Eine erbarmungslose Entscheidung von Sharry ================================================================================ Kapitel 4: Kapitel 2 - Blickwinkel ---------------------------------- Kapitel 2 – Blickwinkel   -Mihawk- Nachdenklich schaltete er seine Schreibtischlampe an und aus, gelangweilt von seinem derzeitigen Gesprächspartner, das leise Klicken beinahe interessanter als die Unterhaltung. Vor einigen Sekunden hatte er endlich den erwarteten Rückruf aus Mary Joa erhalten und regelten nun die nötigen Formalitäten, aber eigentlich beschäftigte er sich mit ganz anderen Dingen. Er hatte nicht erwartet, dass dieser Tag so verlaufen würde und es passierte äußerst selten, dass er mit seinen Erwartungen daneben lag. Lorenors gereizte Stimmung war nachvollziehbar, nicht angenehm, aber nachvollziehbar und wer war er denn, wenn er sich von den Stimmungsschwankungen eines unerzogenen Jungspunds beeinflussen ließ? Trotzdem verwirrte es ihn, dass der andere nicht zu seiner Crew hatte zurückkehren wollen. Schließlich war das doch der Plan gewesen. Schließlich hatten sie auf nichts anderes im letzten Monat hingearbeitet. Dulacre konnte nicht leugnen, dass diese ungeplante Überraschung ihn nicht gerade traurig stimmte und doch konnte er auch nicht leugnen, dass Lorenors Abschied von der Crew ihn berührt hatte. Den Schmerz die eigenen Freunde anlügen zu müssen und sie alleine ziehen zu lassen, konnte er gut nachvollziehen. Lorenor tat ihm leid. Ganz schön weich war er geworden. Das war auch das Problem. Grundsätzlich war er sehr gut daran, fremder Leute Gefühle und Beweggründe zu erahnen und zu ergründen. Aber Lorenor hatte ihn von Anfang an immer wieder überrascht, hatte sich immer wieder anders verhalten als er es einkalkuliert hatte und je besser er den anderen kennen lernte, desto schlechter konnte er ihn einschätzen. Allerdings schien sich so langsam die unerwünschte Vermutung zu bestätigen, dass dieses Problem nicht an der Unberechenbarkeit des Jungspunds lag – denn jedermanns Handlungen waren vorhersehbar, selbst die seinen – sondern an Dulacre selbst, an ihm und seiner Beziehung zu dem anderen. Der Samurai seufzte und antwortete auf belanglose Fragen des Beamten. Doch obwohl es ihn in gewisser Weise erfreut hatte, dass der Jüngere ihn darum gebeten hatte, ihn noch etwas länger zu trainieren, noch etwas länger auf ihn aufzupassen, so kam er nicht drum hin sich zu wundern, warum der andere so entschieden hatte. Und weil du mich siehst. Was für eine seltsame Begründung. Was genau meinte Lorenor damit? „Sehen…“ „Entschuldigung, wie bitte?“ Verwirrt stellte der Schwarzhaarige fest, dass er soeben laut gedacht hatte und der Angestellte an der anderen Seite der Leitung sich angesprochen fühlte. „Möchten Sie für Lady Loreen eine Übertragungsschnecke installieren lassen, damit sie den Sender der Marine empfangen kann?“ Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sich noch in einem Gespräch befand. „Natürlich“, antwortete er knapp, „mein Gast möchte selbstredend über alle Vorkommnisse in der Welt informiert werden.“ Sein Gesprächspartner stimmte ihm zu und versicherte ihm, sich um alles zu kümmern. Er ging nicht weiter darauf ein sondern griff das nächste Thema auf. Seine Gedanken entfernten sich jedoch bereits wieder. Lorenor konnte unmöglich die Fähigkeit des sehen gemeint haben, oder? Nein, es musste um etwas persönliches gehen, einen Grund, warum der andere hier geblieben war. Wenn es ihm egal wäre ob er sich je wieder in seinen ursprünglichen Körper zurückverwandeln würde, warum war er dann nicht zu seinen Freunden zurückgekehrt? Hatte es an etwas gelegen, was er gesagt hatte oder waren Lorenors Freunde dafür verantwortlich? Weil du mich siehst. Es war also ganz offensichtlich, dass er den Jüngeren sehen konnte, anders also als dessen Freunde. „Ach so“, murmelte er, als er schließlich verstand. Heute brauchte er ungewöhnlich lange für Dinge die so offensichtlich waren. „Ja, natürlich Herr Mihawk“, antwortete der Mitarbeiter, der Dulacres inneren Gedankenverlauf nicht einmal erahnen konnte, „wenn Sie wünschen werden wir Ihnen das natürlich auch erfüllen.