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Red Silver

Vampire AU
von

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Soulmate

Wie ein verschwommenes Grau rauschte die Gegend an ihm vorbei. Dunkle, große Bäume kamen ihm entgegen bis wohin das Auge sehen konnte. Der Himmel hatte sein strahlendes Blau bereits vor Stunden der eintönigen grauen Farbe überlassen, die nun das gesamte Himmelszelt überzog. Es hatte angefangen zu regnen und die Tropfen platschten unaufhörlich gegen die Fensterscheibe des Wagens. Izaya musste grinsen. Es war perfektes Wetter um zu jagen.

„Sind Sie sicher, dass Sie bis nach ganz oben wollen?“

Der arme Taxifahrer zeigte wahrhafte Sorge daran, dass er einen Berggipfel ganz alleine hochwandern wollte.

„Es ist schon später Nachmittag. Bitte bedenken Sie, dass dort oben die Temperaturen abends, vor allem im Herbst, eisig sind. Wenn Sie kein erfahrener Kletterer sind, sollten Sie lieber darauf verzichten.“

Izaya kicherte leise, bevor er antwortete.

„Ich besuche einen guten Freund von mir. Er erwartet mich dort.“, gab er als Erklärung von sich und er sah, wie sich die Augen des Taxifahrers weiteten. Eilig sah er wieder unruhig nach vorne auf die Straße.

„Passen Sie gut auf sich auf, dort oben…“, murmelte der Mann, bevor er erneut durch den Rückspiegel zu Izaya sah.

„Wieso? Gibt es dort oben etwa Bären, die mich fressen würden?“, witzelte Izaya.

Nein! Ach nein, wo denken Sie hin! Es…es ist…“, antwortete der Mann gemurmelt, bevor er endete und verängstigt vor sich auf die Straße und dann zurück in den Rückspiegel sah. Er schien sich verfolgt zu fühlen.

„Haben Sie es etwa nicht gehört? Hat ihr Freund Sie nicht gewarnt?“, sprach er dann mit mehr Inbrunst in der Stimme und blickte zu dem schwarzhaarigen Mann auf dem Rücksitz.

Izaya grinste ihn unverhohlen an.

„Gewarnt? Wovor?“, tat Izaya unschuldig und verschränkte die Arme.

„Seit einigen Jahren verschwinden Menschen…dort oben in den Wäldern…“, begann der Mann mit gesenkter Stimme. Die Regentropfen prasselten noch stärker hinab als zuvor und der Taxifahrer musste die Scheibenwischer eine Stufe höher stellen.

Izaya tat so, als wäre er schockiert, als er die Hand vor den Mund nahm. Der Taxifahrer musterte ihn durch den Rückspiegel, während seine Augen immer noch unruhig hin und her gingen.

„Die verschwunden Personen tauchen zwar wieder auf…aber…“

„Aber…?“, hinterfragte Izaya und genoss jede einzelne Sekunde, die der Taxifahrer unruhiger wurde, als er seine ach so gruselige Geschichte erzählte. Er liebte die Mimik, die der Mann dabei präsentierte.

„Sie…sie erinnern sich nicht mehr daran, was oben passiert ist oder weshalb sie überhaupt dort hoch gegangen sind. Wenn Sie mich fragen, ist der seltsame Nebel daran schuld, der unsere Gegend bereits seit Jahren heimsucht.“ Izaya verengte die Augen, als er aufhörte zu grinsen.

„Erst waren es nur einige Personen, doch im letzten Jahr hat es stark zugenommen. Es macht uns Dorfbewohner Sorgen. Ganz Yūbari fürchtet sich nun vor ihrem berühmten Berg. Es hält uns die Touristen fern.“ Der Mann blickte wieder in den Rückspiegel. „Deswegen ist es ein Wunder, dass es überhaupt noch Leute wie Sie gibt, die dort freiwillig hochwollen. Sind Sie etwa ein verdeckter Ermittler?“

Der Taxifahrer wurde nun neugierig, als er Izaya bedeutsam ansah, jedoch hatte Izaya die Augen abgewandt und starrte hinaus auf den riesigen Berg mit seinen Nadelbäumen, der aus der Ferne bedrohlich wirkte.

Es war nicht der Nebel.

Izaya klickte mit der Zunge. Dieser verdammte kleine Rotzbengel

Hatte er seine Gefolgschaft nicht mehr unter Kontrolle oder was dachte er sich dabei?

„Wie ich schon sagte, möchte ich einen alten Freund besuchen. Bitte lassen Sie mich dort vorne heraus. Den Rest schaffe ich zu Fuß.“

Der alte Taxifahrer kräuselte die Stirn in Verwirrung, tat jedoch was Izaya von ihm verlangte. Ohne überhaupt darauf zu achten, was die eigentliche Fahrt gekostet hätte, legte Izaya viel zu viel Geld auf den Rücksitz, bevor er seine Tür öffnete und in den gießenden Regen trat.

„Warten Sie! Sir!“, rief der Mann ihm hinterher, doch Izaya war bereits dabei, den matschigen Feldweg hinauf zu wandern. Der Informant wartete noch einige Minuten hinter einem Baum. Dann konnte er dank seines ausgeprägten Sinnes das Taxi wegfahren hören. Er seufzte, bevor er seine Kapuze ein Stück tiefer ins Gesicht zog. Es war Zeit, seinem Freund mal die Meinung zu sagen.

Innerhalb von Sekunden befand er sich in dem dunklen Wald, der von einem nassen Nebel durchzogen wurde und die Sicht erschwerte. Izayas Körper war schnell, seine Beine liefen wie bei einem Marathon, während er den Berg ohne großartige Probleme erklomm.

