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Nicht Zu Spät

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Also gut, Freunde. Nun befinden wir uns eindeutig hinter der Fünfzig Prozentmarke, Das ist mit ein Grund, wieso ich dieses Kapitel noch fertig stellen wollte, bevor ich morgen wieder arbeiten gehe und es mit den schnellen Uploads erst einmal vorbei ist.
Übrigens wollte ich immer mal erwähnt haben, dass ich mir Hyrule sehr stark besiedelt vorstelle. Weswegen Link und Zelda in so vielen Gasthäusern absteigen können. Manche decken sich mit Stellen, an denen später die Stelle stehen. Und natürlich mit den Siedlungsruinen. Aber nicht immer. Dann war das künstlerische Freiheit :)
Es gibt keine Erinnerungen in diesem Kapitel, nur Tagebucheintrag #5. Mit dem ich wirklich absolut unglücklich bin. Die englische Version ist so viel wunderbarer. Und passender. Gerade zu dem Kapitel und wie ich die Sache sehe, aber ich kann ja nicht eine komplett unauthorisierte Übersetzung starten, hier. Ein paar Sätze hier und dort, damit kann ich mich arrangieren. Aber mehrere Absätze? Also habe ich versucht es ein wenig zu erklären. Nicht sehr elegant. Aber naja. Wer des Englischen einigermaßen mächtig ist, kann sich diesen Tagebucheintrag gern mal durchlesen (Youtube). Dann werdet ihr wissen, was ich meine. Wie immer danke ich euch unendlich, für eure lieben Worte. Viel Spaß :) Komplett anzeigen

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Kapitel 8

Die Yiga.

 

Die Erinnerung an den vorherigen Tag lähmte Zelda, als die ersten Strahlen der Morgensonne sie am nächsten Tag weckten. Sanfte Wärme strich ihr über die Stirn, erhellte die Dunkelheit hinter ihren Lidern und langsam öffnete sie die Augen.

Staub und feiner Sand wirbelten in dem Mosaik aus Licht, das in den Raum hinein fiel. Zelda drehte leicht den Kopf und starrte auf die Wand aus hellem Sandstein. Beobachtete das Muster der Sonnenstrahlen, die langsam, oh so langsam, größer wurde. Sich geruhsam, aber stetig ausbreitete.

Ihre Hand, neben ihrem Kopf ausgestreckt, bewegte sich bedächtig über die samtigen Kissen, kam in ihrem Blickfeld zum Liegen. Eine Trägheit erfüllte Zeldas Knochen und nur langsam fand sie aus ihren Träumen in die Realität zurück.

Erinnerte sich daran, was gestern geschehen war.

Fühlte die Angst, die Erleichterung, die Verwirrung.

 

Link.

Er hatte sie gerettet.

Auch wenn ihr Liegen hier der lebende Beweis war – im wahrsten Sinne des Wortes lebend – konnte sie es immer noch nicht ganz greifen.

 

Unwillkürlich begann Zelda, zu beten. Ohne ihre weiße Robe. Ohne gefaltete Hände. Ohne respektvolle Haltung auf den Knien.

Hier, in dem beginnenden Morgen, in der Stille der sterbenden Nacht, betete Zelda mit einer Inbrunst, die sie selten gefühlt hatte.

 

Hylia. Ich danke dir. In größter Not hast du mir einen Retter geschickt. Ich lebe. Seinetwegen. Deinetwegen. Ich bin dir doch nicht egal. Ich schwöre dir, ich werde nicht aufgeben. Ich habe verstanden. Ich bin deine Dienerin. Und ich werde dienen. Wenn du mich lässt.

 

Langsam, ganz langsam richtete Zelda sich auf. Sie befand sich in einer kleinen Nebenkammer von Urbosas Schlafgemach. Ein Raum, der vielleicht für ein Kind, die Thronfolgerin angelegt war. Urbosa mit einem Kind. Der Gedanke war gleichzeitig schön und unendlich traurig. Wann würde das Schicksal dieser wunderbaren Frau Raum für das eigene Leben geben. Existierte überhaupt ein Mann, ein Vooi, der ihrer würdig wäre?

Kurz flackerte Link in Zeldas Gedanken auf. Erschrocken verscheuchte sie das Bild. Davon abgesehen, dass ihr Leibwächter viel zu jung für eine Frau wie Urbosa war, verstörte es Zelda zutiefst Link mit Heirat und … Frauen in Zusammenhang zu bringen.

Zelda hatte immer noch Schwierigkeiten den Link vom gestrigen Tag mit dem in Einklang zu bringen, der sich ihr in den letzten zwei Monaten gezeigt hatte. Den sie ihn ihm gesehen hatte. Und nun dachte sie an … so etwas. Zelda schüttelte sich.

 

„Oh“, machte eine Stimme hinter ihr und Zelda drehte sich herum. Eine junge Gerudo stand im Eingang, hielt den Vorhang hoch, der dort hing und für Privatsphäre sorgte. Sie war kleiner als die ausgewachsenen Frauen der Wüste, aber deutlich älter als die Kinder, die am Nachmittag in den Wasserbecken auf den großen Platz planschten.

Zelda schätzte sie intuitiv auf ein paar Jahre jünger als sich selbst. Eine rote Haarpracht, Urbosas nicht ganz unähnlich, floss ihr ungebändigt über die Schulter. Wie fast alle Gerudo besaß sie eine wilde, kraftvolle Schönheit, um die Zelda sie augenblicklich beneidete.

Dennoch lächelte sie zur Begrüßung und legte die Hände in den Schoß, auf die Decke, die sich dort zu einem kleinen Berg faltete.

„Ich wusste nicht, dass Ihr schon wach seid. Königin Urbosa meinte, dass ihr länger schlafen würdet“, sprudelte das Mädchen hervor, stoppte dann abrupt, als würde sie sich bremsen müssen.

Zeldas Lächeln wurde breiter. „Das ist schon in Ordnung ...“ Sie hob ihre Stimme an Ende des Satzes. „Rijuuna“, antwortete die Gerudo auf die implizierte Frage. Der Vorhang klimperte in seiner Aufhängung, als sie ihn noch fester griff. „Ich bin die Tochter der Kommandantin, ich helfe bei Angelegenheiten der Krone.“

Zelda nickte. „Also, Rijuuna, was führt dich hierher, wenn du mich nicht wecken sollst.“

„Eure Kleidung“, antwortete das Mädchen. Sie blinzelte ein wenig durch den Raum, wahrscheinlich auf der Suche nach Besagten.

„Oh“, meinte Zelda und drehte den Kopf, zu Hose und Tunika, die neben ihr auf einem unglücklichen Haufen lagen.

„Ich soll sie zur Reinigung bringen lassen“, meinte Rijuuna. Ihre Finger bewegten sich rhythmisch in dem Stoff.

Zelda lächelte. „Das ist sehr freundlich von dir.“

Das schien das Mädchen zu beruhigen, denn sie ließ den malträtierten Vorhang sinken und kam vorsichtig näher.

„Was meinst du, wie lange wird das dauern?“

Rijuuna hatte sich nach den Kleidungsstücken gebückt. Sie folgte Zeldas Blick. „Oh“, meinte sie. „Eine Weile“, sagte sie mit tiefer Überzeugung. Zelda seufze. Tunika und Hose waren ziemlich verdreckt. Von ihren Handschuhen nicht zu sprechen.

„Nicht, dass es keine schönen Stücke sind, Euer Hoheit. Sie sind von ausgesprochen feiner Qualität. Und garantiert tragt Ihr keine Schuld an ihrem Zustand“, beeilte sich Rijuuna zu sagen. Sie macht Anstalten die Kleidung hinter ihrem Rücken zu verstecken. Mit großen Augen blinzelte zu Zelda hinunter. Wie ein aufgeschrecktes Reh.

Zelda begann zu lachen. Es tat ein wenig weh. Anscheinend hatte die Entspannung des Schlafes doch einige Wehwehchen aufgedeckt, die die Nachbeben des gestrigen Schreckens am Vorabend verborgen hatten. Aber das hielt sie nicht davon ab, sich über Rijuunas sympathische Aufregung zu amüsieren.

„Es ist nicht nötig, so diplomatisch zu sein. Sag es geradeheraus: sie sind abscheulich dreckig“, fasste Zelda zusammen, was Rijuuna so gekonnt zu umschiffen versuchte.

Und brachte das Mädchen dazu, sie mit offenem Mund anzustarren.

„Ich möchte nur wissen, wie schnell man sie in ihren Originalzustand versetzen kann. Ich würde gerne heute noch abreisen.“

Rijuuna blinzelte.

„Ich schätze bis zu Mittag. Vielleicht sogar eher. Je nach Sonnenstärke.“

Zelda nickte und lächelte. „Wunderbar. Könnte ich dich um ein Frühstück bemühen? Aus den seltsamsten Gründen bin ich ziemlich hungrig.“

Rijuuna nickte scheu, dann lächelte auch sie. „Natürlich, Prinzessin. Ich werde jemanden zu Euch schicken.“

„Danke“, sagte Zelda. „Das hilft mir wirklich sehr.“

 

Nachdem das Mädchen wieder hinter dem Vorhang verschwunden war, stand Zelda auf. Sie benutzte den Nachttopf und wickelte sich dann in ihre Decke. Sie trug nur ein dünnes Hemdchen, das zwar kunstvoll bestickt war, aber gegen die noch kühle Luft wenig Schutz bot.

Aus einer bereitgestellten Karaffe trank sie durstig, ohne sich darum zu kümmern das Wasser in den dazugehörigen Becher zu schütten.

Sie goss ein wenig davon in eine Waschschüssel und spritzte sich den restlichen Schlaf aus ihrem Gesicht. Sie war von einer freudigen Ruhe erfüllt, die nicht so recht zu den Ereignissen des letzten Tages passen wollte. Und dennoch …

Der Gedanke an die Rückreise brachte ihr nicht die bekannte Anspannung. Nicht dasselbe drückende Gefühl, die schwelende Wut, die ihr sonst schon während der frühen Morgenstunden die Stirn runzelte.

Sie dachte an die Worte, die sie ihrem Tagebuch vor dem Einschlafen anvertraut hatte, und fühlte eine seltsame Leichtigkeit. Vermischt mit freudiger Erwartung.

 

Ich werde mit ihm reden. Mit Link. Einfach reden.

 

Wenn er es zu lassen würde.

 

Zelda wickelte die Decke ein wenig enger um sich und nahm auf einem Stuhl platz. Sie überschlug die Beine und starrte in den Raum hinein.

Wenige Augenblicke später wurde ihr Wunsch von einem reichhaltigen Frühstück erfüllt, das die zwei Zofen hereintrugen, die Zelda am Abend zuvor beim Baden geholfen hatten. Urbosa begleitete sie, ein warmes Lächeln auf den Lippen.

Sie schwieg, während die Frauen Platten und Gedecke auf einem Tisch abstellten und dann schnell davon huschten. Urbosa dankte ihnen mit einer Armbewegung.

„Du wirkst ausgeruht, kleiner Vogel.“

Zelda lächelte und neigte den Kopf. Ihr Haar rutschte über ihre Schulter und kitzelte dort nackte Haut. Sie würde nach einer Bürste fragen müssen. Wahrscheinlich sah sie aus wie ein gerupftes Huhn. Der Gedanke amüsierte sie.

„Entspannung nach Selbsterkenntnis. Wahrscheinlich passiert das, wenn man dem Tod so nahe kommt.“

Urbosa Miene verdunkelte sich bei diesen Worten. „Darüber solltest du keine Scherze machen“, mahnte sie und nahm an dem Tisch platz, den ihre Zofen gerade gedeckt hatten. Anscheinend hatte sie vor, mit Zelda zu frühstücken.

Zelda zuckte mit den Schultern, konnte ihr Lächeln aber nicht unterdrücken. Sie wusste selbst nicht, wo diese neue, verzeihungsfreudige Selbstironie herkam.

Wahrscheinlich hatte ihr Nahtod sie tatsächlich ein wenig durchgeschüttelt.

„Das ist mir lieber als mir nachträglich in die Hose zu machen“, meinte Zelda und erhob sich, um eben falls am Tisch platz zu nehmen.

Urbosa bedachte sie mit einem nachdenklichen Blick. Dann seufzte sie ergeben und begann sich von Früchten und Pasteten aufzutun, deren fantastischer Geruch Zeldas Appetit nur noch steigerten.

„Jemand hat mir gezwitschert, dass du uns heute verlassen willst“, sagte Urbosa, während sie sich einen Becher mit einer goldenen Flüssigkeit füllte, die Zelda interessiert beäugte. Es sah aus wie eine Art Saft.

„Hm“, antwortete Zelda unverbindlich und griff nach einer Pastete. Sie stockte kurz, dann legte sie noch zwei davon auf ihren Teller. „Das kommt drauf an, ob meine Hose bis dahin trocken sein wird.“

Urbosa hob eine Augenbraue. Zelda lächelte. Sie wusste selbst nicht, was der Ursprung dieser seltsamen Albernheit war. Vielleicht hatte sie recht und es war wirklich ein Versuch die Geschehnisse des gestrigen Tages weniger ernst, weniger gefährlich erscheinen zu lassen.

„Lass deine Hose mal meine Sorge sein“, sagte Urbosa und leckte sich den Saft einer aufgebrochenen Wildbeere vom Zeigefinger.

Zelda kicherte.

Urbosa lächelte und für eine Weile aßen sie schweigend. Nicht dass Zelda Kapazität für Konversation gehabt hätte. Sie war zu beschäftigt die exotischen Leckereien in sich hinein zuschaufeln. Für gewöhnlich war sie ein eher sparsamer Esser. Immer darauf bedacht, Würde und Eleganz zu wahren, dem Bild einer Prinzessin gerecht zu werden.

Nicht so an diesem Morgen.

Amüsierte Blicke trafen sie aus Urbosas Richtung, doch Zelda ignorierte sie. Erst als sie keinen Bissen mehr essen konnte, war sie zufrieden.

„Nun“, meinte Urbosa nach einer Weile – ihr Mahl war schon seit einiger Zeit beendet, „je früher du hier verschwindest, desto besser.“ Sie zog eine elegante Augenbraue in die Höhe. „Sonst sind unsere Vorratskeller schneller leer, als ich gucken kann.“

Zelda verdrehte die Augen.

„Und wer übertreibt jetzt?“, fragte sie, worauf Urbosa lächelte. „Ich jedenfalls nicht“, antwortete sie . „Und jetzt komm“, sagte sie und erhob sich. Deutete Zelda ihr zu folgen.

„In meiner Unterwäsche?“

Urbosa zuckte mit den Schultern und stellte eine Hand an ihre Hüfte. „Nichts weswegen du dich hier schämen müsstest.“ Sie ging mit wiegenden Schritten Richtung des Türdurchgangs. Sah über die Schulter als Zelda keine Anstalten machte sich zu erheben. „Möchtest du hier etwa alleine herumsitzen? Von meinem Gemach aus hast du wenigstens einen Blick über die Stadt. Und die Möglichkeit die Füße ins Wasser zu halten.“

Nun, das stimmte. Die wundervoll vertäfelten Wasserleitungen verliefen direkt an dem angrenzenden Raum entlang. Ebenso wie die kunstvollen Wasserfälle, die immer für eine zauberhafte Geräuschkulisse sorgten.