“ Wieder ärgerte er sich über sich selbst, dass er nicht aufgepasst hatte. „Nein danke, das wird nicht nötig sein“, entgegnete er und ließ sich wenige Sekunden später mit Vizeadmiral Kranich verbinden, die den bevorstehenden Kriegsrat organisierte. Er war falsch an die Sache herangegangen. Da er Lorenor die Fähigkeit des Sehens beigebracht hatte, was bedeutete, dass der Anwender in der Lage war die Bewegungen eines anderen zu erkennen und vorherzusehen, war er davon ausgegangen, dass der andere sich in irgendeiner Form darauf bezogen hatte. Was es mit dieser Fähigkeit wirklich auf sich hatte, hatte er dem Jüngeren natürlich vorbehalten, dazu würden sie noch früh genug kommen. Deswegen hatte er geglaubt, dass sein Wildfang sich darauf bezogen hatte, den wahren Hintergrund vielleicht herausgefunden hatte. Aber er hatte sich geirrt. Vielleicht war es Lorenor überhaupt nicht um die Stärke seiner Crew gegangen, vielleicht noch nicht einmal darum, ob sie ihn als Loreen beschützen konnten. Vielleicht hatte er etwas anderes gemeint, etwas, das für Dulacre so selbstverständlich war, dass er es gar nicht in Betracht gezogen hatte. Lorenor war ein stolzer Mann und in gewisser Form auch eitel. Er hatte sich strenge Regeln auferlegt um der Mensch zu werden der er sein wollte, aber auch um sicherzugehen, dass das Selbstbild welches er von sich hatte der Wahrheit entsprach. Dulacre verstand diese Ansicht, ihm ging es in vielerlei Hinsicht ähnlich und daher konnte er nachvollziehen wie wichtig es dem anderen sein musste, an diesem Selbstbild festzuhalten. Es war Lorenor wichtig seinem Selbstbild gerecht zu werden. Doch seine neue Gestalt wollte natürlich überhaupt nicht dazu passen. Die liebliche Lady Loreen, die von jedem gemocht und bewundert wurde, die beschützt und erobert werden musste, die sanft und gütig war, all diese Dinge passten nicht zu seinem Selbstbild. All die Dinge, die über Lady Loreen erzählt wurden, waren nicht Lorenors Eigenschaften und natürlich war auch Lorenor mittlerweile aufgefallen, dass er als Loreen diese unerklärliche Gabe hatte das Vertrauen fremder Menschen zu erlangen unbeachtlich seiner Worte und Taten. Aber bei Dulacre schien diese Fähigkeit nicht zu funktionieren. Für ihn war Lorenor nun mal Lorenor, ganz gleich welche Gestalt er annahm oder wie sehr er sich veränderte. Und genau das hatte der andere wohl gemeint, musste der andere gemeint haben. Er konnte ihn sehen. „Sie scheinen heute sehr abwesend zu sein, Falkenauge.“ Langsam hob er den Kopf und sah seine alte Teleschnecke an. „Was lässt Sie das glauben, Kranich?“ Die alte Frau lachte leise. „Ihre Sorge um Lady Loreen steht über allem, nicht wahr?“, entgegnete sie anstatt zu antworten. „Ich nehme meine Aufgaben gewissenhaft war, das sollten Ihnen doch bewusst sein?“ „Ach, wirklich?“, erwiderte sie mit gespielter Verwunderung. „Das wäre mir neu.“ „Lassen Sie uns bitte zum Wesentlichen zurückkehren. Diese Plauderei ist reine Zeitverschwendung.“ „Das hingegen klingt schon viel eher nach Ihnen.