Doch er musste bereits nach einigen Kilometern stoppen, als er fremde Vampire riechen konnte. Der Regen machte es schwer den Geruch aufzunehmen, also entschied er sich, auf seine Feinde zu warten. Izaya stützte sich mit der rechten Hand an einem nahestehenden Baum ab, als er sich mit der linken Hand die Kapuze enger ums Gesicht zog. Es dauerte nur drei Sekunden, dann standen zwei Silhouetten vor ihm, die näher auf ihn zukamen. Erst konnte er sie nicht identifizieren, doch als sie auf ihn zugingen, wurde ihr Duft stärker. Ah, Manju und Subaru. Izayas Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.

„Das hier ist das Territorium der Familie Oshiro. Unbefugte haben keinen Zutritt. Verschwinde von hier.“, gab Manju mit lauter Stimme bekannt, als er einen Schritt näher trat und mit seinen stechend roten Augen Izaya verjagen wollte. Er war von stämmiger Natur, hatte einen Kinnbart und einen grimmigen Blick.

„Ah! Manju-kun! Subaru-kun! Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen! Wie geht es euch?“

Irritiert über die Worte des fremden Vampires, trat nun auch Subaru näher heran. Seine Augen waren dunkler als die von Manju, was darauf schließen ließ, dass er vor kurzem noch getrunken hatte. Wobei Manju sich wohl immer noch nicht um Kontaktlinsen bemüht hatte, so wie seine Augen leuchteten.

„Wer bist du?“, fragte Subaru schließlich, seine Stimme deutlich leiser, als die seines Begleiters. Subaru sah sogar noch dünner aus, als er ihn das letzte Mal gesehen hatte. Im Gegensatz zu Manju, war er schmächtig und kleiner, jedoch schien er das mit seinem Köpfchen wett zu machen.

„Ach jetzt kommt schon! Wie könnt ihr mich vergessen haben?“, rief der Informant mit jammernden Stimme, warf theatralisch seine Arme in die Luft und begann auf die beiden jungen Vampire zuzugehen.

„Keinen Schritt weiter!“, rief Manju abrupt und wechselte in eine Kampfstellung.

Izaya tat wie ihm befohlen, hob dabei in gespielter Gestik die Hände und verzog das Gesicht zu einer genervten Grimasse.

„Mit euch kann man auch keinen Spaß haben…~“, jammerte der schwarzhaarige Mann gelangweilt. „Ihr seid viel zu ernst. Werdet mal locker!“

Dann bewegte er sich.

Innerhalb von Sekunden trat er zu ihnen in die Mitte, packte mit je einer Hand ihre Stirn und zwang beide Vampire in einer einzelnen Bewegung auf den kalten Boden. Er konnte hören, wie sie durch die angewandte Kraft ihres stärkeren Gegners stöhnten.

„Gestatten, Izaya Orihara.“

Der Informant richtete sich auf und vollzog aus reinem Spaß einen gespielten Knicks, indem er die linke Seite seines langen Mantels ergriff und zur Seite zog.

„Ich habe euch bereits gekannt, als ihr noch erbärmliche Menschen wart, bevor Oshiro-san euch verwandelt hat. Er hat manchmal einfach ein zu großes Herz…und zu großen Durst.“

Izaya lachte über seinen letzten Satz.

„S-Sie sind Izaya Orihara? Der Izaya Orihara?“ Der Informant wandte sich zu Ihnen um. Subaru schien ihn nun doch zu erkennen. Aber nur durch seinen Namen. Das ließ ihn wundern, was man in der Villa alles über ihn erzählt hatte.

„Gibt es etwa noch mehr von meiner Sorte?“, konterte Izaya genervt, als er Subaru niederstarrte. Dieser senkte den Blick, als er spürte, dass der andere keine Lust mehr auf ein friedliches Gespräch hatte.

„N-Nein, Sir…“, murmelte er und senkte den Blick fügsam.

Die beiden jungen Vampire spürten plötzlich die Macht, die von dem älteren Vampir ausging. Zuerst hatte Izaya sie versteckt, doch nun bemühte er sich nicht mehr darum. Sie sollten ruhig wissen, wer er war.

„Ich habe einen Termin mit Oshiro-san. Deswegen bin ich hier. Ihr solltet euch lieber um feindliche Vampire kümmern, als um Verbündete.“

„Ja, Sir!“, riefen die beiden im Einklang und es war interessant zu sehen, was sein Status ihm immer wieder ermöglichte. Eigentlich hielt er sich bewusst zurück, um den Kampf zu genießen, doch im Moment musste er dringend zu Oshiro-san. Das konnte nämlich nicht warten.

Ein letzter bedeutsamer Blick zu Manju und Subaru, bevor der Informant weiter lief. Der Wind rauschte in seinen Ohren, als er sich beeilte.

Es dauerte nicht lange, als schließlich die riesige Villa vor seinen Augen auftauchte. Er grinste.

Oshiro schien schon wieder einen Komplex angebaut zu haben – vermutlich aus Gründen, die mit Frischblütern zu tun hatten…

Izaya schnellte zum Eingang und blieb einige Meter davor stehen. Ein Schutzfilm umgab das ganze Gelände und schützte es so vor neugierigen Besuchern. Und mit neugierigen Besuchern waren Menschen gemeint. Nur Vampire konnten wirklich sehen, was sich dort befand.

Izaya blickte zum Eingangstor und entdeckte die beiden Wachmänner, die in ihren schwarzen Umhängen aussahen, wie Helfer des Todes.

„Carlo-san!“, rief der Informant euphorisch, als er den linken Wachmann an seiner kleinen und etwas pummeligen Statur erkannte. Und ebenfalls an seinem pikanten Geruch, der ziemlich von Schwere und Zimt zeugte, da er am liebsten Spekulatius aß – neben menschlichem Blut natürlich.

