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50 gute Gründe am Leben zu bleiben

von

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Stolz und Vorurteil

Über den Morgen scheint der Schnee zumindest etwas getaut zu sein und obwohl ich mit gefühlt 25 Stundenkilometer die zugefrorene Landstraße entlang krabble, drohe ich bei so ziemlich jeder Kurve mit den Hinterrädern weg zu rutschen.
 

Vielleicht liegt es aber auch weniger am Schnee und meiner Kartoffeluhr von Auto, sondern ist eher der Tatsache geschuldet, dass ich mit meinen Gedanken einfach absolut woanders bin.
 

Was, in Anbetracht der aktuellen Wetterlage und meinen generellen Fahrkünsten höchstwahrscheinlich genau so ein lebensmüder Akt ist, wie Herrn Akasunas improvisierter Galgen im Atelier einer war.
 

Ich seufze erleichtert auf, als ich schließlich die Hauptstraße erreiche, denn hier scheint zumindest bereits der Räumungsdienst unterwegs gewesen zu sein.
 

Und trotzdem komme ich gedanklich nicht von Herrn Akasuna los.
 

Dieser erschöpfte und müde Ausdruck, der in seinen Augen lag.
 

Zum ersten Mal, frage ich mich, was diese Augen wohl bereits alles gesehen haben und was sie hat dermaßen an Glanz verlieren lassen.
 

Irgendwie fühlt es sich an, als hätte jemand bleiernde Fußketten an meinen Gelenken befestigt, denn irgendwie fühle ich mich ziemlich schwer und ja, … irgendwie etwas benommen.
 

Wie in Trance stecke ich meinen Schlüssel ins Türschloss, meiner Wohnung, öffne diese dann, nur um vom miefigen Gestank des, noch immer nicht gemachten, Kaninchenstalls in Empfang genommen zu werden.
 

Und irgendwie muss ich direkt wieder an das Chaos, auf Herrn Akasunas Schreibtisch denken.
 

Klar, bin ich auch nicht minder genervt, wenn zum Beispiel Itachi, der Held, oder Tenten, mich auf das offensichtliche Durcheinander in meiner Wohnung hinweisen, aber so aus getickt, bin ich deswegen noch nie.
 

Ich bin eben nur genervt.
 

Ich weiß ja, dass es hier nicht gerade aufgeräumt ist und wenn du versuchst vom Boden zu essen, dann endet das höchstwahrscheinlich mit einer Gastritis, aber ich meine, … ich hab halt andere Dinge zu tun.
 

Leise seufzend lasse ich mich auf mein Bett sinken, nachdem ich das Fenster gekippt und meine beiden Karnickels in die Freiheit entlassen habe, die sich derweilen vermutlich besprechen, ob sie zuerst mein Routerkabel, oder mein Handyladekabel killen.
 

Eine Weile hocke ich einfach nur da, starre mit apathischer Miene auf den Boden, bis ich mir selbst mit meiner Trübsalblaserei auf den Sack zu gehen beginne, stehe schließlich auf und gehe in die Küche, um mir dort ein richtiges Frühstück zu machen.
 

Viel hat mein Studenten-Kühlschrank jedoch nicht zu bieten, was nicht bereits abgelaufen ist, oder aber Schimmel ansetzt.
 

Wenn ich noch etwas länger warte, dann laufen die Bohnen vielleicht alleine zum Müll.
 

Und wenn ich NOCH länger warte, dann sind sie vielleicht bereits soweit mutiert, dass ich sie dazu bekomme, meine Hausaufgaben zu machen.
 

Schnaubend lasse ich die rote Bohnen - Paste, samt Blechbüchse, im Mülleimer verschwinden, ehe ich mich weiter durch die Kühlfächer wühle, auf der Suche nach ein paar Würstchen, oder Eiern, oder vielleicht etwas Speck.
 

Zumindest Letzteres lässt sich auftreiben, zudem ein paar Champions und Toast und während ich die Weißbrotscheiben mit etwas Öl in der Pfanne vor sich hin brutzeln lasse und schließlich die Pilze dazu gebe, da klingelt auf einmal mein Handy.
 

