ich ihn zum Aufhören zu bewegen. Doch der Kerl lachte nur. Er versuchte seine Hand unter mein Hemd zu bekommen, während ich mit meinen Händen Halt am Baum suchte, um mehr Kraft ins Bein stecken zu können. Ich atmete einmal tief ein, um mich ein wenig zu beruhigen und zog dann mit aller Kraft mein Knie hoch. Ich traf ins Schwarze, genau mittig seines Schritts. Während er jaulend auf seine Knie fiel, zog ich das andere Bein hoch und traf seine Nase. Seinen Kehlkopf traf ich leider nicht, dafür war er zu sehr zusammen gesunken. Um seinem Zorn zu entgehen, der garantiert folgen würde, wenn der erste Schmerz nachließ, rannte ich so schnell es mir möglich war davon. Allerdings war dies nicht so schnell wie ich erhofft hatte, schließlich waren meine Hände immer noch auf dem Rücken zusammengebunden und viel Energie hatte ich auch nicht mehr. Wovon auch, wenn ich während der letzten Woche nur so viel Nahrung bekam um nicht zu verhungern. So lief ich stolpernd immer weiter und entfernte mich immer mehr von den Soldaten. Lange hielt mein Glück jedoch nicht, schon hörte ich die ersten Rufe der Soldaten, die nach mir suchten. Ich hatte gerade eine kleine Baumgruppe erreicht, als ich Huf Getrappel hören konnte, das sehr schnell näher kam. Ich war gerade im Begriff den Hügel, auf den ich gerade gelaufen auf der anderen Seite herunter zu stolpern, als ich am Arm gepackt und vom Reiter bäuchlings auf das Pferd gezogen wurde. Ich zappelte und keifte, dass mich der Kerl loslassen sollte, als er mich anblaffte. „Sei still, auf der anderen Seite des Hügels ist Kikimoren Gebiet!“ Das ließ mich erfolgreich verstummen. Ich wollte zwar der Gefangenschaft entgehen, aber dann doch nicht so dringend, um mich dann stattdessen lebendig fressen zu lassen. Obwohl es in meiner gegenwärtigen Lage wahrscheinlich auf dasselbe hinauslaufen würde. Resigniert ließ ich mich zurück ins Lager bringen. Dort wurde ich vom Pferd gehoben und in eines der Zelte gebracht. Derjenige der mich wieder eingefangen hatte folgte uns in Zelt und entließ die beiden anderen Soldaten. „Sagtest du nicht, du wärst unschuldig? Warum hast du dann versucht zu fliehen?“ wollte er wissen. Ich stutzte, die Stimme erkannte ich, das war der Soldat, der mich am Anfang der Reise angesprochen hatte. Ich blieb vorerst stumm. Mein Gegenüber setzte sich auf seine Pritsche, „Gut du willst dich dazu nicht äußern, vorerst ist es dein Recht, aber dann muss ich meinem Soldaten glauben, betrunken oder nicht.“ Ich schaute auf, „Weißt du was er sagt?“ fuhr er fort. Ich senkte meinen Blick und schüttelte den Kopf. „Er erzählte mir, dass du in versucht hast zu verführen, ihn bezaubert hättest, um dann die Gelegenheit für eine Flucht zu nutzen“ erklärte mir der Soldat. Empört ruckte ich mit dem Kopf hoch, „Aber, das stimmt doch gar nicht“ rief ich. Mein Gegenüber nickte. „Nun dann erklär deinen Fluchtversuch, warum du ihn angegriffen hast“ seine Stimme blieb tröstlicher Weise freundlich. Ich schüttelte den Kopf und die ersten Tränen verließen meine Augen, bei dem Gedanken was beinahe mit mir passiert wäre. Ein Schluchzer entkam meinen Lippen. Es war als hätte der Schluchzer meine inneren Dämme eingerissen und fing jetzt an meine Verzweiflung hinaus zu weinen. Ich saß sicherlich einige Minuten so auf dem Boden, bis mir der Soldat, mit einem feuchten Lappen das Gesicht abwischte, während er versuchte mich zu trösten. „Ich will doch nur einfach wieder nach Hause“ waren die einzigen Worte, die ich immer wieder hervorbrachte. Ich musste wohl