“ Sie setzten ihr Gespräch fort. Doch noch immer waren seine Gedanken bei seinem Wildfang. Bedeutete das also, dass Lorenor nicht bei seiner Crew geblieben war weil er glaubte, dass sie ihn nicht sehen konnten? Weil er glaubte, dass sie ihn nicht verstehen konnten oder weil er ihnen nicht vertrauen konnte? Oder interpretierte Dulacre zu viel in seine Worte hinein? Ging es vielleicht doch um etwas ganz anderes? Ah, warum viel es ihm so schwer Lorenors Beweggründe auszumachen? „Möchten Sie darüber hinaus, dass ich eine Garde zum Schutz Ihrer Begleitung abstelle?“ Er hob eine Augenbraue. Nutzlose, schwache Marinesoldaten sollten Lorenor bewachen? Das sollte doch wohl ein Witz sein. „Nein, das wird nicht nötig sein. Ich gehe nicht davon aus, dass meinem Gast im Heiligen Land irgendeine Gefahr droht oder sehen Sie das anders?“ Es klopfte an der Tür und eben genannter Jungspund steckte den Kopf hinein. Der Schwarzhaarige bedeutete dem anderen hereinzukommen, sehr verwundert darüber, dass der Jüngere sogar angeklopft hatte. Seit wann wusste Lorenor was Manieren waren? „Nun ja, wenn ich ganz ehrlich sein soll kann ich nicht ganz nachvollziehen, warum Sie ein wehrloses Mädchen in ein Kriegsgebiet mitnehmen wollen.“ Kranich klang ehrlich besorgt aber auch ein bisschen herablassend. „Mary Joa wird nicht umsonst evakuiert. Es ist zu nah am Marine Ford.“. Lorenor lehnte sich an den Schreibtisch und sah ihn mit ernsten Augen an, sagte jedoch kein Wort. „Ihre Sorge ehrt Sie, Kranich, aber meiner Ansicht nach bin ich ausreichend in der Lage für das Wohl meiner Begleitung zu sorgen“, entgegnete er kühl und betrachtete seinen Wildfang. Der verzauberte Pirat trug ein übergroßes T-Shirt mit Blumenaufdruck und dazu eine weite Hose. Sein langes Haar hatte er einfach offen gelassen und wild stand es in alle Richtungen ab. Er konnte ihn also sehen? „Oh, bei aller Bescheidenheit Falkenauge, das mag vielleicht für die nächsten Tage gelten. Aber was ist, wenn der Kampf beginnt? Halten Sie es nicht für sinnvoll einige Männer zum Schutz der jungen Dame abzustellen, während Sie selbst auf dem Schlachtfeld sind?“ Einen kurzen Moment wechselte er Augenkontakt mit dem Grünhaarigen, der das Gespräch still verfolgte, eine Augenbraue zweifelnd angehoben. „Ich glaube kaum, dass der Sitz der Weltregierung im Zuge des Krieges gestürmt werden wird. Es sei denn der Feind ist tatsächlich in der Lage uns alle zu besiegen und sollte das der Fall sein gehe ich nicht davon aus, dass ein paar Soldaten des niederen Fußvolkes dazu geeignet sind meinen Gast zu beschützen.“ Einen Moment war die Frau auf der anderen Seite der Leitung ruhig, als sie dann aber sprach war es deutlich, dass Sie die Geduld verlor. „Also noch einmal, Falkenauge. Ich halte es für unbesonnen und naiv, wenn Sie ein Kind mit zum Schauplatz eines Krieges bringen und rate Ihnen dringend davon ab. Lady Loreen mag eine unterhaltsame Spielgefährtin für Sie sein aber aufmerksamkeitssuchende Modepüppchen haben in einem Krisengebiet nichts zu suchen.“ Mihawk konnte ein Grinsen nicht verhindern. Kranich war eine kluge Frau, weise durch ihr Alter und fähig im Kampf, aber Jahre in einer von Männern beherrschten Verwaltung hatten sie herablassend gegenüber Frauen werden lassen, die nicht versuchten sich in jener Männerwelt zu behaupten. Er war drauf und dran etwas zu erwidern, aber es schien als wollte Lorenor die Sache selbst in die Hand nehmen. Entrüstet räusperte sein Wildfang sich, die Lippen geschürzt. Ganz offensichtlich wollte der Jüngere solche Anschuldigung nicht auf sich sitzen lassen. Die Augen der Teleschnecke weiteten sich überrascht. „Sie glauben also wirklich, dass ich meine eigene Sicherheit nur für ein paar Fotos in der Zeitung aufs Spiel setzen würde? Werfen Sie mir wirklich vor bedeutsame Weltgeschehnisse als Ausrede zu benutzen um nach Mary Joa reisen zu können, zu einem Zeitpunkt wo selbst die Weltaristokraten von dort evakuiert werden?