Ich werfe einen flüchtigen Blick auf das Display, der mir Itachis Namen und dessen Nummer anzeigt, ehe ich schließlich drangehe:
 

„Jo, was gibt’s?“, möchte ich wissen, wende unterdessen das Toast und ich weiß nicht warum, aber irgendwie hätte ich ziemlich gerne mit Herrn Akasuna zusammen gefrühstückt und irgendwie wurmt mich das gerade.
 

Und das ist nicht nur komisch, sondern auch nervig.
 

„Hey, alles in Ordnung mit dir?“, kommt es, nicht minder besorgt, vom anderen Ende der Leitung und ich zucke bloß mit den Schultern, ehe mir klar wird, wie dämlich das ist.
 

„Alles cool.“, antworte ich deswegen, stelle den Herd aus und fische mir Toast, sowie Pilze aus der Pfanne, ehe mir einfällt, dass ich vergessen habe den Speck zu braten.
 

Ich seufze gedehnt, werfe mir die rohen Scheiben dann einfach so, auf das noch warme, mit Öl vollgesogene Toast und lasse mich erschöpft gegen die Küchenzeile sinken.
 

„Sicher?“ , möchte Itachi wissen und ich brumme nur etwas Unverständliches, während ich den ersten Bissen von meinem Brot nehme.
 

Ob Herr Akasuna bereits gefrühstückt hatte?
 

Er schien ja bereits eine ganze Weile auf den Beinen gewesen zu sein.
 

„Was hast du gestern gemacht? Sonst bist du von deinem Handy nicht weg zu kriegen.“, fährt Itachi dann fort und irre ich mich, oder klingt er beleidigt?
 

Wenn er es wäre, so würde er es zumindest nie zugeben, so gut kenne ich ihn inzwischen, aber mein lieber Scholli, da ist man mal einen Abend nicht erreichbar und wird von der halben Welt direkt für tot erklärt.
 

Kein Wunder, dass sie heut zu Tage alle an Burnout krepieren, bei diesem Druck, der da ausgeübt wird.
 

Ich halte kurz inne, gerate dabei tatsächlich über mich selbst ins Schmunzeln.
 

Kaum hänge ich ein paar Stunden mit „Mr. Allwissend und trotzdem Depression“ rum, da mutiere ich bereits selbst zum Abklatsch Freuds.
 

Jetzt kann Itachi einpacken, denn als nächstes krall ich mir Kant!
 

„Deidara?“ , erinnert mich Letzterer daran, dass wir nach wie vor telefonieren und hastig schlucke ich meinen Toast herunter, spüle dann mit ein paar Schucken Orangensaft nach.
 

„Alles gut.“, wiederhole ich mich genervt, ehe ich beginne meine Pilze mit der Gabel auf zu spießen, „Ich war bei Herrn Akasuna, falls du es genau wissen willst.“
 

„Schon wieder?“
 

„Was heißt hier schon wieder?“, nuschle ich, durch die Pilzmasse in meinem Mund, hindurch und muss mich doch sehr wundern.
 

So oft hänge ich mit dem Kerl nun auch nicht zusammen.
 

Ich glaube, das wäre mir auf Dauer auch zu kompliziert.
 

Der Typ ist einfach unberechenbar.
 

Im einen Moment lädt er dich zum Übernachten ein, lässt dich von seinem Whisky schlürfen und versucht verzweifelt dir eine Schlitzaugen-Sprache beizubringen und im nächsten Moment, … keine Ahnung was das war.
 

Guckt er dich mit dem Arsch nicht an und jagt dich vor die Tür obwohl du absolut nichts gemacht hast.
 

Oder doch?
 

Ich meine, ich war jetzt vielleicht nicht unglaublich nachsichtig, heute früh, gut, … andererseits sollte er es von mir inzwischen nicht anders gewohnt sein.
 

Ich meine, Unrecht hatte ich nicht.
 

Er hat nun einmal einen Job und ich weiß, dass man in der Uni bereits munkelt, ob er vielleicht ernsthaft erkrankt wäre und deswegen kaum mehr erscheint.
 

Ich glaube sogar Sai und Kiba haben neulich mit der Kleinen aus dem Parallelkurs darüber gemutmaßt.
 

Dabei ist er ja nicht ernsthaft krank.
 