in den Armen des Soldaten eingeschlafen sein, den das nächste an das ich mich erinnerte war, dass ich auf einer Pritsche unter einer warmen Decke aufwachte. Oh wie peinlich, erst heule ich wie ein kleines Kind, um dann in den Armen eines Fremden einzuschlafen. Ich setzte mich auf, da bemerkte ich, dass ich gar keine Handschellen trug. Ich nutzte die Chance und streckte meine schmerzenden Muskeln. Meine Schultern und mein Nacken knackten und knirschten bei der Gelegenheit. Als ich mir gerade den Schlaf aus meinen, vom Weinen, verquollenen Augen rieb, wurde die Plane vom Zelteingang aufgeschlagen. Mein Fänger, er hatte sich ja noch nicht vorgestellt, trat herein. „Ah, ich sehe du bist wach. Sehr gut“ begrüßte er mich. Ich errötete, scheinbar hatte ich in seinem Zelt, auf seiner Pritsche geschlafen. „Morgen“ grüßte ich zurück. „Morgen ist gut“ lachte er, „Wir haben fast Mittag. Meister Albrich hat von deinem Fluchtversuch erfahren. Seine Laune ist dem entsprechend tief, aber er konnte sich schon ein wenig Luft verschaffen, als er sich um den Soldaten gekümmert hat, den egal ob er gelogen hat oder nicht, er hat unerlaubt seinen Posten verlassen. Und Meister Albrich will nun die ganze Geschichte hören.“ Ich erbleichte, diesem Arsch sollte ich erzählen, was mir beinahe passiert war? Man sah mir wohl meine Gedanken an. „Keine Sorge, du erzählst es mir und ich dann ihm, einverstanden?“ Ich nickte vorsichtig. „Sehr schön, ich werde dir ein paar Fragen stellen und damit alles seine Richtigkeit hat, werde ich alles notieren.“ Ich nickte wieder, vielleicht wäre dieses Verhör nicht ganz so schlimm wie das letzte, oder wie es hätte mit diesem Albrich sein können. „Name?“ war seine erste Frage. Ich antwortete vorsichtig und versuchte das zu wiederholen, was ich im ersten Verhör gesagt hatte. Nun er stellte nicht die gleichen Fragen, anscheinend wusste er nicht wirklich etwas über meine Bücher und Schriftrollen. Er hielt seine Fragen eher allgemein. Sowie mein Name, wann ich geboren wurde, wo ich herkam, was ich dort gemacht habe, wie ich nun hier gelandet bin, was meine Absichten wären und natürlich was letzte Nacht passiert war. Als ich ihm andeute das ich wüsste wie die Geheimdienste arbeiteten, wenn sie entweder jemanden für Schuldig hielten oder der Meinung waren, man verheimlichte ihnen etwas, zog er skeptisch die Augenbraue hoch, gab jedoch zumindest vor, mich zu verstehen. Nach meiner Erzählung über die letzte Nacht beendete er vorerst das Verhör. Er erklärte mir, dass ich hinter der Stellwand die Waschgelegenheit nutzen konnte und mich auch an dem Essen und Getränken bedienen dürfte und mich auch innerhalb des Zeltes frei bewegen, aber es nicht verlassen darf. Dafür würde eine Wache vor dem Zelt sorgen. Dann ließ er mich auch schon alleine. Ich nutzte die Gelegenheit um mich mal wieder richtig säubern zu können. Das Wasser war sogar leicht warm und duftete angenehm. Ich wusch mich gründlich und auf dem Waschtisch befand sich ein kleiner Handspiegel, ich nahm ihn und ließ ihn beinahe vor Schreck wieder fallen, als ich mein Gesicht sah. Auf meiner Wange prangte ein riesiges Hämatom, es hatte eine schwarz/lila Färbung, auf meiner Stirn konnte man deutlich die Platzwunde erkennen und meine Lippe war auch noch nicht ganz verheilt, dazu war sie durch den Flüssigkeitsmangel trocken und rissig. Mein Gesicht war bleicher als sonst, so dass man die Narben aus meiner Kindheit gut sehen konnte, die genähte Oberlippe, die kreisrunde Vertiefung mitten auf der Stirn und die