Zögernd stand Zelda auf. Klemmte die Decke fester mit den Armen an ihrem Oberkörper fest.

Folgte Urbosa auf nackten Füßen und versuchte deren Glucksen zu ignorieren. Vielleicht wurde man in ständiger Gesellschaft von Frauen tatsächlich etwas schamlos. Aber Zelda war von klein auf mit strengen Regeln für Erscheinung und Verhalten aufgewachsen.

Wie entspannt die Gerudo mit Körperlichkeit umgingen, konnte man an deren freizügiger Kleidungsart sehen. Vielleicht war das nicht nur wegen des Klimas, sondern weil die Frauen hier sich einfach gern zeigten.

Zelda betrat Urbosas Gemach. Mit seinem großen Bett in der Mitte des Raumes, dem Altar dahinter. Dem wundervollen Ausblick. Auf die Oase.

Zelda schluckte. Nun wurde ihr doch ein wenig mulmig. Urbosa betrachtete sie wortlos. Schien zu wissen, was Zelda bei dem Anblick empfand. Der leise Verdacht beschlich sie, dass sie genau aus diesem Grund aus ihrem Verstecke hervorgelockt worden war.

Ähnlich hatte es ihr Reitlehrer gemacht, wann immer sie vom Pferd gefallen war.

„Wie fühlst du dich?“, fragte Urbosa leise. Mitfühlend. Zeldas Blick flackerte zu ihr hinüber. Dann wieder in die Ferne. Zu dem Ort, der beinahe zu ihrem Verhängnis geworden war.

„Ganz gut“, antwortete sie mit einem kleinen Zittern in der Stimme. „Aber später vielleicht nicht mehr.“ Sie sah erneut hinüber zu Urbosa. „Wenn ich dort vorbei muss.“

Der Weg führte nun mal durch die Oase. Und sie hatte Storm am Eingang zur Schlucht zurückgelassen.

Urbosa wandte ihr den Rücken zu, lehnte sich an einen Bettpfosten.

„Ich denke nicht, dass du dir darum Gedanken machen musst.“

Zelda kam einen Schritt näher.

„Was meinst du?“

Urbosa sah über ihre Schulter. Zeigte Zelda ihr Profil.

„Ich werde euch durch die Wüste bringen. Mit Naboris.“

Zelda atmete erleichtert aus. Daran hatte sie gar nicht gedacht. Das war eine großartige Idee.

„Danke“, sagte sie leise und trat neben Urbosa, die nun wieder geradeaus sah. Zu dem Ort in der Ferne, an dem Zelda beinahe gestorben wäre.

 

„Es ist nicht das erste Mal, dass er mich gerettet hat“, durchbrach sie irgendwann die einvernehmliche Stille. Sie verschränkte ihre Hände hinter ihrem Rücken. „Auch dafür habe ich mich nie bei ihm bedankt.“

Urbosa schwieg dazu, drückte aber empathisch Zeldas Schulter.

Sie standen eine Weile dort. Sahen hinaus auf die Wüste.

Es tat gut. Hier, in Sicherheit, ihren Gedanken nachzugehen. Die Geschehnisse zu verarbeiten.

Irgendwann rührte sich Urbosa.

„Ich werde deinem Leibwächter eine Nachricht zukommen lassen.“

Zelda schreckte auf. Das hatte sie ganz vergessen. „Oh. Ja! Bitte.“

Sie presste sie Lippen zusammen. Daran würde sie sich gewöhnen müssen. Dabei hatte sie oft an ihn gedacht, an diesem Morgen. Aber nicht daran, wie man sich als braver Schützling zu verhalten hatte. „Das hatte ich-“, begann sie. „Vergessen“, unterbrach Urbosa sie und lachte. „Ja, das hast du.“ Sie streckte die Hand aus und wuschelte ihr durch das Haar. „Keine Sorge, kleiner Vogel. Er wird kaum damit rechnen.“ Sie ging auf die Treppe zu, die hinunter zum Thronsaal führte. Auf halbem Weg sagte sie: „Außerdem hat er seine eigenen Wege herauszufinden, wo du dich aufhältst. Nicht mal das Gesetz kann ihn aufhalten, glaub mir.“ Dann war ihr Kopf verschwunden.

Zelda runzelte die Stirn. Was sollte das bedeuten? Er hatte seine eigenen Wege herauszufinden, wo sie sich aufhielt. Das Gesetz konnte ihn nicht aufhalten.

Das Gesetz? Was hatten Gesetze damit zu tun?

 

Ein Gedanke flog wie ein Wolkenfetzen vorüber und zerstreute sich in der Hitze, der durch die Vorhänge fallenden Vormittagssonne, bevor Zelda ihn greifen konnte. Sie trat etwas näher an die Säulen heran, die Urbosas Gemach säumten. Starrte auf den Platz inmitten der Stadt. Beobachtete die bunten Gestalten, die durcheinanderliefen. Kleine Farbkleckse inmitten von hellem Stein.

In dem geordneten Chaos stieß ihr die Bewegungslosigkeit einer weiß gekleideten Hylianerin ins Auge, die mit dem Rücken gelehnt neben der Öffnung des Haupttores stand, den Blick in Zeldas Richtung gewandt.

Zelda trat noch einen Schritt nach vorne. Fixierte die Gestalt. Etwas an der Haltung kam ihr vage bekannt vor und sie kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können.

Nicht, dass es viel brachte. Die Schatten, die Sonnenstrahlen, die Entfernung, die Hitzespiegelungen all das sorgte nicht wirklich für klare Sicht. Zelda seufzte. Natürlich kam ihr die Gestalt bekannt vor. Wahrscheinlich würde ihr jede Hylianerin bekannt vorkommen. Selbst wenn sie so auf traditionelle Gerudo-weise verhüllt war, wie diese hier.

Zelda trat hinter die Säule. Sie wusste nicht, ob man sie vom Platz aus sehen konnte. Wahrscheinlich nicht. Ein königliches Gemach, das vom gemeinen Volk eingesehen werden konnte?

Es würde nicht wirklich zu ihrer Popularität beitragen, wenn sie sich mit nichts als einer Decke bekleidet vor ganz Gerudo Stadt präsentierte.

So erlangte man nicht den Respekt seines Volkes.

Zelda seufzte. Wenn es ihr nur möglich wäre, sich diesen Respekt zu verdienen.

Das Volk konnte nicht wissen, wie hart sie daran arbeitete, die Siegelkräfte zu erlangen. Für die Bewohner Hyrules zählten nur die Ergebnisse. Und die blieben aus. Seit zehn Jahren. Kein Wunder, dass das Volk das Vertrauen in sie verlor.

 

 

Eine Zofe brachte Zeldas saubere und trockene Kleidung, noch bevor die Sonne den Zenit erreichte. Ein wenig enttäuscht bedankte sie sich. Sie hätte sich gern von Rijuuna verabschiedet. Sie hatte selten die Gelegenheit mit Gleichaltrigen zu sprechen.

Schnell schlüpfte Zelda in Hose,Tunika und Handschuhe. Sofort überwältigte sie die Hitze. Es war in Ordnung, wenn man die Kleidung die ganze Zeit trug. Aber sie erst am Mittag anzuziehen, während man den halben Tag in Unterwäsche durch die Gegend gesprungen war, kam einer Folter gleich. Zelda stöhnte und versuchte sich Luft in den Ausschnitt zu fächern. Das brachte nur wenig Erleichterung. Sie betrat die Kammer, in der sie geschlafen hatte, um Tasche und Stiefel zu holen. Die Tasche war schnell umgeschnallt, aber den Stiefeln warf sie einen leidvollen Blick zu. Allein bei dem Gedanken fingen ihre Füße an zu schwitzen.

Zelda versuchte es zwei Mal. Dann gab sie auf.

Mit den Stiefeln in der Hand lief sie hinunter in den Thronsaal. Wo sich Urbosa heftig gestikulierend mit Ekis stritt. Die, wie Zelda nun verstand, wohl Rijuunas Mutter sein musste.

Und eine enge Vertraute Urbosas. Denn sonst dürfte wohl niemand die eigene Königin eine dickköpfige Molduga nennen, oder?

„Bist du bereit?“, fragte Urbosa, als sie Zelda bemerkte. Sie wies mit ihrem Kinn auf Zeldas Stiefel. „Ja“, antwortete Zelda und ließ die Schuhe fallen. Die Absätze schlugen mit einem hallenden Klicken auf dem Stein auf. „Du hast nicht zufällig noch so einen Kühlungstrank für mich?“

Urbosas Mundwinkel zuckten. Dann drehte sie sich zu Ekis um. Die die Augen verdrehte und dann wortlos ging. Zelda sah ihr verwirrt hinterher.

Urbosa machte eine wegwerfende Bewegung. „Lass sie. Sie ist stur wie ein Esel. Nur lauter dabei.“ Sie stemmte die Hand an die Hüfte. „Sie ist nicht begeistert, dass ich Zeit mit Naboris verbringe. Das ist alles.“

„Oh“, machte Zelda wenig eloquent und sah zu Boden.

„Ich weiß, was du denkst“, sagte Urbosa. Ihr Finger piekste Zelda in die Schulter. „Und es ist nicht wahr. Es ist nicht deine Schuld.“

Überrascht, dass sie so durchschaubar war, hob Zelda wieder den Kopf.

„Aber-“ Urbosa schnitt ihr mit schwungvoller Geste das Wort ab. „Kein aber. Und keine Diskussion. Hier!“ Sie hielt Zelda ein verkorktes Fläschchen mit hellblauer Flüssigkeit entgegen. Die Kälte, die von davon ausging, hatte das Glas mit Eiskristallen übersät. In der Hitze des Thronsaals dampfte es.

„Aber...“, begann Zelda erneut und deutete dann verwirrt in die Richtung, in der Ekis gerade verschwunden war.

„Manchmal habe ich sie am liebsten, wenn sie weit weg ist“, antwortete Urbosa nüchtern und deutete dann auf Zeldas Stiefel.

„Ziehst du dich jetzt richtig an, oder was?“

Zelda schnappte sich resignierend das Fläschchen mit dem Trank. Als sie die kalte Flüssigkeit schluckte, verflog die Hitze. Zelda schüttelte sich.

„Einfach widerlich“, brachte sie zwischen verzogenen Lippen hervor. Urbosa lachte. „Tja. Besser als das, was sie kochen, wenn sie Rüstungstränke herstellen. Was da drin ist, willst du lieber gar nicht wissen. Glaub mir.“

Zelda glaubte ihr sofort.

Sie schlüpfte in ihre Stiefel und richtete sich dann auf, um zu zeigen, dass sie reisefertig war.

 

Sie verließen die Stadt durch das westliche Tor. Nicht weit entfernt konnte Zelda den Titanen zwischen den Dünen knien sehen. Dennoch wäre es eine kleine Strecke zu gehen.

Vor dem Tor sah Zelda sich um.

„Wo-“, begann sie, doch Urbosa unterbrach sie. „Er wartet bei Naboris.“

Irritiert erwiderte sie Urbosas amüsierten Blick.

„Was?!“

Urbosa hob nur die Schultern.

„Gar nichts.“

Doch es klang nicht wie gar nichts. Allerdings wusste Zelda nicht, ob sie sonderlich erpicht auf die Antwort war. Also stapfte sie ohne ein weiteres Wort in Richtung des Titanen.

 

Und wirklich. Da war er. Stand direkt neben der Rampe und sah ihnen entgegen. Unbeweglich. Stoisch. Nicht anders als sonst. Und dennoch begann Zeldas Herz bei seinem Anblick schneller zu schlagen. Vor Aufregung. Vor Angst. Was sollte sie zu ihm sagen? Was sagte man zu dem Helden, der das eigene Leben gerettet hatte?

Sie hatte den ganzen Morgen Zeit gehabt, sich passende Worte zu überlegen. Zelda verpasste sich innerlich eine Kopfnuss. Blöde verpatzte Chance.

 

Für eine Entschuldigung war das nicht der richtige Ort. Diese lang überfälligen Worte sollten mehr Signifikanz haben. Nicht mal eben so gesagt werden.

Einfach gar nichts zu sagen, kam nicht mehr infrage. Dieses alte Muster musste unterbrochen werden. Sie durfte nicht zulassen, dass sie sich wieder darin verfing.

Also einfach irgendeinen nichtssagenden Unsinn daherplappern?

 

Urbosa löste das Problem, bevor es entstanden war.

„Warum nur habe ich den Verdacht, dass du dich von der Stadt fernhältst, oh Held. Schlechte Erfahrung mit der Wache gemacht, was?“

Zelda blinzelte irritiert, als Urbosa Link mit gutmütigem Spott begrüßte. Meinte sie etwas, dass Link sich versucht hatte, in die Stadt zu schleichen?

Der Tonfall erinnerte sie daran, wie sie selbst vor einigen Wochen denselben Titel herabgewürdigt hatte. Am Komolo See, als sie Link nach dem Bannschwert gefragt hatte.

 

Er selbst schien keinen Anstoß daran zu nehmen. Er lächelte milde und neigte dann den Kopf in Zeldas Richtung. Eine wortlose Begrüßung.

Sie atmete zittrig ein. An diese neue Situation würde sie sich gewöhnen müssen. Gestern war sie vor Dankbarkeit zerflossen. Doch nun wusste sie nicht, wie sie mit ihm umgehen sollte.

Und so brachte sie keine Begrüßung über die Lippen. Nickte nur.

 

Dann folgte sie Urbosa die Rampe hinauf. Link reihte sich hinter ihr ein.

Wie sehr der Klang seiner Schritte auf dem antiken Stein sie beruhigte.

Gestern noch hatte der Klang anderer Schritte ihr Todesangst beschert.

Bei dem Gedanken warf sie einen Blick über ihre Schulter. Lächelte ein kleines, scheues Lächeln und sah dann schnell wieder nach vorne, als sie Links Blick begegnete.

Sie hatten das Innere von Naboris noch nicht ganz erreicht, da hatte Urbosa dem Titanen schon den Befehl gegeben, sich zu erheben. Ein metallisches Surren erfüllte die Luft, dann ein lautes, langgezogenes Knarren.

Zelda stolperte nach rechts, als die Welt zu schwanken begann. Sie bekam einen Fackelständer zu fassen und fuhr zu Link herum, der sich ebenfalls festhielt und Urbosa böse Blicke in den Rücken bohrte. Sie musste ein Kichern unterdrücken.

Wie blind sie vorher für dieses kurze Durchblitzen seiner Persönlichkeit gewesen war. Zu beschäftigt damit, wütend darauf zu sein, dass er ihr mit seiner Anwesenheit das Gefühl gab, zu versagen.

Urbosa selbst schien sich an dem Schwanken überhaupt nicht zu stören. Sie hob die Arme in die Luft und streckte sich. Ein sinnlicher Anblick, die geschwungene Hüfte, die Länge des eleganten, nackten Rückens. Zelda errötete.

Dann fand die Welt wieder in ihre Fugen.

Urbosa verschwand über einen seitlichen Aufgang. Wahrscheinlich würde sie nach oben steigen.

Zelda räusperte sich und löste den Klammergriff von dem antiken Fackelhalter.