Orihara…“

Sein Name wurde genervt gegrollt und der Mann namens Carlo verschränkte die Arme. „Was willst du dieses Mal?“ Der Regen ließ langsam nach und Izaya konnte unter der Kapuze sehen, wie der andere seine Augen misstrauisch verengte.

„Aber Carlo-san! Begrüßt man so einen alten Bekannten?“

„Erspar mir deine Scheraden. Wenn du hier bist, heißt das nie etwas Gutes.“

Izaya grinste ihn unverhohlen an.

„Ich bitte dich! Muss ich dich daran erinnern, wie ich dein Kind vor zwei Jahren vor der Bruderschaft gerettet habe?“

Carlos Gesicht verfinsterte sich, als er sich wohl an die Ereignisse erinnerte.

„Ja, daran erinnere ich mich. Und auch daran, wie du plötzlich meintest, ich stehe in deiner Schuld, du Bastard.“ Auch wenn Carlo nicht gewaltsam wurde, so war er direkt und offen mit seinen Worten und scherte sich nicht darum, dass Izaya ein reinblütiger Vampir war. Das war etwas, das Izaya am meisten amüsierte.

„Eine Hand wäscht die andere, nicht wahr?“, säuselte Izaya das altbekannte Sprichwort, bevor er den Blick abwandte und durch den unsichtbaren Schutzschleier trat.

Der zweite Wachmann auf der rechten Seite hatte das Gespräch unruhig angehört und schien daraus zu schließen, dass Izaya niemand Gutes war, weshalb er sich ihm in den Weg stellte.

„Bleib stehen.“

Seine rehbraunen Augen funkelten ernst und er verfiel in eine Kampfstellung.

Izaya sah gelangweilt zurück zu Carlo und schien mit seinem Blick eine Aufforderung zu stellen, die nur Carlo verstand. Dieser seufzte.

„Benjamin. Geh ihm aus dem Weg, oder er wird sich seinen Weg erkämpfen.“

Der junge Vampir schien zu zögern und sein nervöser Blick ging von Izaya zu Carlo hin und her. Irgendwann hatte Izaya keine Lust mehr zu warten und begann die Treppen hinauf zu steigen. Als er bei Benjamin ankam, sah er, dass dieser vor Angst zitterte. Izayas Grinsen vertiefte sich, als er problemlos an ihm vorbei laufen konnte. Der Informant legte eine Hand auf Benjamins Schulter, bevor er ihm etwas ins Ohr flüsterte.

„Versuche es zu kontrollieren und werde stärker. Oder du wirst für immer in der untersten Rangfolge bleiben…“

Benjamin sagte nichts, doch sein Körper sandte Emotionen aus, die Izaya allein durch die Luft spüren konnte. Benjamin war ein sehr junger Vampir, den Izaya bislang nur einmal gesehen hatte. Er war damals noch ein Frischblüter, doch selbst nach zwei Jahren schien er sich immer noch nicht hochgekämpft zu haben. Der arme Kerl…

„Bye Bye~!“, rief Izaya als er weiter hochspazierte und spielerisch zum Abschied winkte. Carlo verzog lediglich das Gesicht.

Die Wachen hatten einen wichtigen Job, der jedoch auch bedeutete, dass die Vampire, die ihn ausführten, in der Rangliste ganz unten waren. Als Izaya schließlich vor den großen Eingangstoren der Villa angekommen war, öffneten sie sich von selbst, als hätte man ihn bereits gesehen.

„Ori-chan! Da bist du ja endlich! Ich habe mir schon Sorgen gemacht, dich hätte ein Bär gefressen!“

Izaya lachte auf die humorvolle Art und Weise, auf die der Informant begrüßt wurde. Er kannte es nicht anders.

Der Vampir blickte ihn mit seinen dunkelbraunen, leuchtenden Augen akribisch an und schien Izaya zu studieren. Doch auch Izaya musste blinzeln, als er seinen alten Freund genauer betrachtete. Oshiro Yukio war ein schlanker Mann, hatte helle Haut und für einen Vampir ein schon fast unverschämt gutes Aussehen. Durch seine Mischung aus männlichen und femininen Zügen im Gesicht, war er auf beiden Seiten allseits beliebt. Und das war ihm natürlich stets bewusst. Doch bislang hatte er sich mit niemandem zufrieden gegeben. Izaya verengte die Augen, als er Oshiros schwarze, glatte Haare näher betrachtete. Nicht nur der Umstand, dass jede Frau bei seiner Haarpracht grün vor Neid wurde, nein. Sie schienen ein ganzes Stück länger geworden zu sein, als beim letzten Mal. Ließ er sie etwa wieder wachsen? Deshalb also die ganzen Vorfälle mit den verschwundenen Menschen? Das musste ein Scherz sein.

Izaya lachte.

„Was ist? Sehe ich wieder zu gut aus? Muss ich aufpassen, dass du mir nicht auch noch

verfällst?“, neckte Oshiro und ließ sein bestes Flirtlächeln zeigen. Izaya schüttelte den Kopf.

„Du weißt, ich habe anderes um die Ohren.“, umging der Informant die Frage geschickt und gestikulierte mit der rechten Hand. Oshiro war ein charmant wirkender junger Vampir, der genau wie Izaya von einer Adelsfamilie abstammte. Seit sie klein waren kannten sie sich und aus einem für Izaya unerklärlichen Grund, schien er auf den Informanten zu stehen. Etwas, das zwar manchmal Nachteile, aber genauso Vorteile mit sich brachte. Denn selbst Vampire konnte man gut manipulieren.