Narbe auf der Wange, von der mir niemand sagen wollte oder konnte woher ich sie hatte. Kurz gesagt, ich sah aus wie der Tod auf zwei Beinen. Dafür sah meine Wunde am Oberschenkel recht gut aus, sie hatte den Stolper Lauf durch die Nacht besser mitgemacht, als ich gedacht hätte, theoretisch könnte man wohl bald die Fäden ziehen. Den schmutzigen Verband ließ ich auf jeden Fall ab. Da ich in der Waschecke ein sauberes Hemd fand, vermutlich gehörte es meinem Gastgeber, der Größe nach zu schließen, nutze ich das letzte saubere Wasser dazu um zumindest meine Unterwäsche auszuwaschen. Es gab eine kleine Feuerschale im Zelt, an die ich meine Wäsche zum Trocknen legte. Um nicht halb nackt im Zelt herumzustehen, setzte ich mich auf die Pritsche und deckte meine Beine zu. So verbrachte ich einige Zeit, während ich einen Becher Tee und Wasser nach dem anderen trank und ein wenig Brot und Käse knabberte, es gab zwar auch etwas Schinken, aber nach meiner Zwangsdiät wollte ich meinen Magen nicht gleich mit etwas Fettigem überfordern. Zwischendurch schaute ich nach meiner Kleidung, sobald sie trocken genug war zog ich sie wieder an. Aber was sollte ich nun tun? Mich juckte es in den Fingern, meiner Neugier und Langeweile nachzugeben und ein wenig zu stöbern, allerdings wäre das angesichts meiner Lage, genau die falsche Situation, in der man mich erwischen sollte. Also machte ich es mir bequem und versuchte durch dösen die Zeit zu vertreiben. Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug wusste ich erst nicht was mich geweckt hatte, bis ich mich im Zelt umsah, ich konnte Umrisse hinter der Stellwand sehen und die Geräusche ließen darauf schließen, dass sich mein Gastgeber gerade frisch machte. Als er hinter der Trennwand hervorkam, trug er nur eine Hose und war gerade dabei sich sein Hemd überziehen. Er grinste als er sah, wie ich ihn beobachtete, „Na ausgeschlafen?“ Überrumpelt nickte ich nur. „Sehr gut, wir wollen gleich das Lager wieder abbrechen. Wenn es unterwegs keine Probleme gibt und die Wege trocken bleiben, dürften wir in ungefähr einer Woche, vielleicht ein wenig länger in Wyzima ankommen“ informierte er mich, ich schluckte, nur noch etwas mehr als eine Woche, irgendwie hatte ich es auf einmal gar nicht mehr so eilig nach Wyzima zu kommen. Wer weiß was mich dort erwartete. Er ließ mir noch Zeit für eine Katzenwäsche und um eine Kleinigkeit zu essen, bevor er mir wieder Handschellen anlegte, doch diesmal zum Glück nicht wieder auf dem Rücken. „Tut mir leid, aber das ist Vorschrift und Meister Albrich ist ein ziemlicher Paragraphenreiter.“ Ich nickte zu der Aussage nur, ich konnte ihn verstehen, der Einblick, den ich in Albrichs Charakter hatte, mag er auch noch so kurz gewesen sein, reichte mir vollkommen, ich würde Ärger mit ihm auch lieber umgehen. Er führte mich aus dem Zelt und auf den Wagen, dort nahm ich meinen gewohnten Platz ein. Das Lager war recht zügig abgebaut und zeugte davon, wie oft die Truppe das zusammen gemacht hatte, jeder wusste was er zu tun hatte und jeder Handgriff saß. Ein Zelt nach dem anderen wurde abgebaut, eingepackt und verladen. Zum Schluss wurden die Feuerstellen mit Erde abgedeckt und zwei Männer liefen den Platz ab, um zu sehen ob wirklich nichts vergessen wurde. Albrich schien recht entspannt und zufrieden, als er in seine Kutsche stieg, vielleicht war er einfach nur froh weiter zu kommen. Cahir, so hatte sich mein Fänger und Gastgeber mittlerweile vorgestellt, blieb fast die ganze Zeit in Sichtweite, darüber war ich