„Wie war deine Nacht?“, fragte sie an Link gewandt, bevor sie es sich anders überlegen konnte.

Ihr Leibwächter blinzelte überrascht. Zelda konnte es ihm nicht verdenken.

Er hob die Schultern. Und als Zelda diese wortlose Antwort schon akzeptieren wollte, antwortete er: „Ereignislos.“

Sie atmete langsam aus. Hatte gar nicht gewusst, dass sie damit aufgehört hatte, als sie angespannt auf den Klang seiner Stimme wartete.

Er hatte geantwortet. Das war ein guter Anfang.

Vielleicht war sie nicht die einzige, die sich Mühe gab.

„Du-du schläfst nicht viel, oder?“

Sie beobachtete, wie Link erneut blinzelte. Vielleicht überraschte es ihn, dass sie mit ihm sprach. Dass der gestrige Tag kein Einzelfall war, sondern sich etwas in ihrer Dynamik geändert hatte. Ändern würde.

„Wenig“, bestätigte Link.

„Euer Pferd ist in dem Stall an Ende der Schlucht untergebracht?“, fragte er, bevor Zelda das Thema vertiefen konnte.

Sie nickte. „Ja.“

Storm. Sie würde ihn vor Link reiten müssen. Unwillkürlich straffte sie die Schultern. Nun, sie hatte sich auf so viele Arten lächerlich gemacht. Eigentlich kam es auf diese weitere auch nicht an. Eine Enttäuschung. Eigentlich hatte sie neu beginnen wollen.

„Diesen Weg sollten wir nicht nehmen.“

Sie starrte ihn an.

„Aber-“

„Mir behagt die Schlucht nicht. Es ist der offensichtliche Weg zurück zur Ebene.“

Sie verstand, was er meinte. Gut für einen Angriff.

Er ging davon aus, dass sie immer noch in Gefahr schwebte.

„Ich werde die Pferde holen lassen“, sagte er. Er hatte sein Pferd also auch dort zurückgelassen. Natürlich.

„Es ist der Weg, den ich gekommen bin“, murmelte Zelda leise.

Es war nur ganz fein, aber seine Augen zogen sich zusammen.

„Ich weiß“, sagte er nur. Und Zelda spürte, dass er nicht begeistert war. Sie fragte sich, ob er auch zu diesem Zeitpunkt in ihrer Nähe gewesen war. Ihr unauffällig gefolgt war. Wahrscheinlich. Vielleicht war er der alleinige Grund, dass ihr in dieser Schlucht nichts zugestoßen war. Wer konnte das schon wissen. Zelda sah zu Boden. Seufzte. Sie würde sich wirklich entschuldigen müssen.

 

Auf Links Rat hin, brachte Urbosa sie zur südöstlichsten Grenze der Wüste. Dorthin, wo ein Pass durch die Ausläufe des Gebirges führte.

Der Abschied war kurz und herzlich und wie immer fiel er Zelda unendlich schwer. Doch Urbosa musste zurück in die Stadt. Zurück zu ihrem Volk. Es war nicht ihre Aufgabe für Zeldas Seelenheil zu sorgen.

„Pass auf dich auf, kleiner Vogel“, murmelte Urbosa in ihr Haar, als sie Zelda umarmte.

Sie zwinkerte Link zu, dann scheuchte sie sie die Rampe hinunter.

 

Es gab keine Zeit dem Titanen dabei zuzusehen, wie er auf seinem Rückweg Sand aufwirbelte. Auch wenn Zelda das gern getan hätte. Link trieb sie zur Eile. Wenn auch recht subtil. Es reicht, dass er einige Schritte vorging und sich dann nach ihr umsah. Zelda folgte ihm, ohne zu zögern.

Sie warf einige Blicke zurück, sah Naboris hinterher, doch bald neigte der Weg sich in eine sanfte Linkskurve und der Titan verschwand aus ihrem Sichtfeld.

 

Die ganze Wegstrecke bis zu den sanften Graslandschaften von Phirone schwiegen sie. Liefen wortlos nebeneinander her, nachdem Zelda einige Mal den Abstand zwischen ihnen verringert hatte und Link die Botschaft begriff und neben ihr ging, statt hinter ihr.

Bis das Licht dämmriger wurde und Link sie zu einer Schutzhütte führte, die sich an die Ausläufer des Kagossa Gebirges schmiegte.

Ihr Platz für die Nacht. Bis zur Hylia Brücke war es zu weit, geschweige denn zu der nächsten Siedlung.

Wenigstens hätten sie ein Dach über dem Kopf.

 

Die ganze Zeit über hatte Zelda Satz um Satz formuliert. Verworfen, umgedreht, neu erdacht. Doch ihr waren einfach nicht die richtigen Worte gekommen.

Und so hatte sie geschwiegen.

 

Die Hütte war klein, aber sauber. Link verlor kein Wort darüber, woher er wusste, dass es sie gab, warum es sie überhaupt gab und wieso sie leer stand.

Zelda fragte nicht. Es schien ihr nicht richtig, wenn sie schon keine Worte für die wichtigen Dinge fand.

Kaum hatte sie ihre Tasche auf dem kleinen Tisch abgelegt – das einzige Möbelstück in der einräumigen Hütte, hatte Link schon ein Feuer in dem gemauerten Kamin errichtet und in Gang gebracht.

Kurze Zeit briet darüber ein Vogel, den er in den Bergen geschossen hatte und erfüllt den Raum mit köstlichem Geruch.

Mit effizienten Handgriffen kümmerte er sich um die Errichtung eines Nachtlagers für sie, frisches Wasser aus einem Brunnen neben der Hütte und die Abendmahlzeit. Knusprig gebratenes Fleisch und Früchte, die er in einer kleinen Pyramide stapelte. Eine ganze Menge Früchte.

Sie würde ihn unbedingt nach dieser Tasche fragen müssen.

 

Als er Zelda einen Fleischspieß reichte, platzte es aus ihr heraus.

„Ich muss mich bei dir entschuldigen.“ Sie ballte ihre Hände zu Fäusten.

„Und das schon sehr lange.“

Link begegnete ihrem unruhigen Blick schweigend. Er lächelte, dann zuckte er mit den Schultern.

„Es ist nicht egal“, sagte Zelda, ein wenig lauter als sie es gewollt hatte. Er wirkte überrascht. Zog eine Augenbraue in die Höhe.

Vielleicht weil sie die ungesagten Worte hinter seiner Geste so exakt übersetzt hatte.

„Es ist nicht egal“, wiederholte Zelda nachdrücklich.

„Ich-“, begann sie und schluckte. Versuchte, die richtigen Worte zu finden. Dabei waren sie ihr doch den ganzen Tag schon nicht eingefallen. „Ich war ...“ Sie starrte in das Feuer.

„Nun, die Wahrheit ist, mir fehlen die Worte. Weswegen ich schon den ganzen Tag solche Schwierigkeiten habe, es endlich anzusprechen.“

Sie hob die Arme in einer hilflosen Geste.

„Was mir als Erstes in den Sinn kommt, ist Biest. Ich war ein Biest. Und …“ Zelda schüttelte den Kopf. „Und das ist die schlechteste Entschuldigung in der Geschichte Hyrules. Du hast so viel mehr verdient, aber momentan...“ Sie hob die Schultern und lächelte ein ironisches Lächeln. „Momentan habe ich einfach keine anderen Worte als, es tut mir leid. Ich war abscheulich zu dir. Und du hast nichts getan, um dieses Verhalten zu verdienen. Ich bilde mir nicht ein. dich um Verzeihung bitten zu können. Aber … aber glaube mir, wenn ich dir sage, dass es mir zutiefst leidtut.“

Zelda sah auf.

Link lächelte. Es war ein ehrliches Lächeln. Eines, das seine Augen erreichte und das Blau darin zum Leuchten brachte. Die kleinen Fältchen daneben zeigte, die davon sprachen, dass es eine Zeit gegeben hatte, in der er oft gelächelt haben musste. Vielleicht hat er das auch immer noch, aber nicht in Zeldas Gegenwart. Sie konnte es ihm nicht verdenken.

Sein Lächeln ermutigte sie weiter zu sprechen.

„Ich- ich bin missraten, Link. Eine Versagerin. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, die Siegelkräfte zu erwecken und bin gescheitert. Und anstatt mich zu freuen, dass das Schwert dich erwählt hat, dass ein Held hervortrat, bevor wir uns darum sorgen mussten, habe ich dich beneidet. Ich habe selbstsüchtig nur daran denken können, dass ich ebenso erfolgreich sein wollte. Die Eifersucht hat mich verfressen und ich bin nicht stolz darauf.“

Auch wenn es nicht leicht war, so tat es dennoch gut, diese dunklen Ecken ihres Charakters auszuleuchten. Endlich ehrlich zu sein und auszusprechen, was sie schon so lange bedrückte.

 

„Ich weiß“, antwortete er leise und war nun selbst an der Reihe zu überraschen. „Und es ist in Ordnung.“

„Es ist nicht in Ordnung“, widersprach Zelda sofort und schüttelte energisch den Kopf. Ein weiteres dieser Beinahe-Lächeln geisterte über seine Lippen.

„Doch“, erwiderte er, sanft, aber nachdrücklich. „Zumindest wird es das sein. Von nun an.“

Er deutete ihr, sich zu setzen.

Zelda zögerte. Sie wollte nicht, dass er ihr Verhalten einfach so abtat. Es schmeckte zu sehr nach Pflicht. Und sie hatte ihm diese Entschuldigung nicht als Prinzessin angeboten. Sondern als Zelda. Als Mädchen, dass sich schändlichst missverhalten hatte.

„Nein“, sagte Zelda schließlich und ließ sich nieder. Nahm den Teller an sich, den Link so gekonnt gefüllt hatte. „Aber ich bin früh darüber, dass du gewillt scheinst, diese riesige Verfehlung meinerseits zu übersehen.“

„Urbosa hat darüber gesprochen“, sagte er leise, zu Zeldas erneuter Überraschung. Sie ließ den Fleischspieß sinken, den sie gerade in die Hand genommen hatte.

Er betrachtete sie mit einem seitlichen Blick, kniete vor dem Feuer, die Hände auf den kräftigen Oberschenkeln abgelegt. Zelda bemühte sich, ihm in die Augen zu sehen.

„Als sie mich zu sich rief. Ich verstehe es. Und ich habe keinen Anstoß daran genommen.“ Seine Kiefer bewegten sich, als er nach Worten suchte und Zeldas Verdacht bestätigte. Urbosa hatte Link zum Titanen gerufen.

„An nichts, was geschehen ist, habe ich Anstoß genommen“, fuhr er fort und suchte ihren Blick. Sah ihr direkt in die Augen, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Zelda fühlte sich nicken, bevor sie wirklich verarbeiten konnte, was er gerade offenbart hatte.

Er war nicht wütend. Hatte sich nicht angegriffen gefühlt.

Das war nicht richtig, aber Zelda war dennoch froh darüber. Sie seufzte und nahm den Fleischspieß wieder zur Hand. „Ich würde gerne wissen, was sie dir erzählt hat“, sagte sie, bevor abbiss. „Um zu wissen, wie tief ich eigentlich in ihrer Schuld stehe.“

Er gab ein kleines schnaufendes Geräusch von sich, irgendwo zwischen amüsierter Erinnerung und der Andeutung, dass Urbosa ihm vielleicht auf die Nerven ging. Diesem stoischen Leibwächter, der sich nicht mal beleidigt fühlte, wenn sein Schützling in despektierlich behandelte.

Aber er machte keine Anstalten zu antworten.

Zelda beobachtete ihn eine Weile schweigend, während sie wartete. Sah zu, wie er aß. Schnell, aber mit guten Manieren. So wie er es immer zu tun schien. Als wäre er kurz davor, zu verhungern.

Sie kaute ebenfalls. Ließ den rauchigen Geschmack des Fleisches ihren Mund erfüllen.

Dann, auf einen Impuls hin, griff sie nach einem Apfel und warf sie ihn Link an den Kopf.

Zu ihrer, und zu Links Überraschung, traf er. Direkt an der Stirn. Der Apfel prallte ab und rollte über den Boden zum Feuer.

Zelda schlug die Hand vor den Mund. Dann kicherte sie, während Link ihr einen entsetzten Blick zu warf. In einem Anflug des Mutes verkniff sie sich die Entschuldigung, die ihr sofort auf der Zunge lag.

„Jetzt wo ich weiß, dass du durchaus sprechen kannst, werde ich erst Ruhe geben, wenn du mit mir geredet hast.“

Seine Mundwinkel zuckten.

Als er nicht anfing zu reden, wiederholte Zelda ihre Frage.

„Also, was hat Urbosa gesagt.“

Er rieb sich über die Stirn. Ob er es demonstrativ tat, oder unbewusst, konnte Zelda nicht sagen. Er starrte in die Flammen.

„Nicht sehr viel mehr als Ihr“, antwortete er schließlich in nachdenklichem Tonfall. „Nur mit sehr viel freundlicheren Worten“, fügte er hinzu.

 

Zelda schnaubte. Ein Geräusch, das Links Mundwinkel erneut zucken ließen. Wärme breitere sich in ihr aus.

„Nun“, nahm sie das Thema wieder auf. „Ich habe solche Freundlichkeit jedenfalls nicht verdient.“ Sie ließ den halb aufgegessenen Fleischspieß auf ihren Teller fallen und kreuzte mit einem frustrierten Seufzen die Hände über ihren Knien.

„Dass ich mich jetzt erst traue, diese lang überfällige Entschuldigung auszusprechen, ist ein weiterer Beweis dafür.“

Sie spitzte die Lippen. „Auch dafür entschuldige ich mich.“ Sie neigte den Kopf in Links Richtung. „Und ich meine es ernst.“

Ein echtes Lächeln breitete sich auf seinen Zügen aus. Im wachsenden Schatten des Abends wirkten seine Augen dunkler als sonst.Und viel blauer.

Er nickte. „Und ich nehme sie an“, sagte er ohne zu zögern. Mit einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, die keine Zweifel an seiner Glaubhaftigkeit ließ.

Zelda lächelte. Sie hatte die Selbstverständlichkeit, mit der er ihre Verfehlungen abtat, nicht verdient. Sie erwärmte ihr Herz dennoch.

 

Es überraschte sie, dass er erneut das Wort ergriff.

 

„Wenn es Mut ist, den Ihr braucht, die Quelle ist nicht weit von hier.“ Er lächelte und deutete über seine Schulter in Richtung Süden. In Richtung Phirone.

Zelda seufzte. Sie hatte ebenfalls daran denken müssen. Auch, wenn er vielleicht nur hatte Scherzen wollen.

„Ja. Am nördlichen Ende des … Sees. Ich weiß. Das wäre wohl keine schlechte Idee.“ Sie griff nach einem weiteren Apfel, dieses Mal um ihn mit ihrem Messer in kleine Stücke zu schneiden. „Alleine schon, um meinen Vater zu beschwichtigen. Er wird nicht begeistert davon sein, dass ich so lange fort bin. Geschweige denn, dass ich...“

Sie brach ab. Sprach nicht aus, was sie hatte sagen wollen.

Dass ich weggelaufen bin. Mich in Gefahr gebracht habe. Meinen Leibwächter ausgetrickst habe.