„Wie du weißt, ich bin aus einem wichtigen Grund hier, Oshiro-san.“, begann der Informant,

wurde aber direkt von dem anderen unterbrochen, bevor er weiter erzählen konnte.

„Komm doch erstmal herein. Es wird sonst zu kalt hier drin.“

Ein weiterer Satz, der Izaya misstrauisch machte.

Immerhin froren Vampire nicht.

Oder schwitzten.

Das war unmöglich.

„Beherbergst du hier etwa Menschen oder warum beklagst ausgerechnet du dich über…Kälte?“

Izayas Ton war neckisch, jedoch war er alles andere als lässig, wenn es um das Thema Menschenentführung ging. Immerhin gefährdete sein alter Freund damit seit Jahren seine eigene Existenz. Doch sein alter Bekannter lief einfach vergnügt an seinen Bediensteten vorbei, hinein in die große Halle, als die Tür hinter ihnen geschlossen wurde. Izaya folgte ihm stirnrunzelnd, während er den Blick umher schweifen ließ. Unterwürfig hatten die Butler und Bediensteten den Kopf gesenkt, trugen allesamt dunkle Kleidung, vom Anzug, bis zum Maid-Dress. Einige davon erkannte Izaya wieder, andere wiederum mussten Frischlinge oder neue Vampire sein. Als sie schließlich die neue Halle betraten, die vor Glamour nur so strotzte, beantwortete Oshiro schließlich Izayas Frage.

„Nun mach doch nicht so ein Gesicht! Du weißt doch, dass ich sie wieder frei lasse…“

Er wandte sich zu ihm um mit einem gespielt tadelnden Ausdruck. Izaya wusste, dass der andere nur die halbe Wahrheit erzählte.

„Wie auch immer. Ich muss etwas mit dir besprechen. Unter vier Augen und... Ohren.“, drängte Izaya und starrte den anderen herausfordernd an. Das Menschenthema war nun wirklich zweitrangig…

„Komm.“, sagte Oshiro und sie gingen weiter durch die imposante Halle, bis sie am Ende angelangt waren und Oshiro durch die nächste Tür in einen anderen Bereich ging. Es war der kleinste Flurabschnitt in der ganzen Villa, den Izaya schon oft gesehen hatte. Hier waren die Arbeitszimmer. Wobei Izaya nur eine der angrenzenden Räumlichkeiten je von innen gesehen hatte.

„Wo ist eigentlich Rosi-chan?“, fragte Izaya beiläufig, als ihm auffiel, dass die kleine Schwester des Vampirclan Anführers nicht anwesend war.

„Oh~ Madame hat heute ein Treffen mit ihren Freundinnen. Sie kommt langsam in das Alter, wo es interessantere Dinge gibt, als ihren großen Bruder.“, winselte Oshiro mit gefakter Stimme, die auf andere Leute täuschend echt wirkte. Izaya gab ein Schnauben von sich, während er dem anderen in sein kleines Büro folgte.

„Ich glaube eher, dass du zu anhänglich warst…“

Oshiro zog entsetzt die Luft ein und machte große Augen.

„Anhänglich? Ich würde doch nie zu anhänglich-“

„Oshiro-san.“, unterbrach Izaya und sein alter Bekannter seufzte nur, als er die Bürotür hinter sich schloss. Er schien zu merken, dass Izaya nicht in der Stimmung war, weiterhin Smalltalk zu halten.

„Also…“, begann Oshiro zu sprechen, als er sich in den Schreibtischstuhl fallen ließ und Izaya andeutete, sich hinzusetzen, wo er mochte. „Was kann ich für dich tun, Ori-chan?“

Für einen Moment, wusste Izaya nicht, wie er beginnen sollte. Oder ob er ihn überhaupt noch um Rat fragen sollte. Es erschien ihm immer mehr, wie eine komplett verrückte Geschichte, die ihm bloß in seinen Albträumen passiert war. Er würde Shizuo auf gar keinen Fall erwähnen. Soweit kam es noch, dass er den Namen dieses Monsters vor Oshiros Nase ausspuckte. Lieber würde er sich woanders Hilfe holen, als sich die alte Leier des anderen anzuhören. Es konnte gerne drauf verzichten, was Oshiro zu ihrer „Beziehung“ sagte…

„Ich brauche deinen Rat, Oshiro-san.“, sagte Izaya schließlich, als er sich in den Stuhl setzte, der vor dem Schreibtisch platziert war.

„Inwiefern? Es ist ziemlich ungewöhnlich, dass du dich an mich wendest, Ori-chan.“

„Mag sein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du mir helfen kannst.“

„Na schön, dann lass mal hören.“, erwiderte Oshiro und stützte seinen Kopf auf seiner rechten Hand ab, während er seinen Freund eingehend betrachtete. Izaya schnaubte und fühlte sich beinahe so, als ob er Oshiros Client war. Pah, bis es wirklich so weit war, musste einiges passieren…

Izaya sammelte sich, bevor er begann zu sprechen.

„Hast du schon einmal ein seltsames…“, Izaya suchte nach dem richtigen Wort, „Gefühl beim Trinken verspürt…?“

Oshiros Miene wandelte sich erst von großen Glubschaugen zu einem hinterlistigen Grinsen, doch bevor er den Mund auch nur öffnen konnte, hob Izaya die Hand.

„Ich weiß, was du sagen wirst. Und nein, ich meine damit keinen Orgasmus, du Perversling.“

Oshiro grinste verschmitzt.

„Wäre die einfachste Lösung gewesen, oder nicht?“, erwiderte er simpel, während er mit den Schultern zuckte. Dass das Trinken von Blut für einige Vampire wie Sex war, war kein Geheimnis. Izaya grinste nicht, sondern fuhr fort.