“ Oh, der andere schaffte es immer wieder ihn zu verblüffen. Meist war der Jungspund zu ungalant für solch taktische Raffinessen, stolperte oft unbeholfen mit der Tür ins Haus oder war zu direkt für strategische Winkelzüge. Aber gerade hatte er trotz seines angeknackste Egos die richtigen Worte gefunden. „Lady Loreen“, begrüßte Kranich den verheimlichten Piraten ohne auch nur mit einem leisen Zögern in der Stimme. „Keineswegs Werteste, allerdings müssen Sie mir nachsehen, dass ich kein Verständnis dafür habe, warum eine Zivilistin wie Sie im Angesicht eines Krieges nach Mary Joa kommen möchte und dann auch noch so kurzfristig angekündigt. Wir sind hier nicht das Bürgerbüro. Es kann nicht jeder kommen und gehen wie er lustig ist. Selbst wenn Sie vor Ort sind werden Sie zu keiner Versammlung zugelassen werden und können natürlich nicht mit zum Marine Ford. Wieso also nehmen Sie solche Strapazen auf sich und gefährden Ihre eigene Sicherheit?“ Er beobachtete Lorenor, beobachtete ob er eingreifen musste, schließlich war Kranich eine erfahrene Strategin, aber wieder einmal überraschte ihn Lorenor. Das verzauberte Mädchen seufzte und rollte mit den Augen. Dulacre war sich nicht sicher, ob der andere überhaupt bemerkte, sein Seufzer war bereits genug um jeglichen Widerstand zu brechen. „Sie haben Recht, für einen Zivilisten ist der Schauplatz eines Kampfes wohl nichts.“ Lorenors unbedacht sanfte Stimme ließ Kranich wehrlos. „Aber ein Krieg geht uns alle an und ich werde nicht meine Augen verschließen während tausende tapfere Männer und Frauen ihr Leben für unsere Sicherheit riskieren. Außerdem brauche ich doch keine Angst zu haben, oder? Selbst wenn der Krieg fatale Folgen haben sollte, so muss Mary Joa doch nichts befürchten, oder etwa doch? Schließlich ist die Marine doch der Hüter der Gerechtigkeit und wird siegen, nicht wahr?“ Lorenor mochte drohend wirken wollen, aber Loreens Stimme schaffte es die ernsten Worte des verzauberten Piraten wie naive Ehrlichkeit ohne jeglichen bösen Willen klingen zu lassen, ob er das überhaupt beabsichtigt hatte? Selbst Dulacre drohte auf ihn hereinzufallen und das, obwohl er den ernsten Blick sah, genau wusste wer der andere war. „Natürlich wird die Marine siegen“, entgegnete Kranich einen Atemzug zu schnell. „Nun gut, entgegen meiner Bedenken werde ich mich Ihrer Bitte fügen, Falkenauge, und freue mich darauf Sie morgen offiziell in Mary Joa begrüßen zu dürfen, Lady Loreen. Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen würden, ich habe einiges zu tun.“ Die beiden Schwertkämpfer hatten noch nicht einmal die Gelegenheit etwas zu erwidern. Mit einem leisen Gotcha war die Verbindung unterbrochen. Der Samurai konnte ein Schmunzeln nicht verhindern: „Das war wirklich gut, Lorenor. Du wirst wirklich immer besser, selbst ich wollte dir glauben.“ „Also warum willst du in Wirklichkeit, dass ich mit nach Mary Joa komme?“ Der harte Kontrast ihrer Stimmen überraschte ihn. Er war gelassen und erheitert, der Jüngling hingegen klang hart und kontrolliert. Ach ja, Dulacre hatte beinahe schon vergessen, dass da noch eine Anspannung zwischen ihnen herrschte. Worüber hatten sie noch einmal gestritten? „Dann eben so“, entgegnete er und wurde ernst. „Es ist offensichtlich, dass Eizen ein erhöhtes Interesse an Lady Loreen hat und ob es dir gefällt oder nicht, aber ich halte es für sinnvoller wenn du in meiner unmittelbaren Nähe bleibst.“ „Also soll ich nach Mary Joa kommen, damit du mich unter Kontrolle hast?