 

„Er weiß nichts davon“, ergriff Link leise das Wort, als Zelda nicht weitersprach.

Sie sah auf. Mit großen Augen. Er zuckte mit den Schultern.

„Ihr seid einem dringenden Ruf Urbosas gefolgt und hattet keine Zeit, Euch zu verabschieden.“ Er bedachte sie mit einem schwer deutbaren Blick.

„Zumindest lautete so die Nachricht, die ich ihm habe zukommen lassen.“

Ungläubig starrte sie ihn an. Unfähig etwas zu sagen.

„Oh, Link“, hauchte sie schließlich. Schüttelte den Kopf. Noch etwas, das sie nicht verdient hatte. Ihre Schuld ihm gegenüber wuchs täglich.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Und das wusste sie wirklich nicht. Er hatte seinen Herrscher belogen. Für sie. Obwohl sie ihm davon gelaufen war. Ihn beleidigt und angeschrien hatte.

 

Vielleicht hatte er es für sich selbst getan. Um nicht in Schwierigkeiten dafür zu geraten, dass er sie verloren hatte. Aber etwas sagte ihr, dass Link nicht von dem Schlag war, der für seine Verfehlungen nicht einstand. Anders als sie selbst.

Er hatte es für sie getan.

Zelda hatte keine Worte für die Dankbarkeit, die sie empfand.

Konnte nicht ausdrücken, wie schrecklich sie sich fühlte. Sie hatte das nicht verdient.

Wie konnte sie das jemals ausgleichen?

Die einzige Möglichkeit ihn für seine Taten zu ehren, würde auch bedeuten, ihrem Vater von dem Angriff der Yiga erzählen zu müssen. Wenn sie das tat, würde sie das Schloss nie wieder verlassen dürfen. Ein unlösbares Dilemma.

 

Ihr Blick fiel auf den halb aufgeschnittenen Apfel. Dann auf Link, dessen Blick wie immer die Gegend nach möglichen Gefahren absuchte. Auf einen Impuls hin, streckte sie ihm die Frucht entgegen.

Er betrachtete sie für einen Augenblick, dann streckte er die Hand danach aus.

Es war eine schäbige Gegenleistung. Und ob die Botschaft bei ihm ankam, wusste Zelda nicht. Sie fühlte sich trotzdem besser.

„Weißt du“, sagte sie nach einer Weile, während er auf diese schnelle Art den Apfel verschlang. „Wenn du mehr schlafen würdest, bräuchtest du nicht so viel zu essen.“

Es war nur ein Verdacht, aber der Blick, den er ihr daraufhin zu warf, zeugte davon, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Er schluckte. Zuckte dann nur mit den Schultern.

„Vielleicht schlafe ich auch so viel, damit ich mehr essen kann“, antwortete er ernst. Biss erneut von einem Apfelstück ab.

Zelda legte den Kopf zurück, sah ihn skeptisch an. Dann grinste er.

Er grinste.

Ein Witz.

Ihr stoischer, emotionsloser, mechanischer Leibwächter hatte einen Witz gemacht.

Fassungslos starrte Zelda ihn an.

„Ist das so“, sagte sie irgendwann, um überhaupt etwas zu sagen.

Wieder zuckte er mit den Schultern. Dann verschwand das letzte Stück des Apfels in seinem Mund.

 

„Mal theoretisch gesprochen“, begann sie, nach dem er den letzten Bissen geschluckt hatte und begann, sich mit der Reinigung des Geschirrs zu beschäftigen. „Wo würdest du schlafen, wenn du schlafen würdest.“

Er sah von dem Teller auf, den er mit trockenem Gebirgssand sauber schmirgelte.

„Im Schloss?“, fragte er und Zelda nickte.

„Kaserne“, antwortete er knapp und rollte mit den Schultern, nachdem er Teller und Messer in seiner Tasche verstaut hatte.

Diese Tasche …

 

Die restlichen Früchte ließ er auf dem Boden liegen. Zelda hatte den Verdacht, dass sie am nächsten Morgen nicht mehr da sein würden. Bei dem Gedanken lächelte sie.

„Aber dort bist du nie“, bohrte sie weiter. Jetzt, da er endlich mit ihr sprach, da sie mit ihm sprach, würde sie erst ruhen, wenn diese Frage geklärt wäre.

„Selten“, bestätigte Link und sofort fragte sich Zelda, wann diese seltenen Besuche in der Kaserne stattfanden. Ob er dort etwas anderes tat, als schlafen. Hatte er Freunde? Ritter, mit denen er gemeinsam ausgebildet worden war?

„Während Eurer Studien“, beantwortete er die stumme Frage. Er hockte, balancierte auf den Zehenballen und hatte die Hände dazwischen gefaltet. Eine Haltung die Zelda ihn schon utzende Male hatte einnehmen sehen. Immer bereit, sofort aufzuspringen.

„Und manchmal, wenn Ihr schlaft.“ Er lächelte ein wenig kläglich. „Ich bin nicht immer da.“

„Oh.“ Zelda runzelte die Stirn. Das kam überraschend.

Sie sah zu Boden. Betrachtete die alten Bohlen. Aufgeraut von jahrelanger Nutzung.

„Wer-“ begann sie, stockte von der Erkenntnis, dass jemand Fremdes über sie gewacht hatte, ohne dass sie davon wusste.

„Andere Ritter. Ihr würdet sie kaum mit Namen kennen“, antwortete er nach einiger Zeit. Gesichtslose Männer tauchten vor ihrem inneren Auge auf. Leere Hylianische Rüstungen, die unter ihrem Turm auf und ab liefen.

Tiefere Falten gruben sich in Zeldas Stirn.

„Meist jemand von der Einheit, die vor Eurer Tür patrouillieren“, fuhr er fort. Schien irgendwie zu spüren, dass diese neue Information sie beschäftigte, wenn Zelda auch nicht sagen konnte, wieso eigentlich.

Ihre Gedanken hatten so viel um ihn gekreist. Wenn sie ihn gesehen hatte, wenn sie ihn nicht gesehen hatte. Und nun erfuhr sie, dass ganz andere Ritter mit in ihren Schultz involviert waren. Sie verstand es selbst nicht, aber es wühlte sie auf.

Vielleicht weil sie nie daran gedacht hatte, dass ihr Schutz eine Aufgabe darstellen könnte, die nicht einmal Link alleine bewältigten konnte. Dennoch war sie froh darum. Es machte ihn … menschlicher.

„Aber wenn ich kann“, begann er in leichtem Tonfall und durchbrach ihre trübsinnigen Gedanken, „schlafe ich durchaus. Und zwar so ziemlich überall.“ Kleine Fältchen bildeten sich um seine Augen. „Wenn es gemütlich genug ist.“ Er lächelte, ohne wirklich zu lächeln. Eine Wärme, die vor allem aus seinen Augen zu kommen schien.

Sie schloss dieses Bild viel zu schnell in ihr Herz. Link, der lächelte.

„Nun“, sagte Zelda, um Normalität bemüht. „Ich für meinen Teil muss schlafen.“ Sie erhob sich und streckte sich demonstrativ.

„Und auch, wenn du es nicht tun wirst, wünsche ich dir eine gute Nacht.“

Link sah zu ihr auf und nickte. Immer noch diese Wärme in den Augen. Zelda drehte sich dann um. Ging zu dem kleinen Nachtlager, das Link ihr errichtet hatte. Sie erkannte die Decke, die auf einer dünnen Matratze lag, wie viele Reisende sie als Rolle geschnürt auf dem Rücken trugen.

Wirklich, sie musste ihn nach diesem Taschentrick fragen.

Sie entledigte sich ihrer Stiefel, voll bewusst, dass Link sich im selben Raum befand. Versuchte gelassen zu sein, während sie die Bewegungen durchführte.

„Danke“, sagte sie in Links Richtung, bevor sie sich auf die Matte kniete. „Hierfür.“ Sie deutete unter sich.

Wieder antwortete er mit einem Nicken.

Zelda atmete tief durch, dann vergrub sie sich unter der Decke.

Drehte sich auf den Rücken, dann auf den Bauch. Dann auf die Seite. Von Link abgewandt starrte sie mit offenen Augen die Wand an.

Versuchte, ihren Herzschlag zu beruhigen. Er musste so laut sein, dass Link ihn hören konnte.

So heftig, dass Zelda spürte, wie jedes Pochen ihren Körper leicht ins Schaukeln brachte.

 

Es war die Kombination.

Der gestrige Schock, der ihr noch immer in den Knochen saß. Ihr verwirrter Geist, der mit so viel neuen Gefühlen zurechtkommen musste.

Links Anwesenheit. So nah.

Und sie, auf einem Lager, dass er errichtet hatte. Mit seinen Besitztümern. Seiner Decke. Die nach ihm roch.

Zelda bemühte sich, flach zu atmen.

 

„Sir Link“, flüsterte sie nach einer Weile. Ein leises Rascheln sagte ihr, dass er den Kopf in ihre Richtung gedreht hatte. Er hörte zu. Auch wenn er sich sonst nicht bemerkbar machte.

„Es tut mir leid.“

Einige Atemzüge vergingen.

„Schlaft“, sagte er leise, aber nachdrücklich. Mit einer Wärme in der Stimme, die Zelda zeigte, dass er es ihr wirklich glaubte. Und dass es in Ordnung war.

 

*

 

Allem Zweifel zum Trotz fand sie in dieser Nacht tatsächlich Schlaf. Die dünne Matratze störte sie weniger als gedacht und in den wenigen Momenten, in denen sie zwischen Traum und Wirklichkeit entlang glitt, erfüllte sie eine so tiefe Geborgenheit, das sie sofort wieder einschlief. Eingehüllt in Wärme und Weichheit und den Geruch nach frischer Luft und Sicherheit.

Als sie erwachte, im dämmrigen Zwielicht vor dem Sonnenaufgang, brauchte sie einen Moment um sich zu orientieren.

Sie drehte sich auf den Rücken, dann auf die Seite. Hielt den Atem an, bei dem Anblick der sich ihr bot.

Link war eingeschlafen.

Zumindest sah es so aus. Er lehnte an einem Holzpfosten, das Bannschwert auf den lang gestreckten Beinen. Die Augen geschlossen.

Sofort dachte sie an seine Worte. Wenn ich kann, schlafe ich durchaus. Wenn es gemütlich genug ist.

Gemütlich.

Zelda atmete zittrig aus.

War es das, was er fühlte?

Bewegungslos beobachtete sie ihn. Nutzte den Moment, um sich daran zu gewöhnen. An diese Neuheit. Ihren fehlenden Widerstand seiner Anwesenheit gegenüber.

Seine Präsenz.

Nach und nach entspannte sie sich. So etwas hatte sie gebraucht. Eine Gelegenheit sich einzufühlen, anzunehmen. Sich zu öffnen.

Langsam setzte sie sich auf. Die Decke rutschte ihr leise raschelnd bis zur Hüfte und Zelda fuhr mit den Fingerspitzen über das Material.

Sie würde ihn danach fragen. Nach seiner Familie. Nach seiner Vergangenheit. Es gab so vieles, über das sie mit ihm sprechen wollte.

Aber für den Moment war sie zufrieden. Zufrieden, dass sie sich ruhiger fühlte. Dass sie miteinander sprachen. Froh über den Vorzeichenwechsel. Darüber, dass er sich in ihrer Anwesenheit wohl genug fühlte, um wegzudämmern.

Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht.

Gemütlich. Das hatte er gesagt. Das brauchte er, um einzuschlafen.

So leise wie möglich erhob Zelda sich und schlüpfte in ihre Stiefel. Verzog das Gesicht bei jedem Geräusch, das sie verursachte, ohrenbetäubend laut in der Stille der kleinen Hütte.

Dann huschte sie auf Zehenspitzen in Richtung Tür.

Sie streckte eine Hand nach dem Griff aus und warf einen letzten Blick über ihre Schulter. Und zuckte zusammen.

Link schlief nicht länger. Vielleicht hatte er es auch nie getan, so wach, wie seine Augen wirkten.

Er beobachtete sie, mit einem amüsierten Ausdruck auf dem Gesicht.

Zelda ließ die Hand sinken und atmete langsam aus.

Zwang den Schrecken aus ihren Gliedmaßen.

„Meine Güte“, murmelte sie und ließ die Schultern hängen.

Link schwieg, auch als sie sich zu ihm umdrehte. Das Feuer war ausgegangen, schwelte nur noch, also hatte er es schon eine ganze Weile vernachlässigt. Nicht dass sie es weiterhin gebraucht hätten. Phirone war kein kaltes Land.

Er schlug die Knöchel übereinander und betrachtete sie interessiert. Schien zu fragen, wohin, bei der Göttin, sie denn gedachte zu gehen, so früh am Morgen.

„Ich-“, begann Zelda ein wenig unsicher. Das Thema war eher delikater Art. „Ich muss mal austreten“, fasste sie zusammen und wies unnötigerweise zur Tür.

Zum Glück schien Link zu verstehen, denn er erhob sich augenblicklich. Kam zu ihr und griff an ihr vorbei. Öffnete die Holztür.

Zelda erkannte den Geruch, der sie sofort umfing. Der sie die ganze Nacht umfangen hatte, und lehnte sich unwillkürlich ein wenig zurück.

„Was machst du denn da?“, fragte sie irritiert, als er an ihr vorbei, nach draußen ging, und begann die Gegend abzulaufen. Hinter die Hütte, den Brunnen und die Büsche sah.

Er war schneller wieder bei ihr, als sie verstehen konnte, was das sollte.

Er deutete nach draußen.

„Sichern“, beantwortete er ihre Frage. So spät, dass Zelda es erst nicht verstand.

„Oh“, machte sie und blinzelte ein wenig beschämt „Gut.“

Sie trat nach draußen. „Danke.“

Link nickte und schloss die Tür. Gab ihr die Privatsphäre, die sie brauchte.

Dennoch schoss Zelda das Blut in die Wangen. Es war das erste Mal, dass ein Fremder für sie Orte auskundschaftete, an denen sie sich erleichtern konnte.

Schnell huschte sie zu dem nächstgelegenen Busch. Nach kurzer Überlegung lief sie weiter, zu einem der weiter entfernt wuchs.

Sie justierte ihre Kleidung und hockte sich hin. Ließ den Kopf hängen, während sie sich erleichterte. Zelda seufzte.

Es würde ihr nicht peinlich sein, wenn es ihm nicht peinlich war.

 

Als sie zurück zur Hütte kam, brannte im Kamin wieder ein Feuer. Darüber brutzelten Eier, auf die Link gekonnt ein stocherte. Ein fantastischer Geruch erfüllte den kleinen Raum und Zeldas Magen begann augenblicklich, zu rumoren.

Er sah auf, als sie eintrat. Lächelte.

Zelda schloss die Tür. Wandte sich von dieser heimeligen Szene ab.

Es war einfach zu seltsam. Gestern Morgen hatte sie nicht ohne komplizierte Kaskaden negativer Gefühle an ihn denken können. Jetzt schlief sie in seinen Sachen und ließ sich von ihm bekochen.

 

„Wieso kannst du das so gut?“, fragte Zelda, bevor sie die Worte zurückhalten konnte.

Link beförderte ein perfekt gefaltetes, köstlich duftendes, sanft dampfendes Omelett auf einen Teller und reichte es ihr. Dann begann er, erneut Eier in die Pfanne zu schlagen. Unmengen an Eiern.