ziemlich froh, da der Soldat von vorletzter Nacht ständig ziemlich finster zu mir rüber starrte, gelegentlich schickte er auch anzügliche Blicke, die mir jedes Mal schreckliche Schauer über den Rücken jagten. Da die Wege, je näher wir Wyzima kamen, in immer besseren Zustand waren, kamen wir schneller voran, als mir lieb war. Wie in der ersten Woche übernachteten wir in den Dörfern, an denen wir vorbeikamen. Einen unterschied gab es jedoch, ich wurde in keine Kammer mehr gesperrt, sondern blieb die ganze Zeit unter der Aufsicht von Cahir. Er nahm in der Regel das Bett oder die Pritsche und ich bekam einige Felle und Decken am Kamin. Albrich hatte wohl gedroht unangekündigte Besuche abzustatten, um sicherzugehen das Cahir die Vorschriften einhielt und ich ihn nicht verzauberte. Das brachte uns Beide zum Grinsen, als Cahir dies am zweiten Abend erzählte. Vor allem wie sollte ich den jemand verzaubern, mal davon abgesehen, dass ich weder Hexe noch Zauberin war, wenn ich die ganze Zeit Demeritiumfesseln trug. Nun Hexer konnten zwar ihre Zeichen wirken, während Demeritium in ihre Rüstungen eingebaut war, aber ich war auch eindeutig kein Hexer. Wie auch immer sie das bewerkstelligten. Eine Woche später: Der Wind frischte auf und wehte mir meinen Pony vor die Augen. Cahir hatte unterwegs einen der Dorfbewohner gefragt, ob mir jemand die Haare schneiden würde. Sie waren so verknotet und verfilzt gewesen, dass nur noch eine Schere geholfen hatte. Jetzt hatte ich eine ähnliche Frisur wie Ves, nur das mein Haar, obwohl auch blond, einiges dunkler war. Ich strich mir den Pony aus den Augen, doch lange hielt das nicht. Ich schaute hoch zu den Wolken, sie zogen ziemlich schnell an uns vorbei und wurden immer dunkler. Ein Sturm braute sich zusammen. Noch schienen die Soldaten es noch nicht bemerkt zu haben, oder es war ihnen einfach schlicht egal. Es war schließlich nur ich, die nicht schnellst möglichst Wyzima erreichen wollte. Die ständige Bedrohung durch Monster oder Banditen zerrten an ihren Nerven, Cahir schien meine Unruhe zu bemerken, denn er lächelte mir aufmunternd zu. Er war für mich sowas wie ein Freund geworden. Dank ihm konnte ich nachts ruhig schlafen, ohne Angst vor Übergriffen haben zu müssen und er teilte sein Essen mit mir, Cahir hatte sogar dafür gesorgt, dass ich einen Umhang bekam. So machten mir der Regen und die nass kalte Luft während der Reise weniger aus. Tagsüber reichte er mir gelegentlich seinen Wasserschlauch rüber, so dass ich immer mal wieder einige Schlucke trinken konnte. Auch steckte er mir einige Streifen Trockenfleisch zu. Der Wind hatte deutlich an Kraft zugenommen und die Regentropfen an Größe gewonnen, als wir im Dunkeln ein Dorf erreichten. Die Gemeinschaft war deutlich größer und scheinbar wohlhabender als die vorherigen Dörfer, in denen wir halt gemacht hatten. „Endlich, spätestens morgen Mittag sind wir zurück in Wyzima“ sprach Cahir. Nun das erklärte den Zustand des Dorfes. Ich wurde in ein Zimmer über der Schankstube geschlossen, während die Soldaten und wahrscheinlich auch Albrich ihre baldige Ankunft in Wyzima feierten. Die Nacht wäre die letzte Chance für eine Flucht, aber die Tür war versperrt und das Fenster zu hoch über dem Boden, als das ich gefahrlos hätte rausspringen können. Ich musste versuchen Cahir zu überzeugen, dass er mich laufen lassen musste. Der Alkohol, den jetzt wahrscheinlich mit seinen Kameraden trank, würde vielleicht helfen. Ich setzte mich neben die Tür um ihn ja nicht zu verpassen. Es vergingen einige Stunden, zumindest fühlte es sich wie Stunden an, bis ich hörte wie die Tür aufgeschlossen wurde. Ich sprang auf um meinen Fluchtplan in Gang zu setzen, als entsetzt feststellen musste, dass es nicht Cahir war, der durch die Tür kam. Schnell wich ich einige Schritte zurück. Der Magier hatte das Zimmer betreten und schloss nun mit einem finsteren Gesicht die Tür hinter sich zu. „Nun, deine Fluchtideen kannst du getrost vergessen. Dein lieber Cahir wird hier heute nicht schlafen!