“ Manchmal vergaß er, wie direkt der andere sein konnte und ganz Unrecht hatte der Jüngere nun mal auch nicht. Kopfschüttelnd versuchte er das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken. Lorenor war immer noch gereizt und das Thema verlangte einen kühlen Kopf. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand dich unter Kontrolle halten könnte. Es ist wohl eher so, dass ich sicher gehen möchte, dass Eizen nicht einfach seine Handlanger nach dir schickt. Er wird es nicht wagen, solange ich dir nahe bin.“ Ihr Schutz über diese Inseln und Ihr Schutz über Lady Loreen reichen nur so weit. Vergessen Sie das nicht. EEjEr hatte Eizens Worte nicht vergessen. Diese Drohung war keine die er unterschätzen würde. Allerdings war das nicht sein einziger Grund. Lorenors Abneigung gegenüber der Anwendung von Haki hatte immer noch sein Interesse geweckt und er hoffte, dass der andere die Notwendigkeit dieser Fähigkeit aktzeptieren würde, wenn er sehen würde wie die Mächtigen der Welt kämpfen konnten. Doch der andere zuckte nur mit den Achseln. „Eizen ist mir egal“, wiederholte er die Worte, die er schon bei ihrer Heimkehr gesagt hatte. „Und ich halte das für eine sehr einfältige Haltung.“ Lorenor sah ihn direkt an. Wiedermal erschreckte es ihn wie einfach der andere seinem Blick standhalten konnte. Er hatte sich beinahe daran gewöhnt, aber nach den heutigen Vorfällen wurde es ihm wieder bewusst. Es war ungewohnt für ihn, dass jemand seinen Augenkontakt suchte. „Ich bin nicht dumm, kapiert? Warum sollte ich mich mit irgendeinem dahergelaufenen Politiker befassen, wenn der mir eh nichts kann? Ich hab wichtigeres zu tun.“ Überrascht betrachtete Dulacre den Jüngeren, der herablassend weitersprach: „Eizens Macht kommt daher, dass er Leute unter Druck setzen kann. Er findet heraus was den Menschen wichtig ist und setzt es gegen sie ein. Selbst jemanden wie dich kann er damit kontrollieren. Denn er kennt deine Schwachpunkte, dein Titel, diese Inseln, mich.“ Lorenor war zu ernst, als dass er Dulacre auf den Arm nehmen wollte. Auch wenn es Dulacre nicht bewusst war, dass seine Fürsorge wirklich so offensichtlich war, so sagte Lorenor es gerade nicht um ihn aufzuziehen. Nachdenklich verschränkte der Samurai die Arme. „Und dich kann er nicht unter Druck setzen?“, fragte er und verwarf seine Gedankengänge. Der andere schüttelte leicht den Kopf, sah nun jedoch zum Fenster hinaus. „Nein, natürlich nicht. Womit denn auch? Er weiß nichts über mich. Alles was er weiß ist meine Verbindung zu dir. Aber egal was er von mir haben will, Lady Loreen kann nie im Leben wichtig genug sein um einen Vertrag zwischen einem Samurai und den fünf Weisen zu bedrohen und daher hat er nichts gegen mich in der Hand.“ „Denn das einzige mit dem er dich wirklich unter Druck setzen könnte wäre wohl deine Crew, nicht wahr?“ Der andere nickte nur. „Gar nicht schlecht, Lorenor. Du beeindruckst mich heute, wirklich. Auch deine Schlagfertigkeit Kranich gegenüber war erfrischend. Lady Loreen betrachtet besorgt das Weltgeschehen, die Presse wird begeistert sein.“ „Das war nicht gespielt“, murrte der andere schlecht gelaunt. „Du meintest ernst was du gesagt hast?“ „Der Krieg geht uns alle an. Du hast doch selber gesagt, dass die Welt danach nicht mehr die gleiche sein wird. Ich wäre dumm hierzubleiben, wenn ich doch aus der ersten Reihe zusehen kann. Außerdem…“ Der andere verstummte und strich sich eine störende Strähne weg. „Außerdem was?