Also zumindest nicht so krank, dass er nicht zur Uni könnte, wenn er denn wirklich wollen würde.
 

Er liegt ja nicht permanent mit 40 Grad Fieber ans Bett gefesselt, oder so, …
 

„Ich hab ein bisschen Zeit, bis wir nachher mit Freunden meiner Eltern zu Mittag essen.“, kommt es schließlich von Itachi und ich unterdrücke ein Seufzen, schiebe dann die Gedanken an Herrn Akasuna, so gut es eben geht, zur Seite.
 

„Sollen wir in die Stadt? Ich muss noch zwei Bücher für meinen Lektürekurs besorgen, danach können wir einen Kaffee trinken, ich lad dich ein.“
 

Ich nicke, beende schließlich meinen Toast und kille die letzten Pilze, ehe ich mich geschlagen gebe.
 

„Ja, Kaffee klingt gut.“ , entscheide ich, „Gib mir so nh halbe Stunde, ich möcht’ nur eben duschen.“
 

Immerhin habe ich die ganze Nacht in einem, mit Fußbodenheizung beheiztem Raum, unter einer dicken, nach Hugo schnuppernder Decke, vor dem Kamin, herum geschwitzt.
 

Es ist Zeit „Körperhygiene“ zu betreiben, wie Herr Akasuna es so extravagant auszudrücken pflegt, … unweigerlich beiße ich mir auf die Zunge, als Strafe dafür, schon wieder an den Kerl gedacht zu haben.
 

Langsam reicht es aber auch mal.
 

Ich bin kein 16 Jähriges Schulmädchen und er ist nicht mein Senpai.
 

„Okay, dann bin ich um viertel vor bei dir.“, beendet Itachi das Telefonat und ich nicke.
 

„Korrekt, ich seh dich dann.“
 

Ich hasse duschen.
 

Nicht, weil ich irgendwie ekelig bin, und auf meinen eigenen Schweiß stehe, so Olfaktopholie like, ihr wisst, …
 

Aber das meine ich nicht.
 

Ich find’s bis heute auch jedes Mal verwirrend, wenn Leute Sätze raushauen wie: Ich wasch mir nur noch SCHNELL die Haare.
 

Bruder, wenn ich mir die Haare wasche, dann ist das mein antisocial - social day, denn dann bin ich auch den ganzen Tag damit beschäftigt damit.
 

Um es kurz zu halten: Lange Haare sind all fun, bis man sie pflegen muss.
 

Da hört der Spaß dann auf.
 

Und wenn du mal NUR duschen möchtest, dann musst du immer darauf achten, dass die Biester nicht nass werden und sie voll behindert hochstecken und danach musst du sie erstmal glätten, weil du, nachdem sie die Feuchtigkeitseinwirkung und die unbequeme Duttfrisur überstanden haben, sich jedes Mal entschließen es dir doppelt und dreifach zurück zu zahlen und du, sobald du das Badezimmer verlässt, ausschaust wie eine Berghexe.
 

Oder wie irgendwer, der in den Bergen wohnt , … keine Ahnung… Zarathustra oder so.
 

Natur pur.
 

Ich muss mich als echt was ranhalten, nachdem ich erstmal 20 Minuten unter der heißen Dusche Wasser verschwendet habe, wovon ich 15 Minuten alleine damit zugebracht habe, Lieder von Ariana Grande zu „singen“ und meinen Nachbarn damit vermutlich reichlich den Morgen versüßt habe.
 

Und während ich mit flotten Handbewegungen, meine goldblonde Mähne bügle, dabei immer noch den Text von „God is a woman“ vor mich hin plärrend, fällt mein Blick plötzlich auf die Bücher, die ich mir erst neulich aus der Bibliothek geliehen habe.
 

Und die, seit je her, unberührt auf dem Wohnzimmertisch liegen und ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube erkennen zu können, dass Eines bereits von meinen Kaninchen probiert wurde.
 

Wohl bekommt’s.
 

Nachdenklich lasse ich mein Glätteisen sinken, denn ich glaube, meine Haare hassen mich heute, vielleicht halten sie sich für Klimaexperten und heißen meinen Wasserverbrauch nicht gut, aber ich glaube, ich kann’s auch einfach sein lassen.
 

Heute wird das nichts mehr.
 