„Oshiro-san…ich weiß, wie es sich anfühlt wenn man sein Mahl einnimmt.“

Oshiros Augen verengten sich, als er Izaya genau beobachtete.

„Aber…dieses…Gefühl war anders. Ich habe so etwas noch nie verspürt.“

Izaya sprach nicht aus, dass es ihn in Wahrheit ängstigte, nicht zu wissen was genau es war. Oshiro lehnte sich nach vorne, während seine Augen neugierig funkelten.

„Beschreibe es mir.“

Izaya war überrascht, dass der andere so interessiert war. Normalerweise sah man Oshiro Yukio nicht mit dieser Art von Mimik. Izaya fand es interessant, dass er in dem anderen Vampir diese seltene Seite hervorrufen konnte.

„Es war mehr wie ein elektrischer Schock, als ein Gefühl, um ehrlich zu sein.“, lachte der schwarzhaarige Mann, als er die Beine übereinander schlug. „Aber es war überwältigend. Hast du je davon gehört?“

Yukio Oshiro wirkte nachdenklich, als er eine Hand an sein Kinn legte und auf den Schreibtisch starrte.

„Tat es weh? Ich meine, war das Gefühl positiv oder negativ?“

Izaya schnaubte.

Oshiro und seine Fragen…

Positiv war das leckere Blut, negativ, dass es von Shizuo Heiwajima kam. Wenn er nur daran dachte, kam ihm der Ekel wieder die Speiseröhre hoch.

„Weder noch. Es war einfach nur da.“, antwortete Izaya und zuckte mit den Schultern.

„So wie du es beschrieben hast, war es ein Adrenalin Kick, findest du nicht? Vielleicht hatte dein Opfer besonderes Blut?“, vermutete Oshiro, während er sich wieder zurück in seinen Schreibtischstuhl lehnte.

Besonderes Blut…?

Von wegen! Er könnte nicht falscher liegen. Beinahe hätte Izaya gelacht. Dieses Monster von einem Mann war zwar außergewöhnlich, aber nicht besonders.

„Oshiro-san…hast du wirklich keinen blassen Schimmer, was es sein könnte? Ich hatte dich für ein wenig schlauer eingeschätzt…“, säuselte der Informant und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Anscheinend waren das genau die Worte, die der andere hören wollte. Denn als Oshiro daraufhin wie ein Schlitzohr zu grinsen begann, wusste Izaya, dass er ihm etwas verheimlichte. Er blinzelte Izaya unverhohlen an, sein Grinsen blieb und der Informant, sah sich gezwungen, ihn auszuquetschen. Dieser kleine Bastard…

„Du weißt also etwas darüber…“

„Vermutlich~…“

Oshiro lehnte sich wieder ein Stück vor, sodass seine schwarzen langen Haare wie ein Vorhang auf den Schreibtisch landeten. „Ich könnte es für dich in Erfahrung bringen…“, lockte er.

„Aber…?“, hinterfragte Izaya den unausgesprochene Widerspruch zwischen ihnen.

„Das kostet etwas…“

„Wirklich, Oshiro-san? Nach allem, was ich für dich getan habe?“, säuselte Izaya theatralisch, doch als Oshiro weiterhin grinste und nichts dazu sagte, wusste Izaya, dass er seine andere Methode anwenden musste.

„Du bist Informant, du weißt von uns beiden am besten, dass nie etwas umsonst ist.“, erklärte Oshiro, als er aufstand und den Schreibtisch umrundete. Izaya verfolgte ihn mit seinen dunklen Augen.

„Und wenn du mich kennst, dann weißt du, dass zwischen uns keine Deals existieren und es auch nie geben wird, Yukio.“ Izayas Tonfall wurde deutlicher, als er den Vornamen seines Freundes aussprach. „Ich bin hier als dein Freund.“

Oshiro blieb direkt vor ihm stehen, blickte auf ihn hinab, während er die Hände lässig in den Hosentaschen vergraben hatte.

„Du weißt Izaya, für dich mache ich alles. Sogar die Staatsfeinde aushorchen, die angeblich nicht aushorchbar sind. Aber nun möchte ich etwas als Gegenleistung haben…“

Er wusste, dass Izayas Problem privater Natur war. Und die Gelegenheit schien er auszunutzen. Izaya unterdrückte den Drang zu schnauben, sondern stand schließlich genauso auf, wie Oshiro es getan hatte. Die beiden Vampire standen sich nun gegenüber und starrten den anderen jeweils mit einem dunklen Blick an.

„Da bin ich aber gespannt. Hat der größte Vampirclan Anführer im Norden nicht bereits mehr als genug? Ich kann mir kaum vorstellen, was an Interesse für dich wäre.“, säuselte der Informant, als er neugierig den Kopf schief legte. Oshiro ahmte den anderen nach.

„Oh ich glaube, dass du in Wahrheit ganz genau weißt, was mich interessiert…“

Oshiros Stimme senkte sich, als er näher an den anderen heran trat. Instinktiv trat Izaya einen Schritt zurück.

Es war kein Geheimnis.

Fast jeder wusste von Oshiros Neigung zu ihm, und doch war dieser Schachzug ein überraschender für Izaya. Er musste sich selbst zwingen, stehen zu bleiben.

Das gehörte zu seinem Plan.

Seinem Ausweichmanöver.

Izaya musste die Grenzen festlegen.

Nur dann würde er an die Informationen kommen, die er brauchte.

„Was du nicht sagst. Nehmen wir mal an, ich weiß es. Was lässt dich glauben, ich gewähre es dir einfach so?“

Für einen Moment kicherte Oshiro dunkel und Izaya spürte bereits jetzt Auswirkungen dessen Fähigkeit. Nicht gut. Gar nicht gut.