“, fragte er aufmerksam. Langsam stand er auf und ging um den Schreibtisch herum. Es hatte ihn überrascht, dass der andere bei ihm bleiben wollte, wo er doch endlich wieder bei seiner Crew gewesen war. Er war darauf nicht vorbereitet gewesen und es hatte ihn… es hatte ihn verunsichert. Er hatte nicht gewusst wie er mit Lorenor umgehen sollte. Dulacre war damals nicht so ruhig gewesen. Nein falsch, er war viel ruhiger gewesen. Er erinnerte sich an den Moment, als sie Jiroushin und Egan aus Impel Down entlassen hatten. Erinnerte sich daran, wie sein Vize und sein Schiffarzt auf ihn zu gekommen waren. Er hatte gewusst, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, hatte nicht eine Sekunde daran gezweifelt und doch hatte es sich falsch angefühlt. Er hatte damals den Respekt vor sich selbst verloren, hatte sich selbst enttäuscht, hatte Jahre gebraucht um aus diesem Tief herauszukommen. Es war nicht leicht, die eigenen Prinzipien zu verraten, selbst wenn es aus den richtigen Gründen geschah. Er war unsicher gewesen, warum Lorenor sich für diesen Weg entschieden hatte, aber er vermutete, dass es dem Piraten ähnlich ging wie ihm damals. Wenn er das bedachte, reagierte der Jungspund sehr moderat. Der andere nahm es deutlich besser an als Mihawk es selbst wohl akzeptiert hätte. Nachdenklich betrachtete er den Steckbrief des Jüngeren. „Außerdem“, sprach der andere nach einer Ewigkeit endlich weiter, „will ich wissen wie groß die Kluft ist.“ Der Ältere hob eine Augenbraue, drehte sich jedoch nicht um. „Was für eine Kluft?“, fragte er ruhig. Er sollte sich wirklich dran gewöhnen, dass er den anderen immer wieder unterschätzte. „Die Kluft zwischen dir und mir?“, hakte er nach. „Die auch“, murmelte Lorenor ruhig und der Samurai konnte hören wie der andere durch den Raum ging. Der Grünhaarige blieb neben ihm stehen. „Ich will wissen wie stark die Stärksten sind. Ich will wissen wie die Stärksten kämpfen und… und ob wir uns überschätzen.“ Überrascht sah Mihawk zum Jüngeren hinab. Dieser sah ebenfalls seinen Steckbrief an, dieses kindliche Gesicht viel zu ernst für die liebevolle Lady Loreen. Der Samurai entgegnete nichts. „Sag mal“, murmelte Lorenor nach einer Weile, doch was auch immer er sagen wollte, der Jüngere sprach nicht weiter und auch Dulacre sagte nichts. Sie schwiegen, immer wieder holte der andere Luft und setzte an zu reden, doch kein Wort kam heraus. Schließlich seufzte der verzauberte Pirat. „Wird es irgendwann besser?“, fragte Lorenor obwohl er offensichtlich etwas anderes fragen wollte. Doch Mihawk wusste, was der Jüngere meinte, glaubte ihn besser zu verstehen als je zuvor. Er nickte: „Ja, wenn du zurückkehrst.“ Lorenor starrte ihn an, doch er wandte sich ab und ging zurück zum Schreibtisch um seine Teleschnecke wegzuräumen. Der Samurai wusste was der andere in Wirklichkeit hatte fragen wollen und ja er wusste die Antwort darauf, hatte schließlich selbst diese Erfahrung gemacht. Doch über seine Vergangenheit wollte er nicht nachdenken. „Allerdings bin ich doch leicht verwundert“, lenkte er das Thema deshalb in bessere Bahnen und fort von diesen Erinnerungen. „Ich wunder mich, wie all das hier dir helfen soll, wieder deinen ursprünglichen Körper zu erhalten. Ich dachte, du würdest dich wieder zurückverwandeln.“ Der andere reagierte nicht. Lorenor hatte ihm damals erklärt, dass er ihn in die Details seines Fluches nicht einweihen konnte und der Samurai hatte es widerwillig hingenommen. „Sag mir nur ob es dich weiter gebracht hat.“ Mihawk sah auf und traf auf diesen klaren Blick des Jüngeren. „Ja.“ „Dann höre auf deine Entscheidung zu bereuen. Du würdest doch nie etwas tun, was du bereuen könntest. Das sagtest du doch, oder?“ Er grinste über die Überraschung des anderen.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)