Und weil ich gerade eh so in Ariana Grande Stimmung bin, binde ich sie mir schließlich zu einem hohen Halbzopf zusammen und ja, ich habe ein Haartutorial auf youtube angeschaut und nein, ich brauche im Gegensatz zu Ari und allen Anderen keine Extensions
 

Im selben Moment klingelt es an der Tür, mein Karnickel bekommt einen halben Herzinfarkt und ich reiße mich vom Anblick der angefressenen Bücher los, ziehe meinen Zopf feste und stehe dann auf.
 

„Hey.“, begrüße ich Kant für Arme, der schnaufend die schier endlosen Treppen, zu meiner Wohnung, hinauf stapft.
 

Dachgeschosswohnung:
 

Im Winter klasse, weil: schön warm.
 

Im Sommer scheiße, weil: schön warm.
 

Und generell immer scheiße, weil: Viele Treppen.
 

Itachi schenkt mir ein schwaches Lächeln und ich trete zur Seite, damit er reinkommen kann.
 

Mit seinem Eintreten schlägt mir ein ziemlich penetrantes Düftchen entgegen, ich könnte mich irren, aber: Black Opium?
 

Yves, oder Calvin Klein, eines von beidem.
 

„Gut siehst du aus, der Halbzopf steht dir.“ , bemerkt er, charmant, wie er nun mal ist und etwas unglücklich fahre ich mir durch meine lange Mähne.
 

„War eigentlich eher eine Notlösung.“, gebe ich zu, während ich in meine Timberlands schlüpfe, die klassischen, in beige, nicht die fancy Schwarzen, wie Itachi sie hat.
 

Trotzdem sind wir matchy-matchy.
 

Abgesehen davon, dass ich, anstelle eines chicen, 300 Pfund schweren Parkers lediglich mit einer Bomber Jacke von Urban Outfiters glänzen kann.
 

„Ich mag es, wenn du sie so trägst.“ , brummt Itachi, während ich mir besagte Jacke überziehe, unterdessen meine Kaninchen in ihren Schall scheuche.
 

Beziehungsweise Lilli scheuche und Charlie, mehr oder minder, mit dem Fuß bis vor die Käfigtüre schiebe und dabei vermutlich noch schön den Boden putze.
 

Und ich mag es, wenn meine Haare zur Abwechslung mal das machen, was ich will, und nicht à la Medusa, ein Eigenleben entwickeln.
 

„Danke.“, entgegne ich trotzdem, verriegle dann die Stalltür meiner beiden Wackelnasen, die mir aus großen Kulleraugen hinter herschauen, wie ich den Raum verlasse.
 

„Papa kommt bald wieder.“, vertröste ich sie, lösche dann das Licht und werfe Itachi dabei einen flüchtigen Blick zu, welcher bloß nickt und gemeinsam betreten wir das Treppenhaus.
 

„Japanisch also, nicht schlecht.“, gibt Itachi anerkennend zu, genehmigt sich dann einen Schluck von seinem Kaffee.
 

Wir beide sitzen in der kleinen Starbucks-Filiale, direkt am Marktplatz, auf welchem bereits die ersten Stände für den bald eröffnenden Weihnachtsmarkt errichtet werden.
 

Die Lichterketten hängen bereits und auch der Weihnachtsbaum steht schon, direkt im Zentrum des Platzes, nächst des Springbrunnens im viktorianischen Stil.
 

„Ist auf jeden Fall sau schwer.“, brumme ich, immerhin hatte mein Hirn bereits nach fünf Hiragana-Zeichen auf „yasumimasu“ - Modus geschaltet.
 

„Das glaube ich, ist ja auch die zweitschwerste Sprache der Welt.“
 

„Ehrlich?“, überrascht hebe ich den Blick, ziehe dann kritisch die Brauen zusammen, doch Wiesel nickt nur: „Direkt nach arabisch.“
 

„Krasser Scheiß. Und der Kerl kann das einfach.“, murmle ich gedankenverloren und wieder einmal wird mir klar, wie verdammt schlau Herr Akasuna eigentlich ist.
 

Ich meine, er ist Professor, natürlich ist er schlau, dass ist ja auch sein Job, … irgendwo, aber trotzdem ist das schon ziemlich heftig.
 