„Izaya Orihara wäre nicht zu mir gekommen, wenn es nicht wichtig wäre. Dein kleines „Gefühl“ beim Trinken ist etwas mehr, als nur ein elektrischer Schock für dich. Du glaubst, ich kann dir helfen.“ Er trat einen weiteren Schritt auf ihn zu, sodass sie nun Nase an Nase standen.

„Also kann ich davon ausgehen, dass du mein Angebot nicht ablehnen wirst.“, sagte Oshiro selbstbewusst und legte bereits seine Hand an Wange des anderen. Izaya ließ sich nichts anmerken, doch in Wahrheit, kribbelte es unter Oshiros Hand.

Dieser kleine Bastard…

„Zwing mich nicht, Yukio…“, drohte Izaya, während er begann, sein Schutzschild einzusetzen. Oshiros Fähigkeit war absolut nervtötend und gerade in diesem Moment nicht zu gebrauchen.

„Beruhige dich Ori-chan! Ich möchte dir nur ein Küsschen geben!“, witzelte der andere, als ob die Sache gar nicht ernst nahm.

Izaya lachte auf.

„Ein Küsschen geben? Und was bezweckst du damit? Mir meinen ersten Kuss stehlen?“, fragte Izaya ironisch und legte den Kopf schief. „Dann tut es mir leid, Oshiro-san, aber den habe ich schon jemanden anderes gegeben.“

Oshiros Hand an seiner Wange fuhr hinab zu seinem Nacken und Izaya bekam ungewollt Gänsehaut. Er grinste einfach nur und ignorierte seine Worte. Oshiros Fähigkeit strömte von ihm ab wie ein Parfum, als sie Izaya umhüllte wie eine Decke.

„Also…entweder ich helfe dir bei deinem kleinen „Gefühlsproblem“ und ich darf dir einen Kuss stehlen, oder…ja eigentlich weiß ich auch nicht, was dann ist. Aber ich glaube, dass du dann sehr unzufrieden nach Hause gehen kannst.“

„Du weißt schon, dass ich auch andere Quellen habe oder…?“, konterte Izaya selbstbewusst und ahmte Oshiros Grinsen nach.

„Andere Quellen? Die „Anderen“ werden dich bloß abzocken, und das weißt du auch.“, gab Oshiro gekonnt von sich.

Izaya zischte innerlich.

Natürlich.

Oshiro war der einfachste Weg, an die besagten Informationen zu kommen, jedoch schien er momentan einen Preis zu fordern, der für Izaya nicht in Frage kam.

„Erst die Informationen. Vorher gebe ich dir gar nichts, Yukio. Das ist mein letztes Wort.“, sagte der Informant und schob den anderen mit seiner bloßen Hand ein paar Schritte zurück, sodass Izaya wieder seinen persönlichen Freiraum hatte.

„Außerdem…“, fuhr Izaya bedeutend fort, „meinst du nicht, dass du dir besser überlegen solltest, momentan etwas von mir zu fordern?“

Oshiro hob fragend eine Augenbraue.

„Denn ich denke, dass du derjenige bist, der sich unerlaubt Menschen als Haustiere hält.“

Oshiros Gesichtsausdruck wurde dunkel und sein Grinsen verschwand innerhalb von Sekunden.

„Fang nicht mit dieser Geschichte an, Izaya. In diesem Tunnel hast du nicht zu graben, verstanden?“

Izaya liebte seine wütende Seite. Dieses verzogene Gesicht, wenn sich seine Augenbraunen nach unten neigten und seine dunklen Augen kalt wie Eis wurden. Manchmal glaubte er sogar Wutadern in seinem Gesicht erkennen zu können. Schon fast wie bei Shizu-

Nein.

Jetzt bloß nicht an dieses Monster denken!

„Dann weißt du ja, was du zu tun hast, Yukio.“, besiegelte Izaya das Thema und wollte hinausgehen, doch eine Hand an seinem rechten Arm hielt ihn auf.

„Ich kann dir bereits jetzt Infos liefern. Deswegen bist du doch auch so eilig hergekommen oder nicht? Du hast Zeitdruck.“

Mist.

Ein weiterer Nachteil an Oshiro: Er hatte ein gutes Gespür für das menschliche (in diesem Falle wohl eher das vampirliche) Empfinden – und das nicht nur dank seiner Fähigkeit Gefühle zu beeinflussen.

Zeitdruck…

Tch.

Er hatte sich vermutlich selbst in die Schussbahn von tausenden Anhängern der Bruderschaft gebracht, alleine durch den Fehler, Shizuo angefallen zu haben. Und nun war das Monster bei ihnen und würde lernen, was ein Vampir war.

„Du hast Recht, Oshiro. Ich habe ein Problem, dass es gilt aus der Welt zu schaffen. Aber ich bin nicht in der Laune, nach deinen Regeln zu spielen.“ Izaya wandte sich zu ihm um und sein Blick war messerscharf. „Also…was kannst du mir sagen?“

Dieses Mal seufzte Oshiro und schien sich geschlagen zu geben. Früher oder später würde er nachgeben, dass wusste der Informant aus Erfahrung. Innerlich grinste er unverhohlen und musste sich ein Lachen verkneifen. Ob es daran lag, dass Oshiro ihm verfallen war, wusste er nicht, jedoch war es manchmal so einfach ihn zu manipulieren.

„Ich kann dir nur sagen, was ich von meinen Verwandten und vor allem von meinem Großvater gehört habe.“, begann Oshiro unheilvoll und als Izaya die Erwähnung seines Großvaters hörte, musste er sich ein Augendrehen verkneifen.