“ grinste er. „Meister Albrich… Wie, was …?“ stotterte ich nur. Der Mann lachte, „Wenn du deine Gedanken so laut herausschreist, kann ich sie doch nicht einfach ignorieren, stimmst du mir nicht zu?“ Mir fiel sprichwörtlich alles aus dem Gesicht. Das hatte ich vergessen, es gab Magier und Zauberinnen, die Gedanken lesen konnten. „Ihr dürft mich nicht nach Wyzima bringen. Ich flehe euch an!“ bettelte ich. Albrich zog nur eine Augenbraue hoch, „Ach und warum ist das so?“ heuchelte er. „Ich bin unschuldig, ich habe doch nichts gemacht“ versuchte ich es weiter. Er lachte erneut, „Das behaupten sie alle und am Ende gestehen sie doch. Wenn du wirklich unschuldig wärst, würdest du nicht versuchen zu fliehen, außerdem müsste ich mich nicht mit dir beschäftigen. Niemand der unschuldig ist, müsste an Vicomte de Rideaux überstellt werden. Er verschwendet genauso ungern seine Zeit wie ich!“ Er trat weiter in den Raum ein und verschränkte die Hände hinter dem Rücken. „Weißt du, ich habe Cahir sehr gerne um mich, er ist sehr zuverlässig und führt seine Männer gut, daher kann ich es nicht zulassen, dass du ihm seine Karriere kaputt machst, indem du ihm den Kopf verdrehst.“ Er blieb mittig im Raum stehen, einen Schritt neben einem Balken, der das Dach mit trug. „Komm her!“ befahl er. Aber ich wich nur weiter zurück und schüttelte den Kopf. Sein Blick wurde finster, er war eindeutig daran gewöhnt, dass man ihm sofort Folge leistete. „Ich sagte komm her! Wehe dir, wenn ich dich holen muss!“ brüllte der Magier. Verschreckt trat ich einen weiteren Schritt zurück. Seine Augen sprühten Funken, als er wutschnaubend auf mich zu kam, ich wich soweit zurück, bis ich die Wand im Rücken spürte. Ich suchte nach einem Ausweg, aber da packte er mich bereits am Nacken. Er führte mich zu dem Balken und drückte mich dort auf die Knie. Mit Tränen in den Augen, schaute ich panisch zu ihm hoch. Meine Augen wurden noch größer, als er fast zärtlich durch meine Haare strich, „So gerne ich das genießen würde, aber das hast du heute nicht von mir zu befürchten“ seufzte er. Erleichtert wollte ich aufatmen, als Albrich einen Zauberspruch murmelte. Ich konnte ihn nicht verstehen, aber kaum war er fertig, spürte ich, wie sich ein Seil um meine Arme schlängelte und mich an den Ellenbogen am Balken festband. Da aber meine Hände vor meinem Körper mit Handschellen gefesselt waren, hatte ich nun keinerlei Bewegungsfreiheit mehr. Er grinste mich an, „Das hast du dir selber zu zuschreiben, wenn du gleich gehört hättest, hätte ich dir erlaubt zu liegen. Und wehe ich höre nur einen Mucks von dir. Ich möchte morgen ausgeruht in Wyzima ankommen.