Wenn er so schlau ist, wieso will er sich dann umbringen?
 

Ich würde den lieben langen Tag mit meinem Wissen prahlen und glaubt mal, das würde mir nicht madig werden, aber absolut gar nicht, …
 

„Mich wundert, dass er noch nicht promoviert hat.“ , Itachi seufzte leise, ehe er kurz verträumt den Blick, nach draußen, durch die abgedunkelten Glaswände hindurch schweifen lässt.
 

Eine Weile beobachten wir schweigend das bunte Treiben auf dem Marktplatz, wie die Leute, eingepackt in dicke Wintersachen, mit Schal und Mütze bewaffnet, an den kleinen Büdchen zimmern, sich dabei immer wieder Sachen zurufend und ab und an lachend.
 

Im Vergleich dazu ist es im Café selbst ziemlich ruhig, nur das leise Rattern der Kaffeemaschinen und das gedämpfte Klirren von Besteck und Tellern erfüllt den Raum mit Klang.
 

Mein Blick wandert zur großen Wanduhr, die hinter der Theke auf gehangen wurde.
 

Kurz nach halb elf und das am Donnerstag.
 

Klar, dass die Stadt wie ausgestorben ist, immerhin hat nicht jeder das Glück so ein Studenten-Schmarotzer-Leben führen zu können, wie Wiesel und ich das tun.
 

„Wie lange denkst du, wird das die Uni noch mitmachen? Ich meine, dass er so gut wie nie zu seinen eigenen Kursen erscheint, und so?“, möchte ich schließlich wissen, ehe ich selbst erstmalig von meinem Caramel- Macchiato trinke.
 

Ein richtiges „Weiße Leute“ - Getränk.
 

Ich hab im übrigen den Grande genommen - Muss ich nicht erklären, oder?
 

„Ich weiß nicht genau.“, gibt Itachi überlegend zu,“Ich denke, das ist stark davon abhängig, wie weit die Uni über seinen aktuellen Zustand informiert ist, aber wie da die genauen Regeln sind, das kann ich nicht sagen.“
 

Was denn, … gibt es dazu keine Ausführung von Nitzsche?
 

Jetzt bin ich aber enttäuscht.
 

„Ich glaube, ich bin so ziemlich der Einzige, der weiß, was gerade bei ihm los ist.“ , murmle ich, richte den Blick schließlich auf meine Hände.
 

„Mh,…“, kommt es unbestimmt von Itachi und erneut schweigen wir.
 

„Das Ganze nimmt dich ziemlich mit, oder?“, möchte Wiesel dann plötzlich wissen und instinktiv schüttle ich den Kopf, aber irgendwie schaffe ich es nicht, Itachi dabei in die Augen zu gucken.
 

„Nein, das ist, … es nicht.“, beginne ich dann zögerlich und am liebsten würde ich aufstehen und gehen, denn ich hasse Itachi dafür, dass er mich auf frischer Tat ertappt hat.
 

Ja.
 

Das Ganze nimmt mich mit.
 

Seit ich heute morgen das Haus von Herrn Akasuna verlassen habe, geht er mir nicht mehr aus dem Kopf.
 

Seine unerwartete Reaktion.
 

Wie er von jetzt auf gleich, auf 180 war und im nächsten Moment auf seinem Stuhl hockte, wie ein Häuflein Elend und ich echt kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, ihn in den Arm zu nehmen.
 

Aber das wäre echt komisch gekommen.
 

Obwohl die Situation vermutlich nicht mehr großartig hätte komischer werden können.
 

Dieser leere, müde Blick in seinen Augen.
 

Das schmutzige Geschirr in der Spüle.
 

Das waren bestimmt Teller und Tassen von mehr als einer Woche.
 

Die unkorrigierten Klausuren und Arbeiten, auf seinem Schreibtisch.
 

„Ich find’s halt nur krass, … wie man sich so gehen lassen kann.“ , antworte ich schließlich, obwohl ich ja selbst jetzt nicht unbedingt mit gutem Beispiel voran gehe.
 

Wir erinnern uns, an die rote Bohnen-Paste, die vermutlich just in dieser Sekunde, aus meinem Mülleimer kriecht, meine Kaninchen frisst und sich anschließend ein heißes Bad einlässt.
 