„Wenn es von deinem Großvater kommt, kann es nicht wahr sein.“, winkte Izaya schnaubend ab.

„Nein, nein, hör zu! Ich weiß, dass mein Großvater ab und zu Unsinn quatscht, aber in dieser Sache heult er mir schon seit Jahren die Ohren voll.“

Izaya verengte die Augen.

Seit Jahren…?

„Also weißt du schon länger davon?“

Oshiro grinste frech.

„Tut mir Leid, Ori-chan. Ich wollte so gerne erst deine Geschichte hören, bevor ich dir es erkläre, aber leider hast du mir nicht viel mehr verraten, außer, dass du diesen elektrischen Schock verspürt hast.“

Der Vampir wandte sich zu seinem Bücherregal in der hintersten Ecke, während Izaya ihn mit seinen scharfen Augen verfolgte.

„Das war ein hinterhältiger Versuch, mich auszuquetschen.“, begann Izaya, auch wenn er sich selbst und seine gewählten Worte noch gut unter Kontrolle, vielen Dank auch. „Aber so einfach kann man ein Spiel nicht gegen mich gewinnen.“

„Nur, dass es gar kein Spiel für dich ist, nicht wahr?“

Izayas Augen weiteten sich für einen kleinen Moment, als er verstummte.

Zum Glück war Oshiro plötzlich mehr an dem Bücherregal interessiert, als an seinem langjährigen Kindheitsfreund hinter ihm. Oshiro blätterte in einem dicken Wälzer herum und murmelte leise Worte vor sich hin. Dadurch konnte er Izayas zerknirschten Gesichtsausdruck nicht erkennen.

Was hatte Izaya auch erwartet? Das Yukio Oshiro nicht wissen würde, was er fühlte? Der Informant schnaubte. Hatte er ihn so lange nicht mehr gesehen, dass er schon seine Fähigkeit vergessen hatte?

„Was genau ist passiert, Izaya?“

Oshiros sanft gewordene Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart und als der Informant hoch blickte, schenkte ihm der andere einen mitleidigen Blick. Einen Blick, den er nicht ertragen konnte.

„Kannst du mir nun erklären, was es mit dem elektrischen Schock auf sich hat, oder nicht?“, umging Izaya geschickt die Frage seines Gegenübers, während er eilig hinunter auf sein Handy starrte um damit dem Blick des anderen auszuweichen.

„So funktioniert das nicht, Izaya.“, gab der andere seufzend von sich, „Ich weiß, dass dir etwas auf dem Herzen liegt. Ich kann es spüren.“

Izaya blieb stumm.

Oshiro stellte sich heute als eine der schwierigsten Angelegenheiten heraus, die er seit langem gehabt hatte.

„Na schön. Ich werde dir sagen, was ich sagen kann.“, gab sich Izaya geschlagen.

„Ich habe von jemandem getrunken, von dem ich nicht trinken wollte.“, berichtete er, „und als ob das Ganze nicht schon demütigend genug wäre, konnte ich das Mal nicht entfernen.“

„Du konntest was nicht?“, rief der andere überrascht und wandte sich zum ihm um.

Izaya gab ein bitteres Schnauben von sich.

„Ja, Yukio. Izaya Orihara konnte das Mal nicht entfernen.“, wiederholte er, als ob der andere es nicht verstanden hatte. Erst sah Oshiro so aus, als ob er lachen musste, doch als er Izayas missmutigen Gesichtsausdruck bemerkte, schluckte er die unangebrachte Gestik hinunter.

„Du verarscht mich doch, Ori-chan...“, sagte er dann, doch Oshiro Yukio konnte fühlen, dass Izaya Orihara die Wahrheit sagte.

„Sehe ich so aus, als ob ich gerade scherze, Yukio? Was meinst du, warum ich nun hier bin, wo ich eigentlich ganz andere Dinge erledigen muss?“

Oshiro seufzte.

„Willst du mir damit sagen, dass du auffliegen könntest?“

„Wenn die Bruderschaft es darauf abgesehen hätte, wäre es längst passiert. Sie haben mein Opfer unter ihre Fittiche genommen. Und ich weiß, dass sie einen großflächigen Angriff auf mich planen. Also, Oshiro…sag mir, was du mir dazu sagen kannst. Ich muss es wissen.“

Oshiro schien ebenfalls eingesehen zu haben, dass er verloren hatte. Und dass es dem Informanten ernst war. Nur waren ernste Themen bei ihnen eigentlich selten an der Tagesordnung. Und beide sträubten sich, auf diese Art und Weise zu sprechen. Vor allem Izaya täuschte gerne unbeschwerte Absicht vor, statt direkt zu sagen, dass es ihm ernst war.

„Es gibt ein Gerücht unter den Adligen. Es heißt, wenn man bei einem Menschen das Mahl nicht entfernen kann, hat man seinen perfekten Partner, also seinen Seelenverwandten gefunden.“

Izaya prustete los.

„Haha…! Das ist nicht dein Ernst oder? Oshiro-san, bitte! Haha!“, lachte der schwarzhaarige Mann, während er sich bereits vor Amüsement krümmte. „Seelenverwandten…? Ich glaube selbst Rosi-chan kann mich besser auf den Arm nehmen!“

Izaya wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht.

Also wirklich…

Den perfekten Partner?

Sowas gab es bei Vampiren nicht. Und schon gar nicht zwischen Mensch und Vampir.

Und das würde ja bedeuten, Shizuo und er wären…

Nie und nimmer!

„Ich meine es ernst, Izaya.“

Oshiros ruhige Stimme war Grund genug, dass Izaya aufhörte zu grinsen.