„Ich esse gerne“, sagte er irgendwann, als würde das alles erklären, lange, nachdem Zelda aufgehört hatte, auf eine Antwort zu warten. Sie sah von ihrem Teller auf, von dem himmlischsten Omelett das sie je gegessen hatte. Ihr Leben war soeben so viel besser geworden.

Er ging nicht weiter darauf ein, aber die Antwort war so persönlich, so ehrlich, so einnehmend, dass Zelda dazu ebenfalls schwieg.

 

Sie aßen schweigend, doch das erste Mal fühlte es sich nicht unangenehm an.

Das Lager war schnell zusammengepackt und irgendwie schaffte es Link, dass es so aussah, als wäre nie jemand hier gewesen.

Er füllte die Wasservorräte auf und streckte die Hand nach Zeldas eigener Feldflasche aus. Doch sie bückte sich selbst nach dem Eimer, den er aus dem Brunnen hoch gekurbelt hatte. Er hatte bereits so viel für sie getan. Ihre Wasserflasche brauchte er nicht auf noch zu füllen.

 

Sie überquerten den Evandra Fluss über eine natürliche Steinbrücke und folgten der Straße in Richtung der Phirone Wälder bis zum südlichen Ende des Hylia Sees. Sie stoppten dort für eine Pause, um dann über die Hügel nach Adeya zu gelangen, dem Dorf innerhalb des knöchelhohen Sees.

Zelda war dankbar über die Nacht in einem echten Bett. Dass sie nicht sofort die Quelle ansteuerten.

 

Die Herberge dort war klein und gemütlich. Link schüttelte den Kopf, als Zelda bei den Gastleuten zwei Zimmer und ein Bad für sich erfragte. Ein Bad für Link zu bestellen, erschien ihr ein wenig anmaßend. Beleidigend.

Eins, deutete ihr Leibwächter über ihren Kopf weg an, bevor Zelda sich wehren konnte. Scheinbar konnte er mit einem Fingerzeig mehr erreichen als sie mit Worten, denn es wurde ihr ein einziger Schlüssel gereicht.

Zelda fügte sich seiner Entscheidung. Doch ihr schlechtes Gewissen meldete sich, als er Anstalten machte sich vor ihrer Tür niederzulassen.

„Es ist noch früh“, meinte sie an den Rahmen gelehnt. Link sah sie fragend an. „Nun“, begann sie stockend. „Ich würde gern ein Bad nehmen, aber dann...“ Sie begann, ein nervöses Muster in das Holz der Tür zu trommeln. „Dann würde ich mich sicherer fühlen, wenn...“ Wieder stockte sie. Atmete hörbar aus und ballte die Fäuste, bevor sie sich zwang, ihm ins Gesicht zu sehen.

„Angesichts der kürzlichen Geschehnisse würde ich mich sicherer fühlen, wenn du nicht vor meiner Tür wachen würdest.“

Sie schluckte um eine schmerzliche Verhärtung in ihrer Kehle herum. „Sondern hier drin.“

Zelda deutete in das Zimmer hinein. Das glücklicherweise einigermaßen groß war und neben einem Bett, Teppiche, einen Balkon und Tisch und Stühle beinhaltete.

Links Blick folgte ihrer Hand, dann fixierte er ihr Gesicht. Wieder schluckte Zelda, wartete.

„Mein Leben gehört Euch“, sagte er. Es schien seine Antwort auf alles zu sein, was er für sie tat. Und auch, wenn sie die Bedeutung nun verstand, so war ihr die Implikation unangenehm. Die Verantwortung.

Außerdem brauchte sie eine passende Erwiderung auf diesen Satz.

 

*

 

Noch vor dem Morgengrauen brachen sie auf.

„Ich habe mein Gewand nicht dabei“, sagte Zelda irgendwo neben dem Farodra Plateau. Sie folgte sonst der offiziellen Straße und dann dem Dracoto Fluss hinauf bis zur Quelle. Link führte sie allerdings über eine viel direktere Route, die durch die bergige Landschaft südlich des Adeya Sees in Richtung Phirone führte.

Sie beinhaltete eine nicht zu vernachlässigende Menge an Kletterei und die hohe Luftfeuchtigkeit brachte Zelda zum Schwitzen.

Dass sie ihr Gewand der Hohepriesterin nicht dabei hatte, war ihr nicht neu. Schließlich war sie ohne Wechselkleidung vom Schloss aufgebrochen. Die baldige Ankunft an der Quelle des Mutes machte sie allerdings nervös. Und sie hatten eine ganze Weile schon kein Wort mehr gewechselt. Es war das Erstbeste, das Zelda nach reichlicher Überlegung einfiel.

Link wandte sich zu ihr um, fragend. Auch ihm klebten die blonden Haarsträhnen an der Stirn. Seine Augen wirkten neben seinen leicht geröteten Wangen blauer als sonst.

„Was bedeutet das?“

Zelda nutzte die Gelegenheit für eine kleine Atempause. Sie blieb stehen und stützte sich mit den Händen auf ihren Oberschenkeln ab.

„Nur, dass ich das Gewand nicht dabei habe, das ich sonst immer trage“, erklärte sie atemlos.

Link kannte das Kleid. Er musste sie Dutzende Male darin gesehen haben.

Zelda hob die Schultern. Wischte sich den Schweiß von der Stirn. So langsam freute sie sich auf die Quelle. Und auf die zeremonielle Reinigung, die sie dort durchführen würde.

„Ich werde mein Unterkleid tragen müssen.“

Sie sah ihn an, hoffte, dass er richtig schlussfolgern würde.

Sein Gesicht hatte den bekannten stoischen, schwer zu lesenden Ausdruck neutraler Gleichgültigkeit angenommen. Zelda fragte sie, ob es etwas war dass automatisch eintrat, oder ob er es bewusst steuern konnte. Wenn ja, war das ein kleines Wunder.

„Ich werde mit dem Rücken zu Euch stehen“, meinte er schließlich und bewies einmal mehr, was für ein cleverer Junge er war. Zelda seufzte erleichtert auf. Froh darüber, dass es ihr erspart blieb, für die Schicklichkeit ihres Quellbesuchs sprechen zu müssen.

Sie nickte.

„Gut“, sagte sie und atmete tief durch. Sie richtete sich auf und setzte sich wieder in Bewegung.

Link startete einen Moment später als sie.

Gern hätte sie gefragt, was in ihm vorging. Ob er es für unangemessen hielt, dass sie sich der Göttin in ihrem Unterhemd präsentieren wollte. Doch das wäre ihr unangenehm gewesen. Zelda hoffte, dass er es nicht missverstehen würde. Ihr lag jegliche Tändelei fern. Sie hatte ihn nur vorwarnen wollen.

Natürlich was es nicht angemessen. Es grenzte an Unsittlichkeit. Aber besser als der Göttin in ihrer mit Reisestaub überzogenen Tunika gegenüber zu stehen. Wenigstens war ihr Unterkleid weiß.

 

 

Als sie die Quelle erreichten, wartete Zelda bis Link die Umgebung abgesucht hatte und seine Position am Eingang des großen Drachenschädels einnahm. Er stand mit dem Blick zu Statue gewandt. Betrachtete schweigend das Abbild der Göttin.

„Warst du schon einmal hier?“, fragte Zelda ihn leise.

Er nickte schweigend, ohne den Blick abzuwenden.

Natürlich. Die Quelle des Mutes. Link war ein Kind Farores. Er repräsentierte den Mut, so wie sie selbst die Weisheit repräsentierte. Oder es eigentlich tun sollte.

Wenn es eine Quelle gab, die er besucht hatte, dann diese hier.

„Ich war bei allein Quellen“, teilte er ihr mit und Zelda zog überrascht die Brauen in die Höhe.

„Wirklich?“, fragte sie unnötigerweise.

Er nickte.

„Ein Versuch die Göttin zu spüren, vermutlich“, murmelte er beinahe unhörbar.

Doch Zelda hörte ihn. Trotz der ungewohnten Geräusche des Dschungels.

So vieles sprach aus diesem Satz. Eine Bereitschaft, den Willen, in der Legende, auf der sein Dasein beruhte, einen Sinn zu finden.

Das Bedürfnis, nicht nur mit der physischen Seite seiner Aufgabe in Kontakt zu treten. Vielleicht auch die Unfähigkeit eine göttliche Verbindung spüren zu können.

Wie gern hätte Zelda nachgehakt. Nachgespürt, ob diese Unfähigkeit sie womöglich verband.

Aber sie wollte sich nicht in dieser Hoffnung verlieren. In dem kindischen Bedürfnis einen Leidensgenossen zu haben, dessen Existenz ihre eigene Unfähigkeit rechtfertigen würde.

Außerdem war sie aus einem anderen Grund hier. Und von dem durfte sie sich nicht ablenken lassen.

 

Sie seufzte und begann ihr Haar zu lösen. Flocht den Zopf auf und betrachtete Link, dessen Blick sich langsam von der Statue löste und zu ihr hinüber glitt.

Als sie fertig war, ließ sie die Hände sinken.

Wortlos standen sie sich gegenüber. Bewegungslos.

Atmeten.

„Ich werde jetzt beginnen“, sagte Zelda leise, nicht gewillt, ihm gegenüber das Wort ausziehen in den Mund zu nehmen.

Link schien aus einem tiefen Gedanken zu erwachen. Er bewegte kurz den Kopf. Eine winzige Mischung aus Schütteln und Nicken. Dann drehte er sich um. Nicht auf den Zehenspitzen, sondern mit einem Schritt zu Seite und einem nach vorne. So wie er es immer tat.

Mit dem Rücken zu ihr, zog das Schwert.

Zelda hatte ihn so häufig in dieser Pose gesehen.

Sie war gut darin geworden, aus dem wenigen, was er zeigte, zu lesen. Aber sie war weiterhin vollkommen blind dafür, was wirklich in ihm vorging.

 

Zelda biss sich auf die Lippe. Vor Nervosität. Vor Angst vor der kommenden Enttäuschung.

Wegen der Neuartigkeit der Situation. Für gewöhnlich begleiteten sie ihr Hofdamen. Vor denen das Reinigungsritual wesentlich weniger unkeusch wirkte.

Zelda bezweifelte nicht, dass mit einem Mann im Rücken, nur einige Schritte entfernt, Befangenheit ein ganz neues Problem darstellen würde.

Und wahrscheinlich wäre es schwieriger als sonst, den transzendenten Zustand neutraler Offenheit zu wahren.

Sie fuhr sich ein letztes Mal durch das Haar und entledigte sich dann ihrer Stiefel und ihrer Handschuhe. Dann folgte die Hose. Und dann die Tunika. Sie versuchte das Rascheln ihrer Kleidung so gering wie möglich zu halten. Um die Heiligkeit des Ortes, des Momentes, nicht durch die Profanität abgelegter Kleidung zu stören. Aber auch, weil sie nicht weiter darauf aufmerksam machen wollte, dass sie sich hier entkleidete. Nur ein paar Schritte von Link entfernt.

 

Nur in ihrem Unterkleid, dem weißen, feinen Leibchen, das ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte, trat sie in das Wasser.

Anders als der Rest von Phirone, war die Quelle kühl. Winzige Wellen bildeten sich, schwappten über die Steine und plätscherten fröhlicher, als es zu diesem heiligen Ort passen sollte.

 

Das Wasser fühlte sich anders an als sonst. Es war eine Weile her, seit Zelda das letzte Mal hier gewesen war. Gesteigerte Monsteraktivitäten hatten verhindert, dass sie mit der gewohnten Regelmäßigkeit hier herkam. Dennoch, sie wusste ganz genau, wie es sich anfühlte.

Wasser, das ihre Beine umspülte, das ihr bis zum Bauchnabel reichte.

Wasser, das einfach nur Wasser war. Die Nässe. Die Scham. Die Enttäuschung.

 

Langsam bewegte sich Zelda auf die Statue zu. Sah zu ihr auf.

Es kribbelte. Ganz leicht nur. So leicht, dass sie nicht wusste, ob sie es sich nur einbildete. Es fühlte sich an wie elektrische Spannung. Als sei das Wasser aufgeladen mit einer unsichtbaren Kraft, die mit formlosen Fühlern nach ihr griff.

Stumm wartete Zelda das irgendetwas geschah. Doch die Zeit verging, ohne das sich sonst etwas änderte.

Dennoch ermutigte sie diese Empfindung.

Sie formte mit ihren Händen das Gefäß, das sie schon bei ihrer Mutter beobachtet hatte, und goss sich das Quellwasser über den Haaransatz. Wiederholte den Vorgang und konzentrierte ihren Geist auf die Reinigung. Auf das Fortwaschen ihres alten Selbst, mit jedem Wasserstoß.

Als sie vollkommen durchnässt und gereinigt war, legte Zelda die Handflächen auf die Wasseroberfläche.

Es war nicht viel, was sie wusste. Erinnerungen an ihre Mutter. Kniend, im Mondlicht. Von innen leuchtend, bevor sie sich umdrehte und ihre Tochter sah.

Gemurmelte Worte vor dem Sonnenaufgang. Ein seliges Lächeln.

Ihre Mutter hatte gebetet und sie hatte die Quellen besucht. Es gab nicht viel mehr, was Zelda einen Anhaltspunkt geben konnte.

Also tat sie es auch.

In all den Jahren waren das die Bilder, die sie sich vor Augen führte, wenn sie zu ihren Andachten niederkniete. Sie beschwor die Erinnerungen herauf, an ihre wunderschöne Mutter. Die so glücklich, so friedlich wirkte. Das war die innerliche Haltung, auf die Zelda abzielte. Mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg.

Es gab keine Dokumente, die davon handelten, wie man die Siegelkräfte erweckte. Dieses Wissen wurde von Generation zu Generation weitergetragen. Mündlich. Damit nie jemand dieses Wissen stehlen und missbrauchen würde.

Es war eine Sicherheitsmaßnahme. Doch in Zeldas Fall würde es nicht nur ihren eigenen Untergang bedeuten, wenn sie nicht Kräfte nicht ohne diese Hinweise erwecken könnte.

 

Zelda wischte diese Gedanken fort. Sie sollten hier keinen Platz haben. Nicht an diesem Ort.

Sie atmete tief ein und ließ ihren Atem fließen, versuchte sich zu öffnen. Zu akzeptieren. Ruhe und Klarheit. Was immer die Göttin vorsah, Zelda würde es annehmen.

 

Bitte. Bitte. Hylia. Was soll ich tun? Bitte. Bitte. Ich bin hier. Ich werde es immer sein. Bitte. Ich brauche dich. Zeig mir den Weg. Ich bitte dich. Bitte. Hylia.

 

„Prinzessin“, sagte eine sanfte Stimme an ihrem Ohr und etwas Warmes, Weiches legte sich um ihre Schultern. Der plötzliche Kontrast, das Geräusch, die Berührung, durchfuhr sie mit einem Schauer.

Zelda zuckte zusammen. Ihre Augen sprangen auf. Es war dunkel. Sie fror, ihren Unterkörper spürte sie nicht mehr und das nasse Unterkleid klebte an ihrem Körper.

 

„Was-Wie-Aber“, stammelte sie.