Aber das ist ja irgendwie was Anderes, … irgendwie.
 

Ich bin ja nicht unglücklich darüber, ganz im Gegenteil, ich find’s entspannt so und feier meine Jungesellenbude.
 

Und lass meinen Kühlschranksinhalt eben mitfeiern, aber bei Herrn Akasuna sieht das Ganze etwas anders aus.
 

Er wirkt so gar nicht zufrieden.
 

Mit sich, mit allem und trotzdem tut er nichts dagegen und das verstehe ich einfach nicht.
 

Itachi seufzt leise, nimmt dann einen weiteren Schluck von seinem Kaffee und mustert mich für eine Weile eindringlich.
 

„Mute dir nicht zu viel zu, Deidara.“, sagt er dann auf einmal und kritisch lege ich die Stirn in Falten.
 

„Ach was.“, wimmle ich ab, denn es ist ja nicht so, als würde ich 24/7 über Herrn Akasuna und seine Probleme, … moment mal.
 

„Eine Freundschaft mit solchen Leuten kann auf Dauer ziemlich Kräfte zehrend sein, weißt du? Nicht selten müssen auch die Angehörigen bei Zeiten in Therapie, weil sie das Ganze so runter zieht.“
 

„Ach Quatsch.“, falle ich ihm ins Wort, denn jetzt übertreibt er wirklich, „Ich bin einer seiner Schüler, wenn du so möchtest und nicht sein bester Freund, oder sowas.“
 

„Das macht ja nichts, der springende Punkt ist, dass ihr viel Zeit miteinander verbringt.“, weiß Itachi, doch ich schüttle energisch den Kopf, werfe dann einen flüchtigen Blick auf mein Handy, von welchem mir eine Nachricht von Tenten entgegen lacht:
 

„Was machst du gerade? <3“
 

„bin mit Itachi bei starbucks, why?“ , tippe ich ihr hastig eine Antwort, ehe ich mein Iphone wieder sinken lasse.
 

„Wir haben uns gestern Abend gesehen und davor einmal ein paar Filme geguckt.“,erkläre ich entnervt und wenn man mich so hören tut, könnte man beinah glauben, ich berichte von Dates mit meinem Schwarm.
 

Okay, vielleicht hat Itachi nicht ganz Unrecht, … aber irgendwie mag ich Herrn Akasuna ja auch.
 

Also jetzt nicht SO ein mögen, ich lutsche immer noch keine Schwänze, auch wenn die halbe Welt das offenbar zu glauben scheint, bedeutet das noch lange nicht, dass dies auch den Tatsachen entspricht.
 

Aber Chucky ist halt schon irgendwie cool.
 

Wenn er nicht gerade einen seiner irrationalen Ausraster an den Tag legt.
 

Da fällt mir ein, …
 

„Mal was Anderes,…“, beginne ich dann, schiele kurz auf mein Handy, dessen Display aufleuchtet:
 

„Der am Marktplatz?“ , möchte Tenten wissen, doch jetzt muss sie kurz warten.
 

Itachis kühler Blick liegt abwartend auf mir und ich muss tatsächlich etwas schmunzeln, sowie ich an das letzte Gespräch mit Kiba denke, zumindest kann ich inzwischen drüber lachen.
 

Immerhin etwas.
 

„Wusstest du, dass die halbe Welt denkt, wir sind schwul?“ , möchte ich grinsend wissen, lasse mich dabei seufzend gegen die Lehne des, mit grünem Leder überzogenen, Sessels sinken.
 

Verwirrt blinzelt Itachi mir entgegen und ich kann mir ein trockenes Lachen, angesichts seiner verwirrten Miene, kaum verkneifen.
 

Ich meine, ich kann’s ihm nicht verübeln und hatte insgeheim bereits mit so einer Reaktion gerechnet.
 

„Geil, oder? Kiba hat’s mir neulich erzählt. Offenbar gingen er, Tenten und Sai und weiß ich nicht, wer noch, anscheinend alle, davon aus.“ , brumme ich, ehe ich einmal genervt mit der Zunge schnalze, als plötzlich eine weitere Nachricht von Tenten eintrudelt:
 

„Deidara??“
 

„Wie kommen sie denn darauf?“ , hat Wiesel offenbar inzwischen seine Sprache wieder gefunden, doch ich zucke nur unbestimmt mit den Schultern.
 