„Shuu-san soll etwas Ähnliches passiert sein, jedoch konnte ich ihn nicht mehr persönlich fragen.“, erklärte Oshiro und verstummte, als er an den Tod seines Cousins denken musste.

Izaya verengte die Augen.

Shuu Omori starb von einen auf den anderen Tag. Auf unerklärte Weise.

Nur die engsten Familienmitglieder – zu denen Oshiro Yukio leider nicht zählte – wusste den Grund.

Wenn also Oshiro über den Tod seines Cousins sprechen konnte, schien es ihm wirklich ernst zu sein.

„Etwas Ähnliches passiert…? Welche Auswirkungen hat es auf mich?“, hinterfragte Izaya.

Oshiro blinzelte, bevor er überlegend die Hand ans Kinn nahm.

„Die genauen Auswirkungen kenne ich nicht. Aber wenn ich jetzt an jeden einzelnen kitschigen Film denke, dann würde ich glatt behaupten, dass du ab sofort mit deinem Opfer auf ewig verbunden bist.“

Verbunden?

Izaya konnte nicht glauben, was für einen Quatsch er da hörte.

Er und verbunden?

Mit Shizuo Heiwajima?

„Oshiro-san…das kann und darf nicht wahr sein. Ich weigere mich, das zu akzeptieren.“

Izayas Augen waren immer noch geweitet, als er darüber nachdachte.

Nur weil er das Monster gebissen und etwas Blut getrunken hatte, waren sie nun verbunden? Wie viele Menschen hatte er in seinem Leben schon gebissen? So viele, dass er sie nicht mehr alle namentlich nennen könnte. Und nun soll ausgerechnet Shizuo Heiwajima sein perfekter Partner sein? Sein Seelenverwandter? Das war doch alles ein schlechter Scherz.

„Wer ist eigentlich dein Opfer, dass du so verzweifelt bist, mit ihm verbunden zu sein?“

Der Informant verzog das Gesicht, als er hörte, wie Oshiro immer noch ernst blieb.

Lachen sollte er! Er sollte ihm sagen, dass er Izaya nur auf den Arm nahm. Dass das alles nur ein großer Scherz war. Doch der andere lachte nicht.

„Vielen Dank für deine Auskunft, Oshiro-san. Ich weiß es zu schätzen.“, sagte Izaya sachlich, bevor er sich abwandte und in Richtung Tür marschierte.

„Hey, Izaya!“, rief der andere mit lauter Stimme, als der Informant seine Frage gekonnt ignoriert hatte. „Glaubst du echt, du kommst da ohne Hilfe wieder raus? Dass du nun vielleicht einen Seelenverwandten hast, ist nur die erste Hälfte. Die zweite Hälfte ist die verdammte Bruderschaft. Und wir wissen beide, dass sie nicht lange zögern werden, um uns auszumerzen!“

Izaya wandte den Kopf nach hinten um Oshiro anzublicken.

Oshiros Blick wurde sanfter.

„Izaya…du weißt, die Familie Oshiro wird dich unterstützen, falls es zu einem Kampf kommen wird. Vergiss das nicht.“

„Danke, Yukio.“, gab er von sich, bevor er sich endgültig abwandte und die Villa in einem eiligen Schritt verließ. Oshiro ließ ihn gehen und wusste, dass er Izaya Orihara nicht aufhalten konnte, wenn er wirklich gehen wollte.

Izaya hetzte schon beinahe ungeduldig aus dem Gebäude, während er einen zerknirschten Gesichtsausdruck hatte.

Das durfte nicht wahr sein!

Das konnte einfach nicht sein!

Izaya fuhr sich schroff durchs Haar, als er gerade durch das Tor hinaus marschierte. Carlo blickte ihn mit gerunzelter Stirn an, doch das sah er gar nicht.

Nein.

Es war einfach nur eine besondere Blutgruppe.

Bestimmt.

Ja, natürlich!

Vielleicht lag es im Familien Gen?

Vielleicht hatte er dasselbe Ergebnis, wenn er von Shizuos Bruder Kasuka trinken würde? Dann konnte er sich sicher sein, dass Shizuo Heiwajima definitiv kein Seelenverwandter war, sondern einfach nur leckeres Blut in sich trug. Izaya zog sich eine Kapuze über, als er durch den Regen zurück durch den Wald lief. Dann sollte er seine Theorie schnell testen, bevor die Bruderschaft ihren Angriff startete.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nach ewigen Zeiten gibt es nun von mir ein neues Kapitel. Habe sehr sehr lange in einem KreaTief fest gesessen und habe es nun endlich hinaus geschafft. Haltet durch ihr Lieben, der Slow Burn vergeht langsam aber sicher, denn bald wird es spannend. Feedback is <3
Danke für's Lesen. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Manulu420
2019-07-19T08:04:54+00:00 19.07.2019 10:04
Ich bin eben erst auf deine Geschichte gestoßen und finde es wirklich schade, dass das letzte Update so lange her ist. Ich würde mich wirklich sehr über neue Kapitel freuen, da ich finde, du hast Talent.
LG
Antwort von: minowari
19.07.2019 20:12
Hi! Das freut mich wirklich zu hören! Danke ♥
Das letzte Update ist wirklich lange her...ein Jahr oder so? (Schande über mich). Ich hatte ein wirkliches KreaTief in den letzten Monaten. Aber ich habe in letzter Zeit oft über diese Geschichte nachgedacht und dass ich sie auf keinen Fall unbeendet lassen kann. Also habe ich mich vor ein paar Tagen wieder dran gesetzt. Das nächste Kapitel ist schon fast fertig geschrieben. Ich bin in letzter Zeit sehr inspiriert und versuche dies so gut und so schnell es geht umzusetzen! Ich hoffe, du bleibst mir bis dahin treu!
LG ♥


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