„Kommt“, sagte die Stimme noch sanfter. „Es ist spät. Ihr seid durchgefroren. Es ist genug.“

 

Seine Hände lagen auf ihren Schultern, auf der Decke, in die er sie gewickelt hatte. Gegen die Kälte des Wassers, in dem sie den ganzen Tag gestanden hatte. Oder wegen des Kleides, das an ihrem Körper klebte und so durchsichtig sein musste, dass es Zelda Schamesröte auf die Wangen getrieben hätte, wäre ihr Blut dazu in der Lage, sich so schnell zu bewegen.

 

Sie ließ sich von ihm durch das Wasser führen, das ihm ebenfalls bis zur Hüfte ging. Weg von der Statue. Hinaus auf die Steine, über die Zelda beinahe stolperte. Hin zu einem fröhlich flackernden Feuer.

„Sollten wir hier ein Feuer entzünden?“, fragte sie schwach und wankte darauf zu. Sie spürte, wie Link mit den Schultern zuckte.

„Sie scheint sich nicht daran zu stören“, sagte er und Zelda brauchte einen Moment zu erkennen, dass er einen Scherz gemacht hatte. Der Gedanke erschreckte und verstörte sie zugleich. Man machte keine Witze über die Göttin.

Doch ihr fehlte die Kraft für einen entsetzten Blick. Seine Worte machten etwas in ihr. Lösten etwas aus, eine Gedankenkette, doch Zelda war zu erschöpft, um ihr zu folgen.

Link reichte ihr eine kleine Phiole, setzte sie an ihre Lippen, als sie keine Anstalten machte sie entgegenzunehmen. Wärme durchflutete sie. Genug, um das Zittern zu stoppen, das eingesetzte hatte, sobald sie aus der Quelle getreten war. Sie folgte, als er sie führte. Zu einem Lager neben dem Feuer. Fühlte Weichheit, roch frische Luft und Link. Dann wurde sie von Dunkelheit überwältigt.

 

Sie erwachte vor Sonnenaufgang, gehüllt in Wärme und Weichheit. Das Feuer brannte immer noch, ließ knisternde Funken in den dämmrigen Himmel aufsteigen.

Sie lag auf der dünnen Matratze, auf der sie vor zwei Nächten bereits geschlafen hatte, doch unter ihrem Kopf stapelten sich nun mehrere weiche Kleidungsstücke. Daunen.

Es musste Links mit Federn gefüllte Winterkleidung sein, zusammengerollt als Kopfkissen.

Also versteckte er nicht nur Waffen, Schilde und Verpflegung in dieser Tasche.

Nach der Nacht am Lagerfeuer roch alles ein wenig nach Rauch, so wie bestimmt auch sie selbst. Dennoch, darunter war dieser Geruch, den sie von Link kannte. Ein wenig metallisch, frisch und … und Mann. Hitze stieg in ihren Wangen auf.

Unter der Decke trug sie immer noch ihr dünnes Unterkleid. Nun nicht mehr nass, so wie in der Nacht zuvor. Link musste sie darin gesehen haben. Musste gesehen haben, wie es an ihrem Körper klebte, bevor er die Decke um ihre Schultern gelegt hatte.

Zelda schämte sich, ihm diesen Anblick geboten zu haben. Es ziemte sich nicht.

Ebenso wenig, wie die Nase in die Kleidungsstücke eines jungen Ritters zu vergraben. Von dessen Geruch umhüllt, einzuschlafen.

Langsam hob Zelda den Blick.

Link saß nicht weit entfernt, mit dem Rücken zum Feuer. Er trug ein weißes Hemd, das Hemd, das er unter seiner Reckentunika trug. Die neben ihm auf den Steinen ausgebreitet war. Zum Trocknen. Ein blauer Fleck in der dämmrigen Dunkelheit. Richtig, er war in die Quelle gekommen, um sie herauszuholen. Hatte sich dabei wohl ebenfalls völlig durchnässt.

Sein Schwert lag über seinen Knien und er konnte unmöglich genug Wärme vom Feuer spüren.

Es sah unbequem aus.

 

Anders als ihre Bettstatt, die sie so warm und schläfrig machte, dass sie gegen den Drang kämpfen musste, erneut die Augen zu schließen und weg zu dämmern.

Sie gewann den Kampf und setze sich auf, die Decke vor der Brust festhaltend. Link war sofort auf den Beinen.

 

„Danke“, sagte Zelda. Etwas Wichtigeres gab es nicht. „Danke“, wiederholte sie. Darauf bedacht, nichts von dem zu vergessen, was er für sie tat, oder es als selbstverständlich hinzunehmen. Er nahm eine entspanntere Position ein. Ließ das Schwert sinken. Vielleicht hatte sie ihn mit ihrer plötzlichen Bewegung erschreckt.

„Ich dachte, dieses Mal wäre es anders. Es fühlte sich anders an. Am Anfang.“ Zelda seufzte und starrte in die Flammen. „Natürlich lag ich falsch. Ich weiß nicht, warum ich immer noch hoffe.“

Sie schluckte. „Ich habe nicht bemerkt, wie die Zeit verging. Und auch die Kälte nicht. Wahrscheinlich wäre ich im Wasser zusammengebrochen, wenn du mich nicht aus dem Gebet geholt hättest. Also, ich danke dir für deine Intervention.“ Zelda zwang sich zu einem Lächeln, wollte ihre Worte nicht von einer missmutigen Miene begleitet wissen. Doch sie vermutete, dass es nicht ihre Augen erreichte.

 

„Urbosa hat erwähnt, dass so etwas schon einmal geschehen ist“, gestand er und begann mit schnellen Handgriffen ein Frühstück zu bereiten. Zelda sah Pilze und goldenen Weizen.

„Warst du die ganze Nacht wach?“

Er zuckte mit den Schultern. Zelda deutete es als ein ja.

„Noch einmal. Ich danke dir.“

Wieder antwortete er mit einem Schulterzucken. Dieses Mal jedoch mit leicht geneigtem Kopf. Keine große Sache, interpretierte sie.

 

Zelda fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, während die andere weiterhin die Decke hielt.

„Es tut mir leid, dass ich unsere Zeit verschwendet habe, ich-“

„Es war keine Zeitverschwendung“, unterbrach er sie, mit genug Hitze in der Stimme, das Zelda abbrach. „Auch wenn nicht das geschah, was Ihr euch erhofft hattet. Dennoch war es wichtig. Es ist nicht Eure Schuld, Prinzessin.“

Zelda betrachtete ihn mit großen Augen.

„Ich sollte-“, begann sie. Wollte sich erklären.

„Ihr tut es“, unterbrach er sie erneut. Und dieses Mal schwieg Zelda. Überrascht von der Intensität, mit der er sprach, seinem schnellen Widersprechen, sowieso der Sicherheit der Worte.

 

Nach einer Weile reichte er ihr einen Löffel und eine Schüssel, voll mit goldenem, heißen Weizenbrei und gedämpften Pilzen. Der köstliche Geruch ließ sie an das Geständnis denken, das er vor zwei Tagen gemacht hatte.

Ich esse gerne.

 

„Erklär' es mir noch mal“, begann sie und klopfte sich mit dem Löffel an die Lippen. „Warum sagtest du, kannst du so gut kochen?“.

Er hatte nichts dergleichen gesagt. Was der Grund war, wieso sie noch mal auf das Thema zurückkam.

Außerdem war es unschuldig. Hatte nichts mit Legenden und Göttinnen, nichts mit Weisheit, Kraft oder Mut zu tun.

„Ich esse gerne“, wiederholte er die Antwort, die er ihr auch schon zuvor gegeben hatte.

 

Seine Portion signifikant größer als ihre eigene. Zelda beobachtete ihn durch das Feuer. Führte nur ab und zu einen Löffel zum Mund, während Link sich wie ein Verhungernder über seine Schüssel hermachte.

Er schien ihre Augen auf sich zu spüren, denn er warf ihr immer unruhigere Blicke zu. Vielleicht war es die Nähe zum Feuer, die seine Wangen rötete, aber Zelda hatte den unbestimmten Verdacht, dass er errötete.

 

„Wenn ich mehr Zeit mit der Zubereitung verbringe, esse ich nicht so viel“, murmelte er und begann seine Schüssel über dem Feuer zu reinigen. Sein Geständnis erschien ihr eine eher knappe Interpretation der Wahrheit zu sein.

 

Er war ein Vielfraß!

Wie unfair die Welt doch war. Sein erster Fehler, die erste Schwachstelle, die sie fand und dann war es etwas so restlos Charmantes.

Und so einfach auszunutzen.

 

„Nun bin ich unerklärlicherweise dazu geneigt, dich mit Nahrung zu erpressen, wann immer du knausrig mit Information bist.“

 

Er stoppte in seinen Bewegungen und betrachtete sie mit einem Blick, der seinen Horror nur schlecht verbarg. Doch er schien zu bemerken, dass sie scherzte, denn langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.

Zelda betrachtete ihn schweigend. Warm umschlungen von seinen Besitztümern, eingehüllt in seinen Geruch.

Eine Wolke aus Schmetterlingen eruptierte in ihrem Bauch.

Das war … absolut unerwartet.

 

Zelda reichte ihm ihre leere Schüssel und er begann, sie ebenfalls zu reinigen. Sie sah zu, wie ihm das Haar in die Stirn fiel. Entwickelte eine merkwürdige Faszination damit, wie die weiße Tunika genau unter seinen Schlüsselbeinen endete und den Blick darauf zu lenken schien. Auf die elegant geformten Knochen, die sich bei jeder Bewegung unter seiner Haut abzeichneten.

Sie senkte abrupt den Kopf.

 

Elegant geformte Knochen.

Beinahe hätte sie gelacht.

Bei der Göttin. Sie war nicht besser als Mipha. Und die Frauen bei Hofe.

Sie war nicht besser, als wahrscheinlich jedes andere weibliche Wesen, das je Zeit mit Link verbracht hatte.

 

Zelda seufzte. Nun, sie hatte es bemerkt, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Und sich seit dem permanent gegen die Erkenntnis gesträubt. Er war ein außergewöhnlich wohlgeratenes Exemplar der Hylianischen Rasse. Es waren die Haare. Die agile Statur mit all den fein ausgebildeten Muskeln. Und diese Augen. Selbst die Augenbrauen, die eine gewisse Schärfe in das sonst makellos schöne Gesicht brachten, das ohne diesen männlichen Zug mädchenhaft hübsch gewesen wäre.

 

Es würde die Sache nicht unbedingt erleichtern, dass sie für diesen Fakt nun nicht weiter blind war.

 

Link schlüpfte in sein Reckengewand und wandte sich dann um, damit Zelda in ihre Kleidung steigen konnte. Sie zwang sich, nicht zu erröten, als sie daran dachte, dass Link sowohl Hose, als auch Tunika aufgehoben und neben sie gelegte haben musste, während sie schlief. Mit seinen Händen den Stoff berührt hatte.

Zelda ermahnte sich. Das wurde mit verstörender Schnelligkeit lächerlich.

So schnell wie möglich zog sie sich an. War sich seiner Anwesenheit nun noch bewusster als am Tag zuvor, als sie sich entkleidet hatte.

Sie stieg in ihre Stiefel und ging zum Quellbecken, um in der dortigen Spiegelung ihr Haar zu flechten.

 

Als sie sich umdrehte, sah es so aus, als hätte es nie ein Feuer gegeben und alle Ausrüstungsgegenstände waren verschwunden.

 

„Wo versteckst du das alles?“, fragte sie verwundert, dieses Mal zu perplex, um ihr Interesse an diesem Mysterium zu verbergen.

Er sah auf und ließ das Bannschwert in der Scheide verschwinden.

„In meiner Tasche“, sagte er und klopfte auf das kleine Ding an seinem Gürtel.

„Wie?!“

Sein Mundwinkel zuckten, dann zwinkerte er ihr zu – er zwinkerte ihr wahrhaftig zu – und antwortete „Magie.“

 

Zelda schüttelte den Kopf und unterdrückte nur schwer ein Lachen. Sie hatte keine Idee, welche Art von Magie es möglich machte, in einer so kleinen Tasche all diese Ausrüstungsgegenstände zu verstauen, geschweige denn Verpflegung für Wochen, Utensilien und Waffen. Aber sie hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie sie es aus ihm heraus kriegen würde.

 

Ihr Rückweg führte sie über die Hyliabrücke und am Plateau vorbei. Wie komisch es doch war, dass sie noch vor wenigen Wochen einer ähnlichen Route gefolgt waren, mit ganz anderen Gefühlen zwischen ihnen.

In der Torstadt am Fuße des Plateaus erstand Zelda einige Apfelpasteten, während Link in der Kaserne jemanden beauftragte, der ihre Pferde im Stall an der Grenze zur Gerudo Wüste abzuholen und zum Schloss zu bringen.

Es waren kleine, zauberhaft duftende Teigstücke, die sie in einem Marktstand kaufte und mit spitzbübischem Grinsen in ihrer Tasche verstaute.

 

„Apfelkuchen“, sagte sie nicht wenig später, als sie die Stadt verlassen hatte und der Hauptstraße folgten. Sie würden die Strecke bis zum Schloss an diesem Tag nicht schaffen. Aber spätestens gegen Mittag des nächsten Tages dort eintreffen. Es fühlte sich an, als würde ein wundersames Abenteuer zu Ende gehen. Und Zelda fühlte sich seltsam beschwingt. Wie von frischem Wind durch gepustet. Ein wenig albern.

 

Links Kopf schnappte beinahe augenblicklich herum. Er ging einige Schritte vor ihr, da er auskundschaftete, welchem Weg er folgen wollte.

Zelda zog die fest eingewickelten Backstücke hervor und schwenkte sie einladend in seine Richtung. Passenderweise dampften sie immer noch ein wenig.

Er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber Zelda unterbrach ihn. „Sie gehören dir, für einen sehr, sehr kleinen Preis.“ Er war stehen geblieben und sah sie misstrauisch an.

„Und der wäre?“, fragte er argwöhnisch. All seine Vorsicht konnte die offensichtliche Sehnsucht auf seinem Gesicht nicht verstecken. Sein Blick folgte den Dampfschwaden.

„Information“, antwortete Zelda. „Was hat es mit dieser Tasche auf sich“, verlangte sie zu wissen. Für den Fall, dass nicht klar sein sollte, worum es ihr ging, deutete sie auf das kleine Wunderwerk an seinem Gürtel.

Links Augen wurden groß. Weiteten sich auf beinahe komische Weise. Dann seufzte er resignierend. „Das ging schnell“, murmelte er und meinte damit, wie schnell sie einen Weg gefunden hatte, seine Schwäche für Nahrung für ihre Zwecke auszunutzen. Nun, sie hatte es angekündigt.

Link fuhr sich mit der Hand in den Nacken.

Zelda grinste. „Ich bin berühmt für meine Fähigkeiten als Forscherin. Das liegt mir im Blut. Es war nur eine Frage der Zeit, Sir Ritter.“

Er warf ihr einen dreckigen Blick zu, der sie zum Lachen brachte. Dann kam er ihr einige Schritte entgegen. „Krogs“, presste er hervor und streckte dann die Hand aus, als sei das eine ausreichende Antwort. Herausfordernd sah er sie an.