„Wohl weil ich nie ein Weib am Start habe, meint zumindest Kiba, der Spast.“, erkläre ich, worauf Itachi nur verständnislos den Kopf schüttelt.
 

„Und dann ist man automatisch schwul?“, möchte er wissen.
 

„Anscheinend, ich meine, wenn ich, so wie er, meinen Schwanz jedes Wochenende in einer neuen Muschi versenke täte, dann würde mich alles Andere vermutlich auch direkt misstrauisch werden lassen.“ , knurre ich dann, schnappe mir schließlich mein Handy, als es zum dritten Mal vibriert:
 

„ja, haha, chill mal. der am marktplatz, beim brunnen.“
 

„Das hast du ihm aber nicht so gesagt?“ , kommt es etwas besorgt von Itachi und ich kann spüren, wie mir die Röte ins Gesicht schießt.
 

„Naja, doch, … schon.“, gebe ich dann zu und lache einmal affektiert auf, doch Itachi scheint eher schockiert, als belustigt.
 

„Was denn?“, möchte ich entnervt wissen, schnaube dann einmal und ein bisschen wundert es mich schon, dass er das Ganze so gelassen nimmt.
 

Auf der anderen Seite ist das eben Itachi und dem hat wohl, bis zum heutigen Tag, niemand erklärt, wie genau Emotionen eigentlich funktionieren.
 

Vielleicht überlegt er ja auch just in dieser Sekunde, welchen Vodoo-Zauber er auf Kiba und den Rest des Dream Teams anwenden soll, während er mit starrer Miene seinen Kaffee schlürft.
 

Wer weiß das schon?
 

Hab ich Psychologie studiert?
 

Oder „Hellsehen“?
 

„Das kannst du doch nicht machen.“, beschließt er dann, verschränkt die Arme vor der Brust und ich glaube, ich habe mich da gerade verhört.
 

„Bitte? Der Kerl hat mir, …mehr noch UNS unterstellt wir würden Schwänze lutschen und zwar nicht irgendwelche Schwänze, sondern du meinen und ich deinen und du nimmst ihn in Schutz?!“
 

Ich glaube, ich sollte meinen Lautstärkepegel etwas regulieren, oder warum hat jetzt so ziemlich jeder, in diesem Saftladen, einmal kurz den Kopf gehoben und in unsere Richtung geschaut?
 

„Piano, Piano,…“, kommt es von Itachi und darauf folgt eine beschwichtigende Handbewegung.
 

Ich würde ihm jetzt gerne meinen Cappuccino ins Gesicht klatschen, doch ich glaube das wäre 1. Körperverletzung und 2., und das ist beinah noch etwas ausschlaggebender, ist das ein Starbucks-Cappuccino und dementsprechend teuer.
 

Aber mal ernsthaft, … wie kann er so ruhig bleiben?
 

Wie kann ihn das null jucken und wie kann er es wagen, Kiba zu allem Überfluss, auch noch in Schutz zu nehmen?!
 

Als wäre er hier das Opfer, weil ich, auf solche Anschuldigungen hin, mal mein Maul aufgemacht habe?
 

„Erstens glaube ich, dass nicht jeder männlicher Homosexueller Schwänze lutscht…“, beginnt Itachi und ich atme hörbar aus.
 

Und doch.
 

Ich glaube schon, dass jeder „männlicher Homosexueller“ mindestens einmal einen Schwanz im Mund hatte, aber dieses Wissen behalte ich für mich.
 

„Und außerdem, ist das absolut hirnrissig, von dem Einem auf das Andere zu schließen. Und das solltest du wissen und dementsprechend darüber stehen, immerhin weißt du es besser, oder meinst du, jemand Außenstehendes wird über dein eigenes Leben besser im Bilde sein, als du?“ , möchte Itachi wissen und kurz bin ich etwas baff.
 

Hat er vielleicht Psychologie studiert?
 

So, … bevor er Philosophie begonnen hat.
 

Mit, … 16, … oder so?
 

Zutrauen würde ich es ihm.
 