“ Damit wandte er sich von mir ab und machte sich Bett fertig. Mit einem zufriedenen seufzen ließ er sich in die Kissen sinken. Im Gegensatz zu Albrich bekam ich kein Auge zu, die ganze Nacht liefen mir Tränen durchs Gesicht, ich unterdrückte meine Schluchzer um den Magier nicht zu wecken, wer weiß was der sonst noch mit mir anstellen würde. Als am nächsten Morgen die Sonne auf ging, war ich innerlich betäubt. Ich nahm gar nicht wahr, dass es Cahir war, der mich auf den Wagen brachte. Immer wieder sah er besorgt zu mir rüber. Ich ignorierte seine Fragen ebenso wie das angebotene Wasser. Erst als wir die Stadttore durchquert hatten und wir uns durch die Straßen durch das königliche Viertel in Richtung Schloss bewegten, kam wieder Leben in mich. Flehend sah ich immer wieder zu Cahir rüber, doch jedes Mal, wenn er meinen Blick bemerkte, schüttelte er den Kopf. Neugierige Blicke folgten uns durch die Gassen, Leute fanden sich zusammen um darüber zu tuscheln und zu tratschen, wer denn in der Kutsche sitzen könnte. Auch wenn sie mich vielleicht gesehen haben, ignorierten sie mich scheinbar. Zum einen freute es mich, aber es frustrierte mich auch zu gleich. Keiner von ihnen würde mir helfen können. Aber warum sollten sie auch? Ich war in ihren Augen nur ein unbedeutender Niemand. Als wir das Tor erreichten, dass das Schlossgelände von der übrigen Stadt trennte, wurde der Konvoi aufgeteilt. Drei Soldaten, darunter Cahir, begleiteten meinen Wagen, der Rest folgte dem Hauptweg zum Schlosstor. Meine Eskorte brachte mich zu einem etwas abseitsstehenden Gebäude. Es war aus groben Stein gemauert, hatte ein verwittertes Holzdach und war vielleicht zwei Stockwerke hoch. Im oberen Stockwerk gab es Fenster im unteren gab es nur kleine Lichtdurchlässe, ähnlich wie Schießscharten in einem Turm. Ich wurde eine Treppe hinunter zu einer massiven Holztür geführt. Es standen zwei Soldaten davor, die sobald sie Cahir sahen, salutierten und die Tür öffneten. Im Gebäude war es ziemlich finster, nur alle paar Meter hing eine brennende Fackel an der Wand. Ich versuchte alles Mögliche um nicht weiter ins Gebäude geführt zu werden. Ich stemmte meine Füße gegen den Boden, doch Cahir zog mich darauf hin einfach weiter, als ich versuchte mich irgendwo fest zu halten, nahm ein zweiter Soldat meinen anderen Arm, so dass ich links und rechts, jeweils am Oberarm festgehalten wurde. Ich schrie, weinte und bettelte Cahir an, dass er mir das nicht antun könnte. Doch statt zu reagieren, schaute er stoisch gerade aus. Aber ich war mir sicher, dass der dritte Soldat hinter uns, sich über die Szene herzlich amüsierte. Ich wurde durch eine weitere Tür geschoben, die schneller hinter mir geschlossen wurde, als ich registrieren konnte, dass ich nicht mehr festgehalten wurde. Ich drehte mich zur Tür herum, rüttelte und hämmerte an der Tür während ich im noch nach Cahir rief. „Cahir! Bitte Cahir, tu mir das nicht an! Cahir, … ich dachte wir wären Freunde geworden.“ Verzweifelt rutschte ich an der Tür herunter, meine Worte wurden zum Ende immer leiser und ich fing an zu schluchzen, als ich am Boden saß. Was ich nicht sah, war der traurige Blick, den Cahir auf die Tür zurückwarf, als er sich wieder auf den Weg zu seiner eigentlichen Aufgabe machte. Ich saß einige Augenblicke so, bis ich merkte das ich nicht alleine im Raum war. „Genug vom Schmieren Theater. Ich habe nicht vor hier den ganzen Tag zu verbringen!“ hörte ich eine tiefe Männerstimme. Erschrocken wandte ich meinen Blick zu der Person. Sie war groß, breitschultrig und trug elegante Höflings Kleidung. Am auffälligsten waren aber sein fehlender rechter Unterarm und sein raues Gesicht. Seine Haare waren kurz und dunkel. „Ah, wenn ich die Aufmerksamkeit nun habe, will ich mich kurz vorstellen. Vattier de Rideaux, Vicomte von Eiddon. Und es mir weder eine Freude noch eine Ehre!“ knurrte er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)