„Krogs?“, wiederholte Zelda, nun fasziniert. Unwillkürlich ließ sie den Arm sinken. Und die Apfelpasteten in der Hand. „Was haben Krogs damit zu tun? Wo hast du überhaupt einen Krog gefunden, ich dachte, sie wären ein Mythos.“

Link atmete laut aus, schwer bedrückt davon, dass der Apfelkuchen aus seiner Reichweite verschwand. Er sandte ihr einen leidenden Blick zu. Einen sehr leidenden Blick und ergab sich dann seinem Schicksal.

„In den verlorenen Wäldern. Sie helfen dem Deku-Baum. Sie nennen der Ort Wald der Krogs. Einer von ihnen kann Taschen so verzaubern, dass sie unendlich viel mehr Fassungsvermögen erhalten. Also, wenn du jetzt fertig damit bist, mich zu verhöhnen?“

 

Zelda reichte ihm das Bestechungsmaterial und Link griff danach, bevor sie es ihm wieder wegnehmen konnte. Schweigend beobachtete sie, wie er den Kuchen auswickelte und herzhaft hinein biss. Er schloss kurz die Augen, als er den Geschmack genoss.

Sie fragte sich, ob ihm bewusst war, was er gerade gesagt hatte. Dass er die ehrenhafte Anrede vergessen und sie mit familiärem Du angesprochen hatte.

Wahrscheinlich hatte ihm das Vorenthalten seines Begierdeobjektes für kurze Zeit den Verstand umnebelt.

Doch das Sehnen, dass dieser freundschaftliche Schlagabtausch in ihr auslöste, ließ Zelda jeden Humor vergessen.

 

„Vielleicht“, begann sie, um den Moment zu zerstreuen, „würdest du nicht so viel essen, wenn du mehr schlafen würdest.“

Sie hatte es schon einmal gesagt. Und an dem Blick den Link ihr zuwarf, kauend, mit geschlitzten Augen, war deutlich, dass er sich ebenfalls erinnerte. Gut, durch Wiederholung erhielt ihre Aussage einen witzigen Beigeschmack. Sie hatte sowieso das Gefühl, dass er das nicht zum ersten Mal hörte.

„Vielleicht“, sagte er, nachdem er den Bissen geschluckt hatte, „verzichte ich absichtlich auf Schlaf, um mehr essen zu müssen“, wiederholte auch er die Vermutung, die er schon das letzte Mal geäußert hatte. Doch nun mit so einem verwegenen Blick und so viel Wagemut in der Stimme, dass Zelda laut lachen musste.

So laut, dass sie unbewusst nach etwas greifen wollte, das ihr etwas Halt geben konnte, während sie von Lachsalven geschüttelt wurde.

Ihre suchende Hand fand Links Unterarmschützer und krallte sich daran fest.

Sie richtete sich auf, nachdem sie sich beruhigt hatte. Wischte sich über die tränenden Augen und ihr Lachen verstummte.

Wortlos, beinahe träumerisch betrachtete sie ihre Hand auf seinem Arm.

Sie war geneigt, sie dort zu lassen. Er war so schnell so enorm in ihrem Ansehen gestiegen, dass sie begann ungute Entscheidungen zutreffen, so weit es ihn betraf.

Sie hatte ihn gerade mit einem Apfelkuchen bestochen. Und nun wollte sie sich an ihm festhalten und nicht mehr loslassen? Was, Hand in Hand mit ihm über die Ebene marschieren?

Zelda spannte kurz die Finger – da sie anscheinend ein albernes Mädchen war – spürte der Form des Lederstücks unter ihren Händen nach und ließ dann seinen Arm los.

Sie bildete sich ein, dass Links Hand für einen Moment länger in der Luft verweilte. Als würde er ihr die Chance geben wollen, ihn erneut zu berühren. Das war mit größter Wahrscheinlichkeit ein Anflug von Wahnsinn ihrerseits und solche Torheit war wohl der Grund, wieso sie die Siegelkräfte nicht erwecken konnte, die doch eigentlich ihr Geburtsrecht waren; sie waren eng mit Weisheit verflochten und momentan schien Zelda davon nicht eine Unze zu besitzen.

 

*

 

Sie nächtigten in im Gasthof eines kleinen Dorfes unweit von Hyrule Stadt. Sie hatten einvernehmlich beschlossen, dass sie nicht im Dunkeln im Schloss eintreffen wollten. Wegen der Botschaft von Unverantwortlichkeit, die solch späte Reisezeit transportierte.

Außerdem wollte Zelda es nicht so abrupt enden lassen. Sie hatte den Verdacht, dass es Link ähnlich ging. Auch wenn sie da ziemlich auf Spekulationen angewiesen war und natürlich die Möglichkeit bestand, dass sie vollkommen falsch lag.

 

Die Gasthofbesitzerin erkannte sie sofort, der Nachteil der Heimnähe, und erklärte ihnen voller Begeisterung, für wie klug sie es hielt, dass Zelda Link zum Hauptmann ihrer Wache gemacht hatte. Was natürlich weder so geschehen war, noch stimmte, aber Zelda war nicht danach, sie zu berichtigen. Und Link war zu loyal, um irgendwie zu erwähnen, wie schäbig die Prinzessin sich ihm gegenüber verhalten hatte, ob nun Hauptmann, oder nicht.

Sie erhielten zwei aneinandergrenzende Zimmer, die durch einen Zwischenraum miteinander verbunden waren. Link benötigte einen Moment, um seinen Rundgang durchzuführen.

„Also habe ich dich doch an den Wänden riechen sehen“, lamentierte Zelda fassungslos, nachdem er die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Sie hatte es doch gewusst.

Er zuckte mit den Schultern, was Zustimmung genug war.

„Was hoffst du denn zu riechen?“, fragte sie amüsiert.

„Bananen“, antwortete Link und kniete nieder, um ein Feuer im Kamin zu entfachen.

Da dort bereits eines aufgeschichtet war, dauerte es kaum zwei Atemzüge und die ersten Flammen züngelten empor.

„Bananen“, wiederholte Zelda ungläubig.

„Ja“, bestätigte er und stand auf. „Und ich hoffe eigentlich, sie nicht zu riechen. Yiga riechen nach Bananen.“

„Oh“, machte sie. Diese Antwort reichte, um sie zum Schweigen zu bringen.

Link bedachte sie mit einem schwer deutbaren Blick. Trotzdem hatte Zelda das Gefühl, dass er wusste, was in diesem Moment in ihr vorging. Allerdings hatte er genug Feingefühl um es nicht zur Sprache zu bringen.

Er löste die Befestigung des Bannschwertes von seinem Rücken und lehnte es mitsamt Scheide an die Wand, dann ließ sich in einem gepolsterten Sessel nieder, der nicht weit vom Feuer entfernt stand.

Zelda setzte sich ebenfalls. „Woher weißt du das?“, fragte sie leise.

„Wenn man genügend von ihnen getötet hat, schreibt sich die Statistik von allein.“ Er hielt kurz inne. Überzeugte sich davon, dass das Thema ihr nicht zu viel wurde. „Sie essen kaum etwas anderes. Es grenzt an Besessenheit, ihre Fixierung auf Bananen.“

Wenn man genügend von ihnen getötet hat.

„Wie viele … Yiga … hast du getötet?“, erkundigte sie sich mit kaum hörbarer Stimme. Auch wenn es sie schockierte, schien sie sich nicht stoppen zu können.

Link zögerte, sichtlich unbehaglich darüber zu sprechen. Doch er tat ihr den Gefallen und antwortete: „Viele.“

Auch wenn es herzlich unbestimmt war, durchflutete sie Dankbarkeit. Dafür, dass er nicht einfach das Thema wechselte. Dafür, dass er ihr zutraute, selbst einzuschätzen, wann und wann nicht sie etwas gewachsen war.

Trotz alledem durchfuhr sie ein Schauer.

„Es ist seltsam“, begann sie und rieb sich mit den Händen über die Oberarme, um die plötzliche Kühle zu vertreiben. „Bokblins und Moblins zu töten scheint mit so anders, als gegen Männer zu kämpfen. Mörderische, fehlgeleitete, verräterische Männer zwar, aber dennoch ...“ Sie zuckte mit den Schultern und ließ die Hände sinken. „Als lägen Welten da zwischen. „

Link fixierte sie mit einem schwer lesbaren Blick.

„Es heißt, Ganon war einst ein Mann, und dennoch haben wir ihn zahllose Male getötet, da die Zeit ihn immer wieder zu uns zurückbringt, in einem endlosen Kreis.“

Für eine lange Zeit starrte sie ihn einfach nur an, während sie seine Worte verarbeitete. „Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll“, sagte sie zögerlich, als sie die Bedeutung des Gesprochenen realisiert hatte. „Willst du damit sagen, du glaubst der Held und die Prinzessin aus den Legenden waren tatsächlich … wir?“

 

Link nickte in Richtung des Bannschwertes, das neben ihm an der Wand lehnte. „Ihr fragtet mich einmal, ob es mit mir spricht. Und das tut es nicht. Nicht mit Worten. Aber seit es bei mir ist … wenn ich schlafe, dann träume ich. Träume, die meine sind und … und nicht.“

Er fixierte sie mit einem Blick, den Zelda nicht deuten, der sie aber nicht loszulassen schien. Als wäre es wichtig, was er ihr zu sagen hatte und als würde er ihre gesamte Aufmerksamkeit verlangen. Als bestehe die Gefahr, dass sie nicht zu gehört hätte. Seine Worte fesselten sie. Der Fakt, dass er überhaupt sprach, fesselte sie.

„Ich habe nicht das gleiche Alter, nicht dieselben Eltern, an einem Ort, mit einem anderen Namen. Ich werde von einem Waldgeist großgezogen, als Waisenkind von meinem Onkel, oder ich bin nur ein Ziegenhirte in einem Baumhaus, aber immer … ich.“ Seine Hände gruben sich in die Lehnen des Sessels, während er sich leicht nach vorn legte. „Und die Prinzessin“, sagte er und seine Stimme wurde leise, durchdringender. „hält sich versteckt. Oder sie ist eine versierte Bogenschützin. Oder die tatsächliche fleischliche Verkörperung von Hylia selbst. Aber jedes Mal, wenn ich sie in meinen Träumen sehe, bist es immer … du.“

 

Zelda schluckte. Der Rhythmus seiner Stimme war hypnotisch und sie starrte ihn an, ohne zu blinzeln. Die Intensität seines Blickes hielt sie gefangen, während sie versuchte zu verarbeiten, was er gerade gesagt hatte. Er faszinierte sie. Und dieses Mal hatte sie keine Schwierigkeiten es vor sich selbst zuzugeben. Sie hatte einfach keine andere Bezeichnung für ihre eigene Reaktion. Für das wilde Flattern ihres Herzens. Für die Euphorie, die ein simples du, in ihr auslöste.

 

„Glaubst du“, sagte Zelda mit rauer Stimme „es sind die Erinnerungen des Schwertes?“

Link nickte.

„Ich habe mich selbst darauf zu laufen sehen, immer und immer wieder. Ich habe gefühlt, wie es mich erkannt hat, wenn ich näherkam. Es hat nicht immer sofort zu gelassen, dass ich es ziehe. Ich musste stark genug sein, oder meine Not musste groß genug sein. Aber all die Prüfungen, die ich ablegen muss, bevor ich es erhalte, sind immer zu meinem eigenen Nutzen. Das Schwert braucht sie nicht. Es kennt mich besser, als ich mich selbst.“

 

Die Schlussfolgerung war logisch, lag vor ihr ausgebreitet, in leuchtend hellen Lettern, aber Zelda konnte sich nicht dazu bewegen, sie anzunehmen.

Sie brauchte es nicht. Link schien zu merken, dass sie Schwierigkeiten mit den Erkenntnissen hatte, und trieb das Thema alleine voran.

 

„Als Ihr den Thronsaal kamt, an dem Tag, als ich Euch das erste Mal sah, da erkannte ich Euch. Das Schwert hat Euch erkannt. Kennt Euch. Deswegen kann ich so sicher sein, dass die Probleme die ihr habt – mit Eurem Vater, den Siegelkräften, den Gebeten, den Quellen – Ihr habt keine Schuld daran. Sie sind Eure Prüfung. Es ist, was immer Ihr auch zu tun habt, damit Ihr bereits seid für die Kräfte, zu denen Ihr bereits Zugang habt. Was immer diese Kräfte sind. Sie kennen Euch so gut, wie das Schwert es tut. Wie ich es tue.“

Bei seinen Worten zog Zelda zittrig Luft ein. Und hörte dann auf, zu atmen.

„Ihr seid dieselbe Zelda, die Ganon immer und immer wieder besiegt hat, unzählige Male. Und Ihr werdet es wieder tun.“

„Tu das nicht“, flüsterte sie, tief bestürzt.

„Tu was nicht?“, fragte er sofort. „Wenn ich Euch gekränkt habe, dann-“

„Sag solche Dinge nicht“, brachte Zelda hervor. „Ich verdiene sie nicht. Nicht von dir. Ich war so scheußlich zu dir, ich war nicht einmal höflich und du-“ Ihre Stimme brach.

Zu schockiert war sie von seinen Worten. Von den wirrenden Gefühlen aus unfreiwilliger Hoffnung, Reue für ihr Verhalten ihm gegenüber und Dankbarkeit. Klopfende, heiße Gefühle, die ihren ganzen Körper in Aufruhr versetzten.

„Ich glaube an Euch“, widersprach Link, sanfter nun, da er nicht fürchten musste, dass er eine Grenze überschritten hatte. „Ich hätte Euch sonst nicht die Treue geschworen. Ich würde Euch sonst nicht mein Leben versprechen. Immer und immer wieder.“

Er atmete tief durch. Faltete die Hände vor seinem Körper und betrachtete sie mit einer Mischung aus Sorge und Befriedigung.

„Wenn es Euch lieber ist, dass ich nicht davon spreche ...“ sagte er und Zelda nickte dankbar. Auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie wirklich aufhören wollte, darüber zu sprechen. Es würde ihr zumindest Zeit geben, zu verarbeiten, was er gesagt hatte. Und die innere Aufruhr zu verbergen. Wie lange sie das noch konnte, wusste sie nämlich nicht.

„Warum-“, begann sie stockend, in einem verzweifelten Versuch das Gespräch in Bahnen zu lenken, die sie greifen konnte. Nicht gewillt gar nicht mehr zu sprechen, nur weil sie zu aufgewühlt war, um wirklich zu verstehen. „Warum weigerst du dich so häufig zu sprechen?“, flüsterte sie, weigerte sich allerdings ihn anzusehen. „Deine Stimme ist so...“ Oh Zelda, du Idiotin, sag ihm das doch nicht! „nicht unangenehm. Deine Worte nicht unkultiviert. Du hast viel zu sagen. Wichtiges zu sagen. Eine Meinung und Erfahrungen. Warum wählst du das Schweigen?“

 

Die Frage schien ihm Mühe zu bereiten, aber er signalisierte ihr, dass er zu antworten gedachte. Zelda lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Gelassener nun, weil es nicht mehr um sie ging.

Sie wartete geduldig, während das Feuer fröhlich knackte.

 

„Als ich Mipha traf – Ihr kennt die Geschichte?“

 

Zelda schüttelte den Kopf. Setzte sich aufrechter, um besser hören zu können.