„Nein, … nein, aber,…“, starte ich dann, doch erneut fällt Wiesel mir ins Wort und irgendwie schafft er das, ohne, dass es unfreundlich wirkt.
 

„Also ist es verschwendete Lebensenergie sich darüber aufzuregen, denn ändern, dass er das denkt, oder gedacht hast, kannst du jetzt ohnehin nicht mehr. Und in wie fern ändert sich dein Leben, durch die Meinung, die Andere über es haben?“
 

„Keine Ahnung, … denke nicht wirklich.“, überlege ich, worauf Itachi zufrieden nickt, dann schließlich selbst auf sein Handy blickt.
 

„Hör mal, ich muss los, … kommst du von hier nach Hause?“, brummt er, während er aufsteht, sich den Armani-Mantel um die Schultern legt und mir ein verhaltenes Lächeln schenkt.
 

„Lass dich nicht so von Anderen beeinflussen, Deidara, das hast du nicht nötig.“
 

„Das mache ich auch gar nicht!“ , verteidige ich mich, denn bitte, für wie labil hält der Kerl mich eigentlich?
 

„Aber dazu neigst du und das solltest du dir abgewöhnen. Was Kiba erzählt, oder denkt, oder Herr Akasuna tut, oder nicht tut, ist erstmal deren Problem.“ , seufzt Itachi und misstrauisch hebe ich den Blick.
 

„Hieß es vor wenigen Tagen nicht noch, dass ich mich mehr mit den Dingen auseinander setzten sollte?“ , erinnere ich mich, doch erneut überrascht mich Itachi, in dem er, leicht lächelnd, den Kopf schüttelt.
 

„Ich sagte du sollst dich entsprechend damit auseinander setzten, was nicht bedeutet, dass du es nah an dich heran lassen sollst, also dann, …“
 

Kurz wühlt Kant für Arme in seiner Tasche, drückt mit dann eine knisternde 10 Pfund Note in die Hand und blinzelt mir schließlich vertraut entgegen.
 

„Ich muss, du kennst meinen Vater, … Hidan hat gefragt, wegen dem Wochenende, ich weiß nicht, was er vorhat, aber sehen wir uns spätestens da?“ , möchte er wissen und ich nicke langsam: „Glaub’ schon, …“ , entgegne ich, denn noch immer denke ich über sein zuletzt Gesagtes nach.
 

Ich soll mich also mit den Dingen befassen, … ohne mich zu sehr mit ihnen zu befassen…?
 

Also mal ganz ohne Mist, …
 

Gedankenverloren hängt mein Blick auf Itachi, ich beobachte, wie er schnellen Schrittes das Café verlässt, sogar die Tür noch für einen weiteren, gerade eintretenden, Gast aufhält.
 

So ein Scheiß, kann echt nur von einem Philosophen kommen.
 

So abgefuckte Gedankengänge hat doch sonst keiner.
 

Ich seufze, drehe dann den Geldschein überlegend in der Hand und muss feststellen, dass Jane Austen mindestens genau so überfordert und planlos ausschaut, wie ich mich in diesem Moment fühle.
 

… und direkt muss ich wieder an Herrn Akasuna denken.
 

War ich womöglich tatsächlich zu stolz und vorurteilend?



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  kleines-sama
2019-07-12T15:00:51+00:00 12.07.2019 17:00
Ein tolles Kappi :)
Mir hat Deidara in dieser mal nachdenklichen und niedergeschlagen Rolle gut gefallen ;)
Überrascht hat mich Itachi Reaktion auf das Schwulen-Thema. Immerhin steht er ja laut Steckbrief auf Deidara... Demnach ist er auch schwul?
Bin gespannt wie das weitergeht mit den beiden. Vill hinterfragt Deidara sich ja mal, wenn er & Ita besoffen auf einer Party rumknutschen oderso :D
Freue mich auf das nächste Kappi und besonders auf Hidan ❤️

bye
sb
Antwort von:  -AkatsukiHime
04.08.2019 22:34
Bin gerade etwas unter Zeitdruck, deswegen quick eine Antwort: Danke seeehr, freut mich immer von dir zu hören und ja, Deidara beginnt langsam etwas nach zu denken, ... langsam, ... sehr langsam,... aber immerhin überhaupt xD


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