 

„Ich traf sie bei einer diplomatischen Mission, die mein Vater als Schutz begleitete. Er hielt es für wichtig, dass ich diese Dinge von früh auf sah und lernte.

Als ich Mipha traf, sah sie für mich aus wie ein Kind. Dabei war ich das Kind, da die Zora so viel jünger aussehen, als sie eigentlich sind.“ Sein Blick wanderte zum Feuer. Und verweilte dort, während sein Geist in die Vergangenheit zurücksah. „Ich war... ein bisschen draufgängerisch. Darauf aus, mich zu beweisen. Meine Grenzen auszutesten. Zu erfahren, was und was ich nicht tun konnte. In der Hoffnung, dass es nichts gab, was ich nicht tun konnte. Mein Vater förderte dieses Verhalten und meine Mutter stritt deswegen mit ihm. Doch am Ende war es sein Zuspruch, der mich anstachelte.“ Zelda lächelte bei dem Bild, das vor ihrem inneren Auge auftauchte. Ein kleiner Junge mit einem kleinen Schwert. Ein Draufgänger. An liebende Eltern, eine liebende Mutter. Süßer Schmerz zuckte in ihrem Herzen auf.

„Als ich Mipha traf, nahm sich mit auf einen Rundgang durch ihr Land. Und wir trafen auf Echsalfose, die mit Elektrizität kämpften. Tödlich gefährlich für Mipha. Aber es war etwas, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Als sie uns angriffen, dachte ich nicht an Gefahr. Sondern nur an diese neue, aufregende Gelegenheit. Das Abenteuer. Ich begriff nicht, was es bedeutet hätte, wenn Mipha verletzt worden wäre. Ich habe es erst begriffen, als wir zurückkehrten und ihr Vater vor Sorge laut lamentierte. Und sich vor Dankbarkeit fast überstürzte. Und als Mipha erzählte, wie galant ich ihr zu Hilfe geeilt war, da ließ ich sie. Es war mir lieber, dass sie mich mit den Eigenschaften versah, die sie in mir sehen wollte, als sie mit meinen wahren Motiven zu belasten. Ich wollte ihr freundliches Herz nicht verdunkeln und sie wissen lassen, dass es meine Schuld war. Dass ich uns in Gefahr gebracht hatte, weil ich die Herausforderung in jedem Moment des Lebens suchte.“

Er seufzte. Schien aus der Erinnerung zurückzukehren.

„Und ich schätze … daraus wurde eine Angewohnheit. Ich kann die Verantwortung tragen. Die Bürden, die mein Schicksal mit sich bringt. Aber es ist schwer herauszufinden, wer von all denen, die ich in meinem Leben treffe, es ebenfalls kann. Wenn ich der auserwählte Held bin, dann ist das etwas, über das ich keine Kontrolle habe. Wenn nun andere entscheiden, dass ich der Träger von noch mehr Titeln, Hoffnungen und Träumen bin, anderen Gebeten, Sehnsüchten und Wünschen, dann ist das die Bürde, die ich zu tragen habe. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr Augen ruhen auf mir. Und desto größer wird die Notwendigkeit, das Bild, das ich heraufbeschworen habe, am Leben zu erhalten. Am Ende ist es für alle besser, wenn ich schweige.“

 

Zeldas Hände waren nach oben gewandert, während er sprach. Während die Tragweite dessen, was er ihr gestand, in ihren Verstand sickerte. Sie presste ihre Finger an die Lippen. „So willst du doch nicht dein Leben leben, oder? Die Bürden anhäufen, die andere dir auferlegen. Deine Eigenen niemals ablegen und das alles schweigend ertragen?“

 

Link zuckte mit den Schultern. Dieses Mal war es kein Ersatz für eine Antwort, sondern eine Geste, die sein Unbehagen ausdrückte. „Ihr kennt die Legenden. Ganon fällt. Die Prinzessin führt Hyrule in ein goldenes Zeitalter. Und was wird aus dem Helden?“ Er erhob sich von dem Sessel und ging die wenigen Schritte zum Kamin, wo er sich an die Wand lehnte. Von ihr angewandt. Sein Gesicht war in Schatten getaucht. Dennoch konnte Zelda ihren Blick nicht von ihm abwenden.

„Habt Ihr je davon gelesen, was den Helden nach all dem erwartet, Prinzessin?“

 

Horror beschlich Zelda, als ihr die Antwort klar wurde. „Nein, das habe ich nicht. Aber das bedeutet gar nichts, Link. Unsere Bibliothek ist so limitiert, der Schriftenverlust so groß-“

 

„Entweder, ich verblasse und gerate in Vergessenheit, oder der Kampf gegen Ganon ist mein Letzter. So oder so, die Bürden, die Verantwortungen hören auf sich zu anzusammeln.“

 

Plötzliche Panik durchfuhr Zelda wie ein Blitz und sie setzte sich ruckartig auf. „Nein“, widersprach sie. „Das kannst du nicht glauben. Hast du das Schwert gefragt? Welche Erinnerungen hat es dazu?“

Bei ihren Worten schien er in sich zusammenzusinken. Er hielt den Kopf gesenkt und schwieg für so lange, dass Zelda dachte, er würde nicht mehr antworten.

Als er sich letztendlich umdrehte und in ihre Richtung sah, tanzten immer noch die roten Lichter der Flammen über seine Gesichtszüge, tauchten seine Gestalt in ein obskures Mosaik aus Schatten und Feuer, das ihm eine Dramatik verlieh, die Zeldas Atem stocken ließ.

„Das Bannschwert gab mir präzise Anweisungen, es nach dem Kampf mit Ganon zurückzubringen, damit es sich für den nächsten Helden bereit machen kann.“

 

Die angehaltene Luft entwich Zelda in einem zittrigen Strom, während sie wortlos dabei zusah, wie Link sich in einer hölzernen Bewegung vor ihr verbeugte.

„Ich lasse Euch jetzt allein, Prinzessin. Wenn Ihr einen Wunsch habt, ruft nach mir.“

Und dann war er fort und mit ihm das Bannschwert, das Knarren der Tür als er sie hinter sich schloss, der einzige Beweis dafür, dass er hier gewesen war.

 

Zelda unterdrückte ein Schluchzen. Ungewiss, wieso der Drang zu weinen sie beinahe überwältigte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich von dem hypnotischen Flackern des Feuers abwenden konnte. Es kam so gut wie nie vor, dass sie weinte. Aber allein das Bedürfnis zu verspüren und dann nicht mal wegen ihrer eigenen Misere, war etwas, das sie zutiefst verwirrte.

Sie zog ihr Tagebuch hervor und starrte es an. Wie konnte sie die Ereignisse, die Gespräche der letzten Tage in Worte fassen? Wie, ohne die restliche Nacht damit zu verbringen, Seite um Seite zu schreiben.

Wie konnte sie ihre Gedanken ordnen, ohne die Geheimnisse eines anderen zu offenbaren?

Es war unmöglich. Also würde sie es gar nicht erst versuchen.

Sie würde die groben Ereignisse skizzieren und darauf hoffen, dass das Lesen Worte in ferner Zukunft die Erinnerungen wieder herbeirufen würde.

 

 

Ich bin endlich ein wenig mit Link ins Gespräch gekommen. Nebenbei habe ich erfahren, dass er ein rechter Vielfraß ist, aber das tut nichts zur Sache. Als ich ihn letztlich gefragt habe, warum er immer schweigt, ist ihm die Antwort schwer gefallen. Es stellte sich heraus, dass es Schüchternheit war. Er glaubte, er könne den Anforderungen nicht gerecht werden. Ich dachte immer, er wäre so begabt, dass er sich um nichts sorgen müsste. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Es hat wohl jeder seine Sorgen, die andere ihm nicht ansehen … Ich dachte nur an mich und an niemanden sonst. Ich werde weiter mit ihm reden. Und vielleicht kann ich mit ihm auch die Dinge teilen, die mir Sorgen bereiten.

 

 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wollte dem Kapitel nicht vorgreifen, aber nun, da ihr es geschafft habt (ich weiß, es ist unendlich lang; und ich habe schon gekürzt und Handlung mit zum nächsten hinüber genommen), kann ich gestehen, dass ich mit einigen Stücken nicht sehr zufrieden bin. Aber das ist nichts, was mit Zeit besser geworden wäre. Vielleicht bin ich auch überkritisch. Aber sollte es euch ebenso gehen, keine Sorge. Es ist mir bewusst. :) Aber deswegen bin ich auch kein Autor. Ich habe kein Lektorat hinter mir. Und, ich möchte vorwärts kommen. Ihr erinnert euch vielleicht, dass ich auch die Geschichte, die auf diese folgen soll, ganz besonders scharf bin :). Andere Teil des Kapitels liebe ich wiederum. Also, wer weiß. Vielleicht ist es Ausdruck meiner Zweigesichtigkeit. Two-Face in writing. Komplett anzeigen

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Von:  Seoko
2019-02-17T23:36:53+00:00 18.02.2019 00:36
Schande bin ich süchtig nach dieser Geschichte!!! Ich hab richtig Herzflattern mann o Mann so toll geschrieben. Arrrrgh ich will dass sie sich schneller viel besser kennen lernen. Havh ja.... *Verträumt guck*
Antwort von:  Seoko
18.02.2019 00:38
Ah was ich noch sagen wollte: du stellst so gut dar wie subjektiv wir die Welt wahrnehmen. Wenn sich innerlich etwas ändert sehen wir plötzlich alles in anderem Licht so wie Zelda Link besser sehen kann
Von: abgemeldet
2018-09-28T16:17:52+00:00 28.09.2018 18:17
Interessante Gedankengänge, die in diesem Kapitel vorkommen. Man macht sich wikrlich keine Gedanken darum, was mit dem Helden passiert, wenn Ganon besiegt wurde. Ich hoffe das du das Thema irgendwo nochmal aufgreifst. Das würde mich nochmal sehr interessieren. Ansonsten ein wieder sehr gelungenes Kapitel. Und schön zu lesen, wie Zelda ihre Einstellung zu Link ändert. Die Gefühlswelt der beiden bringst du wirklich sehr realistisch rüber.
Antwort von:  scippu
09.11.2018 12:40
Hallöchen,

danke für deine Worte.
Mal sehen, in dieser Geschichte wird es wohl nicht noch mal so aufgegriffen. Ich hatte eigentlich eine Fortsetzung geplant, die dann nach botw spielt. Aber dem stehe ich momentan nicht so optimistisch gegenüber. Also mal sehen.
Vielleicht. Ich weiß es noch nicht, wie ich das verarbeite.
Aber ich danke dir für dein Feedback und den Anstoß.

Liebe Grüße
Von:  InukiLucy
2018-03-14T18:41:25+00:00 14.03.2018 19:41
Hey scippu,
Ich bin deinem Rat gefolgt und habe Zeldas Tagebuch in englischer Sprache gelesen. Und ich glaube ich weiß was du meinst... Finde ich auch fast besser gelungen als die deutsche Version.
Aber jetzt zu deinem Kapitel 8: Wieder wirklich schön zu lesen, und dass bei der Wahnsinnslänge. Wobei mir nach wie vor deine Darstellung von Zeldas Gedanken und Gefühlen, sowie von Links Persönlichkeit besonders gut gefällt.
Du hast ja schon geschrieben, dass es jetzt etwas länger dauern wird, bis du wieder veröffenlichst. Trotzdem hoffe ich auf eine baldige Fortsetzung 😉
LG

Antwort von:  scippu
17.03.2018 22:08
Liebe InukiLucy, nachdem das neue Kapitel hochgelasen wurde, habe ich mal die Zeit zu antworten.
Erst einmal, ein riesengroßes Dankeschön! Dass du dir die Zeit nimmst, zu kommentieren. Dass deine Worte so liebenswert ausfallen.
Einfach schön! :)
Ja, oder? Die englische Tagebuchversion erklärt einfach viel besser, warum Link nicht viel spricht. Im Deutschen wird das mit 'Schüchternheit' abgehakt. Aber das ist es ja offensichtlich nicht.
Ich habe versucht das ein wenig auf einen Nenner zu bringen. Indem Zelda einfach bewusst etwas anderes in ihr Tagebuch schreibt.
Naja :) Man muss eben mit dem arbeiten, was man erhält.

Wie schön dass die Zeldas Innenleben authentisch erscheint. Von Links Persönlichkeit blitzt ja so langsam ein wenig was hervor :) Ich finds toll, dass auch das nicht verwunderlich wirkt. Sondern glaubhaft. Da ich ihn schwer zu durchschauen finde, lese ich das sehr gern :)

Also, ich danke dir.
Liebe Grüße
Von:  Feuermalerin
2018-03-11T19:55:16+00:00 11.03.2018 20:55
Du meine Güte. So ein langes Kapitel.
Und so wunderbar. Ich liebe Link. Ich liebe ihn einfach. Wie er Zelda geholfen hat. Und dann, wie er ihr versichert hat, dass er Vertrauen in sie hat. Das war toll.
Einfach tolL
Antwort von:  scippu
17.03.2018 22:04
<3 mehr habe ich nicht zu sagen :)
Von:  FairyZelda
2018-03-08T20:39:40+00:00 08.03.2018 21:39
Mega langes Kapitel (aber so mag ich das^^)
Es freut mich zu sehen das die zwei ein wenig auftauen. Und Zelda in Link einen verbündeten gefunden hat (nicht so wie ihr Vater).
Link's Sichtweise auf Zelda's und seine Kräfte und die Erweckung derer hat mich selbst erstmal zum überlegen gebracht.
Hoffentlich bekommen sie vom König keine Predigt zu hören.

Ich freu mich schon auf die Fortsetzung der Geschichte!
Antwort von:  scippu
17.03.2018 22:04
Hallo FairyZelda,

ich danke dir sehr :)
Ja, die Kapitellängen ziehen sie unendlich. Das nächste musste ich aufteilen, weil ich schon wieder bei 10.000 Wörtern angelangt war und erst die Hälfte des Inhalts verarbeitet hatte. Irgendwann ist nämlich auch mal Schluss :)

Schön dass dich die Geschichte zum Nachdenken bringt :) So soll es sein.

Noch einmal: Ich danke dir sehr!
Sei lieb gegrüßt
Von:  obelix
2018-03-08T06:16:02+00:00 08.03.2018 07:16
Hi

Es ist interessant und gut zu lesen. Langsam aber sicher werden bei auftauen. Ich finde die Idee gut das link sich an die früher Zeit erinnert. Es ist schade das kaum von den früheren links Geschichten überliefert oder nichts. Nur von Zelda Prinzessin. Es wäre gut wenn beide gleicher massen Geschichte überliefert werden soll. Auch link hat öfter ganendorf in den Hintern getreten hat. Aber naja es eben die Zeit die viele Geschichten verloren gehen.

Mfg obi
Antwort von:  scippu
17.03.2018 22:02
So, jetzt komme ich endlich mal dazu, auf deinen Kommentar zu antworten.
Ich danke dir :) Für deine Zeit und deine lieben Worte.
Ja, das hat mir an Reinkarnationselementen immer schon gefallen. Wahrscheinlich fasziniert mich LoZ deswegen so enorm.

Sei lieb gegrüßt


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